Von Miramar nach St. Germain: Persönliche Einblicke eines frühen Europäers
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Über dieses E-Book
Johann Andreas Eichhoff
Der Autor war völkerrechtlicher Berater des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand vonn Österreich, Kaiser Karls und des Staatskanzlers Karl Renner. Er war danach österreichischer Botschafter in Paris.
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Buchvorschau
Von Miramar nach St. Germain - Johannes Thun-Hohenstein
Johann Andreas Freiherr von Eichhoff
27. September 1871 – 22. März 1963
VORWORT DES HERAUSGEBERS
Dieses Buch enthält die Memoiren des Onkels meiner Großmutter aus der Zeit unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs bis zum Entstehen der Ersten Republik. Also umfasst es Erinnerungen über den gesamten ersten Weltkrieg. Es ist aber keine militärische Schilderung, sondern gibt persönliche Einblicke in die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche in dieser Zeit aus der Sicht eines Mannes, der über die gesamte Zeit Einblick in den Führungskreis der jeweiligen Regierungen hatte.
Während ich dieses Vorwort schreibe, tobt in der Ukraine ‒ die in Teilen zum Zeitpunkt der beschriebenen Ereignisse noch zur österreichisch-ungarischen Monarchie gehörte ‒ wieder ein Krieg. Erschreckenderweise lassen sich viele Parallelen ziehen, derer es in der Nachbetrachtung sicher noch mehr werden. Die Lektüre ist also auch eine Anregung, solche Ereignisse mit Sachlichkeit und ideologiebefreit zu betrachten, um für die Zukunft bessere Beurteilungen abzugeben und Entscheidungen zu treffen.
Johann Andreas Freiherr von Eichhoff war offensichtlich einer der profundesten Kenner des Völkerrechts, der über alle Grenzen von Stand und Gesinnung ‒ von Thronfolger Franz Ferdinand bis zum ersten Staatskanzler der jungen Republik, dem Sozialdemokraten Dr. Renner – anerkannt war. Er war im Auftrag des Thronfolgers einer der Schöpfer der Verfassung für „die vereinigten Staaten von Großösterreich, ... ein neues Österreich und hiermit für ein neues Europa. Einen „Zusammenschluss jedes Volksstamms, der sich durch Denkungsart, Sitte, Kultur und Sprache verbunden fühlt und weitgehende Zusammenfassung dieser autonomen Volksverbände zu möglichst großen wirtschaftlichen Einheiten, zur gemeinsamen Verwertung aller Natur- und Arbeitskräfte, dort wo man sie braucht, zum freien Austausch aller Natur- und Arbeitserzeugnisse
, wie er es beschrieb.
Es wurde damit auch ein Staatsmodell geschaffen, das als Idee einer europäischen Staatengemeinschaft ab Mitte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts wieder angedacht und weiterentwickelt wurde und aus dem später die Grundidee für unsere heutige Europäische Union entstand.
Dieses Buch kann auch ein Lehrstück sein, wie man trotz hoher Komplexität der Zusammenhänge den Überblick über das große Ganze bewahren kann. Nur so ist es möglich, trotz lebendiger Nationalismen und polarisierender Ideologien die Chancen für ein friedvolles Zusammenleben zu erkennen. Damals wurden sie durch das Attentat von Sarajevo vernichtet, haben aber unter der Begleitung ‒ und dem Protest in St. Germain ‒ von Johann Andreas Eichhoff die völkerrechtliche Ausgestaltung zum Wiedererstehen Österreichs als Erste Republik ermöglicht.
Man kann über die Geschehnisse zwischen 1914 und 1919 Bibliotheken füllen. Das vorliegende Protokoll von Freiherr von Eichhoffs Erlebnissen in dieser Zeit bietet Hinweise, Zusammenhänge und Verweise, Erklärungen und persönliche Erzählungen, die auch in kurzer Form helfen, nicht nur diese Zeit, sondern auch die folgenden Entwicklungen Europas besser zu verstehen und vor allem die damalige Sicht der Ereignisse (und damit die oft fatalen Entscheidungen) besser beurteilen zu können. Der Text ist bis auf wenige ‒ der besseren Lesbarkeit geschuldeten ‒ Korrekturen der Originaltext.
Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre, auch im Namen meiner Familie als einzige Erben des Autors, viel Freude, spannende Erkenntnisse und vielleicht die eine oder andere Idee, wie wir mit den uns gestellten Aufgaben im persönlichen wie in anderen Bereichen konstruktiv, friedensstiftend und verantwortungsbewusst umgehen können.
Johannes Thun-Hohenstein
Als Biografie von Johann Andreas von Eichhoff darf ich einen Artikel aus der Zeitschrift „Die Furche" von Univ. Prof. Dr. Erika Weinzierl aus dem Jahr 1961 einfügen.
Er sagt mehr als eine Aufzählung von Daten.
JOHANN ANDREAS VON EICHHOFF - BEAMTER UND DIPLOMAT
Am 27. September 1961 feiert Johann Andreas Freiherr von Eichhoff seinen 90. Geburtstag, zu dem sich alle Freunde und Bekannte mit den herzlichsten Wünschen einstellen. Darüber hinaus aber geziemt es sich aus diesem Anlass, dem Jubilar einmal in aller Öffentlichkeit für die Leistungen zu danken, die er als Beamter und Diplomat für das alte und das neue Österreich vollbracht hat.
Die berufliche Laufbahn des gebürtigen Wieners begann 1895 bei der Statthalterei in Graz und führte ihn bald über das Handelsministerium in das Innenministerium, in dem er 1911 bereits als Ministerialrat tätig war. Am 1. August 1914 rückte der vertraute Mitarbeiter des ermordeten Thronfolgers Franz Ferdinand zum Zivilkommissariatsdienst ein, den er ebenso wie die Militärverwaltung der okkupierten Gebiete bis Ende Oktober 1918 leiten sollte.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie erfolgte Eichhoffs Einberufung in das Staatsamt für Äußeres, das den unterdessen zum Sektionschef Ernannten in die österreichische Delegation für die Friedensverhandlungen von Saint-Germain entsendet. An der Seite Karl Renners ist Eichhoff maßgeblich an den mühevollen und harten Verhandlungen beteiligt, protestiert gegen die Abtrennung Südtirols und bewährt sich vor allem als entschiedener Gegner des damals von so vielen gewünschten Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich. Nach Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Frankreich wird Eichhoff im September 1920 als österreichischer außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister in Paris akkreditiert, wo er in unermüdlicher Arbeit den Weg für die Aufnahme Österreichs in den Völkerbund freimacht. Das klein und arm gewordene Österreich