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Capri - amore mio
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eBook363 Seiten4 Stunden

Capri - amore mio

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Über dieses E-Book

Kristoffs Auffassung vom Sex ist ziemlich eigenwillig. Er treibt es oft und viel. Aber immer muss es ein anderer Kerl sein. Mit jedem geht er nur einmal ins Bett. Bindungen lehnt er wegen der Verantwortung ab. In diesem Sommer sucht er die Stätte auf, an der man ihm den ersten und besten Sex beigebracht hat: nämlich auf Capri, einer Insel, die seit Kaiser Tiberius vor 2000 Jahren von Männern bevorzugt aufgesucht wird. Vierzehn Jahre sind seit Kristoffs letztem Besuch vergangen. Damals war er sechzehn Jahre. Als er ein zweites Mal nach Capri kommt, dieses Mal als junger Anwalt, stellt er mit Freuden fest, dass sich nichts verändert hat. Die Hotels sind dieselben, sie glänzen in prächtigen Farben, die Geschäfte sind moderner, aber wie eh und je teuer, die Straßen sind ebenso eng wie früher und die verspielten Parks, Nischen und Strände strahlen dieselbe Atmosphäre aus. Die knackigen Neapolitaner beherrschen immer noch die Badeanstalten, die verschwiegenen Plätze und Wege. Sie sind braungebrannt, athletisch und sportlich, und topgekleidet. Sie kommen früh morgens mit dem Tragflächenboot auf die Insel und verlassen diese meist abends wieder. Nur manchmal bleiben sie, wenn die Nächte lau sind. Dann beginnt ihr zweites Leben in der Via Krupp, in der Certosa, in der Nähe der Faraglioni und dem Faro. Im Hotel La Vega trifft Ulfert auf Bastian, ein Halbwüchsiger, sechzehn, der - wie er damals - völlig unerfahren ist. Der Junge übt auf ihn eine unerhörte Anziehungskraft aus, jedoch verbietet ihm sein Grundsatz, sofort engen Kontakt mit dem jungen Mann aufzunehmen. Er beschließt, Bastian am letzten Tag seines Aufenthalts zu verführen. Um sich des Jungen zu versichern, nähert er sich ihm häppchenweise, mit anderen Worten: er reizt ihn mit tausend Tricks. Dazwischen erlebt er Capri überall dort, wohin andere kaum gelangen, und er treibt es in der Funiculare ebenso wie im Beichtstuhl, in der Nähe der Mönchsgruften ebenso wie in der Badehöhle der römischen Kaiser. Selbst die blaue Grotte ist ihm nicht heilig. Der Abschiedsabend wird zum Höhepunkt. Kristoff verführt Bastian nach Strich und Faden, der selig in seinen Armen einschläft. Kristoff hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Er konnte nicht ahnen, dass die Eltern von Bastian den Aufenthalt um eine Woche verlängert haben. Wird er seinen Grundsatz unterlaufen und mit dem Jungen ein zweites und drittes Mal Sex haben? Wie wird sich Bastian verhalten und entwickeln? Beide werden noch eine Woche auf der Insel bleiben. Begegnungen sind unausweichlich.
SpracheDeutsch
HerausgeberHimmelstürmer
Erscheinungsdatum1. Jan. 2009
ISBN9783942441247
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    Buchvorschau

    Capri - amore mio - Kai Steiner

    Töricht, wer den Sirenen sich naht,

    lauschend ihren Gesängen.

    Verloren dem Vaterland ist er für immer –

    nie wieder sieht er im festlichen Saale Gattin und Söhne.

    Homer

    Gemeinsame Erinnerungen für Wolf aufgeschrieben

    Vorwort

    Für Leseratten und Intere ‚Capri, amore mio’– Capri, meine Liebe.

    Erwartet keine italienische Grammatik.

    Das Buch ist alles andere. Werft über Bord, was ihr bisher von der winzigen Insel im Golf von Neapel wisst, nur nicht ihre Lage mit Weitblick auf den Vesuv und an seinem Fuß Pompeji. Verbannt das abgedroschene Lied Wenn auf Capri die Sonne im Meer versinkt aus dem Gedächtnis.

    Ihr werdet überrascht sein, denn ihr habt ein Kleinod vor euch. Seine Berge sind ziemlich hoch, seine Täler eng und tief, die Felsen steil und schroff, die Vegetation abwechslungsreich, alles in allem: Faszination pur.

