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DIE NOVIZEN
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eBook415 Seiten6 Stunden

DIE NOVIZEN

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Über dieses E-Book

Julia und Gunther wollen aufs Land ziehen und bekommen ein schönes altes Haus zu so günstigen Bedingungen angeboten, dass sie sofort zuschlagen. Es ist wirklich ein Traumhaus auf einem Traumgrundstück - wenn da nur der steinalte Besitzer nicht wäre, der Gunther nach und nach völlig in seinen Bann zieht.
Julia spürt, dass Gunther sich immer mehr von ihr abwendet, aber auch sie ist nicht sicher vor den Einflüssen, die in dem Haus auf sie einwirken. Als sie bemerkt, dass das Haus ein schreckliches Geheimnis birgt, ist es fast schon zu spät.

Ein Psychothriller von Christiane Weller und Michael Stuhr.

489Standardseiten.

Autoreninfo: christianeweller.de, michaelstuhr.de

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SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum10. Okt. 2013
ISBN9783847640561
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    Buchvorschau

    DIE NOVIZEN - Christiane Weller

    Kapitel 1

    Die Novizen

    Psychothriller

    Ausgabe 2013

    489 Standardseiten

    Alle Rechte bei

    Christiane Weller

    und Michael Stuhr

    www.christianeweller.de

    www.michaelstuhr.de

    Coverbild:

    Christiane Weller

    Covergestaltung:

    Michael Stuhr

    Herausgeber:

    WELLER UND STUHR

    Gießen und Lemgo

    Liste lieferbarer eBooks:

    www.thriller-fantasy-leseproben.de.

    PROLOG

    Behaupten Sie nie, wenn jemand tot sei, dann sei alles vorbei!

    Ach, Sie glauben nicht an Geister? Sie hatten nie eine Erscheinung, eine Vision, einen Wahrtraum? Das ist gut! Dann haben Sie ja auch keine Probleme mit bösen Orten, an denen Sie weit müheloser als anderswo in die Tiefen Ihrer Seele schauen könnten. Das ist sehr gut! - Denn die Wünsche, die Sie dort entdecken würden, lassen sich ja meistens doch nicht verwirklichen. Da braucht es schon ganz besondere Umstände. - Einen besonderen Ort zum Beispiel, der bis zum Bersten mit einer Energie aufgeladen ist, die Sie nach und nach völlig unter ihren Einfluss zwingt.

    Wir alle hinterlassen Spuren in unserem Leben, die noch lange von unserer Anwesenheit künden, wenn unsere Lebensflamme längst erloschen ist: Fotos zeigen Kinder, die es einst gegeben hat, die zu Greisen geworden sind und die man schon lange begraben hat. Briefe berichten von Gefühlen zwischen Menschen, die es schon lange nicht mehr gibt. Manchmal sterben die Menschen früher und manchmal die Gefühle - aber eines stirbt nie. - Die Energie, mit der sie sich liebten oder hassten. Sie mag sich abschwächen, so wie das Bett die Wärme des Schläfers langsam verliert, wenn er fort ist, aber ein ganzes Leben voller Liebe, Hass oder Verzweiflung kann einem Ort einen unverwechselbaren Stempel aufdrücken. Wenn dann eine arme, verirrte Seele, die ihre Bestimmung noch nicht gefunden hat, in diese Aura gerät, mag es geschehen, dass sie sich von der Ausstrahlung des Ortes gänzlich überwältigen lässt. Heilige werden so geboren und Massenmörder, wahrhaft unsterbliche Liebe und unerklärliche Abneigung - und es gibt Orte, an denen regiert ganz einfach der Hass.

    Aber das betrifft Sie ja alles nicht. Sie glauben ja nicht an Geister oder an böse Orte. Wirklich schön für Sie! Egal, ob Sie die Zeichen wirklich nicht sehen können, oder ob Sie die Augen verschließen und sich die Ohren verstopfen - es wird zu Ihrem Vorteil sein. - Denn denken Sie immer daran, dass der Rattenfänger einen bunten Rock trägt und eine lustige Melodie auf der Flöte spielt. Er lockt mit schönen Dingen. Nicht alle müssen ihm folgen, das ist wahr. - Wer ihn nicht sieht, und wer die Musik nicht hören kann, der ist - vielleicht - sicher.

    KAPITEL 1 – 1958 - DER JÄGER

    Der silbergraue Borgward kündigte sich schon aus weitem Abstand mit immer wieder aufgeblendeten Scheinwerfern an. Der Mann schaute in den Rückspiegel seines brandneuen 220er Mercedes und zog verächtlich die Mundwinkel nach unten. Sein Wagen war gerade eingefahren und zu anderen Zeiten wäre er gern bereit gewesen, es diesem Angeber mal so richtig zu zeigen, aber jetzt hatte er etwas anderes vor.

    Immer schneller kam der Borgward heran, immer hektischer wurde das Geblinke. Der Mann sah nach vorne, wo ein Fiat Neckar sich abmühte, an einem Volkswagen vorbeizukommen, aber der VW-Fahrer hatte den Überholversuch rechtzeitig bemerkt und natürlich Vollgas gegeben.

