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Wie ein postapokalyptischer Vampir-Bibliothekar die Welt rettete
Wie ein postapokalyptischer Vampir-Bibliothekar die Welt rettete
Wie ein postapokalyptischer Vampir-Bibliothekar die Welt rettete
eBook330 Seiten4 Stunden

Wie ein postapokalyptischer Vampir-Bibliothekar die Welt rettete

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Über dieses E-Book

Quentin war der örtliche zufällige Bibliothekar. Er war das nur zufällig, weil er natürlich kein ausgebildeter Bibliothekar war und es seit fast zweihundert Jahren auch keine Besucher für seine Bibliothek mehr gab. Leider ist es aber so, dass auch eine untergegangene Welt ab und zu gerettet werden muss. Und irgendjemand muss es schließlich tun, nicht wahr?

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum18. Aug. 2023
ISBN9798215612156
Wie ein postapokalyptischer Vampir-Bibliothekar die Welt rettete
Autor

Ursula Katherine Spiller

Ursula Katherine Spiller was born on 19. March 1977 in Switzerland and wrote her first stories by dictating them to her mother who was much faster at typing than little Ursula. Little Ursula soon grew old enough to do her own typing and wrote what she would later learn is called "fanfiction". In fact, she wrote quite a lot of that. Incessantly. As an avid fandomer, she never lacked material, but it took some time before she eventually decided to invest in her own characters.Aside from the whole writing thing, Ursula has also raised an awesome son on her own and has a Master's Degree in English Literature and Communication Sciences. Her thesis was something about blood and Dracula and was totally cool."The True Ship" is her fifth original novel. As you'll soon see, her characters like to hop between different books/stories and genres, and "The True Ship" uncovers that. So, if you want to know how the characters would act in a completely different setting, you'll want to check out Ursula's detective novel "Cookie", the fantasy novel "Q's Key", "How a Post-Apocalyptic Vampire Librarian Saved the World", or the wlw romance "The Coffee Shop AU".

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    Buchvorschau

    Wie ein postapokalyptischer Vampir-Bibliothekar die Welt rettete - Ursula Katherine Spiller

