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Extreme im Wandel: Zwietracht, Osten, Törtchen
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eBook525 Seiten8 Stunden

Extreme im Wandel: Zwietracht, Osten, Törtchen

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Über dieses E-Book

Linda ist gefangen im eigenen Ich. In einer Scheinwelt, die es unmöglich macht, am echten Leben teilzunehmen. Das Mienenspiel der Kindfrau, die sowohl Merkmale der Kindlichkeit als auch der geistigen und körperlichen Reife trägt, ist eine Maske, lässt keine Gefühlsregung nach außen und keinen Einblick in ihre Seele zu. Durch das Erbe der Ahnen spirituell veranlagt, gerät sie in die Fänge dunkler Mächte. Ständig auf der Flucht, auch vor sich selbst, versucht sie traumatische Kindheits- und Jugenderlebnisse zu verarbeiten. Wird sie es schaffen?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum3. März 2023
ISBN9783347886360
Extreme im Wandel: Zwietracht, Osten, Törtchen
Autor

Orsolya Márton

Linda ist gefangen im eigenen Ich. In einer Scheinwelt, die es unmöglich macht, am echten Leben teilzunehmen. Das Mienenspiel der Kindfrau, die sowohl Merkmale der Kindlichkeit als auch der geistigen und körperlichen Reife trägt, ist eine Maske, lässt keine Gefühlsregung nach außen und keinen Einblick in ihre Seele zu. Durch das Erbe der Ahnen spirituell veranlagt, gerät sie in die Fänge dunkler Mächte. Ständig auf der Flucht, auch vor sich selbst, versucht sie traumatische Kindheits- und Jugenderlebnisse zu verarbeiten. Wird sie es schaffen?

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    Buchvorschau

    Extreme im Wandel - Orsolya Márton

    Noch liegt alles im Dunkeln. Doch schon bald öffnet sich eine Tür und gewährt Zutritt zu einem Raum, der mit einem zerschlissenen Zweisitzer und einem wackligen Tischchen unwirtlich eingerichtet ist, sowie den Blick auf vier von Hand gemalte kleine Kunstwerke an der Wand gegenüber. Die Bilder spiegeln die Geschichte wider. Angeordnet wie die Karten eines Tarotspiels, symbolisieren sie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das sogenannte Wegekreuz, in dessen Mittelpunkt ein größeres Gemälde ist, das Bildnis einer jungen Frau im weißen Kleid, die inmitten eines farbenprächtigen Gartens sitzend von hohen blühenden Fliederbüschen, Rhododendren und Goldregen umgeben ist. Einen besonderen Rahmen bilden weiße Tauben, vier zu ihren Füßen und drei in der Luft. Während sie mit einer Hand am Anhänger ihrer Halskette spielt, hält sie in der anderen ein aufgeschlagenes Buch. Noch sind die Seiten unbeschrieben, doch in Gedanken entstehen schon die ersten Zeilen: Auf dem ersten Bild, das unterhalb des Wegekreuzes eine starke Verbindung zum Gemälde aufbaut, bildet im Hintergrund eine imposante mittelalterliche Kirche den Blickfang und davor in einem Park in sitzender Position ein junger Mann zwischen zwei Mädels, die unterschiedlicher nicht sein können. Eine verkörpert die pure Herausforderung, die andere, an seiner Herzseite, hat den Blick schamhaft gesenkt. Und sie ist es auch, die das Schicksal ins Westerzgebirge führt. Hier ruht von bewaldeten Höhenrücken umgeben in einem weiten terrassenförmig ansteigenden Talkessel, die Stadt Wiesenthal. Angefangen hat es aber in Kirchbergen. Kirchbergen, eine alte und doch ewig junge Stadt. Begehbare Stadtmauern lassen Einblicke auf das historische Zentrum zu, dessen zahlreiche Kirchen den mittelalterlichen Fachwerkhäusern einen klangvollen Rahmen geben. Außerhalb der Stadtmauern regiert die Neuzeit der siebziger Jahre, die Kirchbergen zur Garnisonsstadt macht und zum Standort eines Grenzregiments und dem Regiment der motorisierten Schützen. So manches Schicksal ist mit den Armeeangehörigen verknüpft, deren Anwesenheit diese idyllische Stadt überschatten und fatale Erinnerungen verbergen. Auch an diesem Samstagabend des letzten Wochenendes im September, bietet das Capitol am Stadtrand die einzige Möglichkeit zum Tanzen. Zu den jungen Mädchen, die sich am Eingang durch die Glastür in die Vorhalle drängen, gehört auch Linda. Obwohl klein und zierlich und bei dem Versuch, ihren Mantel an der Garderobe abzugeben, von allen Seiten geschoben, steht sie den anderen doch in nichts nach. Sie behält den Überblick und findet einen Weg aus dem Gedränge und einen Tisch in der Nähe der Bühne. Und da sitzt sie nun allein und kommt sich vor wie auf einem Präsentierteller. ›Wo Charlotte nur bleibt‹, denkt Linda und trommelt nervös mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. ›Könnte sie denn nicht einmal pünktlich sein?‹ Auf der Suche nach einem bekannten Gesicht streift ihr Blick unruhig durch den sich füllenden Saal. Und da sieht sie ihn sitzen. Den Kopf gesenkt, dreht er sein Bierglas in den Händen. Immer wieder schaut Linda zu ihm rüber. Ihre Sensoren sind nur auf diese Person gerichtet. Die feingeschnittene Silhouette seines Profils fasziniert sie. Doch dann wird ihr Augenmerk auf die Bühne gelenkt, auf der sich der Vorhang teilt. Gleich mit den ersten Tönen der aufspielenden Band bewegen sich ihre Beine zum Takt der Musik. Während sie lauscht, kommt ihr ein Gedanke. Automatisch gehen ihre Augen in eine bestimmte Richtung. Spontan, was sonst nicht ihre Art ist, springt Linda auf und steuert ihr Ziel an. Doch je näher sie kommt, umso schneller klopft ihr Herz. Sie möchte umkehren. Die Anziehung ist jedoch stärker. Und so stakst sie auf wackligen Beinen, die ein Eigenleben entwickelt haben, weiter. Kein Weg führt vorbei, dann steht sie vor ihm. Ihr Hals ist trocken, die Stimme droht zu versagen. ›Nur Mut‹, denkt sie. Jetzt oder nie. Und sagt etwas zu laut: »Damenwahl!« Braune Augen sehen sie erstaunt an. Für Sekunden hält Linda diesem Blick stand, dann wird ihr heiß und sie errötet. Sein Zögern macht sie ratlos. Die Mädchen am Nachbartisch kichern. Um nichts in der Welt hätten sie diese Szene verpassen mögen. Und so warten sie gespannt auf die Fortsetzung. ›Alberne Gänse‹, ärgert sich Linda. ›Während ich hier stehe, wie bestellt und nicht abgeholt, und vor Scham im Boden versinken möchte, habt ihr euren Spaß. Aber ich bin ja selber schuld. Von wegen Damenwahl. Lächerlich. Viel mehr ein Alptraum! Aber weshalb ist er dann überhaupt hier, wenn er nicht tanzen will? Nur um Musik zu hören? Dann hätte es ein Radio auch getan. Und dann seine ablehnende Haltung, die verrät, dass er gerne alleine gewesen wäre‹, setzt sie ihren stummen Monolog fort. »Ich möchte mit Ihnen tanzen«, wiederholt Linda. Jetzt will sie es wissen – aber nichts passiert. Sie betrachtet den jungen Mann, dessen smarte Gesichtszüge sie, wie durch ein magisches Band förmlich anziehen. Hatte sie ihr erster Eindruck getäuscht? ›Vielleicht kann er ja gar nicht tanzen‹, verteidigt sie ihn gedanklich. Das wäre schade – und doch eine Erklärung für sein Verhalten. Aber warum sagt er dann nichts? ›Das kann doch nicht wahr sein, was hat mich nur zu diesem Schritt ermutigt? Ich muss ein albernes Bild abgeben. Nur gut, dass ich mich jetzt nicht selber sehen kann. Hilfe, gleich schlage ich Wurzeln‹, hadert Linda, und hängt doch voller Erwartung an seinen fein geschwungenen Lippen. »Nun reicht es aber. Das kann man ja nicht mit ansehen«, greift sein Tischnachbar beherzt ein. »Geh schon, wenn sie dich so nett bittet!«, sagt er zu seinem Kumpel. »Wie peinlich ist das denn?« Verlegen lächelnd wirft Linda einen scheuen Blick zu den Mädchen. Die wenden sich ab, stecken ihre Köpfe zusammen und tuscheln. Das Herz klopft Linda bis zum Hals. Blieb ihr denn heute gar nichts erspart? Sie will nur noch weg. Weg von hier, wo sie dem Gelächter ausgesetzt ist. Und während sie mit leichtem Schwung auf den Absätzen kehrt macht, sieht sie aus dem Blickwinkel heraus, dass sich ihr Auserwählter doch noch vom Stuhl erhebt. Aufgewühlt wendet sie sich ihm wieder zu und geht mit gemischten Gefühlen und weichen Knien in seiner Begleitung zur Tanzfläche. Als dann seine Hand die ihre berührt und er sie gekonnt an den anderen Paaren vorbei über das Parkett führt, vergehen ihre Hemmungen. Mit jedem Schritt wird Linda sicherer. Sie ist in ihrem Element, Tanzen ist ihre Welt. Nicht reden müssen, einfach nur tanzen. Obwohl, seinen Namen hätte sie schon gern gewusst. Um ihre Neugier zu befriedigen, sagt sie sich, ›lieber beiße ich mir auf die Zunge, als ihn zu fragen.‹ Leichtfüßig dreht sich Linda zu den Klängen des Schlagers ›Blonder Stern, blonder Stern, wo bist du geblieben?‹, rechts herum, links herum. So könnte es den ganzen Abend weiter gehen. Doch ein Trommelwirbel holt sie in die Realität zurück, der Tanz ist zu Ende. Erstaunt blickt sie in die Runde und kann es kaum glauben. Ein Gewusel auf der Tanzfläche, das sich allmählich entwirrt. ›Was nun?‹, fragt sich Linda, die in dem Gewimmel fast untergeht. ›Um diesen Mann näher kennenzulernen, werde ich wohl meine Vorsätze ändern müssen.‹ Benommen, auch ohne Cocktail, kehrt sie an ihren Platz zurück. Erhitzt setzt sie sich. Dabei wäre sie lieber nach draußen gegangen, um ihre glühenden Wangen zu kühlen. Kaum wähnt sie den Armisten außer Sichtweite, mischt sie sich unter die beschwingte Schar Mädels und verlässt mit ihnen den Saal. Frische Luft, das braucht sie jetzt. Im Zwiespalt der Gefühle ist sie für den ersten Moment erleichtert, aus seinem Blickfeld zu sein, weil sie es nicht ertragen kann, von ihm beobachtet zu werden. Dabei fühlt sie sich an seiner Seite wohl. Von der Falttür aus, einer zwischen Gaststätte und Saal offenen Trennwand, wird Linda bei ihrer Rückkehr von einem anderen, eher unscheinbaren Soldaten anvisiert. Ihre Blicke treffen sich. Nur kurz. Abgelenkt von einem jungen Mädchen, das sich ihr in den Weg stellt, verblasst seine Anwesenheit. Die Ähnlichkeit der beiden ist verblüffend. Gleiche Größe, gleiche Figur, sogar die modisch geschnittenen Kleider sind identisch. Beide tragen die Haare lang, nur Linda ist blond und die andere brünett.

