Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

PROJEKT KUTAMBATI: Retro-Thriller
PROJEKT KUTAMBATI: Retro-Thriller
PROJEKT KUTAMBATI: Retro-Thriller
eBook326 Seiten4 Stunden

PROJEKT KUTAMBATI: Retro-Thriller

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

1972, zur Zeit des Kalten Krieges, erhält ein deutscher Chemiekonzern den Auftrag, Defensivkampfstoffe zu entwickeln. Da die rechtlichen Bestimmungen eine Durchführung der Versuche auf deutschem Boden nicht zulassen, wird das erforderliche Großlabor einer Buschklinik in einem Entwicklungsland angegliedert. Die Experimente geraten außer Kontrolle und eine junge Betriebspsychologin kommt der Sache auf die Spur.

Ein Polit - Thriller vor realistischem Hintergrund.
Ein Wirtschaftskrimi um Kapital und Macht.
Ein Wissenschaftsroman um die Erschaffung tödlicher Viren.
Eine Verschwörung skrupelloser Seilschaften.
Ein Roman mit Ärzten in der Grauzone ihres Berufs.
Eine fundierte Zeitgeist- und Milieuschilderung.

In einem kleinen Dorf in Kenia spitzt sich die Situation zu, als dort das Testlabor errichtet wird. Ein Team von Wissenschaftlern führt hier im Staatsauftrag gentechnische Experimente zur Kampfstoffentwicklung durch. Es kommt zu einem ernsten Zwischenfall und Testkulturen tödlicher Viren werden freigesetzt.
Gegen Ende der Handlung wächst die Erkenntnis: So könnte es gewesen sein! So entstand die Krankheit, die heute die Welt in Atem hält.

Genre: Polit- Wissenschafts- und Wirtschaftsthriller

342 Standardseiten

Qindie steht für qualitativ hochwertige Indie-Publikationen. Achten Sie künftig bitte auf das Qindie-Siegel.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum10. Okt. 2013
ISBN9783847641384
PROJEKT KUTAMBATI: Retro-Thriller

Mehr von Christiane Weller lesen

Ähnlich wie PROJEKT KUTAMBATI

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für PROJEKT KUTAMBATI

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    PROJEKT KUTAMBATI - Christiane Weller

    Prolog

    Schon wieder klingelte das Telefon. Seufzend stellte Hannelore ihre Teetasse ab und ging von der Terrasse ins Wohnzimmer. Seit Bernhard in Afrika umgekommen war, hatte sie kaum eine ruhige Stunde gehabt. Ständig riefen irgendwelche Presseleute an und wollten von ihr Dinge wissen, zu denen sie nichts sagen konnte; und wenn sie es gekonnt hätte, nichts sagen wollte.

    Fellingsen meldete sie sich müde und wartete auf eine neugierige Stimme, die ihr wieder Unmengen von Fragen stellte - aber nichts dergleichen geschah, am anderen Ende der Leitung war erst mal Funkstille.

    Hannelore!, brach es dann plötzlich mit Urgewalt aus dem Hörer. - Lisbeth natürlich, die sich schnell noch ihr Hörgerät zurechtgerückt hatte. Ich hab gerade die Zeitung gelesen. Da steht wieder was von Bernhard drin. Dein armer Mann! Er hat doch dort in Afrika nur Gutes getan, also für die Neger und so und dann das! Der Arme. So redete sie weiter: Der gute arme Bernhard, der selbstlos - und so weiter und so fort ...

    Hannelore hörte schon gar nicht mehr hin. Sie hatte dieses sinnlose Geschwätz noch nie leiden können. Lisbeth war Bernhards ältere Schwester und schon immer von den guten Charaktereigenschaften ihres Bruders überzeugt gewesen. Auch als Bernhard noch gelebt hatte, hatte sie keine Gelegenheit ausgelassen, ihrer Schwägerin seine Qualitäten vor Augen zu führen, und jetzt war es eher noch schlimmer geworden. Was konnte es also anderes werden, als die übliche stundenlange Lobhudelei, wenn sie sich nicht schnell etwas einfallen ließ.

    Du ich hab Spinat auf dem Herd, ich muss jetzt auflegen. sagte sie absichtlich leise.

    Wie? Lisbeth kam mit ihrer Lobesrede ins stolpern.

    Ich muss in die Küche, flüsterte Hannelore.

    Was ist, was sagst du?

    Ich glaube mit deinem Hörgerät ist was nicht in Ordnung, brüllte Hannelore in die Leitung.

    Oh, jetzt hör ich dich wieder! Ja ich glaube auch! Ich muss das mal nachregulieren lassen. Ich leg dann jetzt mal auf, ja? rief Lisbeth ganz aufgeregt.

    Ja, tu das. Mach's gut, bis bald. wisperte Hannelore.

    Jetzt hör ich dich gar nicht mehr klang es ganz verzweifelt aus dem Hörer. Dann ertönte ein Knacken und die Leitung war tot.

