Buddy räumt auf: G.F. Barner 277 – Western
Von G.F. Barner
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Über dieses E-Book
G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität.
Der Schrei fuhr ihm durch Mark und Bein. Der Apache holte zum Wurf aus. Der Speer würde ihn durchbohren und töten. Mein Gott, dachte der alte Charlie Tuney und warf sich in seiner Todesangst blitzschnell herum, Neila, der Apachenchief, jagt mir seine Lanze in den Bauch. Er schlug um, krachte auf den Rükken und griff nach dem Gewehr, um Neila zu erschießen, ehe der den Speer schleudern konnte. Old Charlies Hand klatschte in den Sand. Das Gewehr – wo ist es denn nur? »Aarrr… Aarrr!« Der Alte lag ganz still und sah die Sonne über sich jenseits der Schlucht stehen. Vor der glühenden Scheibe schwang sich ein Geier hoch, peitschte mit seinen Schwingen die Luft und krächzte häßlich. Verflixt, dachte Old Charlie, ich habe doch Neila gesehen? Nein, nicht ihn, das waren seine Apachen, der Chief war diesmal nicht dabei. Du großer Gott, die Sonne brennt mir das Gehirn heraus, ich muß in den Schatten kriechen! Die Talwand wurde zu einer Schlange, die sich einen Zackenkamm zugelegt hatte und sich vor ihm höhnisch zischelnd zu winden schien. Irgendwie kam Old Charlie Tuney auf die Beine, und dann torkelte er dem dunklen Bauch der Schlange entgegen. Daß es der Schatten der Wand war, begriff er erst, als er gegen den Fels prallte und dann herabfiel. Da lag er nun, aber er war im Schatten und nicht mehr in der glühenden Sonne Arizonas inmitten der Salt River-Berge. Old Charlie wurde beinahe wieder ganz munter, und sein Verstand arbeitete fast normal. »Die Hölle«, krächzte der Alte.
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Buddy räumt auf - G.F. Barner
G.F. Barner
– 277 –
Buddy räumt auf
G.F. Barner
Der Schrei fuhr ihm durch Mark und Bein. Der Apache holte zum Wurf aus. Der Speer würde ihn durchbohren und töten.
Mein Gott, dachte der alte Charlie Tuney und warf sich in seiner Todesangst blitzschnell herum, Neila, der Apachenchief, jagt mir seine Lanze in den Bauch.
Er schlug um, krachte auf den Rükken und griff nach dem Gewehr, um Neila zu erschießen, ehe der den Speer schleudern konnte.
Old Charlies Hand klatschte in den Sand. Das Gewehr – wo ist es denn nur? Ich muß schießen, sonst…
»Aarrr… Aarrr!«
Der Alte lag ganz still und sah die Sonne über sich jenseits der Schlucht stehen. Vor der glühenden Scheibe schwang sich ein Geier hoch, peitschte mit seinen Schwingen die Luft und krächzte häßlich.
Verflixt, dachte Old Charlie, ich habe doch Neila gesehen? Nein, nicht ihn, das waren seine Apachen, der Chief war diesmal nicht dabei. Du großer Gott, die Sonne brennt mir das Gehirn heraus, ich muß in den Schatten kriechen!
Die Talwand wurde zu einer Schlange, die sich einen Zackenkamm zugelegt hatte und sich vor ihm höhnisch zischelnd zu winden schien. Irgendwie kam Old Charlie Tuney auf die Beine, und dann torkelte er dem dunklen Bauch der Schlange entgegen. Daß es der Schatten der Wand war, begriff er erst, als er gegen den Fels prallte und dann herabfiel. Da lag er nun, aber er war im Schatten und nicht mehr in der glühenden Sonne Arizonas inmitten der Salt River-Berge. Old Charlie wurde beinahe wieder ganz munter, und sein Verstand arbeitete fast normal.
»Die Hölle«, krächzte der Alte. »Wo bin ich denn hier? Keine Apachen. Wirklich keine?«
Er zog sich hoch, bis er saß. Zuerst drehte sich alles ein wenig, doch danach wurde ihm besser. Er konnte sogar grinsen und klopfte an sein Knie, das ihm einmal ein wilder Gaul zertreten hatte, weshalb er seit Jahren humpelte.
Keine Indianer, stellte Old Charlie zufrieden fest. Dabei habe ich sie gesehen – gestern? Oder vorgestern? Himmel, mein Gedächtnis läßt mächtig nach. Das kommt davon, wenn man kein Wasser hat und durch diese öden Berge zu Fuß rennt. Wo bin ich denn nur?
