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Zersplitternde Schattengestalten
Zersplitternde Schattengestalten
Zersplitternde Schattengestalten
eBook197 Seiten2 Stunden

Zersplitternde Schattengestalten

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Über dieses E-Book

Zersplitternde Schattengestalten ist die Geschichte von Kristen, Chantal, Simea, Saphira und Michaela. Sie erleben Gemeinschaft und du begleitest sie in ihrem Alltag, sowie auch bei einem Klinikaufenthalt. Sie lassen dich in ihre Abgründe, tief in ihre Schattengestalten blicken, aber du darfst auch daran teilhaben, wie sie diese zersplittern lassen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum23. Feb. 2023
ISBN9783347820708
Zersplitternde Schattengestalten
Autor

Mirjam Tirza Roth

Mirjam Roth arbeitet zur Zeit in einem Club. Daneben hat sie viel Zeit zum schreiben. Sie hält sich gerne in der Natur auf, tanzt und macht Yoga. Es fasziniert sie wie man mit Worten neue Welten erschaffen kann und davon wie man in Worten manchmal so viel Trost finden kann, wie nirgends sonst.

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    Buchvorschau

    Zersplitternde Schattengestalten - Mirjam Tirza Roth

    1. Die WG

    Morgengeflüster und

    Kaffeeduft

    In den Tag starten

    Neuen Abenteuern entgegen.

    Simea rührt mit dem Löffel in ihrer dampfenden Kaffeetasse. Ein Knie hat sie auf den Stuhl gestellt, ihre typische Sitzhaltung. Michaela steht an der Küchentheke und wartet auf das Klicken des Toasters. Wie immer ist sie spät dran und wird den Frühstückstoast im Laufschritt zur Uni verschlingen. Immer wieder nimmt sie sich vor, früher aufzustehen und mit den anderen zusammen gemütlich einen Morgenkaffee zu trinken, auch wenn sie lieber Tee mag. Aber dafür reicht die Zeit nie. Schlaf ist ihr dann doch wichtiger.

    Den heissen Toast in der einen Hand balancierend, schlüpft sie in die knallrote Jacke und die schwarzen Converse Chucks. Mit einem Tschüss knallt die Türe zu, noch bevor Simea ihren Abschiedsgruss erwidern kann. Mit einem Kopfschütteln und Lächeln nimmt Simea einen Schluck ihres dritten Kaffees diesen Morgen. Gemütlich klappt sie ihren Laptop auf und tippt die ersten Worte in das leere Worddokument.

    Ein ohrenbetäubender Alarm Ton begleitet ihren nächsten Schluck. Saphiras Wecker. Noch drei Mal wird dieser durch die ganze Wohnung schallen, bevor Saphira sich entscheiden wird endlich aufzustehen. Fünfzehnminuten später stolpert diese in ihrem pinken Einhorn Onesie augenreibend und mit einem geräusperten Guten Morgen in die Küche. Simea reicht ihr grinsend eine dampfende Tasse mit dem frisch gebrühten, nussig riechenden Kaffee. Mit angezogenen Beinen setzt Saphira sich auf die Sitzbank an der Wand und stellt ihre gelbgepunktete Tasse auf ihre Knie ab. Miauend macht sich Milo, der dreijährige WG-Kater bemerkbar und springt mühelos auf die Sitzbank neben Saphira. Einen grossen Schluck nehmend, krault sie den braunschwarz getigerten Kater. Genüsslich schnurrend dreht sich dieser auf die Seite und lässt sich von Saphira den Bauch kraulen.

    «Wie geht es mit der Arbeit voran?», fragt Saphira.

    «Naja, es könnte besser laufen. In einem Monat ist die Abgabe und ich habe noch nicht einmal den ersten Teil fertig geschrieben.», erwidert Simea, gedankenabwesend in ihrem kalt gewordenen Kaffee rührend.

    «Du schaffst das. Bis jetzt hat es doch noch immer gereicht, oder?»

    Simea nickt schwach. Ihr Lächeln hat sich verflüchtigt und eine Sorgenfalte hat sich in ihre Stirne gegraben. Arbeiten zu schreiben gehört definitiv nicht zu ihren Stärken. Weil sie neben dem Studium noch arbeitet, macht sie erst dieses Jahr, mit 26 Jahren, den Bachelor in Sozialer Arbeit. Diese Woche hat sie sich im Coffeeshop extra frei genommen, um mit der Abschlussarbeit voranzukommen, aber irgendwie ist der Wurm drin. Die Worte verweigern sich ihr und purzeln immer wieder durcheinander. Soziale Eingliederung von Heimkindern. Ein Thema, das ihr am Herzen liegt, unter anderem, weil sie selbst grosse Teile ihrer Kindheit in einem Heim verbracht und mitbekommen hat, wie schwer anderen der Übergang in die Selbständigkeit gefallen ist.

    Saphira holt sie mit einem Räuspern wieder in die Wohnküche der zweistöckigen geräumigen Wohnung zurück.

    «Gestern war einiges los im Club. Zweimal mussten die Security einen Gast nach draussen begleiten.», wechselt Saphira das Thema.

