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Lebens-Wert ... anders: Band 3
Lebens-Wert ... anders: Band 3
Lebens-Wert ... anders: Band 3
eBook983 Seiten15 Stunden

Lebens-Wert ... anders: Band 3

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Über dieses E-Book

Unsere Tour de France ...
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum2. Nov. 2021
ISBN9783749776665
Lebens-Wert ... anders: Band 3

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    Buchvorschau

    Lebens-Wert ... anders - Albert Rode

    Kapitel

    17

    Tour de France

    Abfahrt 16:45 Uhr. Völlig unspektakulär ging es zunächst mit der Nordwestbahn bis nach Hude, eine ganz normale Nahverkehrsbahn, mit der die Schüler und Berufspendler unterwegs waren und die bei uns jetzt noch nicht das große Feuerwerk der Reisefreude auslöste. Auch die Innenausstattung war noch weit vom Ruhm und Glamour der großen weiten Welt entfernt, wie sich bereits schon an der einfachen und von Hand zu öffnenden Glasschiebetür erkennen ließ, die den Einstiegsbereich vom Fahrgastraum trennte. Die glatten, bordeauxroten, mitunter vollgeschmierten und zum Teil aufs Übelste zugerichteten Kunststoffbänke mit den senkrechten, nicht verstellbaren Rückenlehnen waren ebenso weit von Zugreiseromantik entfernt wie das Mutterschiff der Züge, der legendäre Orientexpress, über den in so vielen abenteuerlichen, ja fast schon sagenumwobenen Erzählungen berichtet wurde. Nach jedem neu zugestiegenen Fahrgast knallte die Schiebetür in die Ausgangsposition zurück und zum Glück hatten wir nur eine kurze Strecke mit dem „Milchkannenexpress" zu fahren, bis es dann mit dem wesentlich luxuriöseren IC weiter bis nach Hannover ging.

    17.1__Bahnhof – der ganz normale, tägliche Wahnsinn.

    In Hannover angekommen standen uns für das Umsteigen gerade mal achtzehn Minuten Zeit zur Verfügung, was grundsätzlich völlig ausreichend war, doch die weiten Wege auf dem Bahnhof der niedersächsischen Landeshauptstadt waren doch nicht zu unterschätzen, da durfte man nicht bummeln und tat gut daran, sich mit zügigem Schritt von A nach B zu bewegen. Vom scheinbar nicht enden wollenden Bahnsteig ging es über die breite Treppe weiter bis ins Untergeschoss und wenn man richtig Pech hatte, dann zog sich das Umsteigen gleich noch über mehrere Gleise und dann musste man sich wirklich ordentlich sputen, um die mitunter großen Distanzen in der gebotenen Zeit abzulaufen und den Anschlusszug nicht zu verpassen. Und als ob das nicht schon gereicht hätte, kamen dann auch noch die vielen Menschen dazu, die auf so einem Bahnhof herumgeisterten, einfach nur so herumstanden, einige sogar auch völlig stumpf mitten im Weg saßen oder ebenso plan- und hilflos wie man selbst auch im Zickzack-Kurs versuchten, das Menschenlabyrinth irgendwie zu durchlaufen und zu allem Übel gab es dann auch noch die Lautsprecherdurchsagen, die selbst wenn man sich auch noch so sehr bemühte, kaum zu verstehen waren, denn die blechernen Stimmen schallten so undeutlich von einem Bahnsteig zum nächsten, was es nicht nur zu einer akustischen Herausforderung machte, als auch die physischen und psychischen Grenzen bereits schon nach nur wenigen Minuten erreicht waren. Mit Wehmut musste ich da an die älteren Bewohner der Einrichtung denken, wie sie mit dem Rollator oder auch anderen Gehhilfen und den kurzen Tippelschritten in diesem Chaos wahrscheinlich gnadenlos untergegangen wären und der Traum der großen weiten Welt bereits dort schon sein vorzeitiges Ende gefunden hätte. Aber zum Glück planten wir ja den Transfer unserer späteren Reise mit dem Bus und da sollte es ganz sicher um vieles leichter gehen, auf jeden Fall aber was das Umsteigen und die Verständlichkeit der Durchsagen anging!

    Den ersten Bahnhofsmarathon hatten wir vielleicht nicht unbedingt mit Bravour, aber dennoch irgendwie passabel, auf jeden Fall aber mit einer Menge neuer Erfahrungen bewältigt, hatten sogar noch etwas Rest Zeit übrig und saßen bereits schon vor dem Abfahrtspfiff des Schaffners auf unseren Plätzen im ICE nach Karlsruhe. Es war schon eine krasse Steigerung, die wie bei einem Schneeball immer größer wurde. Vor wenigen Stunden saßen wir noch auf der Holzbank der Veranda, die Vögel zwitscherten und alles wirkte entspannt, ruhig und gut strukturiert. Der Lärm, die Hektik und nicht zuletzt auch die schallenden, kaum zu verstehenden Lautsprecherdurchsagen, waren so weit von uns entfernt, so dachte man jedenfalls, dabei waren es dann doch nur wenige Kilometer, eigentlich nur ein Wimpernschlag, der uns von der abgeschiedenen Ruhe und dem Tor der großen weiten Welt trennte. So nutzte ich die ersten Minuten in den bequemen Sesseln des luxuriösen Zugabteils, um den Anfang der Reise noch einmal Revue passieren zu lassen, wie es mit Schwester Anna und ihrem grauen Kugelrenner begann, als sie mit einem Gemisch aus rasselndem Motor und rutschendem Kies auf den Hof donnerte, die ruhende Stille des Wohnheims durchbrach, um uns wie versprochen zum Bahnhofstransfer abzuholen. Dann die fast schon atemberaubende Auto-Fahrt, als wäre es die finale Schlussrunde der Rallye Monte Carlo gewesen und natürlich das laut, quietschende Anhalten direkt auf dem Bahnhofsvorplatz. Mit erhöhtem Adrenalin ging es dann vom Auto weiter, mitten durch die übel riechende Fußgängerunterführung, hinauf auf den Bahnsteig und rein in den Regionalexpress mit den unbequemen, glatten Sitzen, den knallenden Türen und dem unpersönlichen Nebeneinander der anderen Fahrgäste, die alle nicht sehr fröhlich dreinschauten und wo es im Übrigen auch nicht weniger lecker roch. Einige der Fahrgäste schliefen mit dem Kopf in der Ecke angelehnt, die Jüngeren hatten Stöpsel in den Ohren und wippten mit den Füßen im Takt der Musik, die sie sich über den mp3-Player reinzogen, der sich aber wahrscheinlich schon im Laufe der Evolution zum Spotify-Account weiterentwickelt hatte. Während einige in der Zeitung lasen, saßen wiederum ein paar andere einfach nur so da und beobachteten die Schläfer, Musikhörer, Fußwipper, Zeitungsleser oder Nur-so-Dasitzer und genau zu denen gehörten wir, das heißt, wir waren darüber hinaus auch noch die Leise-Unterhalter, was in dem schlecht gedämmten Großraumabteil gar nicht so einfach war, denn die Fahrgeräusche und das ständige Knallen, Zischen und Klappen der unsympathischen Schiebtür machte ein kultiviertes Gespräch fast nicht möglich. Dann die Ankunft in Hannover, wo sich Menschen über Menschen in einer unaufhaltsamen Flut entlang der Bahnsteige bis zu den Treppenabgängen schoben und sich dann im Untergeschoss zu einem noch größeren, fast schon reißenden Strom vereinten, der gnadenlos alles mitriss, dass sich ihm auf dem Weg in die Haupthalle entgegenstellte. Begleitet wurde diese sintflutartige Völkerwanderung von den schallenden Durchsagen, bei denen man trotzdem irgendwie versuchte, die Wortfetzen logisch verständlich aneinander zu reihen: „Kling-ling-ling, … Intercity Schnovanshorn 3841, … Zürich … nachahmburgaltona, … über Gnakefgfrnsburg, Bamberg…. heute aus Gleis 3, … mirfaneste aben manschlus-möglaknacken, … delmenhorst, knacksschaftinderanden 1. Klasse Abschnitten A-C, … dieragenerweiter Klasse in den Abschnitten D, Vorsicht dam hanschneig, dekschnatz … zug fährt ein Kling-ling-ling!" Und hatte man es tatsächlich irgendwie geschafft und das undeutliche Kauderwelsch, ähnlich mühsam wie den „Da-Vinci-Code", zu entschlüsseln und halbwegs verständlich zusammenzufügen, stellte man nicht selten völlig erschrocken fest, dass mit der Durchsage dann zu allem Übel auch noch der Bahnsteig gegenüber und gar nicht die eigene Verbindung gemeint war.

