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Von der Liebe und anderen Tragödien
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eBook236 Seiten3 Stunden

Von der Liebe und anderen Tragödien

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Über dieses E-Book

Wer möchte nicht gerne die Liebe seines Lebens finden?

Man sollte nie aufgeben, denn sie kann unerwartet auf einen treffen, auch dann, wenn man es am wenigsten vermutet, wie man in diesem Buch erfahren kann. Dann gibt es auch die Enttäuschung, wenn einen diese Liebe unvermittelt verlässt, ohne dass man etwas geahnt hat. Auch kann es sein, dass man jemanden trifft und nicht weiß, ob es wirklich die wahre Liebe ist. Oder vielleicht etwas ganz anderes.

Viele Optionen, wenige Lösungen. Von Menschen ist in diesem Buch die Rede, die nach etwas suchen, was es vielleicht gar nicht gibt. Sie suchen dennoch.

Ein Pilot will immer weiter nach oben, bis er droht, in der Sonne zu verglühen. Es ist ihm egal.

Ein anderer träumt von seinem Glück auf Erden, bis er einsehen muss, dass ihm das Schicksal nichts Gutes will, egal was er auch versucht.

Und letzten Endes erlebt jemand immer wieder sich selbst. Wieder und immer wieder.

Sind es Träume oder ist es sein Leben? Wo ist der Unterschied? Das Leben der Menschen ist unergründlich. Und so sind die Geschichten, die sie erleben. Kein Leben gleicht dem anderen. Und doch geht es scheinbar immer nur um eines. Um das Glück, das hoffentlich, irgendwo und irgendwann, auf einen wartet, auch wenn es manchmal an uns vorbeirauscht, ohne uns zu sehen.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum20. Juli 2020
ISBN9783748750710
Von der Liebe und anderen Tragödien

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    Buchvorschau

    Von der Liebe und anderen Tragödien - Olaf Maly

    Die Kreuzfahrt

    Es war ein Sonderangebot. Kreuzfahrt pur. Sieben Tage Erholung, nur feinstes Essen, ausruhen und auf dem Schiff herumwandern. Hauptsächlich schlafen und es sich gut gehen lassen. Das war es, was wir wollten. Endlich raus aus dem Stress und rein ins Vergnügen. Es waren keine Häfen geplant, an denen wir anlegen würden. Das hätte, wie der Prospekt es ausdrückte, nur der Harmonie der totalen Entspannung Abbruch getan. Irgendwie kam uns das seltsam vor, aber da wir noch nie eine Kreuzfahrt gemacht hatten, wussten wir auch nicht, was man so macht und was nicht, wenn man auf dem Wasser ist. Der Kahn würde langsam vor sich hinschwimmen, sich den Wellen ergeben und wir es mit uns geschehen lassen. Das war das Besondere, das andere, das diese Fahrt von allen anderen unterscheiden sollte. „Häfen sind gestern, hieß es noch im Prospekt, „Seefahrt ist heute. Da wir noch ein paar Tage Resturlaub hatten, dachten wir, es sei genau das, was wir brauchten. Also packten wir die Koffer. Ein guter Anzug musste rein, hieß es, ein kleines Schwarzes für die Weiblichkeit. Es würde einen speziellen Abend geben. Immerhin war es so etwas wie eine Jungfernfahrt. Wie wir gelesen hatten, sollte es auch ein Abendessen mit dem Kapitän geben.

    Wir kamen im Terminal an, der, wie zu erwarten, am Wasser lag. Man hörte die Wellen leicht gegen Pier schlagen. Nur ganz leise, fast untergehend im Geräusch der Welt um uns herum. Man musste genau zuhören, um es nicht zu verpassen, dieses für uns so ungewöhnliche Geplätscher. Und man roch das salzige Wasser, das in der Luft war und uns in kleinen Wassertropfen ins Gesicht blies. Ich musste die Augen ein wenig schließen.

