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7 Super Geisterthriller Dezember 2023
7 Super Geisterthriller Dezember 2023
7 Super Geisterthriller Dezember 2023
eBook883 Seiten11 Stunden

7 Super Geisterthriller Dezember 2023

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Über dieses E-Book

Dieses Buch enthält folgende Romane
(599)


W.A.Hary: Dämonenherz

W.A.Hary: Teufelsgesänge

W.A.Hary: Die geheime Macht

W.A.Hary: Die verkaufte Seele

W.A.Hary: Das fremde Ich

Steve Hogan: Die Schattendämonin: Unheimlicher Thriller

Alfred Bekker: Tiberius Elroy und der ewige Tod



Mark Tate ist der Geister-Detektiv. Mit seinem magischen Amulett, dem Schavall, nimmt er es mit den Mächten der Finsternis auf und folgt ihnen in andere Welten und wenn es sein muss, bis in die Hölle. Ihm zur Seite steht May Harris, die weiße Hexe.
SpracheDeutsch
HerausgeberCassiopeiaPress
Erscheinungsdatum8. Dez. 2023
ISBN9783753212173
7 Super Geisterthriller Dezember 2023

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    Buchvorschau

    7 Super Geisterthriller Dezember 2023 - Steve Hogan

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Folge auf Twitter:

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    Alles rund um Belletristik!

    W. A. Hary Dämonenherz

    Der Dämon raste. Er war der mächtigste Dämon aller Zeiten gewesen! Er hatte die Macht besessen, die Welt aus den Angeln zu heben. Oder alle Menschen zu versklaven. Und alle Geister und Dämonen gleich mit. Bis ihn dieser verhasste Mark Tate all dieser Macht beraubt hatte. Oh, er war immer noch mächtig, vermochte aber nur noch einen Abklatsch dessen, was er vordem vermocht hätte. Und beinahe wäre er auch noch selber Opfer des Teufelsjägers geworden. Beinahe! Doch nun sann er auf Rache.

    Rache!

    RACHE!

    Ich hatte einen großartigen Sieg errungen. Einen der größten Siege, seit ich zum ersten Mal geboren worden war. Vielleicht sogar den größten Sieg überhaupt?

    Aber ich hatte dabei mein geliebtes altes Auto verloren. Meinen Minicooper!

    Jetzt war klar, wieso ich all die Jahre zuvor immer bemüht gewesen war, kein eigenes Fahrzeug zu besitzen, sondern mit einem Mietfahrzeug vorlieb genommen hatte. Aber leider gab es den Minicooper – das Original und nicht diese misslungene Nachbildung, die einem wehtat schon beim Betrachten – nicht mehr bei Atomvermietungen. Auf der ganzen Welt nicht mehr.

    Ja, gab es denn überhaupt noch einen alten Minicooper – das Original! -, der sich aus eigener Kraft bewegen konnte? Außer diesem, den ich nun als bitteren Verlust im Kampf gegen den mächtigsten aller Dämonen verbuchen musste?

    Ein Dämon, der sich Mister X nannte. Seltsam genug war das schon. Wenn der jetzt gewusst hätte, dass nicht nur er eine Niederlage erlitten hatte… Besser nicht. Diesen Triumph hätte ich ihm nicht gegönnt.

    Ich musste es ertragen wie ein Mann!

    May, meine Lebensgefährtin, war leider keine große Hilfe dabei. Ich hatte mich nicht geirrt, nein, ich hatte dieses freudige Aufblitzen in ihren Augen durchaus gesehen, als ich ihr von meinem tragischen Verlust erzählt hatte. Außerdem kannte ich ja ihre Meinung. Sie hatte meinen geliebten Original-Minicooper doch tatsächlich für eine Rostbeule gehalten. Man muss sich das einmal vorstellen!

    Ich hatte es ihr verziehen. Schließlich war May ja meine Lebensgefährtin – und ich liebte sie.

    Zwar nicht wie mein Auto, eben anders, doch wie hätte sie das je nachvollziehen können - als Frau?

    Okay, ich weiß durchaus, es gab auch Frauen, die zu solchen Gefühlen fähig waren. May gehörte leider nicht dazu. Dafür hatte sie allerdings andere Vorzüge, die nicht zu verachten waren. Nur einer fehlte außerdem noch – neben der Tatsache, dass sie meine Liebe zu einem alten Auto ganz und gar nicht teilen konnte: Sie hatte nicht das geringste Einfühlungsvermögen, was meine derzeitige Situation betraf. So hatte sie sich jetzt und hier sogar dazu hinreißen lassen, mir anzubieten:

    „Kannst ja so lange meinen Bentley benutzen, bis du einen Ersatz hast!"

    Hallo?

    Was war das denn jetzt?

    Hätte es sonst noch etwas gegeben, mit dem sie mich vergleichbar tief hätte herunterziehen können?

    Und dann ausgerechnet mit so einem Protz-Fahrzeug wie einem Bentley? Wie teuer war der eigentlich gewesen? Wie viele tausend Jahre hätte ich dafür im Lotto spielen müssen?

    „Ich bin doch kein Snob!, lehnte ich entrüstet ab. „Ich bin Mark Tate!

    Sie war regelrecht erschrocken über meine Reaktion.

    Wie gesagt, es fehlten ihr bei all ihren Vorzügen lediglich zwei Dinge: Verständnis für mein Faible, alte Minicooper betreffend – und wie sie gefälligst zu reagieren hatte, falls ich einen solch herben Verlust verkraften musste!

    Aber ich verzieh es ihr. Weil sie eben May war, meine geliebte May, meine Lebensgefährtin, meine Stütze in größter Not – in anderer Not halt eben als der gegenwärtigen.

    „Sorry, entschuldigte ich mich daher sogleich. „Ich kann nun einmal nicht deinen Bentley fahren. Weil er einfach nicht zu mir passt.

    „Ja, bin denn ich vielleicht ein Snob?", regte sie sich trotzdem auf.

    „Das verstehst du jetzt völlig falsch, Darling, lenkte ich ein. „Das meinte ich überhaupt nicht mit meiner Reaktion. Bei dir ist das sowieso etwas völlig anderes. Du bist Konzernchefin. Da musst du so einen protzigen Wagen fahren. Man stelle sich vor, die Besitzerin eines internationalen Großkonzerns wie Harris-Industries fährt mit einem alten Minicooper vor… Nein, nein, das habe ich durchaus begriffen, dass du das anders handhaben musst als ich.

    Sie schaute mich forschend an.

    Ich blockierte geistesgegenwärtig mein Denken, um zu verhindern, dass sie meine Gedanken las. Denn das konnte sie durchaus, wenn sie wollte – und ich es zuließ.

    Meine Behauptung schien sie zu beruhigen. Sie beugte sich zu mir hin und küsste mich flüchtig auf den Mund.

    „Also gut, Mark, wie du willst. Nimm ein Taxi, wenn du es brauchst, oder fahre halt das Elektrofahrzeug, das in der Garage steht. Ich bleibe inzwischen bei meinem Bentley. Und jetzt muss ich wirklich los. Ich habe ein wichtiges Meeting, wie du weißt. Sie zögerte kurz. Als sie weiter sprach, klang ihre Stimme schon wieder wärmer: „Und bitte, Mark, komm wieder runter! Werde wieder normal. Du hast nur ein Auto verloren und dabei die Welt gerettet. Es ist an der Zeit, dass du dich über deinen Erfolg freust. Es hätte wirklich schlimmer kommen können – und du könntest jetzt tot sein!

    Klar, sie hatte ja recht, aber wie sollte ich jetzt an so etwas denken, wo ich an mein Auto dachte – in der Gewissheit, vielleicht nie wieder ein vergleichbares zu finden?

    In der Tür wandte sie sich ein letztes Mal nach mir um.

    „Ich hoffe nur, du vergisst nicht über deine Trauer die Möglichkeit, dass der Dämon, der sich hochtrabend und ziemlich einfallslos Mister X nennt, inzwischen vielleicht bittere Rache schwört!"

    Schon wieder hatte sie recht. Ohne Frage. Aber half mir das wirklich weiter?

    Ich musste das leider verneinen.

    Vorerst zumindest.

    *

    Jeder hat so seine Macken, dachte sich May Harris und machte sich nicht wirklich Sorgen um ihren Lebenspartner Mark Tate. Sie konnte sich unschwer vorstellen, was dieser durchgemacht hatte. Da konnte er sich durchaus so eine kleine Schwäche leisten.

    Unterwegs überlegte sie trotzdem, wie sie ihm helfen konnte. Sie wusste genau, dass er niemals sich von ihr ein Auto schenken lassen würde. Auch nicht, wenn es sich um einen Oldtimer namens Minicooper handelte. Da musste sie wohl noch ein wenig tiefer in die Trickkiste greifen, um Abhilfe zu schaffen. Als Frau hatte man da so gewisse Möglichkeiten. Waren Frauen denn nicht schon seit Tausenden von Jahren darin geübt, Männern das Gefühl zu geben, sie allein würden alles kontrollieren?

    Sie hatte da schon eine vage Idee, was zu tun wäre. Hatte Mark denn nicht die Jahre zuvor stets einen Mietwagen bevorzugt? Eben um zu vermeiden, was jetzt geschehen war? Bis es eben keine Mietwagen mehr gab, die ein solches Alter aufwiesen. Von da an musste er zwangsläufig umdenken.