    So hatte ein jeder sein ganz persönliches Ziel, wobei dann das vermeintliche Chaos auch irgendwie wieder strukturierte Weg aufzeigte, wenn einige der Reisenden mit dem „togo Kaffeebecher in der Hand oder einem aus einer Tüte herausguckenden Brötchen oder Croissant, in das sie beim Gehen hin und wieder hineinbissen, wie Roboter auf den im Boden eingelassenen Induktionsschleifen wie Schlafwandler durch die Gänge schlichen. Auch das war so eine neumodische Entwicklung, die mir in den Jahren des Älterwerdens mehr als nur deutlich aufgefallen war: „Essen-to-go. Ich war noch ein Kind der alten Schule, das gemeinsam mit den Eltern die geregelten Mahlzeiten, wie sie es immer so schön konservativ betonten, brav und gerade am Tisch sitzend, pünktlich auf die Stunde einnahm, natürlich mit akkurat gewaschenen Händen, doch dann begann eine Ära, die immer schneller und hektischer wurde, wo alles auf den letzten Drücker passierte und man sich versuchte mit der fadenscheinigen Ausrede: Zeit ist Geld, zu rechtfertigen und die Wege-Zeit zur Versorgungszeit umfunktionierte, was dann nicht selten zur Folge hatte, dass immer mehr Menschen ihre Essgewohnheiten, das Frühstück, Mittag und Abendbrot mehr schlecht als recht im Stehen oder Gehen abhielten. Mir war das ehrlich gesagt viel zu unbequem und auch noch umständlich obendrein. In der einen Hand den Kaffee, in der anderen das Brötchen, dann irgendwie noch den Fahrschein, die Tasche, den Haltegriff, was auch immer, oft wurde man angerempelt, Kaffee schwappte auf die Jacke oder war die ersten fünf Minuten sowieso viel zu heiß zum Trinken und die Kosten für diese mitunter lieblos hergestellten und chemisch aufbereiteten Wasser-Pulver-Granulat-Mix-Produkte waren dann auch gleich drei- bis viermal so teuer, als hätte man sich zuhause nur zehn Minuten Zeit genommen und sich entspannt dafür an den Tisch gesetzt. Aber gut, wahrscheinlich hatten die jungen Leute eben diese zehn Minuten nicht mehr zur Verfügung oder konnten sich einfach nicht früher aus dem Bett quälen, weil sie bis spät in die Nacht die Wiederholung ihrer Lieblingsserie im Fernsehen verfolgten und man natürlich auf keinen Fall verpassen durfte, wer, genau mit wem, warum, wie oft und vor allem aber was machte, damit man später bei der Arbeit, in der Schule oder beim Treffen mit den Freunden auch up-to-date war und fernsehtechnisch uneingeschränkt mitreden konnte, wenigstens was die Rubrik Tratsch und Klatsch anging und man auf diesem Weg eigentlich nur geschickt versuchte die mangelnde Kommunikation, das Fehlen der geregelten Mahlzeiten zu rechtfertigen, womit jedoch der soziale Austausch, das Miteinander, das Auge in Auge natürlich lange nicht zu ersetzen war. Ohje, ich musste gerade an meine alte ehrwürdige Deutschlehrerin denken, der bei diesem Satz nicht nur die Nackenhaare aufgestanden, sondern wie so oft auch die Hände über den Kopf zusammengeschlagen und mich mit einem tiefen Seufzer und sorgenvollen Bedauern kopfschüttelnd über den Brillenrand angesehen hätte. Wahrscheinlich ging es da gerade meiner Korrekturleserin als nicht weniger ehrwürdige, jedoch wesentlich jüngeren Deutschlehrerin nicht sehr viel anders, doch liebe Carolin, ich zitiere einfach mal meinen alten Schulleiter der Meisterschule, ein rhetorischer Meister seines Fachs, der stets die weisen Worte sprach: „Wir lernen nicht für eine Prüfung wir lernen fürs Leben", darum sieh es vielleicht einfach als zusätzliche Herausforderung für deinen weiteren Weg vom Master bis zur Doktorandin.

    Doch zurück zu meiner alten ehrwürdigen Deutschlehrerin, denn genau sie war es, die mir einen nicht weniger langen, aber durchaus sehr eindrucksvollen Vortrag über Schachtelsätze abgehalten und sie als sehr gefährliches Terrain bezeichnete hatte. „Sie können gut sein", sprach sie mit dem erhobenen, mahnenden Zeigefinger, „aber nur, wenn man es kann", senkte den Kopf und blickte mit dem strafenden Schulmeisterblick über den Brillenrand, der, wenn man es nicht gewohnt war oder, wenn man sie nicht kannte, gnadenlos durch Mark und Bein gehen konnte. Ich war beides, es gewohnt und kannte diesen Blick nur zu gut und war daher nicht sonderlich beeindruckt. Dennoch hatte die Situation etwas, dass ich in der heutigen Zeit sehr stark vermisse und damit war nicht ausschließlich das Schüler-Lehrer-Verhältnis gemeint, als vielmehr das grundsätzliche Entgegenbringen des nötigen Respekts, vorrangig gegenüber älteren und erfahreneren Menschen. So sah sie mich mit strengem, eisernem Blick an, hob erneut den Finger, bevor sie mit monotoner, fast schon tiefer Stimme den angefangenen Satz wie von einer vorgefertigten Antwortkarte las und beendete: „Wer es jedoch kann und die Gabe besitzt der darf es und der soll es auch gerne einsetzen", stoppte, spitzte den Mund und sah dabei nachdenklich zur Seite, bevor sich der Blick zurück zu mir orientierte „und du mein Lieber ", sprach sie weiter und griff mir dabei an die Schultern, „du kannst und du darfst es", nickte und besiegelte es mit einem wohlwollenden Lächeln.

    Und so schlängelte sich die Menschenkarawane wie ein endloser Wurm durch das Untergeschoss der Bahnhofshallen, woraus sich dann vor den geöffneten Läden ähnliche und nicht viel weniger lange Warteschlangen bildeten, damit die „Spät-Nachts-Seriengucker und die „Auf-den-letzten-Drücker-Aufsteher dann doch noch zu ihrem begehrten „to-go-Frühstück" kamen und ich bin mir ziemlich, dass es sehr vielen gar nicht wirklich bewusst war, dass der vermeintlich leckere Snack nicht selten schon am Vortag hergestellt, lieblos und mit viel zu üppig aufgetragene Remouladensauce wenig appetitlich in Cellophan Folie eingewickelt und über Nacht in der Auslage hinter der Theke abgelegt wurde, um dann am nächsten Morgen völlig aufgeweicht nur darauf wartete, von einem noch nicht ganz wachen oder einfach nur in Eile hastenden Hungrigen, ohne größere Ansprüche und mit wenig Qualitätsniveau genommen und auch ebenso lieblos bereits schon nach nur wenigen Metern verschlungen zu werden. Dazu noch einen leckeren Kaffee oder Kakao to-go, 100 Prozent Tüte, mit viel Wasser, noch mehr Zucker und undefinierbarem Inhalt, Deckel drauf und das alles zu einem Preis, wofür man auch ein ordentliches Mittag- oder Abendessen in einem durchschnittlich guten Mittelklasserestaurant ganz sicher besser, höchst wahrscheinlich aber weitaus leckerer hätte bekommen können.

    So wurde der chaotische Schneeball immer größer, die ruhige, zurückgelassene Veranda rutschte dabei immer weiter nach hinten und wurde Stück für Stück von der zerwühlten und lauten Bahnhofsatmosphäre abgelöst. Auch wir schwammen im unaufhaltsamen Sog der Strömung mit, den Blick dabei immer auf die an der Decke hängenden Wegweiser gerichtet, damit wir im entscheidenden Moment den Strom verlassen und noch rechtzeitig in einen der ebenso zahlreichen Treppenaufgänge verschwinden und abbiegen konnten. Und dann waren da noch die vielen Obdachlosen und Bettler, die an fast jeder freien und zur Verfügung stehenden Stelle mit einer Decke oder einfach nur auf einem Stück Pappkarton saßen und wie schweigende Mahnmale, wie Zeitzeugen der Not, mit den selbstgemalten Schildern auf die mitunter sehr traurigen und dramatischen Schicksale hinwiesen, was aber tatsächlich auch nur von den wenigsten erkennbar wahrgenommen und mit dem balancierten Frühstück to-go in der Hand, fast schon blind, wie mit einem Autopiloten im gekonnten Slalom umlaufen wurde. Die ganz Hartgesottenen hatten sogar noch irgendwie die Tageszeitung dazwischen geklemmt, aus der sie dann mit einem Auge versuchten die News der Nacht herauszusaugen. Auch die zahlreichen, bis an die Zähne bewaffneten Polizisten waren für uns eine ganz neue Erfahrung und unterschieden sich von unserem Dorfsheriff gewaltig. Während unser Schutzmann im Dorf offiziell als Kontaktbeamter geführt wurde, der seine Pistole nicht selten einfach nur im Handschuhfach des Dienstwagens oder im Tresor der Dienststelle unter Verschluss aufbewahrte, gehörten diese Beamte in der Regel zu Spezialeinheiten, nicht selten sogar zu Sondereinsatzkommandos, die eigens für den Dienst an sozialen Brennpunkten und Gefahrenherden geschult und ausgebildet waren. Unser Polizist gehörte zum Dorf, wie die Kirche und die Kneipe und wurde von den meisten Bewohnern beim Vornamen angesprochen – Paul, die ganz alten, nannten ihn sogar liebevoll Paulchen, weil sie ihn schon aus der Kindheit kannten. Für die Kinder war er Onkel Gerdes und für alle anderen einfach nur Herr Wachtmeister, der nette Schutzmann von nebenan, der auch schon mal die Paragraphen und Gesetze in der Amtsstube ließ und das ein oder andere Mal auch abseits der Vorschrift, auf dem kleinen Dienstweg sozusagen, nicht nur das Heft in die Hand nahm, sondern auch schon mal völlig unbürokratisch den Verkehr lahmlegte, nur um Tante Frieda oder aber eine Entenmutter gefolgt von ihren Küken sicher über die Dorfstraße zu führen.

