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CHINATOWN BLUES - Ein Max-LeBlue-Roman
CHINATOWN BLUES - Ein Max-LeBlue-Roman
CHINATOWN BLUES - Ein Max-LeBlue-Roman
eBook429 Seiten5 Stunden

CHINATOWN BLUES - Ein Max-LeBlue-Roman

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Über dieses E-Book

Max LeBlue ist ein Geist, ein gefährlicher DEA-Agent. Nach der Tragödie vom 11. September gab man ihm die Chance, für tot erklärt zu werden und undercover zu arbeiten. Er witterte eine Falle - und sollte Recht behalten. Also suchte er das weite entkam nach Kanada.

Zwei Jahre später reiste er mit neuer Identität wieder in die Staaten ein. Heute ist Max LeBlue ein Computer-Troubleshooter, der tief unter dem Radar in San Francisco lebt.

Obwohl er ein überzeugter Zyniker ist, hat Max - trotz seines stahlharten Äußeren - einen gefährlichen Makel: Niemals würde er sich von einem Freund abwenden. Und als ein weltweit agierender Immobilien-Makler darauf aus ist, Jimmy Chu dazu zu bringen, sein Chinatown-Anwesen aufzugeben, kommt Max ins Spiel, um Jimmy zur Seite zu stehen. Denn das Auge des Gesetzes schaut weg... und Max findet sich wieder in einem Spießrutenlauf zwischen einem chinesischen Paten, skrupellosen Bikern und einem Serienmörder, der Nutten erwürgt - ein verzweifelter Sprint, der ihn von den unterirdischen Tunneln von Chinatown bis hin zu den Glastürmen eines korrupten Firmen-Moguls führt.

Plötzlich ist er nicht länger unsichtbar - aber noch immer allein...

Mit CHINATOWN BLUES legt Frank Lauria, der Autor der legendären DOC ORIENT-Romane, nach FOG CITY BLUES den zweiten Band um Max LeBlue vor - einen modernen Noir-Krimi der Spitzenklasse: hart, kompromisslos und spannend von der ersten bis zur letzten Seite!

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum27. März 2018
ISBN9783743850576
CHINATOWN BLUES - Ein Max-LeBlue-Roman

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    Buchvorschau

    CHINATOWN BLUES - Ein Max-LeBlue-Roman - Frank Lauria

    Das Buch

    Max LeBlue ist ein Geist, ein gefährlicher DEA-Agent. Nach der Tragödie vom 11. September gab man ihm die Chance, für tot erklärt zu werden und undercover zu arbeiten. Er witterte eine Falle - und sollte Recht behalten. Also suchte er das weite  entkam nach Kanada.

    Zwei Jahre später reiste er mit neuer Identität wieder in die Staaten ein. Heute ist Max LeBlue ein Computer-Troubleshooter, der tief unter dem Radar in San Francisco lebt.

    Obwohl er ein überzeugter Zyniker ist, hat Max - trotz seines stahlharten Äußeren - einen gefährlichen Makel: Niemals würde er sich von einem Freund abwenden. Und als ein weltweit agierender Immobilien-Makler darauf aus ist, Jimmy Chu dazu zu bringen, sein Chinatown-Anwesen aufzugeben, kommt Max ins Spiel, um Jimmy zur Seite zu stehen. Denn das Auge des Gesetzes schaut weg... und Max findet sich wieder in einem Spießrutenlauf zwischen einem chinesischen Paten, skrupellosen Bikern und einem Serienmörder, der Nutten erwürgt - ein verzweifelter Sprint, der ihn von den unterirdischen Tunneln von Chinatown bis hin zu den Glastürmen eines korrupten Firmen-Moguls führt.

    Plötzlich ist er nicht länger unsichtbar - aber noch immer allein...

    Mit CHINATOWN BLUES legt Frank Lauria, der Autor der legendären DOC ORIENT-Romane, nach FOG CITY BLUES den zweiten Band um Max LeBlue vor - einen modernen Noir-Krimi der Spitzenklasse: hart, kompromisslos und spannend von der ersten bis zur letzten Seite!

    Der Autor

    Frank Lauria, Jahrgang 1935.

    Frank Lauria ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, Musiker, Broadway- und Film-Schauspieler.

    Besondere Bekanntheit erlangte er durch die stilprägenden Okkult-Horror-Romane um Dr. Owen Orient; diese Serie besteht bis dato aus den Bänden Doctor Orient (1970), Raga Six (1972), Lady Sativa (1973), Baron Orgaz (1974), The Priestess (1978), The Seth Papers (1979), Blue Limbo (1991) und Demon Pope (2014).

