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HERRENPFÄDEL: Ein Krimi aus Baden
HERRENPFÄDEL: Ein Krimi aus Baden
HERRENPFÄDEL: Ein Krimi aus Baden
eBook431 Seiten6 Stunden

HERRENPFÄDEL: Ein Krimi aus Baden

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Über dieses E-Book

Auf einer Wiese am Herrenpfädel, einer schmalen, kurvigen Straße zwischen zwei Baden-Badener Ortsteilen, wird ein junger Mann tot aus seinem umgekippten Pickup geborgen. Verblutet - an einem Schuss in die Brust.
Noch kurz zuvor war er durch höchst riskante Fahrweise aufgefallen. Vor allem in Haueneberstein hatte er einen Autofahrer in Angst und Schrecken versetzt. Steckte etwa zu dieser Zeit bereits das Geschoss in seinem Körper?
Kriminalhauptkommissar Tom Jensen und sein Team geraten unter Druck. Zumal wenige Stunden später bekannt wird, dass der unbekannte Schütze auf einen weiteren Wagen angelegt und abgedrückt hatte. Ein Amokläufer? Einer, der wahllos auf Menschen in Autos schießt?
Erste Spuren finden die Kriminalisten zwar im benachbarten Kuppenheim. Doch die Jagd nach Täter und Motiv führt sie letztlich quer durch den Nordschwarzwald.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum7. Jan. 2020
ISBN9783749798995
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    Buchvorschau

    HERRENPFÄDEL - Wolfgang Breuer

    Mittwoch, 12. September

    Pascal Hertweck drückte das Gaspedal durch bis aufs Bodenblech. Bar jeder Vernunft und Vorsicht raste er mit seinem Golf in Hochgeschwindigkeit durch das Herrenpfädel. Denn er wurde gejagt. Gejagt von einem beigen Ford Ranger, dessen Fahrer trotz des irren Tempos so dicht auffuhr, dass es ihm abwechselnd heiß und kalt wurde.

    Die enge, kurvige Straße, die Haueneberstein mit der Baden-Badener Weststadt verbindet, vertrug solche Geschwindigkeiten eigentlich gar nicht. Denn man konnte nie sicher sein, dass einem nicht hinter der nächsten Kurve einer jener Menschen entgegenkommt, der die Breite seines Wagens notorisch falsch einschätzt. ‚Wenn Dir da mal ein LKW in der Kurve begegnet, dann ist die Messe gelesen‘, hatte sein Vater stets gewarnt.

    Doch diese Gefahr versuchte der junge IT-Spezialist auszublenden. Er wollte nur eins, nämlich diesem Wahnsinnigen entkommen. Zumal er zu wissen glaubte, warum der Mann so aggressiv fuhr. Und das machte ihm Angst. Er war dem Ranger-Fahrer vor gut zwei Wochen nämlich schon einmal begegnet.

    Trotz roter Ampel hatte der ihm auf einer Kreuzung in Rastatt die Vorfahrt genommen und Hertweck zu einer beispiellosen Vollbremsung gezwungen. Als Pascal beim nächsten Ampel-Halt zu ihm aufgeschlossen und dem Fahrer einen Vogel gezeigt hatte, reagierte der mit gefletschten Zähnen und der typischen ‚Kopf-ab‘-Geste.

    Und jetzt klebte dieser Wichtigtuer mit seinen 180 oder mehr PS starken Pickup hinter ihm und jagte ihn schon seit dem Ortseingang vor sich her. Selbst Abbiegemanöver hatten ihn dabei nicht im Mindesten beeindruckt.

    Nach einem Höllenritt durch das Dorf donnerten sie mit Vollgas auf ein kleines Waldstück zu, vorbei an einem uralten Wegkreuz und hinein in ein Stück Hohlweg. Erst ein Buckel, dann eine Links- Rechtskombination. Hier hätte es bei Gegenverkehr unweigerlich geknallt.

    „Es reicht!", brüllte der Gejagte und schaltete runter in den dritten Gang, um nach der nächsten Linkskurve nochmal richtig beschleunigen zu können. Millionen Schweißperlen rannen an seinem Körper hinab, als er leicht am Lenkrad zupfte.

    Die Schärfe der Kurve war nicht das Problem. Wohl aber ihre Länge. Und sie fiel etwas nach außen ab.

    Geschafft! Auf der nächsten Gerade schaltete Pascal hoch und schaute zum gefühlt hundertsten Mal in den Spiegel. Doch dort war plötzlich niemand mehr. Der Irre war verschwunden. Weg! Einfach weg!

    Für einen Moment glaubte der Golf-Fahrer, er hätte sich geirrt. Doch auch der nächste Blick in den Rückspiegel zeigte nichts weiter als eine leere Fahrbahn. Für einen Moment war er mit seinem Golf allein auf weiter Flur. Dann kamen drei Wagen im Gegenverkehr.

    „Das gibt´s doch nicht!, rief er verwundert. „Motor verreckt, oder was? Erst jetzt merkte er, dass sein Puls in den Ohren hämmerte und seine Hände vom Umklammern des Lenkrades schmerzten. Langsam nahm er den Fuß vom Gas und blickte erneut in den Spiegel. Doch der Jäger blieb verschwunden!