    Bei uns im Bahnhof sah das natürlich alles ganz anders aus, da patrouillierten die Streifen immer zu zweit durch die Gänge, mit den schusssicheren Westen und der vor der Brust verschränkt gehaltenen Maschinenpistole, erinnerten sie mehr an Soldaten, als an Kontaktbeamte und gehörten genauso zum Gesamtkunstwerk „Bahnhof dazu, wie die Obdachlosen, die Coffee-to-go Träger, die Geschäftsleute mit langen Kaschmirmänteln, der Zeitung unter dem Arm und dem Trolley an der Hand oder natürlich auch die feinen Damen, die auf hochhackigen Stöckelschuhen, mit der Designer-Handtasche über dem Arm und aufgeklapptem Taschenspiegel herumstolperten und dabei hoffnungslos versuchten, mit den letzten Restaurationsarbeiten to-go, eine annähernde Tageslichttauglichkeit zu erreichen, die sie dann wenigstens später bei der Ankunft im Büro wiedererkennen ließ. Sie alle gehörten dazu und gaben dem Bahnhof das Flair, ohne das er auch nicht der Bahnhof der Landeshauptstadt gewesen wäre. Alle diese Menschen fielen kaum noch auf, niemand drehte sich nach ihnen um, selbst dann nicht, wenn sich die Erscheinung auch noch so skurril und außergewöhnlich zeigte. Sie waren das gewohnte Bild – wir waren es, die auffielen, die nicht in das hektische und alltägliche Profil der Großstadt passten, denn wir waren es, die wie die Unschuld vom Land oder das Dummchen vom Dorf, plan- und orientierungslos herumirrten und hoffnungslos versuchten, in der für uns so großen und neuen Welt irgendwie klar zu kommen. Erschwerend kam hinzu, dass die Taschendiebe, wie auch andere Kleinkriminelle eben genau nach solchen potentiellen Opfern Ausschau hielten, die es förmlich auf der Stirn stehen hatten und darum hieß es für uns einmal mehr aufzupassen, die Taschen enganliegend und die Hand immer fest am Geldbeutel zu haben. Und so erreichten wir dann auch unseren rettenden Bahnsteig, das heißt, von Rettung war da wenig zu erkennen, denn eigentlich war es da auch nicht anders als in der großen Halle. Erst als wir den Zug bestiegen, wurde es spürbar ruhiger, wesentlich entspannter, die Geräuschkulisse reduzierte sich auf ein wirklich erträgliches und angenehmes Maß. Wie unter eine Käseglocke isoliert, waren die Geräusche der hektischen Welt nun scheinbar meilenweit entfernt und als sich dann auch noch die schwere automatische Zug Tür hydraulisch, mit einem dumpfen „Bammp, verschloss, da fühlten wir uns wie in einer anderen Welt, wobei das schwache Surren der Lüftung sich ganz plötzlich zum lautesten Geräusch entwickelte. Wohlsein, dachten wir, genossen die entspannte Ruhe und mussten nun aber auch die Unterhaltungslautstärke der reduzierten Umgebungsruhe anpassen. Es war schon ein krasser Unterschied, denn vor noch nicht einmal fünf Minuten mussten wir noch so unglaublich laut schreien um uns zu verständigen und nun war das knisternde Umblättern der Zeitungsseiten ein Geräusch, für das man sich fast entschuldigen wollte.„Kling-ling-ling wir möchten alle neu zugestiegenen Fahrgäste ganz herzlich begrüßen und wünschen Ihnen eine angenehme Reise im ICE Alexander von Humboldt auf der Fahrt nach Karlsruhe", hörten wir eine sanfte Frauenstimme, die aus dem Deckenlautsprecher zu hören war. Noch während die Stimme die weiteren Angebote und Vorzüge des Bordrestaurants aufzählen konnte, machte ich es mir in dem weichen und sehr komfortablen ICE-Sessel bequem, genoss das leichte Geschuckel der Fahrt, schloss die Augen und bei dem Gedanken an den Dorfsheriff erinnerte ich mich an eine nette Anekdote, die sich zugegebenermaßen wirklich mehr als nur verrückt anhörte und die sich, wenn gleich auch schon vor wirklich langer Zeit, tatsächlich einmal genau so zugetragen hat.

    17.2__Vom Lockstedter zur Grünen Minna

    Wie schon erwähnt ereignete sich die Geschichte vor wirklich langer Zeit, ich glaube ich war imjugendlichen Alter von 18 oder 19 Jahren und hatte zu der Zeit eine Freundin, die zirka neunzig Kilometer entfernt von meinem Heimatort lebte. Es war eine ganz normale, gutbürgerliche Familie, die in einem nicht weit von Hannover gelegenem Ort, das heißt eigentlich mehr in einem Dorf, lebte. Die Mutter arbeitete halbtags in einer Apotheke, während der Vater als Verwaltungsangestellter bei einer namhaften Krankenkasse beschäftigt war. Das kleine Dorf war schnell charakterisiert, es gehörte zu den innovativen Ortschaften, die sich inmitten des Umsturzes befanden und sich weg von den alten lehmverputzten Häusern mit einem vorwiegend älteren Bewohneranteil, mit neuen Angeboten und Anreizen in eine wesentlich modernere Richtung entwickelten. So wechselte auch die Familie meiner damaligen Freundin vom alten Fachwerkhaus der Großeltern, mit separater Waschküche, Schuppen, Werkstatt und altem, verwitterten Lattenzaun, in das neu erschlossene Wohngebiet am Dorfrand, wo sie gemeinsam ein kleines Einfamilienhaus mit großem Garten bewohnten. Zum innovativen Fortschritt gehörte außerdem noch eine Kneipe, in der alle vierzehn Tage im hinteren, abgetrennten Saalbereich eine Leinwand gespannt und ein Kinofilm gezeigt wurde. Natürlich durfte auch ein Tante-Emma-Laden nicht fehlen, in dem nicht nur die Post abgegeben, sondern nicht selten auch gleich das sonst so wohlbehütete Postgeheimnis im ultimativen Informationsaustausch, sozusagen als lokale Klatsch- und Tratsch Presse des kleinen Ortes, untereinander weitergegeben wurde, natürlich alles immer nur im Vertrauen, versteht sich und unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Also im Grunde genommen ein ganz normales Dorf, auch nicht viel anders wie wir es vielerorts in Deutschland, vielleicht sogar auf der ganzen Welt finden konnten und da machte die ausgelassene und fast schon Volksfest ähnliche Stimmung beim Aufstellen des einzigen Buswartehäuschens auch keine Ausnahme, die sich direkt vor dem Dorfgemeinschaftshaus mit der angrenzenden Polizeistation befand.