    Der Borgward flog förmlich an dem 220er vorbei, und obwohl er so stark abgebremst wurde, dass er ein wenig ins Schlingern geriet, hätte er den Fiat fast gerammt. Der Mann sah noch, wie der Fahrer ungeduldig auf das Lenkrad trommelte, dann verlor er das Interesse an der Szene. Ein Blick in den Rückspiegel verriet ihm, dass sich kein weiterer Wagen näherte. Nur das breite Doppelband der Autobahn zog sich in der Abenddämmerung durch das Tal, und auch auf der Gegenspur mühte sich in einiger Entfernung lediglich ein alter Krupp-Vorkriegs-LKW, tiefschwarze Rußwolken ausstoßend, im Schritttempo die sanfte Steigung hinauf.

    Ständig nach allen Seiten sichernd fuhr der Mann auf die linke Spur und wurde langsamer. Dann schlug er die Räder scharf ein und wendete über den Mittelstreifen. Der schwere Wagen rutschte mit den Vorderrädern ein Stück weit durch das hohe Gras, dann fanden die Reifen wieder Halt. Obwohl der Mann nur vorsichtig beschleunigte, rissen die Hinterräder doch eine breite Furche in die weiche Erde. Grashalme und erdbehaftete Wurzelfetzen wurden hochgeschleudert, dann war es geschafft. Fast brutal trat der Mann das Gaspedal durch und der Wagen schoss mit wimmernden Reifen in der Gegenrichtung davon. Der Mann fühlte so etwas wie Jagdfieber in sich aufsteigen - denn auf der Raststätte, an der er eben vorbeigekommen war, wartete sein erstes Stück Wild auf ihn.

    Fast wäre sein erstes Opfer ihm doch noch entgangen. Regelrecht entsetzt hatte der Mann feststellen müssen, dass neben dem Mädchen, das er im Vorbeifahren erspäht hatte, ein riesiger Büssing-Lastwagen mit laufendem Motor stand. Aufgeregt parkte er den 220er so, dass er von einem Gebüsch halb verdeckt wurde. Nervös beobachtete er die Szene.

    Das Mädchen stand neben der geöffneten Fahrertür und unterhielt sich mit dem Fahrer, einem älteren Mann mit hüftlanger Lederjacke und Schirmmütze. Wenn das Mädchen dort einsteigen sollte, nahm der Mann sich vor, würde er den Lastwagen unauffällig verfolgen und auf eine zweite Chance warten. Die Kleine sah einfach zu verdammt süß aus, in ihrem weißen Faltenrock mit großen schwarzen Blumen, zu dem sie ein schwarzes Bolerojäckchen über weißer Bluse trug. Etwa siebzehn Jahre mochte das Mädchen alt sein, schätzte der Mann. Etwas unsicher stand es in seinen cremefarbenen Pumps vor dem Fernfahrer und schwenkte bei jedem Satz, den es sprach eine kleine schwarze Handtasche hin und her.

    Fast eine richtige kleine Dame murmelte der Mann seinem Spiegelbild in der Seitenscheibe zu. Besonders apart fand er die ebenfalls etwas unpassenden weißen Söckchen, aber für Nylonstrümpfe hatte es wohl genauso wenig gereicht wie für einen Mantel.

    Schließlich schüttelte das Mädchen heftig den Kopf und wandte sich von dem Fernfahrer ab. Der blickte der Kleinen achselzuckend kurz nach, kletterte schließlich in seinen Wagen und fuhr davon.

    Hastig schaute der Mann sich um, aber der große Parkplatz lag wie ausgestorben da, also ließ er den Wagen hinter dem Busch hervorrollen und hielt auf die Ausfahrt der Raststätte zu. Er bemerkte, dass die Innenflächen seiner Hände feucht wurden. Jetzt würde es sich zeigen, ob er den Plan, den er schon so lange mit sich herumtrug, heute verwirklichen konnte.

    Leise glitt der große Wagen auf das Mädchen zu, das neben einer Telefonzelle stand und die Fernverkehrskarte studierte, die dort hinter Glas aushing. Nervös stellte der Mann fest, dass der Mercedes-Motor so leise lief, dass die Kleine ihn wahrscheinlich erst hören würde, wenn er an ihr vorbei war, und dann wäre es zu spät.

    Entschlossen gab der Mann Vollgas. Der Motor wurde lauter und der sanfte Schub drückte ihn in das Polster der Rücklehne. Unbewusst krallten seine Hände sich um das elfenbeinfarbene Lenkrad, denn in wenigen Sekunden würde er hinter dem Mädchen vorbei auf die Autobahn fahren, und wenn es bis dahin nicht versuchte, ihn anzuhalten ...

    Plötzlich drehte das Mädchen den Kopf, sah den Wagen herankommen, wirbelte herum und streckte mit einer kindlich - korrekten Geste die Hand aus, den Daumen fein säuberlich nach oben gereckt.