    »Bin ich jetzt erschrocken«, spricht Linda sie an.

    »Aber schön, dass du auch schon kommst.«

    »Weiß ich doch«, erwidert Charlotte ironisch.

    »Die Freude ist ganz meinerseits. Und wie ich sehen konnte, amüsierst du dich auch ohne mich ganz gut. Kann es sein, dass ich was verpasst habe?«

    »Live ist eben live«, entgegnet Linda.

    »Und die Band ist einsame Spitze.«

    »Nur die Band?«

    Die Neugier der zwei Jahre älteren Schwester kennt keine Grenzen. »Natürlich nur die Band. Was denn sonst?«

    »Na, zum Beispiel dein fescher Tänzer, Linda.«

    »Was ist denn mit dem? Ich kenne ihn kaum.«

    »Da wird es aber Zeit, dass du ihn kennenlernst, Schwesterlein.«

    »Mensch Charlotte, rede mir doch nichts ein. Ich will nur tanzen und nicht mehr.«

    »Und das soll ich dir glauben? Mach mir doch nichts vor, Linda.«

    »Was willst du denn hören, Charlotte? Du erzählst mir doch auch nicht alles. Außerdem hat der Abend gerade erst begonnen.«

    Und während beide Mädels zum Tisch gehen, herrscht zwischen ihnen absolute Funkstille. Doch Charlotte hält dieses Schweigen nicht lange aus. Sie ändert ihre Taktik und sagt: »Ihr habt vielleicht eine flotte Sohle aufs Parkett gelegt. Tanzen kann er ja, das muss man ihm schon lassen. Alle Achtung.«

    Linda nickt, lässt sich aber nicht aus der Reserve locken. Es bleibt ihr auch kaum Zeit ihre Gedanken zu ordnen, denn schon setzt die Musik wieder ein. Sie sitzt auf dem Sprung und jede Faser ihres Körpers bebt im Rhythmus der Melodie, die ihr aus dem Herzen spricht. Leise summt sie ihr Lieblingslied, »Lieb mich so wie dein Herz es mag« und beobachtet dabei sehnsüchtig die tanzenden Paare. Aber – wie war das möglich? War es Eingebung, oder hatte sie seine Gegenwart gespürt? In dem Augenblick, in dem sie sich nach ihm umdreht, steht er neben ihr und bittet sie zum Tanz. Linda schwebt und legt sich beim Drehen ins Zeug. Und dann, während einer langsamen Phase, schaut sie ihn, wie sie glaubt, unbemerkt an. Dieses schmale Gesicht, dem die seitlich in die Stirn fallenden Haare etwas Verwegenes geben, hat es ihr angetan. Dieser Mann fesselt sie auf eine besondere Weise. »Sagst du mir deinen Namen?«, hört sie ihn fragen. Linda zuckt zusammen. Wie aus dem Nichts steht plötzlich diese Frage im Raum und zwischen ihnen. Sie ist so perplex, dass sie aus dem Takt kommt und ihm unsanft auf den Fuß tritt. Ihre Blicke treffen sich. »Hoppla. Bist du immer so schreckhaft?«, scherzt der junge Mann und lächelt sie an. Unzählige Flügel tragen Linda empor auf Wolke sieben. Dabei will sie das nicht, es macht ihr Angst. Und doch passiert es.