    Und so saßen wir eines Abends gemeinsam im Kreis der Familie am Tisch, tauschten uns über die erlebten Dinge des Tages aus, was es an spektakulären oder auch einfach nur an normalen Tratschgeschichten zu erzählen gab. Und da verging kaum ein Abend, an dem es nicht wirklich viel zu berichten gab, der Redebedarf war wesentlich größer als man es heute erkennen kann, denn WhatsApp und Handy gab es noch nicht, was die jüngere Generation vielleicht nicht wirklich verstehen und nachvollziehen kann. Da saß man sich noch Auge in Auge blickend, leibhaftig und nicht wie beim Skypen auf einem Flachbildschirm verzerrt dargestellt, gegenüber und hat darüber hinaus auch noch echt miteinander gesprochen, zugehört und gelacht, man hat über neue und geplante, aber auch über längst vergangene Aktivitäten gesprochen, ein Abendbrot to-go gab es genauso wenig, wie die Flimmerkiste, die im Hintergrund dazu lief. Ja, so waren sie die alten, fossilen und verstaubten Zeiten, aber wir haben sie geliebt. Und immer dann, wenn das Abendessen beendet war, da sprang man nicht einfach auf und weg, da saßen wir nicht selten noch lange am Tisch, entwickelten lustige Streichholz-Ratespiele, um das Abräumen, das Abspülen und was uns noch so einfiel zu verteilen. Der Vater stopfte sich dabei gemütlich die Abendpfeife und wenn dann doch mal einer vorzeitig aufstand und den Tisch verließ, dann eigentlich nur um ein paar Schnapsgläser und den alten, ehrwürdigen, wohlbehüteten und auch nicht weniger hochprozentigen „Lockstedter" aus dem Schrank zu holen, einen Apothekerschnaps, der mehr oder weniger schon zur Standardrunde gehörte und den Übergang vom Essen in den weiteren gemütlichen Teil des Abends einleitete. Aus dieser Ein-Leitung konnte sich dann auch ganz schnell mal eine Zwei- und nicht selten sogar auch eine Drei-Leitung entwickeln, womit das gemeinschaftliche Sitzen am Tisch gemeint war, das dann auch gern einmal etwas länger dauern durfte, je nachdem was es zu berichten gab oder aber was für eine alte Geschichte aus der Kiste gekramt wurde. Ich war zu dem Zeitpunkt noch recht neu in der Familie und versuchte mich als Frischling aus der knapp neunzig Kilometer entfernten Großstadt entsprechend positiv einzubringen, zog alle Register und legte sämtliche mir von Zuhause mitgegebenen Höflichkeits- und Benimmregeln in die Schale und wollte damit natürlich nicht nur irgendeinen, als vielmehr genau den Eindruck hinterlassen, der nicht nur die Augen der vermeintlichen Schwiegereltern in spe zum Leuchten, als natürlich auch das Herz der Angebeteten zum Radschlagen bringen sollte. So saßen wir in freudiger Erwartung beisammen, das Geschirr war bereits abgeräumt, die Schnapsgläser gefüllt, was natürlich von keinem geringeren als dem Vater, dem Herrn des Hauses, auch direkt zur Chefsache gemacht wurde und mit dem erhobenen Glas und einem begleiteten „Wohlsein", auffordernd in die Runde gehalten wurde. Wie bei einer perfekt inszenierten und gut einstudierten Choreographie folgten die Gläser der anderen Familienmitglieder und trafen sich zu einem fröhlichen Anstoß in der Mitte des Tisches, bevor sie von allen mit einem Lächeln an den Mund geführt und genussvoll nach hinten abgekippt wurden. Als richtiger Kerl, als welterfahrenes Kind der Großstadt, tat ich es ihnen gleich, doch kaum hatte ich das Glas angesetzt, es roch nicht besonders hart oder streng, was jetzt auch nicht bedeuten sollte, dass ich der ultimative Schnapstrinker war und die Qualität anhand des Geruchs belastbar beurteilen konnte, doch als der Likör vom Mund in den Rachen floss, da war weitaus mehr als nur Hopfen und Malz verloren, bei mir fehlte es da gerade an ganz anderen Dingen, vorrangig an Luft und ich dachte das mein letztes Stündlein geschlagen hätte und ich mich gerade von der Welt, aber auch gedanklich von meinem bis dahin noch sehr jungen Leben verabschieden musste. Es brannte wie Feuer, ach was sage ich denn, es fühlte sich an wie ein Gemisch aus Salzsäure, Tabasco und Jalapeno, es schnürte mir die Kehle zu, ich sprang auf und hüpfte von einem Bein auf das andere, das Wasser schoss mir in die Augen und ich wusste weiß Gott nicht, was ich machen und schon mal gar nicht, wie ich die nächsten Minuten überstehen sollte. Wie angestochen rannte ich auf die nahegelegene Gästetoilette, hielt den weit geöffneten Mund unter den laufenden Wasserhahn, versuchte zu retten, was zu retten war und saugte das Wasser wie bei einer Druckbetankung aus der Leitung. Völlig abgekämpft, mit knallrotem Kopf und immer noch triefend heulenden Augen kam ich zurück ins Wohnzimmer und sah die anderen drei völlig emotions- und bewegungslos auf ihren Plätzen sitzen, die Ellenbogen aufgestützt und erst als ich bei ihnen zurück am Tisch war und immer noch Angst hatte ins kurzzeitige Koma zu verfallen, da fragte mich meine Freundin, ob bei mir alles gut wäre und verzog dabei mit einem arroganten Augenrollen das Gesicht. Die Mutter, eher schüchtern, still, zurückhaltend und bis dahin eigentlich immer sehr rücksichts- und liebevoll zu mir, fragte mich mit ruhiger Stimme, ob ich mich verschluckt hätte und sah mich dabei mit dem gleichen bedauernswerten Gesichtsausdruck wie zuvor auch schon meine Freundin an. Der Vater, kaum aus der Reserve zu locken und nur schwer einzuschätzen, schmunzelte vor sich hin, stopfte sich in aller Ruhe das nächste Pfeifchen und ohne aufzublicken murmelte er, „das passiert schon mal beim Zweiten wird’s besser" und schob sein Glas emotionslos in die Mitte des Tisches. „Also ich nehme noch einen", sprach er weiter, spitzte genussvoll den Mund und sah dabei fragend in die Runde. „Ich auch", kam es von meiner Freundin und auch die Mutter hängte sich mit einem fröhlichen, „für mich auch bitte noch einen" an die trinkfesten Familienmitglieder und konnte sich den eindeutig an meine Adresse gerichteten Seitenhieb nicht wirklich verkneifen: „So etwas tut ganz besonders nach dem Essen gut, ist ja auch nur ein milder Magenbitter", sagte sie, schob das Glas zur Tischmitte, nickte und tat so, als wäre es das normalste Getränk der Welt gewesen. Ich verstand die Welt nicht mehr, warum zeigten die drei überhaupt keine Reaktion auf den Schnaps, während ich schon wie eine Mittelstreckenrakete die zweite Runde um den Orbit kreiste. Waren bei ihnen schon sämtliche Geschmacksnerven weggebrannt oder etwa gar nicht mehr vorhanden? Waren sie immun oder vielleicht doch einfach nur gut trainierte Quartalstrinker? Wo war ich da nur hingeraten, dachte ich und nach dem Motto: Lieber ein Weichei, als tot, lehnte ich einen weiteren Schnaps dankend ab. Und als hätten sie sich erneut abgesprochen, war begleitend zu dem kollektiven Augenrollen ein unterschwelliges, fast schon schadenfrohes Lächeln von allen dreien nicht wirklich zu verbergen und als die Spannung den Höhepunkt erreichte lösten sie das Rätsel und erklärten mir, dass sie mit dieser Nummer eigentlich fastjeden neuen Gast bekamen, die explosive Reaktion überhaupt keine Ausnahme war und ich mich damit in absolut guter Gesellschaft bewegte. Die Familie wusste damit umzugehen, kannte die Tricks und die Tücken des geheimnisvollen Apothekerschnaps nur zu gut, der darüber hinaus auch wirklich ein gesunder Kräuterschnaps und tatsächlich besonders gut für die Verdauung gedacht ist, womit die Mutter noch nicht einmal falsch lag, doch was sie allerdings alle drei als Geheimnis für sich behielten war, dass das Getränk hochgradig mit Sauerstoff reagierte und es dadurch zur vermeintlichen Kernspaltung kam, die das flammende Inferno in meinem Hals auslöste. Wenn man natürlich mit der Wirkungsweise vertraut war, konnte man dem Desaster auch ganz einfach entgehen, indem man nach dem ersten Schluck für zirka eine Minute den Mund geschlossen hielt und ausschließlich durch die Nase atmete. So zeigten es jedenfalls die drei anderen und blieben völlig entspannt und wenig beeindruckt am Tisch sitzen, während ich den Mund aufriss und wild um Luft rang, was dann natürlich auch erst den Vulkan zum Ausbruch brachte. Mein peinlicher Einstand war wie im Drehbuch der Verräter vorgesehen Oscar reif über die Bühne gegangen und ich um eine schmerzhafte Erfahrung reicher. Nachdem die Aufwärmphase, im wahrsten Sinne des Wortes, beendet war, erzählte der Vater eine alte Geschichte, bei der es zwar nicht ausschließlich nur um den Apothekerschnaps ging, sie aber doch irgendwie damit im Zusammenhang stand. Und wie es so in jungen Jahren üblich war, ging man nach der Arbeit nicht gleich nach Hause, denn in der Regel führte der Heimweg unweigerlich an der Dorfkneipe vorbei. „Wollte nur mal kurz reingucken", sagte er schmunzelnd, stopfte sich eine neue Pfeife und versank in den Gedanken der Geschichte, die er uns gleich darauf erzählen wollte.