    ‚Seltsam‘, dachte er. ‚Wollte mir dieser Narr nur Angst einjagen und hat die Jagd nun abgeblasen? Oder ist dem ernsthaft was passiert?‘

    Beides hätte ihm eigentlich egal sein können. Doch die Neugier war stärker. Kurzerhand kehrte er an der Einmündung in die Straße zur Weststadt um, ließ noch zwei Autos in Richtung Haueneberstein vorbei und fuhr dann hinterher.

    Als er wenige Hundert Meter hinab ins schmale Tälchen gefahren war, bremsten plötzlich die beiden vorausfahrenden Wagen ab und blieben mit Warnblinker stehen. Hertweck erschrak. Auch er hielt an und sprang, von einer bösen Ahnung getrieben, aus seinem Auto.

    Was war dort los? Hatte es etwa seinen Jäger erwischt? Er musste Klarheit haben. Mit wenigen Schritten nach links von der Fahrbahn herunter schaffte er es, hinter die nächste Kurve zu schauen. Dann sah er ihn in der Wiese liegen. Der Ford Ranger lag hinter einer Buschgruppe auf der Beifahrerseite. Dünner Rauch stieg auf.

    „So ein elender Mist!, brüllte Hertweck. „Das hast Du jetzt von Deiner Raserei, Du blöder Hund! Sekunden später wäre es ihm lieber gewesen, er hätte den Mund gehalten. Denn der Fahrer des Volvos vor ihm war ebenfalls ausgestiegen und hatte den Gefühlsausbruch mitbekommen. Vorwurfsvoll drehte er sich zu Pascal um und rief: „Ich würde an Ihrer Stelle lieber mal helfen, statt hier rum zu motzen. Los, kommen Sie! Zack, zack!"

    Ohne etwas zu antworten rannte Pascal an dem Mann vorbei. Sein Herz wummerte. Wie konnte es nur sein, dass sich der Ford-Fahrer so aus der leichten Linkskurve hatte tragen lassen? Die konnte man doch locker mit 80, 90 fahren. Selbst 100 wären noch drin. Vorsichtig umlief er den umgekippten Wagen auf der Straßenseite. Büsche verdeckten dabei seinen Blick auf das Wrack. Doch plötzlich war da ein riesiges Loch im Blatt- und Astwerk. Wie ein Tunnel im dunklen Grün. Den hatte das fast zwei Tonnen schwere Fahrzeug förmlich hinein gefräst. Die Fahrspuren, die am Ausgang der Kurve direkt ins Gehölz hineinführten, waren untrüglicher Beweis dafür.

    Am hinteren Tunnelausgang lag der Wagen. Sein Motor lief noch leise brummelnd vor sich hin. Plötzlich ein Schrei. „Oh Gott, oh Gott! Der Mann ist ja tot!" Der Volvo-Fahrer, der auf der Wiesenseite um die Buschgruppe und das Wrack herumgelaufen war, hatte die grausige Entdeckung gemacht und stierte entsetzt auf den Fahrer.

    „Das kann doch nicht sein!", brüllte Pascal, der sich durch das Loch im Gebüsch gekämpft hatte. Er lief auf die andere Seite des Wracks, um durch die Frontscheibe in den Wagen hinein schauen zu können und ging langsam neben dem Volvo-Fahrer in die Hocke.

    Dann sah auch er den Mann, der vom frühen Abendlicht fast gnädig beleuchtet wurde. Er hing im Gurt des Fahrersitzes, den Kopf auf der rechten Schulter liegend, die Augen halb geschlossen.

    Aus seinem Mund und aus einer Verletzung am Oberkörper waren offenbar große Mengen Blut geflossen. Das weiße Poloshirt des Fahrers triefte nur so von Rot. Und vom Mund herunter hing ein roter Faden, der eine Blutlache auf der Beifahrerscheibe speiste.

    „Was machen wir denn, wenn er doch noch lebt? Wir müssen ihn irgendwie da rausholen!", rief er dem Volvo-Fahrer zu.

    „Okay. Aber vorher müssen wir erst mal den Motor auskriegen, antwortete der. „Mir ist das sonst zu gefährlich, an dem Auto rum zu machen.

    Von hinten kam ein Mann mit einer Art Verbandkasten. „Warten Sie, rief er beim Näherkommen, „ich hab´ hier einen Nothammer drin. Damit können wir die Scheibe einschlagen.

    Doch der Versuch misslang. Der Hammer machte zwar jede Menge kleiner Spinnennetze in der Scheibe. Doch das Verbundglas ließ sich partout nicht durchbrechen. „Mist, verdammter, brüllte der Freiwillige. „Wir müssen irgendwie anders da reinkommen. Am besten durch die Heckscheibe. Das ist Securit und geht kaputt.

    „Prima Idee. Und dann da hinten rein kriechen, unter der Leiche durch robben und den Schlüssel umdrehen? Nee danke. Der Volvo-Mann schüttelte schaudernd den Kopf. „Bitte, ich lasse Ihnen da gerne den Vortritt.

    Schlagartig machte sich der Mageninhalt des jungen Hauenebersteiners bemerkbar. Doch er bekämpfte die aufkommende Übelkeit mannhaft. Im Gegensatz zu seinem Gegenüber, der sich kurz darauf seitlich in die Büsche schlug.