    Prolog: Das Ende der Welt™ war vor langer Zeit

    Es war zwar nicht, wie sich die Weltunterganspropheten die Welt vorgestellt hatten, aber es gab keine Rosen, auf denen man sich hätte betten oder sonstwie amüsieren können. Nach dem Ende der Welt™ gab es für eine lange Zeit nicht viel von irgendetwas. Es gab nur Menschen, die versuchten zu überleben und dabei eine Auswahl ihrer primitiveren Urinstinkte zur Schau stellten. Verwirrung gab es in rauen Mengen, hauptsächlich, weil primitive Urinstinkte nicht für kritisches Denken geeignet sind. Und dann war da noch die Sache mit dem Weltuntergang. Es half auch nicht, dass Menschen sich schon immer die Apokalypse bis ins kleinste grausame Detail vorgestellt hatten, weil ihre Vorstellungskraft sie mit einem großen Krieg mit schrecklichen Waffen versorgte, vielleicht auch einem riesigen Asteroiden, einer massiven Flut, einer Pandemie – all die schönen Dinge eben. Aber das ist nicht passiert. Auf jeden Fall gab es niemanden, der sich daran hätte erinnern können. Es gab eine Zeit, in der die Welt übersät war mit unmittelbaren Informationen, und die Leute hatten einfach angenommen, dass, wenn es denn zu einem Ende der Welt™ kommen würde, es auch in Echtzeit rund um den Globus übertragen würde. Das ist etwas schwierig zu bewerkstelligen, wenn dem Ende der Welt™ ein ungelegener Totalausfall aller Netzwerke vorausgeht. Absolut aller. Manche sagten, es wäre alles auf einmal passiert. Andere sagten, es habe irgendwo in Russland oder den USA angefangen, denn es wurde lange Zeit im Großen und Ganzen grundsätzlich mal von den beiden ausgegangen. Zumindest war das mal so. Das Große und Ganze wurde nach der großen Veränderung vor fast zweihundert Jahren einen ganzen Zacken kleiner, und da es keine globale Kommunikation gab, die diese Veränderung hätte dokumentieren können, hat niemand wirklich mitbekommen, was denn nun tatsächlich passiert ist. Diejenigen, die dort lebten, wo alles anfing und auseinanderfiel, waren auch an bester Lage, um in der ersten Reihe getroffen zu werden. Damit waren sie auch die ersten, die von der Katastrophe heimgesucht wurden, und die Informationen, die sie hatten, nahmen sie mit ins metaphorische Grab (weil es niemanden mehr gab, der jemand anderen in einem tatsächlichen Grab hätte begraben können). Viel gereist wurde danach auch nicht mehr, und es gab folglich auch niemanden, der Nachrichten hätte verbreiten können. Einzelne Informationen zusammenzusetzen wurde in dieser postapokalyptischen Welt signifikant behindert, weil niemand die Netzwerke wieder aufbauen konnte, vielleicht mit der Ausnahme eines Funkgerätes mit eingeschränkter Reichweite. Elektrizität gab es, wenn man denn einen kreativ betriebenen Generator sein Eigen nennen konnte, also ganz so schlimm war es nicht. Es gab kein Fernsehen (oder zumindest kein Programm zu empfangen), aber wenn man Glück genug hatte, eine physische Kopie eines Films in die Finger zu bekommen und man ein Abspielgerät finden konnte, das nicht wegen seiner Einzelteile zerlegt worden war, bedeutete das Unterhaltung für eine kleine Weile. Vielleicht konnte man eine Art Theater im Markt der Kreuzungen anschauen, auch wenn das mehr sowas wie animiertes Geschichtenerzählen war, denn mit nur wenig offenem Raum sind auch Aufführungen schwierig. Das war so ziemlich alles, was man an Unterhaltung in der neuen Welt erhaschen konnte. Denn es hatte nicht nur verständlicherweise wenige Touristen in der Nähe von Quentins gewähltem Heim, es gab grundsätzlich nur wenige Menschen, Punkt. Und die wenigen, die noch da waren, hatten sich entweder im Palast der vier Führenden verschanzt, oder sie waren Teil des Markts mit seinen Handwerksleuten und Händlern. Die paar wenigen, die kein Zuhause hatten, überlebten tendenziell nicht sehr lange im ewigen, postapokalyptischen Winter, der die Sonne verschluckt hatte.

    Quentin war der örtliche zufällige Bibliothekar. Zufällig, weil er natürlich kein ausgebildeter Bibliothekar war und weil es kaum jemanden gab, der seine Bibliothek im klassischen Sinne besucht hätte, so wie es in einigen seiner Bücher noch geschrieben stand. Es war auch eigentlich keine Bibliothek, in der er als Bibliothekar fungierte. Es war eine alte Kirche, in die er all die Bücher brachte, die er zusammenkratzen konnte, sie kategorisierte, sortierte, katalogisierte und sich um sie kümmerte. Er hatte Regale gebaut und sie im ganzen Kirchenraum verteilt. Außer dem Altar, dem einzigen noch verbliebenen Rosettenfenster, das hoch oben ostwärts zeigte und nicht zugemauert war, und dem saugroßen Kruzifix, das über dem Altar hing, gab es nichts mehr, was auf den ursprünglichen Verwendungszweck der Kirche hindeutete.

