PIRATEN DER VENUS - Erster Roman der VENUS-Tetralogie
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Über dieses E-Book
Für Carson Napier, den amerikanischen Astronauten, gibt es keine Rückkehr zur Erde mehr. Seine Versuchsrakete, mit der er ursprünglich den Mars ansteuern wollte, ist auf der Venus gestrandet.
Er selbst hat den Absturz seines Raumfahrzeugs nur durch einen glücklichen Zufall überlebt. Doch Carson rechnet sich keine großen Chancen aus, den tödlichen Gefahren dieses wilden Planeten, wo jeder gegen jeden zu kämpfen scheint, auf Dauer zu entgehen...
Der Amtor- oder Venus-Zyklus von Edgar Rice Burroughs gehört zu den bekanntesten Science-Fiction-Romanen des Tarzan-Autors. Der erste Band, Pirates of Venus (dt. Piraten der Venus) erschien 1932 im Argosy-Weekly-Magazin. 1934 folgte die Buchausgabe. Die erste Geschichte war so erfolgreich, dass der Autor 1933 im gleichen Magazin die Fortsetzung Lost On Venus (dt. Verschollen auf der Venus) folgen ließ. Anfang der 1970er Jahre lagen die ersten vier Bände des Venus-Zyklus auch in deutscher Sprache vor. In seiner Reihe APEX SF-KLASSIKER veröffentlicht der Apex-Verlag diese vier Romane als durchgesehene Neu-Ausgabe (in der Übersetzung von Thomas Schlück).
Der abschließende fünfte Band, The Wizard Of Venus, erscheint unter dem Titel Der Zauberer von der Venus als deutsche Erstveröffentlichung ebenfalls im Apex-Verlag.
Edgar Rice Burroughs
Edgar Rice Burroughs (1875-1950) had various jobs before getting his first fiction published at the age of 37. He established himself with wildly imaginative, swashbuckling romances about Tarzan of the Apes, John Carter of Mars and other heroes, all at large in exotic environments of perpetual adventure. Tarzan was particularly successful, appearing in silent film as early as 1918 and making the author famous. Burroughs wrote science fiction, westerns and historical adventure, all charged with his propulsive prose and often startling inventiveness. Although he claimed he sought only to provide entertainment, his work has been credited as inspirational by many authors and scientists.
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PIRATEN DER VENUS - Erster Roman der VENUS-Tetralogie - Edgar Rice Burroughs
Das Buch
Für Carson Napier, den amerikanischen Astronauten, gibt es keine Rückkehr zur Erde mehr. Seine Versuchsrakete, mit der er ursprünglich den Mars ansteuern wollte, ist auf der Venus gestrandet.
Er selbst hat den Absturz seines Raumfahrzeugs nur durch einen glücklichen Zufall überlebt. Doch Carson rechnet sich keine großen Chancen aus, den tödlichen Gefahren dieses wilden Planeten, wo jeder gegen jeden zu kämpfen scheint, auf Dauer zu entgehen...
Der Amtor- oder Venus-Zyklus von Edgar Rice Burroughs gehört zu den bekanntesten Science-Fiction-Romanen des Tarzan-Autors. Der erste Band, Pirates of Venus (dt. Piraten der Venus) erschien 1932 im Argosy-Weekly-Magazin. 1934 folgte die Buchausgabe. Die erste Geschichte war so erfolgreich, dass der Autor 1933 im gleichen Magazin die Fortsetzung Lost On Venus (dt. Verschollen auf der Venus) folgen ließ. Anfang der 1970er Jahre lagen die ersten vier Bände des Venus-Zyklus auch in deutscher Sprache vor. In seiner Reihe APEX SF-KLASSIKER veröffentlicht der Apex-Verlag diese vier Romane aus durchgesehene Neu-Ausgabe (in der Übersetzung von Thomas Schlück).
Der abschließende fünfte Band, The Wizard Of Venus, erscheint unter dem Titel Der Zauberer von der Venus als deutsche Erstveröffentlichung ebenfalls im Apex-Verlag.
Der Autor
Edgar Rice Burroughs - * 01. September 1875, † 19. März 1950.
Edgar Rice Burroughs war ein US-amerikanischer Schriftsteller, der bekannt wurde als als Erzähler diverser Abenteuergeschichten, die sich vor allem dem frühen Fantasy- und Science-Fiction-Genre zuordnen lassen. Die bekanntesten von ihm eingeführten - und in der Folge von anderen in zahlreichen Filmen und Comics etablierten - Heldencharaktere sind Tarzan, John Carter, Carson Napier.