    Sie lachte leise vor sich hin. Schließlich wusste sie ganz genau, bei welcher Firma Mark bevorzugt seine Minicooper auslieh. Wenn er nun von dort überraschend einen Anruf bekommen würde, sie könnten ihm wieder einen anbieten? Es musste ja nicht bekannt werden, dass dieser eine von May Harris persönlich gesponsert war. Wie sollte er das auch je herausbekommen, obwohl er ein fähiger Privatdetektiv war? Man musste es halt nur so drehen, dass er keinen Verdacht schöpfte. Und die Firma selber würde dicht halten. Die verdarben sich ja nicht leichtsinnigerweise ein so gutes Geschäft…

    Sie musste an der Ampel halten und gewahrte aus den Augenwinkeln eine Bewegung.

    Der Wagen, der neben ihr hielt. Auf der Beifahrerseite, ihr zugewendet, wurde die Scheibe heruntergefahren. Sie spiegelte ziemlich, so dass man kaum erkennen konnte, wer darin saß.

    Bis die Scheibe fast unten war.

    Der Typ hatte eine Sonnenbrille auf den Augen, eine ziemlich große sogar, als wollte er damit gleich das halbe Gesicht bedecken.

    Unwillkürlich griff May nach dem Geist des Typen. Das konnte sie. Schließlich war sie eine geübte Weiße Hexe.

    Aber da war keinerlei Resonanz! Der Kopf des Typen war irgendwie leer. Tot, um genauer zu sein.

    Sie griff blitzschnell auch nach dem Fahrer, von dem sie nur das Profil sah. Der Fahrer blickte stur geradeaus, als hätte er nur Augen für die Ampelanlage. Und sein Kopf war genauso leer!

    Die hinter der Sonnenbrille verborgenen Augen des Beifahrers starrten sie derweil unentwegt an. May konnte sie nicht sehen, aber sie war auf einmal überzeugt davon: Das waren die Augen eines Toten!

    Ging es jetzt los? Folgte jetzt der Rachefeldzug des Dämons, der sich Mister X nannte?

    Nicht sehr einfallsreich, genauso wie sein Name. Was wollten sie gegen May unternehmen? Etwa sie mit schwarzer Magie angreifen?

    Doch es erfolgte gar kein Angriff. Der Typ starrte sie nur hinter den dicken, finsteren Gläsern der Sonnenbrille an. Sonst nichts. Und sein Kopf blieb tot.

    Ein Untoter! Jetzt war sie erst recht überzeugt davon.

    Sollte er nur versuchen, sie mit schwarzer Magie anzugreifen. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass sie sich dagegen erfolgreich zur Wehr gesetzt hätte.

    „Na los, tu es schon!, sagte sie, obwohl der sie gewiss nicht hören konnte, weil bei ihr die Scheibe unten blieb. Sie bleckte die makellosen Zähne und lächelte den Untoten an. „Mach es nicht so spannend!

    Jeden Augenblick musste die Ampel zurückspringen auf Grün. Als wären die provokativen Worte von May der Auslöser, schob sich plötzlich der Lauf einer Pistole über den Rand der drüben geöffneten Scheibe. Blitzschnell richtete der Untote den Lauf auf May. Ein Schalldämpfer war vorgeschraubt. Kein Passant würde überhaupt etwas von dem Attentat bemerken.

    In rascher Folge drückte der Mordschütze ab, bis das ganze Magazin leer war.

    Die ersten zwei bis drei Schüsse kamen so unerwartet schnell, dass May keine Zeit mehr hatte, auszuweichen. Aber sie wich auch nicht nach dem dritten und vierten Schuss aus. Weil es nicht nötig war. Denn der schwere Bentley war eine Sonderanfertigung. May konnte das als Industriebaronin von der Steuer absetzen. Schließlich musste sie auf ihre Sicherheit achten. Somit war nicht nur das Fensterglas kugelsicher. Die Kugeln hatten keine Chance, durchzuschlagen. Sie hinterließen zwar durchaus ihre Spuren, doch May war nicht für einen Sekundenbruchteil gefährdet.

    Sie lächelte immer noch provokativ. Und dann hielt sie sich selber nicht mehr länger zurück.

    Ihr Hexensinn schlug zu! Sie schickte eine geballte Ladung weißmagischer Energien hinüber.

    Doch nicht der verhinderte Mordschütze war das Ziel, sondern vielmehr der Fahrer.

    In diesem Moment sprang die Ampel um auf Grün.

    Der Fahrer zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb. Für einen Moment verlor die schwarzmagische Macht, die ihn steuerte wie der Puppenspieler seine Marionette, die Kontrolle über ihn. Er drohte, über dem Lenkrad zusammenzubrechen.

    May ließ nicht locker, obwohl die Fahrer der Fahrzeuge hinter ihr ärgerlich zu hupen begannen, weil sie nicht los fuhr. Die ahnten ja nicht einmal, was hier vorn überhaupt abging.

    Für Sekundenbruchteile entstand eine Pattsituation zwischen den konkurrierenden magischen Kräften.

    May ließ locker. Ein uralter Judotrick, den sie jetzt auf magischer Ebene anwandte. Prompt fiel ihr eigentlicher Gegner darauf herein. Er stieß vor - zu stark jetzt. Auf den Untoten hinter dem Steuer wirkte das wie ein plötzlicher Stromstoß. Sein untoter Leib zuckte. Der schwarzmagische Puppenspieler hatte keine Kontrolle mehr. Er wurde gewissermaßen Opfer seines eigenen Angriffs, als ihn May vollends ins Leere stoßen ließ.

    Der Fahrer schrie wie am Spieß. Seine Arme flogen hoch. Er ließ die Kupplung los und trat gleichzeitig voll das Gaspedal durch. Der Wagen machte einen Satz nach vorn.

    Der Typ mit der Pistole wusste gar nicht, wie ihm geschah. So sah es jedenfalls aus. In Wirklichkeit verlor der Puppenspieler auch über ihn die Kontrolle, als der Wagen davon raste. Die leer geschossene Waffe flog im hohen Bogen aus dem Wagen und knallte irgendwo auf die Straße.

    Der Wagen schoss quer über die Kreuzung auf das Eckgebäude zu.

    May duckte sich unwillkürlich, als wäre das überhaupt nötig.

    Im nächsten Sekundenbruchteil bohrte sich der Bug des Fahrzeuges in die Häuserwand. Der Wagen schob sich zusammen, während der Fahrer immer noch Vollgas gab. Sein Gesicht knallte gegen die Frontscheibe, die gleichzeitig in tausend Scherben zerbarst. Neben ihm löste sich der nicht angeschnallte Beifahrer vom Sitz und durchbrach die Frontscheibe, um mit dem Gesicht zuerst mit der Hauswand zu kollidieren.

    Überbeanspruchtes Metall kreischte. Der röhrende Motor wurde abgewürgt. Rauch kringelte auf. Menschen schrien auf der Straße.

    Gottlob war niemand davon direkt betroffen worden. Außer den beiden Untoten.

    May gab zögerlich Gas und fuhr langsam an. Niemand achtete in diesem Chaos auf sie. Das war gut so. Sie beschleunigte und machte, dass sie verschwand.

    Vielleicht gab es eine Kamera zur Verkehrsüberwachung? Vielleicht war alles aufgezeichnet worden?

    Ihr war das egal. Sie konnte sich immer noch damit herausreden, den Ort des Geschehens aus Sicherheitsgründen verlassen zu haben. Man würde die leer geschossene Waffe finden. Das würde für sie sprechen. Und dann sollte sich die Polizei mit einem Fall beschäftigen, den sie auch nicht bis zum Jüngsten Tag aufklären würde. Sie würde jedenfalls nichts dazu beitragen, ihn aufzuklären. Denn sie wusste ja in der Tat nicht definitiv, wer hinter allem stand. Geschweige denn, dass sie Beweise hätte vorlegen können.

    „Warst du das selber, Mister X?", fragte sie sich unterwegs verkniffen.

    Sie warf einen Blick auf die leicht beschädigte Scheibe. Die würde sie auf jeden Fall auswechseln lassen.

    Mister X – das war nun einmal kein Name, mit dem man wirklich etwas anfangen konnte. Aber anscheinend war Mister X seinerseits bestens informiert, was Mark Tate und sein Umfeld betraf.

    „Nun, wenn es nicht mehr ist, was du zu bieten hast, können wir ja erleichtert aufatmen", beruhigte sie sich selbst. Zumindest versuchte sie es. So richtig gelingen wollte ihr das allerdings nicht.

    Erst als sie ihr Ziel, die Konzernzentrale, erreicht hatte, dachte sie daran, ihren Lebengefährten in Kenntnis des Ereignisses zu setzen.

    *

    „Das war ja zu erwarten!, murmelte der Dämon vor sich hin. „Freue dich nur nicht zu früh, May Harris. Es dient lediglich der Ablenkung. Ich habe ganz andere Dinge vor. Dabei wäre es nicht passend, wenn du vor der Zeit bereits ausscheiden würdest aus dem Spiel.

    Er lachte grausig.

    „Mark Tate, du bist ein Verfluchter! Es erwartet dich die schlimmste Strafe, die ich mir ausdenken konnte. Und ich freue mich schon auf deine Niederlage. Denn sie wird ewig wären, während meine Macht wieder wachsen wird!"

    Er konzentrierte sich auf May Harris. Nicht unmittelbar auf sie natürlich, denn das hätte ihn womöglich verraten. Sie durfte seine Anwesenheit überhaupt nicht bemerken. Obwohl es keine persönliche Anwesenheit war, klar. Er hatte da so seine magischen Möglichkeiten. Die Aktivierung von Untoten, die er dann als Mörder einsetzen konnte, war nur eine winzige aus der bunten Palette aller Möglichkeiten.