    Jana hatte sich früher immer darüber lustig gemacht, dass Quentin auf geweihtem Grund wohnte, ohne zu einem Häufchen Asche gebraten zu werden, was Quentin üblicherweise damit konterte, dass es nichts Heiligeres gab als Wissen, und Gott hatte damit sowieso nicht viel zu tun. Zumindest hatten sie sich in den ersten zehn Jahren oder so gegenseitig deswegen gestichelt. Irgendwann ist ein Witz auch einfach nicht mehr lustig. Der Witz war natürlich, dass sie beide Vampire waren und sich seit sie sich kannten über übertriebene Folklore amüsiert hatten. Leute, die Quentin zum ersten Mal trafen und von seiner nächtlichen Vorliebe erfuhren, bekamen meist einen Spruch über Laktoseintoleranz oder Sonnencrème zu hören. Man könnte meinen, dass eine Kreatur, die Jahrhunderte durchlebt hatte, sich bessere Sprüche ausdenken könnte, aber Humor ist Geschmacksache und Quentin war auch nicht Jahrhunderte alt. Er war nur vierundzwanzig Jahre lang untot gewesen, als das Ende der Welt™ sie einholte, und bis in alle Ewigkeit würde er um die dreißig aussehen. Alles in allem war er Pi-mal-Daumen etwa zweihundertvierzig. Jana hatte ihrerseits keine Ausrede für ihre schlechten Witze. Sie war weit länger auf der Welt gewesen. Wenigstens war Quentins komödiantisches Timing nicht schlecht, also bekamen neue Bekannte die billigen Vampirwitze im passenden Moment vorgesetzt.

    Quentin mummelte sich tiefer in seinen großen Mantel und lief etwas schneller. Die Kälte und die feuchte Luft konnten ihm zwar nichts anhaben, aber Unannehmlichkeiten waren für ihn genauso unannehmlich wie für die Warmblüter. Er hatte sogar die Theorie, dass Unannehmlichkeiten für ihn viel realer waren, weil sie eben nie mehr als unannehmlich sein würden, da er nicht von den tödlichen Konsequenzen der praktisch unerträglichen Temperaturen und dem Wetter abgelenkt wurde.

    Er huschte nahe entlang der Gebäude der zerfallenden alten Stadt, die einst modern und bewohnt war. Inzwischen waren sie leer, zugig und nicht besonders verlockend. Naja. Sie waren größtenteils leer. Ein paar der Gebäude beherbergten ab und zu Leute in ihren Kellern, das wusste er, aber in der Eis- und Betonwüste gab es schließlich nicht viel zu essen. Wer auch immer hier in der Gegend verweilte, tat dies nie lange – aus ungastlichen Gründen. Diese Seite der Stadt war auch weniger geschützt vor den Elementen, und da es kaum mehr jemanden hatte, der die Ruhe hätte stören können, schaffte es Quentin immer mal wieder, den ein oder anderen verlorenen Schatz zu finden, auch nach all der Zeit. Es gab mehr Menschen, je weiter man sich hinter Quentins Bibliothek in Richtung Osten bewegte, aber er konnte die Gegend um die Kirche und in Richtung Westen abgrasen so oft sein stilles Herz begehrte, ohne dabei gestört zu werden. Das Gebiet des Zentrums, in welchem die vier Führenden herrschten, war ein Tagesmarsch für Menschen entfernt und theoretisch dauerte der Weg halb so lang, wenn man ein altes Auto hatte (und man das Risiko eingehen wollte, dass es vermutlich den Geist aufgab oder die Reifen sich am Eis aufschnitten oder man durch eine schwache Stelle im Boden krachte). Quentin glaubte auch nicht, dass es noch funktionierende Autos in der Gegend gab. Flüssigkeiten, die man als Treibstoff hätte verwenden können, waren selten und wertvoll und wurden für viel Wichtigeres gebraucht, als mit einem Auto ins Nirgendwo zu fahren und es dabei auch noch kaputt zu machen, woraufhin man kläglich würde erfrieren müssen. Davon abgesehen hatten Autos viele nützliche Einzelteile.

    Obwohl die meisten Leute sich vom Zentrum fernzuhalten versuchten, hatten die vier Führenden die Lage nicht ohne Grund gewählt, und es war ein ständiges Jonglieren zwischen dem Fernbleiben vom Zentrum und in einer einigermaßen erträglichen Umgebung zu bleiben. Der mittlere Ball dieses Jonglieraktes war der Markt, der alles zusammenhielt. Quentin war nur froh, dass er all diese Unannehmlichkeiten der Warmblüter hinter sich hatte.