    Capri, die Insel der Jugend!

    Kaiser Tiberius nannte sie vor zweitausend Jahren so. Er musste es wissen! Er liebte sie. Das jedenfalls berichten Geschichtsschreiber.

    Ich schließe mich seiner Aussage an.

    Tiberius kam auf seine Kosten, ich übrigens auch. Und die Älteren?

    Keine Panik: ebenfalls.

    Die Jugend strömt im Sommerhalbjahr aus Neapel, Sorrent, Amalfi, Rom und manchmal Palermo auf Tragflächenbooten und kleinen Ausflugsdampfern hierher. Kaum im Hafen von Capri - Marina Grande - angelangt, zerstreuen sie sich in alle Winde. Ihre Ziele heißen: Marina Piccola, Lido del Faro, Spiaggia Tragara! Es sind die Strände der Insel. Und sie sind voller Überraschungen. Außerdem die Klippen der Via Krupp, die Badegrotten des Tiberius.

    Süßes Nichtstun, Sonnenbaden, Schwimmen, Surfen und Angeben, das ist die Welt der jungen Leute, meistens junger Burschen. Und diese ist ansteckend. Sie selber sind wenig dezent, mäßig vulgär, mit kraftvollen Muskeln, sonnengebräunter Haut, rassig. Ihre Blicke nehmen fremde Körper ins Visier und oft genug wird man fündig. Manchmal sofort. Wofür?

    Ihr wisst schon ...

    Sicher ist dies: Jeder findet, worauf er Appetit hat.

    Das Flüchtige hat Konjunktur.

    Es gibt genügend Grotten, Höhlen, Büsche, Ecken, und wer’s nötig hat, wählt uneinsichtige Plätze am Wasser. Direkt hinter den Faraglioni oder anderen Felsen.

    Man kann über Nacht bleiben. Die Temperaturen bleiben immer angenehm.

    Wer nur Natur oder Kultur im Sinn hat, sozusagen zum Stressabbau, vielleicht sogar hinterher ...,  der ist nicht betrogen. Es gibt viel zu sehen, unter anderem die Villen Jovis, San Michele, Lysis, die Piazza Umberto I, Via Krupp, die Kirchen Santa Sofia (Anacapri), di San Constanzo, San Stefano (an der Piazza), die Certosa, die Faraglioni.

    Und wer herkommt, um in Erinnerung einer illustren Gesellschaft zu parlieren, dem mögen Namen wie Schuppen von den Augen fallen: Roger Peyrefitte, Oscar Wilde, Graf Fersen, Ferdinand Alfred Krupp, Kaiser Wilhelm der I, Graham Green, Axel Munthe, Rainer Maria Rilke, Ludwig Tieck, Wilhelm von Gloeden, Lenin, Maxim Gorki, Kaiser Augustus, Karl Lagerfeld.

    ‚Tausend und eine Nacht’ stehen bevor. Man muss nur vom Festland aus zur Insel übersetzen. Und wer im Augenblick weder Zeit noch Geld hat, der blättere im Buch. Es lässt keine Wünsche offen.

    Ein Capri-Fan.

    Wunderbar – Meraviglioso

    Es hat sich nichts verändert. Seit Jahren: Man strahlt, grinst, macht sich bemerkbar. Man ist wer. Man ist jung.

    Mädchen und Jungen mit Sonnenbrillen, deren Gläser Wagenräder entsprechen. Knappe Hotpans die Mädchen, stramme Shorts die Jungen. Oben T-Shirts, mit und ohne Ärmel. Das männliche Geschlecht meist ohne. Es lässt seine Muskeln spielen, man trainiert sie sich täglich an. Irgendwo in dunklen Hafenschuppen Neapels, die man leicht mit Vespas erreicht. Wer was auf sich hält, turnt abends auf der Fläche. Fitnesszentren sind in.

    Mädchen auf Highheels. Sie tippeln gefährlich auf ihren Stöckelschuhen. Ihr Hinterteil bewegt sich rhythmisch.

    Capri ist eine Insel der Jugend, sie ist es seit alters her.

    Es ist himmlisch warm. Schon morgens um acht Uhr.

    Sie werden zu den ersten zählen, die ihre Klamotten in den Badehäuschen unterbringen und sich in die Liegestühle werfen. Deren Zahl ist begrenzt. Die Insel verfügt nur über wenige Badestrände.