Er sah sich um und entdeckte die Bergkuppe im Südwesten, die schon zu den Superstition Mountains gehörte. Da wußte er, daß er mindestens elf Meilen vom Jagdcamp Steve Westons entfernt war und gut neunzehn Meilen bei Nacht und anschließend bei glühender Hitze marschiert war. Steve wartete auf ihn und den Wagen voll Verpflegung für neun mexikanische Pferdejäger. Vor ihnen lag ein Trail von zweihundert Meilen.
Die Wildpferdherden, die Steve Weston, sein Patensohn, in acht Wochen eingefangen hatte, um dann die Tiere zuzureiten, war für die Armee bestimmt. In Fort McDowell mußten über sechzig Pferde der Remontenkommission derArmee vorgeführt werden. Danach hatte Steve die Herde nach Fort Defiance im Nordosten zu treiben. Und dafür brauchte er Vorräte – Seile, eine Unmenge Zeug.
Das Zeug lag am Grund der Marricopa-Schlucht: Speck, Backobst, Reis, Kartoffeln, Mehl, Salz, Zucker. Und alles schön durcheinander. Ein Wagen war in eine achtzig Fuß tiefe Steinmulde gestürzt.
Oh, verflucht! dachte Old Charlie. Ich hätte meinen schönen Wagen da nie hineingefahren, der ist von ganz allein in die Schlucht gesaust, samt Pferden. Und warum? Weil mir jemand eine Steinlawine auf den Wagen gedonnert hat. Und dieser Jemand war Clark Dodney, der dreimal verdammte Hundesohn, oder dessen rauhe Kerle.
Charlie saß still, weil er wußte, daß er wieder zu Kräften kommen mußte, wenn er die letzten elf Meilen zum Jagdcamp schaffen wollte. Er wußte auch, daß der Krieg ausgebrochen war, ein Privatkrieg, den Clark Dodney, der fettbäuchige Schurke, gegen Steve Weston führte. Dodney gehörte ein halbes Dutzend Pferdehandlungen und Mietställe in Arizona. Die letzte hatte er in Globe City eröffnet, direkt vor Steve Westons Nase. Und jetzt war Dodney dabei, Weston den Armeeauftrag abzujagen, um selbst in das sichere Armeegeschäft einzusteigen.
Der Schweinehund! ging es Old Charlie durch den Kopf. Wenn Steve in vier Tagen nicht mit den Pferden in Fort McDowell ist, dann bekommt Dodney den Auftrag.
Wer nicht pünktlich zum Termin liefert, der bekommt keinen Armeeauftrag mehr. So ist das, und das weiß dieser gerissene, ausgekochte Dodney nur zu gut. Zuerst verlor mein Wagen ein Rad, als ich zwanzig Meilen von Globe City entfernt war, mitten in den baumlosen Bergen. Der Splint war abgekniffen worden. Hat Dodney mir eingebrockt, das ist sicher. Zwei seiner Pferdejäger trieben sich am Storehof in Globe herum.
Der Alte griff nach seinem Revolver und schlug auf den einen Geier an. Im letzten Augenblick fielen Old Charlie die Apachen ein, und er steckte den Revolver ins Halfter zurück. Nein, schie-ßen durfte er nicht, wenn er nicht Selbstmord begehen und die Apachen anlocken wollte. Vor drei Wochen war Chief Neila, der gefürchtete Apachenhäuptling der Mogollon Apachen, aus der Reservation verschwunden – mit Neila beinah hundert Krieger. Seitdem war in den Bergen die Hölle los.
Charlie kicherte vor sich hin, als er daran dachte, daß er sie alle überlebt hatte, die mit ihm von Kansas nach Arizona aufgebrochen waren. Vier Freunde waren sie gewesen: der alte Steven Weston, der nichts als Pferde im Kopf gehabt hatte, Elmer Rockwell mit seinen Maultieren und dem Karren voller Ware, die er an Weiße und Indianer in Arizona verkaufen wollte, Joe Hamyls mit drei Männern und drei schweren Frachtwagen.
Old Charlie hatte sie alle überlebt, war zäh wie Leder, hart wie Gewehrstahl. Er hatte Stevie, Stevens Sohn, auf seinen Knien reiten lassen, diesen Jungen, der wie kein zweiter Mensch reiten konnte und jedes Wildpferd zu packen wußte. Er hatte Buddy-Lee Rockwell, Elmers einzigen Sohn, mit Milch gefüttert. Darum war Buddy wohl auch ein Riese geworden, ein Brocken von Mann und hart.
Eigentlich hieß Buddy-Lee nur Lee, aber sie nannten ihn Buddy, weil er ein richtiger Partner war. Buddy kommandierte über dreißig Wagen, war der Boß der Hamyls-Linie geworden, nachdem er siebzehn Jahre lang mit seinem Vater Rote und Weiße besucht und dabei alle Indianertricks kennengelernt hatte.