    «Und so wie ich dich kenne hast du ganz entspannt weiter Drinks gemixt und mit den Gästen an der Bar geflirtet.»

    «Wie sonst sollte ich an mein Trinkgeld kommen?», schmunzelt Saphira, ihre langen blonden Haare aus dem Dutt befreiend.

    «Hast du Chantal heute morgen schon gesehen?»

    «Nein. Ich glaube sie ist gestern Nacht gar nicht mehr nach Hause gekommen.»

    Bedeutungsschweres Schweigen.

    «Ich mache mir ein wenig Sorgen um sie.», bricht Simea schliesslich das Schweigen.

    Chantal, die 25-jährige Erzieherin, die ihre vierer Wohngemeinschaft vervollständigt, war in den letzten Wochen immer stiller geworden. Stiller und blasser.

    Saphira nickt bestätigend. «Ich mir auch.»

    2. Nachtgestalten

    Kalt

    So eiskalt

    Dass du an deinem eigenen Atem

    Beinahe erfrierst.

    Chantal zieht die Bettdecke über ihren Kopf. Tränen fliessen über ihre Wangen und sie beisst auf ihre Unterlippe um neben dem Schmerz im Inneren noch etwas anderes, etwas Reales spüren zu können. Lange liegt sie so da, wie begraben unter der weichen Daunendecke und die Tränen fliessen einfach, bis sie irgendwann aufhören. Langsam versucht sie wieder normal zu atmen. Ihre Lungen dehnen sich schmerzhaft aus. Nebenan im Wohnzimmer hört sie die Stimmen von Michaela und Saphira. Sie diskutieren über irgendetwas. Es geht um Politik, ein Thema von dem sie keine Ahnung hat. Chantal kann nur einzelne Wortfetzen aufschnappen. Die ruhigen Stimmen der beiden lassen sie etwas entspannen und dann driftet sie ab in einen traumlosen Schlaf.

    Erst spät am nächsten Morgen erwacht sie. Ihr Körper schmerzt. So angespannt hat sie geschlafen. Nun eine Runde Yoga und dann den geliebten Morgenkaffee. Vielleicht sitzt dann auch noch Simea in der Küche. Das wäre schön.

    Also steht sie auf, reibt die restliche Müdigkeit aus den Augen, stellt leise Mantras ein und stellt sich auf die Yogamatte. Je drei Sonnengrüsse, Baum- und Bergposition, Kriegervarianten und zum Abschluss ein Hüftöffner im Liegen und die Drehung der Wirbelsäule in beide Richtungen. Nun fühlt sich zumindest ihr Körper wach an. Chantal rollt die Matte zusammen und geht dann ins Bad. Spritzt sich eiskaltes Wasser ins Gesicht, kämmt schnell durch ihre hüftlangen Haare und macht sich dann auf den Weg in die Wohnküche. Simea sitzt noch da, über ihren Laptop gebeugt, hebt aber den Blick und lächelt Chantal an.

    «Guten Morgen», sagt sie fröhlich und auch Chantal erwidert den Gruss und stellt dabei die Herdplatte an, um den Kaffee noch einmal zu erwärmen. Mit der dampfenden Tasse Kaffee setzt sie sich dann gegenüber von Simea hin.

    «Wo warst du gestern? Ich habe mir etwas Sorgen gemacht als du morgens noch immer nicht zurück warst.», sagt Simea mit sorgenvoller Stimme.

    «Ich war draussen. Musste mir einfach Gedanken machen können in aller Ruhe. Es tut mir Leid, dass du dir deswegen Sorgen gemacht hast.», antwortet Chantal.

    Simea rutscht neben sie auf die Bank und umarmt sie.

    «Ich möchte dich nicht wieder verlieren, jetzt wo wir uns erst gerade wiedergefunden haben.», schluchzt Simea, die nahe am Wasser gebaut ist.

    Chantal starrt einfach vor sich auf den Tisch. Umarmungen überfordern sie noch zu oft. Und dass sich jemand um sie sorgt, überfordert sie noch mehr.

    Simea lässt sie los. «Du möchtest doch noch hierbleiben, im Leben?», fragt sie unsicher.

    Chantal schweigt, steht auf, lässt die leere Tasse stehen und läuft in ihr Zimmer. Sie kann diese Frage nicht beantworten, ohne dass sich alle Sorgen machen, also schweigt sie lieber.

    3. Michaela

    Blumenduft

    So wohlig

    Erblühen

    Zu seiner eigenen Zeit.