    Darüber hinaus schuf er die Roman-Fassungen der Filme Dark City (1998), End Of Days und Pitch Black (beide 1999). Aktuell veröffentlichte Frank Lauria  den Noir-Krimi Fog City Blues (2014, der erste Band der Serie Max LeBlue-Mysteries) sowie den Vampir-Roman Melody Dawn (2015).

    Im November 2011 erschien überdies das Album Lost In The Underground seiner Band Uncle Frank And The Co-Defendants.

    Frank Lauria lebt und arbeitet in Kalifornien/USA.

    Der Apex-Verlag widmet Frank Lauria eine umfangreiche Werkausgabe.

    CHINATOWN BLUES

    »Die Zeit ist unbesiegbar.«

    John Wooden (legendärer Basketball Coach)

      Kapitel 1

    Die Zeit vergeht rasend schnell, wenn du tot bist.

    Denk drüber nach - jeder Einzelne von uns ist das Endergebnis eines gigantischen Kampfes eines einzelnen Spermiums unter Millionen, um das heilige Ei zu erreichen.

    Also ist jeder von uns, der geboren wird, ein Gewinner.

    So sehe ich es, wenn es mir gut geht.

    Wenn es mir schlecht geht, weine ich jeder zerfetzten Seele auf diesem Planeten nach.

    Seht es ein, wir sind von Anbeginn an verdammt, die Gesegneten zusammen mit dem Rest von uns.

    Also hängt es von der Zeit ab.

    Was genau der Grund ist, warum ich jeden Tag lebe, dankbar für jede Stunde, in der ich frische Luft atme.

    Denn Tatsache ist, ich bin tot.

    Ich habe mein Leben bei 9/11 mit den Twin Towers gelassen und bin seither untergetaucht. Meine traurige Geschichte klingt in etwa so: Ich war DEA Agent in New York bis eine Mega-Selbstmedikation und eine schmerzliche Scheidung dazu führten, dass mich der Direktor und mein ehemaliger Freund Alvin Delaney angeklagt hat.

    Dann bot mir Delaney am 11.9. einen Deal an. Agent Sam Devine - das war ich - würde offiziell für tot erklärt werden, weil er im tragischen Einsturz der Twin Towers ums Leben kam, und permanent undercover gehen.

    Meine Mission: herausfinden wo die Drogen und Waffen umgeschlagen wurden. Ich würde straffrei davonkommen und wieder in meinem Job tätig sein. Die Position kam mit einigen Nebenleistungen, die sich Außendienstmitarbeiter im Regelfall nicht leisten konnten: ein exklusives Apartment, fünfzigtausend Riesen in bar, und je ein Kilo Kokain und Heroin.

    Das perfekte Starterkit.

    Zu perfekt.

    Also verfolgte ich Delaneys Limousine nach einem unserer Treffen. Folgte ihr den ganzen Weg bis zu dem Apartmentkomplex, in dem meine Ex-Frau wohnte.

    Zufall?

    Tatsächlich war die lachende Frau, die an Delaneys Arm die Lobby verließ, meine Witwe Grace.

    Trauerte sie? Ist Madonna Jungfrau?

    Dann ergab alles einen Sinn. Jetzt, da ich tot war, konnte Grace meine Lebensversicherung und Pension kassieren, und Delaney hatte freie Fahrt bei meiner jetzt vermögenden Witwe.

    Also wechselte ich die Seiten, verschwand über die Grenze nach Kanada und kreierte mit Hilfe meiner herausragenden Computerkenntnisse mein neues Ich.

    Zwei Jahre später kehrte ich als Max LeBlue in die Vereinigten Staaten zurück und versuche seither friedlich in San Francisco in der Bay Area zu leben. Auf dem Weg habe ich meine schlechten Angewohnheiten weitestgehend in den Griff bekommen, aber ich genieße hin und wieder ein paar Drinks.

    Heute war es wieder so weit.

    Ich war in meinem Apartment in Marin, ein Cottage hinter dem Haus von Organic Phil, einem ortsansässigen Ernährungsguru. Von da aus fuhr ich mit dem Fahrrad nach Sausalito und nahm die Fähre zu meinem Stadthaus, ein weitervermietetes Zimmer in North Beach, das einem unkonventionellen Physiker namens Dr. Eli Safelli gehörte.

