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BLUTIGER MOKASSIN: Ein historischer Roman
BLUTIGER MOKASSIN: Ein historischer Roman
BLUTIGER MOKASSIN: Ein historischer Roman
eBook409 Seiten5 Stunden

BLUTIGER MOKASSIN: Ein historischer Roman

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Über dieses E-Book

Es ist nur eine Kuh, gefunden in einem Gebüsch von dem Knaben Bärenkind, durch die es zwischen den Lakota-Kriegern und den Soldaten der US-Armee zu einer Schlacht kommt.

Diese Schlacht endet in einem entsetzlichen Massaker.

Bärenkind wird mit einer Gruppe Frauen gefangen genommen, doch seine Mutter verhilft ihm zur Flucht.

Geprägt von einem unbändigen Hass auf die Weißen wächst er zum Krieger heran und kämpft schließlich unter dem Befehl des Lakota-Häuptlings Crazy Horse.

Als das Cheyenne-Mädchen Weiße Feder sein Herz berührt, beginnt er zu verstehen, dass der Hass ihn letztlich zerstören wird. So beschreitet er neue Wege, die ihn lehren, dass auch ein weißer Mann ein Freund sein kann...

Mit dem Roman Blutiger Mokassin legt Elvira Henning - nach ihrem Debüt Tawamaya 1: Hermon - bereits ihren zweiten spannenden und mitreißenden historischen Roman vor.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum18. Nov. 2021
ISBN9783755400066
BLUTIGER MOKASSIN: Ein historischer Roman

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    Buchvorschau

    BLUTIGER MOKASSIN - Elvira Henning

    Das Buch

    Es ist nur eine Kuh, gefunden in einem Gebüsch von dem Knaben Bärenkind, durch die es zwischen den Lakota-Kriegern und den Soldaten der US-Armee zu einer Schlacht kommt.

    Diese Schlacht endet in einem entsetzlichen Massaker.

    Bärenkind wird mit einer Gruppe Frauen gefangen genommen, doch seine Mutter verhilft ihm zur Flucht.

    Geprägt von einem unbändigen Hass auf die Weißen wächst er zum Krieger heran und kämpft schließlich unter dem Befehl des Lakota-Häuptlings Crazy Horse.

    Als das Cheyenne-Mädchen Weiße Feder sein Herz berührt, beginnt er zu verstehen, dass der Hass ihn letztlich zerstören wird. So beschreitet er neue Wege, die ihn lehren, dass auch ein weißer Mann ein Freund sein kann...

    Mit dem Roman Blutiger Mokassin legt Elvira Henning - nach ihrem Debüt Tawamaya 1: Hermon - bereits ihren zweiten spannenden und mitreißenden historischen Roman vor.

    BLUTIGER MOKASSIN

    ERSTER TEIL

    1854: Die Kuh

    Der Pfeil, den Bärenkind abschoss, verfehlte das Ziel.

    »Du musst die Hände ruhig halten und den Bogen etwas höher! Aber für heute ist es genug, wir gehen zurück ins Dorf«, sagte sein Vater. Bärenkind war enttäuscht. Er war so sicher gewesen, dass er es heute schaffen würde.

    Sein Vater, ein drahtiger Miniconjou Krieger, sah ihm die Enttäuschung an, und er tröstete ihn: »Du musst Geduld haben, mein Sohn, du wirst es lernen.«

    Bärenkind zählte sieben Winter. Es war sein erster Bogen. Der Vater hatte ihn geschnitzt, und er war voller Freude darüber gewesen, aber es wollte ihm einfach nicht gelingen, ein Ziel, das weiter als nur wenige Schritte entfernt war, damit zu treffen.

    Er sammelte die verschossenen Pfeile ein und schob sie in den Köcher, den seine Mutter für ihn verziert hatte, dabei wischte er sich heimlich eine Träne weg.

    Obwohl sein Vater, High Forehead sich so liebevoll um seinen Sohn kümmerte, dass er dafür schon etwas belächelt wurde, war Bärenkind kein glücklicher Junge. Als einziges Kind hatte er keine großen Brüder als Vorbilder und Beschützer. Er war dünn und klein für sein Alter. Bei den wilden Spielen und Ringkämpfen mit seinen Altersgenossen blieb er stets auf der Strecke. Nur bei den Wettläufen war er bei den ersten.

    Bärenkind war nicht stark, aber schnell, und auch auf dem Pferderücken saß er schon gut.

    Die Mutter hatte ihn gelehrt: »Sei freundlich zu deinem Pferd, schlage es niemals, sprich mit ihm oder singe ihm vor. Dann werdet ihr euch verstehen.«

    Seine Mutter, Roter Sonnenhut, war eine Cheyenne.

    Die meiste Zeit hatte Bärenkind mit seinen Eltern im Dorf seiner Mutter verbracht. Auf diese Weise hatte er beide Sprachen, die der Cheyenne und die der Lakota zu verstehen gelernt.