Der Sohn des Fabrikanten und Bürgerkriegsveteranen Major George Tyler Burroughs (1833–1913) und der Lehrerin Mary Evaline Zieger (1840–1920) verlebte nach dem Besuch mehrerer Privatschulen den Großteil seiner Jugend auf der Ranch seiner Brüder in Idaho.
Nach seinem Abschluss auf der Michigan Military Academy im Jahr 1895 trat Burroughs in die 7. US-Kavallerie ein. Als ein Armeearzt bei ihm einen Herzfehler diagnostizierte und er deshalb nicht Offizier werden konnte, verließ Burroughs die Armee vorzeitig im Jahr 1897 und arbeitete bis 1899 wieder auf der Ranch seines Bruders. Danach ging er zurück nach Chicago und arbeitete in der Firma seines Vaters.
Am 1. Januar 1900 heiratete Burroughs seine Jugendliebe Emma Centennia Hulbert. Das Paar bekam drei Kinder: Joan Burroughs Pierce (1908–1972), Hulbert Burroughs (1909–1991) und John Coleman Burroughs (1913–1979). Da die tägliche Routine in der Fabrik seines Vaters Burroughs nicht zufriedenstellte, verließ das Ehepaar 1904 Chicago, um abermals in Idaho zu leben. Mit seinen Brüdern, die inzwischen ihre Ranch aufgegeben hatten, versuchte er sich erfolglos als Goldgräber. Kurze Zeit später arbeitete er als Eisenbahnpolizist in Salt Lake City. Auch diesen Job gab Burroughs auf und zog mit seiner Frau wieder zurück nach Chicago, wo er eine Reihe Jobs annahm, unter anderem als Vertreter. 1911 investierte er sein letztes Geld in einer Handelsagentur für Bleistiftanspitzer und scheiterte.
Burroughs, der zu dieser Zeit an schweren Depressionen litt und, nach einigen seiner Biographen, an Selbstmord dachte, kam auf die Idee, eine Geschichte für ein Magazin zu schreiben, in dem er zuvor Anzeigen für seine Bleistiftanspitzer geschaltet hatte. Seine erste Erzählung Dejah Thoris, Princess of Mars (unter dem Pseudonym Normal Bean für das All-Story-Magazin von Thomas Metcalf geschrieben) wurde zwischen Februar und Juli 1912 als Fortsetzung veröffentlicht.
Metcalf hatte sein Pseudonym in Norman Bean geändert, und auch der Titel seiner Geschichte wurde zu Under the Moon of Mars abgewandelt. Auf Burroughs Beschwerde bezüglich der Änderungen, lenkte Metcalf ein und bot an, Burroughs nächste Geschichte unter seinem richtigen Namen zu drucken. Eine weitere Beschwerde Burroughs betraf den Zusatz For all Rights auf seinem Honorarscheck. Nach längerem Briefwechsel erreichte er, dass die 400 Dollar nur für den Erstabdruck galten.
Burroughs zweite Geschichte, The Outlaw of Torn, wurde jedoch von All-Story abgelehnt. Der große Erfolg kam mit Burroughs drittem Anlauf, Tarzan of the Apes.
Die Geschichte von Tarzan wurde ebenfalls 1912 von All-Story veröffentlicht. Burroughs schrieb in der Folgezeit immer wieder neue Tarzan-Geschichten und konnte sich - kaum zehn Jahre nach der Veröffentlichung von Tarzan of the Apes - ein riesiges Stück Land in der Nähe von Los Angeles kaufen. Selbst nach Burroughs Tod im Jahr 1950 erschienen weitere Tarzan-Geschichten. Das Landstück bei Los Angeles ist heute die Gemeinde Tarzana.
In den frühen 1930er Jahren wurde sein schriftstellerischer Erfolg allerdings immer mehr von privaten Problemen überschattet. 1934 ließ er sich scheiden und heiratete ein Jahr später Florence Dearholt. Doch schon 1942 wurde auch diese Ehe geschieden. Nach der Bombardierung von Pearl Harbor begab sich Burroughs 1941 als Kriegsreporter nach Hawaii. Nach dem Krieg kehrte er nach Kalifornien zurück, wo er, nach vielen gesundheitlichen Problemen, 1950 einem Herzanfall erlag.
In Burroughs Werk vermischen sich Science Fiction und Fantasy. Er etablierte Geschichten vor einem planetarischen Hintergrund in der Science Fiction. Dabei war Burroughs bewusst, dass seine Literatur bei den Kritikern nicht ankam. Er machte auch nie ein Hehl daraus, dass er schrieb, um Geld zu verdienen.