    Eilig trat der Mann auf die Bremse und kam direkt neben der Telefonzelle zum Stehen. Sich zur Ruhe zwingend beugte er sich mit gemächlichen Bewegungen über die Sitzbank und ließ die Beifahrertür aufschwingen.

    Fahren Sie in Richtung Hannover? Darf ich ein Stück weit mitfahren? Das Mädchen war mit schnellen Schritten herangekommen und beugte sich nun ein wenig linkisch zu dem Fahrer hinab, der sich zwang, ihr gerade in die Augen zu sehen. Dennoch hatte er bemerkt, dass die Kleine unter ihrer Bluse keinen BH, sondern bloß ein Feinripphemdchen mit dünnem Baumwoll-Spitzenbesatz trug.

    Komm rein. Der Mann machte eine einladende Handbewegung.

    Danke! das Mädchen schwang sich auf den Sitz und zog die Tür zu, die mit einem satten Geräusch ins Schloss fiel.

    Da hast du aber Glück gehabt, sagte der Mann. Ich fahre direkt bis Hannover durch.

    Prima!, freute das Mädchen sich. Dann komme ich ja heute Abend noch an.

    Schweigend konzentrierte der Mann sich auf den Rückspiegel und beschleunigte.

    Ein 180er Mercedes raste mit Höchstgeschwindigkeit hupend auf der linken Spur vorbei, als der 220er auf die Autobahn fuhr.

    Du bist ja wohl nicht von zu Hause fortgelaufen?, wollte der Mann jetzt wissen. Wie heißt du denn?

    Immer dieselben Fragen! Die Stimme des Mädchens hatte einen patzigen Unterton.

    Nun sag schon, forderte der Mann. Ich will keine Schwierigkeiten bekommen, nur weil du vielleicht irgendwo ausgerissen bist.

    Ich heiße Irmi Weber. Meine Mutter ist im Krankenhaus und ich soll für ein paar Tage bei meiner Oma in Hannover wohnen!, leierte das Mädchen unwillig herunter. Sind Sie jetzt zufrieden?

    Und da schickt deine Mutter dich so einfach ohne Fahrgeld los? Der Mann schüttelte verständnislos den Kopf, während er lässig auf die linke Spur wechselte, um eine Isetta zu überholen.

    Ich habe zwanzig Mark!, verkündete das Mädchen stolz. Aber die spar ich!, setzte es entschlossen hinzu. Das reicht fast für so ein kleines Transistorradio. Das hol ich mir, wenn ich wieder in der Stadt bin.

    Entschuldigung, begann das Mädchen wieder nach ein paar Augenblicken schweigsamer Fahrt, stört es Sie wohl, wenn ich das Radio anmache? Im AFN läuft nämlich gerade die amerikanische Hitparade, wissen Sie?

    Mach nur, forderte der Mann sie auf. Er hatte noch nicht ausgesprochen, da hatte sie das Radio schon eingeschaltet und brachte mit dem Stationsknopf den Zeiger auf der Skala in die Nähe der richtigen Frequenz. Es dauerte einen Moment, bis die Röhren im Gerät sich aufgeheizt hatten, dann schlug dem Mann mit fast schmerzhafter Wucht der Rhythmus eines Elvis Presley-Songs aus dem Lautsprecher in der Mitte des Armaturenbretts entgegen. Schnell griff er zu und regelte die Lautstärke auf ein für ihn erträgliches Maß herab. Tanzt du gern, Irmi?, fragte er das Mädchen, das im Takt der Musik auf der Sitzbank herumruckelte.

    Natürlich! Alle tanzen gern!

    Was war eigentlich eben mit dem Fernfahrer?, brüllte der Mann jetzt gegen die Musik an Ich hab euch zufällig gesehen. - Fuhr der nicht in deine Richtung?.

    Ach der! Das Mädchen verdrehte mit einer komischen Grimasse die Augen Der ist mir ganz schön auf die Nerven gegangen. Er hätte auch eine Tochter in meinem Alter, sagt er, aber dass die per Anhalter fährt, das käme gar nicht in Frage, und so weiter. - Das wäre viel zu gefährlich. - und ich sollte mitkommen, zu ihm nach Hause, also zu ihm und seiner Frau und dort übernachten. - Aber das wollte ich nicht. - In Amerika fahren alle per Anhalter, und keinem passiert dabei was!

    Es wird bald dunkel, stellte der Mann fest, und der Weg nach Hannover ist noch weit. Hast du denn wirklich kein bisschen Angst?

    Na ja, begann das Mädchen nachdenklich. Eigentlich nicht. - Aber wenn es wirklich dunkel wird und ich allein draußen an der Straße stehen muss ... - Aber jetzt bin ich ja bei Ihnen, fuhr es in erleichtertem Tonfall fort. Sie fahren doch bis Hannover, oder?.

    Natürlich, Irmi, bestätigte der Mann Mach dir keine Sorgen. Bei mir bist du sicher.