    High Forehead war mit einer kleinen Jagdgruppe Lakota Krieger losgezogen, hatte jedoch Frau und Kind mitgenommen, um weiter zu reisen zum Fort Laramie, in der Hoffnung, die jährliche Zuwendung der Regierung der Weißen zu bekommen, die sie den Lakota für den Siedlertrail durch ihre Jagdgründe zugestand.

    Außerdem hatte er ein paar Felle gegen Wintervorräte getauscht. Frau und Kind waren jedoch nicht mit ihm im Fort gewesen. Bärenkind hatte die Wasicu, die weißen Männer mit den blauen Jacken nur von weitem gesehen. Er war neugierig, aber er hatte auch Angst. Er wusste von ihnen nur das, was die Männer im Dorf über sie sprachen. Die Wasicu waren anders. Bärenkind bemerkte, dass die Männer, wenn sie über die Blaujacken sprachen, wütend oder besorgt waren.

    Dann waren sie weitergereist in Richtung der aufgehenden Sonne zu einem Dorf der Brule` Lakota, wo zwei Schwestern von Roter Sonnenhut mit ihren Ehemännern lebte.

    »Komm, Sohn, trödle nicht«, ermahnte sein Vater ihn.

    Bärenkind versuchte mit den langen Beinen High Foreheads Schritt zu halten, dabei strichen seine Finger über das glatte Eschenholz seines Bogens.

    Plötzlich blieb er stehen: »Vater, da zwischen den Büschen steht eine Kuh.«

    »Wirklich, da steht eine Kuh!«, High Forehead sah sich suchend um, aber nirgends waren ein Mensch oder ein Lager zu sehen, wohin das Tier gehören konnte.

    »Komm, wir holen die Kuh, bevor sie von Wölfen oder Coyoten gerissen wird.«

    Das Tier lief nicht weg. Es war kein Prachtexemplar, hatte nicht viel Fleisch auf den Knochen, trotzdem würde es satt machen. High Forehead begutachtete die Kuh.

    »Ich glaube, sie ist krank, deshalb hat sie wohl ihre Herde verloren, also nehmen wir sie mit.«

    Bärenkind brach einen Weidenzweig ab und trieb die Kuh vor sich her, die unwillig dahintrottete. Als sie ins Dorf kamen, liefen Frauen ihnen entgegen, Roter Sonnenhut und ihre Schwestern waren dabei.

    »Das ist doch die Kuh, die vorhin quer durchs Dorf gerannt ist und Kochgestellen und sogar ein Tipi umgerissen hat«, bemerkte Roter Sonnenhut, »sie ist einem vorbeifahrenden Treck davongelaufen. Die Leute haben es gesehen, aber niemand ist gekommen, um sie zu holen. Wir haben nicht gewagt, sie zu behalten, und so ist sie weitergelaufen.«

    »Unser Sohn hat sie gefunden«, erklärte High Forehead, »da die Weißen sie nicht zurückgeholt haben, werden wir sie behalten.«

    »Gut, dann schlachten wir sie«, entschied Roter Sonnenhut.

    Die Frauen führten die Kuh weg. Bärenkind war stolz auf seine Beute. Eins der Mädchen seiner Tanten ergriff seine Hand: »Komm spielen!«

    Aber er riss sich los und rannte zum Tipi seiner Familie, um den Bogen weg zu bringen. Er wollte nicht mit den Mädchen spielen.

    Die Frauen schlachteten die Kuh und beeilten sich, sie zu zerlegen. Sie war mager und gab nicht allzu viel her. Das Fleisch wurde mit Rüben und spärlichen Gewürzen gekocht und an die Dorfbewohner verteilt, um den ärgsten Hunger zu stillen, denn die Zuteilungen von der Regierung ließen noch immer auf sich warten.

    Während der Mahlzeit war es ruhig. Danach setzte Conquering Bear, den die Soldaten zum Oberhäuptling und Verantwortlichen für die Dörfer um das Fort bestimmt hatten, sich mit dem Rat der Ältesten zusammen. Seine Stirn lag in Sorgenfalten.

    »Ich frage mich, wie die Soldaten reagieren werden, wenn sie erfahren, dass wir eine Kuh der Siedler genommen haben.«

    Einer war der Meinung: »Sie haben doch gesehen, wie die Kuh weglief und hätten sie zurückholen können. Sie haben es nicht getan und sind weitergefahren.«

    Conquering Bear wiegte sein Haupt: »Ich kenne die Weißen. Sie sind geizig! Wenn es nun Ärger gibt wegen dieser Kuh, dann werden sie mich verantwortlich machen.«

    Sie diskutierten noch eine Weile, wie man sich verhalten sollte. Die Meinungen gingen auseinander.

    Conquering Bear ließ sich nicht beruhigen. Zur Sicherheit schickte er zwei Boten nach Norden in ein Dorf der Oglala Lakota zu Häuptling Crazy Horse, und bat ihn um Unterstützung, falls es zu einer Auseinandersetzung mit den Soldaten kommen sollte.