    Sein heutiger Plünderausflug war besonders lohnenswert gewesen und er klammerte sich fest an seine neuen Schätze. Er war nur 'einkaufen' gewesen an dem Tag und war nicht… nun… auf der Jagd, um einen Schluck zu trinken. Das war ein Aspekt, der die meisten Menschen aus unerfindlichen Gründen abschreckte. Es war ja nicht so, dass Vampire die ganze liebe lange Nacht trinken mussten und mit jedem Schritt eine Spur von Leichen hinterließen. Sie konnten schließlich gar nicht verhungern. Sie waren ja nicht mal lebendig! Ein bisschen Blut ab und zu war völlig ausreichend und es tat dem Spender auch nicht weh. Nicht wirklich wirklich, auch wenn die Erfahrungsberichte in dem Punkt gewaltig auseinandergingen. Dann war da natürlich der lustvolle Aspekt des Beißens. Quentin war von seinem Talent überzeugt und er war stolz darauf, dass er potenzielle Spender mit gemeinsamem Einverständnis verführen konnte, bevor er sich einen Happen gönnte. Er sorgte auch immer dafür, dass seine Nahrungsquellen für ihre Großzügigkeit reichlich mit Essen belohnt wurden. Man konnte ja nicht einen Gast wegen Blutarmut umkippen lassen. Was für ein fürchterlicher Gastgeber würde so etwas zulassen? Nein, nein. Manieren kosten einen Vampir nichts. Sogar Dracula hatte diesen Blödmann Harker im besten Zimmer untergebracht und ihn mit dem besten Essen und Wein verwöhnt, und Quentins Manieren waren mindestens so gut wie Draculas, der noch an seine Manieren dachte, während er von einem manipulativen alten Idioten und seinen loyalen Speichelleckern verfolgt wurde. Aber Vampirjäger waren etwas für Märchenbücher und Vampire führten ein ganz angenehmes Dasein in Quentins Tagen.

    Jana hatte dagegen andere Geschichten zu erzählen. Sie hatte den Höhepunkt des Vampirwahns mittendrin durchunlebt. (Und nicht den harmlosen post-Stoker Vampirwahn, sondern den 'sicherheitshalber sollten wir diesem lebenden Menschen einen Pflock durchs Herz rammen' Vampirwahn.) Quentin kannte diese Zeiten und Orte nur durch seine geliebten Bücher. Auf diesen Fakt wurde er auch regelmäßig hingewiesen, da er schließlich nur ein Grünschnabel war, der auf Ältere und viel Weisere hören sollte. Das tat er auch. Manchmal.

    Er eilte durch den heftigen Schneefall und drückte gegen die schwere Bibliothekstür, um ganz schnell in das schützende Innere zu gelangen, die Tür wieder zu schließen und den Schnee draußen zu halten. Das Wetter war sogar noch ungastlicher als üblich und auch wenn es immer Wolken am Himmel hatte – niemand hatte die Sonne seit dem Ende der Welt™ gesehen – hatte es vor Kurzem wieder angefangen zu schneien und schneien und schneien, auch wenn der nutzlose Bibliothekskalender behauptete, es sei April. Ein ewiger Winter war ja gut und recht, aber so langsam wurde es albern. Er schüttelte sich wie ein alter Hund, warf seine Tasche in das umfunktionierte Taufbecken (in dem man nur noch Schlüssel, Hüte und Taschen anstatt Weihwasser finden konnte) und hing seinen Mantel an einen Kleiderständer aus ebenso umfunktionierten Kruzifixen. Schneeflocken und Schneeklumpen platschten auf den Boden, wo sie noch lange brauchen würden, bis sie geschmolzen waren, trotz der relativen Wärme innerhalb der dicken Mauern.

