Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Ein afrikanisches Lesebuch: Mit farbigen Illustrationen
Ein afrikanisches Lesebuch: Mit farbigen Illustrationen
Ein afrikanisches Lesebuch: Mit farbigen Illustrationen
eBook348 Seiten4 Stunden

Ein afrikanisches Lesebuch: Mit farbigen Illustrationen

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

"Until the lion learns to write, every story will always glorify the hunter."
African Proverb
Die Geschichten dieses Lesebuchs sind keine Ablichtung der Big Five oder der Machtkämpfe zwischen Jägern und Gejagten, sondern eine Reise in das Innere der Menschen verschiedenster Ethnien. Die Erzählungen geben dieser Seite eine Stimme. Immer steht im Mittelpunkt das Einzelschicksal mit seiner persönlichen Dynamik und seinen positiven wie auch negativen Wechselbeziehungen zur sozialen Umwelt. Im Kern sind alle Geschichten auf wahre Begebenheiten bezogen, werden dann jedoch in eine Symbolik eingebunden und so gestaltet, dass sowohl das sehr Spezifische eines einzelnen Ereignisses wie auch das Allgemeine, bestimmt durch Tradition, Kultur, Geschichte und Gegenwart, ineinander verwoben werden.
Es ist keine fröhliche, geschönte Postkartenidylle, eher ein Reiseführer in die Labyrinthe der afrikanischen Seele. Gespeist werden deren Verzerrungen und Zerrissenheit aus den Erfahrungen einer Vergangenheit, die einst glaubte, niemals mehr eine Zukunft haben zu können. Ob es tatsächlich für Afrika eine Zukunft geben wird, bleibt ungewiss. Zumindest aber hat man inzwischen so etwas wie eine Gegenwart. Aus dieser Gegenwart möchte der Autor berichten, möglichst objektiv und korrekt, wertneutral. Persönliche Teilhabe indes bedeutet keineswegs eine Parteinahme, denn das würde gleichzeitig eine Ausgrenzung der vielen anderen Gruppen und Gruppierungen beinhalten. Der Verfasser ist zufällig mit heller Haut geboren, gehört nicht zu den deutschen, englischen oder afrikaansen Namibiern, auch nicht zu den Zulu, Xhosa, Ovambo, Herero, Damara, Nama, Baster, San und ihren vielfältigen Unterstämmen. Sein vorrangiges Ziel war es, möglichst alle zu verstehen. Aber immer handelt es sich einzig um Annäherungswerte, niemals um vollständige Bilder.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum10. Aug. 2021
ISBN9783347373204
Ein afrikanisches Lesebuch: Mit farbigen Illustrationen

Mehr von Johannes O. Jakobi lesen

Ähnlich wie Ein afrikanisches Lesebuch

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Ein afrikanisches Lesebuch

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Ein afrikanisches Lesebuch - Johannes O. Jakobi

    ZUM BESSEREN VERSTAENDNIS

    „Until the lion learns to write, every story will always glorify the hunter." African Proverb

    „Bis der Löwe (endlich) gelernt hat zu schreiben,wird jede Geschichte den Jäger bejubeln." Afrikanisches Sprichwort

    Die Geschichten dieses Lesebuchs sind keine Ablichtung der Big Five oder der Machtkämpfe zwischen Jägern und Gejagten, sondern eine Reise in das Innere der Menschen verschiedenster Ethnien. Die Erzählungen geben dieser Seite eine Stimme.

    Dabei soll ohne Wertung und auch ohne Interpretation es dem Leser überlassen sein, sich sein eigenes Urteil zu bilden.

    Das von mir beschriebene Afrika besitzt nicht nur zwei, sondern viele Gesichter: lachende und ernste, liebevolle und brutale, komische und tragische, geradlinige und verwirrende. Dabei spielt das Phänomen Zeit eine besondere Rolle; sie ist in jedem Fall anders als alles, an was die westliche Welt gewöhnt ist. Vielleicht vergleichbar mit der Traumzeit der australischen Aborigines. Ebenso steht es mit dem Tod; er ist und bleibt allgemein gegenwärtig. Man mag sich darüber ängstigen oder gar entsetzen, doch für die betroffenen Menschen bedeutet er nicht das Ende des Lebens, sondern nur ein Ereignis, dem sich jeder zu stellen hat.