    Crazy Horse, der Conquering Bear kannte und mochte, machte sich sofort mit seinen Leuten auf den Weg. Sie erreichten das Dorf noch in der Nacht, und sie schlugen ihr Lager in einer nahen Buschgruppe auf.

    Als der Morgen graute, schlüpfte Bärenkind aus dem Tipi und rannte über den Platz zu den Pferden, da entdeckte er zwischen den Büschen das Lager, das dort gestern noch nicht gewesen war. Neugierig schlich er sich näher heran und sah, wie mehrere Jungen die Pferde zum Tränken an den Fluss brachten. Der älteste von ihnen mochte dreizehn oder vierzehn Winter zählen.

    Bärenkind beobachtete sie. Eine Weile standen sie nur bei den Pferden herum, dann begannen sie herumzuspringen, zu lachen und zu spielen. Schließlich rannten sie am Ufer entlang und sprangen ins flache Wasser. Der jüngste unter ihnen mochte so alt wie er selbst sein.

    Bärenkind wagte sich hinter dem Busch hervor, der ihn vor Blicken verborgen hatten.

    Der älteste der Jungen, der noch immer bei den Pferden stand, drehte sich zu ihm um: »Hau, kleiner Krieger!« Er lachte, und dann lachte Bärenkind auch und wagte sich näher.

    »Kommst du aus dem Dorf von Conquering Bear?«

    »Ja, aber wir sind dort nur Gäste bei meinen Tanten. Meine Mutter ist eine Cheyenne, mein Vater ein Miniconjou Lakota.«

    »Wie heißt du?«

    »Bärenkind.«

    »Mein Name ist Can Oha – Unter Den Bäumen.«

    Er rief einem der Jungen zu: »Geh nicht so weit ins Wasser! – Das sind meine Brüder, ich muss auf sie aufpassen.«

    »Ich hab keine Brüder. Ich hätte gerne welche.«

    »Du kannst mit ihnen spielen. Lauf zum Fluss.«

    Bärenkind trödelte zu den Jungen hinunter und sah ihnen zu, wie sie sich gegenseitig nass spritzten. Dann half er ihnen, die Pferde zum Lager zurück zu treiben und sah sich neugierig um. »Seid ihr Oglala?«

    »Das hast du richtig erkannt«, bestätigte Unter Den Bäumen, »es ist das Lager von Tasunke Witko – Crazy Horse, meinem Vater.«

    Bärenkind wusste, dass Crazy Horse ein angesehener Häuptling war.

    Er blieb noch eine Weile und spielte mit den kleineren Jungen. Sie tobten auf einem Hügel herum. Dann setzten sie sich auf die sattellosen Pferde, jagten um den Hügel und versuchten sich mit Stöcken abzuschlagen, um Coups zu gewinnen. Dabei schrien und johlten sie.

    Auch Unter Den Bäumen machte mit, um sie im Auge zu behalten.

    Es wurde eine wilde Schlacht und Bärenkind hielt sich gut. Es machte ihm Spaß.

    Plötzlich hielt Unter Den Bäumen inne und sah hinüber zum Tipi-Dorf. Eine Gruppe Soldaten, er schätzte sie auf dreimal zehn, und ein Wagen mit zwei Eisenrohren rollten auf das Dorf zu. Dort entstand Unruhe, Menschen rannten aufgeregt herum. Auch Bärenkind hatte es gesehen. Er sprang vom Pferd.

    »Halt! Bleib hier!«, schrie Unter Den Bäumen, aber Bärenkind hörte nicht und rannte los. Er erreichte das Dorf von der anderen Seite vor den Soldaten, die dabei waren, die Kanonen auf das Dorf auszurichten.

    »Holt eure Waffen!«, schrie einer der jungen Männer. Bärenkind sah seinen Vater auf dem Dorfplatz und wollte zu ihm laufen. Aber Roter Sonnenhut stand vor dem Tipi und fing ihn ab. »Du bleibst hier, Sohn! Komm!«, sie schob ihn ins Tipi. Er blieb am Eingang, wollte wissen, was draußen vorging.

    Da trat Conquering Bear in die Dorfmitte. Er hatte die besten Jahre hinter sich und sein Haar war blass geworden, aber er war weise und bedächtig.

    »Hiya – nein!«, rief er, »bleibt ruhig! Es sind sicher Soldaten aus dem Fort. Wir leben in Frieden mit ihnen. Ich werde mit ihnen reden.«

    Die Soldaten trieben die Pferde ins Dorf. Conquering Bear ging ihnen entgegen, eine würdevolle Erscheinung. Er begrüßte die Soldaten mit einer Handbewegung.