    »Eigentlich nicht«, haucht Linda verdattert. »Dieser Auftritt war auch nicht beabsichtigt. Tut mir schrecklich leid.«

    »Im Gegenteil«, schlussfolgert der Armist im Stillen. Ihm tut es überhaupt nicht leid, bietet sich ihm doch so die Gelegenheit, die verkrampfte Situation aufzulockern. Er hätte gern gewusst, was ihm der Abend noch bringt. Vielleicht eine leichte Beute?

    »Übrigens, ich bin der Jonas«, greift er den mündlichen Kontakt wieder auf.

    »Und ich Linda«, antwortet sie leicht verlegen. Wieder kündigt der Schlagzeuger eine längere Pause an. Mädchen kreischen. Rufe nach einer Zugabe werden laut. Der Solist der Band fleht in gut gespielter Verzweiflung: »Wir bitten um Ihr Verständnis. Ein Bier für mich und meine Mannen. Wenn wir nach dieser halben Stunde nichts zu trinken bekommen, besteht die nächste Runde nur noch aus heißer Luft.«

    Schallendes Gelächter erfüllt den Saal. Die gelöste Atmosphäre nutzend, ziehen sich die Musiker nach einem Schlussakkord unter anhaltendem Applaus hinter die Bühne zurück. »Schade«, seufzt Linda. Wie schnell doch die Zeit beim Tanzen verging. Erhitzt steht sie da und sieht Jonas ratlos an, als erwarte sie eine Entscheidung von ihm.

    Und die kommt prompt: »Aber der Abend ist doch noch nicht vorbei. Es muss nicht unser letzter Tanz gewesen sein. Du könntest dich mit an unseren Tisch setzen, ich würde mich sehr darüber freuen.«

    ›Was mache ich nur?‹, fragt sich Linda. Sie senkt den Blick und sagt mit schwerer Zunge: »Ich bin aber heute Abend nicht alleine hier. Eine Freundin hat mich begleitet.«

    »Dann bring sie doch einfach mit«, erwidert Jonas. »Mein Kumpel hat auch gern Gesellschaft.« ›Natürlich‹, denkt Linda. ›So einfach ist das. Wenn es für mich doch auch so einfach wäre. Beim Tanzen gelingt es mir, Jonas Blicken auszuweichen, doch beim Gespräch in gemeinsamer Runde muss ich ihm wohl in die Augen sehen. Kann ich das denn, ohne rot zu werden?‹ Schwankend verspricht Linda mit der sogenannten Freundin zu reden, obwohl ihre Selbstsicherheit schwindet, die sie beim Tanzen ausstrahlt. Ihre Beine, die eben noch wie selbstverständlich über das Parkett wirbelten, sind schwer wie Blei, sie vermag sich kaum zu rühren. Was wird nun werden? Jonas geht. Linda schaut sich suchend um. Niemand ist da, nicht mal ihre Schwester, die sie auf ihrem schweren Gang begleiten könnte. Sich einen Ruck gebend und um Haltung ringend schleppt sie sich in entgegengesetzter Richtung an ihren Tisch zurück. ›Nun sitze ich hier und keiner kommt und entscheidet mit mir.‹ Nichts ist schlimmer für Linda, als warten zu müssen.

    »Na, endlich«, empfängt sie ihre Schwester.

    »Wo warst du denn so lange?«

    »Für große Mädchen. Hätte ich mich bei dir abmelden sollen?«

    Linda überhört diese Bemerkung, der guten Stimmung wegen. Aber Charlotte, die ihre Nase gern in anderer Leute Angelegenheiten steckt, lässt nicht locker: »Was ist bloß mit dir los, Linda? So kenne ich dich gar nicht. War deine Sehnsucht nach mir so groß?«

    »Nach dir? Ganz bestimmt nicht.«

    »Oho, hört, hört, unsere Kleine. Habe ich da doch was verpasst?«

    »Ganz recht, Charlotte. Das hast du.«

    »Ach so. Na dann, sag an. Was gibt es Neues zu berichten?«

    Aber Linda schweigt.

    »Nun sag schon«, bohrt Charlotte. »Was ist denn los? Du machst mich wahnsinnig.«

    Anstatt zu antworten, greift Linda nach ihrem Glas und trinkt einen Schluck. Beim Abstellen wäre es ihr vor Aufregung beinahe aus der Hand geglitten. Charlottes starrt sie an, grinst hämisch und es scheint, als freue sie sich über diese Situation, die Linda als unangenehm empfindet. Peinlich berührt rückt sie mit der Sprache raus und sagt: »Man(n) hat uns eingeladen, mit ihnen den weiteren Abend zu verbringen.«

    »Sag bloß, Linda. Wer war so frei uns zu sich zu bitten?«

    »Aber, aber. Kannst du dir das nicht denken?« Charlotte legt die Stirn theatralisch in Falten und tut so, als würde sie angestrengt nachdenken.

    »Nun hör aber auf mit deinem Getue, veralbern kann ich mich alleine«, sagt Linda und schaltet, von dieser Situation überfordert, auf Durchzug. Sie will nichts mehr hören und schon gar nichts sagen müssen. Peinlich genug, dass ihre Verlegenheit so offensichtlich ist.

    »Hallo, Erde an Wolke sieben! Bitte um Klärung!«

    Unmissverständlich und selbstredend wedelt Charlotte mit der Hand vor Lindas Gesicht herum.

    »Jetzt aber«, sagt sie. Hörst du mir überhaupt zu, Linda?«

    »Na klar, was denkst du denn?«

    »Ich denke überhaupt nichts. Nur deine Gedanken möchte ich jetzt lesen können. Dein verklärter Blick spricht Bände. Da wusste ich’s doch!«, triumphiert Charlotte.

    »Was weißt du?«

    »Deine Augenbraue, Linda. Du ziehst immer eine Augenbraue hoch, wenn du etwas zu verbergen versuchst.«

    »Was mache ich? Du spinnst doch.«

    »Da – schon wieder!«, beteuert Charlotte.