    Ich vermeide es, mit dem Auto zu fahren. Besonders in Marin, wo die Cops weiß und stockkonservativ sind. Ein verirrter Strafzettel, Blechschaden, was auch immer; wenn du auf der Straße unterwegs bist, bist du anfällig dafür, angehalten und durchsucht zu werden. Heutzutage unterhält die Strafverfolgung Datennetzwerke, die deinen Arsch in Sekunden identifizieren können.

    Ich muss es wissen. Schließlich habe ich dem NYPD dabei geholfen, ein solches einzurichten.

    Natürlich war meine Kreation, die ich Donna nannte - wie das Lied - primitiv im Vergleich zu innovativen Neuromantie, die von unseren lokalen Cyberschamanen praktiziert wurde. Aber ich lege Wert darauf, auf dem Laufenden zu bleiben und habe immer noch ausgewählte Kunden für meine Dienstleistungen.

    So schaffe ich es, außerhalb des Netzes zu überleben.

    Bis jetzt.

    ***

    San Francisco auf dem Seeweg zu betreten ist eine große Erfahrung. Die Stadt ist ein Juwel, egal welche Maßstäbe man anlegt. In letzter Zeit jedoch verliert ihre Gier an Glanz.

    Ich nippte an meinem Coffee-to-go und beobachtete, wie sich die Stadt in drei glänzenden Facetten vor mir ausbreitete, als die Fähre Alcatraz umrundete. Die erste war North Beach, eine Hügelgemeinde mit winzigen Wohnungen und kleinen Läden, eine legändere Wiege der Künste, die sich direkt an die Glas- und Stahltürme des Finanzdistrikts drängte. Im Gegensatz zu den eng beisammen liegenden Wohnungen waren diese Wolkenkratzer kunstvoll gestaltet, um sich zu ergänzen und miteinander zu interagieren.

    Aber hinter der dritten Facette war nichts Kunstvolles, ein Durcheinander an riesigen Kränen und gesichtslosen Monolithen, die sich nach Süden hin ausbreiteten, wie Dinosaurier aus Beton, die jeden Quadratzentimeter des offenen Himmels verschlangen.

    Ein trauriger Makel im Juwel.

    Wie eine schöne Frau mit schlechten Zähnen.

    Als die Fähre am Fährhaus andockte, radelte ich rüber nach North Beach und trug meinen fahrbaren Untersatz drei Stockwerke hinauf in meine Wohnung in der Walnut Street.

    Eli war da, verwirrt wie immer.

    »Ich habe eine wichtige Datei verloren, ich bin am Verzweifeln«, sagte er, sobald ich die Tür betreten habe. »Es ist mein Dossier über Dunkle Materie. Es ist geplant, dass ich diese Woche eine Präsentation in London halte.« Eli schaute mich anklagend an. »Es ist weg, und ich kann es nicht finden. Wo bist du gewesen? Ich habe nicht mal deine Handynummer.«

    »Ganz locker, ich habe deine dämliche Datei nicht gelöscht«, brummte ich, als ich mich hinter seinen Apple setzte und zu suchen anfing. Seinen PC in Ordnung zu halten ist Teil der Abmachung zwischen Eli und mir. Er vermietet mir ein Zimmer ohne Bücher in seinem Apartment, und ich halte seine Computerausrüstung am Laufen.

    Eli speichert Dateien permanent an falschen Orten ab oder löscht sie, also ist meine Gegenwart immer willkommen. Diese Datei war nicht schwer zu finden, ungeachtet Elis aufgeregtem Geplapper über seine neueste Theorie, die meine persönlichen Favoriten einschlossen: verschränkte Elektronen.

    »Klingt interessant. Was ist in London los?«

    Eli grinste. »Ich bin im Claridge. Eine Suite. Nach der Vorlesung besteht die Chance, dass sie mich in den Saville Club aufnehmen.«

    »Heißt deine Datei zufällig »Dunkle Materie und Lichtgeschwindigkeit«?«

    »Das ist sie. Du hast sie gefunden. Gott sei Dank. Jetzt kann ich beruhigt auf dem Flug schlafen. Ich fliege in der Business-Class, weißt du?«

    Das ist Eli: ein brillantes Gehirn, das süchtig nach Upgrades ist.

    Ich verstaute mein Fahrrad in der Ecke im Gang und ging in die Küche. Sanjin, der dritte Mitbewohner in dem mietpreisgebundenen Apartment, saß am Küchentisch. Er schrieb gerade etwas mit der Hand, der Laptop stand geöffnet neben ihm.

    Er blickte nicht auf.