    Der junge Kommandant, der vorausritt, räusperte sich. Er war bleich, was der schmale, schwarze Schnurrbart noch unterstrich. Er wirkte verspannt. Seine Stimme war zu hoch, als er sprach: »Ich bin Leutnant John Grattan und komme im Auftrag des Kommandanten von Fort Laramie, Leutnant Fleming!«

    Einer der Männer trieb sein Pferd neben Grattan und übersetzte den Text. Conquering Bear zog die Brauen ein wenig hoch. Dieser Mann war ihm bekannt, ein übler Trunkenbold, und er erschien ihm auch jetzt nicht nüchtern.

    »Ich verstehe dich, Leutnant«, antwortete Conquering Bear auf Englisch, »was willst du von uns? Was soll das?« Er wies auf die Kanonen. »Ich bin Häuptling Mato Wayuhi.« Er nannte den Namen in seiner Sprache.

    »Der Führer eines Mormonentrecks hat gemeldet, dass ein Mann aus deinem Dorf dem Treck eine Kuh gestohlen hat. Ich bin gekommen, den Mann zu verhaften.«

    Der Dolmetscher übersetzte trotzdem. Conquering Bear wiegte sein Haupt: »Niemand von unserem Dorf hat eine Kuh gestohlen. Wenn die Treckleute nicht auf ihre Tiere aufpassen, sie fortlaufen lassen, und sie nicht zurückholen, gehören sie niemand mehr.«

    Der Häuptling sprach ruhig und freundlich. »Unsere Leute sind hungrig. Sie haben die Lebensmittel, die ihnen zustehen, noch immer nicht bekommen. Ehe ein Wolf Gelegenheit hatte, sie zu reißen, haben wir sie genommen.«

    »Wo ist die Kuh?«, fragte Grattan in arrogantem Ton.

    »Wir haben sie gegessen. Was würdest du tun, Leutnant, wenn deine Familie Hunger hat, und du findest in der Wildnis eine Kuh?«

    »Die Kuh ist gestohlen! Also wer ist der Dieb?«

    Der Dolmetscher übersetzte und er nannte den Dieb einen feigen Hund, und nahm es mit der Übersetzung nicht sehr genau.

    Bärenkind, der alles gehört hatte, sprang auf: »Ich muss ihnen sagen, dass ich es war! Ich hab die Kuh gefunden. Sie dürfen meinen Vater nicht mitnehmen!«

    Er wollte aus dem Zelt laufen, aber seine Mutter hielt ihn fest: »Du bleibst hier! Der Häuptling wird das regeln!«

    »Ich gebe dir als Ersatz für die Kuh ein Pferd«, bot Conquering Bear an.

    »Ich will den Dieb«, beharrte der Leutnant, »das ist die letzte Aufforderung!«

    Der Häuptling schüttelte ungläubig den Kopf und dann lachte er: »Sei nicht albern, Leutnant. Am besten schickst du mir einen Mann mit Verstand in seinem Kopf, dann werde ich das mit ihm klären.«

    Der Dolmetscher beschimpfte ihn mit hässlichen Worten, aber Conquering Bear beachtete ihn nicht. Er drehte sich um und ging.

    Leutnant Grattan lief rot an vor Wut und machte seinen Männern eine auffordernde Geste, doch die wussten nicht recht, was er von ihnen wollte. Ein paar trieben die Pferde voran. In der Truppe entstand Unruhe. Und dann geschah etwas Ungeheures. Leutnant Grattan zog den Revolver, zielte und drückte ab.

    Als der Schuss krachte, blieb Conquering Bear stehen. Dann brach er in die Knie und fiel aufs Gesicht. Grattan hatte ihn in den Rücken geschossen.

    Einen Moment lang herrschte Totenstille. Dann schrie eine Frau, und im Dorf brach die Hölle los. Ein Hagel von Pfeilen sirrte durch die Luft. Mehrere bohrten sich in Grattans Brust. Er riss den Mund auf, dann fiel er vom Pferd. Von allen Seiten stürzten die Krieger sich nun auf die Soldaten, die ihre Revolver herausrissen und versuchten, sich zu verteidigen.

    Schüsse fielen und die Kanonen krachten. Die Krieger fielen mit Kampfbeilen, Keulen und Messern über sie her. Die Soldaten versuchten zu fliehen, aber sie waren eingekesselt, auf einer Seite von den Männern des Dorfes, auf der anderen Seite hinter Wildkirschen und Büschen erwartete Crazy Horse sie mit seinen Kriegern, denn sein Sohn hatte alles vom Hügel aus gesehen und ihn alarmiert. Es gab keinen Ausweg!

    Unter Den Bäumen hatte nach seinem Bogen gegriffen. Er sprang aufs Pferd, ließ die kleinen Jungen zurück und wollte sich in den Kampf stürzen. Doch sein Vater erwischte ihn und schickte ihn zurück zu seinen Brüdern.

    Der Dorfplatz war ein Schlachtfeld. Die Pferde suchten ihr Heil in der Flucht, die Soldaten lagen in ihrem Blut am Boden. Ihre Skalps hingen an den Gürteln der Krieger.

    Die Frauen hatten den schwer verletzten Conquering Bear in sein Tipi gebracht, dann plünderten sie die Leichen der Soldaten aus. Die Männer nahmen ihre Waffen.