    „Du glaubst, du hättest mich geschlagen, Mark Tate. Obwohl du mir eine entscheidende Niederlage beigebracht hast, bin ich noch lange nicht am Ende. Ich habe schließlich mühsam über viele Jahre meine X-Organisation aufgebaut. Der Tanz wird weitergehen. Und ich werde mich zunächst einmal voll und ganz auf dich konzentrieren. Nein, nicht direkt, sondern indirekt. Du und deine Niederlage, das ist das erklärte Ziel. Dies hat allerhöchste Priorität. Dagegen muss alles andere hintenan gestellt werden. Und ich weiß, mein Plan ist perfekt!"

    Er verließ mit seinen magischen Fühlern den Bereich, in dem sich May Harris befand. Sicher in seinem Versteck, hatte er sozusagen nur seinen Geist ausgesendet, um die Lage zu erkunden.

    Er hatte bereits erforscht, was Mark Tate in den letzten Wochen getan hatte. Das war sehr schwierig gewesen – viel schwieriger als er zu Beginn überhaupt geahnt hätte. Doch dann war er über etwas gestolpert – ein Ereignis -, was eindeutig die Handschrift von Mark Tate verriet. Weit außerhalb von London gab es einen Hügel. Auf dem Hügel stand eine alte Ruine. Diese Ruine hatte Jahrhunderte lang als Hort des Schreckens gegolten. Sie war tunlichst von den Lebenden gemieden worden. Doch vor einigen Wochen hatte sich hier etwas ereignet, was zu einer einschneidenden Veränderung geführt hatte: Die Ruine war jetzt harmlos. Der Hügel hatte seine Schrecken gänzlich verloren.

    Der Dämon hatte spezielle Unterdämonen dorthin versendet, die alles genauestens absuchen mussten.

    Er wusste nicht definitiv von den Ereignissen – noch nicht! -, aber er hatte das zweite Gesicht. Er empfing Visionen, die ihm sagten, dass er nur so auf dem richtigen Weg war.

    „Du hast die Quelle meiner Macht vernichtet, die Maschine, die ich Dämonenherz nannte. Sie ist unersetzlich, doch es wird neue Wege geben, meine Macht wieder zu mehren. Eine neue Art von Dämonenherz als schier unerschöpfliche Magiequelle. Selbst wenn sie nicht ganz so ergiebig werden sollte wie meine Maschine, wird sie doch ausreichen, meine Ziele zu erreichen. Dies sagt mir mein zweites Gesicht in ausreichender Deutlichkeit. So hat mein zweites Gesicht es auch geschafft, mich so mächtig werden zu lassen! Vor allem wird das neue Dämonenherz ausreichen, dich zu vernichten, Mark Tate - und zwar so nachhaltig, dass du niemals wiedergeboren wirst. Die Hölle aus Pein erwartet dich!"

    Ein erneutes Lachen. Dann nahm er Kontakt auf mit seinen Bluthunden, wie er die ausgesendeten Unterdämonen nannte.

    *

    Ich fiel sozusagen aus allen Wolken, als mir May berichtete. Sie wirkte dabei völlig ruhig, obwohl ich mir vorstellen konnte, dass sie alles andere als ruhig war.

    Tapfere May!

    „Wo bist du jetzt?", fragte ich sie am Ende.

    „Ich stehe im Fahrstuhl und fahre aufwärts", gab sie Auskunft.

    „Hast du etwas von dem Dämon gespürt, der dahinter steckt?"

    „Natürlich nicht, Mark. Dafür ist dieser zu vorsichtig. Er ist ein Feigling, wie alle Dämonen."

    „Ich bin allerdings ein wenig misstrauisch, was sein Vorgehen betrifft. Ich meine, wieso hat er einen solch beinahe hilflos anmutenden Versuch unternommen? Weiß er nicht, dass er dir damit gar nicht beikommen kann? Selbst wenn das Fahrzeug nicht kugelsicher wäre… Du beist schließlich eine Weiße Hexe."

    „Das habe ich mir auch schon überlegt. Ich bin trotzdem der Meinung, dass er es nicht bei diesem einen Mal belassen wird. Ich denke, er wird bereits das nächste Attentat auf mich vorbereiten."

    „Aber wieso nimmt er dich nicht gefangen oder so? Oder spricht irgendeine Erpressung aus, um vielleicht dadurch an mich heranzukommen? Was nutzt es ihm, gegen dich vorzugehen? Ich denke mal, da hätte er sowieso ganz andere Möglichkeiten. Wie wäre es zum Beispiel damit, dass er die gesamte Konzernzentrale in die Luft jagt?"

    „He, Mark, mach jetzt keine Witze!", rief sie aus.

    „Ich meinte das keineswegs scherzhaft. Wir haben bereits früher erlebt, zu was der Dämon in der Lage ist. Inzwischen ist uns ja auch klar, dass er hinter den Attacken jener angeblichen Organisation mit Namen ‚Zorn Afrikas’ steckt. Für die wäre das kein wirkliches Problem, ein Attentat dieser Größenordung durchzuführen. Offiziell würde es dann verlautbaren, dein Konzern sei ein Gegner der afrikanischen Kultur oder so. Du weißt ja, wie solche Terrororganisationen argumentieren – und dass solche Argumente nie ernst zu nehmen sind. Letztlich geht es nur darum, Terror zu erzeugen, wobei ihre verworrenen Ziele für keinen normal denkenden Menschen nachvollziehbar werden."

    „Jetzt male nicht gleich den Teufel an die Wand!, meinte sie nervös. „Das fehlte noch: Neue Terroranschläge mit meiner Person als Zentrum.

    „Wetten, dass es gar nicht so schlimm kommt?"

    „Erst machst du mich nervös mit deinen Behauptungen – und dann relativierst du sie? Mark, was soll das?"

    „Ich habe dir lediglich aufzeigen wollen, welche Möglichkeiten er hätte – würde er nur wollen. Aber er beschränkt sich auf zwei Untote, von denen einer auf dich schießt? Meines Erachtens stimmt da was nicht."

    „Du meist, er will dadurch nur von seinen eigentlichen Aktivitäten ablenken?", wunderte sie sich.

    „Genau das!, bestätigte ich zerknirscht. „Ich denke, er unterschätzt uns beide. Zwar glaubt er, nicht direkt gegen mich angehen zu können, weil ich zu mächtig dafür bin… Das kann ich noch nachvollziehen, weil ich ihm immerhin eine ganz empfindliche Schlappe beigebracht habe. Er muss mich für den mächtigsten und erfolgreichsten Teufelsjäger aller Zeiten halten. Aber er wird nicht aufgeben. Niemals. Schließlich ist er ein Dämon. Ich bin sein ärgster Feind. Wenn er die Weltherrschaft anstrebt, bin ich ihm in erster Linie im Weg. Und er wird sich Zeit lassen, bis er meint, das richtige Mittel gegen mich zu haben. In der Zwischenzeit lenkt er mich mit eigentlich sinnlosen Aktionen ab, damit ich keinen Verdacht schöpfe. Ich soll annehmen, dich beschützen zu müssen, weil er gegen dich angeht, um mir indirekt zu schaden.

    „Du bist wirklich überzeugt davon!", stellte May Harris fest.

    „Und du wirst sehen, es werden weitere Angriffe folgen. Höchstwahrscheinlich gefährlicher als dieser erste, damit er glaubwürdig bleibt."

    „Du meinst, auch wenn es mich letztlich kosten wird, wäre das immer noch kein Argument gegen deine Theorie?"

    „Leider, May, ja, das denke ich. Wahrscheinlich würde er als nächstes gegen Tab Furlong vorgehen…"

    „Und wenn er diesen erledigt hat, vielleicht auch Don Cooper und Lord Frank Burgess?"

    „Du sagst es."

    „Klingt ziemlich deprimierend, finde ich. Und das alles nur, um dich von den eigentlichen Vorgängen abzulenken?"

    „Deshalb muss ich so schnell wie möglich hinter seine Pläne kommen, damit der schlimmste Fall schon gar nicht eintreten wird."

    „Ich hoffe doch, Mark, das bedeutet jetzt nicht deinen Alleingang, während du mich und deine sonstigen Freunde im Stich lässt?"

    Ich lachte humorlos.

    „Keineswegs, May. Nicht nur deshalb nicht, weil ich dich liebe, sondern auch, um nicht seinen Verdacht zu erregen. Wenn er erst einmal merkt, dass ich ihm auf die Schliche gekommen bin, hätte das ungeahnte Folgen."

    „Noch schlimmere? Wie wäre das noch möglich?"

    „Nun, er würde dadurch erst recht unberechenbar!"

    „Was hast du vor, Mark?"

    „Wenn ich das selber wüsste, wäre mir auch schon viel wohler…", gab ich kleinlaut zu.

    *

    Die er Bluthunde nannte, waren einst freie Dämonen gewesen. Er hatte sie zu seinen Sklaven werden lassen. Mit der Macht, die ihm vor der Niederlage durch Mark Tate zur Verfügung gestanden hatte. Normale Dämonen waren nichts gewesen gegen ihn. Er hatte mit ihnen verfahren können wie es ihm beliebte. Deshalb hatte es der Schwarze Adel und auch die Schwarze Mafia nicht gewagt, direkt gegen ihn vorzugehen. Wann immer sie es auch nur versucht hatten, waren die Folgen für sie schlimm geworden. Sie hätten gegen den Dämon, der sich Mister X nannte, früher vorgehen müssen, zu einem Zeitpunkt, da sie noch eine Chance gegen ihn gehabt hätten. Zu einem Zeitpunkt eben, als es das Dämonenherz noch nicht gegeben hatte.