    »Ich mache mir gerade Tee. Magst du auch?«

    »Danke.«

    Völlig in seine Arbeit versunken, kritzelte er weiter. Sanjin war ein mathematisches Wunderkind, und er hatte jetzt eine Professorenstelle in Berkeley. Außerdem machte er großartigen Tee.

    »Ich versuche gerade, die Knoten in dieser Formel zu entwirren«, nuschelte er.

    Ich erwiderte nichts darauf und schlich auf Zehenspitzen durch die Ruhmeshalle.

    Plötzlich ließ er seinen Stift fallen und ging zum Herd. Gebürtig aus Delhi stammend, wuchs Sanjin in London auf und bekam schon sehr früh ein Stipendium. Jetzt war er ein junger Professor, gerade mal dreiunddreißig Jahre alt, schlank und fit mit durchdringenden dunklen Augen und einem lässigen Lächeln.

    »Woran arbeitest du?«, wagte ich zu fragen.

    »Schwingungsfrequenztheorie.« Er stellte zwei dampfende Tassen auf dem Tisch ab. »Ich soll darüber auf einer Fünf-Tages-Konferenz in L. A. diskutieren.«

    Er nahm seinen Stift wieder zur Hand und fing wieder an zu schreiben.

    »Ginge es auf dem Laptop nicht schneller?«

    Sanjin zuckte mit den Achseln. »Wenn man gerade dabei ist, die Saiten des Universums zu zupfen, dann ist es besser, wenn man die Hand dazu benutzt.«

    Während ich noch über diese kleine Weisheit nachdachte, duschte ich, zog mich um und ging für einen Bummel nach draußen.

    ***

    Ein Frühlingsnachmittag in North Beach hat etwas von einem altmodischen Technicolor Musical.

    Pastellfarbene Markisen, Straßencafés, eigenbrötlerische Menschen, Touristen, junge Liebespaare, Straßenmusikanten, Sonnenbadende, und Hunde, die im Washington Square Park Frisbees hinterherjagten...das alles stand kurz davor, in eine Tanznummer umzuschwenken.

    Ich holte mir ein Frikadellen-Sandwich und aß es auf einer Parkbank.

    Das ist immer eine gute Idee, bevor man etwas trinkt. Das lenkt deinen Körper von dem Schaden ab, den du ihm zufügen wirst.

    Ich setzte meinen Weg in südlicher Richtung fort, machte eine kurze Pause für einen Espresso, bevor ich den Broadway überquerte und kurz im City Lights Bookstore vorbeischaute.

    Ich kaufte eine Ausgabe von Quellcode von William Gibson. Der Titel schien perfekt zu meiner Laune zu passen. Beim Verlassen bog ich scharf rechts ab, ging durch die Jack Kerouac Alley und fand mich in Chinatown wieder.

    Mein Ziel war ein Kräuter-Heil-Laden in der Jackson Street, der meinem Freund Doktor Jimmy Shu gehörte. Chiropraktiker, Akupunkturist, Naturheilkundearzt, Heiler. Jimmy hat bei mehr als nur einer Gelegenheit mein Rückgrat wieder auf Vordermann gebracht. Er lässt mich seinen Kräuterladen als Postanschrift für die paar Rechnungen, die ich jeden Monat bekomme, benutzen, und ich kümmere mich im Gegenzug um seine Website und helfe ihm dabei, sein Geschäft und seinen Versandhandel voranzutreiben.

    Ab und zu gehen wir auch auf ein paar Drinks aus.

    Aber als ich seine Räumlichkeiten betrat, schien Jimmy mich nicht zu erkennen.

    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er mit flacher Stimme.

    Da fiel mir der große Asiate auf, der in einem silbergrauen italienischen Anzug mit Texas Stiefeln, Schweizer Uhr und französischer Sonnenbrille vorgab, die Kräuter und Wurzeln hinter dem Tresen zu inspizieren. Er kam mir nicht vor wie der Bio-Typ, also setzte ich alles auf eine Karte.

    »Ja.« Ich ging näher an die Verkaufstheke. »Ich brauche etwas Ginseng.« Eine undeutliche spannungsgeladene Wolke füllte den Raum mit statischer Elektrizität. Ich ignorierte sie. »Ah, und etwas frischen Ingwer.«

    Die beiden Männer standen stocksteif da, angriffsbereit wie zwei Katzen mit Katzenbuckel.

    Eine Sekunde später griff Jimmy unter die Theke. »Ja, wir haben Ginseng.«

    Im selben Augenblick drehte sich der Asiate um, und ich sah etwas Metallisches in seiner Hand. Eine stupsnasige Automatik.

    »Die Hände dorthin, wo ich sie sehen kann«, sagte er ruhig.