    Nur einem einzigen Soldaten war es gelungen, sich schwer verletzt in einem Gestrüpp zu verkriechen. Er wartete bis es dunkel wurde, dann ergriff er die Flucht. Es gelang ihm, ein geflohenes Pferd zu erwischen. Sich mühsam im Sattel haltend schlug er den Weg zum Fort Laramie ein.

    Bärenkind stand vor dem Tipi und starrte auf das Schlachtfest. Die größeren Jungen liefen zwischen den Leichen herum und durchsuchten ihre Jacken nach Sachen, die die Frauen nicht genommen hatten.

    Er wollte auch etwas haben! Dann sah er den Mann, der mit durchgeschnittener Kehle auf der Seite lag. Etwas war aus seiner Hosentasche gefallen. Bärenkind wusste nicht genau, was es war. Karten aus Papier mit bunten Bildern. Er ging näher, bückte sich, hob blitzschnell eine auf und rannte damit davon, zurück ins Tipi seiner Tanten. Er wollte das da draußen nicht mehr sehen, das Schreckliche. Er hockte sich in eine Ecke und betrachtete die Karte. Auf einer Seite hatte sie ein blaues Muster, auf der anderen waren schwarze Zeichen. Er schob sie in seinen Lendenschurz und starrte den blutigen Mokassin an seinem Fuß an. Er fror, obwohl die Luft heiß war. Seine Nase lief. Er wollte die Tränen nicht. Ein Krieger weint nicht.

    Der Infanterist John Cuddy schaffte es nur mühsam, sich im Sattel zu halten, und er kam schlecht voran, denn auch das Pferd war verletzt. Bis Fort Laramie würde er es nicht schaffen. Doch es gab in der Nähe einen Handelsposten, den konnte er mit etwas Glück erreichen.

    Der Vollmond schien, so erkannte er wenigstens den Weg. John hörte einen Schrei. Waren sie hinter ihm her? Nein, es war wohl nur ein Coyote.

    Das Pferd stolperte. Es konnte nicht mehr weit sein. Dann sah er das Licht.

    »Komm, Alter, das schaffst du noch«, redete er dem Pferd gut zu. Die Stute wankte noch ein Stück vorwärts, dann brach sie zusammen. John Cuddy stürzte aus dem Sattel, aber er raffte sich wieder auf, biss die Zähne zusammen und kam auf die Beine.

    Als der Handelsposten nur noch einen Steinwurf weit entfernt war, begann er zu schreien: »Hallo! – Hilfe ! – James! – James Bordeaux! – Hilfe!«

    Eine Tür der Blockhütte flog auf. Ein Mann mit wilder Haarmähne und einer Flinte in Anschlag trat heraus: »Ist da jemand?«

    »Hier, James – hier!« John lag auf den Knien. Dann war der Mann bei ihm.

     »John, bist du das? Um Gotteswillen, was ist passiert?«

    »Indianer!«, keuchte John, aber das hatte James anhand der abgebrochenen Pfeile, die aus Johns Körper ragten, schon erkannt. Er rief noch zwei Männer heraus, und sie trugen den verletzten Soldaten erst einmal in die Hütte, gaben ihm Wasser zu trinken und eine ordentliche Portion Whiskey. Dann fragte James: »Also was ist geschehen?«

    »Die Indianer – aus dem Dorf der Brule’ – sie haben alle umgebracht. Wir waren neunundzwanzig.«

    »Oh Gott! Aber warum? Die waren doch friedlich.«

    »Unser Kommandant hat ausgerechnet dieses impertinente Greenhorn Grattan ins Dorf der Brule’ geschickt, wegen einer Kuh – einer lächerlichen Kuh, die dem Mormonen-Treck, der hier durchgezogen ist, weggelaufen sein muss. Dieser Idiot, frisch von Westpoint, bildete sich ein, dass er sich profilieren muss. Hat den Befehlshaber rausgehängt und sich mit dem Häuptling angelegt. Ihr kennt ja Conquering Bear. Der hat ihn gar nicht ernst genommen. Er hat für die Kuh sogar ein Pferd angeboten. Aber Grattan wollte den Dieb.

    Der Häuptling hat ihn ausgelacht, ihn praktisch einen Schwachkopf genannt, dann hat er sich umgedreht und ist gegangen. Da hat Grattan ihn in den Rücken geschossen. Und dann war der Teufel los. Ich habe mich in einem Gebüsch versteckt, bis es dämmerte. Außer mir hat keiner überlebt. Und alles wegen einer Kuh! In Grattans Brust haben wohl zwanzig Pfeile gesteckt. Unter den Männern war auch mein jüngerer Bruder. Sie haben ihn skalpiert.«

    Und dann weinte er. Die Männer entfernten die Pfeile und verbanden die Wunden. Dann fragte James: »Was machen wir jetzt mit dir?«

    »Bringt mich nach Fort Laramie. Ich muss das melden.«

    James wandte sich an seinen Schwager Swift Bear, der still in einer Ecke saß und alles gehört hatte. »Kannst du ihn ins Fort bringen, unbemerkt vorbei an den indianischen Wachen.«

    »Ja. Aber wir müssen gleich reiten, die Dunkelheit nutzen«, entgegnete Swift Bear.