    Mark Tate hatte es zwar zerstört für immer, aber damit hieß das noch lange nicht, dass seine Macht vollends gebrochen war. Dafür hatte er schließlich viele Jahre lang vorgesorgt. Und jetzt zahlten sich sämtliche vergangenen Maßnahmen aus – zu seinen Gunsten.

    Die Bluthunde wussten überhaupt nicht, dass sie die Sklaven waren ihres Meisters. Sie wären nie auf die Idee gekommen, sich gegen ihn aufzulehnen. Weil sie der Meinung waren, das höchste Glück, das ihnen jemals widerfahren war, sei eben die Versklavung durch Mister X. Dass sie dieser Meinung waren – und zwar unverrückbar und unbeirrbar! -, dafür hatte natürlich Mister X persönlich gesorgt.

    Sie waren zu fünft. Und in der Tat hatten sie gewisse Ähnlichkeit mit echten Bluthunden. Sie waren nur wesentlich monströser und vor allem in einem Maße blutlüstern, wie es echte Bluthunde niemals gewesen wären. Sie waren ja auch keine Tiere, sondern eben Dämonen.

    Alle Fünf materialisierten wie aus dem Nichts – und das am helllichten Tag. Der Dämon war im Verbund mit all seinen dämonischen Sklaven immer noch mächtig genug, um sich nicht vom Tageslicht zu sehr beeinträchtigen zu lassen. Zwar wäre er mächtiger gewesen, wäre die Nacht bereits hereingebrochen, aber die Zeit drängte, seiner Meinung nach. Er wollte keine Minute unnütz verstreichen lassen.

    Die fünf Dämonen ließen sich auf alle Viere nieder und hechelten wie monströse Höllenhunde. Sie trennten sich, schwärmten aus, kreisten die alte Ruine weiträumig ein – und nahmen doch tatsächlich Witterung auf!

    Es roch nach May Harris und nach Mark Tate – für sie sogar nach Wochen noch feststellbar, womit sie jedem echten Bluthund haushoch überlegen waren. Es roch allerdings auch nach einem Wesen, das eine gewisse Verwandtschaft mit ihnen aufzeigte.

    Halt, nein, es hatte sich um einen Menschen gehandelt. Als solcher war er zur Ruine gekommen, aber als dämonisches Wesen hatte er die Ruine wieder verlassen.

    Seine Spuren waren seltsam, nicht richtig einzuordnen. Einesteils eben die Spuren eines dämonischen Wesens, andererseits jedoch… Sie wussten es nicht zu erklären und forschten deshalb weiter. Dabei kamen sie der Ruine immer näher.

    Sie wussten, dass hier über Jahrhunderte ein Tor zum Zwischenreich der Dämonen gewesen war. Ein geschlossenes Tor allerdings, mit nur geringer Durchlässigkeit. Deshalb hatte sich dieser Ort hier zu einem Ort des Schreckens verwandelt. Dabei hatte sich der Ort tagsüber erfolgreich getarnt. Selbst aus der Luft hatte man die Ruine gar nicht entdecken können. Erst nachts waren die Schrecken hier erwacht. Wehe jedem Lebenden, der es gewagt hatte, sich auch nur anzunähern.

    Sie hatten den Kreis jetzt so eingeengt, dass sie mehr erschnüffeln konnten. Sie witterten die Spuren der einstigen bösen Macht, die hier geherrscht hatte. Dämonen waren in das Diesseits gelangt, doch sie hatten sich von hier nicht entfernen können, weil sie auf die Energien aus dem Zwischenreich angewiesen gewesen waren. Ohne diese wären sie zu schwach geworden. Das hatte sie an diesen Ort gebunden.

    Aber es musste etwas Unvorstellbares geschehen sein. Offensichtlich hatte dieser Mensch damit zu tun gehabt, der hierher gekommen war. Ihm war es gelungen, das Tor zu öffnen. Doch wieso waren dabei nicht alle Höllenkreaturen wie eine Sturmflut des Bösen über die Erde hergefallen?

    Sie bekamen nicht heraus, was im Einzelnen geschehen war, nur eben, dass sich May Harris und Mark Tate eingemischt hatten - irgendwie.

    Schon wieder dieser Mark Tate, den sie abgrundtief hassten. Das brauchte ihnen Mister X nicht extra einzuimpfen. Sie hassten Mark Tate schon deshalb, weil er ein erfolgreicher Teufelsjäger war.

    Und der Mensch, der her gekommen war, hatte als dämonisches Wesen diesen Ort wieder verlassen. Offensichtlich sogar mit Billigung von diesem Mark Tate!

    Das war mehr als seltsam. Sie konnten sich darauf keinen Reim machen und verfolgten deshalb hechelnd die Spur des Dämonischen. Nein, dieser war kein Bruder von ihnen gewesen – nicht wirklich! Sein Geruch bewies, dass es sich um den Menschen handelte, nur eben umgewandelt - irgendwie. Mit Energien aus dem Zwischenreich? Aber das Tor war doch inzwischen für immer verschlossen, wie sie zu ihrem Bedauern hatten feststellen müssen. Woher bezog der Dämonische denn jetzt noch seine Macht?

    Ein Mensch, der sich zum Dämon gewandelt hatte – zumindest zu einer Art Dämon. Dazu hatte er die höllischen Energien des Zwischenreiches genutzt. Hatte er deshalb extra das Tor geöffnet?

    Und Mar Tate hatte ihn davonziehen lassen, als wäre der Dämonische sein bester Freund.

    Sie hechelten der Spur nach und mussten bald feststellen, dass sie sich im Nichts verlor: Der Dämonische hatte anscheinend gemerkt, dass er eine magisch wirksame Spur hinterließ. Und er hatte immerhin die Macht besessen, weitere Spuren nachhaltig zu verhindern.

    Enttäuscht brachen die Bluthunde ihre Forschungen ab und beschlossen, ihrem Herrn und Meister Bericht zu erstatten.

    Vorher beratschlagten sie sich noch einmal, denn sie wussten, dass sie ihn nicht enttäuschen durften. Sein Zorn konnte schlimme Folgen für sie haben. Sie erzitterten allein schon an dem Gedanken daran.

    Noch einmal gingen sie alles durch, was sie entdeckt hatten. Und noch immer fanden sie keine Antworten zu den Fragen, die ihre Entdeckungen aufwarfen.

    Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als den Bericht zu wagen, in der Hoffnung, Mister X würde halbwegs gnädig reagieren.

    Sie verschwanden wieder…

    …um zugleich im geheimen Versteck von Mister X aufzutauchen.

    Sie brauchten ihm gar nicht zu berichten, denn er wusste schon alles, weil er die ganze Zeit über schon ihre Gedanken belauscht hatte.

    Und er war überhaupt nicht zornig, sondern er lachte sie aus wegen ihrer Furcht vor ihm.

    Er lachte, weil er anscheinend in dem Entdeckten Dinge sah, die den Bluthunden selbst verborgen blieben. Aber dafür waren sie ja auch nur die Sklaven und er ihr Herr und Meister.

    Er entließ sie mit einem gnädigen Fingerzeig. Sie zogen sich erleichtert zurück.

    Und kaum waren sie weg, da schwelgte Mister X auch schon im Triumph seines bevorstehenden Sieges.

    „Besser kann es gar nicht mehr kommen!, glaubte er. „Das neue Dämonenherz – als Quelle magischer Energien, die unmittelbar aus dem Zwischenreich der Dämonen stammt?

    Denn ihm war gleich klar geworden, dass die Verwandlung des Dämonischen nur eines bedeuten konnte: Er nutzte die Energien aus dem Zwischenreich. Aber er wurde dadurch kein echter Dämon, sondern er blieb in unerklärlicher Weise neutral. Sonst wäre Mark Tate gegen ihn vorgegangen.

    Doch die Verbindung zwischen diesem Dämonischen – eine andere Bezeichnung fiel Mister X noch nicht ein für diesen seltsamen, weil völlig ungewöhnlichen Zwischenzustand, in dem sich der Fremde befand – und dem Zwischenreich der Dämonen musste nach wie vor bestehen, sonst hätte der Dämonische längst seine Macht verloren und wäre vielleicht wieder zum normalen Menschen geworden. Oder er würde nicht mehr existieren.

    Dass er seine Existenz nicht schon wieder hatte aufgeben müssen, das wusste Mister X nicht definitiv, aber seine hellseherische Fähigkeit, sein sogenanntes zweites Gesicht, sagte ihm das eindringlich – und er wusste, dass er sich darauf verlassen konnte.

    Jetzt galt es nur noch, diesen Fremden zu finden. Wenn ihm das gelang, kam die nächste Stufe: Er musste den Fremden für seine Zwecke einsetzen. Er würde ihn zum zweiten Dämonenherz mutieren lassen. Und die magischen Energien aus dem Zwischenreich waren schier unerschöpflich. Nicht so mächtig zwar wie das zerstörte Dämonenherz – bei weitem nicht! -, aber diesmal würde er ganz anders vorgehen können.

    Und Mark Tate würde sich sicherlich nichts dabei denken, wenn der Umgewandelte ihm gegenüber trat beziehungsweise versuchte, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Er würde ihm vertrauen, nicht ahnend, dass er das neue Dämonenherz vor sich haben würde.

    Mister X lachte sein scheußliches Lachen, das außer ihm in seinem geheimen Versteck niemand hören konnte…

    *

    May Harris war nervöser als sie es gegenüber ihrem Lebensgefährten Mark Tate jemals zugegeben hätte. Die von ihm aufgezeigten Möglichkeiten der negativsten Art gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf.