    Ich meine ja nur, weil es bald dunkel wird. - Sonst hab ich keine Angst. Irmi sah den Mann aufmerksam an, und als er ihr nicht widersprach, lehnte sie sich behaglich in das weiche Polster der Sitzbank zurück.

    Der Mann lächelte und nickte zufrieden mit dem Kopf So ist's recht, sagte er. Mach's dir nur bequem - wir sind noch lange unterwegs. Dann streckte er seinen rechten Arm über die Lehne und fuhr mit der Hand suchend über den Rücksitz. Keine Sorge, beruhigte er lächelnd das Mädchen, das sich steif aufgerichtet hatte und seine Bewegungen aufmerksam verfolgte. Ich hab da noch was Schönes für uns.. Endlich hatte er die angebrochene Pralinenpackung gefunden. Du magst doch auch etwas Süßes, oder?

    Knapp eine Viertelstunde später war das Mädchen betäubt in sich zusammengesunken. Der Mann hielt kurz an und holte ein Kissen aus dem Kofferraum, das er so unter ihren Kopf schob, dass man es von außen bemerken musste. Wer immer den weinroten Mercedes mit seinen Insassen sah, würde vermuten, dass hier ein Vater mit seiner Tochter oder ein Onkel mit seiner Nichte unterwegs war, und sollte das Mädchen vorzeitig erwachen, würde es sich sogar über die Fürsorge freuen.

    Der Mann ließ den Motor wieder an, beschleunigte zügig und wenig später schnurrte der Wagen mit über 140 km/h über die Autobahn. Der Mann hatte es eilig, denn die Betäubung hielt wahrscheinlich nur drei bis vier Stunden an, und es war noch ein weiter Weg bis nach Hause.

    Der AFN-Sprecher kündigte ein Lied von einem gewissen Buddy Holly an. Angewidert schaltete der Mann das Radio aus. - Er hasste diese Art von Musik. Dann waren für lange Zeit nur noch das Summen des starken Sechszylinders und die Windgeräusche zu hören. Der Mann hing seinen Gedanken nach. Ab und zu warf er einen aufmerksamen, lauernden Blick auf das Mädchen, aber noch wagte er nicht, es zu berühren. Es begann zu regnen. Als der Mann die Scheibenwischer anstellte, hustete das Mädchen kurz im Schlaf.

    KAPITEL 2 - Juni 1994 - SANDER

    Julias alter Fiesta hatte seine Mucken. Wenn man bei mehr als viertausend Touren das Gaspedal ganz durchdrückte, verschluckte er sich, und es war, als würde der Wagen von einem starken Gummiband fest gehalten. - Gunther hatte soeben das Gaspedal bei Tempo Hundert ganz durchgedrückt und sofort war der Wagen ruckelnd immer langsamer geworden. Der Tacho stand jetzt schon auf Achtzig und die Nadel fiel immer noch weiter.

    Gas wegnehmen, dann wird er schneller, riet Julia vom Beifahrersitz und sah Gunther nervös an. Die beiden hatten trotz des schönen Wetters mit Absicht darauf verzichtet, für diese Fahrt Gunthers BMW zu nehmen. Wenn wir da mit einem teuren Wagen auflaufen, meint der Typ doch gleich, dass er ruhig noch was auf die Pacht draufschlagen kann, hatte Gunther, wohl nicht ganz zu unrecht, gemeint.

    Gunther nahm das Gas etwas zurück und der Wagen beschleunigte wieder. Das erinnert mich an gewisse Computerprogramme, grinste er zu Julia hinüber. Zum Beenden auf `'Start' drücken.

    Julia lachte unsicher auf. Sie liebte ihren Muckel, wie sie den Wagen nannte, und Gunthers Spott traf sie fast persönlich. Er meinte es ja nicht böse, aber er konnte eben nur mit neuen Sachen richtig gut umgehen, und hatte für ihr 'so genanntes Auto', wie er Muckel bezeichnete, vom ersten Tag an nur sanfte Verachtung übrig gehabt.

    Muckel war Julias erster Wagen, den sie sich sofort nach Beendigung ihres Studiums gekauft hatte, und auch da war er schon nicht mehr ganz neu gewesen. Jetzt war er fünfzehn Jahre alt, und die letzte TÜV-Abnahme hatte er nur dem Umstand zu verdanken, dass Julia ihr knappstes T-Shirt angezogen und einen intensiven Flirt mit dem Prüfbeamten angefangen hatte. Von den Rostlöchern und den halbblinden Scheinwerfern abgesehen, waren auch die Fensterheber schwergängig, das Schiebedach klemmte, und die Scheibenwischer konnte man nur mit einem Trick in Gang setzen. Muckel hatte eine schwache Lichtmaschine, brauchte ein bestimmtes Ritual beim Anlassen, und manchmal sprang er überhaupt nicht an. Man musste es dann einfach nach zwanzig Minuten wieder versuchen - dann ging es garantiert.

