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Spuk Thriller Doppelband 2010
Spuk Thriller Doppelband 2010
Spuk Thriller Doppelband 2010
eBook223 Seiten3 Stunden

Spuk Thriller Doppelband 2010

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Romane



Der Keller des Grafen (Carol East)

Wenn Seelen gequält werden (Carol East)





Tränen verschleierten ihren Blick. Der frisch aufgeworfene Grabhügel vor ihren Füßen, immer noch bedeckt mit Kränzen, Blumen und Schleifen, auf denen die unterschiedlichsten letzten Grüße standen, erschien dadurch seltsam verschwommen.

Die junge Frau mit den langen, blauschwarzen Haaren, die locker nach hinten herabfielen, schüttelte den Kopf, während die Tränenflut sich noch verstärkte. Dabei hatte sie noch vor Minuten geglaubt, gar keine Tränen mehr zu haben. So sehr hatte sie in den letzten Tagen bereits geweint.

Ihr geliebter Peter lag hier begraben – zumindest das, was nach seinem schlimmen Unfall von ihm übriggeblieben war. Es war so wenig, daß niemand von seinem Leichnam hatte Abschied nehmen können. Nur von seinem Sarg, mit beinahe anonymem Inhalt, weil er nichts mehr mit dem Menschen gemeinsam hatte, der Peter vor seinem Tode gewesen war.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum15. Sept. 2023
ISBN9783745233155
Spuk Thriller Doppelband 2010

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    Buchvorschau

    Spuk Thriller Doppelband 2010 - Carol East

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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    Alles rund um Belletristik!

    Der Keller des Grafen

    Carol East

    Der Graf zeigte ein so häßliches Grinsen, dass Jessica Berger eine gelinde Gänsehaut verspürte. Nicht etwa deshalb, weil sie es wirklich als gruselig empfand, obwohl dies die Absicht gewesen war, sondern einfach nur deshalb, weil sie solch übertriebene Szenen ganz und gar nicht leiden mochte. Niemals wäre sie sozusagen freiwillig in so einen ihrer Meinung nach grottenschlechten Film gegangen. Daß sie hier saß, mit ein paar wenigen anderen Zuschauern im in jeglicher Beziehung provinziell anmutenden Kino, hatte nur einen einzigen Grund: Es gab keinerlei Alternative.

    Das war ja zu befürchten gewesen, dachte sie und schüttelte unwillkürlich den Kopf, daß die langen, goldblonden Haare nur so flogen. Ihr voller Mund ließ die Winkel sinken, was ihrem hübschen Gesicht fast einen Ausdruck von Bitternis verlieh. Ihre blauen Augen blitzten.

    Aber dann beruhigte sie sich wieder. Immerhin war sie freiwillig nach Blackwood gekommen. Allein schon der Name hätte sie abschrecken sollen. Obwohl es wörtlich übersetzt nichts anderes als Schwarzwald hieß und obwohl es in Old England ungefähr so viele Orte namens Blackwood gab wie in ihrer deutschen Heimat andere Orte mit sogenannten Allerweltsnamen. Der eine hatte mit dem anderen absolut gar nichts zu tun. Nur in einem unterschied sich ein Blackwood wie dieses hier von einem x-beliebigen deutschen Ort mit häufigem Namen: Hier gab es ein waschechtes Schloß. In der Art traditionell sehr streng gebauter englischer Schlösser, nicht vergleichbar mit einem entsprechenden Äquivalent in Deutschland oder gar in Frankreich. In England waren solche alten Schlösser eher mit einer deutschen Burg zu vergleichen als mit einem richtigen Schloß.

    Aber auch ein Blackwood Castle war nicht gerade eine Ausnahme in England. Vielleicht nannte sich dieses hier, in diesem Blackwood, deshalb New Blackwood Castle? Wobei das Wort New zwar für das deutsche Neu stand, aber neu war es ganz und gar nicht. Natürlich nicht!

    Jedenfalls, sie war nach Blackwood gekommen, weil sie es satt gehabt hatte, als unterbezahlte Lehrerin einer staatlichen Schule ihr Dasein zu fristen. Ihre Fächer Deutsch und Geschichte waren nun einmal nicht dazu geeignet, Reichtümer ernten zu lassen. Die Einladung von Blackwood Castle – pardon: New Blackwood Castle verbesserte sie sich in Gedanken – war ihr da gerade recht gekommen. Alles hatte wunderbar gepaßt. Nicht nur die Bezahlung, sondern vor allem der Zeitpunkt. Sie konnte ohne große Umstände ihre sprichwörtlichen Siebensachen packen und reiste sofort hierher.