    Sie dachte aber auch an die vielen Dämonenbanner, die sie im riesigen Konzerngebäude verteilt hatte. Das Hochhaus gehörte zu den größten überhaupt in London. Es war noch von ihrem Mann erbaut worden, Edgar Harris. Zu einem Zeitpunkt, als er sich schon fast in einen Dämon verwandelt hatte. Edgar Harris hatte dafür gesorgt, dass dieses Gebäude nicht ganz ohne Magie auskommen musste. Allerdings hatte er da in erster Linie natürlich an schwarzmagische Kräfte gedacht. Und jetzt war May hier die Chefin. Und sie war das genaue Gegenteil ihres von Mark Tate vernichteten Mannes. Sie war eine echte Weiße Hexe. Edgar Harris hatte das viele Jahre erfolgreich zu unterdrücken gewusst. Er hatte mit May seine eigenen Pläne verfolgt – und die dienten keineswegs zu ihrem Wohle.

    Dies alles war zwar längst Vergangenheit, aber die Anordnung der Dämonenbanner war geblieben. May war zwar keineswegs eine Freundin von solchen magischen Kultgegenständen - nicht so wie ihr Lebensgefährte Mark Tate -, aber sie wusste natürlich den positiven Nutzen davon zu schätzen. Offiziell hatte sie ein Faible für Kultgegenstände, die teilweise sogar von hohem antiquarischem Wert waren. So wunderte sich niemand in der Konzernzentrale darüber, dass überall im Gebäude solche eigentlich eher scheußlich anmutende Gegenstände verteilt waren. Aber die Tatsache, dass Mark Tate in ihrem Gespräch diesen sicherlich wirksamen Schutz mit keinem Wort erwähnt hatte, zeigte May recht deutlich, dass er wie sie der Meinung war, dieser Schutz sei gegenüber dem Dämon mit Namen Mister X nicht ausreichend.

    Und deshalb überlegte sie jetzt, wie denn wohl die nächste Attacke gegen sie aussehen würde. Ihr war dabei das Motiv egal. Ob der Dämon nun von seinen eigentlichen Aktivitäten ablenken wollte oder nicht: Es zählten lediglich die Auswirkungen. Wenn es sie dabei kosten sollte, waren die Motive des Dämons in der Tat egal.

    Doch was konnte sie noch zusätzlich tun, um die Konzernzentrale zu schützen?

    Und jetzt war sie sogar überzeugt davon, dass diese das nächste Angriffsziel darstellte. Wahrscheinlich beabsichtigte der Dämon etwas Spektakuläres. Mit Kleinigkeiten würde er sich sicherlich nicht mehr weiter abgeben wollen.

    Wäre es eine Lösung gewesen, wenn sie das Gebäude verlassen hätte?

    Aber wer sagte ihr denn, ob der Dämon eben ganz gezielt das Gebäude angreifen wollte, einfach um dadurch auch zu demonstrieren, dass alle Dämonenbanner, die hier verteilt waren, gegen ihn nichts nutzten?

    Ihr fiel der Hubschrauber von vor Wochen ein - von den Terroristen der angeblichen Organisation „Zorn Afrikas". Sie wusste ja inzwischen definitiv, dass es sich dabei lediglich um einen Tarnnamen handelte und in Wirklichkeit die X-Organisation mit Mister X an der Spitze dahinter steckte. Wenn es vor einigen Wochen schon möglich gewesen war, dem Militär einen Hubschrauber zu stehlen, ohne dass die das überhaupt merkten, welche Möglichkeiten hatte denn der Dämon dann noch?

    Ein Flugzeug?, dachte sie alarmiert. War es denn wirklich möglich, dass sich der Dämon eines Flugzeuges als Waffe bediente? Doch wohl nicht unbedingt ein Passagierflugzeug wie vor vielen Jahren in New York… Nein, das wäre womöglich eine Nummer zu groß, selbst für ihn. Damit würde er nicht die Aufmerksamkeit erregen, die ihm nutzte. Die ganze Welt würde aufmerksam werden und das konnte seine weiteren Pläne gefährden. Dabei würde der eigentliche Effekt, nämlich Mark Tate von anderen Aktivitäten abzulenken, in keinem Verhältnis dazu stehen.

    Trotzdem glaubte May jetzt, dass sie auf dem richtigen Weg war mit ihren Überlegungen. Da ein großes Passagierflugzeug ihrer Meinung nach auszuschließen war, blieb nur noch ein kleineres Flugzeug. Eine Sportmaschine in Privatbesitz? Würde er sie stehlen lassen, wieder von Untoten? Würde er sie hierher schicken, damit sie wie ein Selbstmordkommando das Flugzeug in das Gebäude steuerten?

    Nein, da konnten die verteilten Dämonenbanner auch nichts mehr ausrichten. Sie würden zwar gegen die Untoten wirken, doch das würde nicht das Flugzeug aufhalten können, weil es zu diesem Zeitpunkt schon zu nahe sein würde.

    May Herz schlug ihr schier bis zum Hals. Sie war jetzt zu hundert Prozent überzeugt davon, das Richtige zu vermuten. Das gab ihr zumindest die Chance, vielleicht wirkungsvoll etwas dagegen zu unternehmen. Im Falle von Untoten war das klar. Genauso wie sie es geschafft hatte, die Untoten im Auto nach deren Attentat auf sie aus dem Griff des Dämons zu befreien.

    Sie drückte auf die Sprechtaste des Kommunikators, der sie mit der Chefsekretärin verband, und bat darum, in den nächsten Stunden nicht gestört zu werden, auch nicht durch ihren Lebensgefährten Mark Tate. Außer im Kriegsfall. Dies wörtlich. Klar, ihre Sekretärin hielt das für einen Scherz, doch May war das bitterernst. Sie durfte ja nicht alle anderen Möglichkeiten außer Acht lassen. Falls sie sich nun irrte, wenn sie an einen Angriff per Flugzeug dachte?

    Aber ihre Entscheidung beeinflusste das nicht mehr. Sie stand auf und ging in den Nebenraum. Neben dem riesigen Büro mit dem wuchtigen Schreibtisch gab es eine Art Privatbereich. Dies alles hatte Edgar Harris damals so geschaffen. May hatte nichts geändert. Warum hätte sie das auch tun sollen? Sie hatte sowieso nicht vor, die meiste Zeit hier zu verbringen. Sie hielt sich immer nur so lange in der Konzernzentrale auf, wie es unbedingt nötig war, nachdem sie es geschafft hatte, den Konzern wieder auf Vordermann zu bringen. Das Meiste lief auch ohne ihr Einwirken optimal ab. Schließlich hatte sie als Weiße Hexe so ihre Möglichkeiten, schlechte Angestellte von guten Angestellten zu unterscheiden. Wenn jemand vor hatte, sie zu hintergehen, erfuhr sie das als Erste. Somit konnte sie wirklich sicher sein, dass sie sich auf alle verlassen konnte, die in ihrem Konzern das Sagen hatten. Und wieso sollte sie denen mehr in die Quere kommen bei ihrer konstruktiven Arbeit als unbedingt nötig?

    Insofern würde man ihren Wunsch, ungestört zu bleiben, wohl hundertprozentig respektieren.

    „Es sei denn, Krieg bricht aus!", murmelte sie vor sich hin. Ursprünglich hatte sie damit tatsächlich einen Scherz machen wollen, doch dafür klangen die Worte viel zu ernst.

    Sie schloss die Tür hinter sich und ging in den Hintergrund zu der bequemen Liege. Edgar Harris hatte sie wahrscheinlich benutzt, um seine schwarzmagischen Kräfte zu konzentrieren, nachdem er sich in den entsprechenden Trancezustand versetzt hatte.

    May tat etwas durchaus Ähnliches: Sie versetzte sich in Trance. Doch nicht, um schwarzmagische Kräfte zu massieren, sondern ihr ging es um weißmagische Kräfte.

    Sie spürte das Gebäude regelrecht. Es wurde in ihrer Vorstellung zu einer Art lebendem Körper. Die Menschen, die sich hier befanden, waren wie die Zellen dieses Körpers. Ohne sie wäre der Körper tot gewesen.

    Außer den Dämonenbannern, die sie ebenfalls spürte. Sie hatte dafür gesorgt, dass jene Kultgegenstände strategisch verteilt waren.

    Nachdem sie sich das alles verinnerlicht hatte, streckte sie ihre magischen Fühler nach außerhalb aus. Die Dämonenbanner unterstützten sie dabei. Ohne diese wäre es ihr nicht so perfekt gelungen. Allerdings reichten ihre Kräfte nicht aus, um in einem weiteren Umfeld das Gebäude zu schützen. Sie war lediglich sensibilisiert dafür, etwaige Veränderungen sofort wahrzunehmen. Als hätte sie so eine Art Ortungsschirm errichtet, vergleichbar mit einem Raumschiff, wie man sie aus der Science Fiction kannte.

    Sie hatte keinerlei Zeitgefühl mehr. Deshalb vermochte sie erst im Nachhinein zu sagen, wie lange es gedauert hatte, bis tatsächlich der erwartete Fall eintrat: Über fünf Stunden. Dabei hatte ihre Sekretärin einige Leute abwimmeln müssen, die unbedingt zu ihr wollten. Sie hatte sogar mehrere Anrufe von Mar Tate nicht durchgestellt, sich getreu nach den Anordnungen ihrer Chefin richtend.

    Das Flugzeug kam!