    Es war eine standardisierte katholische Kirche, die er sein Heim nannte. Eine große, hölzerne Flügeltür erlaubte einen Blick in ein beeindruckendes Inneres. Direkt über dem Haupteingang waren die Überreste einer alten Orgel auf einem Balkon, der sich über die ganze Breite des Gebäudes erstreckte, das Quentin und Jana gemäß ihren Bedürfnissen angepasst hatten. Auf der anderen Seite war immer noch der Marmoraltar im Sanktum, wenige Stufen über dem Boden. (Das Sanktum ist dieses heilige Dings, wo der Priester früher gestanden und gelabert hatte.) Das Mittelschiff (wo die betenden Massen zu sitzen und knien pflegten) hatte längst keine Bänke mehr, sondern nur Reihen um Reihen von Büchergestellen. Auf der linken Seite hatte es eine Kanzel, zu der man über eine Wendeltreppe gelangte, damit man ganz besonders grandiose Reden schwingen konnte. (Zumindest ging Quentin davon aus. Er war nie ein Kirchgänger gewesen, aus welchen Gründen auch immer.) Und dann war da noch das zuvor erwähnte riesige Kruzifix, das über dem Altar hing. Sie hatten eine Küche hinter einer Tür rechts vom Sanktum installiert, wo man auch die Treppe runter in die Krypta (genannt Schlafzimmer) und hoch in den Glockenturm fand. Der Glockenturm war rechts vom Kirchenkörper und das bemalte Rosettenfenster hoch in der Wand hinter dem Kruzifix zeigte ostwärts, vermutlich aus religiösen Gründen oder so. Das Licht war hauptsächlich elektrisch, ganz im Gegensatz zu den meisten anderen Orten in der Stadt, wo die Leute vielleicht eine Handvoll Generatoren unterhalten konnten, was aber nie genug gewesen wäre, um das ganze Licht zu gewährleisten.

    Jana?, rief Quentin und erfreute sich auch nach all der Zeit noch an der Erhabenheit des Klangs.

    Wo zum Geier bist du gewesen?, kam die unsichtbare Stimme aus der Richtung der Kanzel.

    Nur einkaufen, rief er zurück und platzierte den Riesenriegel an der Tür.

    Jana linste über den Rand ihres kleinen Balkons. Hast du etwas gefunden?

    Quentin grinste und hielt seine Tasche hoch. Zwei DVDs, die kaum zerkratzt sind und drei Bücher.

    Uuuuh! Jana tauchte wieder ab und eilte die Wendeltreppe hinunter. War etwas Gutes dabei? Was hast du gefunden?, verlangte sie zu wissen, während ihre Stimme lauter und leiser wurde, je nachdem, auf welcher Seite der Säule sie gerade war.

    Nun, murmelte er, wühlte in seiner Tasche und freute sich darüber, wie eilig es Jana hatte. Eines der Bücher ist in Italienisch. Ich kann den Titel nicht mal lesen.

    Jana kam direkt vor ihm zum Stehen und schnappte sich die Tasche. "Le città invisibili, las sie vor. Klingt gut."

    Wie du meinst. Dann ist da noch eine Biografie über Jerry Lewis, zählte er weiter auf, während ihm das Buch aus den Fingern gerissen wurde, und, er las den Titel, "Der Fall Jane Eyre, was ziemlich lustig klingt."

    Hm, meinte Jana nur und bemächtigte sich des letzten Buches auch noch. Ich glaube, ich hab davon gehört, es aber nie gelesen. Also. Sie grinste voller Erwartung. Filme?

    Nun. Einer davon ist eine Animation und hat eine Hülle mit Booklet und allem. Es geht um ein Mädchen, das sich in einen Seehund verwandelt… und das andere…

    Jana beäugte ihn kritisch. Und? Und was? Was ist das andere?

    Quentin musste grinsen. Was denn? Reicht ein Formwandler nicht, um dein Interesse zu wecken?

    Janas Blick wurde kritischer. Es klingt sogar toll, aber du verheimlichst etwas.

    Nun…

    Was?

    Möglicherweise hab ich eine Dracula-Adaption gefunden, die wir noch nicht haben.