    Blöde Kiste, murmelte Gunther und trommelte mit den Fingern nervös auf das Lenkrad. Er fuhr jetzt hinter einem LKW und traute sich nicht, ihn zu überholen. - Muss man ja auch nicht, fand Julia. Man kann ja genauso gut dahinter bleiben. Sie sagte aber nichts.

    Sander? Sander? Der ältere Mann mit dem struppigen Hund überlegte laut. Sander? Sander? - Wo soll der wohnen?

    Gunther warf Julia einen bedeutsamen Blick zu. Zwischen den beiden Ortschaften hier, erklärte er dem Mann nochmals betont langsam und deutlich. In der alten Mühle am Ende des Waldweges. - Aber welchen Waldweges?

    Die beiden waren zwischen den Dörfern in zwei der vielen Wege eingebogen, aber sie hatten sich fast festgefahren und in Muckels Karosserie hatte es bei den Schlaglöchern verdächtig geknackt. Gunthers Handy war im Moment nicht zu gebrauchen. Kein Netz stand auf dem Display; die ganze Gegend war ein einziges, riesiges Funkloch.

    Mühle? Mühle? Waldweg? Der Mann schüttelte den Kopf. Aber nicht an dieser Straße! - Nicht wahr, Flocki?, wandte er sich an seinen Hund. Flocki schnüffelte uninteressiert an Gunthers Hosenbein und sah, wenn möglich, noch stumpfsinniger aus, als sein Herrchen.

    Ja, dann danke. Gunther wandte sich ab, und hatte den Wagen fast schon erreicht, als die Stimme des Mannes ihn aufhielt: Warten Sie mal! - Da gibt es doch die alte Nebenstrecke, die wird aber kaum noch benutzt. - Da fahren nur die Bauern mit ihren Treckern lang.

    Gunther drehte sich um. Und? - Gibt es da eine alte Mühle?, fragte er in dem leiernden Tonfall, der Julia verriet, wie gereizt er war.

    Ja, natürlich!, bestätigte der Mann und nickte heftig. Auf halber Strecke. - Da steht so ein Häuschen an der Straße, wegen der Wildschweine.

    So eine Futterstelle?

    Ach was! wehrte der Mann unwillig ab und sah Gunther an, als sei der nicht ganz bei Trost. Wir füttern hier doch keine Wildschweine! - Nicht wahr, Flocki? - Da sind die Mülleimer drin und die gelben Säcke, damit die ...

    Und wo ist die Straße? Das war alles, was Gunther noch wissen wollte, und das expressi-galoppi bitte.

    Sie wollen zur alten Mühle, ja? Der Mann legte den Kopf schräg.

    Ja-a!

    Da lang! Das Kopfnicken des Mannes deutete knapp die Richtung an, wo direkt hinter dem Ortsschild ein schmaler, kopfsteingepflasterter Weg von der Hauptstraße abbog. Das ist die alte Hauptstraße. - Nicht wahr, Flocki?, beugte er sich wieder zu dem Hund hinab.

    Flockis Antwort, wenn er denn eine gab, hörten die beiden nicht mehr. Nach einem hastig hingeworfenen Danke! hatte Gunther sich wieder hinter Muckels Lenkrad geklemmt und die Tür zugeknallt. Der kleine Wagen machte einen wilden Hopser, als er anfuhr, und Augenblicke später bogen sie in die Seitenstraße ein, die zwar an den Rändern von Gebüsch und Unkraut überwuchert, aber sonst in einem erstaunlich guten Zustand war.

    Gunther fuhr zu schnell, und Muckels Karosserie dröhnte auf dem Kopfsteinpflaster. Es ging an einem Neubau vorbei, auf dessen Garagenhof zwei Ball spielende Kinder innehielten, und dem Wagen neugierig hinterherschauten.

    Mami, Mami! Guck mal, ein Auto!, meinte Julia mit künstlich hoch geschraubter Stimme und setzte noch ein im tiefsten Steinkohlenbass gebrummtes Nicht wahr, Flocki? drauf.

    Gunther musste grinsen und sah seine Partnerin belustigt an. Fast augenblicklich war seine schlechte Laune verflogen und er fuhr etwas langsamer. Das war es, was Julia hatte bezwecken wollen und nun entspannte sie sich wieder.

    Wenn wir das Haus pachten, meinte Gunther, werden wir uns wohl einen Geländewagen kaufen müssen.

    Wieso? überschrie Julia das Rasseln der Heckklappe. Geht doch prima!

    Denk mal an den Winter! Gunther ließ den Wagen vorsichtig ein steiles Gefälle hinabrollen, das in der Senke sofort in eine ebenso steile Steigung überging.

    Winterreifen, Schneeketten, schlug Julia vor. Sie dachte überhaupt nicht daran, sich ohne Not von ihrem Muckel zu trennen. Es fraß zwar an ihrem Öko-Gewissen, dass der Katalysator wahrscheinlich nicht mehr so richtig funktionierte, aber Bäume gab es viele, Muckel jedoch nur einmal.