    Es hielt schnurgerade auf das riesige Hochhaus mit der Konzernzentrale von Harris-Industries zu. Bevorzugte Lage in London. Wenn das Flugzeug ins Ziel traf, würde es zwar nicht reichen, das Hochhaus zu Fall zu bringen, doch es würde empfindliche Schäden geben. Außerdem war so etwas spätestens seit vergleichbaren Vorgängen in New York besonders spektakulär. Auch wenn es sich, wie in diesem Fall, um ein eher kleines Flugzeug handelte. Um ein einmotorisches Sportflugzeug, um genauer zu sein.

    Es befand sich nur ein Mann an Bord. Er war der Besitzer. Kein Untoter, wie May im Vorfeld vermutet hatte. Der Besitzer war allerdings nicht Herr seiner Sinne. Der Dämon lenkte ihn wie ein Puppenspieler seine Marionette. Im Nachhinein würde sich die Polizei doch sehr wundern, dass ein erfolgreicher Geschäftsmann, treusorgender Familienvater und zuverlässiger Hobbyflieger sich zu einer Art Selbstmordattentat entschließen konnte. Es würde niemanden in seiner näheren Umgebung geben, der sich das würde erklären können.

    Weil eben keiner an einen Dämon denken würde, der hinter allem stand.

    Es war wie bei den vielen Autofahrern vor Wochen, die von dem angeblichen „Zorn Afrikas" gewissermaßen ferngesteuert worden waren.

    Aber May Harris war schließlich auf der Hut. Es kam für sie nicht überraschend. Sie griff mit ihren weißmagischen Kräften zu, blitzartig und sicherlich für den Dämon auch unerwartet. Er hatte sich das so schön ausgerechnet. Die Wrackteile würden auch an anderen Gebäuden im Umkreis Verwüstungen anrichten. Dies alles würde so richtig spektakulär werden. Und die offizielle Erklärung des angeblichen „Zorns Afrikas" würde danach erfolgen, um Harris-Industries als Ausbeutungskonzern und Erzfeind Afrikas darzustellen.

    Alles totaler Unsinn, aber es würde seine Wirkung nicht verfehlen.

    Der Dämon rechnete damit, dass Mark Tate sich danach wesentlich intensiver noch um den Schutz seiner Lebensgefährtin bemühen würde. Genau das war der Sinn dieser Aktion: Ihn von anderem abzulenken.

    Aber May zerriss das Band zwischen Dämon und Pilot. So jäh, dass der Pilot wie aus einem bösen Traum erwachte – und plötzlich das riesige Gebäude vor sich auftauchen sah.

    Es handelte sich um einen geübten Piloten, der reflexartig das Richtige tat, indem er den Steuerknüppel nach links riss. Nicht zu sehr, um die sogenannte Strömung nicht abreißen zu lassen. Sonst wäre das Flugzeug sogleich abgestürzt wie ein Stein.

    Das war sozusagen Millimeterarbeit. Das Flugzeug stellte sich schräg und drehte ab. Raste aber nach wie vor auf die Kante des Gebäudes zu. Für Sekundenbruchteile sah es ganz danach aus, als würde das Flugzeug doch noch dort in das Gebäude rasen, als wäre das nicht mehr zu vermeiden. Dagegen konnte auch May Harris nichts ausrichten.

    Und dann war es vorbei und nicht nur der Pilot musste zunächst begreifen, dass ihm die Eigenrettung doch noch gelungen war.

    Wahrlich Millimeterarbeit!

    Gleich ihm atmete auch May Harris auf. Sie forschte noch im Kopf des Piloten, der davon gar nichts mitbekam. Der Dämon bemühte sich gerade wieder, den Piloten erneut zu beeinflussen, damit dieser in einer Schleife zurückkehrte und doch noch durchführte, was soeben misslungen war.

    Aber May konnte jetzt, da der Pilot noch relativ nahe des Gebäudes war, unterstützt von den strategisch verteilten Dämonenbannern, einen magischen Block in das Gehirn des Piloten platzieren. Dieser Block würde zwar nicht für ewig halten, aber wenn der Pilot erst mal wieder auf dem Boden war und sich überlegte, was denn eigentlich passiert war, würde das sicherlich dazu führen, dass er so schnell nicht wieder aufsteigen wollte.

    Damit war die Gefahr zunächst abgewendet.

    May Harris erwachte aus ihrer Trance und fühlte sich ziemlich erschöpft. Sie blieb noch minutenlang regungslos liegen, um sich zu erholen.

    Die eine Gefahr war gebannt, aber was würde jetzt noch folgen können? Es war noch nicht einmal sicher, ob der Dämon nicht ein weiteres Mal ein Flugzeug hierher schicken würde – mit einem Unschuldigen hinter dem Steuerknüppel, der sich im Auftrag des Dämons in den Tod stürzen würde.

    Und May Harris konnte ja wohl kaum Tag und Nacht hier auf der Lauer liegen, um das Schlimmste zu verhindern.

    Zumal dieser eine Fall schon recht knapp gewesen war. Vielleicht hatte sie beim zweiten Mal kein solches Glück mehr?

    Sie stand auf und beschloss dabei, ihren Lebensgefährten in Kenntnis des Vorfalls zu setzen. Vielleicht wusste ja Mark einen Rat - inzwischen?

    *

    Ich hatte mehrfach versucht, May zu erreichen. Außer der lapidaren Antwort ihrer Sekretärin, sie dürfe unter keinen Umständen gestört werden, gab es keinen Hinweis auf einen Grund dieser Maßnahme. Ich vermutete allerdings, dass May auf magischem Wege versuchte, sich gegen weitere Attacken durch den Dämon zu wappnen. Das konnte ich ja nachvollziehen, aber es wäre dennoch dringend gewesen, sie zu erreichen.

    Zähneknirschend tat ich etwas, was mir eigentlich gegen den Strich ging: Ich stellte die Telefonanlage in Mays Haus so ein, dass jeder eingehende Ruf automatisch auf mein Handy weiter geleitet wurde. Dann war ich jederzeit erreichbar, falls May versuchte, umgekehrt mich zu erreichen. Denn ich hatte mich entschieden, das Haus zu verlassen und zu meiner Wohnung im nahen Bayswater zu fahren. Dort, im fünften Stock, befand sich die wohl konzentrierteste Anordnung von Dämonenbannern in der ganzen Stadt und vielleicht sogar im ganzen Land. Oder in ganz Europa? Irgendwie zwang mich mein Instinkt dorthin. Ich hatte jahrzehntelange Erfahrungen – einmal abgesehen von den mindestens tausend Leben, die ich vor meinem Dasein als Mark Tate schon gelebt hatte. Da konnte man getrost sagen, so ein Instinkt sei nicht gerade ungewöhnlich.

    Nicht nur der Schavall würde mich also schützen, wenn ich erst einmal vor Ort war, sondern auch jene Dämonenbanner. Fragte sich bloß, ob dies auch May nutzen würde.

    Genau das war der Grund, weshalb ich sie hatte erreichen wollen! Ich hatte sie bitten wollen, mit mir in meiner Wohnung Stellung zu beziehen. Wenn wir beide irgendwo sicher waren, dann dort. Es sei denn, dem Dämon fiel ein, uns mit gewöhnlichen Killern beseitigen zu lassen. Gegen Schusswaffen waren Dämonenbanner natürlich in keiner Weise gefeit.

    Unterwegs begann ich dann doch, mir Sorgen zu machen. Außerdem: Handelte ich wirklich richtig? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, May nachzufahren, um gemeinsam mit ihr in der Konzernzentrale Stellung zu beziehen? Damit hätte ich womöglich dem Dämon die Motivation für weitere Angriffe genommen, mit denen er mich nur von sonstigen Aktivitäten ablenken wollte. Zwar hatte ich keine Ahnung, welche Aktivitäten das sein sollten, aber vielleicht wäre das genau der richtige Weg gewesen?

    Stattdessen war ich auf dem Weg zu meiner Wohnung, die gleichzeitig mein Büro als Privatdetektiv war. Und vielleicht war das doch nicht ganz so falsch, denn egal, wie man es drehte oder wendete: Der Dämon war und blieb unberechenbar. Es gab keinerlei Garantien dafür, dass er seine Angriffe aufgeben würde, wenn ich endlich so zu handeln begann, wie er es sich erhoffte.

    Und was sollte ich allein in meiner Wohnung?

    Ich wusste es nicht, sondern wunderte mich jetzt tatsächlich über diesen Instinkt, der mich förmlich dazu trieb, dorthin zu fahren.

    Der Elektromotor surrte leise. Es war ungewöhnlich für mich, mit einem Elektroauto zu fahren. Derzeit galt London ja als die Stadt mit den meisten angemeldeten Elektrofahrzeugen der Welt. Weil die Innenstadt verkehrsberuhigt war und man anders dort nicht durch kam. Ich war jetzt darauf angewiesen, obwohl ich nicht vor hatte, die Innenstadt aufzusuchen: Weil mein Auto eben nicht mehr existierte!

    Dabei war es für mich ein eher schwacher Trost, dass Mays Elektrofahrzeug eine Spezialanfertigung war. Sie hatte es tatsächlich geschafft, einen der Prototypen des E-Minicoopers zu ergattern. Klar, damit hatte sie vor allem mich ködern wollen, doch was nutzte mir ein moderner Minicooper? Das wäre ja genauso, als würde man einem Antiquitätensammler eine moderne Reproduktion anbieten. Nein, es zählte allein nur das Original, nicht die Kopie – und sei diese noch so gut gelungen.

    Zähneknirschend fuhr ich also mit dem E-Minicooper zu meinem Ziel. Es war für mich erstaunlich, wie zuverlässig das Ding dahin schnurrte. Von außen war absolut kein Unterschied zu einem normalen Benzinmotor zu erkennen.