    »Na und? Was soll’s … ich bemerke nichts.«

    »Mag sein, vielleicht passiert es ja auch unbewusst. Aber du verrätst dich damit.«

    »Und du? Du bist wie immer überhaupt nicht neugierig.«

    »Wissen möchte ich es schon … ob er dir gefällt.«

    »Ich finde ihn ganz nett.«

    »So, so. Nur nett.«

    »Du wiederholst dich, Charlotte. Das Gleiche wolltest du schon mal von mir wissen.«

    »Ich hingegen will von dir nur eins wissen: wie du dich entscheidest!«, lenkt Linda geschickt ab. »Solltest du keine Meinung haben, gehe ich auch alleine.«

    »Nun guck mal einer an, die kleine Linda kann es ja kaum erwarten.« ,Von wegen‹, sinnt Linda nach. ›Wenn du wüsstest, wie es in mir aussieht. Jede meiner Gesten ist nur Tarnung und drückt nicht meine innere Haltung aus.‹

    »Also Charlotte, lässt du mich mit Absicht zappeln?«

    »Ich lasse dich zappeln? Warum sollte ich? Von mir aus können wir gehen.« – und schon ist sie auf den Beinen.

    »Halt ein Charlotte«, flüstert Linda. »So schnell schießen die Preußen auch wieder nicht. So warte doch, ich muss dir was sagen.« »Was denn nun noch? Dass du aus Angst vor deiner eigenen Courage einen Rückzieher machst?«

    »Quatsch nicht, Charlotte, daran denke ich nicht im Geringsten. Aber weißt du, was ich machen sollte? Mich vor deiner spitzen Zunge, die du heute wieder zur Genüge einsetzt, in Acht nehmen.« Pikiert wendet sich Charlotte ab. Um die verfahrene Situation zu retten, schwenkt Linda unsicher lächelnd zum Zeichen des Waffenstillstandes ihr Taschentuch und flüstert: »Charlotte, du kennst mich doch. Ein Glas Bier und mir geht vieles leichter über die Lippen. Ich vertrage eben nichts. Aber wir versöhnen uns wieder, ja? Der Abend kann noch schön werden.«

    »Ganz recht«, meint Charlotte. »Also, mach es kurz: Was wolltest du mir noch sagen?«

    »Ich habe Jonas glauben lassen, du seist meine Freundin.«

    »Bin ich das etwa nicht?«

    »Charlotte, Vorsicht mit der Porzellankiste. Fang nicht schon wieder an. Bleib friedlich. Und meiner Meinung nach sollten wir ihn in dem Glauben lassen.«

    »Wir lassen, Linda. Du gehst ganz schön ran.«

    »Wenn du dich da mal nicht irrst, Charlotte. Nun komm endlich.«

    Bewundernd schaut Linda ihrer Schwester nach, die sich selbstsicher durch den Saal bewegt. Eine mentale Angst keimt in ihr auf, als sie ihr folgt. Wie sie glaubt, so ihr geschieht, und da sie glaubt, von Blicken verfolgt zu werden, stellt sich ihr Körper auf diesen Gedanken ein und ihre Bewegungen werden rein mechanisch. Bloß aufpassen und nicht noch mit den hohen Absätzen auf dem blanken Parkett auszurutschen. Linda sucht die Aufmerksamkeit, scheut sie aber auch, weil sie in der Öffentlichkeit herausgefordert wird und dabei an ihre Grenzen stößt. Nach einem schier unendlichen inneren Kampf kommt sie auf der anderen Seite des Saales an. Die jungen Leute begrüßen sich und die Mädels erfahren beim gegenseitigen Vorstellen, dass Jonas mit seinem Kumpel auf einer Stube wohnt. Alle sind gut drauf, nur Linda sitzt da, als gehöre sie nicht dazu und alles ginge sie nichts an. Total konfus nimmt sie kaum an der Unterhaltung teil. Sie hört zwar hin, aber kaum zu. Ihre Lippen öffnen sich und sie hört sich reden, ohne den Sinn ihrer Worte zu verstehen. Gehemmt und in sich gekehrt schwimmt sie im Wechselbad der Gefühle. Erst als die Band wieder auf der Bühne erscheint, lebt sie auf. Alles ist vergessen. Ihr Handicap, die vielen Blicke. Sie ist als Erste auf den Beinen und zieht Jonas mit sich. Bereits nach wenigen Augenblicken, in denen sie beide die Tanzfläche für sich haben, ruht ihre Wange an seiner rauen Uniform und ihre Hände suchen Halt an seinen Schultern. Sie tanzen den ganzen Abend ununterbrochen. Berauscht von seinem Aftershave und dem ihm anhaftenden Rauch, versinkt sie bei sinnlichen Saxophonklängen im Dämmerlicht der heruntergefahrenen Deckenbeleuchtung in Trance. Ihr Herz regt sich, ihr Verstand setzt aus. Weit nach Mitternacht weckt ein Tusch Linda aus ihren Träumen. Die Musiker wünschen einen guten Heimweg und mit der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen lassen sie den Abend auf gefühlvolle Weise ausklingen. Es herrscht Aufbruchstimmung. Im Foyer stauen sich die Wartenden, die so schnell wie möglich ihre Garderobe auslösen wollen. Endlich nehmen auch Charlotte und Linda in Begleitung von Frank und Jonas ihre Mäntel in Empfang. Linda reicht Jonas zum Abschied die Hand. Aber nicht wirklich; sie wünscht, es möge anders kommen. Und als Jonas sie fragt, ob er sie nach Hause bringen dürfe, kann sie es kaum glauben. ›Meint er mich? Die kleine, unscheinbare Linda?‹, fragt sie sich. ›Er, der so viele andere haben könnte, interessiert sich ausgerechnet für mich?‹. Und sie gibt Jonas mit klopfendem Herzen zu verstehen, dass sie auf der anderen Seite der Stadt zu Hause sei.

    »Das macht nichts«, entgegnet er. »Wenn du uns durch die Stadt führst, habe ich damit kein Problem. Ich muss auch erst um sechs Uhr früh in der Kaserne sein.«

    ›Wie soll ich das verstehen?‹, sinnt Linda nach. Sechs Uhr in der Früh. Ich habe nicht die Absicht, so lange mit ihm spazieren zu gehen.‹ Bange schaut sie ihre Schwester an, die sie auch ohne Worte versteht.

    »Geh nur«, sagt Charlotte. »Mir soll es recht sein. Ich bin dir nicht böse. Übernachtest du eben ein anderes Mal bei mir«, bestärkt sie Linda.

    Aber dann geht Linda doch allein auf unbekannten Wegen durch das Dunkel der Nacht, bleibt vor einem in Licht getauchtes Grundstück stehen, öffnet die schmiedeeiserne Pforte und betritt den mit Rhododendren bewachsenen Vorgarten. Hinter dem Haus scheint ein Fest in vollem Gange zu sein, sogar auf dem Dach des Nachbarhauses machen zwei Jugendliche Musik. Sie klopft an die Haustür. Eine der Stimmen hinter ihr, die eben noch in eine Unterhaltung vertieft war, sagt zu ihr:

    »Aber Linda, warum klopfst du an deine eigene Tür? Da musst du dich nicht wundern, wenn dir keiner aufmacht.«

    Sie dreht sich um – und nur einen Wimpernschlag später sind Haus und Garten verschwunden. Was bleibt, ist Dunkelheit und ein störendes Geräusch. Im Halbschlaf wird Linda bewusst, an welchem Ort sie sich befindet. Sie hebt die Augenlider und visiert die sich öffnende Zimmertür an und den graumelierten Wuschelkopf im Türspalt. Ihre Mutter kommt herein, zieht die Jalousien hoch und öffnet die Mansardenfenster.