    Es war ein großes, hohes Gebäude. Irgendwie sah es aus wie eine große Lagerhalle, aber nicht unsympathisch. Weiße Wände, unterbrochen mit blaufarbenem Glas in drei Reihen übereinander. Elegant sah es aus. Fast ein wenig  beeindruckend. Wir sahen kein Schiff, was uns im ersten Moment ein bisschen seltsam vorkam, aber da wir, wie gesagt, keine Ahnung hatten, wie so etwas aussah, dachten wir, dass das wohl so sein musste. Vielleicht war es ja auch hinter der Halle. Ja, das musste es sein. Das Schiff war hinter der Halle, darauf einigten wir uns.

    Als wir durch die verspiegelte Glastür gingen, die keinen Blick ins Innere zuließ, eröffnete sich vor uns ein gewaltiger, fantastischer Raum. Alles war in einem gedämpften Weiß gehalten, die Wände, die Möbel, einfach alles. Griechische Säulen hielten eine wunderschöne, bunt bemalte Decke in der Höhe. Kleine Engel in hellblauen Mäntelchen schwebten unter blauem Himmel mit weißen Wölkchen. Nymphen sah man am See, der im Hintergrund lag, umrandet von grünem Gras. Jemand saß auf einem Felsen, eine Laute neben sich. Überall hingen goldene Kronleuchter und gaben dem ganzen einen Eindruck von Größe, Reichtum und vielleicht auch ein bisschen Verschwendung. Oder sogar Dekadenz. Wir waren jedenfalls sofort beeindruckt. So etwas sah man nicht alle Tage. Und wir mussten es uns ansehen, es in uns einsaugen wie Wasser sich in einen Schwamm saugte. Wir wollten den Eindruck mit uns nehmen und für immer behalten.

    Es gab Sessel, immer in einer Gruppe von drei, mit kleinen Tischen davor, auf goldfarbenen Gestellen. Auf einem Sessel in jeder Gruppe saß eine junge Frau in blauer Uniform und weißem Käppchen und wartete auf die Gäste. Es waren einige dieser Sesselgruppen im Raum verteilt. Wir wurden von einer netten älteren Dame zur nächsten freien Sitzgruppe verwiesen und dort herzlichst begrüßt. Gläser für Sekt standen bereit. Ein livrierter Diener mit einer Flasche kam und fragte, ob wir etwas haben möchten und goss, nachdem wir kurz mit dem Kopf als Zustimmung genickt hatten, ein. Leicht golden aussehendes Wasser mit winzigen Perlen sprudelte in den Sektkelchen. Der Diener lächelte, band ein Handtuch um die Flasche, stellte diese in einen silbernen Kübel und verabschiedete sich mit einem leichten Kopfnicken.

    Leise Musik kam aus Lautsprechern, die man nicht sehen konnte. Der ganze Raum war voll von Klängen, leise, fast still, aber doch hörbar. Mehr Klangteppich im Hintergrund, unaufdringlich und sanft.

    Unsere Papiere, die wir der Dame am Tisch gaben, wurden von ihr überprüft und in eine blaue Tasche aus feinstem Leder gesteckt. Dann bekamen wir eine goldene Karte für unsere Kabine, auf dem unser Bild zu sehen war. Dreidimensional. Wir hatten ein Foto geschickt, als wir uns angemeldet hatten. Sie meinten, es sei besser als eines, das man dort machen könne. Schließlich sollte es ein schönes Bild sein.

    Auf ein kleines Klingelzeichen hin, das die Dame, die uns registriert hatte, mit einer winzigen Glocke dezent ertönen ließ, erschien eine weitere junge Frau, die uns unter ihre Fittiche nahm. Auf ihrem Namensschild stand Monika in goldener kursiver Schrift auf blauem Hintergrund. Wir gingen durch eine Glastür, die sich mit einem leisen Summen vor uns öffnete, und folgten ihr in einen Gang, der abwechselnd in allen erdenklichen Farben erleuchtet wurde. Auf dem weichen Teppich lief man wie auf Wolken. Ineinander gehend war alles in Blau, dann in sanftem Rot, dann Rosa, Weiß, Gelb. Die Farben wechselten sich ab, gingen ineinander über, verflossen und begannen wieder zu leuchten. Und wieder kam leise Musik aus dem Nirgendwo. Das Licht wurde gedämpfter, je weiter wir gingen, bis die nächste Tür aufging und wir auf das Deck eines Schiffes kamen.