    Das Tragflächenboot von Neapel spuckt seine Reisenden wenig später auf Capri aus. Massen von Menschen strömen in Scharen die schmale Mole entlang zur Funicolare (Seilbahn/Zahnradbahn). Ab und zu glitzern durch die Menge grelle Hosen und Hemden in schreienden Farben.

    Zigaretten glimmen auf. Man musste sich vierzig Minuten zusammennehmen. Im Schiff ist Rauchen verboten. Endlich ... jetzt kann man seinem Laster frönen. Lässig wird die Zigarette in den Mundwinkel geschoben. Reden mit Kippen macht männlich, sieht ätzend aus. Fünfzehnjährige werden zu Machos.

    Italiener haben durchschnittlich mit vierzehn Jahren Sex. Wird behauptet. Der Kondomumsatz scheint das zu bestätigen.

    Endlich an der Funicolare.

    Sie ist zwar nicht erster Anziehungspunkt, aber aufregend. Eine Zahnradbahn mit drei Wagen ältester Herkunft.

    Automatisch öffnen sich Türen zur Ausstiegsseite. Modernste Technik. Sind die Abteile leer, ist erst der Einstieg auf der anderen Seite des Bahnsteigs erlaubt.

    Italiener sind herrlich unkompliziert.

    Sie stoßen, drücken und schieben alles, was vor ihnen steht, in die Waggons und dabei lachen sie so unverschämt, als würde man auf diesen Gefallen gewartet haben. Hat man in gewisser Weise auch.

    Heute sind die Abteile voller Studenten, denn ein Jahrhunderttag ist angebrochen, wie der Wetterbericht verkündete, in Deutschland spricht man vom Kaiserwetter. Die Hosen der Jungen sitzen noch strammer, die Shirts sind durchlöchert. Gekräuseltes quillt hervor, der Stolz italienischer Kerle.

    Die Mädchen stehen dem um nichts nach. Ihrer Anatomie entsprechend. Bis zum Bauchnabel aufgeknöpfte Blusen, aus denen Halbmonde herausblinzeln. Abgerundete Schalen zum Reinbeißen.

    Ich lande auf der anderen Seite des Abteils links in der Ecke, direkt an der Tür. Ich spüre an meinem Bauchnabel, dass es nicht weiter geht, gewahre vor mir einen Erste-Hilfe-Kasten. Meine rechte Schulter lehnt an der Seitenwand zum nächsten Abteil, das etwas tiefer liegt, mein Blick ist nach draußen gerichtet. Mein Körper ist festgezurrt, wenn man das sagen darf. Aber unter diesem Kasten haben meine Füße wenigstens Platz. Gegen meinen Rücken lehnt ein abgebrochener Fünfziger. Wenig einladend. Ich glaube fast blind. Rechts von mir ein junger Mann, dessen Ellbogen in meiner Taille ruht. Kein Staubkorn kann zu Boden fallen.

    Ich drehe meinen Kopf nach rechts. Das Einzige, was ich drehen kann.

    Der Bursche ist so groß wie ich, ungefähr, er hat Grübchen auf dem Kinn, sieht komisch aus, schwarzes Haar, trägt eine Brille. Kleine runde Gläser. Sie macht intelligent. Er trägt ein azurblaues Netzhemd, schmale Träger, tief ausgeschnitten, Vivien Westwoods Creation, herausfordernd. Seine Hose war auf der Messe in Mailand eine Sensation: Shirty Shorts genannt, schwarz, außen ein glänzendes Kunststoffgewebe, innen angeraut. Givenchy? Ich weiß es nicht.

    Seine Augen verraten Humor. Er grient süffisant, an seiner Schulter lehnt ein alter Mann, daneben wohl dessen Frau. Beide blicken ängstlich nach unten. Sie stehen vor einem Koffer, den er argwöhnisch festhält. Man kann nie wissen!

    Der junge Italiener starrt mich penetrant an. Was mich stört und aufregt zugleich.

    Wahrscheinlich hat er’s auf mein Geld abgesehen. Mein Gott, wo habe ich mein Portemonnaie? Ich fühle es in der Hosentasche am Hintern. Die ist so eng, dass keine Hand hineingreifen kann. Das beruhigt.

    Die Form seines Gesichts erinnert an eine römische, geglättete Amphore. Dieser Gedanke lässt mich schmunzeln.