    Er suchte einen kräftigen Wallach aus. Die Männer hoben John hinter Swift Bear aufs Pferd und sie machten sich auf den Weg.

    Sie schafften es noch, in der Dunkelheit unbemerkt ins Fort zu kommen. Der Kommandant, Leutnant Hugh Fleming schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als er hörte, was geschehen war.

    John Cuddy starb im Morgengrauen.

    Wenige Tage später starb im Dorf der Brule’ auch Häuptling Conquering Bear.

    Danach brachen sie ihr Lager am Shell River ab und zogen weiter nach Osten.

    Nachdem sie den schlammigen, verzweigten Shell River, den die Weißen Platte River nannten, mühsam überquert hatten, entschied Wakinyan Cikata – Little Thunder, der nun Häuptling der Brule’ war, an einem Ort Namens Ash Hollow, nahe an einem kleinen Flusslauf das Lager aufzubauen.

    High Forehead hatte darüber nachgedacht, die Brule’ zu verlassen und nach Norden zu gehen, um nach dem Miniconjou Dorf seiner Familie zu suchen. Aber sie würden viele Wochen unterwegs sein, und der Winter stand vor der Tür. Es war besser hier in der Dorfgemeinschaft zu bleiben, wenigstens bis der Frühling kam.

    Bärenkind, der aufpassen musste, dass die Pferde nicht auseinanderliefen, trat von einem Bein auf das andere, denn seine Füße waren eisig kalt. Die Mokassins waren zu klein und völlig zerrissen, und an einem klebte noch immer das Blut dieses schrecklichen Tages. Er konnte sie nicht mehr tragen. Die neuen hatte seine Mutter noch nicht fertig genäht.

    Während er hüpfte und die Füße abwechselnd am Leder seiner Leggins rieb, sah er den Frauen dabei zu, wie sie die Tipis aufrichteten. Die Dreibeingestelle aus starken Stangen, die oben zusammengebunden wurden, waren schon aufgestellt. Nun wurden die restlichen Stangen eingefügt. Einige Frauen waren schon dabei, den Tipi-Überzug aus zusammen-genähten Büffelhäuten auseinanderzufalten.

    Bärenkind staunte jedes Mal darüber, wie geschickt sie den schweren Überzug mit Hilfe zweier Hebestangen über das Gestell legten und so gut befestigten, von innen und außen, dass auch ein Sturm ihm so schnell nichts anhaben konnte.

    Die größeren Mädchen mussten kräftig mit zupacken und die Tipis einrichten. Für den Winter wurden sie dick mit Fellen ausgelegt.

    Auf dem Dorfplatz zündeten die Männer ein Feuer an und setzten sich in eine große Runde.

    Etwas abseits rauften ein paar große Jungen. Bärenkind dachte an Unter Den Bäumen. Nach dem schrecklichen Tag hatte er ihn nicht mehr gesehen. Er hoffte, dass die Blaujacken ihn nicht erwischt hatten.

    Die Stimmung im Dorf war bedrückt, denn die Menschen trauerten um Conquering Bear.

    Auch Bärenkind war traurig. Er musste immer daran denken, dass er es war, der diese verflixte Kuh gefunden hatte.

    Inzwischen hatte er das Bogenschießen besser gelernt. Sein Vater lobte ihn. Und er war ein Stück gewachsen.

    Die Tipis waren aufgestellt. Die Frauen begannen die Mahlzeit vorzubereiten. In das Dorf kehrte Ruhe ein. Auch die Pferde waren nicht mehr so unruhig. Er konnte sie jetzt alleine lassen und sich die Füße am Feuer wärmen.

    Die Nächte waren schon bitterkalt. Im Tipi ging das Feuer nicht aus. Die ältere Schwester von Roter Sonnenhut verteilte das Essen. Bärenkind setzte sich neben den Vater und löffelte den guten, heißen Eintopf.

    Nach der Mahlzeit nahm seine Mutter beim Licht des Feuers ihre Näharbeit wieder auf, während die Männer leise redeten, mit Worten und mit der Zeichensprache der Hände.

    Roter Sonnenhut beendete die Arbeit vor dem Schlafengehen. Bärenkind durfte die neuen Mokassins anprobieren. Es waren gute Winterschuhe mit festen Rohledersohlen und warmem Fell, das bis zu den Knöcheln reichte. Er strich über das weiche Leder und war glücklich. Jetzt hatte er wieder Schuhe ohne Blutflecke, die wie eine Schuld an ihm klebten, wunderbare, warme Schuhe. Er brauchte den Winter nicht mehr zu fürchten.