    New Blackwood Castle lag außerhalb des verschlafenen Nestes, dem das Schloß seinen Namen verdankte. Jessica war direkt zum Schloß gefahren. Das war jetzt genau drei Wochen her – und heute hatte sie ihren allerersten freien Tag. Weil sie sofort hatte voll einsteigen müssen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der Graf, hier landesüblich Earl genannt, was wohl auf dasselbe herauskommen mochte, war das Oberhaupt einer recht großen Familie. Größer jedenfalls als Jessica es vermutet hätte. Insofern war das Jobangebot als Privatlehrerin in Deutsch und Geschichte eher vage gehalten worden. Aber der inzwischen schon ziemlich betagte Graf hatte mehrere Söhne, die allesamt längst verheiratet waren und gemeinsam mit ihren Ehefrauen und natürlich ihren Kindern wiederum auf dem Schloß lebten. Dadurch kamen genau dreizehn Kinder zusammen, die Jessica unterrichten sollte.

    Drei Wochen hatte sie benötigt, um herauszufinden, welchen Wissensstand die einzelnen Kinder bereits hatten, was ihre Fächer betraf. Dabei hatte sie sich genau auf diese drei Wochen konzentrieren müssen, weil eben zur selben Zeit Ferien gewesen waren und danach alle dreizehn Kinder wieder regulär zur Schule gehen mußten, wie man ihr erklärt hatte. Dort hatten sie zwar auch schon das Fach Geschichte, aber dabei konzentrierten sich die Lehrer auf die Geschichte von England, wobei alles andere eher nebensächlich erschien. So jedenfalls hatte es Jessica herausgefunden. Und die Sprache Deutsch wurde an hiesigen Schulen überhaupt nicht gelehrt. Nicht jedenfalls in dieser Gegend von England.

    Heute war Schulbeginn, und heute hatte sie endlich ihren ersten freien Tag nutzen können, um Blackwood kennenzulernen. Allerdings war das ein Ort, in dem sozusagen bei Einbruch der Dunkelheit die Bürgersteige hoch geklappt wurden. Zwar nur sprichwörtlich, aber selten in ihrem Leben hatte Jessica einen Ort erlebt, in dem diese Metapher besser zutraf. Es war nicht das erste Mal, daß sie sich fragte, ob das wirklich die richtige Entscheidung gewesen war, auf das Jobangebot einzugehen. Wenn sie sich vorstellte, auf Jahre hier festzusitzen...

    Und dann, auf vergeblicher Suche nach ein wenig Zerstreuung vom zurückliegenden Lehrerstreß auf dem Schloß, hatte sie das einzige Kino im Ort entdeckt. Na, das war doch was, oder?

    Nun, es wäre etwas gewesen, hätte es einen Film gegeben, der Jessica auch nur annähernd interessierte. Aber ausgerechnet die Geschichte von einem durchgeknallten Grafen, der so etwas wie Gruselatmosphäre in einem gänzlich unglaubwürdigen Gruselfilm verbreiten sollte?

    Was Jessica noch am meisten störte: Das Schloß im Film hieß doch tatsächlich Blackwood Castle! Und es hatte verblüffende Ähnlichkeiten mit dem Schloß, auf dem Jessica zur Zeit arbeitete. Kein Wunder wahrscheinlich. Dafür hatten die nicht extra auf dem echten Blackwood Castle zu drehen brauchen, denn so sahen sowieso die meisten Schlösser in England aus. Jene Mischung halt aus Trutzburg und Schloß.

    Gottlob hieß zumindest der Graf im Film anders als der Graf in Wirklichkeit. Dieser hieß nämlich Allister Earl of Norfolk.

    Als Jessica diesen Namen zum ersten Mal gelesen hatte, war sie stutzig geworden, denn dieses Adelsgeschlecht kannte sie gar nicht. Allister Earl of Norfolk? Überhaupt kein Hinweis auf den Herrschaftssitz oder die Region, in der sich Blackwood Castle befand? Sie kannte sich nicht nur in deutscher Geschichte aus, sondern selbstverständlich auch in englischer. Auch wußte sie leidlich Bescheid über Adelsgeschlechter, nicht nur in England, aber wirklich, ein Allister Earl of Norfolk...?