    Im Moment war es sogar so, dass die Bäume die Sicht auf die Landschaft komplett verstellten. Die schmale Straße führte durch dichten Wald und das Laubdach versperrte den Blick auf den Himmel fast vollständig. Dennoch war es nicht dunkel unter den Bäumen. Vereinzelt drang die Sonne durch die Blätter, und die Straße vor ihnen war mit einem wirren Muster aus goldenen Flecken gesprenkelt.

    Je weiter die Fahrt ging, desto besser gefiel Julia die Umgebung. Nur die Strommasten, an denen auch eine Telefonleitung befestigt war, deuteten darauf hin, dass in dieser Wildnis vielleicht wirklich irgendwo ein Haus liegen mochte. Sie hoffte jetzt schon, dass sie den Zuschlag erhalten würden. So einsam zu wohnen, das hatte sie sich schon immer gewünscht. Fort von der Stadt, von den so genannten Freunden, von der Familie, den Klienten - von allem, was in ihrem Leben schief gegangen war. Endlich die Erinnerung hinter sich lassen, nur noch sie selbst sein, und sich in einen Zauberwald zurückziehen, unerreichbar, wie auf einem anderen Planeten.

    Verdammt weit draußen. Gunther sah die Sache ein wenig anders. Er musste schließlich jeden Tag zur Arbeit in die Stadt. Er sah auf den Tacho. Schon achtundvierzig Kilometer.

    Weniger, korrigierte Julia schnell. Durch die Suche haben wir einen ganz schönen Umweg gemacht.

    Stimmt, stellte Gunther nachdenklich fest. Bergler fährt jeden Tag über sechzig Kilometer zur Firma. Das ist wohl der Preis für eine ruhige Wohnlage. - Da wäre ich dann mit, sagen wir mal, vierzig Kilometern noch ganz gut dran.

    Schauen wir mal, wie das Haus überhaupt aussieht. meinte Julia. Wenn es nun eine totale Bruchbude ist ...

    In diesem Moment tauchte auf der linken Seite ein asphaltierter Weg auf, der noch tiefer in den Wald hineinführte. An der Einmündung stand ein kleiner Bretterverschlag. - Wohl das Müllhäuschen, von dem der Mann gesprochen hatte.

    Schau mal, hier kommt sogar die Post vorbei. Gunther zeigte erfreut auf den angerosteten Hausbriefkasten, der auf die Bretter aufgeschraubt war.

    Die Holzmasten bogen jetzt ebenfalls von der alten Hauptstraße ab. Die Leitungen überquerten einen hohen Maschendrahtzaun und folgten dann dem schmalen Weg. Offenbar gab es nur ein einziges Haus hier in der Gegend.

    Gunther hielt den Wagen an und stieg aus, weil ein einfaches Tor aus Stahlrohren und Maschendraht die Zufahrt versperrte. Vorsicht, bissiger Hund!, warnte ein verblichenes, mit dünnem Moos behaftetes Blechschild. Gunther ging auf das Tor zu und drückte dagegen. Es war nicht verschlossen und gab überraschend leicht nach.

    Gehört das ganze Gelände etwa dazu?, fragte Julia, als sie durch das Tor gefahren waren, und von einer Mühle noch nichts zu sehen war.

    Mehr als drei Hektar, hat dieser Sander gesagt.

    Wie viel ist das - ein Hektar?

    Ganz schön viel, jedenfalls. Gunther hatte am Morgen mit dem Vermieter gesprochen. `Ren.bed. Waldhs. Auf gr. Grdstck. in eins. Lg. günst. zu verp.´ hatte in der Zeitungsanzeige gestanden. Dass es dabei um eine alte Mühle mit einem Riesengrundstück ging, hatte er erst am Telefon erfahren, und dann waren sie natürlich sofort gestartet.

    Plötzlich trat Gunther fluchend auf die Bremse und lenkte den Wagen scharf nach rechts. Julia schreckte auf und suchte unwillkürlich nach Halt, als ein dunkelgrüner Jaguar mit hoher Geschwindigkeit aus der Biegung kam und mit unvermindertem Tempo dicht an dem Fiesta vorbei rauschte. Undeutlich konnte sie das verkniffene Gesicht des Fahrers erkennen. Die junge Frau auf dem Beifahrersitz war platinblond und auf dem Rücksitz saßen zwei ebenfalls hellblonde Kinder.

    Da hat aber einer schlechte Laune! Gunther schaute dem Wagen im Rückspiegel kopfschüttelnd nach.

    Will ich ja wohl hoffen, dass der nicht immer so fährt, meinte Julia. Ihre Hände zitterten leicht. Sie hatte sich schon eingeklemmt in den Trümmern des Wagens gesehen. Wäre der Fahrer des Jaguar nur zwanzig Zentimeter weiter herübergekommen ...