    Man ging in die Kneipe, begrüßte die Kumpel oder auch die neuen Nachbarn der jüngst entstandenen Neubausiedlung, es war Freitag, das Wochenende stand vor der Tür und alles deutete auf einen ruhigen Feierabend hin, ohne Hast und Eile. „Naja", sagte er und versuchte mit einem Schmunzeln zu erklären, wie sich so eine Situation entwickeln konnte, bei der man ja eigentlich nur mal kurz gucken wollte. „Und wie es sich dann so ergibt", sprach er weiter, „da gab der `ne Runde und dann auch wieder ein anderer und ehe man sich versah, ging es plötzlich nur noch um Runden", hob die Schultern, verzog den Mund und versuchte damit zu demonstrieren, dass er sich die Dynamik der Entwicklung selbst auch nicht wirklich erklären konnte und ließ dazu den prüfenden Blick wie ein Schelm durch die Runde kreisen. Die feuchtfröhliche Kneipenstimmung wurde dann natürlich noch begleitet von der Hintergrundmusik aus der Jukebox, der eigentlich niemand so richtig zuhörte, sie aber dennoch fehlte, wenn sie eben nicht mit dabei war. Hinzu kamen die dichten blauen Nebelschwaden des Zigaretten- und Pfeifenrauchs und natürlich die hoch intellektuellen und unglaublich wichtigen Gespräche, die in der Regel beim Sport begannen, sich im weiteren Verlauf des Abends bis weit über die Politik hinaus entwickelten und dann zu später Stunde und natürlich unter Zugabe von Unmengen Bier und Schnaps, irgendwo im Nirgendwo endeten. Und genauso regelmäßig wie sich dieser Ablauf wiederholte, war es dann auch nur eine Frage der Zeit, wann sich der Dorfpolizist der illustren Feierabendrunde anschloss und mit einer ebenso fadenscheinigen Begründung die Kneipe betrat: „Wollte nur mal eben nach dem Rechten sehen", rief er mit autoritärer und extra lauter Stimme, damit es auch der letzte Gast verstehen und sein Pflichtbewusstsein lobend anerkennen konnte, was ehrlich gesagt genau wie die im Hintergrund gespielte Musik nur wenig verstanden wurde. Nachdem sich nun die wichtigsten Dorfbewohner, nebst der Polizeigewalt eingefunden hatten, konnte der feuchtfröhliche Abend seinen Lauf nehmen, wobei sich der Wachtmeister zunächst noch eisern, wenn auch schweren Herzens, aber dennoch vorbildlich am Wasserglas festhielt und so lange er noch im Dienst und vielmehr noch Herr seiner Entscheidungen war, pflichtbewusst die Autoschlüssel aller Beteiligten einsammelte und sie zusammen mit dem Sakko und der Dienstmütze beim Wirt hinter der Theke deponierte, bis er dann irgendwann auf die Uhr sah und mit ebenso lauter Stimme wie zuvor den gerade erreichten Dienstschluss verkündete, sich mit aufgekrempelten Hemdsärmeln lautstark in die Gruppe der Freizeittrinker einreihte und schon nach nur wenigen Minuten mit dem harten Kern fest verschmolzen und in tiefe Grundsatzgespräche verstrickt war. So ging der Abend dahin, einer nach dem anderen verließ das Lokal und versuchte mehr oder weniger aufrecht und natürlich so gut es ging, den Heimweg zu finden. Auch der Vater meiner Freundin trat irgendwann und wie er selbst sagte, auch irgendwie, den schweren und langen Heimweg an und konnte sich nur noch an kurze, aufblitzende Fragmente des Abends erinnern, wie er am nächsten Morgen beim gemeinsamen Frühstück mit der Ehefrau kleinlaut, mit demütiger und schwacher Stimme, nur mäßig geöffneten Augen, aber einem dafür umso dickeren Schädel, erklärte. Also eigentlich auch nicht anders als sonst und soweit er sich erinnern konnte, war es mal wieder ein schöner und geselliger Abend gewesen. Doch als die Frau vom morgendlichen Einkauf zurückkam, hatte sie alles andere als gute Nachrichten, um nicht zu sagen, tragische Neuigkeiten mit nach Hause gebracht. Im Tante-Emma-Laden hatte sie erfahren, dass in der vergangenen Nacht der Dienstwagen vom Dorfsheriff, die grüne Minna, wie der Polizei VW-Käfer im Volksmund genannt wurde, vor der Kneipe gestohlen worden war. Das Schlimme an der Geschichte war jedoch, dass mit der Meldung an die nächst höhere Dienststelle nicht nur eine Menge Staub aufgewirbelt, sondern auch große Unannehmlichkeiten und ganz sicher auch schmerzhafte Konsequenzen für den Dorfpolizisten gegeben hätte und genau so eine Unruhe konnte man in dem gut funktionierenden Dorfleben nun mal nicht gebrauchen. Völlig empört sprang der Vater meiner Freundin auf, wollte sich gerade helfend auf den Weg zur Dienststelle machen und vermutete, dass Paul, der Dorfsheriff, den Wagen vielleicht etwas versteckt geparkt hatte und ihn nach dem hochprozentigen Filmriss und der durchzechten Nacht einfach nur nicht wiederfand. Mit dem Griff zur Jacke an der Garderobe wollte er sich gerade von der Frau verabschieden und sagte ihr, dass er bei der Gelegenheit auch gleich seinen Wagen mit nach Hause bringen wollte, denn auch er hatte ihn brav und umsichtig dort stehengelassen. Die Frau sah ihn an, stutzte und sagte mit tiefen sorgenvollen Falten auf der Stirn, dass sie der Meinung war, in der Nacht das Motorengeräusch des Autos gehört zu haben und annahm, dass ein noch fahrtüchtiger Nachbar den Ehemann nach Hause chauffiert und den Wagen in der Garage abgestellt hatte. Auf jeden Fall war das Garagentor geschlossen. „Da gab es keinen, der auch nur ansatzweise noch geradeaus gucken", sagte er leise, „geschweige denn fahren konnte" und hatte plötzlich die gleichen erkennbaren Falten auf der Stirn, sah seiner Frau tief in die Augen und kommentarlos gingen sie beide nach draußen zur Garage. Die Garageneinfahrt war außerordentlich schmal und eng gebaut. Zwei gemauerte Pfosten zierten den Eingang und wurden dummerweise dem damaligen ersten Auto der Familie angepasst, einem Goggomobil, als es eigentlich noch gar keine Familie, sondern ein jung verheiratetes Paar war, was aber auch zu dem Zeitpunkt und so lange das schmale Gefährt dazu gehörte, auch völlig ausreichend war und damals eigentlich niemand so wirklich darüber nachdachte, dass es ja auch mal breitere Fahrzeuge geben könnte. Erst später dann, als der Goggo gegen einen VW Käfer ausgetauscht wurde, erkannte man die Schwierigkeit und fortan musste man schon etwas genauer hingucken und vorsichtig an den beiden Pfeilern vorbeimanövrieren. Das klappte mal besser, leider aber auch mal nur weniger gut, denn Mutter, Vater, als auch die Tochter hatten alle schon mal das leidliche Vergnügen, einen der beiden Pfosten zu tuschieren und hinterließen so die erkennbaren Kratzspuren im Autolack, aber auch an den engstehenden Pfosten der Garagenzufahrt. Umso größer waren die berechtigten Sorgen, was sie jetzt nach dem Öffnen des Garagentores zu sehen bekamen. Schlüssel ins Schloss, Griff gedreht und mit leichten Druck bewegte sich das Tor nach oben, begleitet von einem langgezogenen Quietschgeräusch. Und dann lag das Drama, das Ausmaß der traurigen Vermutung direkt vor ihnen. Die Mutter meiner Freundin stand da mit großen Augen, weitgeöffnetem Mund und die Hände erschrocken an den Kopf gelegt und auch der Vater der Familie stand ebenso erstaunt wie ratlos neben ihr und mehr als ein: „Upps, das ist ja mal ein Ding", kam ihm spontan nicht über die Lippen. Was war passiert? Das Drama hatte weder Beulen noch Kratzer und war auch nicht orange, der eigentlichen Farbe des Familienkäfers, vor ihnen stand die verloren gegangene „Grüne Minna", gerade und ohne einen Kratzer, nahezu perfekt abgestellt. Beide sahen sie sich schier ohnmächtig und mit versteinerten Gesichtszügen an, doch dann ergriff der Vater die Initiative und sprach: „Hab ich`s doch gewusst, dass es sich aufklären wird" und nickte dazu, als hätte man seinen Hut irgendwo liegengelassen und ihn nach langer Suche gerade wiedergefunden. „Dann will ich ihn auch mal schnell zurückbringen", sagte er, „nicht, dass er noch gesucht wird" und konnte sich ein breites Grienen nicht verkneifen. Die Mutter war immer noch sprachlos und verfolgte ihren Mann wie er das Auto aus der Garage fuhr und am Ende der Straße damit nach unten ins Dorf abbog. Nur ein paar Straßen weiter erreichte er die Polizeiwache, parkte den Käfer direkt vor der Tür auf seinem dafür vorgesehenen Platz, schaltete den Motor aus und übergab den Schlüssel an Paul, seinen Kumpel, in diesem Fall aber auch Wachtmeister, der wie alle Beteiligten mit weit geöffneten Mund sprachlos aus der Wäsche guckte. „Bist DU wahnsinnig" rief der Dorfsheriff wutschnaubend und hatte dazu beide Hände in die Hüften gestemmt. Und auch sein Gesichtsausdruck sah alles andere als entspannt und freundlich aus, mehr so, als wollte er ihn mit Haut und Haaren fressen, wenigstens aber in der Luft zerreißen, doch als das Spektakel von dem schallenden Gelächter der restlichen Gemeinde übertönt wurde, beruhigte sich die Stimmung ein wenig und auch die Gesichtsfarbe des Schutzmanns fand so langsam wieder zu einer normalen Färbung zurück. „Mensch, nach der Nacht, darfst du doch noch gar nicht wieder fahren", fauchte ihn Paul an und hob mahnend den Finger, „ich weiß", antwortete der Vater meiner Freundin, „darum habe ich ja auch meinen Wagen bei der Wirtschaft stehen gelassen", was von der Menschenmenge mit johlendem Beifall noch lauter als zuvor begleitet wurde. Glücklicherweise hatte sich das Problem gelöst, es brauchte keine Meldung an die höhere Dienststelle gemacht werden, niemand hatte einen Schaden, viele hatten ihren Spaß und weil der Schreck und der Schock noch so tief saßen, gingen sie tatsächlich an den Ort des Ursprungs zurück: Der Wirt öffnete seine Türen und lud zu einem spontanen Frühschoppen ein. Und wie auch schon am Abend zuvor wurden wieder die Autoschlüssel eingesammelt, das heißt, eigentlich lagen sie ja noch alle da, bis auf den einen und wurden allerdings vom Wirt höchstpersönlich verwaltet und weggeschlossen. Und wie man so gemütlich beisammensaß und auch die Betriebstemperatur schnell wieder erreicht hatte, da setzte der Vater meiner Freundin dem Ganzen noch die Krone auf und fragte allen Ernstes, ob es für den zurückgebrachten Dienstwagen nicht einen Finderlohn gäbe. Wann genau dieser nichtgeplante Frühschoppen endete, hatte er nicht mehr erzählt, vielleicht fehlten auch da wieder ein paar entscheidende Stunden, auf jeden Fall aber ließen sie alle ihre Fahrzeuge stehen und gingen brav zu Fuß nach Hause.

    „Kling-ling-ling wir möchten alle neu zugestiegenen Fahrgäste herzlich begrüßen", klang es erneut aus den Deckenlautsprechern, was mich aus dem angenehmen Schuckeln in die Realität zurückholte, als ich für einen Moment von den Gedanken überrannt, tief im Reich der Träume versunken war. Sylke saß mir direkt gegenüber, hatte es sich ebenfalls bequem gemacht, die Schuhe ausgezogen und die Füße unter dem Tisch neben mir auf dem Sitz abgelegt und war tief in ihrem Buch versunken. Zeit für einen kleinen Snack, dachte ich, kramte in meinen Rucksack herum und holte die ersten Brotpakete heraus. „Wie, schon Hunger?" fragte Sylke und lunzte dabei neugierig über den Buchrand.