    Sie war nicht umhin gekommen, den Lord danach zu fragen. Der jedoch hatte milde gelächelt und sie aufgeklärt: Deshalb heißt es auch New Blackwood Castle! Der Ort war vorher da. Als meine Vorfahren diese Gegend vom König persönlich zum Geschenk gemacht bekamen, haben sie ihr Schloß bauen lassen. Ihr Name war geblieben, und es gibt diesen Adelszweig inzwischen nur noch hier. Mit anderen Worten: Wenn meine Familie eines Tages ausstirbt, dann endet damit auch die ganze Linie. Jetzt hatte er sogar gelacht. Vielleicht ist das der Grund dafür, wieso meine Kinder so fleißig waren und für so viele Namensträger sorgten?

    In der Tat, alle dreizehn seiner Kindeskinder waren Jungs, im Alter zwischen sieben und zehn Jahren.

    Jessica hatte pflichtschuldig mitgelacht und dieses Thema für die nächsten drei Wochen lieber verdrängt. Sie wollte ja nicht vor ihrem neuen Arbeitgeber als geschichtsunkundig da stehen. Ausgerechnet, wo sie doch Geschichtslehrerin war, neben ihrem Fach als Deutschlehrerin.

    Seltsam, daß ihr dies alles jetzt durch den Kopf ging. Ein Gutes hatte es allerdings: Sie versäumte damit einen großen Teil dieses billig gemachten Gruselstreifens, ehe es für sie noch langweiliger wurde. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, daß es wirklich Leute gab, die sich einen solchen Film freiwillig antaten. Überhaupt war sie eher die Person, die mit beiden Beinen im Leben stand und alles Mystische und Okkulte für absolut hirnrissig hielt. Vor allem seit ihrer letzten Beziehung. Diese lag noch nicht so lange zurück, aber wenn sie sich daran erinnerte, dann eher mit Erleichterung als mit Trauer, weil es vorbei war. Ihr Freund war von der großen Liebe innerhalb relativ kurzer Zeit zu einem okkulten Spinner mutiert. Wahrscheinlich war er das schon vorher gewesen. Er hatte ihr nur anfangs etwas vorgemacht. Bis Jessica es nicht mehr länger mit ihm ausgehalten hatte. Sie hatte ihm zum Abschied einen langen Vortrag gehalten über die Seriösität des Geschichtsunterrichtes, in dem solche Dinge wie Werwölfe, Untote, Geister und Dämonen einfach nichts zu suchen hatten.

    Er hatte sich doch tatsächlich seinerseits enttäuscht gegeben und hatte ihr sogar versichert, mit ihr sowieso Schluß machen zu wollen. Sie sei ihm lediglich zuvor gekommen.

    Größer hätte sie eine Beleidigung gar nicht empfinden können. Sie hatte einfach auf dem Absatz kehrt gemacht und war davongegangen, ohne einen einzigen Blick zurück.

    Ja, noch jetzt erinnerte sie sich voller Schaudern an ihren Exfreund. Und ausgerechnet sie saß hier und heute in einem Gruselfilm?

    Sie schüttelte schon wieder den Kopf, daß die langen, goldblonden Haare flogen.

    *

    Das Geschehen auf der Leinwand zog sie wieder ein wenig mehr in seinen Bann. Normalerweise wäre sie längst aufgestanden und hätte das Kino verlassen, aber schließlich hatte sie Eintritt bezahlt und – was noch viel wichtiger war - es gab eben nicht die geringste Alternative. Sollte sie bei dem Wetter, das ausgerechnet heute herrschte, in einem Straßencafe sitzen und sich vollregnen lassen? Einmal abgesehen davon, daß sie sowieso der einzige Gast gewesen wäre, wie sie vermutete.

    So schaute sie der Szene zu. Wer das nun war, den der Graf mit großspurigen Gesten, die anscheinend seinen Wahnsinn unterstreichen sollten, durch das Schloß führte, vermochte sie gar nicht zu sagen. Sie hatte die entsprechende Schlüsselszene irgendwie verpaßt. Es handelte sich jedenfalls um einen jungen Mann, der aus irgendeinem Grunde sehr beunruhigt wirkte.