    Am Straßenrad hatten sich einige Gaffer eingefunden. Fahrzeuginsassen, die nicht weitergekommen waren. Oder nicht weiter wollten. Pascal schaute zu den Neugierigen herüber und rief: „Ey, hat schon jemand Rettungsdienst und Polizei angerufen?" Keine Reaktion. Sie stierten nur alle auf den Unfallort, machten Fotos und klopften Sprüche.

    In Hertweck kam unbändige Wut auf. Er wiederholte seine Frage. Nun noch etwas lauter, während er suchend seine Hosentaschen abklopfte. Doch da war nichts. Sein Mobiltelefon musste im Golf liegen.

    „Kann bitte mal jemand die Polizei und einen Notarzt alarmieren!", brüllte er in die Menschenmenge, die sich Schritt für Schritt näher und näher an den Pickup heran schob. Doch es tat sich nichts. Obwohl mehr als die Hälfte der Leute das Smartphone gezückt hatte und eifrig drauf los fotografierte oder filmte.

    Da wurde es ihm zu bunt. Er riss dem nächstbesten Gaffer, einem klapperdürren spätpubertierenden Burschen, das Smartphone einfach aus der Hand, drehte es herum und brüllte dem zeternden Besitzer ins Gesicht: „Pass auf, Du Kasper. Entweder Du rufst jetzt sofort die 112 an, das ist der Rettungsdienst. Oder ich verklage Dich wegen unterlassener Hilfeleistung. Geht das in Deine dämliche Birne?"

    „Wieso denn? Der ist doch sowieso tot, motzte der Stenz und grabschte ständig nach seinem Handy. „Ich kann doch filmen, wen ich will. Anrufen kannst Du doch selbst, Du Arsch.

    „Mach´ ich auch", konterte Pascal und ging ein paar Meter zur Seite. Es dauerte einen Moment, bis er von Videoaufnahme auf Telefon umgeschaltet hatte. Weil ihm der Besitzer ständig und von allen Seiten zusetzte. Sekunden später hatte Hertweck den Rettungsdienst erreicht und ihm Art und Ort des Unfalls gemeldet.

    Kurz darauf war über die 110 auch der Polizeinotruf in der Leitung. Doch den hatte kurz zuvor offensichtlich doch schon ein anderer informiert. Denn der Polizist vom Notruf fragte im breitesten Beamtendeutsch: „Ist es richtig, dass der Verunfallte hohen Blutverlust hat?"

    „Das ist richtig. Hertweck schluckte. „Sehr hohen Blutverlust. Aber wir kommen nicht an den Mann heran. Der Wagen liegt auf der Beifahrerseite. Und wir kriegen die Frontscheibe nicht raus. Außerdem läuft der Motor noch.

    Der gab allerdings kurz darauf von allein den Geist auf. Dafür roch es immer intensiver nach Diesel.

    Nur wenige Minuten später tauchten Retter und Polizeibeamte auf und bahnten sich einen Weg durch die immer dichter werdenden Zuschauerreihen. Und dann war auch die Feuerwehr da. Die Jungs hatten größte Schwierigkeiten, mit ihrem LKW bis zum Unfallort vorzudringen. Begleitet von wütenden Sprüchen der Umherstehenden.

    Aber sie waren es ja gewohnt, bei ihren Einsätzen ständig umlagert, behindert und auch noch beleidigt zu werden. Zum Glück hatten ihnen zwei Polizisten die übelsten Drängler vom Leibe gehalten und dafür gesorgt, dass der Mob keinen Blick auf den blutenden Mann im Ford Ranger bekam.

    Im Handumdrehen hatten sie die Frontscheibe des umgestürzten Wagens entfernt. Und der Notarzt konnte kriechend zum Fahrer vordringen. Doch für den Mann kam längst jede Hilfe zu spät. „Tut mir leid, verkündete der Mediziner in Richtung der Uniformierten, als er sich wieder aus dem Wrack herausgeschält und aufgerichtet hatte. „Tut mir leid. Da ist nichts mehr zu machen. Der Mann ist tot.

    Betroffenheit in den Gesichtern der Angesprochenen. Wieder spürte Hertweck seinen rebellierenden Magen. Obwohl er ohnehin mit dieser Nachricht gerechnet hatte. Doch der Unterschied zwischen Ahnung und Gewissheit war für ihn in diesem Moment brutal.

    „Was ist denn jetzt mit meinem Handy?, nölte der Rothaarige. „Das ist Diebstahl. Das weißt Du. Ich zeig´ Dich gleich hier bei den Bullen an, drohte der Junge und baute sich in der Pose eines ziemlich unterernährten Preisboxers vor Pascal Hertweck auf.

    Sein Gesicht war vor Aufregung gerötet. Und seine geschätzt 50 Akne-Pickel trugen allesamt ekelhaft weiße Spitzen.

    „Mach´ mal. Da komme ich mit. Dann können wir den Polizisten gleich mal zeigen, wie Du Dich geweigert hast, den Rettungsdienst zu rufen."

    „Hä, hä, lachte der Typ schräg. „Zeigen? Wie willste´n das machen?

    „Hab´ ich in Bild und Ton. Mit Deinem eigenen Smartphone aufgenommen."

    „Mit mei…?" Die Gesichtsfarbe des Klapperdürren hatte mittlerweile bedrohliche Nuancen angenommen. „Mit meinem Smartphone!?, brüllte er.