    Doch bevor Eis und Schnee die große Stille bringen würden, wollten die Männer noch einmal auf Büffeljagd gehen, um die knappen Wintervorräte aufzubessern. In den kommenden Tagen bereiteten sich die Jäger mit Ritualen vor, die ihnen bei der Jagd Glück bringen sollten.

    Einige der größeren Kinder durften mitkommen.

    Bärenkind half beim Satteln und Packen. Doch als sie mit viel Lärm losritten, musste er zurückbleiben, und stand traurig bei den Frauen und Kindern, die den Männern nachschauten. Sie würden lange fortbleiben, denn sie trafen sich zur großen Büffeljagd zum Ende des Jahres mit anderen Lakotagruppen, um in der großen Gemeinschaft zu reiten. Zu diesem Ereignis sammelten sich ganze Dörfer, aber Little Thunder wollte den guten Lagerplatz nicht aufgeben. Der Weg zum Treffpunkt war weit. Protestiert hatten nur die Männer, die zurückbleiben mussten, um das Dorf zu schützen.

    Der Winter wurde lang und hart, aber die Männer waren nach Wochen mit reichlicher Beute zurückgekehrt.

    Der Schnee lag hoch und die Tage waren kurz. Bei Tageslicht spielten die Kinder meist draußen im Schnee. Die großen Jungen wurden zum Flussufer geschickt, um nach Brennholz zu suchen, was bei diesem Wetter nicht einfach war.

    Von der Jagd hatten die Männer Büffelchips mitgebracht, aber sie taugten nur zum Kochen, denn sie erzeugten keine Flammen, die das Tipi erleuchteten.

    Die Frauen teilten den Vorrat an Brennholz sorgfältig ein. Das frisch gesammelte Holz musste getrocknet werden.

    Bärenkind hatte großen Spaß an den Balgereien draußen im Schnee. Er war stärker geworden, war nicht mehr der ewig unterlegene, und das hatte seinen Ehrgeiz geweckt. Manchmal trieb er sein Pferd durch den hohen Schnee. Er ritt stets ohne Sattel, seit dem er gelernt hatte, einfach auf den Rücken der zierlichen Stute zu springen. Sein Zügel bestand nur aus einer Lederschlinge, die er durch die Gebisslücke der Stute legte. Eine Peitsche benutzte er nie. Seine Stute gehorchte. Wenn sie aber auf der hart gefrorenen Erde ausrutschte, und Bärenkind kopfüber im Schnee landete, wischte er sich das Gesicht ab, blies Schnee aus Mund und Nase und lachte.

    Am meisten aber liebte er die Abende im warmen Tipi in großer Runde zwischen Fellen und Menschen, wenn Geschichten erzählt wurden.

    Manchmal kam Taumelnde Krähe, der Schwiegervater einer seiner Tanten ins Tipi. Er war ein alter Mann, der viele Winter gesehen hatte. Nach einer gemeinsamen Mahlzeit zündete er seine Pfeife an. Dann wurde es still im Tipi.

    Alle blickten auf den alten Mann, der nun völlig in sich versunken schien. Bärenkind mochte den Geruch des Kinnikinniks, Tabak mit aromatischen Kräutern, der sich im Tipi verbreitete.

    Sein Vater hatte ihm erklärt, dass das Rauchen der Pfeife ein wichtiges Ritual war, mit dem ein wichtiges Gespräch, eine Handlung oder der Abschluss eines Vertrags eingeleitet wurde.

    »Ist es wichtig, wenn der alte Mann von früher erzählt«, hatte Bärenkind gefragt und sein Vater hatte geantwortet: »Ja, es ist wichtig, dass er sein Wissen an die Jungen weitergibt, also hör ihm immer gut zu.«

    Das tat Bärenkind.

    Wenn Taumelnde Krähe die Pfeife zur Seite legte, begann er zu erzählen. Dann wanderte der Blick seiner fast blinden Augen in die Ferne und sein Geist versank in der Vergangenheit. Alle lauschten, wenn er zu reden begann.

    »Es war eine Nacht vor vielen Wintern. Die Jungen unter uns waren noch nicht geboren. Eine kalte Frostnacht. Es war der Waniyetu Wi – der Wintermond. Ich war noch ein Krieger, der fest im Sattel saß und dessen Pfeile sein Ziel nie verfehlten. Wir kamen spät von der Jagd zurück, hatten ein Rudel Antilopen verfolgt. Aber im hohen Schnee waren diese Tiere unseren Pferden überlegen und sie sind uns entwischt. Als wir in der Ferne unser Dorf sahen, war es längst dunkel.

    Und dann – plötzlich geschah das Unglaubliche, das Unfassbare, das Unbegreifliche!

    Wir standen wie erstarrt. Kein Pferd machte mehr einen Schritt. Wir waren voll Entsetzen.