    Gunther fuhr wieder an und sofort nach der Kurve wichen die Bäume zurück. Eine Lichtung tat sich auf - ein dreieckiges Stück Grasland mitten im Wald. Frei ging der Blick weiter in die Senke hinab, in der eine Ansammlung unterschiedlicher Gebäude stand. Aus der bergseitigen Spitze des Dreiecks perlte ein Wasserlauf herab, sammelte sich in einem großen, birkenumstandenen Mühlteich, floss an der Mühle, einem großen, finsteren Bruchsteinbau, vorbei, und verschwand als träger, breiter Bach hinter dem halb verfallenen Mühlengebäude. Der Hof war mit Ziegeln gepflastert und auf der anderen Seite stand ein solide aussehender, allerdings vom Wetter ausgeblichener Bretterschuppen.

    Gunther stoppte den Wagen auf der Kuppe. Phantastisch, sagte er nur und zeigte auf das Fachwerkhaus neben der Mühle, das dem Eigentümer offenbar als Wohnung diente.

    Julia konnte ihm nur zustimmen. Zwar war das Weiß der Ausfachungen mit der Zeit zu einem schmutzigen Grau geworden, die grüne Farbe an Tor und Fensterrahmen blätterte ab, und die Sprossenfenster waren blind vor Staub und altem Schmutz. - Aber da war nichts, was man mit Farbe und Putzmittel nicht wieder hätte in Ordnung bringen können. Das Dach war einwandfrei, vor dem Haus gab es einen verwilderten Bauerngarten und auf der Südseite kletterte ein Dickicht tiefgrüner Weinranken bis zur Dachrinne empor. Julia verliebte sich auf den ersten Blick in das Haus. Selbst das auf dem Hof herumliegende Gerümpel störte kaum und stellte in ihren Augen kein wirkliches Problem dar.

    Irgendetwas fiel Julia an dem umgebenden Gelände auf, sie schaute genauer hin. Sicher, das war es! - Das Areal war komplett mit Gras überwachsen, aber dennoch zeichneten sich in dem Grün unterschiedlich gefärbte Linien und Flächen ab, so, als würden unsichtbare Straßen oder Kanäle das Grundstück durchziehen. Sie machte Gunther darauf aufmerksam. Gebäudereste, meinte der. Da haben auch mal Häuser gestanden und die Grundmauern liegen noch dicht unter der Oberfläche.

    Das war logisch, fand Julia, und gab sich wieder ganz der Betrachtung des Wohnhauses hin. - So hatte sie wohnen wollen, solange sie denken konnte.

    Gunther ließ den Wagen langsam auf den Hof rollen und schaute sich vorsichtig um. Er hatte das Schild an der Einfahrt nicht vergessen. Da aber nirgends ein Hund zu sehen war, stiegen er und Julia schließlich aus und gingen zum Tor des Wohnhauses hinüber. Halb in der Erwartung, wütendes Gebell aus der Deele zu hören, schlug Gunther drei Mal hart an das hohe Tor, aber nichts geschah.

    Vielleicht ist er weggefahren, meinte Julia. Sie dachte an die Familie in dem Jaguar.

    Er hat gesagt, dass er den ganzen Tag zu Hause ist. Gunther schlug noch ein paar Mal an das Tor.

    Julia musste trocken schlucken. Hoffentlich hat er nicht schon verm ...

    Ich habe doch gesagt, Sie sollen verschwinden!, brüllte da völlig überraschend eine Stimme aus dem Haus.

    Julia und Gunther wichen unsicher einen Schritt zurück, da wurde auch schon einer der Torflügel aufgerissen und ein uralter, massiger Mann kam blitzschnell einen Schritt weit durch die Öffnung. Er sah sehr wütend aus, und in der linken Hand trug er eine Schrotflinte, deren Lauf genau auf Gunthers Füße gerichtet war.

    Der Alte sah Gunther ins Gesicht. Ach so, meinte er nur, kniff die Augen zusammen und ließ den Lauf der Waffe ein wenig sinken. Mit geübtem Griff nahm er die Flinte hoch, und ließ sie mit dem Kolben voran hinter dem Torflügel zu Boden gleiten. Kommen Sie rein, sagte er statt einer Entschuldigung, drehte sich um und ging in das Dunkel des Hauses.

    Gunther sah Julia groß an, hob kurz die Schultern und folgte dem Alten. Sie sind Herr Sander, nehme ich an?, fragte er laut in das Dunkel der Deele hinein, wo die Silhouette des Mannes nur undeutlich zu erkennen war. Julia schloss das Tor hinter sich und tastete sich langsam voran.

    Natürlich bin ich das! Eine Tür am Ende der Deele öffnete sich, und endlich kam etwas mehr Licht herein. Julia sah undeutlich noch mehrere andere Türen, die zu verschiedenen Kammern gehören mochten.

    Julia ging hinter Sander und Gunther in den Raum, der für den alten Mann gerade Stehhöhe hatte. Für so ein Fachwerkhaus war das Zimmer erstaunlich groß; es maß etwa drei mal fünf Meter. Freiliegende, rauchgeschwärzte Balken, auf denen ebenso dunkle Bretter lagen, bildeten die Decke. Die Wände schienen aus einem gekalkten Lehmputz zu bestehen, der sich nach oben hin immer mehr verdunkelte. Julias Herz machte einen Hopser und sie musste unwillkürlich tief Luft holen, als sie den offenen Kamin an der Schmalseite des Raumes entdeckte. - Einfach traumhaft!