    „Genau. Erinnerst Du Dich? Du warst gerade beim Filmen. Als ich Dir das Ding abgenommen hab´, lief die Aufnahme noch. Und ich hab´ sie auch nicht unterbrochen. Weil Du mich so blöde angemacht hast. Ist´n toller Beweis für unterlassene Hilfeleistung und idiotische Sensationsgier." Damit überreichte er das iPhone seinem Besitzer.

    „Das kannste aber knicken, grinste der Pickelige triumphierend und tippte wie wild auf dem Display des Teils herum. „Ich lösch´ das nämlich grade. Und dann kannste gucken, wo Du mit Deinem Beweis bleibst.

    Pascal schaute dem Versuch gelassen zu und versuchte gar nicht erst einzugreifen. „Vergiss es. Du kannst löschen so lange wie Du lustig bist. Ich hab´ das Video nämlich längst an mein eigenes Smartphone geschickt." Und damit ließ er den richtig doof dreinblickenden Kerl einfach stehen.

    Er hatte nämlich die Schnauze gestrichen voll und wollte sich einen Moment hinsetzen. Am besten in seinen Wagen. Zumal jetzt mehrere Feuerwehrleute und Polizisten versuchten, den beigen Ford Ranger wieder auf die Räder zu stellen. Er mochte nicht auch noch Zaungast sein, wenn der Tote aus dem Wrack herausgeholt wird.

    Doch weit kam Hertweck nicht. Denn nach wenigen Metern sprach ihn ein Polizist an. „Sie haben den Unfall gesehen?"

    Ein beklemmendes Gefühl überkam ihn. Gesehen hatte er den Unfall ja nicht. Aber irgendwie fühlte er sich plötzlich mit verantwortlich, wusste aber nicht warum. Schließlich war er ja der Gejagte. „Nein. Wie kommen Sie darauf?"

    „Sie wurden als Zeuge benannt. Von dem Herrn da vorne." Der Polizist zeigte zum Volvo-Fahrer herüber.

    „Ich hab´ genauso viel und genauso wenig gesehen wie er, gab er zurück. „Der Mann fuhr doch im Wagen vor mir, als wir am Unfallort ankamen. Aber da lag der Pickup schon auf der Seite. „Ja, gut. Das werden wir dann später noch klären. Ich nehme jetzt erstmal Ihre Personalien auf. Und Sie bleiben dann bitte hier an der Unfallstelle."

    „Klären? Da gibt´s nix zu klären. Ich hab´ den Unfall nicht gesehen. Allerdings war der Ford zwei, drei Minuten zuvor noch hinter mir. Tut mir ja leid, das sagen zu müssen. Aber der Typ ist gefahren wie ein Irrer."

    „Hinter Ihnen? Wie das denn? Sie sagten doch gerade, dass Sie nach dem Mann mit dem Volvo zum Unfallort gekommen sind. „Stimmt ja auch, versuchte Pascal Hertweck die Sache zu erklären. „Aber ich bin vorher von Haueneberstein her gekommen. Und da hat er an meiner Stoßstange geklebt."

    „Wie – an Ihrer Stoßstange geklebt?"

    „Naja, er fuhr, wie gesagt, wie ein Irrer. Ich hatte richtig Angst, dass er mich mit seinem Gebirge von Auto rammt."

    „Aha. Und deswegen haben Sie ihn ausgebremst. Wahrscheinlich ist der Wagen deshalb von der Straße abgekommen und umgestürzt."

    „Schwachsinn!, ärgerte sich Pascal. „Der hat mich gejagt. Und plötzlich war er weg. Als ich hinten rauf Richtung Balger Straße gefahren bin, war er plötzlich aus meinem Spiegel verschwunden.

    „Abenteuerliche Geschichte. Der Polizist schüttelte den Kopf. „Und dann sind Sie zurückgekommen, um zu sehen, ob ihm was passiert ist?

    „Genau."

    „Hören Sie doch auf! Die Geschichte glauben Sie doch selbst nicht."

    „Wissen Sie was?", wurde Hertweck laut. „Glauben Sie doch was Sie wollen! Ich habe Ihnen gesagt, was ich weiß. Und zwar Dinge, die ich gar nicht erzählen müsste. Nur, um Ihnen zu helfen. Und Sie haben nichts Besseres zu tun, als mich zum Schuldigen zu machen?

    Wo sind wir denn hier? Wenn ich überhaupt noch mit jemandem von Ihrer Zunft rede, dann mit einem Menschen, der mir zuhört und nicht irgendwelche bekloppten voreiligen Schlüsse zieht!"

    Der Uniformierte schnappte nach Luft. „Bekloppte Schlüsse? Wie reden Sie eigentlich mit mir. Sie bleiben hier! Und Sie rühren sich keinen Millimeter von der Unfallstelle weg!"

    „Ich rede mit Ihnen so wie Sie mit mir. Und machen Sie sich keine Sorgen. Ich hau´ nicht ab. Dafür ist mir die Sache viel zu ernst. Ich warte nur auf jemanden, der mich als Zeugen tatsächlich ernst nimmt."

    ‚Was für ein dämlicher Vogel’, dachte Hertweck. Er hätte diesem ‚Superbullen‘ am liebsten eine rein gehauen. Aber er beherrschte sich. ‚Wenn ich dem jetzt auch noch von der Geschichte in Rastatt erzählt hätte, läge ich schon längst in Ketten‘, dachte er.