    Michaela Franke steht auf ihrem schwarzen Namensschild, das an ihrer grünen Bluse hängt. Ihr Haar ist aufwendig geflochten und hochgebunden, so dass ihr Sidecut gut zur Geltung kommt. Michaela unterdrückt ein Gähnen, währendem sie etwas Shampoo aus der Tube drückt und beginnt die Kopfhaut ihrer Kundin zu massieren. In Gedanken ist sie bereits bei der Vorlesung am Nachmittag. Michaela studiert im ersten Jahr Innenarchitektur und arbeitet nebenbei 50% in einem edlen Coiffeursalon. Mechanisch spült sie das Haar mit lauwarmem Wasser ab und erkundigt sich, ob die Wassertemperatur in Ordnung sei. Mit geschlossenen Augen bejaht ihre Kundin. Als nächstes knetet sie den Conditioner in die feuchten Haare, lässt diesen kurz einwirken und wäscht dann auch diesen aus. Es duftet herrlich nach Blumen. Michaela liebt ihren Job, nur manchmal sind ihr die Kunden etwas zu aufdringlich, wenn sie währenddem Haareschneiden ihre gesamte Kummerkiste auspacken oder glauben ihre ganze Lebensgeschichte erzählen zu müssen. Am liebsten mag sie es ruhig, nur mit etwas Musik im Hintergrund, so dass sie sich voll auf ihre Arbeit konzentrieren kann.

    Zwei Kunden später streift Michaela ihre schwarze Schürze ab und tupft den Schweiss von ihrer Stirne. Nun schnell etwas essen und dann direkt an die Uni. Dienstage sind immer so stressig, aber sie möchte sich auch nicht beklagen, denn sie fühlt sich privilegiert zwei ihrer Passionen gleichzeitig nachgehen zu dürfen.

    Im Pausenraum verdrückt sie ein Käsesandwich und einen Apfel, dann nimmt sie sich aus ihrem Spind die knallrote Jacke und zieht sie sich über. Auch wechselt sie von den schwarzen Lackschuhen, die sie zur Arbeit tragen müssen, zu ihren schwarzen Converse. Sie schlüpft aus der Tür und rennt zur Bushaltestelle. In der Uni angekommen, bleibt ihr noch genügend Zeit, um sich einen Kaffee und ein Schokocroissant zu holen. Dann macht sie sich auf den Weg zum Vorlesungsraum.

    4. Spaghetti Abend

    Gemeinsam

    Leben erleben

    Beziehungen bauen

    Abgründe ertragen

    Dunkelheit und Licht teilen

    Simea streift ihre weissen Sneakers von den Füssen und hängt ihre schwarze Regenjacke an einen Holzbügel der Garderobe. Es ist still in der Wohnung. Eigentlich ungewohnt für einen Mittwochabend. Ihre Stofftasche hebt sie vom Boden auf und trägt sie in die Küche. Daraus fischt sie einen Salatkopf und stellt ihn auf die Theke. Es folgen noch ein Stück Käse und eine kleine Flasche Cola, ihr Laster. Immer wieder versucht sie von dem schwarzen Getränk loszukommen und immer wieder scheitert sie. Immerhin ist es nur noch eine kleine Flasche pro Tag und nicht mehr bis zu zwei Liter. Sie schraubt die Flasche auf und nimmt den ersten Schluck und stellt sie dann in den Kühlschrank.

    Am Mittwochabend essen sie immer alle gemeinsam zu Abend. Das ist zu einem schönen Ritual geworden. Oft fläzen sie sich danach noch zu viert aufs Sofa und die Sitzkissen und schauen sich einen Film an.

    Simea schaut auf die Uhr. 18:00. Eigentlich müssten die anderen schon da sein, oder jeden Moment kommen. Sie holt einen riesigen Topf aus der Küchenschublade hervor und füllt diesen bis fast oben hin mit Wasser. Dann stellt sie ihn auf den Herd und dreht die Herdplatte ganz an. Aus dem Vorratsschrank kramt sie drei Dosen Tomaten und eine Packung Spaghetti hervor und stellt alles auf die Ablage neben dem Herd. Aus der Gemüsekiste im Kühlschrank fischt sie eine grosse Zwiebel und zwei Knoblauchzehen. Beides schält sie und hackt es dann in winzig kleine Würfel. Ihre Augen tränen und sie wäscht sich das Gesicht schnell mit eiskaltem Wasser ab. Mit etwas Olivenöl bedeckt sie den Boden einer weiteren Pfanne und wartet bis dieses heiss wird. Mit einem Zischen landen die geschnittene Zwiebel und der Knoblauch in der Pfanne.

    «Hallo.», sagt in diesem Moment Chantal, im Türrahmen stehend. Simea hat gar nicht gehört wie diese zur Türe hineingekommen ist, aber bei all dem Zischen und Blubbern ist dies auch kein Wunder.

    «Hey Chantal, wie war dein Tag?», antwortet Simea.

    Chantal greift nach den Dosentomaten und öffnet eine an der Lasche oben am Deckel und giesst den Inhalt mit einem weiteren Zischen über die glasig gewordenen Zwiebeln.

    «Ganz gut, und deiner?», lenkt Chantal ganz schnell wieder von sich ab. Simea greift nach der Schachtel Spaghetti und klaubt diese auf, während Chantal die weiteren Tomaten in den Topf giesst.

    «Ich bin etwas mit der Arbeit vorangekommen, das war ganz gut und dann war ich noch zum Kaffee verabredet.»

    Salz und die Spaghetti landen in einem Zug im siedenden Wasser.

    «Wie gut! Wenn du möchtest, kann ich dir die Arbeit auch gerne gegenlesen, wenn das nicht schon Michaela tut.»,

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