    Vieles läuft hier parallel zueinander: wie beispielsweise christliche Religion und gleichzeitig traditioneller Ahnenkult. Afrika ist nicht etwa ein Melting Pot, sondern, wie es der schwarze Philosoph Ndasuunye Shikongeni ausdrückt, eine Society Pan, bei der alles Gesellschaftliche säuberlich getrennt bleibt. Dafür steht Kalunga ka Nangombe, der Gott der Rinder, der Cattle God.

    HOMAGE TO AFRICA

    Africa,

    you have a different sun

    - glistening, scorching remorselessly;

    you have so different waters

    - floating smoothly, Streaming wildly;

    you have a different wind

    - drying, swirling dreadfully;

    you have so different spaces

    - opening widely, extending endlessly;

    you have a different day

    - enduring, waiting timelessly;

    you have such different colours

    - shining brightly, blackening eternally;

    Proud Africa of awe and mystery

    Yours should be rainbow harmony.

    Johannes O. Jakobi

    (1st published in: Meanderina Paths. An Anthology Of African Verse. Poetry Institute of Africa. Scottburgh KwaZulu-Natal, Republic of South Africa 2001)

    WENN DER FAHLE MOND STEIGT

    Heute war bereits der zweite Tag, an dem es in Strömen regnete. Die langen Monate der Trockenheit und Dürre schienen wie weggewischt. Oktoberregen in dieser Menge war so selten wie eine kostbare Frucht, und genau so wurde er dankbar und mit großer Freude empfangen.

    Auch das Leben auf der Farm hatte sich verändert, neu ergrünt und frisch gewaschen. So sehnsüchtig der Regen jedoch erwartet worden war, so viel gab es jetzt zusätzlich zu tun. Schnell musste gehandelt werden, denn mit dem Regen kam auch sofort ein scharfer Kälteeinbruch. Wer da nicht rechtzeitig das empfindliche Vieh, und besonders die Jungtiere, in die wärmende Sicherheit des Stalles brachte, dem drohte ernsthafter Schaden durch erfrierende Tiere. Zudem musste darauf geachtet werden, dass Beester nicht ertranken, denn die Wassermassen wälzten sich in großer Geschwindigkeit durch die trockenen Riviere, dabei alles weg- und mitreißend, was nicht genügend gesichert war.

    Schwerstarbeit hatte der Farmer verrichten müssen, sich keine Pause gönnen dürfen, war selbst mitunter in Gefahr, weggeschwemmt zu werden, wenn er versucht hatte, die Rinder vom reißenden Fluss wegzuhalten und in sicher gelegene Abzäunungen zu treiben. Zwar witterte das Vieh sehr wohl die Gefahr, aber der Geruch des frischen, fallenden Wassers war zu verlockend.

    Lange schon war die Dunkelheit hereingebrochen, und die Nacht war rabenschwarz mit Strömen von Regen im wolkenverhangenen Himmel. Aber nun hatte er endlich alles geschafft, und so müde er auch war, so glücklich fühlte er sich. Drinnen im Haus hatte der Farmer seine Petroleumlampe angezündet, sich ein karges Abendbrot bereitet und es mit einem wahren Wolfshunger heruntergeschlungen. Satt und zufrieden zündete er sich die erste Zigarette des Tages an, denn zum Rauchen hatte heute die Zeit einfach nicht gereicht. Und danach würde er sofort schlafen gehen, denn er würde noch früher als sonst aus den Federn müssen, um das Kleinvieh in den Ställen zu versorgen, nach den Kälbern zu sehen, die Milchkühe zu melken und sich zu vergewissern, dass die Rinder draußen auf dem Farmland sich nicht aus Dummheit in Schwierigkeiten gebracht hatten. Die überschüssige Milch, die die Kälber nicht brauchten, würde er erst nach dem Regen verbuttern können.

    Während er noch so saß und rauchte, vermeinte er, eine Art Klopfen an der Tür vernommen zu haben. Erst glaubte er an eine Sinnestäuschung. Vielleicht war es auch nur der ewig wehende, jetzt heftig peitschende Wind, der am Schloss gerüttelt hatte, oder das Strömen des Regens, der auf das Dach des Hauses trommelte und schlug. Aber das Geräusch an der Tür wiederholte sich, doch war es weniger ein Klopfen, vielmehr schien es, als zögen scharfe Nägelkrallen über das nasse Holz. Seltsamerweise hatte keiner seiner Hunde angeschlagen, was äußerst ungewöhnlich war, denn allesamt waren es wilde Burschen, die eher Händel suchten, als einem guten Kampf auszuweichen. Sicher hatten sie sich vor den fallenden Wassermassen irgendwohin verkrochen. Vorsichtshalber machte er sein Gewehr schussbereit, denn hier draußen war das Leben nicht ungefährlich, und speziell des Nachts konnte man nie sicher sein, ob sich nicht vier- oder gar zweibeiniges Raubgesindel herumtrieb. Nur der Schnellere, Klügere, Kaltblütigere hatte in diesem harten Land eine Überlebenschance.