    Die Waffe war auf Jimmy gerichtet.

    Ich ging einen Schritt zurück. »Es ist wohl gerade ungünstig?«

    Der Mann lachte. »Für dich vielleicht.«

    Falsche Antwort.

    Eine der vielen Tugenden eines Hardcover Romans ist, dass er eine prima Waffe abgibt.

    Meine kurze, schnelle Rückhanddrehung erwischte ihn mit der scharfen Kante des Buches direkt unter der Sonnenbrille und brach ihm die Nase. Während das Blut sein Hemd befleckte, schwankte er rückwärts und ließ sich auf ein Knie fallen, aber er hielt die Waffe weiterhin oben.

    Kein gutes Zeichen. Offensichtlich ein Profi.

    Eine Hand bedeckte seine Nase, während seine Pistole zwischen mir und Jimmy hin und her wanderte, als ob sie herausfinden wollte, wen sie zuerst abknallen sollte. Aus meinem Augenwinkel heraus sah ich, wie Jimmy eine .38er unter der Tresen hervorholte.

    Außerdem sah ich ein Mündungsfeuer aus der Kanone des Mannes und lag schon halb auf dem Boden, als ich den Schuss hörte. Als mein Bauch den Holzboden berührte, hörte ich einen weiteren Schuss.

    Mit klingelnden Ohren rollte ich mich herum und sah Jimmy mit erstauntem Gesichtsausdruck hinter dem Tresen stehen, starrte ungläubig auf den noch rauchenden Lauf seiner .38er.

    Ich blinzelte durch den Rauch.

    Die Sonnenbrille des Mannes war weg und einen Augenblick lang dachte ich, der blutige Klecks in der Mitte seines Gesichts wäre die Schusswunde, die ihn umgebracht hatte. Weil er regungslos dalag, die Automatik immer noch fest in seinen leblosen Fingern.

    Dann sah ich das Blut aus einem Loch in seiner Brust sickern. Ich beobachtete den dunklen Fleck, wie er sich über sein silbernes Jackett ausbreitete und stand langsam auf.

    »Oh, Scheiße«, sagte Jimmy mehr zu sich selbst, »Scheiße.«

    Eine betäubende Erschöpfung erstickte den Adrenalinschub, und ein kurzer Schauer kroch durch meine Knochen.

    In der Tat, oh, Scheiße.

    Hier schlendere ich durch Chinatown, um meine Post abzuholen, und innerhalb von nur zehn Minuten werde ich zum Komplizen eines Mordes an einem Mann, dem ich nie zuvor begegnet bin. Mein sorgfältig konstruiertes Haus aus Personalausweisen war gerade dabei, in sich zusammenzufallen.

    »Scheiße, tut mir leid«, sagte ich. »Vielleicht habe ich überreagiert.«

    Ich kaufte mir das selbst nur zur Hälfte ab, aber ich musste Jimmy dazu bringen, sich zu konzentrieren.

    Er schaffte es nicht.

    »Jimmy.«

    Mein scharfer Ton lenkte seine Aufmerksamkeit weg von der Leiche.

    Er kam mir überrascht vor.

    »Du solltest jetzt besser den Laden abschließen.«

    Jimmy nickte und ging zur Tür, die .38er hatte er immer noch in der Hand. Er hängte ein Schild in die Tür, das vermutlich »Geschlossen« auf Chinesisch bedeutete und kam zurück.

    »Willst du die Polizei anrufen? Ich werde aussagen, dass es Notwehr war.«

    Ich bereute die Worte bereits, als ich sie sagte, weil ich mir über die Konsequenzen, die folgen würden, im Klaren war. Aber in meiner Welt lässt man einen Freund nicht hängen. Ja, das ist eine bescheuerte Einstellung für einen Kerl wie mich, aber es ist alles, was ich habe.

    Also war es schon eine Erleichterung für mich, als Jimmy sagte: »Keine Polizei.«

    »Hast du große Plastiktüten da?«

    »Was?«

    »Du willst doch kein Blut auf deinem Boden haben.«

    »Oh«, sagte er abwesend. Er ging in den hinteren Teil des Raumes und kehrte mit einem geblümten Duschvorhang wieder zurück. Passend.

    Aus meinen Gesichtsporen sickerte kalter Schweiß, und ich zitterte immer noch leicht, als ich ihm half, die Leiche des Mannes auf den Plastikvorhang zu hieven. Wir wickelten ihn ein, wie er war, eine Hand immer noch die Waffe umklammernd, und dann zogen wir die Leiche in das Hinterzimmer, wo Jimmy immer seine Patienten behandelte.