Die Helden seiner Romane und Erzählungen haben keine Alltagsprobleme. Bei den Charakterzeichnungen schwach, sprudeln Burroughs Geschichten über vor Ideen und Action. Die Helden seiner Romane haben verschiedene Merkmale gemeinsam, beispielsweise das Geheimnis um ihre Herkunft. Entweder haben die Helden nie eine Kindheit erlebt, oder können sich nicht daran erinnern, oder aber sie sind wie Tarzan und The Cave Girl Waisen. Ein weiteres Merkmal von Burroughs Geschichten ist der, wie Brian W. Aldiss es nennt, ausgeprägte sexuelle Dimorphismus. Das jeweils dominante Geschlecht ist hässlich.
Obwohl es in den Romanen und Geschichten Burroughs von schönen, nackten Frauen nur so wimmelt, werden sexuelle Beziehungen weder angedeutet noch erwähnt. Burroughs Welt scheint eine präpubertäre zu sein. Doch ist die Jungfräulichkeit immer in Gefahr (vgl. Aldiss). Fast schon zwanghaft mutet an, dass es in den Geschichten Burroughs, die zwischen 1911 und 1915 geschrieben wurden, nicht weniger als 76 Mal zu Vergewaltigungsdrohungen kommt, die natürlich alle abgewendet werden können. Zu den Bedrohern der weiblichen Unschuld gehören verschiedene Marsianer, Sultane, Höhlenmenschen, japanische Kopfjäger und Affen.
E. F. Bleiler schreibt über Burroughs, seine Texte seien „Fantasien von Erotik und Macht."
Der Apex-Verlag veröffentlicht Burroughs' Venus-Romane (in der deutschen Übersetzung von Thomas Schlück) sowie Neu-Übersetzungen des Tarzan-Zyklus.
PIRATEN DER VENUS
1.
»Wenn am Dreizehnten dieses Monats um Mittemacht eine weißgekleidete Frauengestalt Ihr Schlafzimmer betritt, beantworten Sie bitte diesen Brief - andernfalls nicht.«
Als ich das Schreiben soweit gelesen hatte, wollte ich es schon in den Papierkorb werfen, wie ich es bei verrückten Zuschriften dieser Art zu tun pflegte, aber aus irgendeinem Grund las ich weiter.
»Wenn Sie von der Gestalt angesprochen werden, merken Sie sich bitte ihre Worte und wiederholen Sie sie mir in Ihrer Antwort.«
Vielleicht hätte ich das Schreiben zu Ende gelesen, wenn in diesem Augenblick nicht das Telefon geläutet und mich auf eine Vereinbarung hingewiesen hätte, um die ich mich sofort kümmern musste. Ich sprang auf und ließ den Brief in einen der Körbe auf meinem Schreibtisch fallen; zufällig war es der Korb, aus dem sämtliche Schriftstücke in die Ablage wanderten. Normalerweise wäre die Angelegenheit damit erledigt gewesen, und ich hätte niemals wieder an den Brief gedacht, wenn mich die Ereignisse des Dreizehnten nicht abrupt daran erinnert hätten.
In den Tagen nach dem Eingang des Briefes war ich außerordentlich angespannt. Am Abend des Dreizehnten schwirrte mir der Kopf von den Einzelheiten einer schwierigen Grundstückstransaktion, und ich konnte kaum einschlafen. Meine Gedanken kreisten um notarielle Beglaubigungen, Grundstücksurkunden und Restkaufgeldforderungen. Was mich schließlich weckte, weiß ich nicht. Jedenfalls fuhr ich plötzlich auf und sah mich einer weißgekleideten Frauengestalt gegenüber, die soeben meinen Raum durch die Tür betrat. Das Erstaunliche dabei war, dass sie die Tür nicht geöffnet hatte, sondern einfach durch das Holz hereinkam.
Es war eine mondhelle Nacht, und die vertrauten Gegenstände in meinem Schlafzimmer waren deutlich zu sehen - aber auch die geisterhafte Gestalt, die am Fußende meines Bettes zu schweben schien.