    Janas kritische Augen weiteten sich. Ist nicht dein Ernst!

    Es hat kein Booklet, erklärte er, während Jana all ihre Bücher und den ersten Film in ihren Armen und Händen verteilte, damit sie in die Tasche greifen und den letzten Schatz rausholen konnte. Quentin hatte nun doch etwas Mitleid und erlöste sie von der Bürde der anderen Bücher und dem einen Film. Aber es steht Dracula auf der Disc und Frank Langella. Den haben wir nicht, oder?

    Jana quietschte. Nein, haben wir nicht! Oh mein Gott! Ich liebe diesen Film!

    Und die Nacht ist gerettet, kommentierte Quentin in einem theatralisch ernsthaften Ton, dann runzelte er besorgt die Stirn. Unser Abspielgerät kann die Disc lesen, oder?

    Wie oft muss ich dir das noch sagen? Sie verdrehte die Augen. Das Gerät war eines der letzten, die produziert wurden, bevor alles den Bach runter ging. Es ist abwärts kompatibel. Ihre Augen blitzten. Wehe, wenn es den Film nicht lesen kann. Sie richtete sich auf und gestikulierte erhaben zum Sanktum. Bereite die Leinwand vor!, befahl sie. Es ist höchste Zeit, dass man dir die Wonne von Frank Langellas voluminöser Haarpracht vorstellt!

    Ja, ja. Du kannst schon mal das Abspielgerät und den Projektor aufheizen. Ich will mich nicht in deiner Nähe aufhalten, falls es doch nicht funktioniert und du anfängst, herumzuschreien.

    "Es wird funktionieren, beteuerte sie. Ich war mal Elektroingenieurin, musst du wissen", fügte sie an und zottelte davon.

    Gibt es etwas, von dem du noch nie behauptet hast, dass du es mal warst?, murmelte Quentin. Er erwartete nicht wirklich, dass sie ihn hören konnte, aber er gab sich auch nicht speziell Mühe, leise zu sein.

    Ich war noch nie Bibliothekarin, kam die Antwort.

    Und jetzt bist du Assistenzbibliothekarin, rief er zurück. Eine mit einer Vorliebe für nackte Hälse und Dracula Filme, fügte er mit einem Lächeln hinzu. Er selbst war auch nicht besser, aber seine eigene Vorliebe für dieses bestimmte Filmgenre hatte er erst entwickelt, als er Jana kennengelernt hatte. Davor (aber nachdem er auf die untote Seite gelenkt wurde) hatte er immer gedacht, dass es der Gipfel der Ironie für einen Vampir sein musste, sich solche Dinge anzusehen, geschweige denn, sie auch noch zu mögen. Aber er musste zugeben, dass Jana nicht ganz unrecht damit hatte, dass sie nicht nur das Recht hatten, sich an solch ungeheuerlichen Interpretationen zu ergötzen, sie waren sogar prädestiniert dafür. Und die Filme machten einfach Spaß, das ließ sich nicht leugnen. Wie zu erwarten gewesen war, hatte er heute eine noch stärkere Abneigung gegen den verschlagenen holländischen Vampirjäger Van Helsing als zu den Zeiten, als er noch einen Puls hatte. Oh, er hatte Meinungen zu Van Helsing. Ein paar davon hatte er sogar zu Papier gebracht. Schließlich war er als Bibliothekar sozusagen eine Autorität auf dem Gebiet, nicht wahr?

    Das Licht des Projektors unterbrach seine Gedankengänge. Die laute Stimme auch.

    Leinwand! Hier läuft alles!

    Ich geh ja, ich geh ja!

    Zu Beginn war Quentin enttäuscht darüber gewesen, dass nur noch zerlegte Überreste der alten Orgel vorhanden waren, aber bald hatte sich gezeigt, dass der Balkon der ideale Platz für ihren Projektor war. Da waren auch keine Säulen im Weg.