    Hinter der Buschgruppe hatten sie den Wagen endlich aufgerichtet und den toten Fahrer herausgeholt. Er lag jetzt auf der Wiese. Abgeschirmt durch weiße Tücher, die mehrere Feuerwehrleute gegen die Blicke der Sensationsgeilen aufgespannt hatten.

    Doktor Hippler, der Notarzt, hatte begonnen, den jungen Mann gründlich zu untersuchen. Schließlich war er es, der den Totenschein ausstellen musste.

    Irritiert hatte Hippler immer wieder auf die von Blut durchtränkte Stelle des Poloshirts geschaut. Beginnend links, etwas über Ellbogenhöhe. „Er kann sich bei dem halben Salto auf die rechte Seite doch unmöglich links verletzt haben. Und wenn doch, woran denn?"

    Doch dann sah er ein Loch im Poloshirt. Genau dort, wo der Blutfluss den Spuren nach begonnen haben musste. Schnell hatte er das Shirt hochgezogen und entsetzt auf den Oberkörper darunter geschaut. Hippler schluckte. „Das ist ein Einschussloch, murmelte er vor sich hin. „Kein Zweifel. Das gibt´s doch gar nicht, fröstelte es ihn richtiggehend. Trotz der angenehmen Abendtemperaturen. Jetzt, kurz nach halb sieben, herrschten noch immer fast 25 Grad.

    „Wo gibt´s denn sowas? Verfluchte Sauerei!, brüllte er, während er sich zu stattlicher Größe aufrichtete. „Auf den Mann wurde geschossen. Ich schätze mit einem Gewehr! Der Mediziner schüttelte ungläubig den Kopf. „Wer um alles in der Welt schießt denn im Herrenpfädel auf Autofahrer? Sind denn jetzt alle wahnsinnig geworden hier?"

    Den Satz hatten selbst die Gaffer in der hintersten Reihe gehört. Und plötzlich lichteten sich die Reihen. „Hier schießt jemand? Nee, nee, das muss ich mir nicht geben", kommentierte ein besonders wichtig Dreinschauender seinen Abgang und verschwand ganz schnell zu seinem Wagen, der vorhin noch der Feuerwehr im Weg gestanden hatte.

    Andere schienen ähnlich angefressen zu. Schimpfend und diskutierend verließen sie den Ort des Geschehens. Gab ja eh nichts mehr zu sehen.

    Kurz darauf aber jagten die abstrusesten Stories durch die angeblich so sozialen Netzwerke und machten den Rest der Menschheit rund um Baden-Baden schalou.

    Kriminalhauptkommissar Tom Jensen war auf dem Rückweg von einem vereitelten Raub in den Kurhauskolonaden, als er per Funk von dem Fall erfuhr. Es war zwar ein Vitrinenglas zu Bruch gegangen. Aber die Angestellte des Juweliers hatte nicht einen einzigen Ring und nicht eine Kette herausgerückt, sondern einfach laut geschrien.

    Der Gangster, wohl ein blutiger Amateur, muss einen furchtbaren Schrecken bekommen haben und war unverrichteter Dinge stiften gegangen. Die Fahndung nach dem Mann lief bereits.

    „Toter im Herrenpfädel? Fahre ich hin, meldete Jensen zurück. „Ist der Kollege Eirich noch im Haus? Dann seid bitte so lieb und informiert ihn. Ich brauche den nämlich dort. Danke.

    Ohne eine Antwort abzuwarten beendete Jensen das Gespräch, setzte die Kojak-Leuchte aufs Dach seiner neuen E-Klasse und gab ihr die Sporen.

    Weil die Absperrpoller in der weltbekannten Kaiserallee partout nicht herunterfahren wollten, musste er einen Umweg durch die total verstopfte Innenstadt nehmen. Durch den Tunnel flutschte es dann schließlich. Denn auf der B500 wollten alle nur rein, aber kaum jemand raus aus der Stadt.

    Mit einem Affenzahn raste der Kripo-Mann über den Zubringer und zog mit eitler Begeisterung an den Autos vorbei, die er zuvor mit Blaulicht und Martinshorn auf die rechte Spur geschickt hatte. Selten genug bekam er Gelegenheit, seinen neuen Wagen so richtig zur Brust zu nehmen. Da kostete er solche Einsatzfahrten regelrecht aus.

    Wenige Minuten später war Jensen an Ort und Stelle. Und er war entsetzt, als ihm der Kollege Morawetz von der Schutzpolizei in kurzen Zügen den augenblicklichen Wissensstand erläuterte. „Schau hier, zeigte der Polizeikommissar auf eine kreisrunde Stelle in der Fahrertür, „hier ist ein Einschussloch. Und hier, er ging herüber zu der abgedeckten Leiche und hob das Tuch hoch, „hier ist das Einschussloch im Fahrer. Volltreffer während der Fahrt."

    „Das ist ja entsetzlich. Jensen war ehrlich bestürzt. „Wer macht denn sowas? Kopfschüttelnd sah er sich wieder und wieder das Loch im Pickup an und dann nochmal das in der Leiche. Dann stand plötzlich der Notarzt neben ihm. „Sagen Sie, Herr Doktor, war es ausschließlich dieser Schuss, der den Mann getötet hat?"