    So edel wird er nicht sein, geht’s mir durch den Kopf.

    An der gegenüberliegenden Seite sitzen vier Figuren. Die einzigen Sitzplätze.

    Es bimmelt draußen auf dem Bahnsteig erbärmlich! Eher ein Schnarren.

    Ein Ruck geht durch die Waggons. Jetzt ein kräftiger Zug, dann ein Zittern der Scheiben, die Bahn löst sich aus der Verankerung.

    Im selben Augenblick spüre ich unterm Erste-Hilfe-Kasten, wie ich an der Hose berührt werde. Ja, genau da, wo man unter vielen Menschen nichts erwarten kann. Zuerst glaube ich, dass das nichts zu bedeuten hat und führe es auf die Fülle des Abteils zurück. Dann plötzlich ein Streicheln an meinem Hosenschlitz, zwei Finger, die den Reißverschluss herunterziehen. Ich bin ohnmächtig, mich zu wehren. Stehe steif wie ein Brett. Ich blicke den jungen Mann mit großen Augen an. Sogar mit erstaunten. Drücke meine Knie eine Winzigkeit durch und auseinander. Woher weiß er ...?

    Was wohl die Leute denken würden, sähen sie seine Machenschaften? Soll ich sie unterbinden? Ich habe Angst, entdeckt zu werden; meine Augenlider vibrieren, meine Oberschenkelmuskeln verhärten. Der Rücken des Alten wird durch Ruckeln der Waggons gegen meinen gerieben.

    Mein Nachbar, ich schätze ihn auf zwanzig Jahre, dreht verschämt seinen Kopf zur Seite, zwinkert mir dabei zu, was mich verwirrt. Schon ist mein Schwanz draußen und steht. Mein Gott, gibt es so etwas? Ich fasse es nicht. Mit Daumen und Zeigefinger beginnt er seine Massage, sanft, meine Haut gleitet ölig über die Eichel auf den Schaft und zurück. Längst habe ich Sekret ausgestoßen, so erregt bin ich. Werden mich meine unsicheren Blicke verraten?

    Dazwischen das Rütteln der Bahn, ein Knarren der Holzdielen und Decken. Alles hört sich wie im Paternoster an. Ich wage mich nicht zu bewegen. Immer noch stehe ich wie ein Flitzbogen da. Ich sehe die Zwischenstation vor mir, da, wo sich die Bahnen von unten und oben kreuzen, genau die Hälfte der Strecke. Mein Ständer streckt sich noch weiter hinaus. Der junge Mann nickt mir zu, offensichtlich erstaunt, was ich zu bieten habe. Sein Reiben wird heftiger. Es muss ihm Spaß machen, an mir herumzufummeln. Seine Miene verzieht sich zu einer schleimigen Grimasse. Ein Lustmolch, geht es mir durch den Kopf.

    Wie ich, wenn ich ehrlich bin. Ein Zucken geht durch die Bahn, dann ein Zittern.

    Nanu, die Wagen stehen. Sofort lässt er von mir ab. Alles glotzt nach draußen oder in die Luft. Man redet, gestikuliert, ängstliche Blicke.

    Schon geht es weiter, mein Schwanz hat sofort wieder seine Position eingenommen. Mein Peiniger – bei diesem ungerechten Wort kann ich mir ein Grinsen nicht versagen -  presst sich an mich, sein Kopf liegt förmlich an meinem. Keine Lücke bleibt zwischen uns. Ich weiß, warum er sich so hinstellt.

    Unten in meiner Prostata beginnt es zu rumoren. Das ist, wie wenn kleine Bläschen über meine Haut eilen. Ähnlich, wenn ich mich im Whirlpool tummle. Herrlich! Kaum hat das Spiel begonnen, da steht der Saft vorm Peniseingang.

    Der Italiener wird brutal. Angst überfällt mich.

    Wirklich Angst?

    Mir macht’s Spaß. Entgegengesetzte Empfindungen ergänzen sich, wie mir scheint. Wunderbar. Oh, ich fühle, wie meine Eier in den sicheren Schutz der für sie vorgesehenen Höhlen gleiten. Es steigt, es kribbelt, Blasen scheinen unentwegt zu platzen.

    Halt auf, schreit es in mir. Nein, weiter, weiter ...

    Es gibt kein Zurück mehr.