    »Du Langschläfer«, sagt sie in den Raum hinein, »willst du denn heute gar nicht aufstehen? Die Sonne scheint. Schau hinaus, welch schöner Tag. Und wir warten schon mit dem Frühstück auf dich.« Linda blinzelt, das grelle Licht blendet sie.

    »Muss das denn sein?«, mault sie. »Ich habe so schön geträumt, und du weckst mich an der spannendsten Stelle.«

    »Ja, ja, du kannst träumen«, entgegnet Frau Winter. »Ich hingegen habe wieder die halbe Nacht kein Auge zugemacht.«

    »Wieso?, fragt Linda. »Hast du etwa auf mich gewartet?«

    »Nicht direkt. Aber ich kann immer erst einschlafen, wenn ich deine Schritte vor dem Haus höre. Und wenn ich richtig gehört habe, warst du nicht allein. Außerdem war es ziemlich spät.«

    »Es war nicht spät, Mutti. Es war früh.«

    »Linda, du Scherzkeks. Dreh es wie du willst. Ich hatte jedenfalls eine kurze Nacht. War es denn wenigstens schön gestern Abend?«

    »Aber Mutti. Du bist ja neugierig.«

    »Natürlich bin ich neugierig, sogar von Beruf«, scherzt Frau Winter. »Ich weiß nur, dass es erblich sein muss, Mutti. Gedulde dich. Du wirst es schon erfahren. Aber nicht jetzt, und schon gar nicht auf nüchternen Magen.«

    »Dann steh auf«, sagt Frau Winter leicht gereizt, wendet sich ab und geht hinaus. Die Tür lässt sie offen stehen. Verführerische Düfte von frisch gebrühtem Kaffee und aufgebackenen Brötchen steigen Linda in die Nase und ihr Magen knurrt. Dennoch dreht sie sich entschlossen zur anderen Seite, kuschelt sich wieder in ihre Decke ein und schließt die Augen. Doch die plötzlich aufkommenden Gedanken halten sie wach, wühlen sie auf, sodass es mit dem Schlafen endgültig vorbei ist. Und da waren auch wieder diese Schmetterlinge im Bauch. Hellwach erlebt Linda noch einmal den gestrigen Abend. ›Keine Antwort ist auch eine Antwort‹, denkt sie belustigt. Die Antwort war sie ihrer Schwester schuldig geblieben. Und Jonas, der sie wie selbstverständlich bei der Hand genommen hatte, war sie fast willenlos gefolgt. Die Berührung ihrer Hände, magisch, und unbeschreiblich das Kribbeln auf ihrer Haut. Linda kennt Kirchbergen bei Nacht und doch hatte sie diese Stadt noch nie so erlebt. Ein besonderer Zauber lag in der Luft und die einladenden Leuchtreklamen an den Geschäften der sonst so pulsierenden Einkaufsmeile und sogar die menschenleeren Straßen und Gässchen erstrahlten in einem anderen Licht. Hand in Hand hatten sie die breite Allee des Lindenbühls überquert, waren den schmalen Weg, der zwischen den Gärten entlang und am Hallenbad vorbei führt, bis zur Bornstraße gegangen, die alsbald an der Ecke zur Bergstraße endete. Natürlich schweigend, was hätten sie auch reden sollen? Erst als sie abgebogen waren hatte Linda, froh, endlich das Schweigen brechen zu können, gesagt: »Jetzt müssen wir nur noch diese Straße hoch, dann bin ich zu Hause.« Vor einem der Fachwerkhäuser waren sie stehen geblieben.

    »Da oben wohne ich, direkt unterm Dach«, hatte sie angedeutet und ihm die Hand gereicht, um sich zu verabschieden. Doch Jonas übersah diese Geste, er wollte sie nicht gehen lassen, im Gegenteil, er kam ihr nah, umfasste behutsam ihr Gesicht und küsste sie. Immer und immer wieder. Und Linda? Erwiderte seine Küsse. Er flüsterte ihr zu: »Du weißt, ich habe genug Zeit.« Linda ahnte, worauf er anspielte. Doch ihr ging das alles zu schnell, sie bekam ein ungutes Gefühl. Sie standen beide da und sahen sich an, zwei Schatten im Schein der Laterne. Keiner sagte ein Wort.

    »Sehen wir uns wieder?«, füllte Jonas das Schweigen. »Vielleicht schon morgen? Ich habe zwar keinen Ausgang, aber während der Besuchszeit kann ich mich innerhalb des Objektes frei bewegen.«

    Linda versprach, ihn zu besuchen. Und ließ Jonas keine andere Wahl, als sich auf den Weg zu machen. Einige Schritte von ihr entfernt blieb er erneut stehen, wandte sich um und schaute sie fragend an. Linda blieb jedoch standhaft. Selbstvergessen stand sie da und sah ihm nach, bis er unten, nach den letzten Häusern der Straße, verschwand und seine Schritte allmählich verhallten.

    Beschwingt hatte sie die schwere Haustür aufgeschlossen, war durch den Zwischenflur gehuscht und, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppen bis zur dritten Etage hinaufgesprungen. Vorsichtig, um ihre Eltern nicht zu wecken, war sie den vereinzelt knarrenden Dielen ausgewichen und durch den langen Korridor in ihr Zimmer geschlichen. Gut gelaunt richtet sich Linda auf und schwingt ihre Beine über die Bettkante, denn von Jonas hatte sie nicht nur geträumt. Sie würde ihn wiedersehen. Der Gedanke an die Verabredung am Nachmittag durchflutet sie energiegeladen wie kleine Ströme. Leise jauchzend streckt sie die Arme in die Luft und möchte diesen Moment festhalten. Doch der vergeht, als hässliche Ausdrücke fallen und laute Stimmen sie in die Wirklichkeit zurückholen. Diese Stille wäre auch zu schön gewesen, um von Dauer zu sein, vergeht doch kein Tag, an dem sich ihre Eltern nicht streiten. Harmonie ist ihnen fremd geworden und jedes aufkommende zarte Gefühl wurde sofort mit harten Worten im Keim erstickt. Sicher gab es für sie auch mal andere Zeiten, doch die sind längst verblasst. Nur die Gewohnheit verbindet ihre Eltern noch miteinander. Gibt es Dinge in ihrem Leben, die sie sich nicht verzeihen können?

    Beklemmende Gefühle wecken in Linda schreckliche Erinnerungen. Von einer Vorahnung getrieben springt sie die Stufen der letzten Treppe hoch. Dumpfes Hämmern dröhnt aus der elterlichen Wohnung. Auf dem Boden im Wohnzimmer liegt ihr Papa leichenblass und mit geschlossenen Augen. Ihre Mutter kniet vor ihm, hält mit beiden Händen seinen Kopf, den sie immer und immer wieder mit voller Wucht auf den Boden schlägt.