Mann, dachte Old Charlie, wenn Buddy nicht gewesen wäre, hätten mich vorgestern die Apachen Neilas aufgespießt. Ja, vorgestern war es, jetzt weiß ich es wieder.
Buddy fand meinen Wagen, ließ die Achse richten und ein Ersatzrad von meinen sechzehn Transportern aufmontieren.Und dann war doch alles für die Katz gewesen.
So war Buddy Rockwell. Er handelte und redete nicht mehr als nötig.
Nun lag der Wagen weit im Osten zertrümmert in der Schlucht, und
Steve, Buddys bester Freund und Blutsbruder, konnte unterwegs Leder kauen. Dabei hatte Buddy Old Charlie noch gewarnt:
Paß auf, das war kein Zufall, Mann! Dodney hatte das billigere Angebot bei der Armee abgegeben und die Hardnells hatten für ihn gebürgt. Daß Dodney den Auftrag nicht bekam, verdankt er ausschließlich seinem schlechten Ruf, der Gauner. Charlie, Matt Hardnell ist Dodneys Freund, und wenn Steve nicht pünktlich liefern kann, gibt Hardnell Dodney die nötigen Pferde, damit der doch noch den Armeeauftrag bekommt. Halte die Augen offen, Dodney könnte sich noch mehr einfallen lassen, um euer Treiben zu verhindern.
Und ob der sich was einfallen ließ, dachte Old Charlie. Ich muß weiter zum Camp, damit Steve den Gerätewagen zur Bicket Post Station schickt. Nur nicht wieder nach Globe City, sonst passiert wieder was. Hoch mit dir, Charlie.
Er stand auf und schwankte wie ein Schilfrohr im Wind, doch er hielt sich taumelnd im Schatten der Wand, bis sie endete und die Sonne wieder herabsengte. Die Hitze nahm Old Charlie den Atem. Prustend stampfte er vorwärts. Ganz hinten war das Becken zu Ende. Von dort aus fiel das Gelände ab. Er mußte zum Camp durchkommen, damit Steve erfuhr, was gespielt wurde.
Irgendwann wurde es ihm wieder schwindelig – die Berge verschwammen, das Tal begann sich zu drehen.
»Ich schaffe es!« ächzte der Alte, indem er sich an einem Felsblock festhielt und keuchend nach Luft rang. »Weiter, Charlie, weiter! Du hast alle überlebt, du wirst auch Big John Hardnell überleben, den größten Rancher und mächtigsten Mann in dieser Gegend.«
Weiter – schwankend, torkelnd, aber das Ziel vor Augen.
Und dann drehte er sich jäh, schlug lang hin.
Und als er sich aufrappeln wollte, hörte er den Knall, der alles auslöschte.
*
»Charlie! He, Charlie! Mein Gott, wach auf, Mensch! Hier, trink das!«
In Old Charlies Kehle schien ein Höllenfeuer zu brennen. Er würgte und schluckte, bis er plötzlich frei atmen konnte. Er riß den Mund auf und blickte in Steves Gesicht. Dahinter glotzten ihn zwei Augenpaare fragend an. Sie gehörten Pablo, dem riesigen mexikanischen Schmied der Pferdefängermannschaft und dessen Bruder Chico.
»Charlie, was du bloß machen?« fragte Chico und schüttelte den Kopf. »Du beinahe gegangen kaputt, Mann. Das du können nicht antun mir und Pablo.«
»Sei still!« brummte Steve Weston. Er hatte den Hut genommen und Charlie Luft zugewedelt. Sein hellblondes Haar fiel ihm wirr und verschwitzt in die Stirn. »Na, Charlie, alles in Ordnung? Klug von dir, daß du dir den Hut an den Ohren festgebunden hattest.«
Das hatte er tatsächlich gemacht, der gewitzte Alte. Ohne Hut in der Sonne, da war man gleich hinüber.
»Was zu trinken, Junge!«
»Du hast schon eine Feldflasche voll ausgesoffen.«
»Na und? Ich vertrage das, Junge, mich wirft nichts um«, sagte er und grinste schon wieder. »Schönen Gruß von Buddy. Er muß demnächst auch nach Fort Defiance und meint, er würde wohl irgendwo auf dem Mogollonplateau zu uns stoßen. Ich kann dir sagen, Steve, Dodney hat vielleicht losgelegt.«
»Hm, sieht so aus. Erzähle mal!«
Wenn er doch mal mehr reden würde, dachte der Alte. Früher war