Ich leide normalerweise nicht unter Halluzinationen. In meinem ganzen Leben war ich noch keinem Gespenst begegnet und verspürte auch nicht den Wunsch danach. Dementsprechend unvorbereitet war ich auf die Situation und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Selbst wenn die Dame nicht so offensichtlich eine übernatürliche Erscheinung gewesen wäre, hätte ich nicht gewusst, wie ich sie zu dieser späten Stunde in meinem Schlafzimmer empfangen sollte, denn bisher hatte noch keine fremde Frau diese Schwelle übertreten, da ich puritanisch erzogen worden bin.
»Heute ist der Dreizehnte, und wir haben Mittemacht«, sagte sie mit leiser, musikalischer Stimme.
»Stimmt«, erwiderte ich und musste plötzlich an den Brief denken, den ich vor einigen Tagen erhalten hatte.
»Er hat Guadalupe heute verlassen«, fuhr sie fort, »und wird in Guaymas Ihr Schreiben erwarten.«
Das war alles. Sie durchquerte den Raum und verließ ihn - nicht durch das Fenster, das sich eigentlich angeboten hätte, sondern durch die Wand. Ich saß eine Minute lang regungslos in meinem Bett und starrte auf den Punkt, an dem sie verschwunden war, und versuchte mich davon zu überzeugen, dass ich geträumt hatte. Doch ich hatte nicht geträumt; ich war hellwach. Ich war sogar derart wach, dass ich eine Stunde brauchte, um mich wieder in Morpheus' Armen zu verlieren, wie es ein viktorianischer Schreiber ausgedrückt hätte.
Am nächsten Morgen traf ich etwas früher als gewöhnlich in meinem Büro ein, und ich brauche nicht zu betonen, dass ich natürlich sofort nach dem Brief zu forschen begann, den ich um den Zehnten herum erhalten hatte. Leider konnte ich mich nicht an den Absender erinnern. Aber mein Sekretär wusste noch den Ort, an dem der Unbekannte das Schreiben aufgegeben hatte, das ungewöhnlich genug gewesen war, um seine Aufmerksamkeit zu erwecken.
»Der Brief kam irgendwo aus Mexiko«, sagte er, und da die Unterlagen dieser Art nach Ländern geordnet waren, wurde das Gesuchte schnell gefunden.
Sie können versichert sein, dass ich den Text diesmal sorgfältig studierte. Der Brief war am Dritten in Guaymas aufgegeben worden, in einer Hafenstadt am Golf von Kalifornien.
Mein lieber Herr!
Im Zusammenhang mit der Durchführung eines Projektes von größter wissenschaftlicher Bedeutung sehe ich mich vor der Notwendigkeit, um die - nicht finanzielle - Unterstützung eines psychisch mit mir harmonisierenden Menschen nachzusuchen, der zugleich über ausreichende Intelligenz und Bildung verfügt, um die gewaltigen Möglichkeiten meines Vorhabens zu erkennen.
Warum ich mich an Sie gewandt habe, werde ich Ihnen gern erklären, wenn Sie mir den Vorzug einer persönlichen Unterhaltung erweisen würden. Allerdings würde unser Zusammentreffen von dem Ausgehen eines Versuches abhängen, den ich Ihnen jetzt erklären möchte.
Wenn am Dreizehnten dieses Monats um Mittemacht eine weißgekleidete Frauengestalt Ihr Schlafzimmer betritt, beantworten Sie bitte diesen Brief - andernfalls nicht. Wenn Sie von der Gestalt angesprochen werden, merken Sie sich bitte ihre Worte und wiederholen Sie sie mir in Ihrer Antwort.
Ich darf Ihnen versichern, dass ich mich sehr freuen würde, wenn Sie mein Anliegen ernsthaft in Erwägung ziehen könnten, obwohl ich mir dessen bewusst bin, dass mein Brief ziemlich ungewöhnlich ist. Ich darf Sie bitten, strengstes Stillschweigen über seinen Inhalt zu bewahren, bis eventuelle künftige Ereignisse seine Veröffentlichung gerechtfertigt erscheinen lassen. Damit verbleibe ich mit respektvollen Grüßen als Ihr
Carson Napier.
»Scheint ein ganz Verrückter zu sein«, bemerkte Rothmund.
»Der Meinung war ich auch«, stimmte ich zu, »aber heute ist der Vierzehnte, und es sieht aus, als wären wir auf dem Weg in ein neues Abenteuer.«
»Was hat der Vierzehnte damit zu tun?«, fragte er.
»Gestern war der Dreizehnte«, erinnerte ich.