    Als sich an der Tür erneut dieses krallenartige Klopfgeräusch vernehmen ließ, schob er ganz behutsam mit dem Lauf des Gewehrs den schweren Eisenriegel beiseite, tat sogleich einen langen Schritt zurück, bereit zu schießen, auf wen oder was auch immer, das sich dort draußen bemerkbar gemacht hatte.

    Langsam öffnete sich die Tür, als wisse derjenige, der draußen wartete, dass ein zu schnelles Eindringen tödlich enden konnte. Als endlich die Tür weit genug geöffnet war, sah er gegen die dunkle Nässe nur einen sich schwach abhebenden roten Fleck, der zögerte, ob er auch hereinkommen dürfe. Der Farmer trat einen weiteren Schritt zurück, bevor er kurz nickte. Als der Fleck in den Lichtkegel der Petroleumlampe kam und sich erhellte, überraschte es ihn doch, dass es sich um eine Frau handelte. Sie war völlig durchnässt und fror ganz offensichtlich und sie war schwarz. Deshalb hatte er sie gegen die Dunkelheit der Nacht nicht erkennen können.

    Sie war jung, jedenfalls wesentlich jünger als er, vielleicht Anfang zwanzig, mit ebenmäßigen Gesichtszügen, ihre Haut glatt und schimmernd von Nässe wie fein bearbeitetes Holz. Der rote Fleck entpuppte sich als ein mehrfach um ihren Körper gewundenes Tuch aus dunkelrotem, jetzt fast schwärzlichem Stoff. Ihre Handflächen wiesen nach oben als Zeichen, dass sie nichts Böses im Sinn hatte und vor allem keine Waffen trug.

    Schweigend ging er um sie herum, spähte kurz hinaus, ohne dass sich einer seiner Hunde zeigte. Dann schloss er die Tür, umrundete sie von der anderen Seite, dabei Abstand haltend und das Gewehr noch immer im Anschlag an seiner Hüfte. Er deutete auf einen Stuhl, der am besten von der Lampe ausgeleuchtet war, und sie setzte sich stumm wie auf einen Befehl.

    Er stand nur so da, sein Gewehr in der Hand und wusste nicht, was er tun sollte. So blieb er einfach stehen, ohne reden zu wollen, ohne reden zu können, und starrte sie an. Ihr Blick traf den seinigen, und er las daraus den Wunsch, die Bitte, hierbleiben zu dürfen. Etwas in ihm sträubte sich dagegen, er brach den Blickkontakt ab, aber bei diesem Wetter konnte er sie nicht wieder fortschicken, sie würde in der Kälte sterben wie ein unachtsames Kalb. Außerdem war er einfach zu müde, sie noch irgendwohin zu fahren. Und wohin denn auch? Aber wo sollte sie schlafen? Sein Haus reichte gerade für ihn, außerdem war da nur seine eigene Schlafkammer. Also wo? Als er wieder zu ihr hinblickte, war sie im Stuhl zusammengesunken vor Erschöpfung und Kälte. Ja, Kälte. Sie musste doch frieren in ihrem tropfnassen Wickeltuch; sie brauchte dringend Wärme. Und erst jetzt bemerkte er, dass er noch immer sein Gewehr auf sie gerichtet hielt. Halb ärgerlich auf sich selbst, stellte er es weg und bedeutete ihr, die nassen Sachen auszuziehen.

    Sie stand auf und wickelte sich aus ihrem Tuch, ohne falsche Scham und ohne aufdringliche Koketterie: Sie war nackt! Erst später wusste er, dass sie niemals etwas unter ihrem Tuch trug. Schweigend und sehr ernsthaft sah sie ihn an. Erst später wusste er, dass sie niemals sprach. Ohne jedes Wort trat sie zu ihm, legte ihre Arme um ihn und löschte die Petroleumlampe. Erst später, viel zu spät, wusste er mit aller Gewissheit, dass sie nur für ihn gekommen war.

    Mitten in der Nacht erwachte er. Die düsteren Regenwolken waren vom Wind aufgerissen worden. Es hatte zu regnen aufgehört, und der Himmel klarte auf. Wie eine schmale silberne Sichel stand der Mond und schickte sein schwaches Licht durch das Fenster in die Schlafkammer.