    Wir machten eine Pause. Ich zündete mir eine Zigarette an und fragte mich, ob Jimmy irgendwo was Alkoholisches versteckt hatte.

    »Kann ich mir eine schnorren?«, fragte Jimmy mit gezerrter Stimme.

    »Du rauchst?«

    »Jetzt, ja.«

    Ich gab ihm Feuer. »Willst du darüber reden, was gerade passiert ist?«

    »Die neue Dreizahl.«

    »Dreizahl?«

    »Bauunternehmer, Zangen, Politiker.«

    Ich deutete auf den leblosen Körper. »Zu welcher Sorte gehörte er?«

    »Auftragskiller der Bauunternehmer.«

    Er zog an seiner Zigarette und hustete.

    »Etwas Alkohol könnte deine Kehle befreien.«

    »Ja, gute Idee.«

    Er durchstöberte einen Aktenschrank und fischte eine Flasche mit chinesischem Etikett heraus. Er nahm einen Schluck und reichte sie mir.

    Der Fusel schmeckte wie hundert Prozent reiner Alkohol und brannte sich seinen Weg durch meine Speiseröhre in meinen Bauch, wo er wie ein unterseeischer Vulkan brodelte.

    »Wow, was ist das?«, fragte ich, als sich meine Stimmbänder wieder erholt hatten.

    Jimmy lachte beinahe. »Chinesischer Mondschein.«

    Was auch immer, es half definitiv, meine zerstreuten Nerven wieder zu sammeln.

    »Denkst du, dass der Typ hier war, um dich umzubringen?«

    »Diesmal vielleicht nicht. Er bedrohte stattdessen meine Familie.« Die Vehemenz durchschnitt seine ruhige Stimme wie eine Rasierklinge.

    »Was wollte er?«

    »Sie wollen dieses Gebäude hier.«

    »Sie?«

    »New World Developers.«

    Ich machte mir eine geistige Notiz, um nachzusehen, wer diese Leute waren, und nickte in Richtung der Leiche. »Wir können ihn nicht so hier liegen lassen.«

    Jimmys normalerweise unbewegte Miene sackte ab. »Ich muss mir was einfallen lassen.«

    Dankbar für die betäubende Wirkung des Alkohols setzte ich mich in den gepolsterten Ledersessel und wartete. Jimmys Therapieraum beinhaltete auch eine Massageliege, diverse Heizlampen, eine bewegliche Ablage mit kleinen Flaschen gefüllt mit Ölen und Zaubertränken, einen Kühlschrank, und einen riesigen, altmodischen Apothekerschrank, der mindestens hundert kleine Schubladen enthielt. Mein Sessel stand hinter einem schwarzen Mahagonitisch. Jimmy hatte sich mit gesunkenem Kopf auf der Massageliege niedergelassen.

    Ich rauchte meine Zigarette und wartete. Jimmy war schmächtig mit großen, fähigen Händen und ehrwürdiger Zuversicht. Er war Anfang vierzig mit scharfen Gesichtszügen und intelligenten Augen. Als er seinen Kopf hob, waren seine Augen getrübt.

    »Heute spät nachts kann ich ihn wegbringen.«

    Ich schaute auf meine Uhr. Es war beinahe 18 Uhr.

    »Was machen wir bis dahin?«

    »Ich muss zurück nach Hause, sichergehen, dass meine Frau und meine Tochter okay sind. Du musst nicht zurückkommen.«

    »Glaubst du, dass du den Kerl alleine bewältigen kannst?«

    Jimmy sprang von der Liege auf. »Du hast mir bereits genug geholfen, Max.«

    »Weißt du schon, wo du ihn entsorgen willst?«

    »Noch nicht.«

    »Ich treffe dich hier um 23 Uhr.«

    Jimmy schaute auf die Leiche und schüttelte dann traurig seinen Kopf. »Nein. Triff mich bei Mr. Bing's.«

    ***

    Die Straßen waren voll von Bewohnern der Nachbarschaft, die gerade von der Arbeit nach Hause zurückkehrten. Viele hatten Tüten mit Mitnahme-Essen bei sich. Die Restaurants waren bereits in vollem Betrieb und Touristen liefen herum, auf der Suche nach einem General Tso's Chicken.