»Sie wollen doch nicht etwa sagen...?«
»Genau das will ich sagen«, unterbrach ich ihn. »Die Dame kam, ich sah, und sie siegte.«
Ralph musterte mich beunruhigt. »Sie sollten mal wieder zum Arzt gehen.«
»Keine ungehörigen Bemerkungen, bitte. Ich weiß, was ich gesehen habe. Bitte nehmen Sie einen Brief an Mr. Napier auf.«
Einige Tage später erhielt ich aus Guaymas ein Telegramm:
»BRIEF ERHALTEN – STOP - VIELEN DANK - STOP - WERDE SIE MORGEN AUFSUCHEN.«
»Er scheint mit dem Flugzeug zu kommen«, sagte ich.
»Oder auf einer Wolke, in ein weißes Bettlaken gehüllt.«
Ich muss zugeben, dass wir der Ankunft Carson Napiers mit großem Interesse entgegensahen. Ralph schien einen wildäugigen Wahnsinnigen zu erwarten, während ich nicht recht wusste, auf was ich mich gefasst machen sollte.
Gegen elf Uhr am folgenden Morgen kam Ralph in mein Büro.
»Mr. Napier ist da«, sagte er.
»Na, stehen ihm die Haare zu Berge, und hat er rotglühende Augen?«, fragte ich lächelnd.
»Nein«, erwiderte Ralph und lächelte ebenfalls. »Er sieht eigentlich recht gut aus. Aber er scheint mir doch verrückt zu sein«, fügte er hinzu.
Einen Augenblick später führte er einen außerordentlich gutaussehenden Mann herein, den ich zwischen fünfundzwanzig und dreißig schätzte, wenn er nicht sogar jünger war.
Er kam mir mit ausgestreckter Hand lächelnd entgegen, und ich erhob mich, um ihn zu begrüßen. Nach der üblichen banalen Gesprächseröffnung kam er sofort zum Kern der Sache.
»Um Ihnen die Angelegenheit klarzumachen«, begann er, »muss ich zunächst von mir erzählen. Mein Vater war britischer Armeeoffizier, meine Mutter ein amerikanisches Mädchen aus Virginia. Ich wurde in Indien geboren, während mein Vater dort stationiert war, und wuchs unter der Aufsicht eines alten Hindu auf, der meinen Eltern sehr zugeneigt war. Er hieß Chand Kabi und war eine Art Mystiker, und er brachte mir viele Dinge bei, die normalerweise nicht in den Lehrplan von kleinen Jungen unter zehn Jahren gehören. Zum Beispiel die Telepathie, die er für sich derart vervollkommnet hatte, dass er sich mit einer Person, mit der er psychisch harmonierte, auf große Entfernungen unterhalten konnte, als ob er ihr gegenübersäße. Nicht nur das - er konnte auch geistige Bilder auf große Distanz projizieren, so dass der Empfänger seiner Gedankenwellen sehen konnte, was Chand Kabi vor Augen hatte oder ihm übermitteln wollte. Diese Dinge brachte er
mir bei.«
»Und auf diese Weise haben Sie mir am Dreizehnten auch meine mitternächtliche Besucherin zugeführt, nicht wahr?«, fragte ich.
Er nickte. »Dieser Versuch war unumgänglich, um festzustellen, ob zwischen uns eine psychische Harmonie besteht. Ihr Brief mit den genauen Worten, die ich die Erscheinung sprechen ließ, überzeugte mich schließlich davon, dass ich endlich die Person gefunden habe, nach der ich schon lange Zeit suche. Aber ich will mit meiner Geschichte fortfahren, damit Sie möglichst genau über mich Bescheid wissen und beurteilen können, ob ich Ihres Vertrauens und Ihrer Unterstützung würdig bin. Ich war noch nicht elf, als mein Vater starb und meine Mutter mich nach Amerika brachte. Wir lebten zuerst drei Jahre lang in Virginia beim Großvater meiner Mutter, Richter John Carson, von dem Sie sicherlich schon gehört haben. Als der große alte Mann starb, kamen meine Mutter und ich nach Kalifornien, wo ich zur Schule ging und später ein kleines College besuchte, das für sein hohes Niveau bekannt ist.
Nachdem ich mein Studium abgeschlossen hatte, ereignete sich die dritte Tragödie meines Lebens - meine Mutter starb. Es dauerte lange, ehe ich diesen Schlag überwand, und das Leben schien einfach keinen Reiz mehr für mich zu haben. Aber obwohl mir alles egal war, brachte ich nicht den Mut auf, mich umzubringen. Zum Ausgleich ließ ich mich auf ein äußerst hektisches Leben ein. Aus bestimmten Gründen lernte ich fliegen, änderte meinen Namen und