    Ich schließe die Augen, krümme meine Wirbelsäulen noch mehr, so dass der Mann von meiner Schulter empört abrutscht. Egal!

    Meine Füße drücken auf den Boden, wie von selbst, da ... gleich ist sie da, die Explosion. Der junge Mann fühlt meine Erregung. Legt schlagartig seinen linken Arm um meine Schulter und greift mit der Hand von hinten an meinen Hals, stemmt sie gegen meine Erstarrung. Er kennt genau die Schliche, schießt es mir durchs Hirn.

    Die Station ist in Sicht.

    Mein Körper erzittert, ein Laut rutscht aus meinen aufeinander gepressten Lippen. Ich selbst höre mein eigenes Stöhnen. Ich nehme durch meine zusammengekniffenen Augenlider Menschen wahr, die sich nach mir umdrehen, Erschrecken in den Gesichtern. Mein Körper ist in Ekstase.

    Una colica!" (eine Kolik), stößt jemand aus, Bewegung kommt in die Menge.

    Der junge Italiener hebt beschützend beide Hände, womit er zum Ausdruck bringt, dass mein Anfall nur vorübergehend sein wird. Jeder in Italien kennt die Geste: Keine Gefahr.

    Va bene (in Ordnung)!", ergänzt er, damit auch jeder sie begreift.

    Das scheint zu beruhigen. Man wendet sich ab, fühlt, dass ich in sicherer Obhut bin. Freunde sind in solchen Augenblicken unentbehrlich!

    Jetzt!

    Jetzt spritze ich los, habe das Gefühl eines Widerstandes ... seine Hand, dann ein zweiter Schuss, ein dritter. Er drückt mit dem Einlaufen des Zuges meinen Penis in die Hose zurück, dann reißt er seine Arme hoch. Ich erkenne an seiner Hand letzte Tropfen meines Spermas, die er oben am Glas der Tür verschmiert. Der Rest läuft an der Scheibe entlang und tropft auf den Boden.

    Alte Sau.

    Niemand schaut hin. Alle sind mit dem Ausgang beschäftigt. Die Türen öffnen sich. Als man durchrutschen kann, ruft der junge Mann mir zu: „Quattro, piazetta!", und lässt mich fassungslos zurück. Entsetzt greife ich vorn an meinen Hosenschlitz. Er ist noch offen. Hastig lege ich meine Hand davor.

    Um vier Uhr auf der Piazza. Na, ob das was wird ...

    Das erste Mal - La prima volta

    Jetzt ist es auf der Piazza noch menschenleer. Die Leute, die aus der Funicolare kommen, zerstreuen sich in Windeseile. Sie wandern in alle Richtungen, und - genau genommen - sind es nur vier. Viele gehen zu Fuß in Richtung Marina Piccola, manche suchen die Kleinbusse auf, die sie zum Leuchtturm, zum Faro, bringen; oft nach Anacapri -dieselbe Richtung -zum Haus von Axel Munthe oder auf den Monte Solaro.

    Die Busse zur Marina Piccola sind tagsüber gerammelt voll, junge Menschen, die kommen und gehen, ein Hin und Her, ein Folgen und verfolgt werden, ein Suchen und Finden, und irgendwo gibt es versteckte Grotten, Höhlen und Abseiten, zerfallene Häuser und unbewohnte Hütten, die einen kurzen Zwischenstopp erlauben, wo es dann passiert: Aufmerksam, oft zu hastig, aber kontrolliert.

    Die Kondome unter den Sträuchern verraten, was sich abgespielt hat.

    Ich blicke mich um. Die Cafés öffnen in wenigen Minuten. Ich setze mich auf die Treppe der Kirche S. Stefano gleich neben der Bank, die im ersten Stock liegt, schaue übers Wasser nach Neapel hinüber und träume.

    Als wir damals hier Urlaub machten – ich war 17 Jahre - hatte ich zehn Tage verschlafen, nichts, auch gar nichts vom Treiben scharfer Männer und Frauen, Mädchen und Jungen, von Alten und Jungen mitbekommen.

    Aber plötzlich zählte ich zu ihnen.

    Ich wurde verführt.

    Meine Bedenken waren von kurzer Dauer. Man wollte nichts weiter, als mich nehmen. Was ich gewähren ließ. Ohne Schutz! Heute unvorstellbar. Es war brutal, tierisch und wunderbar.

    Ein Abenteuer, wie man es sich nicht sehnlicher wünscht.