    Bevor wir durch die Tür gingen, gab uns Monika noch eine Brille, die wir aufsetzen sollten. Sie sagte, es sei besser wegen der Sonne. Wir sollten sie nicht absetzen, sagte sie. Es war eine Brille mit sehr dünnen Gläsern, die die Augen komplett bedeckte, aber scheinbar die Sicht nicht beeinträchtigte. Nach kurzer Zeit hatten wir uns daran gewöhnt und sie als Teil von uns betrachtet.

    Alles war getaucht in strahlend blauem Himmel, die Sonne stand hoch oben am Horizont. Uns wunderte das ein wenig, da es stark bewölkt war, als wir den Terminal betraten. Auf unsere Frage hin, wie das sein konnte, antwortete die junge Frau, dass sie leider keinen Einfluss auf das Wetter habe. Wir sollten uns ganz einfach freuen, dass es aufgeklart hätte.

    Ein leichter Wind säuselte uns um die Ohren, nur ganz sanft, fast nicht bemerkbar. Man sah einen Wald aus Palmen im Hintergrund, davor eine Straße und das Dock, an dem das Schiff angelegt hatte. Ich dachte mir, das dass gar nicht sein konnte. Dort, wo wir wohnten, und wo der Terminal war, gab es sicher keine Palmen. Eher ein paar Schlote von den Hochöfen, die man vor langer Zeit außer Betrieb genommen hatte. Das war sehr seltsam. Wir sahen uns beide an und zuckten leicht mit den Schultern. Wird sich schon herausstellen, dachten wir uns. Dass wir eine Brille aufhatten, war uns schon nicht mehr bewusst.

    Vom Deck aus betraten wir das Innere des Schiffes. War der Eindruck, den Terminal zu betreten schon gewaltig, stellte dies jedoch alles davor Gesehene in den Schatten. Wieder war es meistens weiß oder beige, manchmal ein leichtes helles braun. Große Kronleuchter mit Tausenden von kleinen Kristallen hingen von der Decke. Es gab eine Treppe, die in die oberen Stockwerke führte. Die Stufen waren aus hellem Marmor, die Geländer und Handläufe wie aus Gold. Der Boden war mit einem roten, weichen Teppich belegt, über den man sanft und leise schwebte. Viele Leute waren bereits anwesend, gruppierten sich, redeten miteinander. Aufzüge, die wie runde Glaszylinder aussahen, rauschten geräuschlos hinauf und hinunter. Die Türen öffneten sich an den verschiedenen Etagen. Menschen stiegen ein und aus. Blumen standen überall und gaben dem Ganzen ein Ambiente von Luxus und absoluter Schönheit. Es roch nach Rosen und salziger Meeresluft. Wieder sah man diese livrierten Diener, die auf Verlangen alles zu bringen schienen, was man wollte.

    Von einem jungen Mann wurden wir in unsere Kabine gebracht. Als die Tür aufging, tat sich ein großer Raum auf, der sich nach allen Seiten hin erweiterte und noch mehr Räume freigab. Es war eine Suite mit drei Zimmern, einem Schrankzimmer und zwei Bädern. Elegante Möbel standen überall herum, die teuersten elektronischen Geräte hingen an den Wänden oder waren auf kunstvollen Konsolen befestigt. Auf der ganzen Breite des Zimmers war eine Tür, die auf einen Balkon führte.

    Leichtes Schaukeln begann. Ein untrügliches Zeichen, dachten wir, dass die Fahrt losgehen sollte. Das wussten sogar wir. Wir setzten uns erst einmal auf unsere Terrasse und sahen in die Unendlichkeit. Nichts als Wasser und Horizont. Nur eine leichte Brise war wieder zu spüren. Es war sehr schnell gegangen, das mit dem Ablegen. Irgendwie hatten wir wahrscheinlich das Gefühl für Zeit verloren, dachten wir uns. Alles war so einmalig, da konnte man schon ein bisschen wegtreten.