    'Tschuldige, alter Knabe, sagte Quentin zu der Jesusfigur, die schauerlich an ihrem Kruzifix über dem Altar hing und nun ihre Sicht von der Leinwand blockiert bekam, die Quentin an einer Kordel herunterzog. Ich fürchte, die zentrale Lage hat auch ihre Nachteile.

    Sie hatten es nie geschafft, das Kruzifix zu entfernen und wenn Quentin ehrlich war, hatte er es auch nie ernsthaft versucht. Er war gerade mal abergläubisch genug, um sich Sorgen darüber zu machen, dass Gott vielleicht plötzlich wieder einfallen könnte, dass Vampire nicht ganz oben auf der Liste seiner beliebtesten Schöpfungen zu finden waren, wenn einer von ihnen das letzte Bildnis seines Sohnes herunterreißen würde. Auf der anderen Seite war auch so schon nicht mehr viel der Ikonographie in der Kirche übrig. Die wenigen Bilder und Kruzifixe und Statuen, die noch nicht abgebrochen, verbrannt oder verkauft worden waren – und das lange bevor Quentin sich der Immobilie bemächtigte – waren nun bedeckt mit Reihen um Reihen von Bücherregalen.

    Dem alten Knaben, der nach wie vor bedeutend und lebensgroß herumhing, schien das nichts auszumachen. Er hatte ein unheimlich seliges Lächeln auf dem Gesicht für jemanden, der mit allen blutigen Details dargestellt ans Kreuz genagelt worden war. Quentin entschied für sich, dass der Erlöser Quentins Sammlung guthieß, auch wenn einige seiner Anhänger bis kurz vor dem Ende der Welt™ dem lauthals widersprochen hätten.

    Quentin setzte sich mitten in den Mittelgang, wo er und Jana sich ein kleines Nest mit Decken und Kissen und einem freien Blick auf die Leinwand eingerichtet hatten. Eine Warnung flackerte über den Bildschirm, von wegen Piraterie, die keinerlei Relevanz mehr in ihrer Welt hatte aber irgendwie Teil des Rituals war, wenn man Filme schaute. Jana navigierte sich durch das Menü und stieß zu Quentin, gerade als das Heulen eines Wolfes und der Schatten einer Fledermaus ankündigten, dass, ja, es war tatsächlich ein Draculafilm.

    Ah. Sie haben das Drehbuch auf dem Theaterstück basiert, kommentierte Quentin, als die Titelsequenz sie darauf aufmerksam machte. Ich nehme an, wir werden wieder mit einer Mina/Lucy Verwirrung konfrontiert.

    Hm, machte Jana abwesend, da sie bereits ganz in den Sturm auf der Leinwand abtauchte. Ich habe nie verstanden, warum Deane die Charaktere für die Bühnenadaption getauscht hat.

    Sie schauten den Film für eine Weile, bis das Schiff den Hafen erreichte und Dracula Fuß auf englischen Boden setzte. Und kurz danach, Oh, mein Gott! Die Hände!, rief Quentin, als eine der besagten Hände gruslig einen Sarg von innen öffnete."

    Warte, bis du seine Augen siehst, antwortete Jana wissend. Er macht die Sache mit den Augen und Händen wirklich gut.

    Es dauerte nicht lange, bis Quentin zustimmte, als der Graf seine hypnotischen Augen während einem Essen, zu dem er in dieser spezifischen Adaption von Doktor Seward eingeladen worden war, zum Einsatz brachte. Ohhh, ja. Ich sehe, was du meinst.

    Sie schauten gemütlich eine Weile weiter.

    Du siehst auch ein bisschen blass aus, meinte Jana nebenbei, als eine gerade sehr blasse Mina (nicht Lucy, weil es eine dieser Versionen war) im Film verstarb.

    Quentin verdrehte die Augen. Mir geht's gut. Ich habe heute etwas Schnee geschmolzen. Blut besteht zum größten Teil aus Wasser, wie du weißt.

    Und Wasser beinhaltet keinerlei Nährstoffe, wie du ebenso weißt.