    Ich erinnere mich noch genau an die Uhrzeit.

    Ich war schon morgens um sechs Uhr beim Jogging auf der Via Krupp¹. Sie ist ein schmaler Pfad, eine in die Steilflanke des Monte Castiglione gesprengte Fußgängerserpentine von den Augustusgärten an der Bergspitze nach unten ans Meer. Kenner nennen sie den Faltenwurf.

    Ich glaubte allein zu sein, die Luft war seidig und klar, die Temperatur angenehm, und die Vögel zwitscherten noch vor Vergnügen. Plötzlich zog man mich kurz hinter einer unübersichtlichen engen Kurve in eine Mauernische, uneinsehbar vom Weg, verdeckt durch eine ausladende Agave.

    Ich leckte Blut.

    Meine Turnhose lag im Nu auf der Erde, mein Körper am Bauchnabel über einen Ast gebeugt, nein, eher gezwungen, den Kopf nach unten gedrückt. Genau das hatte ich mir erträumt, -vorher erlebt in Filmen und im Fernsehen, die ich mir nachts heimlich ansah - von einem Kerl gebumst zu werden, den ich nicht kenne. Fremdheit, hatte ich gelesen, macht geiler,  und tatsächlich, meine Lust steigerte sich ins Unermessliche. Der fremde Schwanz im After, die wilden Stöße, ihr Abklingen und ihre Wiederholung, das Grunzen des Mannes, sein Hecheln und die Entladung, mein Gott, es war great.

    Natürlich blieben wunde Stellen zurück, selbstverständlich war mein Oberkörper zerschrammt und mir tat der Hintern weh. Aber für diesen Fick hatte sich jeder  Schmerz gelohnt. Ich lief ins Hotel zurück, der Saft lief mir unterwegs aus dem Arsch die Beine herunter. Ich kam unentdeckt ins Foyer, eilte in mein Zimmer und duschte mich. Als ich zum Frühstück erschien, tat ich, als wäre nichts gewesen, doch meine kluge Mutter ahnte, dass etwas passiert sein müsste, sie wusste natürlich nicht was. Mein Strahlen verriet ihr ein Geheimnis.

    Viel später wurde ich mir darüber bewusst, dass an diesem Morgen ein Grundstein gelegt worden ist, den ich bis heute beibehalten habe -nämlich Sex zu lieben, aber anonym, zwischendurch auf Parkplätzen, in Schonungen und Gärten, in Fahrzeugen, auf Bahnhöfen und Pissoirs zu suchen, ein Fremder zu bleiben und mit Unbekannten für Minuten Kontakt zu knüpfen. Sex ohne Verantwortung und in keinem Fall mit Bindungen, geschweige denn mit der Weitergabe von Telefonnummern und Namen.

    Einmal und nicht wieder.

    Ich weiß nicht, ob ich jemals einen Schwanz zweimal besessen hatte. Eigentlich hätte ich das bemerkt, denn das erste, was ich immer tue, ist, mir Form, Länge und Dicke einzuverleiben, zu verinnerlichen. Hände, Mund und Hintern erlauben eine genaue Registrierung. Nur so ist es möglich, seine Persönlichkeit unentdeckt zu lassen. Eine tief heruntergezogene Mütze und ständig anders gestylte Frisuren trugen bisher zu meiner bleibenden Anonymität bei.

    Genau das ist der Aspekt, der mich wieder nach Capri geführt hat, und siehe da, gleich bei der Ankunft klappte er vorzüglich, allerdings will mich der Typ unbedingt wieder treffen.

    Ich weiß nicht, ich weiß nicht ...

    Soll ich meinen Grundsätzen untreu werden?

    Endlich werden die Markisen ausgerollt, die Türen der Bars auseinandergeschoben, Tische und Stühle von den Seilen an ihren Beinen befreit. Ich setze mich ins Gran Café und bestelle einen Latte macchiato mit doppelten Espresso, schließlich muss ich mich nach der anstrengenden, schönen Bahnfahrt erholen.

    Ob die Rückreisenden Spuren von mir entdeckt haben?

    Ich bin aber wirklich eine Sau, mir im Abteil einen runterholen zu lassen -  sicher ist Sperma auf der Wand und dem Wagenboden gelandet - und dann abzuhauen. Wenn die Abteile wieder voller Menschen sind, wird irgendjemand voll geschmiert und jeder weiß, wie schwer das Zeug zu entfernen ist.