    Immer noch fassungslos schnappte ich mir den 12er Pazifik Bus und ließ mich nieder für die lange Fahrt zur Mission. Ich mag Busse. Geben mir Zeit zum Nachdenken. In diesem Fall dachte ich darüber nach, warum ich in diese Scheiße von einem sich abzeichnenden Gefecht mit hineingezogen wurde. Ich habe niemanden erschossen. Tatsächlich war der eine Treffer, den ich gelandet habe, eine reine Selbstverteidigungsmaßnahme gegen einen bewaffneten Mann.

    Okay, ich könnte wegen fahrlässiger Tötung angeklagt werden, aber der alte Delaney würde auf mich warten, um mich aufzufressen und meine Knochen auszuspucken, in dem Moment, als ich den Gerichtssaal verließ.

    Auf der anderen Seite, wenn ich Jimmy dabei half, die Leiche zu entsorgen, wären wir beide aus dem Schneider. Zumindest solange, bis sich unser unbekannter Bauunternehmer sich zu fragen beginnt, wo sein Kampfhund abgeblieben ist. Dann würde Jimmy ein weiterer Besuch abgestattet werden, oder vielleicht sogar Schlimmeres.

    Nicht dein Problem, sagte ich mir. Ja, richtig.

    Es war noch etwas früh für exzessives Trinken, und das unliebsame Geschäft, das mich später noch erwartete, dämpfte meine Feiertagsstimmung. Ich war längst überfällig zu meinem Treffen mit meiner Freundin Nina in der Bar, wo sie später am Abend noch arbeiten musste.

    Ich stieg an der Fünfzehnten und der Mission aus, und machte mich auf den Weg zur Valencia Street. Vor ein paar Jahren war dieses Ghetto das Hoheitsgebiet von Künstlern, Junkies, Latino Gangmitgliedern, radikalen Buchhandlungen, Storefront Organisationen, Rocker Bars, großartigen, billigen Burritos und niedrigen Mieten. Sozusagen das East Village West von San Francisco.

    Und beide Viertel hat über die Jahre das gleiche Schicksal getroffen.

    Gentrifizierung.

    Besser bekannt unter dem Namen Kastration.

    Um ehrlich zu sein: Ein paar der Änderungen sind nutzerfreundlich. So zum Beispiel die Erschaffung von Parklets wie z. B. Fahrradständern vor dem Four Barrel, einem Kaffeegiganten. Für all diejenigen, die erst noch gentrifiziert werden würden, ist ein Parklet eine einfache Holzterrasse quer über zwei Parkplätzen, um Platz zu schaffen, damit sich Leute hinsetzen konnten.

    Dieses hier ist möbliert mit Tresen und Stühlen, damit die Massen der zwanzig oder mehr Leute Platz hatten, um ihre Laptops abzustellen und ihren überteuerten Kaffee im Freien trinken zu können. Nicht wie diese alten Mission Cafés mit ihren zerschlissenen Couches, Schachbrettern auf den Tischen, Bücherregalen, zeitunglesenden Leuten und Dollar Espresso.

    Da liegt der Hund begraben. Das Emporium fängt bei drei Dollar für den Hauskaffee an und arbeitet sich hoch bis sechs oder sieben Dollar, für all diejenigen, die sich lieber ein handgerührtes Gebräu in die Kehle schütten.

    Das Parklet war überfüllt mit arroganten, jungen technisch Begabten, also machte ich einen auf Oldschool. Ich ging ein paar Blocks weiter zu einem Café namens Muddy Waters, holte mir den Kaffee des Tages für einsfünfundsiebzig, und setzte mich an einen Fenstertisch. Rücken zur Wand, Blick auf die Straße. Alte Gewohnheiten eines Undercover-Drogenfahnders. Ich nippte an meinem Kaffee und schlug mein neues Buch auf. Als ich zu lesen anfing, fiel mir auf, dass die Buchecken mit roter Tinte gefärbt waren. Da dämmerte es mir, dass es nicht etwa rote Tinte, sondern Blut von jemandem war, der kürzlich dahingeschieden ist.

    Ich las etwa eine Stunde lang, bevor ich mich wieder auf den Weg machte. Ich entschuldigte mich bei Bill Gibson und ließ den Roman unbeendet zurück.

    DNA kann eine Schlampe sein.

    Busfahrt, Kaffee, langer Spaziergang: Nichts davon zerstreute das Gefühl der Vorahnung, das wie ein Geier mit scharfem Blick über mir schwebte. In wenigen Stunden würde ich Jimmy Shu dabei helfen, eine Leiche zu entsorgen.

    Kostenlos.

    Nicht gerade das hellste Licht im Hafen.