    »Du Schwein du«, ruft sie und lässt hasserfüllt und weiterhin laut zeternd ihren unbändigen Zorn an dem Wehrlosen aus. Ein grauenvolles Bild. Und jedes Mal, wenn sein Kopf auf dem Holzboden aufschlägt, fühlte Linda seinen Schmerz.

    »Mama. Was machst du denn da?«, wimmert sie. »Lass Papa los, du tust ihm ja weh.«

    »Ja, Linda. Nimm ihn nur in Schutz, deinen sogenannten Papa. Merk dir, dein Vater taugt nichts. Große Klappe und nichts dahinter. Was hat er denn bisher für euch übrig gehabt? Er war doch nie da, wenn ihr ihn dringend gebraucht hättet. Er säuft, macht uns zum Gespött der Leute. Ich trau mich kaum noch auf die Straße, wo die Nachbarn hinter den Gardinen stehen und insgeheim mit dem Finger auf uns zeigen. Euer Vater bringt das wenige Geld, das er verdient, in die Kneipe. Und damit nicht genug, er borgt sich Geld und macht Schulden, die ich bezahlen muss. Wenn ich nicht arbeiten und das Geld zusammen halten würde, ginge es euch nicht so gut. Und das ist nun der Dank. Halte nur zu diesem Menschen, den ich glaubte zu kennen. Er ist mir fremd, so wie seine Vergangenheit, von der ich so gut wie nichts weiß. Und es ist mir ein Rätsel, für was er so viel Geld braucht. Ein Mensch alleine kann doch nicht solche Unsummen verbrauchen. Sogar bei meiner guten Bekannten war er und hat sich Geld geborgt. Die nimmt ihn sogar noch in Schutz. Wie verzweifelt muss er sein, um so etwas zu tun«, sagte sie zu mir, als ich bei ihr war. Dabei bin ich diejenige die man bedauern sollte. Ich musste mich sogar erniedrigen und sie um Zahlungsaufschub bitten, denn diese Summe kann ich, wenn überhaupt, nur in Raten zurückzahlen. Da, sieh ihn dir an, deinen Vater. Besoffen, wie immer, hat es ihn mal wieder umgehauen. Geschieht ihm recht. Dem ist nicht mehr zu helfen. Weinend hebt Linda den Kopf ihres Vaters an und bettet ihn auf einem Kissen. Leblos liegt er da, man könnte das Schlimmste annehmen. Linda will nicht glauben, was sie da gehört hatte. Ganz gleich, was er getan und welche Gründe er dafür gehabt hatte, er ist und bleibt ihr Papa, der in diesem Moment so verletzlich wirkt. Wie konnte Mutti nur so grausam sein?

    Es ist Sonntagnachmittag und die Verabredung mit Jonas steht bevor. Linda fiebert dem Wiedersehen entgegen. Sie wählt einen Umweg, um den Kopf, in dem noch immer negative Gedanken vorherrschen, freizubekommen. Sie erreicht viel zu schnell die Linsenstraße. Hinter einer Säule, die die Ecke eines mehrstöckigen Wohnhauses trägt, befindet sich ein renommierter Buchladen, dessen nach innen gewölbtes Schaufenster den Einblick und auch das Spiegelbild des Betrachters verändert. Genauso wie Linda hier dargestellt wird, verzerrt und unvollkommen, sieht es in ihr aus. Sie ist schrecklich nervös und zweifelt, trotz einer gewissen Vorfreude, an ihrem Vorhaben. Von der Neustadt aus, die wellenförmig zum Stadtkern auf einer Anhöhe gelegen ist, gelangt sie zum Zentrum der Altstadt. Linda bummelt über die Poststraße, einer Geschäftsstraße, die nur an Wochentagen und nur für den Lieferverkehr befahrbar ist, und die aufgrund des regen Treibens auch als Rennbahn bezeichnet wird. Die Flanier- und Einkaufsmeile bietet außer den exquisiten Waren auch ein Kino mit Restaurant, ein Stadt-Café und eine Eisdiele. Darauf hat Linda heute überhaupt keine Lust. Sie schlendert an den Geschäften vorbei, bleibt hier und da vor einem der Schaufenster stehen, ohne wirklich die Auslagen zu betrachten. Sie ist so sehr in Gedanken versunken, dass sie ihr Umfeld vergisst und selbst die Spaziergänger nur schemenhaft wahrnimmt. Erst das Aufheulen eines Motors in ihrer Nähe, bei dem sie instinktiv zur Seite springt, macht ihr deutlich, dass sie die Fußgängerzone verlassen und sich bereits außerhalb der Stadt am Busbahnhof befindet. Noch könnte sie umkehren, aber auch wieder nicht. Dieser Zwiespalt macht sie mürbe. ›Nichts da‹, sagt sie sich. ›Es gibt kein Zurück.‹ Je näher Linda auf der Umgehungsstraße der Kaserne kommt, umso schneller klopft ihr Herz. Um sich zu beruhigen, verharrt sie wenige Meter vor dem Wachhäuschen. Ihre Gedanken kreiseln und schicken sie zwei Jahre zurück.

    In der Halle der Konfektion laufen die Maschinen auf Hochtouren. Ständig rollen randvolle Transportwagen von der Endkontrolle, in die sich anschließende betriebseigene chemische Reinigung, in der warme Luft durch die schwingenden Pendeltüren entweicht. Mechaniker eilen am Band vorbei und tauschen sich angeregt miteinander aus. In dem Gespräch, das von dem einsetzenden monotonen Rauschen der Klimaanlage übertönt wird, scheint es um Wichtiges zu gehen. Klack, klack, klack. Rosa Geschwader in Anmarsch. Hocherhobenen Hauptes schreitet Frau Schubert, Lehrausbilderin der besonderen Art, in super-kurzer rosa Kittelschürze und auf gefährlich hohen Pantoletten in Begleitung der Vize-Chefin den Gang auf und ab. Wie immer exakt frisiert und die Konturen von Augen und Brauen kunstvoll nachgezogen, rundet ein dezent duftendes Parfüm ihr gepflegtes Äußeres ab. Kein Makel ist an dieser Frau zu finden, außer vielleicht ihre langen, lackierten Fingernägel, für die ein Waffenschein ratsam wäre. Durch und durch eine Augenweide für das männliche Personal, von denen ständig einer um sie herum schwänzelt. Selbstbewusst wacht die Lehrmeisterin mit Argusaugen über ihre Schützlinge. Sybille Schubert bleibt stehen und bittet die Mädchen um Aufmerksamkeit: »Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen. Die eine oder andere von Ihnen hat sicher schon mitbekommen, dass einige der Maschinen in der Strickerei ausgefallen waren und die Produktion momentan ein großes Defizit aufweist. Wer von Ihnen wäre bereit, nach der Spätschicht noch zu bleiben, um den Rückstand aufzuarbeiten? Ich kann nicht sagen, wie lange es dauern wird, bis wir wieder auf dem aktuellen Stand sind. Ich weiß nur eins: die Lieferung muss rechtzeitig versandfertig sein. Ich rechne mit Ihnen.«

    Argwöhnisch wendet sie sich an Caro: »Wenn Sie etwas dazu zu sagen haben, sagen Sie es laut. Ihre Meinung interessiert uns alle.« Ertappt, schweigt Caro.