    Von hier ist es zu meinem Hotel nicht weit. Ich habe dasselbe gewählt, das damals meine Ellies gefunden hatten. Ein Vier-Sterne-Hotel in bester Wohnlage, ruhig, in der Nähe des Klosters Certosa di San Giacomo, den Süden im Visier, Hotel LA VEGA, mit einem einzigartigen Swimmingpool und dem schönsten Blick aufs Meer, durch ein Piniental hindurch.

    'Alle Räume verfügen über Balkons', heißt es im Prospekt, und das stimmt, bis auf Einzelzimmer zur Seite hin.

    Bon Giorno, Signore", sagt ein Mädchen an der Rezeption.

    „Kristoff Bergmann?", fragt ein Mann neben ihr.

    Man ist hier auf der Hut. Ein gutes Zeichen für den Service.

    „Sì!"

    Ich habe von vornherein ein Doppelzimmer gebucht. Wenn schon auf Capri, dann komfortabel! Wer hierher kommt und Geld sparen möchte, ist fehl am Ort. Alles ist aufregend und extrem teuer. Das Vergnügen aber kommt tausendfach zurück, jedenfalls hoffe ich das auch für dieses Mal, muss allerdings zugeben, dass mein Alter nicht mehr so aufreizend ist, meine Figur nachgelassen hat, mein Haarschopf dünner geworden ist und erste Falten mein Gesicht zeichnen. Dafür aber bin ich top gekleidet, modisch versteht sich, nicht elegant, aber sportlich. Sieht schon geil aus, hat mir neulich ein Junge gesagt, den ich vernascht habe. Ich stinke nicht vor Geld, aber ich bin tatsächlich verdammt wohlhabend.

    Ein Anwalt lässt sich hoch bezahlen, wenn er gut ist. Das bin ich.

    1 Via Krupp beschrieben in Sehnsucht nach Capri, Helge Classen, (S. 84 in der Printausgabe)

    Ich will nicht - Non voglio

    Mein Zimmer ist stattlich.

    Die Koffer stehen bereits vor dem Doppelbett.

    So ist es immer, wenn man Gast auf Capri ist, gebucht über Ischia-Reisen. Die Dinge sind bestens geregelt. Das erleichtert den Aufenthalt. Wirklich.

    Ich ziehe die Veloursportieren zurück, die Schutz vor Hitze bieten sollen, dafür aber schwer, muffig und zu dunkel sind, öffne die Schiebetüren und lasse die seidene Mailuft der Frühe herein. Ein leichter Wind aus dem Tal trägt den Kieferngeruch der Pinien über den Balkon in meine Nase. Ich ziehe ihn genüsslich ein. Ich fand schon damals, dass den Capresischen Pinien ein besonders kräftiger Duft entströmt, der mich berauschte, und auch jetzt entfacht er in mir ein Wohlgefühl und Fantasievorstellungen. Vielleicht liegt das daran, dass ich unter einem solchen Baum voller Harz und Bienen einen italienischen Jungen verführte, Premiere sozusagen.

    Ich war das erste Mal im Leben der Herr und er mein Diener.

    Mein großer, halbrunder Balkon ist durch ein geschwungenes, verzinktes Gitter abgesichert. Es ist durch die Geranienkästen nicht zu übersehen. Ein Rundblick holt das Umfeld aus meinem Gedächtnis zurück. Ja, so habe ich alles in Erinnerung. Nichts hat sich verändert. Natürlich, die Bäume sind höher und ihre Zweige mächtiger geworden, und tatsächlich scheinen einige Dächer neue rote Ziegel bekommen zu haben.

    Mich macht der Anblick glücklich.

    Mein Blick geht jetzt über sie hinweg zum Swimmingpool. Noch zeigt sich kein Badegast, obwohl ein Teil der Liegestühle bereits den Sonnenstrahlen ausgesetzt ist. Das Ambiente um das Schwimmbecken und am noch nicht geöffneten Kiosk lässt keine Wünsche offen. Kennzeichen eines guten Hotels.

    Nanu, da kommt ein Junge den Gartengang entlang, lässt seine Badetasche hin- und herschlenkern, schießt mal den linken, mal den rechten Latschen einige Meter nach vorn, schlüpft wieder hinein und beginnt das Spiel von vorn.

    Übermut.