    „Ich denke ja. Ich kann an ihm keine weiteren Verletzungen finden. Nach allem, was ich bisher feststellen konnte, hat der Mann einen Lungensteckschuss abbekommen. Ich schätze mal, kniff er ein Auge zu, „mit Kaliber 7/62 oder einer 7/65. Und an dem ist er verblutet. Fast wie im Krieg. So einfach ist das. Und so brutal. „Herrgottnochmal", flüsterte es plötzlich erschreckt im Rücken des Ermittlers. Es war Kommissar Sven Eirich, sein Partner bei der Kripo. Jensen hatte ihn nicht kommen hören, stellte aber mit Genugtuung fest, dass auf den Mann nach wie vor hundertprozentig Verlass war.

    „Na, alles gut? Bist Du sehr müde? Oder geht´s?"

    Die Fragen hatten durchaus ihren Grund. Der Kollege hatte sich schon die komplette vergangene Nacht um die Ohren gehauen. Wegen eines Tankstellenüberfalls im Murgtal. Fall aufgenommen, Spuren gesichert, mögliche Zeugen befragt. Bis zum frühen Morgen. Und dann hat er schließlich auch noch den Täter selbst zur Strecke gebracht.

    Ein Zufallstreffer zwar. Aber immerhin! Weil er dessen Visage und Montur von der Aufzeichnung der Kamera im Kassenraum der Tanke kannte, staunte Eirich nicht schlecht, als eben dieser Typ in der Bäckerei Brötchen holen wollte, in der der Kommissar am Bistrotisch stand. Vor Beginn der Tagschicht hatte der Cop noch einen Hallo-Wach-Kaffee trinken wollen.

    Die Handschellen klickten schon, bevor der Gangster sein Wechselgeld in die Hand nehmen konnte.

    Er leugnete die Tat zwar lauthals auf dem Kommissariat. Aber dann passierte ihm ein peinliches Missgeschick. Als er nämlich seine Taschen ausräumen sollte, beförderte der Missetäter einen Zettel mit dem Logo der überfallenen Tankstelle zutage. Auf dem hatte deren Kassierer die Tages- und Nachteinnahmen fein säuberlich notiert und sogar noch einen Stempel und eine Unterschrift daruntergesetzt.

    Als er seinen Bock erkannte, drehte der Festgenommene ab, zerknäulte das Papier und wollte es runterschlucken. Aber Eirich packte ihn kurzerhand mit einer Art Karnickelgriff im Genick. Der schmerzte derart heftig, dass der Mann das Papier freiwillig wieder ausspuckte.

    Sogar die geklaute Kohle lag mittlerweile im Tresor der Asservatenkammer. Der etwas unbeholfene Gangster hatte sie in ein Handtuch gewickelt und zusammen mit Werkzeug unter dem Sitz seines Motorrollers verstaut. Eine erfolgreiche One-Man-Show also, nach der Eirich allerdings noch Stunden fürs Berichteschreiben brauchte.

    Und jetzt stand der Kommissar schon wieder da, um in einen neuen Fall mit einzusteigen.

    „Nee, nee, mach´ Dir keine Gedanken, antwortete er Jensen, „ich bin fit wie ein Turnschuh. Aber das hier, das macht mich traurig. Und böse! Breitbeinig stand er auf der Wiese am Herrenpfädel und schüttelte fortwährend den Kopf. „Einfach erschossen. Wahrscheinlich im Vorbeifahren, wenn ich das richtig sehe."

    „Ja, unglaublich! Auch Tom Jensen zeigte sich nach wie vor tief betroffen von der Brutalität dieser Tat. „Traurig und böse. Das trifft´s. Bin ich auch! Es gibt Fälle, die sind nicht zu begreifen.

    „Und vermutlich noch schwerer aufzuklären", ergänzte Sven und kräuselte die Stirn. „Allein die Stelle zu finden, wo der Schütze gestanden oder gelegen hat, wird wie `ne Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen.

    Inzwischen hatte einer der Beamten die Papiere des Getöteten an sich genommen und die Fotos von Führerschein und Personalausweis mit dessen Gesicht verglichen. Das Ergebnis war eindeutig. „Der Mann heißt Torsten Klemm, ist am 23. Februar 1995 geboren und stammt aus Kuppenheim-Oberndorf. Das ist, beziehungsweise war auch sein Wohnsitz. Das Fahrzeug ist auf seinen Namen angemeldet."

    „Ganze 23 Jahre alt geworden, der arme Kerl. Nicht zu fassen! Eirich schabte an seinem Dreitagebart und schaute herüber zu dem Wrack, an dem sich mehrere Leute zu schaffen machten. „Es ist einfach schwer zu begreifen, dass ein Leben so enden muss. An der Unfallstelle herrschte plötzlich wieder so etwas wie Hektik. Drei Männer von der Spurensicherung hatten ihre Arbeit aufgenommen und drängten die nur noch wenigen Neugierigen immer weiter von dem demolierten Wagen und von den Spuren ab, die der Pkw bei seinem Weg durch das Gebüsch hinterlassen hatte.

    Der übereifrige Verkehrspolizist packte Pascal Hertweck derweil fest am Arm, um ihn den Kripo-Beamten zu übergeben.

    „Lassen Sie mich los, Mann!, wurde der vermeintliche Unfallzeuge giftig und wand sich aus der Umklammerung des Hauptmeisters, auf dessen Namensschild Leif Becker zu lesen war. „Ich kann sehr gut allein dort hingehen und verzichte darauf, von Ihnen vorgeführt zu werden. Ich wollte nur warten, bis die Herren sich ein Bild gemacht haben.