    »Gut, dann zähmen Sie Ihren Redefluss«, blafft Frau Schubert. »Ich gebe ihnen später die Gelegenheit, sich zu äußern.«

    Linda sieht schon wieder rot. Sie denkt: ›Hoffentlich spricht mich Frau Schubert nicht an.‹ Und dennoch schirmt sie ihr Gesicht vorsorglich ab, mithilfe ihrer langen Haare, sie möchte den Blicken der mitarbeitenden Intrigantinnen entgehen. Die Stimme eines Mannes erreicht Linda: »Los, Agatha jetzt«, wispert Rosalie.

    »Warum ich?«

    »Nun, mach schon.« Rosalie stupst sie an.

    »Gleich, nun warte es doch ab.«

    Und Agatha ruft: »Linda, sieh mal her.«

    Und Linda, der bewusst ist, dass die beiden nichts Gutes im Schilde führen können, tut genau das. In dem Moment, in dem einer der Handwerker neben ihr stehen bleibt, schaut sie hoch. Wie erwartet kommen Rosalie und Agatha auf ihre Kosten, als sie Linda, deren Gesicht und Hals eine dunkle Röte ziert, belustigt beobachten. Linda versteht das alles schon lange nicht mehr. War sie wirklich so naiv? Sie schluckte jede Kränkung, ohne sich dagegen zu wehren, und verletzte sich oft selbst damit. Doch wenn der Punkt erreicht und das Maß voll war, kam die Abwehr spontan aus ihr heraus, ohne auf die Wahl der Worte zu achten. Der gute Ton macht zwar die Musik, aber erst der schrille Ton wird vom Umfeld bewusst wahrgenommen. Und damit versucht Linda ihre Unsicherheit, die nicht nur ihr Denken, sondern auch ihre Bewegungen beeinflussen, zu tarnen. Aufmerksam geworden fragt Frau Schubert: »Und die beiden Damen, was haben Sie für Böcke zu melken?« Rosalie und Agatha kichern. Vergebens wartet die Lehrmeisterin auf Antwort. »Nun gut«, sagt sie. »Ich gebe Ihnen Beiden später noch Gelegenheit, sich zu äußern. Jetzt aber zu etwas Erfreulichem. Ich habe, ihr Einverständnis vorausgesetzt, eine Patenschaft mit einer Einheit der Mottschützen-Kaserne abgeschlossen. Wir werden uns mit den Angehörigen dieser Einheit zum geselligen Beisammensein treffen. Unser erster gemeinsamer Abend wäre der kommende Freitag, 20 Uhr. Es bleibt jedem selbst überlassen, daran teilzunehmen, ich würde mich aber über ihr Erscheinen freuen. So meine Damen, es gibt noch viel zu tun – an die Arbeit!«

    Mit vor Aufregung zitternden Händen steht Linda in ihrem Zimmer vor dem dreiteiligen Spiegel. Sie hat ihn eingestellt, um ihr Haar, vorher mit Lockenwicklern in Form gebracht, im Rundblick zu frisieren. Lange wird es zwar nicht halten, aber einen Versuch war es wert. »Diese Nase«, brummelt sie, während sie ihr Profil betrachtet. ›Mich nimmt so schon keiner für voll, und dann noch so eine Nase. Griechisch-Orthodox, was das auch immer heißen soll. Was habe ich eigentlich mit den Griechen zu tun? Die bringen mich auch nicht weiter.‹ Und in Gedanken versunken starrt Linda im Halbdunkeln vor sich hin. »Du siehst aus wie deine Mutter«, hatte die Tante aus Polen bei ihrem ersten Besuch zu ihr gesagt. Mit ihren acht Jahren verstand Linda damals nicht, was sie damit meinte. Sie hatte nur gespürt, dass sie Charlotte viel lieber mochte. Auch die übrige Familie stempelte Linda fürs Leben ab. Und wurde geprägt mit den Worten, ›du bist wie deine Mutter‹. Was ist so schlimm daran, der Mutter ähnlich zu sein? Sie ist nun mal die Tochter ihrer Mutter. Diese Gedanken beiseite schiebend, legt Linda die Bürste auf der Glasplatte des Frisiertisches ab und zupft an ihrem türkisfarbenen Strickkleid herum. Unzufrieden dreht sie sich nach allen Seiten, mustert sich und denkt: ›Ich bin eben doch ein Mauerblümchen und sollte besser zu Hause bleiben.‹ ›Dummes Geschwätz«, meldet sich ihre innere Stimme. ›Rede dir bloß nichts ein. Du bist vielleicht ein wenig mager, aber sonst ganz passabel. Und nun Kopf hoch. Auch ein Lächeln würde dir gut zu Gesicht stehen. Na, also – geht doch!‹ Um die noch verbleibende Zeit sinnvoll zu überbrücken, ordnet Linda die gläsernen Frisierutensilien, sammelt die auf dem Bett liegenden Kleidungsstücke zusammen und hängt sie über einen Stuhl. Sie wird dabei aber nicht wirklich ruhiger, im Gegenteil. Dumpfe Schläge, die von der Küche aus an die Wand zum Kinderzimmer hämmern, scheuchen sie auf. Mittels Faust, um sich den Weg zu ersparen, deutet ihre Mutter ihr Missfallen an. Bis jetzt hat das altersschwache Fachwerkgemäuer standgehalten, aber irgendwann wird die Faust hindurch und ins Leere stoßen. Linda kennt die Bedeutung dieses altbewährten Zeichens. Es heißt, es ist allerhöchste Zeit, wie ihr Vater zu sagen pflegt. Rasch verlässt sie das Zimmer, das sie sich mit ihrer Schwester teilt, und schlüpft in der Diele in Schuhe und Mantel. Sie geht dem Klappern nach und öffnet einen Spalt breit die Tür zur Küche. Frau Winter hält mit dem Abwasch inne, trocknet sich die Hände an der Schürze ab und betrachtet ihre Tochter wohlwollend.

    »Linda, jetzt musst du dich aber beeilen«, sagt sie. »Ihr jungen Leute von heute kommt einfach nicht aus dem Knick.«

    »Ich geh ja schon, Mutti. Mach’s gut.«

    »Mach’s besser, meine Tochter.«

    »Wessen Tochter denn sonst?«

    »Leg bloß nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Das ist eine Redensart«, meint Frau Winter. »Ach so, Mutti. Nur so eine Redensart. Ich dachte es wäre dir ernst.«

    »Linda, dreh mir bloß nicht jedes Wort im Mund herum. Du kennst mich doch. Ich meine es doch nur gut mit dir.«

    »Mutti, diese Redeweise ist vielleicht gut gemeint, aber in Gesellschaft fremder Menschen eher peinlich.«

    O je, das hatte gesessen. Und die Lage könnte eskalieren, da Mutter und Tochter irgendwann den Draht zueinander verloren hatten. Linda glaubt, dass ihre Mutter nur so tut als ob, denn gewöhnlich zeigt sie für Fremde mehr Interesse als für ihre eigene Familie. Trotzdem nagt das schlechte Gewissen an Linda. Gern würde sie einiges richtigstellen, doch jedes weitere Wort könnte noch mehr Unheil anrichten.