    Trotzdem war ich irgendwie froh, endlich mein Ziel erreicht zu haben. Ich verließ das Fahrzeug beinahe fluchtartig. Irgendwie war ich kein technisch orientierter Mensch. Schließlich war ich ja kein Ingenieur, sondern Teufelsjäger. Was also sollte ich mit Technik? Und mir war vor allem dann die Technik nicht geheuer, wenn sie so neu war wie in diesem Fall. Da konnten mir Experten noch zehnmal erklären, dass Elektrofahrzeuge eigentlich ein uralter Hut waren. Immerhin hatte es um das Jahr 1900 herum mehr Elektrofahrzeuge als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gegeben. Sie galten damals nämlich als wesentlich effizienter und zuverlässiger als alles andere. Bis jemand die Zündkerze erfunden hatte, was den raketenhaften Aufstieg aller Verbrennungsmotore auf Benzinbasis bedeutet hatte.

    Ja, immer wieder hatte ich mir diese Geschichte anhören müssen, ob sie mich nun interessierte oder nicht. Trotzdem konnte ich mich mit dieser für mich neuen Technik nicht anfreunden.

    Dabei… Ich warf einen langen Blick auf den E-Minicooper. Wenn ich ganz ehrlich sein sollte, musste ich zugeben, dass mich an dem in erster Linie störte, die Kopie von meinem geliebten Original zu sein. Stellte ich mir jetzt allerdings vor, es hätte sich um einen Original-Minicooper gehandelt, dem man den Benzinmotor entnommen und dafür einen Elektromotor eingebaut hatte… Vielleicht sollte ich das doch einmal anregen?

    Aber nein - ich winkte ab und ging in Richtung Haus davon -, das wäre ja viel zu teuer. Allein dieses Ding da, das mich hierher gebracht hatte, war schon so überteuert, dass ich es mir nie im Leben hätte leisten können. Nicht von meinen kargen Einnahmen als Privatdetektiv.

    Ich stieß die Haustür auf und betrat das Treppenhaus.

    Kurz blieb ich stehen und lauschte, als erwartete ich etwas Ungewöhnliches. Alles war normal.

    Ja, wieso hatte mich mein Instinkt förmlich hierher getrieben? Das war doch nicht normal, oder?

    Mit dem Lift fuhr ich hinauf. Meistens benutzte ich ja die Treppe, weil ich das eher sportlich sah. Nicht, wenn ich es eilig hatte – und ich hatte es jetzt eilig, obwohl ich keine Ahnung hatte, wieso.

    Als ich oben zu meiner Wohnung schritt, spürte ich, dass mein Herz mir schier bis zum Hals schlug.

    Verdammt und zugenäht, wieso war ich plötzlich so nervös?

    Ich fingerte meine Schlüssel hervor und steckte den passenden in das Türschloss. Ich sperrte auf und trat ein.

    Noch als ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen ließ, spürte ich diese unerklärliche Nervosität. Unwillkürlich schaute ich umher.

    Alles normal. Alles so wie sonst. Alles so, wie es sein sollte.

    Das Klingeln des altmodischen Telefons ließ mich erschrocken zusammenzucken.

    Zufall, dass ausgerechnet jetzt jemand versuchte, mich über meine alte Nummer zu erreichen? Ein Kunde oder was? Oder vielleicht May? Nein, die würde ich eher bei sich zu Hause vermuten und dort anrufen. Dann würde prompt mein Handy klingeln.

    Mit gemischten Gefühlen ging ich hinüber und hob ab.

    „Hallo, Mark Tate!, meldete sich jemand heiser, kaum dass ich meinen Namen gesagt hatte. „Wissen Sie noch, wer ich bin?

    Und ob ich das wusste. Ich erkannte die Stimme auf Anhieb, obwohl sie ein wenig verändert klang – so, als ob es dem Anrufer gesundheitlich nicht so gut ging.

    „Sven Katovich!", entfuhr es mir überrascht.

    *

    Noch jemand wurde angerufen: May Harris!

    Sie verließ soeben ihr Büro und betrat das Vorzimmer, in der ihre Sekretärin saß, da gab diese ihr einen Fingerzeig: Sie deutete auf das Telefon in ihrer Hand.

    May nickte ihr nur zu und trat näher, um das Telefon zu übernehmen.

    Sie fühlte sich nach den Ereignissen irgendwie erschöpft und ausgelaugt, als würde sie eine größere Pause benötigen. War da jetzt ihr Lebensgefährte Mark Tate am Apparat, den sie selbst gerade hatte anrufen wollen?

    Seltsam, dass sie sich so erschöpft fühlte. Zunächst war das gar nicht so schlimm gewesen. Hatte sie sich nur etwas vorgemacht?

    Sie hob das Telefon an ihr Ohr und meldete sich.

    „Ah, die Industriebaronin in persona!", höhnte eine ihr unbekannte Stimme. Sie klang irgendwie unnatürlich. Dabei war es, als würde die Stimme unmittelbar aus einem Grab kommen.

    „Wer sind Sie?"

    „Als ob Sie das nicht wüssten! Glauben Sie im Ernst, dieses kleine Intermezzo mit dem Flugzeug, das kaum jemand überhaupt mitbekommen hat, außer natürlich den Leuten im zuständigen Tower… Nun, dass damit meine Mittel erschöpft sind?"

    „Was wollen Sie?"

    „Ich wundere mich nur darüber, dass Ihr lieber Freund, dieser Mark Tate, Ihnen in keiner Weise zur Seite steht, sie sozusagen im Stich lässt."

    „Vielleicht täuscht das? Vielleicht wissen Sie ja noch längst nicht alles? Aber selbst wenn es Ihnen gelingen sollte, mich umzubringen: Glauben Sie denn im Ernst, das würde Ihnen etwas nützen? Mark Tate wird Sie verfolgen und bekämpfen, egal, ob Sie an anderen Fronten Erfolge haben werden oder nicht. Es wird Ihnen noch nicht einmal gelingen, ihn zusätzlich anzustacheln, indem Sie seine Lebensgefährtin vernichten oder ihr sonst etwas antun. Ich warne Sie: Würde es Ihnen gelingen, mich gefangen zu nehmen, wäre ich eine äußerst schlechte Geisel, denn Mark Tate ist der Teufelsjäger. Er lässt sich durch nichts und niemand beirren. Und dass er es durchaus versteht, sich mit Ihresgleichen zu messen, das müsste eigentlich sogar Ihnen klar sein!"

    Sie hatte den Dämon aus der Reserve locken wollen – und das gelang ihr sogar. Dabei hatte sie ja erst nur vermutet, es würde sich um ihn persönlich handeln. Er musste sie telefonisch kontaktieren, weil er nicht an den Dämonenbannern vorbei kam.

    Gut zu wissen!, dachte sie, allerdings nur halbwegs beruhigt.

    Was hatte der Dämon jetzt vor? Würde er davon abgebracht werden können, sie weiter zu attackieren?

    Doch zunächst reagierte er sehr zornig auf die Wortattacke von May:

    „Es gelang ihm ein Etappenziel. Zugegeben, ich habe einen Fehler begangen, sonst wäre ihm der Sieg niemals gelungen, aber solche Fehler macht man nur einmal. Ich werde Mark Tate vernichten, ein für allemal. Er wird noch nicht einmal mehr wiedergeboren werden können. Dafür werde ich sorgen. Und die Falle ist schon vorbereitet. Lassen Sie sich überraschen, meine Liebe! Jetzt klang er wieder ruhiger. Die Überlegenheit kehrte wieder zurück und äußerte sich auch in den folgenden Worten: „Er wird meiner Rache nicht entgehen, genauso wenig wie Sie oder seine anderen Freunde! Es wird mir ein Vergnügen sein, das Spiel fortzusetzen, während ich den Niedergang von Mark Tate herbeiführe. Es wird auch für Sie eine Überraschung geben - eine sehr, sehr böse Überraschung!

    Damit war die Verbindung unterbrochen.

    Im nächsten Augenblick schrillte ein interner Alarm, im gesamten Gebäude, in jedem Büro des Konzerns. So auch im Vorzimmer, in dem sich May befand, immer noch das Telefon in der Hand.

    Über die Sprechanlage in ihrem Büro, zu dem die Tür noch offen stand, weil sie diese nicht hinter sich zugezogen hatte, kam die Erklärung für den Alarm. May erkannte die Stimme ihres diensthabenden Sicherheitschefs:

    „Fremde sind in das Gebäude eingedrungen! Sie haben die Sicherheitsleute am Eingang überwältigt und sich blitzschnell verteilt. Sie durchsuchen das Gebäude. Die Security formiert sich und geht gegen die Eindringlinge vor. Die Polizei ist bereits verständigt. Es wird kein Entkommen für die Eindringlinge geben. Sie werden es auch nicht schaffen, bis zur Chefetage vorzudringen."

    May Harris lief in ihr Büro zurück und hieb auf die Sprechtaste: „Gute Arbeit! Aber ich kann Ihnen sagen, was die Eindringlinge beabsichtigen. Erinnern Sie sich an die Antiquitäten, die nach meiner Anordnung überall im Gebäude verteilt wurden? Sie werden versuchen, sie zu zerstören. Handeln Sie! Sofort!"

    Sie ließ die Sprechtaste los, noch bevor ihr Sicherheitschef bestätigen konnte. Dann setzte sie sich erst einmal in den wuchtigen Chefsessel, in dem sie fast versank.

    Aha, dachte sie, so will er also vorgehen: Er hat Unbeeinflusste ausgesendet. Wie hat er es geschafft, sie zu einem solchen Kommando loszuschicken, bei dem sie doch genau wissen müssen, geradewegs in die Arme der Polizei zu laufen?