    Seinen Oberkörper auf den Arm gestützt und halb aufgerichtet, betrachtete er sie, wie sie neben ihm lag, genau so, wie sie in vielen zukünftigen Nächten neben ihm liegen würde: auf dem Bauch mit angewinkelten Schenkeln in der unschuldigen Haltung eines Kindes, ihre kleinen Fäuste fest unter ihr Kinn gepresst, als wollte sie etwas greifen und nie wieder loslassen. Als das spärliche Licht des Mondes über ihren nackten Rücken wanderte, vermeinte er, eine ganze Reihe fahler, gelblicher Flecke auf der Ebenholzschwärze zu erkennen. Er war sich aber keineswegs sicher und hielt es für ein Gaukelspiel von Licht und Schatten. Sanft strich er mit seinen harten, derben Händen über ihre warme Glätte. Ganz behutsam fuhr er mit seinen Fingerspitzen über diese Farbspielflecke, spürte eine etwas andere Wärme, vor der seine Fingerspitzen unmerklich zurückzuckten. Sie stöhnte im Schlaf, erbebte leicht unter der Kühle seiner Fingerkuppen, schwebte aus dem Tiefschlaf in eine Art Halbschlaf empor, drehte leicht ihren Körper zu ihm hin, öffnete die kleinen, geballten Schlafhände und ließ ihre ungewöhnlich sehnigen Finger einzeln hervortreten wie eine Katze, die vor Wonne ihre Krallen spreizt.

    Mit ihrer Ankunft veränderte sich das Leben auf der Farm und für den Farmer. Überall war ihre unaufdringliche Fraulichkeit zu spüren, und sie war sich nicht zu schade, noch früher als er aufzustehen und ihm das Frühstück zu bereiten. In allem, was sie tat, strahlte sie eine ganz eigentümliche Dynamik aus, allein mit Tieren konnte sie nicht umgehen, und sie machte auch keinen Versuch, sich ihnen zu nähern. Die wilden, raubeinigen Hunde hielten einen scheuen Abstand zu ihr, was ihr nur recht zu sein schien. In den folgenden Nächten lernte er sie immer besser kennen, wenngleich mit zunehmendem Mond eine ihm unerklärliche Unruhe in ihr erwachte. In der Nacht, bevor der Mond seine volle Rundung zeigte, war sie verschwunden.

    Erst nach Tagen war sie wieder da, völlig entspannt im Schlaf in ihrer unschuldigen Kinderhaltung, die kleinen Fäuste fest unter das Kinn gepresst. Obwohl er glaubte, sie schon genau zu kennen, war ihm doch, als sei auf ihrem Rücken ein neuer fahler Fleck aufgetaucht, den er vordem noch nicht mit seinen Fingerspitzen in seiner anderen Wärme ertastet hatte.

    Als sie zum dritten Mal verschwunden war, fühlte er, dass er sie verloren hatte. Intensiver als die Male vorher war ihre innere Unruhe, ihre Rastlosigkeit fast körperlich zu spüren gewesen. Sie hatte im Schlaf eine eigentümlich gespannte Haltung eingenommen, hatte die Schenkel nicht rechtwinklig wie sonst, sondern, fast wie zum Sprunge bereit, unter ihrem Bauch fest angezogen. Er fühlte, dass er sie niemals wieder in ihrer unschuldigen Kinderhaltung sehen, niemals mehr mit geschlossenen Augen die warme Glätte ihres Rückens liebkosen werden würde. Zu groß war dieses Mal ihre Unruhe geworden. Niemals wieder würde sie zu ihm zurückkehren. Und ein tiefes Schluchzen entrang sich der Brust des Farmers …

    Doch sie kehrte zu ihm zurück. Aber bei dieser letzten Rückkehr war sie fest entschlossen, ihn zu töten. Sie musste es einfach tun, weil der fahle Mond wieder steigen würde.