    „Nein, ich mache nur Bestandsaufnahme", antwortete ich, lächelte zurück, nahm das Paket mit dem großen „V" und hielt es ihr entgegen: „Mit ganz besonders lieben Grüßen von unserer Küchenfee, Mathilde", sagte ich, worauf hin sie den zunächst vorsichtig, zaghaften Blick hinter dem Buch etwas mehr öffnete und mich erstaunt, aber auch etwas ungläubig ansah. „Wie, für mich?" fragte sie erstaunt, drückte das Kreuz durch, richtete sich auf, legte das Buch an die Seite und bemusterte die Tüte. „Steht das „V da für Vielfraß drauf? fragte sie erneut und lachte. „V wie vegetarisch", erwiderte ich und rollte dazu mit den Augen. „Aber woher wusste Mathilde?" fragte sie weiter, „Mathilde weiß so manches", unterbrach ich sie, „viel, viel mehr als so manch einer denkt", schmunzelte und bestätigte es mit einem verträumten Nicken.

    In den nächsten Minuten unterhielten wir uns über Mathilde, kamen von einer Person zur nächsten, vom Hundertstel zum Tausendstel, vergaßen die Zeit und bemerkten gar nicht, dass wir bereits schon kurz vor Karlsruhe waren. Die Umstiegszeit betrug nur vier Minuten, wir mussten uns also sputen, voll konzentrieren und unterbrachen das Gespräch für den Moment. Unmittelbar bevor der Zug zum Stehen kam gab es eine erneute Durchsage und glücklicherweise mussten wir den Bahnsteig dieses Mal gar nicht verlassen, der Anschlusszug startete direkt von gegenüber und so hatten wir es erheblich leichter und wesentlich entspannter, als noch zuvor beim Wechsel im nahezu chaotischen Taubenschlag von Hannover. Wir verließen den Zug, wechselten mit ein paar Schritten die Bahnsteigseite und die paar Minuten an der frischen Luft taten wirklich gut, auch das kurze Beine vertreten waren eine angenehme und gern genommene Abwechslung, als auch schon der Anschluss-ICE, wie über die Lautsprecheranlage angekündigt, in den Bahnhof einfuhr. Auch hier waren wir im Großraumwagen bestens aufgehoben, zwei freie Plätze mit Tisch waren schnell gefunden und weiter ging`s zum nächsten Etappenziel bis nach Basel Bad, wo dann allerdings eine sehr lange Umsteigezeit von fast vier Stunden auf uns warten sollte. „Basel, ist das eigentlich schon Schweiz?" fragte ich Sylke und sie spitze den Mund. „So wohl, als auch", antwortete sie und bewegte dazu den Kopf abwägend hin und her. „Basel wird auch als Dreiländereck bezeichnet, denn nur der Rhein bildet die natürliche Grenze zu Frankreich und Deutschland, wobei sich die Stadt Basel auf der anderen Seite des Flusses befindet und natürlich zu einhundert Prozent Schweiz ist und dort befindet sich dann auch der SBB, der Schweizer Bundes-Bahnhof", beendete sie ihren Vortrag und hob dabei schulmeisternd den linken Zeigefinger. „Wow", sagte ich, „du kennst dich ja bestens aus. Warst du schon mal da oder hattest du bei der Schweiz in der Schule ganz besonders gut aufgepasst?" und nickte ihr anerkennend zu. „Nö", sagte sie, „weder noch, habe ich auch gerade erst im Internet bei Wikipedia gelesen, die wissen echt Hammer viel", sagte sie schelmisch, zog die Mundwinkel auseinander und versteckte sich wieder verlegen hinter dem Buch. „Warst du denn schon mal in Basel?" fragte sie und warf den Stein zurück in meine Hälfte. Ich überlegte kurz, lehnte mich zurück: „Die Schweiz ist einfach nur dunkel und flach", murmelte vor mich hin und schmunzelte. „Wie, dunkel und flach?" kam es von ihr mit Unverständnis zurück. „Die Schweizer haben doch nicht nur die Kräuterbonbons, sondern auch die Berge erfunden", sagte sie mit lächelndem Unterton. Ja, da hatte sie wohl Recht, doch für mich war sie nur dunkel und flach in Erinnerung und das hatte auch seinen ganz bestimmten Grund.

    17.3__Die Schweiz ist dunkel und flach

    Es waren schon einige Jahre vergangen, da begleitete ich meinen Schwager, zu einem Besuch in seine alte Heimatstadt Bern, wo er als gebürtiger Schweizer regelmäßig zwei- bis dreimal im Jahr einen Besuch absolvierte. Zum einen natürlich um seine Eltern wiederzusehen, aber auch um alte Freunde zu treffen und ein paar gemeinsame Stunden mit den alten Kameraden zu verbringen. Wir fuhren entspannt mit dem Zug, aber nicht mit so einer tuckernden Bimmelbahn die in jedem Ort und an jeder Milchkanne hielt, wir hatten einen Schnellzug oder besser gesagt, einen ICE. Mit nur einmal in Frankfurt umsteigen und im Tiefflug weiter bis nach Bern, was es die beste und auch schnellste Verbindung. Die Eltern bewohnten eine kleine Wohnung im sechsten Stock einer typischen Arbeitersiedlung dessen Blick vom Balkon nicht gegensätzlicher hätte sein können. Sah man nach vorn aus dem Fenster, so stand ein Hochhaus neben dem nächsten, dazwischen ein paar Rasenflächen, die von Fußwegen, der Straße oder den Straßenbahnschienen durchkreuzt wurden. Getto ähnliche Zustände, wie wir sie auch bei uns in Deutschland, in Berlin Marzahn, Neukölln, am Prenzlauer Berg, aber auch in vielen anderen großen Städten über den ganzen Globus verteilt, genauso finden konnten, wo auf engstem Raum eben sehr viele Menschen zusammenleben und ein Zuhause finden mussten. Dazwischen lagen immer wieder unkoordiniert angelegte Garagenhöfe, wo sich nicht nur die Jugendlichen trafen, sondern darüber hinaus auch einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend verbrachten. Schaute man aber nun von der anderen Seite des Wohnblocks aus den Fenstern, dann wechselte der Kontrast schlagartig wie von hell zu dunkel, da lag einem der wunderbare Ausblick auf das imposante Bergmassiv geradewegs zu Füßen. Eben genau so, wie man es auch von den Hochglanz-Ansichtskarten her kannte und man bekam fast das Gefühl, dass der wie feinste Puder aussehende Schnee auf den Bergkuppen zum Greifen nah war. Das Berner Oberland begann direkt hinter der Plattenbausiedlung und zog sich über saftige, grüne Wiesen bis nach oben zu den Heidi-Almen und innerhalb kürzester Zeit konnte man in eine vollkommen andere Welt eintauchen. Almen, Kuhglocken und natürlich die legendären Bernhardiner, Berner Sennenhunde, Schweizer Sennenhunde, aber auch die Appenzeller, die sich im Grunde genommen alle sehr ähnelten, aber beim genauen Hinsehen, dann doch gut zu unterscheiden waren. Das längere Fell und der treue, fast schon träge Blick gehörte dem klassischen Bernhardiner, während der Appenzeller besonders gut am kürzeren und auch wesentlich strafferen Fell zu erkennen war und er darüber hinaus auch nicht so massiv hängende und teilweise stark mit Blut unterlaufene Augen hatte.

    Aber auch im Berner Stadtkern setzte sich der unterschiedliche Kontrast fort, allerdings drehte es sich da mehr um die vielen unterschiedlichen Dialekte, mit denen sich selbst die angestammten Einheimischen äußerst schwertaten und sie nicht nur kaum zu verstehen, als auch kaum auseinander zu halten waren. Am schlimmsten betraf das wohl die Bewohner der Unterstadt, die sogar tatsächlich, wie es der Name auch schon vorgab, um einige Meter tiefer gelegen und von hohen Mauern umgeben, eine eigene kleine Stadt, inmitten der großen Stadt bewohnten. Wie eine Enklave, wie das gallische Dorf von Asterix und Obelix, lebten die Menschen dort in ihrer eigenen kleinen Welt und verließen sie auch nur äußerst selten, wie mir mein Schwager bei einer kurzen Stadtführung erklärte. Er zeigte mir die Sehenswürdigkeiten, die Plätze und Orte wo er einen Großteil seiner Kindheit und Jugend verbrachte und alle Nase lang traf er alte Bekannte und Freunde, Wegbegleiter seiner Vergangenheit, bevor er der Schweiz den Rücken kehrte und in Deutschland ein neues Leben begann. Für mich war es sehr schön mit anzusehen, mit welcher Freude sie sich teilweise nach so vielen Jahren wieder trafen und mit glänzenden Augen über die alten Zeiten und gemeinsam erlebte Geschichten sprachen. Doch mehr Gelegenheit für ausgiebige Gespräche sollte es dann noch am Abend geben, denn da traf man sich zu einem traditionellen Fest, im „Stübli Café am Eck, eine kleine Kneipe, mit Restaurant, natürlich nicht der kulinarische Gourmettempel von Paul Bocuse, der als Gottvater der französischen Kochkunst galt. Es war mehr die Kneipe der einfachen Leute, aber man bekam gutes Essen, nicht zuletzt auch, da der Bruder meines Schwagers dort im Stübli als Koch angestellt war. Die einfachen Speisen waren dort Zuhause Gerichte, die sowohl zum Arbeiterviertel, als auch zu den einfachen Menschen passten. Ein Klassiker war natürlich, ganz klar, der „Schweizer Wurscht Salat, der mit einer würzigen Sauce, schnell und einfach zusammengerührt und auf dieser kurzen Reise auch für mich zu einem absoluten Highlight wurde. Die Sauce war ein Allrounder, wie man so schön sagt und musste nicht zwingend nur für den Wurscht Salat eingesetzt werden. Sie war für vieles anderes natürlich auch möglich, sogar zum Salat als Dressing perfekt geeignet. Ein Rezept, was nicht nur schnell, sondern auch ebenso einfach zu behalten war, wie mir der Bruder meines Schwagers anhand der Zutaten und der unbedingt einzuhaltenden Rührreihenfolge verriet: „Du muscht dir nur merke`, 1, 2, 3 von gefährlich bis mild und darum fange` mir auch beim Essig an" und zählte alle dafür notwendigen Zutaten auf:

    1 Esslöffel Essig

    2 Esslöffel Olivenöl

    3 Esslöffel Milch

    1 Esslöffel Senf

    1 Esslöffel Remoulade

    ein paar Spritzer Maggi

    Pfeffer, Salz, Kräuter der Provence

    gut verrühren oder im Shaker kräftig mischen

    Dazu eine Fleischwurst in Scheiben geschnitten, noch einmal halbiert, eine Zwiebel, frei nach ermessen, gewürfelt oder in Ringen, Sauce drüber und – fertig! Und wenn man das einfache, aber deswegen nicht weniger leckere Kunstwerk, noch für ein paar Stunden ziehen ließ, dann hatte sich das Aroma perfekt mit der „Worscht" verbunden, noch etwas Brot dazu und los konnte es gehen! Stilgerecht notierte ich mir auf einem Bierdeckel die Zutatenliste, doch bereits schon nach kurzer Zeit war das Rezept tief in meiner Erinnerung abgespeichert und fand selbst in meinem Bekannten- und Freundeskreis ebenso große Zustimmung, wie auch dankbare Nachahmer.

    Ebenso wie ein Koch gehörte natürlich auch eine Bedienung zum Stübli-Café, die Uschi, die idealerweise auch gleichzeitig die Freundin vom Koch war. Als sie durch das Lokal ging um die Getränkebestellungen aufzunehmen, da schaute ich etwas irritiert aus der Wäsche, als plötzlich der erste den Arm hob und mit einem unterschwelligen Lächeln rief: „Uschi I krieg a Stange", was sie auch wiederum und ohne mit der Wimper zu zucken, auf dem schmalen Kellnerblock notierte. Kaum hatte sich ihr Blick wiederaufgerichtet, da folgte auch schon der nächste Zuruf. „I krieg` auch a Stange" und es folgte der nächste und nächste und für alle schien es das normalste der Welt zu sein, eine „Stange zu bekommen. Mein Schwager bemerkte meinen ungläubigen Blick, lachte und erklärte mir, dass es sich bei dem Begriff „Stange zunächst um die Glasform handelte, es darüber hinaus aber auch ein altes überliefertes Biermaß war. In der deutschsprachigen Schweiz bezeichnet man 0,3-Liter Bier in einer ganz bestimmten Glasform als „Stange". Da war ich ja beruhigt, dass ich die Aufklärung noch rechtzeitig bekam und bestellte mit stolz geschwellter Brust, aus Überzeugung, aber auch mit dem neu erlangten Fachwissen ebenfalls eine Stange.

    In der Siedlung kannte ein jeder den anderen, in der Kneipe sowieso und schnell hatte sich herumgesprochen, dass ich als Gast aus Deutschland zu Besuch gekommen war, wobei Gast und Gastfreundschaft überaus dehnbare Begriffe waren, die nicht zwingend von jedem auch so gesehen und schon mal gar nicht auch so umgesetzt wurden. Da gab es immer jemanden, dem die Nase nicht passte und wenn zu allem Übel dann auch noch landesübergreifende, internationale Animositäten dazu kamen, dann hatte man sowieso verloren, da konnte man machen, was immer man wollte und sich eigentlich nur noch diplomatisch und wie auf einer dünnen Eisfläche mit äußerster Vorsicht bewegen, so wie ein Fußballfan, der aus welchen Gründen auch immer bei einem Auswärtsspiel seiner Truppe versehentlich in den falschen Fanblock geraten war.

    17.4__Auf die richtige Seite kommt es an

    Nur zu gut kenne ich solche Situationen, denn genau so war es mir einmal ergangen, als ich im jugendlichen Alter von gerade mal sechzehn Jahren eben genau in eine solche peinliche, aber auch nicht ganz ungefährliche Misere geraten bin und das dann auch noch in einer der damaligen Hochburgen des deutschen Fußballs. Es war das Jahr 1978, als sich der deutsche Fußball, bis dahin einmalig auf der Welt, sowohl als Weltmeister, als auch amtierender Europameister auf höchstem Niveau im Olymp des Weltfußballs bewegte und selbst bei den nicht so großen und fanatischen Fans mit eindrucksvollen Namen in Erinnerung blieb. Als vielleicht größte Ikone und schillernde Lichtgestalt am deutschen Kicker-Horizont, natürlich erst nach den für immer und ewig unsterblich bleibenden Legenden Fritz Walter und Uwe Seeler, galt der „Kaiser, wie er von allen liebevoll genannt wurde und womit kein geringerer als Franz Beckenbauer gemeint war, der sich genau zu dieser Zeit in seinem ersten Jahr beim amerikanischen Fußballklub Cosmos New York befand, unmittelbar nachdem er Deutschland, vor allem aber den FC Bayern München nach achtzehn Jahren Vereinszugehörigkeit verlassen hatte und für die damalige und kaum vorstellbare Rekord Summe von zwei Millionen US-Dollar bei dem amerikanischen Club, gemeinsam mit dem brasilianischen Ausnahmefußballer Pelé, in einer Mannschaft spielte und bereits schon in der ersten Saison die Meisterschaft in der North American Soccer League sicherte. Zur zeitlichen Orientierung. Der spätere Titan und deutsche Nationaltorhüter Oliver Kahn war zu der Zeit noch ein kleiner Titan und spielte als Achtjähriger gerade in der Jugendmannschaft vom Karlsruher SC, während Pierre Michael „Litti Littbarski, der bei der legendären Weltmeisterschaft von 1974 im eigenen Land noch als Balljunge an der Außenlinie hockte, gerade achtzehn Jahre alt geworden, sein Debüt beim 1. FC Köln gab, nachdem er seine Ausbildung als Finanzbeamter abbrach und für sage und schreibe 13.000 D-Mark Ablösesumme aus seiner Heimatstadt Berlin von Hertha-Zehlendorf an den Rhein wechselte. Josef „Jupp Heynckes beendete im gleichen Jahr seine aktive Spielerkarriere und wechselte bereits im darauffolgenden Jahr als Co-Trainer vom Rasen auf die Trainerbank und das bei keinem geringeren Verein als seiner Borussia aus Mönchengladbach. Und wenn wir schon von Legenden sprechen, dann durfte natürlich ein Gerd Müller nicht fehlen oder für einige besser als der Bomber der Nation bekannt, der sich mit dem Siegtreffer beim Weltmeisterschafts-Finale am 7. Juli 1974 in München gegen die Oranje-Auswahl der Niederlande mit dem 2:1 Siegtreffer und seiner unvergesslichen Drehung im Strafraum nicht nur in die Herzen aller schoss, als uns damit nach Bern 1954 auch gleich noch den Gewinn der zweiten Fußball Weltmeisterschaft bescherte. Auch er befand sich in seinem letzten aktiven Jahr in der Fußball Bundesliga, bevor er es dem Kaiser gleichtat und 1979 ebenfalls den Weg über den Atlantik nach Amerika wählte, dort jedoch dann bei den Fort Lauderdale Strikers in Florida unter Vertrag genommen wurde. Natürlich gab es noch unzählige andere Fußballer, die man in diesem Zusammenhang hätte nennen können, insbesondere da es ja um die Elite, um die Besten der Besten ging, doch schlussendlich sollte es auch nur ein Auszug, eine Erinnerung und keine Sportberichterstattung sein, um den Stellenwert des deutschen Fußballs noch einmal in den Fokus der damaligen Zeit zu rücken. Selbst meiner Mutter waren diese Namen geläufig und das sollte schon etwas bedeuten, ja sogar bei meiner Oma war ein freudiges Leuchten in den Augen zu erkennen, wenn der Name Gerd Müller fiel, allerdings hatte sie bei einigen anderen Spielern dann doch schon mal das ein oder andere Zuordnungsproblem und warf sie nicht nur alle in einen Topf, als vielmehr auch gnadenlos durcheinander. Da konnte es durchaus schon mal vorkommen, dass der Sepp Meier gemeinsam mit dem Herberger Sepp und dem Willi aus der Nachbarschaft sich fast täglich zum Kicken auf dem Bolzplatz an der Ecke trafen. Aber gut, als eine der ältesten aktiven deutschen Zeitungsausträgerinnen, die sie zu diesem Zeitpunkt war und dafür sogar persönlich vom damaligen Landesvater und niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, sei ihr dieses Zuordnungsproblem verziehen und überhaupt lag die Stärke ihrer Denkweise mehr im regionalen Segment, wobei sie alle Aktivitäten jenseits der Stadtgrenze mit der Beschaffung von landwirtschaftlichen Produkten in Verbindung brachte. Sehenswerte Dinge waren für sie da weitaus weniger wichtig als vielmehr die Tatsache, wo sie wann, von wem und vor allem aber was, zu Essen oder zur Verwertung bekamen, auch wenn das schon viele Jahre zurücklag und an die schwere Kriegszeit erinnerte. So wusste sie ebenso gut wo die besten Himbeeren standen, aber auch bei welchem Bauern die dicksten Kartoffeln zu bekommen waren, selbst wenn man dafür eine halbe Weltreise zu Fuß oder mit dem alten Drahtesel von „Miele unternehmen musste. Und wenn sich die gedankliche Ausrichtung dann nicht ausschließlich nur noch auf die Organisation und Sicherung von lebenserhaltenden Nahrungsmitteln reduzierte, dann endete der Reisehorizont in der Regel auch bei den Ausflugslokalen im nahegelegenen Landkreis, die man am Sonntag zum Kaffee dann auch mühelos mit dem Bus oder der Kleinbahn erreichen konnte.