    Der Graf zeigte auf die Bildergalerie in einem langen Gang. In Großaufnahme sah man, daß ausschließlich ziemlich irre aussehende Personen auf den einzelnen Bildern dargestellt wurden.

    Was soll das alles? fragte der junge Mann und blieb trotzig stehen.

    Ich frage mich das auch schon länger, dachte Jessica sarkastisch.

    Der Graf machte erst ein paar theatralische Gesten, ehe er mit verstellter Stimme ausrief: Sie suchen nach Ihrer Geliebten, und ich zeige Ihnen mein Schloß, damit sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen können: Sie ist nun mal nicht hier!

    Aha, dachte Jessica respektlos. Darauf sollte man erst einmal selber kommen...

    Also gut, lenkte der junge Mann ein und folgte dem Grafen, als dieser weiterschritt. Der Graf öffnete jede Tür, die von dem Gang wegführte. Dahinter lagen verlassene Räume. Offensichtlich wurden sie schon länger nicht mehr benutzt, denn alles hing voller Spinnweben, und auch auf dem Boden hatte sich der Staub fingerdick angesammelt.

    Nur eine bestimmte Tür ließ er dabei aus. Er strebte zur Treppe zu, die nach unten führte.

    Wie sollte es anders sein? stöhnte Jessica in Gedanken, weil sie genauso wie alle anderen Zuschauer ganz genau wußte, was jetzt kam: Der junge Mann blieb natürlich wieder stehen und deutete auf jene einzelne Tür.

    Und was liegt dahinter?

    Diese Tür ist seit langer Zeit versiegelt. Niemand darf sie öffnen, erwiderte der Graf abweisend und drängte den jungen Mann danach, endlich weiterzugehen.

    Dieser ließ sich jedoch nicht beirren.

    Ich will wissen, was sich dahinter für ein Geheimnis verbirgt.

    Na, ein paar Geister vielleicht? dachte Jessica teils amüsiert, teils angeödet. Könnte auch sein, ein paar klappernde Skelette? Vielleicht noch einer von diesen grottenschlechten Spezialeffekte, an denen dieser Film nicht gerade arm ist?

    Es kam, wie es kommen mußte: Als der Graf sich stur stellte, ging der junge Mann einfach selber hin und probierte an der Türklinke. Die Tür ließ sich tatsächlich öffnen. Sie war nicht abgeschlossen, geschweige denn versiegelt, wie der Graf behauptet hatte.

    Hinter der Tür lauerte rabenschwarze Finsternis. Der Junge trat trotzdem näher. Sein Gesicht in Großaufnahme. Dann weiteten sich seine Augen entsetzt. Ein erstickter Laut drang über seine Lippen.

    Bildwechsel: Der Graf stand direkt hinter ihm und stieß ihn in den Raum hinein. Dabei ließ der Graf ein wahrhaft irres Gelächter hören.

    Jessica wollte jetzt wirklich aufstehen und gehen. Genug war genug, wie sie fand. Schon schickte sie sich an, sich zu erheben, als eine weibliche Person durch den Gang mit der Bildergalerie gerauscht kam. Im Film natürlich.

    Jessica schaute auf die Leinwand und traute ihren Augen nicht. Konnte es sein, daß die Schauspielerin eine gewisse Ähnlichkeit mit... ihr hatte?

    Sie sank unwillkürlich wieder in ihren Sitz zurück.

    Die weibliche Person tat ganz aufgeregt.

    Jessica grübelte vergeblich darüber nach, wie diese Person überhaupt in die Story eingeführt worden war. Sie stellte fest, daß sie zu sehr in ihren eigenen Gedanken verstrickt gewesen war, um genügend von dem Film mitzubekommen. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, worum es da überhaupt ging. Es hatte sie bis zu dieser Szene aber auch nicht im Geringsten interessiert.

    Ich – ich habe einen Schrei gehört! rief die aufgeregte Blondine mit der erstaunlichen Ähnlichkeit.

    Der Graf winkte böse lächelnd ab.

    Es war nur die alte Tür, die in den Angeln gar fürchterlich quietscht. Sonst nichts, behauptete er.

    Jetzt haben die doch tatsächlich sogar den Spezialeffekt wegrationalisiert, so daß man keine Ahnung hat, was den armen jungen Mann überhaupt in dem stockfinsteren Raum erwartete. Und wieso hat es ihn erschrecken können, wenn man doch sowieso nichts hat sehen können?