    Mit großen Schritten marschierte er vor dem protestierenden Uniformierten her und ging Jensen und Eirich entgegen.

    „Darf ich fragen, wer Sie sind und was Sie hier wollen?", fragte Tom Jensen den Entgegenkommenden.

    „Mein Name ist…. Weiter kam er nicht. Denn von hinten rief Becker, „er hat was mit dem Unfall zu tun. Er hat den Fahrer wahrscheinlich ausgebremst und hier her abgedrängt.

    „So ein Schwachsinn!", rief Hertweck und drehte sich zu dem Polizisten um. Der hatte ein aufgeregt rotes Gesicht und grinste voller Begeisterung, weil er nun endlich seinen Vorwurf an höherer Stelle anbringen konnte.

    „Moment, Moment, rief Jensen. „Machen Sie mal halblang, meine Herren. Sagen Sie mir bitte erstmal Ihren Namen und was Sie mit der Sache hier zu tun haben.

    „Er heißt Pascal Hertweck und…"

    „Herr Becker, bitte!, bremste Jensen lautstark den Kollegen aus, „ich habe nicht Sie, sondern den jungen Mann hier gefragt. Es ist ja nett, dass Sie mit aufklären wollen. Aber ich denke, Herr Hertweck kann für sich selbst antworten. Ist das verstanden worden? Ja?

    Der Angeschnauzte zog zur Bestätigung den Kopf ein und hielt sich in sicherer Entfernung, als die beiden Kripobeamten mit dem Golf-Fahrer etwas zur Seite gegangen waren.

    „Also, Herr Hertweck, erzählen Sie", forderte Jensen den mittlerweile etwas erleichterten Hauenebersteiner auf. Der Anschiss gegen den ‚dämlichen Bullen‘, wie er Becker in Gedanken nannte, hatte Pascal richtig gutgetan. Und so fiel es ihm auch gar nicht schwer, seine ganze Geschichte flüssig herunter zu spulen.

    Natürlich stellten sowohl Tom Jensen als auch Sven Eirich mehrere Verständnisfragen. Vor allem wollten sie wissen, wie der IT-Mann darauf gekommen war, dass der Ford-Fahrer ihn wohl aus Rache oder aus welchen Gründen auch immer jagen würde. Aber Hertweck hatte auf alles eine plausible Antwort. Auch auf die letzte Frage.

    „Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das erklären kann."

    „Versuchen Sie´s doch einfach."

    „Okay. Eigentlich ist das eine reine Kinderei, schämte sich Pascal schon vorsorglich für das, was er zu berichten hatte. „Irgendwie existiert da seit Jahrzehnten so `ne Art Feindschaft zwischen Golf GT-Fahrern und denen mit einem Ford. Früher war das wohl so, dass die ‚Golfer‘ einen Ford immer als ‚Opa-Kutsche‘ belachten. Was die Betroffenen sehr in ihrem Stolz verletzte. Da gab´s halt auch noch keine coolen Pickups und so.

    „Wie, fragte Eirich dazwischen, „Ihr kriegt Euch in die Haare, weil der Eine das Auto des Anderen beleidigt?

    „Ich nicht. Aber andere schon. Deswegen hab´ ich ja auch Angst bekommen, als der Mann hier…, Hertweck senkte traurig die Stimme und zeigte auf das Fahrzeugwrack, „…als er mit seinem riesigen Bock hinter mir auftauchte. Ich hatte dem ja einen Vogel gezeigt und dachte, der wollte Krieg.

    ‚Oh Gott‘, dachte sich der Hauptkommissar, ‚die Typen haben wirklich alle einen an der Waffel.‘

    „Aber Sie können mir das glauben, setzte Pascal nochmal an, „ich habe den Mann wirklich nicht ausgebremst. Der war einfach auf einmal weg.

    „Ja, ja, jetzt machen Sie sich deshalb mal keine Gedanken. Wir vermuten nämlich, dass der Mann in dem Moment, als er in der Kurve geradeaus gefahren ist, schon nicht mehr richtig bei Bewusstsein war und dass er kurz darauf starb."

    „Ja, aber warum war er denn bewusstlos. Und warum ist er an dem bisschen Unfall denn gestorben?"

    „Wie denn nun? Sven Eirich war verwundert, „Wissen Sie das etwa noch nicht?

    „Was sollte ich denn wissen?"

    „Na, dass der Mann höchstwahrscheinlich an einem Geschoss in seinem Körper gestorben ist."

    Hertweck hatte den Eindruck, dass ihm der Boden unter den Füßen schwindet. Ein Schwindel erfasste ihn. Heftig schluckend drehte er sich zur Seite und konnte das Schlimmste gerade noch verhindern. Von dem gefundenen Einschuss hatte er tatsächlich nichts mitbekommen. Denn nach dem Wortgefecht mit dem ‚doofen Bullen‘ hatte er sich in seinen Wagen gesetzt und zunächst mal mit Zuhause telefoniert.

    „An einem Geschoss?, fragte er schließlich. „Wie denn das?

    „Das wissen wir auch nicht. Fakt ist, dass der Mann irgendwo unterwegs eine Kugel abbekommen hat, die vorher die Fahrertür seines Wagens durchschlug."