    Setzen Sie sich, forderte der Alte die Besucher auf und ließ sich selbst aufstöhnend auf ein uraltes Biedermeiersofa sinken. Julia griff nach einem Stuhl und auch Gunther setzte sich an den hohen Tisch mit den gedrechselten Beinen. Die Wachstuchdecke auf dem Tisch war schon zur Zeit von Julias Kindheit unmodern gewesen, und sie kam sich vor, als sei sie um Jahrzehnte, ja, fast um Jahrhunderte, zurückversetzt worden. Gemächlich schwang das Pendel des Regulators, bei jedem Ausschlag ein deutlich hörbares Ticken in den Raum schickend, hin und her. Es war, als liefe die Zeit hier langsamer ab. Sander musterte seine Gäste schweigend, aber selbst das war nicht unangenehm. Niemand musste es hier eilig haben. Vergessen war der ungestüme Empfang mit der Waffe in der Hand. Hier waren Ruhe und Frieden.

    Sie kommen wegen des Hauses., eröffnete der Alte schließlich das Gespräch und beugte sich vor. Seine Stimme war erstaunlich warm und kräftig, und seine Bewegungen standen denen eines jüngeren Mannes an Geschmeidigkeit kaum nach.

    Steinmann, stellte Gunther sich vor. Wir haben vorhin telefoniert. - Und das ist Frau Delker, meine Partnerin. - Hatten Sie Streit mit den Leuten, die uns eben entgegengekommen sind?

    Partnerin?, wiederholte Sander, ohne auf Gunthers Frage einzugehen, und ein verschlagenes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. So sagt man heute, wenn man nicht richtig verheiratet ist, ja?

    Wir leben seit, Gunther überlegte kurz, fast zehn Jahren zusammen.

    So lange doch schon. Sander gab sich erstaunt, aber seine Augen sprühten vor Spott.

    Auf jeden Fall schon länger, als die Durchschnittsehe hält! versuchte Julia sich einzuschalten, aber Sander ignorierte sie vollständig. Und jetzt wollen Sie aufs Land ziehen. - Sie, und ihre Lebensabschnittsgefährtin, stellte er fest, und sah Gunther dabei mit herabgezogenen Mundwinkeln an.

    Mit meiner Lebensgefährtin, ja, korrigierte Gunther, und es lag eine gewisse Schärfe in seiner Stimme.

    War doch nur Spaß. Sander machte eine beschwichtigende Handbewegung.

    Julia biss sich auf die Lippen. Sie hielt nichts von solchen Späßen, und hätte dem Alten gern ein paar Takte gegeigt, aber sie hielt doch lieber den Mund.

    Ja, ja, ich hatte zu meiner Zeit auch ein paar - Partnerinnen, fuhr Sander mit einem Zwinkern fort. Aber ich war ja nebenbei auch noch richtig verheiratet. Da nennt man das wohl noch anders.

    Was soll das? Gunther war drauf und dran, wirklich ärgerlich zu werden. - Julia und er waren schließlich nicht gekommen, um sich dummdreist anmachen zu lassen. Ich glaube, wir sollten lieber über das Haus reden!

    Ach, ich meine ja nur, dass Sie beide es richtig machen. Der Alte setzte ein harmloses Gesicht auf. Ich habe mich vielleicht ungeschickt ausgedrückt, aber es ist doch wirklich besser, ein festes Verhältnis zu haben, statt ständig mit irgendwelchen Nutten herumzumachen. - Ist doch so, oder? - Sie kennen das ja.

    Nein! Kenne ich nicht! Gunther war nicht bereit, die Unterhaltung weiter in diesen Bahnen laufen zu lassen. Er beugte sich vor und starrte angriffslustig über den Tisch. Julia war ganz seiner Meinung - Der Alte war ganz offensichtlich ein schmieriger Drecksack, und wenn es so weiterging, dann konnten sie das Haus vergessen.

    Wollen Sie das Haus jetzt vermieten, oder nicht?, fragte Gunther mühsam beherrscht. Bei der nächsten blöden Bemerkung würde ihm nämlich der Kragen platzen, und dann würde Sander sie wohl mit der Schrotflinte vom Hof jagen, so, wie die Leute in dem Jaguar.

    Gut! lenkte Sander bedächtig nickend zu Gunthers Überraschung ein. Lassen Sie uns von dem Haus reden. - Gefällt es Ihnen?

    KAPITEL 3 – 1958 - IRMI

    Irmi war gewitzter als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Fast wäre sie doch noch entkommen.

    Als der Mann die Ausfahrt Melling erreichte und den 220er in die scharfe Kurve lenkte, war er sehr vorsichtig. Bis jetzt war alles gut gelaufen, aber nun durfte das Mädchen keinesfalls aufwachen. Der Mann kümmerte sich nicht darum, dass der Fahrer eines großen Barockengel-BMW hinter ihm

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