    So ging eine ganze Weile dahin, bis jemand, angekündigt mit einem leisen Gong, durch die Lautsprecheranlage zum Dinner aufrief. Wir sollten uns entsprechend anziehen. Die Koffer waren schon längst gekommen, und alles war in den Schränken verstaut, ohne dass wir einen Finger rühren mussten.

    Einige Zeit später stand ein Butler vor der Tür, der uns in den Speisesaal zu bringen gedachte. Alles schien perfekt organisiert. Wir gingen zum Aufzug und bemerkten, dass es wieder dieselben Leute waren, die dort standen und miteinander redeten, so als hätten sie sich die letzte Stunde nicht von der Stelle gerührt. Seltsam, dachten wir, und sahen uns fragend an.

    Im Restaurant angekommen, waren wir scheinbar die ersten Gäste. Nur Ober standen herum und warteten auf ihren Einsatz. Wir wurden an einen Fensterplatz geführt, von dem aus wir nichts anderes sahen als Wasser. Sonne und Wasser, tiefblauer Himmel, untermalt von leiser, fast melancholischer Musik. Das Restaurant war, wie die Eingangshalle, in Weiß und Beige gefasst, mit viel Gold und Glas. Wir setzten uns. Dann passierte erst einmal nichts. Kein weiterer Gast kam, die anwesenden Leute verließen den Raum. Es wurde uns irgendwie seltsam zumute, fast unheimlich. Wir fragten uns, was nun passieren würde. Es war alles leer. Nur wir und die Tische in einem fast unendlich großen Saal. Keine Menschenseele war mehr zu sehen. Die Musik hörte plötzlich auf zu spielen. Es war gespenstig ruhig.

    Dann, auf einmal, flackerte der Himmel, den wir aus dem Fenster sahen. Rote Streifen blitzten von links nach rechts. Der vorher so sanfte Ton der Musik kam als kräftiges Rauschen und Knacken zurück. Für einen Moment wurde, was wir hinter dem Fenster sahen, grün, um dann in eine Berglandschaft umzuschalten. Wir fuhren mit dem Schiff durch die Berge. Ein gespenstiger Eindruck machte sich breit. Wo waren wir hier gelandet? Berge rauschten nun auf einmal in atemberaubender Geschwindigkeit an uns vorbei, Blumen, Almhütten, Kühe, Menschen, die uns zuwinkten. Manchmal dachten wir, an so einen Berg zu krachen, nur um im letzten Moment noch die Kurve zu bekommen. Wir hielten uns an dem Tisch fest, der in diesem großen Raum stand. Es war der einzige Tisch, den wir sahen. Alles andere war auf einmal verschwunden, einfach weg, als wäre es blitzschnell aufgeräumt worden. Wir standen nur da und warteten, was kommen sollte.

    Dies ging so für ein paar Minuten, bis das Licht komplett ausfiel und große Neonlampen mit rauschendem Summen angingen. Alles was wir vor noch wenigen Minuten gesehen hatten, war endgültig weg. Wir nahmen die Brillen ab, um zu sehen, was los war. Es krachte überall, als würde etwas auseinanderbrechen. Wir sahen nach oben. Teile fielen herunter, kleine Platten aus Metall und Gips. Es staubte, als sie am Boden zerbrachen. Ein Teil der Decke fiel uns fast auf den Kopf. Wir mussten uns schnell zur Seite ducken, um nicht getroffen zu werden. Die prächtige Einrichtung war weg, der Kronleuchter existierte nicht mehr, die Säulen waren wie weggezaubert. Wir saßen an einem Tisch in einer großen Lagerhalle und sahen nur grüne Wände um uns herum. Kein Mensch war zu sehen. Projektoren flimmerten, warfen buntes Licht auf fahle Wände. Es wurde immer wärmer um uns herum, dann richtig heiß. Das konnte nichts Gutes bedeuten.