    Das kommt darauf an, wie du das Zeugs, das heutzutage in der Luft schwebt, nennen willst. Bestimmt kommt das auch in den Schnee.

    Jana lachte. Ich vermute, dass man den Nährwert von Umweltverschmutzung bisher sträflich vernachlässigt hat. Dann stupste sie ihn an und betrachtete ihn ernsthaft.

    Quentin seufzte. Morgen. Versprochen.

    Jana nickte zufrieden.

    Deine Wangen sind dagegen ziemlich rosig, bemerkte Quentin, nachdem wieder etwas Zeit verstrichen war.

    Oh, ich habe einen alten Freund besucht.

    Quentin grinste, ohne sich von der Leinwand abzuwenden. Takoda ist wieder in der Nähe, ja? Er war sich sicher, dass Jana errötet wäre, wenn sie das noch gekonnt hätte. Der Spruch über die rosigen Wangen war nichts weiter als ein Spruch. Ihresgleichen konnten erkennen, wenn jemand Blut getrunken hatte. Es gab immer ein gewisses Strahlen in den Augen, das nur schwer zu beschreiben war. Vielleicht musste man selbst wissen, wie es sich anfühlte, um den Anblick zu erkennen. Und wie geht es ihm?

    Er ist wie üblich auf einer abenteuerlichen Mission und versucht die Welt zu retten, einen Menschen nach dem anderen.

    Quentin nickte. Das war tatsächlich nichts Neues und sie genossen den Rest des Films ohne weiteres Gequatsche, bis…

    Im Ernst?!, rief Quentin und lachte hocherfreut und Jana grinste. Ein Happy End für Dracula! Oh, der Film gefällt mir!

    Hab ich dir doch gesagt, triumphierte Jana.

    Quentin grinste breit die Leinwand an, bis der Nachspann zu Ende war, dann seufzte er glücklich. Der wird unter den Lieblingen abgelegt.

    Es gibt nicht viele Draculafilme mit einem Happy End, stimmte ihm Jana zu.

    Manchmal glaube ich, dass es mehr Bücher gibt, die ihm eine Chance geben, als Filme, überlegte Quentin, stand auf, klopfte sich den Staub von den Hosen und hob die drei neuen Bücher und die andere Disc auf. Sorg dafür, dass Mister Langella an der richtigen Stelle abgelegt wird. Wir schauen den wahrscheinlich bald mal wieder. Er zwinkerte. Ich muss diese wegräumen und katalogisieren. Auf dem Weg zu seiner Büroecke rollte er die Leinwand wieder hoch und gab Jesus seinen Ausblick zurück. Ein bisschen Aberglaube konnte nicht schaden.

    Jana folgte ihm später in den Altarraum zu einem der alten Chorplätze, der in einen Schreibtisch umfunktioniert worden war, während die anderen als Aktenschränke dienten.

    So lange dauert es doch nicht, um drei Bücher und zwei Filme zu katalogisieren, oder?, beschwerte sie sich.

    Ich habe an Takoda gedacht, wich er schnell aus. Es war nicht wahr, auch wenn er sonst oft an den Mann dachte. Menschen hatten wenige Freunde in diesen Tagen und Vampire noch weniger.

    Er ist nur ein Junge, sagte Jana und beugte sich über Quentins Schreibtisch.

    Er ist zweiundvierzig.

    Und ich bin mehr als dreizehnmal älter.

    Du benimmst dich aber nicht so.

    Woher willst du wissen, wie sich Fünfhundertzweiundsechzigjährige normalerweise verhalten? Du kennst nur mich.

    Quentin grinste. Der eine, der mir den Puls geraubt hat, war nahe dran. Aber er war ein krankes Arschloch.

    So, wechselte sie das Thema. Worüber hast du wirklich nachgedacht?

    Quentin zuckte die Schultern. Nichts Spezifisches. Nur…

    Nur?

    Denkst du, wir bekommen ein Happy End?

    "Nur Geschichten enden, Quentin. Der Rest von uns muss sich den

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