    Es war beinahe 20 Uhr, aber Nina würde ihre Schicht schon angefangen haben. Auf meinem Weg hielt ich an einer Taqueria an, um mir einen Burrito und mein obligatorisches Bier zu genehmigen. Außerdem bestellte ich einen Burrito zum Mitnehmen.

    Das Lone Palm hatte alle Annehmlichkeiten einer guten Bar. Es lag abseits, hatte gedimmtes Licht, wurde von interessanten Leuten besucht, und die Barkeeper spielten gute Musik.

    Außerdem hatte es eine Barkeeperin mit einem Weltklasse Hintern. Meine wichtige Lady Nina.

    Im Augenblick war Nina ziemlich schlecht auf mich zu sprechen.

    Vor ein paar Jahren habe ich ihr geholfen, ihre Cousine aus den Fängen einer Bikergang zu befreien, die sie entführt hatte. Außerdem habe ich auch Nina gerettet. Dabei kamen wir uns ziemlich nahe.

    Nachdem sich alles etwas gesetzt hatte, haben wir einen langen, faulen Urlaub in Mexiko verbracht, und da kamen wir uns noch näher. Nina hat sogar meinen Namen auf ihrem wunderbaren Hintern tätowiert.

    Das Problem war, dass ich mit zu vielen Dämonen zu kämpfen hatte, die ich nicht mit ihr teilen konnte.

    Nina wusste, dass ich eine Ex-Frau hatte, wusste aber nur sehr wenige Details. Sie war sehr geduldig gewesen, aber ich machte kein Geheimnis aus der Tatsache, dass ich vorhatte, Junggeselle zu bleiben.

    Nina war jedoch eine Latina, und ihre Geduld brach aus wie der Mount St. Helens.

    Gegenwärtig war sie in der Gletscher-Phase. Sie sprach mit einem jungen Paar am Ende des Tresens und tat so, als würde sie nicht sehen, dass ich hereinkam.

    In der Hoffnung, ihren Widerstand zu schmelzen, ließ ich den in Alufolie eingewickelten Burrito über die Theke gleiten. Ninas Augen wanderten von dem Burrito zu meinem schwachen Lächeln und dann wieder zurück zu ihren Kunden.

    Still saß ich da und wartete, bis ich an der Reihe war.

    Ich war jedoch kurz davor, mich aufzuregen. Es war so schon ein verdammt beschissener Tag gewesen. Und okay, ich wollte keine feste Beziehung mit ihr, aber wie machte das plötzlich einen schlechten Kerl aus mir?

    Ninas Stimme durchbrach meinen Ärger.

    »Hallo, Max.«

    »Hi.«

    »Was trinkst du heute?«

    »Pátron.«

    Sie goss eine beträchtliche Portion Tequila ein, und als ich einen Zwanziger auf den Tresen legte, schob sie ihn zurück.

    »Danke für den Burrito, Max. Das war nett von dir.«

    Ich zuckte mannhaft mit den Schultern und hob mein Glas. »Auf dich, mein Kind.«

    Mein Trinkspruch wurde ignoriert. Ein Kunde am Ende des Tresens erregte Ninas Aufmerksamkeit und sie ging hinüber.

    Der Pátron verbrannte ein wenig von der Anspannung. Der Riemen um meinen Bauch gab ein klein wenig nach und ich nahm meinen ersten tiefen Atemzug, seit ich Jimmys Geschäft betreten hatte. Es fühlte sich so gut an, dass ich gleich noch einen nahm.

    Nina kam in mein Blickfeld. »So frisch ist die Luft hier drin nicht, Max.«

    Sie aß den Burrito.

    »Du hast Recht. Gießt du mir nochmal nach?«

    »Nur, wenn du versprichst, ihn langsam zu trinken.«

    Ich hob meine Hand. »Hiermit schwöre ich.«

    Sie schaute mich lange an, honigfarbene Augen suchten mein Gesicht ab, dann ging sie weg.

    Während ich mich fragte, was das war, nippte ich brav an meinem Pátron.

    Wenn man von der grauenvollen Aufgabe, die vor mir lag, einmal absah, fing ich an, mich besser zu fühlen. Die Bar füllte sich langsam mit ungebundenen Hipstern, die gerne tranken und Dinge besprachen. Die Mädchen waren attraktiv und die Jungs trugen lange Hosen. Ich beobachtete Nina dabei, wie sie professionell Drinks mixte und servierte, und hörte den Eagles zu, wie sie mich im Hotel California begrüßten. Als ich meinen Tequila zur Hälfte geleert hatte, entschied ich mich, auf eine Zigarette nach draußen zu gehen.

    Die

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