    Wir bewegten uns in Richtung einer Tür, die uns, wie wir dachten und hofften, irgendwie nach draußen, oder zumindest weg von diesem Geschehen, bringen würde. Wo immer draußen sein würde. Jedenfalls heraus aus dem Ort, wo wir waren. Sie ließ sich nur schwer öffnen, wir schafften es aber. Wir standen wieder in der Eingangshalle, in dem die paar Menschen, die wir vorher getroffen hatten, bedrückt beieinander standen und miteinander redeten. Als sie uns sahen, löste sich die Menge auf und verstreute sich in verschiedene Richtungen.

    Andere Leute kamen aus verschiedenen Türen, die wir vorher nicht gesehen hatten. Sie kamen zu uns, wollten wissen, was passiert war. Wir wussten es so wenig wie sie.

    Als wir endlich den Weg nach draußen gefunden hatten, sah es genauso aus wie zu Beginn unserer Reise. Nur regnete es jetzt noch mehr als vorher. Irgendwelche Leute standen herum und diskutierten, sahen uns aber nicht. Wir gingen auf sie zu, sie waren wie durchsichtig, bewegten sich nicht. Wir konnten durch sie durchgehen, als wären sie nur durchsichtige Bilder. Dann wurde alles dunkel. Die Welt schien das Licht ausgeschaltet zu haben.

    Als ich wieder aufwachte, dachte ich, es war nur ein Traum. Ich lag in einem Bett, bis oben hin mit Decken zugelegt. Ich wusste nicht, was los war, konnte mich nicht bewegen. Durch einen kleinen Schlitz vor meinen Augen sah ich eine Neonlampe in einer weißen Decke, die unablässig flackerte und summte. Wo war ich? Angestrengt versuchte ich, meine Arme zu heben, es ging nicht. Ich fluchte innerlich. Ich hasste es, mich nicht unter Kontrolle zu haben.

    Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, aber auf einmal stand jemand neben mir. Ich sah es nicht, da mein Blickfeld auf den Schlitz vor meinen Augen sehr begrenzt war und ich damit nur die Decke und das verdammte Neonlicht sehen konnte. Es war eine Frau. Sie hatte eine sanfte Stimme. Sie sprach leise, und erklärte mir, dass ich in einen Brand geraten war. Man hatte einen Versuch unternommen und ein virtuelles Schiff gebaut, mit dem man, ohne das Gelände zu verlassen, um die Welt fahren konnte. Alles war computergesteuert und mit einem großen Knall vorbei. Ich selbst hatte überlebt, sonst niemand. Da ich durch das Feuer gelaufen war, wurde mein Körper zum größten Teil verbrannt. Ich wurde nur mit Medikamenten am Leben gehalten. Es würde Jahre dauern, bis ich wieder einigermaßen normal sein konnte. Viele Jahre.

    Dann ging sie. Ich dachte nach, dachte an die Worte, die sie mir in einem sanften, regelmäßigen Ton gesagt hatte. Ohne Aufregung, ohne theatralisch zu sein. Einfach so, als würde sie mir erzählen, was sie heute zum Essen gemacht hatte. Dann fing ich an zu weinen.