    Nun interessiert sich nicht unbedingt jeder Leser gleichermaßen für jede Passage dieses Buches, so manch einer findet Sport, insbesondere sogar Fußball einfach nur grotten langweilig und doof wenn zweiundzwanzig erwachsene Menschen wie verrückt hinter einem Ball herlaufen, wie es so oft ketzerisch zu hören war, doch ähnlich verhielt es sich ganz sicher auch bei anderen Teilstücken der Geschichte, was dann wiederum bei anderen Lesern auch nur müdes Gähnen oder Augenrollen auslöste. So passierte es, dass ich von einem sehr aufmerksamen Leser auf einen inhaltlichen Fehler hingewiesen wurde, der mir blöderweise im Band_2 auf Seite 514 durchgerutscht war. Ein kleiner, vielleicht sogar auch unbedeutender Fehler, der wahrscheinlich kaum jemand anderem aufgefallen wäre, wenn er sich nicht mit der Thematik an der besagten Stelle, als auch mit den Zahlen und Fakten ganz besonders gut und wie man feststellen konnte, auch wesentlich besser als ich mich damit auskannte, was einerseits für mich ein Warnsignal bedeutete, noch konzentrierter und ordentlicher zu arbeiten, es gleichwohl aber auch einen Schulterschlag bedeutete, dass scheinbar für jedes Interessengebiet etwas in den Geschichten dabei war, mit dem man sich identifizieren konnte, sich darüber hinaus auch noch bestens damit auskannte und dadurch eben genau solche Flüchtigkeitsfehler sofort ins Auge stachen. Dafür möchte ich mich bei meinem Freund Michel ganz herzlich bedanken. Ich habe den Fehler zur Kenntnis genommen und möchte ihn hier, an dieser Stelle rückwirkend zum Band_2 korrigieren und mich gleichermaßen bei den Lesern, bei Uwe Seeler, als auch bei Helmut Rahn für den peinlichen Fauxpas entschuldigen, denn schließlich war er auch der Held, der unsere Mannschaft in Bern zum Titel führte und darüber hinaus auch noch das Siegtor schoss. Der erst siebzehnjährige Uwe Seeler gab sein Debüt im Trikot der Nationalmannschaft erst drei Monate später, als er seine mustergültige Laufbahn dann am 16.10.1954 beim traurigen 1:3 gegen die Elf aus Frankreich, leider mit einer negativen Bilanz beginnen musste. Als Randnotiz und zeitliche Einschätzung sei für die Nicht-Fußball-Fans noch erwähnt, dass das erste Retortenbaby ebenfalls genau in diesem Jahr das Licht der Welt erblickte und in London geboren wurde. Doch wie auch immer, es war das Jahr in dem sich mein, nennen wir es mal unvergessenes und ganz sicher auch außergewöhnliches Abenteuer ereignete, als ich meinem Verein Borussia Mönchengladbach zum Auswärtsspiel beim deutschen Rekordmeister, dem FC Bayern, bis nach München, ins nicht weniger legendäre Olympiastadion folgte. Folgte deswegen, da ich mich zu der Zeit sowieso in Süddeutschland zur Ausbildung befand und mir mit vier weiteren Schülern für zwei Jahre in der Nähe von Ulm, genauer gesagt zwischen Ulm und Ravensburg, im gemütlichen schwäbischen Städtele Biberach an der Riss, das tägliche Leben in einer WG teilte. Es waren zirka 80 Kilometer bis zum Bodensee und wahlweise 140 Kilometer in die nördliche Richtung bis nach Stuttgart oder wenn man in Ulm die südliche Richtung einschlug, so führte sie einen direkt nach München oder natürlich auch noch weiter, über die Alpen bis zum Mittelmeer.

    Wie schon beschrieben war ich ein junger Kerl im Alter von gerade mal sechzehn Jahren und wenn man von Biberach aus startete und die Welt erobern wollte, da gab es unmotorisiert nicht wirklich viele Möglichkeiten, da blieb eigentlich nur die Bahn, genauer gesagt die legendäre „Schwäb´sche Eisenbahn", mit der ich dann tatsächlich an fast jedem Wochenende eine Erkundungsfahrt ins nähere Umland unternahm. An diesem besagten Wochenende sollte es München sein, denn wenn sich schon mal so ein seltenes Ereignis bot, bei dem die beiden Topvereine der siebziger Jahre im gigantischen Olympiastadion aufeinandertrafen, das alleine schon eine Reise wert war und es schlussendlich dann auch noch der Lieblingsverein war, der zu Besuch kam, da konnte man nicht wirklich widerstehen und so packte ich die Sporttasche und machte mich auf den Weg. Nun schwamm man als Auszubildender nicht gerade im Reichtum, die Geldmittel waren sehr überschaubar und mussten sorgsam und sinnvoll eingeteilt werden und so wurde das Budget wohlbehütet im Brustbeutel unter dem Pullover versteckt. Die Fahrkarte für den Zug war schnell gelöst, in Ulm noch einmal umsteigen und um nicht zu spät in der bayrischen Landeshauptstadt anzukommen, entschied ich mich für einen sehr frühen Zug und traf bereits schon gegen neun Uhr morgens in München ein. Am Hauptbahnhof angekommen, wurde ich dann auch gleich von der Flut der Reisenden mitgerissen und unter den schallenden Lautsprecherdurchsagen direkt nach unten zu den Bahnsteigen der S-Bahn geführt. Wie in einem großen Ameisenhaufen waren sie alle in Bewegung, während ich völlig überfordert am Fahrkartenautomaten mit dem Finger die Zonen des Streckenplans abfuhr und mühsam versuchte, den richtigen Fahrschein für die Fahrt in die Innenstadt zu finden. Marienplatz dachte ich, das war mal fürs erste die beste Lösung, da war man zum einen recht zentral und darüber hinaus kannte ich auch an der Ecke, direkt neben dem Rathaus einen kleinen Laden, wo es unter anderem auch Karten zu den unterschiedlichsten Sportveranstaltungen zu kaufen gab. Eine einzelne Karte war eigentlich immer zu bekommen, zumal ich auch keine außergewöhnlichen Ansprüche stellte und wenn ich mich noch recht erinnere, von dem älteren Verkäufer auch gar nicht weiter darüber befragt wurde. Aber wurscht, wie man dort so schön sagte, ich hatte meine Karte und nur das zählte, wenngleich es immer sehr schwer war, gegen die Bayern zu punkten und dann auch noch daheim im eigenen Stadion, da brauchte die Gastmannschaft nicht selten einen zwölften, manchmal sogar auch einen dreizehnten Mann, denn der FC Bayern stand über viele Jahre bereits schon zu Beginn der neuen Saison als haushoher Favorit für die Meisterschaft fest und war wirklich kaum zu schlagen. Aber wir schrieben die Siebziger Jahre und da brauchte sich eine Mannschaft wie die Fohlenelf aus Mönchengladbach überhaupt nicht klein zu machen, geschweige denn verstecken, denn, wenn man bedenkt, dass nur wenige Jahre zuvor die 74er Weltmeistermannschaft mit nur ganz wenigen Ausnahmen aus Bayern und Gladbach Spielern bestand, da konnte man in etwa abschätzen, was für ein Spiel uns da am Abend erwarten sollte. Aber gut, die Karte war im Sack oder besser gesagt, gut im Brustbeutel verstaut und es konnte nun zum gemütlichen Teil der Vorbereitung übergehen. Direkt gegenüber dem Kartenladen suchte ich mir im Donisl, einem kultigen Münchner Lokal einen Platz und bestellte mir das, worauf ich mich schon die ganze Zeit gefreut hatte: Dampfnudeln, im eigenen Dampf gebackene Teigwaren, welche mit Kraut als Hauptspeise oder mit Vanillesoße als Dessert, gegessen werden. Ähnlich der österreichischen Germknödel, natürlich im bayrisch-österreichischen Grenzgebiet wohl bekannt, wobei große, halbkugelförmige und mit Powidl (Pflaumenmus) gefüllte Knödel aus Hefeteig direkt nach dem Garen und unmittelbar vor dem Servieren, in der traditionellen Wiener Zubereitungsart mit

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