    Obwohl die Tür zu dem Haus mit einem starken Eisenriegel gesichert war, würde sie doch wissen, wie hineinzukommen war. Geräuschlos würde sie durch den Gang zu seiner Schlafkammer schleichen, ihre Pupillen stark geweitet, sodass sie scharf sehen konnte. Ganz nahe würde sie an den friedlich Schlafenden herangehen, seinen Körper riechen und ihre Nasenflügel würden sich vor Gier weiten. Dort, wo seine Schultern in den Hals übergingen, dorthinein würde sie ihre blitzenden Fänge schlagen, ihn mit ihrem Gewicht unten halten und mit Krallenhänden seinen Rücken zerfetzen. Schaum würde auf ihre Lippen treten, während sie erbarmungslos und lustvoll zugleich ihr Morden zu Ende führen würde. Gleich würde der volle Mond sein fahles Licht über ihren nackten Körper fluten lassen. Seine kalten Strahlen würden ihre Haut treffen und einen weiteren Fleck dort einbrennen. Für jeden Mord, den sie begehen musste, ein weiterer fahler, gelblicher Brandfleck.

    Bereits der erste Strahl, der sie traf, ließ ihre Hände sich zusammenkrampfen und ihre Nägel scharf hervortreten. Ihre Schultern durchschüttelte es, ihre Beine zuckten wie zum rechten Absprung. Nun war er voll da, ihr fahler Mond. Und seine Strahlen brannten wie nie zuvor. Sie war bereit!

    Da regte sich etwas in ihr, begann, von innen heraus zu brennen. Verwirrt warf sie sich herum, schlug nach ihrer Brust, weil dort das Brennen immer heißer wurde. Und sie setzte sich zur Wehr, kämpfte mit ihrem eigenen Ich gegen die Eiseskälte der Strahlen des fahlen Mondes. Ihr Leib wand sich, zwischen der Anziehungskraft des fordernden Mondes und ihren wahren Gefühlen hin- und hergerissen, bäumte sich auf, sprang in die Luft, krachte zu Boden, krallte sich in die dunkle Erde, zerfetzte die Grasnarbe, riss tiefe, lange Furchen, zuckte unkontrollierbar, verkrampfte sich, brach erschöpft in sich zusammen; tat ein paar Sprünge zum Haus hin, wendete und attackierte den fahlen Mond, ihre Hände krallenartig ausgestreckt, den Mund weit aufgerissen mit fletschenden Zähnen. Sie verbiss sich in die eigenen Hände, tobte gegen ihren Körper und seine Mordgier, stemmte in wilder Angst die Beine heftig in die Erde, während ihre Arme nach dem Farmhaus griffen, sodass sie wie ein weit überspannter Bogen zerbrach, zerbarst, sich selbst zerstörte.

    Am Fenster der Schlafkammer stand der Farmer mit dem Gewehr auf der Brüstung und beobachtete sie. Unheimlich war ihm zumute, und er fühlte erstmals in seinem Leben eine elementare Angst. Dennoch blickte er gebannt auf die vom vollen Mondlicht fast taghell ausgeleuchtete Szenerie. Näherte sie sich dem Haus in weiten Sprüngen, nahm er sofort das Gewehr hoch, seine Hände zitterten dabei. Dann ließ er es wieder sinken, wenn sie erneut den Mond angriff, ihr nackter Körper schweißüberströmt, keuchend und heulend, in bleiches Mondlicht getaucht.

    Nachdem der Mond seine volle Größe erreicht hatte und wie ein gewaltiger Kriegsgott alles beherrschte, kämpfte sie ihren letzten Kampf. Unter Aufbietung aller Kräfte krallte sie sich in die herbe Rinde des uralten Kameldornbaumes, und dort hielt sie die eiserne Umklammerung. So lange, bis der Mond unmerklich an Größe, Gewalt, Leuchtkraft und tödlicher Anziehung eingebüßt, an Fahlheit verloren und sich von seinem Scheitelpunkt langsam wieder hinabgesenkt hatte, um zu vergehen.

    Ihre Arme fielen vom Baume ab, ihre Beine knickten kraftlos unter ihr weg und ihr Stöhnen war bis in die Schlafkammer zu vernehmen, wo der Farmer völlig mesmerisiert am Fenster stand. Sie sank zu Boden, lag dort eine ganze Ewigkeit von lautlosem Weinen umhüllt, ehe sie sich auf ihre Knie aufrichtete. Dabei reckte sich ihr langer, geschmeidiger Körper dem verblassenden, untergehenden Mond entgegen, voll von Demut und Dankbarkeit, sich selbst besiegt und überwunden zu haben: eine schmale, zerbrechliche Silhouette vor der sinkenden Scheibe des fahlen Mondes. Wie unendlich dankbar war sie doch.

    Als die Kugel ihren Kopf durchschlug und sie gespenstisch langsam in sich zusammenfiel, entrang sich der Brust des Farmers ein tiefes Schluchzen.