    Das ist sehr lange her. Wie ich das schreibe und mich an diesen Tag erinnere, sitze ich in meinem kleinen Haus, draußen auf dem Land, eine Stunde von der Stadt entfernt. Es ist einsam hier draußen, aber das ist es gerade, was ich am meisten liebe. Die Einsamkeit, die absolute Ruhe. Das Nachdenken. Manchmal sitze ich für Stunden am Fenster, sehe nichts als Bäume, Wiesen und den großartigen Himmel, der alles überspannt. Die Gerüche der Natur dringen in mein Zimmer. Das feuchte Gras, die wenigen Blumen, die ihren Duft in die Welt ausbreiten, um damit die Bienen anzulocken. Es geht nicht um uns in diesem Fall, kommt mir in den Sinn. Es geht darum, sich zu verbreiten, den Bienen zu zeigen, wo sie sind. Wir sind nicht wichtig, nur Beigabe. Wenn ich so auf meinem Sessel sitze, kann ich in mich gehen, mich an Zeiten erinnern, in denen es schön war, nicht so wie heute. Zeiten, in denen ich glücklich war, wir glücklich waren. Die Bilder verblassen über die Jahre, die Erinnerung wird immer durchsichtiger, bis man gar nichts mehr sieht, nur noch einen nebeligen Eindruck, der etwas vortäuscht, was es nie gegeben hat. Meine Augen sind müde geworden, sehr müde. Ich möchte nichts mehr sehen, versuche, sie immer geschlossen zu halten. Am wenigsten möchte ich mich selbst sehen. Ich habe auch alle Spiegel aus dem Haus entfernt, damit ich mich nicht in Versuchung führen kann. Und ich habe Mathilde verboten, mir zu sagen, wie ich aussehe. Ich will es nicht wissen. Ich lebe mit der Vorstellung, wie es einmal war. Mit dem Bild, das ich von mir habe, und das ist mir genug. Manchmal denke ich, wie einfach es wäre, wenn man sich nie selbst im Spiegel sähe. Man wäre immer jung.

    Besucher empfange ich nicht. Ich habe allen, die ich kenne, verboten, mich zu besuchen. Die wenigsten kennen meine Adresse. Ich brauche kein Mitleid, keinen Trost. Ich brauche es nicht, ständig an den Tag erinnert zu werden, der meinem Leben ein Ende gesetzt hatte. Ich brauche das nicht.

    Manchmal, nachts, wenn es dunkel ist, gehe ich aus dem Haus, setze mich auf die Bank neben dem Eingang und genieße die Luft, die mich umgibt. Es ist ein großer Unterschied, ob man draußen oder drinnen ist. Die Luft draußen ist rein, jungfräulich, frisch, unverbraucht, sanft und endlos frisch. Das genieße ich. Auch die Kühle, die dann vom Wind in mein Gesicht getragen wird und mich umfängt. Es ist, als würde mich eine sanfte Hand berühren und mich streicheln. Ich habe es geliebt, gestreichelt zu werden. Der Wind kommt und fragt nicht, wo er auftrifft. Es ist ohnehin nur für eine kurze Zeit, für einen winzigen Augenblick. Er streicht an einem vorbei, um sich einen neuen Weg zu suchen, ein anderes Objekt. Wir können ihn nicht aufhalten, nur den Moment genießen. 

    Das Haus konnte ich mir von der Versicherungssumme kaufen, die ich ausbezahlt bekommen hatte. Ich hätte gerne auf das Geld verzichtet, aber auf der anderen Seite war es ein Geschenk, das ich annehmen musste. Wie die monatliche Rente, die es mir ermöglicht, hier meine Tage zu verbringen. Ich musste irgendwo leben, und da kam mir dieses einsame Haus gerade recht.

    Mathilde, die Krankenschwester, kommt jeden Morgen und hilft mir, mich zu waschen und mich anzuziehen. Ohne sie würde es Stunden dauern. Wahrscheinlich würde ich nur im Bett liegen und nichts tun, wenn sie nicht wäre. Meine Haut spannt sich um meinen Körper, als wäre sie um mindestens zwei Nummern zu klein. Es schmerzt den ganzen Tag. Ich dachte immer, es würde sich geben, aber es tat sich nichts. Es spannt, den ganzen, langen Tag.

    Mathilde ist eine Frau mittleren Alters, die, wie sie mir erzählt hat, ihre Eltern pflegen musste, bis diese gestorben waren. Nun kümmert sie sich um mich. Sie hat ihr Leben verpasst, meinte sie einmal, und lachte ein wenig dabei. Nicht weil es lustig war, mehr aus Selbstmitleid, dachte ich damals. Vielleicht war es auch die Erinnerung an bessere Tage, die sie lächeln ließ. Ich weiß es nicht. Sie hat es mir nie gesagt. Und ich habe nicht gefragt.

    Sie muss

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