    Die Sterne fielen vom Himmel. Sie rasten durch die Dunkelheit. Schockiert starrten wir zum Himmel, erwarteten, erschlagen zu werden. Erwarteten, dass unser Dorf in Flammen aufgehen würde. Aber es geschah nicht! Die Sterne verloschen, verschwanden einfach in der Nacht. Dann war es vorbei. Die Nacht war rabenschwarz. Wir jagten ins Dorf.

    Die Menschen waren außer sich. Niemand verstand, was geschehen war. Auch die weisen Männer konnten nicht sagen, ob es eine Botschaft war, oder eine Mahnung. Was wollte das Große Geheimnis uns sagen?

    In den folgenden Tagen wurden unzählige Zeremonien abgehalten. Doch als es Nacht wurde, standen alle Sterne wieder am Himmel.«

    »Ist das wirklich passiert?«, fragte eines der größeren Mädchen. Roter Sonnenhuts ältere Schwester nickte: »Ja, ich habe es auch gesehen, ich war noch ein kleines Mädchen. Alle haben es gesehen, in allen Dörfern. Die Menschen sprachen noch lange von dieser Nacht, in der die Sterne vom Himmel fielen.«

    Diese Geschichte beschäftigte Bärenkind lange. Aber es gab auch Abende, da erzählte Taumelnde Krähe von der Zeit, bevor die Wasicu – die Weißen ins Land kamen und alles anders wurde.

    Manchmal gab es auch Zeit, in der Bärenkind mit seinem Vater allein war. Dann erzählte er seinem Sohn, was er über sein Volk wissen sollte, von den Teton Lakota, die sich selbst Oketi Sakowin nannten – die Sieben Ratsfeuer. Bärenkind kannte die sieben Gruppen der Teton. Die Miniconjou waren die wildesten und die gefürchtetsten Krieger unter ihnen, wurde erzählt. Selbst nannten sie sich Minik Owozu – sie Pflanzen am Wasser.

    Bärenkind lernte viel in diesem Winter. Sein Vater lehrte ihn, was im Leben eines Lakota wichtig war.

    »Wenn du ein Mann bist, musst du Verantwortung für deine Familie und deine Verwandten tragen, für sie sorgen und großzügig sein. Geiz ist eine hässliche Eigenschaft.

    Du sollst tapfer und mutig sein und Respekt und Anerkennung für andere Menschen haben. Und du sollst nach Weisheit streben. Sie ist wie die Sonne, die uns hilft, in der Dämmerung die Wirklichkeit zu erkennen.«

    Bärenkind war nicht sicher, ob er all das verstanden hatte. Aber der Winter war noch lange. Er hatte noch viel Zeit, über alles, was er an den langen Abenden gehört hatte, nachzudenken. An den schrecklichen Tag im Samen reifen Mond – dem August dachte er nur noch selten.

    September 1855: Piksieben

    Immer wieder hatte Bärenkind seinen Vater gefragt: »Wann gehen wir nach Hause in unser Dorf?« Er wollte seine Freunde wiedersehen, und seine Großmutter, die er sehr liebte.

    Im Winter hatte der Vater gesagt, sie würden im Frühling gehen. Als das Gras zu wachsen begann, war das Dorf der Spur einer Büffelherde gefolgt und High Forehead hatte mit den Männern gejagt. Sie waren viele Monde fort gewesen.

    Little Thunder war im Dorf geblieben, denn nach einer Krankheit im Winter war er noch nicht wieder hergestellt, und er hatte die Verantwortung für die Jagd an Sinte Gleska – Spottet Tail, einem erfahrenen Krieger übergeben.

    Es war Sommer, als sie zurückkehrten und High Forehead kam nach einem üblen Sturz bei der Jagd mit einem gebrochenen Bein nach Hause. So konnten sie nicht reisen und zogen weiter mit der Gruppe der Brule’ umher.

    Als er endlich wieder laufen konnte, fragte Bärenkind erneut: »Wann werden wir reisen?«

    Sein Vater erklärte ihm, dass eine seiner Tanten ein Kind erwartete. Das hatte Bärenkinder selber gesehen. Roter Sonnenhut wollte bleiben, bis das Kind geboren war, denn sie war eine gute Geburtshelferin, und einige Zeichen wiesen darauf hin, dass es eine schwere Geburt werden würde.

    Damit die Pferde genug zu fressen fanden, waren sie inzwischen mit dem Dorf weitergezogen zum Blue Water River. Die Geburt stand nun kurz bevor und Bärenkind hoffte so sehr, dass sie danach endlich gehen würden. Inzwischen hatte schon der Blätter gelb Mond – der September begonnen. In der Nacht hatte er seine Tante stöhnen gehört und gehofft, es wäre so weit. Aber nichts war geschehen.

    Als Bärenkind wieder einschlief, peinigte ihn einen Alptraum. Er träumte von den Männern mit den blauen Jacken. Er wollte davonlaufen, aber er konnte nicht, und er sah den blutigen Mokassin an seinem Fuß.

    Als er erwachte, tastete er nach dem Papier mit den schwarzen Zeichen, das

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