    »Wann bist du wieder zu Hause?«, fragt Frau Winter nebenbei, während sie sich schon wieder mit der Hausarbeit beschäftigt.

    »Ich weiß nicht«, antwortet Linda, »es könnte spät werden. Du kannst ruhig schlafen gehen.« »Denk an deine gute Erziehung.«

    »Ja, ja, Mutti. Du und deine alten Sprüche aus der Zopf-Zeit. Lang ist’s her. Was denkst du eigentlich von mir? Ich bin kein Kind mehr.« »Natürlich, mein Kind, wie konnte ich das vergessen. Allerdings fehlt dir mit deinen sechzehn Lenzen jegliche Erfahrung. Ich weiß, von was ich spreche. Doch bekanntlich ist das Küken immer schlauer als die Henne.« Um der Moralpredigt ihrer Mutter keine neue Nahrung zu geben, verstummt Linda. Flink huscht sie, samt dem gewaltigen gusseisernen Haustürschlüssel, aus der Wohnungstür. Von der obersten Etage an geben gedrechselte Stäbe dem Geländer mit seinem kunstvoll geschwungenen durchgehenden Handlauf, das im Erdgeschoss mit einer hölzernen Kugel endet, seine Einmaligkeit. Unfreiwillig wird Linda Zeuge eines Gesprächs zweier Mieterinnen, das jedoch, als sie die Treppen hinunter geht und ihre Absätze im Haus widerhallen, abbricht. Türen schlagen zu. In der zweiten Etage erscheint, wie erwartet, ein altes Fräulein, das mit dem Mob über die Dielen des Podestes wedelt und dadurch den Staub in alle Ecken. Sie war nie verheiratet und legt deshalb auf die Anrede ›Fräulein‹ großen Wert. »Guten Abend, Fräulein Winter«, grüßt sie ihrerseits förmlich. »Wollen Sie ausgehen?«

    Die Putzfrau von Feldmanns nutzt jede Gelegenheit, um ein paar Worte loszuwerden. Linda nickt und grüßt freundlich, setzt aber ihren Weg fort, ohne sich auf eine längere Unterhaltung einzulassen. Auf halber Treppe unterhalb der Wohnung in Parterre rauscht die Wasserspülung der Toilette und jemand schlurft die steinernen Stufen zum Erdgeschoss herauf.

    Die schwere Eichentür knarrt, als Linda kurz nach 19 Uhr aus dem Haus kommt. Im Haus sind die Fenster erleuchtet, außer den großen dreiteiligen Bogenfenstern im Souterrain. Aus gutem Grund, denn garantiert lauert der Hauswirt wieder hinter der Gardine. Er passt ständig auf, wer ein- und ausgeht und, vor allem, wer die Tür nicht schließt. Ein komischer Kauz. Es dämmert bereits. Auf den Gehwegen, auf denen vor wenigen Jahren noch Gaslaternen standen, die abends von Hand angezündet und in der Morgendämmerung gelöscht wurden, geben neuzeitliche Lichtquellen den Straßenlampen zusehends mehr Helligkeit. Forsch läuft Linda die menschenleere Bergstraße hinunter. Beim Abbiegen in die Bornstraße empfängt sie ein trostloser Anblick. Finster wie der nächtliche Himmel, an dem kein einziger Stern zu sehen ist, liegt die Straße vor ihr. Leichter Wind kommt auf, Blätter fallen und es riecht nach Herbst. Auf halber Strecke der Bornstraße begrenzt eine hohe Stadtmauer, von einem Kinderheim, vereinzelten Häusern und einer Gärtnerei unterbrochen, beide Seiten der Straße. Entlang der Mauer beleuchten matt antiquarische Laternen die Fußwege. Nebel senkt sich herab und die Konturen verschwimmen. Doch in Höhe der Konservenfabrik sind schon die Lichter des Röhrenwerks zu erkennen. Unweit von Linda raschelt es. Abrupt schaukelt die Laterne an der Absperrung des Tores zur Konservenfabrik. Linda geht langsamer, lauscht angespannt. Erleichtert atmet sie auf, als eine Katze kläglich miauend das Weite sucht. Wieder raschelt es. Jemand setzt sich in Bewegung, nur Linda nicht. Ihre Schuhsohlen scheinen am Kopfsteinpflaster zu kleben. Aus dem Blickwinkel heraus nimmt sie einen Schatten wahr, der behände aus der mäßig beleuchteten Baugrube gesprungen kam und sich rasant auf sie zu bewegte. Was sie in diesem Moment glaubt oder nicht ist irrelevant, denn bevor sie reagieren kann, umklammert ein starker Arm ihren Oberkörper. Heißer, hastiger Atem streift ihren Nacken. Sie will schreien. Doch die Angst schnürt ihr die Kehle zu. Auch der enorm große Haustürschlüssel in ihrer Manteltasche, der inzwischen in ihrer gefühllosen Hand haftet, ist nutzlos. Jede einzelne Faser ihres Körpers wehrt sich gegen den Angreifer. Nur sie ist nicht stark genug. Eine Schrecksekunde jagt die andere. Ihre Arme sind in einem Schraubstock gefangen. Der Druck auf ihre Brust nimmt zu. Als eine fremde Hand zwischen ihre Beine greift, wird Linda übel. Und die Zeit scheint wie gestemmt. Zwischen Ohnmacht und Wahrnehmung dringt das Geräusch von Schritten zu ihr. Und Stimmen, ganz in ihrer Nähe. Konnte das sein? Gerade jetzt, wo sie dringend Hilfe braucht. Vielleicht ist ihr Wunsch aber auch nur der Auslöser und sie bildete sich die Stimmen nur ein. Kalter Schweiß sammelt sich auf ihrer Stirn. Die Stimmen kommen näher. Jetzt ist sie sich sicher, es war keine Einbildung. Aus der Ferne kommen Schritte näher und die Stimmen sind deutlich zu hören. Aus ihrer Erstarrung erwacht, dreht und wendet sie sich. Sie schreit: »Lass mich los!« Wo nimmt sie nur diese Kraft her? Und tatsächlich lockert sich der eiserne Griff und gibt sie schließlich frei. Erschöpft sinkt Linda an den rauen Felssteinen der Stadtmauer nieder. Automatisch dreht sie den Kopf in Richtung des Flüchtenden und sieht eine Gestalt, deren weite Kapuzenjacke die Konturen unkenntlich macht. Für Augenblicke erscheint vor ihrem geistigen Auge das Bild eines massigen Körpers aus Kindertagen. Nie wird sie diesen lüsternen Blick vergessen und

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