    Sie würde es sicherlich noch erfahren. Aber jetzt bangte sie zunächst einmal um die unersetzlichen Exponate. Nicht nur deshalb, weil sie von unschätzbarem Wert waren, materiell gesehen, sondern vor allem, weil sie einen wirksamen Schutz des Gebäudes bedeuteten.

    Jetzt wusste die Security wenigstens haargenau, worauf es für sie ankam – ohne allerdings auch nur zu ahnen, wie wichtig es für sie war, möglichst schnell zu sein und den Eindringlingen zuvor zu kommen -, also gab es zumindest eine Chance.

    Inzwischen war sie zur Untätigkeit verurteilt und wenn sie etwas hasste, dann war es dies.

    Die Tür zum Vorzimmer stand immer noch offen. Sie konnte durch die geöffnete Tür hindurch ihre Sekretärin an deren Schreibtisch sitzen sehen. Sie hatte schon wieder das Telefon in der Hand und deutete darauf. Diesmal sagte sie, wer angerufen hatte:

    „Ihr Lebensgefährte, Mister Mark Tate, ist am Apparat! Soll ich durchstellen?"

    May Harris nickte mechanisch.

    *

    Ich hörte ein mühsames Räuspern.

    „Ich musste Kontakt mit Ihnen aufnehmen, Mark Tate."

    „Was ist denn passiert? Wie geht es Ihnen eigentlich inzwischen?"

    Sven Katovich hatte eine so ungewöhnliche wie grausige Geschichte. Er hatte an einer sehr seltenen Krankheit gelitten. Genetisch bedingt, unheilbar. Sie bedeutete, dass die Betroffenen plötzlich an einem akuten Versagen aller lebenswichtiger Organe litten. Nicht schleichend, sondern ziemlich plötzlich. Innerhalb von wenigen Wochen bedeutete das ihren Tod. Zwar konnte man mit Medikamenten den Zeitpunkt des Todes hinauszögern, aber aufhalten konnte man ihn auf keinen Fall. Man konnte dabei sogar genau ausrechnen, wann der Tod eintreten würde. Auf den Tag und fast auf die Stunde genau.

    Sven Katovich, angesichts des sicheren Todes, hatte einen Entschluss gefasst. Aus sich selbst heraus, wie er geglaubt hatte, aber es war nicht ganz so freiwillig erfolgt, wie er später hatte erfahren müssen: Er hatte beschlossen, quasi sein Leben zu opfern, um den Fluch einer alten Ruine in der Nähe von London zu brechen. Dort, auf einem Hügel, war es dann zum Showdown gekommen. Er hatte allein nur mit seiner Anwesenheit das vorhandene Tor zum Zwischenreich der Dämonen geöffnet, aber gleichzeitig mit seiner Anwesenheit verhindert, dass die Dämonen in das Diesseits eindringen konnten. Bis zu seinem unvermeidbaren Tod. Und er hatte erfahren müssen, dass sein Vorgehen durchaus im Sinne eines mächtigen Dämons gewesen war, der im Zwischenreich lauerte und auf seine Chance harrte. Der Dämon war immerhin so mächtig, dass es ihm gelungen war, mich zu neutralisieren. Allerdings hatte er dabei May unterschätzt. Es gelang uns beiden, einzugreifen – im entscheidenden Moment.

    Sven Katovich war gestorben, wie vorhergesehen, aber mittels Schavall schlossen May und ich das Tor zum Zwischenreich der Dämonen für immer.

    Dabei kam der sterbende Sven Katovich genau auf der Schwelle des Tores zum Liegen. Durch die Schließung wurde sein Körper in zwei Teile getrennt. Doch der im Diesseits verbleibende Teil blieb nicht etwa tot, sondern wurde von seltsamen Kräften wiederbelebt, wuchs sogar vollständig wieder heran, vor unseren staunenden Augen…

    Danach ging Sven Katovich seiner Wege. Ich ließ ihn ziehen, denn ich spürte sehr deutlich, dass er nicht zu einem Dämon mutiert war. Er sollte selbständig lernen, sich mit seinem neuen Dasein zurechtzufinden und dabei seine Bestimmung finden.

    Und jetzt, nach Wochen, rief er mich an – und machte dabei nicht gerade einen entspannten Eindruck?

    „Ich habe inzwischen begriffen, was mit mir geschehen ist, Mark Tate: Ich habe nach wie vor Verbindung mit dem Zwischenreich der Dämonen. Sie haben zwar das Tor geschlossen, aber in mir existiert es weiter. Und es ermöglicht mir Dinge, die so fremdartig und fantastisch sind, dass ich mich daran erst gewöhnen musste."

    „Zum Beispiel?", erkundigte ich mich geduldig.

    „Ich habe Sie gerufen, Mark Tate. Haben Sie es nicht gespürt? Und ich wusste, wann es die richtige Zeit war, Sie anzurufen. Einfach so. Ich habe gewissermaßen hellseherische Fähigkeiten. Zwar kenne ich nicht die Zukunft, aber ich bekomme Visionen, sobald es um etwas geht, was mich persönlich betrifft. Und ich kann eben auch solche Signale aussenden."

    „Ja, ich habe etwas gespürt – und mich gewundert", gab ich zu und spielte mehr unbewusst mit meinem Schavall, der an der Silberkette vor meiner Brust hing. Er hatte sich in keiner Weise gemeldet. Also war der Lockruf des Sven Katovich keineswegs auf schwarzmagischer Basis erfolgt. Aber wie sonst? Weißmagisch?

    Bei allem, was er mir soeben erzählt hatte, durfte ich das wohl ausschließen.

    Er stand immer noch in Verbindung mit dem Zwischenreich der Dämonen? Dann war er eine Art wandelndes Tor nach drüben – und bezog von dort wohl auch gewisse Energien, die ihn nicht nur wiederbelebt hatten, sondern die ihn auch noch am Leben hielten.

    Es hing meines Erachtens nach eindeutig damit zusammen, dass sozusagen seine zweite Hälfte sich drüben befand. Ob sie dort ebenfalls wiederbelebt worden war? Gab es jetzt Sven Katovich zweimal – einmal im Diesseits und noch einmal im Zwischenreich der Dämonen? Was war er dort? Gewiss kein Mensch mehr – genauso wenig wie hier!

    Aber er war auch kein Feind. Sonst hätte der Schavall auf ihn und seinen Lockruf reagiert. Und er hätte sicher schon gar nicht versucht, mich zu locken. Nur um mich anrufen zu können? Dann war seine Macht nicht groß genug, sich nur auf magischer Ebene mit mir zu verständigen. Mehr als dieser Lockruf, den ich für meinen eigenen Instinkt gehalten hatte, war ihm nicht möglich gewesen.

    Dis alles ging mir blitzschnell durch den Kopf, während er sagte:

    „Ich weiß, dass es noch jemanden gibt, der das zweite Gesicht hat. Und ich spürte das deshalb, weil es mich unmittelbar betrifft. Mehr noch: Ich habe regelrecht Angst davor, weil ich zu ahnen beginne, was jener andere damit beabsichtigt – besser gesagt: Mit mir beabsichtigt!"

    „Was denn?", fragte ich knapp. Nicht etwa, weil es mich nicht interessierte, sondern weil ich unwillkürlich an meinen zur Zeit schlimmsten Feind dachte: Konnte es sein, dass genau dies es war, wovon mich der Dämon ablenken wollte? War er auf der Suche nach Sven Katovich, um ihn als neuen Quell schier unermesslicher magischer Energie zu missbrauchen? Als Ersatz für sein Dämonenherz, das ich für immer vernichtet hatte?

    Das erschien mir auf einmal dermaßen plausibel, dass sich mein Pulsschlag unwillkürlich verdoppelte.

    Und dann kam die Bestätigung durch Sven Katovich: „Ich glaube, dass er irgendwie davon erfahren hat, von mir, dass ich Kontakt mit dem Zwischenreich der Dämonen besitze und über diesen Kontakt Energie beziehe!"

    „Mister X!", entfuhr es mir unwillkürlich.

    Davon wusste er noch nichts. Seine Hellsichtigkeit war anscheinend doch nicht ganz so ausgeprägt. Zwar reichte sie aus, um ihn eine drohende Gefahr erkennen zu lassen, aber der Eindruck dieser Gefahr blieb anscheinend eher vage.

    Ich klärte ihn mit knappen Worten über die Umstände auf und schloss die Frage an:

    „Und Sie haben sich nun an mich gewendet, weil Sie sich von mir vielleicht Hilfe erhoffen?"

    „Sie haben mir schon mehr geholfen, als sich mir überhaupt erhofft hätte!", behauptete er, klang dabei jedoch keineswegs erleichtert. Ganz im Gegenteil: Die Geschichte hatte ihn nur noch mehr aufgewühlt.

    „Von wo aus rufen Sie mich überhaupt an?"

    „Von New York!"

    „Wie bitte?", entfuhr es mir.

    Die heutige Technik machte es möglich: Da wurde man von New York aus angerufen – und es klang gerade so, als befände sich der Anrufer im Nachbarzimmer.

    Aber alle Achtung: Auf diese Entfernung war es ihm immerhin gelungen, jenen Lockruf wirksam nach mir auszusenden? Dann sollte man seine magischen Fähigkeiten doch nicht ganz so unterschätzen.

    Aber wieso hatte der Schavall darauf nicht reagiert? Dies blieb eine zentrale Frage. Konnte es sein, dass er so etwas wie neutrale Energien einsetzen konnte? Damit konnte er weder verletzen noch heilen, aber zum Beispiel latent hellseherisch sein oder eben einen solchen Lockruf entsenden.

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