    Ja, den hatte ich auch in seinem Alter.

    Ich schätze ihn auf siebzehn oder achtzehn, und schon sehe ich mich in das Alter von ihm versetzt und nach Capri verschlagen.

    Er scheint selbstbewusster zu sein, als ich es in seinem Alter war, denn er trägt ein durchsichtiges Hemd, eher Gaze, das seine Brustwarzen freigibt, schleicht selbstbewusst wie ein junger Leopard, was ich in keinem Fall war, hat muskulöse Arme, die mir noch fehlten, und – ich denke, ich sehe nicht recht – entledigt sich seiner Shorts mit einer stoischen Ruhe.

    Da steht er nun, richtet sich in seiner ganzen Größe auf, tänzelt herausfordernd hin und her, hält ein und gleitet mit seinen Augen den makellosen Körper hinunter, spielt mit den Händen da herum, wo besser andere ihr Können praktizieren sollten, bückt sich -und mir wird ein knackiger, gebräunter Hintern vorgeführt, unbewusst selbstverständlich – greift in seine Badetasche, zerrt an Slips, die offensichtlich irgendwo festgehakt sind, und als er sie endlich in der Hand hat und sich wieder aufrichtet, ist Leben in seinen Schwanz gekommen. Schön gewachsen, wie ich das von hier oben erkennen kann. Hätte ich doch bloß schon den Koffer ausgepackt, ich hätte wenigstens mein Opernglas nutzen können.

    Wie sich doch Jungen ähneln, ich war genauso, nur maßlos schüchtern.

    Ein Ruf!

    „Basti!"

    Da erscheinen die Eltern auf der Fläche. Der Junge dreht sich abrupt um, steigt in den Slip, den er ausgebreitet auf die Fliesen gelegt hat, zerrt ihn links und rechts gleichzeitig hoch, spürt den Widerstand, reißt ihn mit Brachialgewalt über seinen Ständer und läuft seinen Ellies entgegen.

    So hätte ich es auch gemacht, um den Alten jeden Blick zu verwehren, der mich verraten hätte.

    Gott sei Dank hat er nicht mit bekommen, dass ich ihn beobachtete.

    Wer weiß?

    Als er die Alten erreicht, rufe ich mich zur Ordnung. Hier im Hotel, sage ich mir, spielt sich nichts ab, Enttarnung ist etwas, was ich nicht gebrauchen kann, sie geht in jedem Hotel rund, dafür sorgen Bedienstete, und außerdem verfluche ich Bindungen, die sich bei so einem jungen Mann - noch nicht trocken hinter den Ohren -leicht entwickeln. Soll ich etwa der Unglückliche sein? Einen Jungen am Hals haben, der mir keinen Freiraum lässt, mir die Luft zum Atmen nimmt?

    Nein.

    Anblicke: ja; Formen und Eleganz der Jugend genießen: ja; aber Tun? Nein, nein, nein.

    Keine Intimitäten.

    Nachdem ich meinen Koffer ausgepackt und die Sachen in Schränken, Schubladen und auf Konsolen verteilt habe, steige ich unter die Dusche. Weg mit den Spuren! Gucci Duschgel und Shampoo von Jil Sander, schließlich möchte ich den  Jungen da unten reizen. Den I-Punkt bildet ein Eau de Toilette, wieder von Gucci – herb, würzig männlich.

    Dem Bengel werde ich’s zeigen!

    Ich sehe schon den Weg durch die Rosenhecke vor mir, den ich stolzieren werde, ein bisschen gelangweilt, aber hellwach, hinter den Liegestühlen der Eltern vorbei, so dass ich ständig auf seinen Körper starren kann, der auf der anderen Seite des Pools allein liegt, eine einheimische Zeitung lässig unterm Arm, obwohl ich der italienischen Sprache beinahe unkundig bin, ein iPod sichtbar in den Bund geklemmt, eine runde Nickelbrille auf der Nase, eine unverschämte Armbanduhr von Michael Kors, die Haare leicht gestylt... ich weiß, was heiße Jungen in seinem Alter ersehnen. Wenn ich bei ihm angelangt sein werde, frage ich nach, ob neben ihm ein Platz frei sei. Eine unsinnige Frage, selbstverständlich, aber der erste Satz ist immer von ausschlaggebender Kontaktbedeutung.

    Auch ich wünschte mir damals einen Typ, der zehn Jahre älter ist als

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