    „Oh Gott, das ist ja… . Wieder musste er schlucken. „Das ist ja…, tut mir leid, da fehlen mir die Worte, kapitulierte der Golf-Fahrer schließlich kopfschüttelnd.

    Tom Jensen schaute ihn prüfend an. „Wo genau ist Ihnen der Pickup eigentlich aufgefallen? Wann war er, wie Sie sagten, plötzlich hinter Ihnen?"

    Pascal überlegte einen Moment, um bloß nichts Falsches zu sagen. „Also gesehen hab´ ich ihn, bevor ich nach Haueneberstein reinkam. Da tauchte er plötzlich hinter mir auf. Kurz vor dem Kreisverkehr. Und von da an blieb ganz dicht hinter mir."

    „Fiel Ihnen dabei etwas ungewöhnliches auf?"

    „Klar. Er fuhr so dicht auf, dass ich es mit der Angst bekam."

    „Haben Sie den Fahrer denn im Spiegel beobachtet?"

    Wieder musste Hertweck nachdenken und schabte mit einer Hand am Hinterkopf. „Nee, richtiggehend beobachtet hab´ ich ihn nicht, sagte er nachdenklich. „Ich hab´ nur kurz in den Spiegel geschaut, um sein Gesicht zu identifizieren. Denn den Wagen hatte ich ja erkannt. Aber beobachtet… ? Nee. Dafür hatte ich viel zu viel Angst, dass er mir hinten reinfährt.

    „Konnten Sie ihm denn nicht irgendwie ausweichen?"

    „Ha, das wollte ich ja. Deswegen bin ich ja am Rathaus links ab und dann gleich rechts rein ins Herrenpfädel. Aber der ist stur hinten drangeblieben und hat auch noch ständig mit der Lichthupe gespielt."

    Hauptkommissar Jensen schaute in den blitzblauen Himmel. Noch erhellte die Sonne das Tal. Aber die Schatten der Bäume wurden länger.

    „Das ergibt doch alles keinen Sinn", murmelte er vor sich hin.

    Es entstand eine Pause, in der sich die Kriminalpolizisten mal schulterzuckend anschauten, mal rüber blickten zu der Stelle, wo der bedauernswerte Ranger-Fahrer gerade in einen großen weißen Plastiksack und dann in einen Blechsarg gelegt wurde.

    „Sagen Sie, setzte schließlich Sven Eirich das Gespräch fort, „haben Sie eventuell unterwegs irgendeinen Schuss gehört oder jemanden mit einer Waffe gesehen, der in Richtung Straße zielte? „Nee, ganz bestimmt nicht." Pascal musste an sich halten, um nicht belustigt zu wirken. ‚So ein Blödsinn‘, dachte er, ‚hätte ich denen doch längst gesagt, wenn es so gewesen wäre. Aber sie mussten diese Frage wohl stellen.‘

    „Allerdings, fiel es ihm siedend heiß ein, „an der Förcher Kreuzung hab´ ich wieder diesen grünen Offroader gesehen. Die Kreuzung liegt zwischen Haueneberstein und Kuppenheim, nicht weit weg vom Schloss Favorite.

    „Danke, weiß ich, lächelte Tom Jensen. „Und das Schloss liegt bei Förch. Einen grünen Offroader? Was war das für einer?

    „Die Marke kann ich nicht sagen. Aber der Karren steht häufig dort. In so einem Seitenweg rechts. Neben der Straße, die rauf nach Ebersteinburg führt. Ich glaub´, der gehört `nem Jäger oder `nem Förster. Da springt immer mal wieder einer mit `ner Flinte rum."

    „Stimmt, bestätigte Eirich, „den habe ich auch schon ein paarmal gesehen. Wenn´s denn derselbe ist.

    „Naja, es dürfte ja kein großes Problem sein rauszukriegen, wem der Wagen gehört und warum der dort öfter steht." Jensen drehte sich herum und wollte Leif Becker etwas zurufen. Musste er aber nicht. Denn der stand direkt hinter ihm. Das ‚Verhör seines Verdächtigen‘ durfte er schließlich unter keinen Umständen verpassen.

    „Oh prima, brachte der Hauptkommissar zähneknirschend hervor. Er konnte es nicht ertragen, wenn ihm jemand quasi im Genick saß, um ja nichts zu verpassen. „Da muss ich Sie ja nicht groß einweihen in die Bitte, die ich an Sie habe, Herr Becker.

    „Und die wäre?", fragte der mit erwartungsvollem Blick.

    „Fahren Sie doch bitte schnell mal raus zur Förcher Kreuzung. Er fasste den Hauptmeister leicht bei der Schulter und führte ihn ein wenig weg von Sven Eirich und Pascal Hertweck. „Und dann schauen Sie mal, ob der grüne Offroader dort noch steht.

    „Aha, antwortete der Angesprochene. „Und wenn?

    „Und wenn was?" Jensen war leicht angesäuert.

    „Wenn der Offroader noch da steht?"

    „Dann ermitteln Sie doch einfach, auf wen der Wagen zugelassen ist."

    „Und wenn er nicht mehr da steht?"

    ‚Wie kann man nur so dämliche Fragen stellen?’, dachte sich Jensen. ‚Der Mann hat doch mitgekriegt, worum es hier geht.‘

    „Dann kommen Sie halt

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