    Jessicas ketzerische Gedanken, mit denen sie das Geschehen auf der Leinwand kommentierte, wurden unterbrochen von der Blondinen auf eben dieser Leinwand.

    Ich habe auch Stimmen gehört. Die eine klang so wie die Stimme meines Geliebten.

    Das ist sogar richtig, meine Liebe, denn Ihr Geliebter befindet sich hier. Er hat nach Euch gefragt, aber ich wußte selber nicht, wo Ihr Euch aufgehalten habt. Schließlich seid Ihr davongeeilt, wie von tausend Schrecken gehetzt, ohne daß ich hierfür einen Grund erkennen konnte.

    Sie haben mich so sehr entsetzt, Sie allein! warf die Blondine dem Grafen vor. Es klang reichlich gekünstelt. Überhaupt hatte die Blondine offensichtlich die entscheidenden Unterrichtsstunden auf der Schauspielschule permanent versäumt. Jessica Berger hätte in dieser Rolle nicht schlechter sein können. Und sie hatte niemals so etwas wie eine Schauspielschule von innen gesehen. Und ich bin nur zurückgekommen, weil ich die Stimme meines Freundes gehört habe.

    Jessica seufzte ergeben: Noch unglaubwürdiger konnte ihrer Meinung nach eine Szene überhaupt nicht mehr gedreht werden. Sie machte schon wieder Anstalten, aufzustehen.

    Da nahm der Film-Graf die junge Dame am Arm und sprach beruhigend auf sie ein: Ihre Nerven spielen Ihnen einen Streich, glauben Sie mir. Jetzt gehen wir hinunter in die Halle und zu Ihrem Geliebten.

    Vor allem hätten sie sich beim Dreh entscheiden sollen, wie sich die Figuren gegenseitig anreden, ärgerte sich Jessica, der solche ständigen Stilbrüche an den Nerven zehrten. Dennoch blieb sie jetzt sitzen, um zu sehen, was die junge Dame denn dort unten in der Halle erwartete.

    Zunächst ließ sie sich willig führen, aber auf der Treppe, die hinunterführte, riß sie sich auf einmal los.

    Ich kann allein gehen! versicherte sie schnippisch.

    Die Halle war leer. Das beeindruckte aber den Grafen in keiner Weise.

    Habe ich nicht die Stimme Ihres Geliebten hinter jener Tür gehört? fragte er, wie zu sich selbst gewandt, und ging hinüber, um die bewußte Tür zu öffnen.

    Ahnungslos folgte ihm die Schauspielerin, die Jessica so sehr ähnelte. Erst als sie die Tür erreichte, öffnete der Graf weit genug, daß die Unglückliche direkt in diese Schwärze hineinblicken konnte, wie Minuten vorher oben ihr Freund.

    Der Graf hatte keine Mühe, sie vorwärts zu stoßen. Aber diesmal schloß er nicht hinter ihr die Tür wieder, sondern folgte sogar.

    Die Leinwand wurde kohlrabenschwarz. Man hörte einen gellenden Schrei, offensichtlich von der Blondinen ausgestoßen. Dann vernahm man tapsende Schritte. Im nächsten Moment flammte Licht auf: eine flackernde Fackel.

    Als würde sich eine Fackel so plötzlich und dann auch noch gleich zur vollen Stärke entzünden lassen, dachte Jessica kopfschüttelnd. Dabei hielt der Graf die Fackel auch noch so, daß sein Gesicht von unten beleuchtet wurde, was ihm einen besonders dämonischen Ausdruck verlieh. Unter normalen Umständen hätte er sich dabei wahrscheinlich den Kinnbart verbrannt, aber hier diente es ja dazu, Angst und Schrecken unter den Zuschauern zu erzeugen. Trotzdem hörte Jessica Gelächter im Zuschauerraum. Sie war also nicht die einzige, die diesen Film in erster Linie lächerlich und keineswegs gruselig fand.

    Dann sah man, daß sich die Blondine und der Graf auf einer steilen Treppe befanden, die abwärts führte.

    Die Blondine warf sich herum und wollte fliehen. Sie kam nicht weit, denn inzwischen war die Tür, durch die sie gekommen waren, von innen

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