    WHEN THE PALE MOON RISES

    It was already the second day that it was pouring with rain. The long months of drought had been swept away. October rains as heavy as these were as rare as some exquisite fruit and were accepted with the same gratitude and joy.

    Life on the farm had changed too, the rain had freshly sluiced trees and shrubs and painted them green once more. But the longed for blessing had also caused a lot of extra work. It had to be done quickly, because with the rain the cold had come. The animals, especially the young ones, had to be brought in to find shelter and warmth, otherwise the farmer would experience a serious loss of stock. Also, they had to be protected from drowning in the floods that came roaring down the dry river-bed and took with them everything that could not resist the onslaught.

    The farmer had had to work extremely hard without stopping even for a minute, constantly in danger of being swept away himself when he toiled to move his cattle away from the river to the kraal on higher ground. The animals sensed the danger, but the smell of the fresh, flowing water seemed to overpower them.

    Long after dark, with rain still coming down in buckets, he had completed his task. He was deadly tired, but he felt satisfied and happy. Inside the house he had lit the parafine lamp and wolfed down a frugal supper. A feeling of well-being seeped through him, and he lit the first cigarette of the day; the hectic activities had not given him time for one before. He would go straight to bed afterwards, for another strenuous day lay ahead. He would have to get up early to tend the animals in the barn, see to the milking of the cows and check on the cattle to make sure that their stupidity had not got them into more trouble. The churning of butter from the surplus milk would have to wait till after the rains.

    As he sat smoking, he imagined hearing some sort of knock on the door. At first, he thought he had made a mistake: it could have been the wind rattling the lock of the door or the rain pounding the roof. However, the sound was repeated, and now he realized that it was a scratching sound, rather than knocking, a sound as if sharp nails scraped over wood. Strangely enough the dogs did not bark, all the more strange as they were all wild chaps, who loved a good fight. Now they had crept away and were hiding somewhere. He cocked his rifle. Life was dangerous out here and one never knew if four- or even two- legged enemies were lurking in the night. One’s chances of survival in this hard country depended on one’s wits and resourcefulness.

    The scraping-knocking sound came again. With the muzzle of the gun he flicked the latch of the door open and immediately jumped back, ready to shoot whatever or who ever was outside. Hesitantly the door opened as if the person on the other side knew that a too sudden confrontation could lead to death. When the door had swung open he could only discern a dim red spot against the black wetness. The apparition seemed unsure what to do and after having taken another step back he invited it in with a nod. The light of the lamp revealed a woman. She was wet like a soaked kitten, and she was black. That is why he was unable to recognize her in the dark.

    She was young, much younger than he was. Probably in her early twenties, with a beautiful face, a smooth skin glistening with the wet like burnished copper. She had a red scarf wrapped around her body, and it was dark with soaked up water. She offered the palms of her hands as a sign of peace, that she was not carrying arms. Without a word he walked around her, then looked outside once more, but none of the dogs appeared. He locked the door, circled her again with the rifle at the ready, keeping his distance, and then motioned her to the chair which was directly in the light of the lamp. She sat down as if obeying a command.

    He remained standing with his gun, at a loss as to what to do. He just stood, silent because he had no words. Their eyes met, and he understood that she needed to stay. Something in him balked at the idea — he looked away, but knew that he could not send her out in this weather — she would die like an errant calf. He was too tired to drive her anywhere ; besides, there was nowhere to go. But where was she supposed to sleep? His house was just big enough for him and there was only his own tiny bed-room. So where must he put her? He looked at her again and saw that she was about to succumb to exhaustion and cold. Yes, of course, the cold! She must be freezing in her dripping shawl, she needed warmth above all. Only now he realized that his gun was still pointing at her. Annoyed at himself, he put it away and gestured to her to take off the wet cloth.

    She got up and unwrapped it without self-consciousness and without any flirtatiousness. She was naked. Only later he knew that she never wore anything underneath her wrap. Silently she regarded him, very seriously; she went up to him, put her arms around him and extinguished the lamp. Only later he knew that she needed no words, and he knew with certainty that she had only come for him.

    He woke up in the middle of the night. The rain had ceased, and the clouds tore open. The narrow silver crescent moon shone through the narrow window of his bed-room.

    He pushed himself up on his arm and looked at her as she slept beside him like she would do for many nights to come: on her stomach, her thighs pulled up in the innocent posture of a child, pressing her tiny fists to her chin as if she were holding something she never wanted to release. When the light of the moon touched her back, he imagined he saw a number of pale yellowish

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1