    Irgendwie kam sich Hannelore ja etwas schäbig vor, aber sie konnte Lisbeth manchmal einfach nicht ertragen.

    Bernhard - ein Wohltäter? Sicher, so wurde es überall dargestellt: dass der Leiter eines Urwaldkrankenhauses sich an der Seite des Chefarztes selbstlos und tapfer marodierenden Milizen in den Weg gestellt hatte, um die Klinik zu schützen. Das war die offizielle Lesart, die auch von amtlichen Stellen in Bonn verlautbart wurde. Aber Hannelore wusste es besser:

    Bevor er nach Afrika aufgebrochen war, hatte Bernhard ihr einen großen versiegelten Umschlag ausgehändigt. Das sei ihre Lebensversicherung hatte er gesagt und ihre Rente, wenn in Afrika irgendetwas schief laufen sollte. Sie müsse damit nur zur Presse gehen und die Heerdt- A.G. sei für alle Zeiten erledigt.

    Natürlich hatte sie den Umschlag sofort hervorgeholt und geöffnet, als man ihr die Nachricht von Bernhards Tod überbracht hatte. Listen waren darin gewesen und Tabellen, die ihr nicht soviel gesagt hatten. Licht in die Sache hatten erst ein paar Aktennotizen gebracht, die Bernhard selbst über seine Mitarbeiter und den Zweck des Projekts angefertigt hatte.

    Nachdem Hannelore den Inhalt überflogen hatte, war ihr klar geworden, dass Bernhard an alles Andere - nur nicht an ihre Versorgung im Alter gedacht hatte. Das wäre ja auch ein Wunder gewesen. Nein, Bernhard wollte damit nur seine eigenen kleinlichen Ziele verfolgen: Rache an allen, die ihm Unrecht getan hatten.

    In einem musste Hannelore ihrem verstorbenen Mann allerdings Recht geben: Wenn das öffentlich wurde, dann würden Köpfe rollen, bis in die Ministerien und Vorstandsetagen hinein.

    Einen Augenblick lang hatte sie daran gedacht, die Dokumente wirklich den Medien zu überlassen, aber sie hatte den Gedanken gleich wieder verworfen. Nicht noch mehr Aufregung. Das konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen.

    Schon wieder klingelte das Telefon. - Nahm das denn nie ein Ende? Hannelore nahm nicht ab. Seufzend stand sie auf und zog den Umschlag aus dem Wäscheschrank, in dem sie ihn versteckt hatte. - Zeit, die Unterlagen verschwinden zu lassen. Nicht für immer, aber für lange Zeit. Für eine längere Zeit, als sie noch leben würde jedenfalls. Sie dachte an den Spalt in der Zwischendecke auf dem Boden. Was man dort hineinsteckte war von der Welt verschwunden, als habe es nie existiert. Fast leichtfüßig stieg sie die steile Bodentreppe hoch. Sollten sich doch spätere Generationen mit der Sache beschäftigen. - Sie jedenfalls hatte keine Lust mehr auf irgendetwas, das mit Bernhard zusammenhing

    04.09.1972 - 10:45 - Bonn, Verteidigungsministerium

    Menzel ist einer der fähigsten Köpfe der Wirtschaft. Ich habe in seine Leistungsfähigkeit größtes Vertrauen.

    Gloger beugte sich auf seinem Besucherstuhl leicht vor.

    Seit zwei Jahren lasse ich von privaten Agenturen Dossiers über kriegswichtige Industrien und deren Vorstände anfertigen. Er zwinkerte vertraulich. Menzel und die Heerdt AG schneiden auf dem Sektor Chemie/Pharmazie am besten ab.

    F.A. lehnte sich in seinem Sessel zurück und nickte wohlwollend.

    Meiner Meinung nach ist dieses Unternehmen als einziges in der Lage, unser Projekt erfolgreich durchzuführen. Gloger machte eine Pause.

    Die Heerdt AG leitet doch Menzel, oder?

    Sicher, bestätigte Gloger.

    Guter Mann. - Man hört aber auch allerlei über eine momentane Krise der Heerdt AG. wandte F.A. ein.

    Die augenblicklichen Schwierigkeiten der Firma liegen ausschließlich auf dem Marketing-Sektor. Die wissenschaftliche Qualifikation wird davon in keiner Weise beeinträchtigt. Gloger stand auf und ging zum Fenster. Er schaute durch die beschlagene Scheibe hinaus auf die Rheinauen, über denen träge Nebelschwaden lagen. Im Übrigen sind die innerbetrieblichen Konsequenzen bereits gezogen worden. Er drehte sich um und ging mit energischen Schritten zum Schreibtisch zurück. Das halbe Management wurde im letzten Quartal ausgetauscht. Ganz ohne Zweifel wird die 73er Bilanz wieder in den schwarzen Zahlen geschrieben.

    F.A. nahm seine Brille ab und richtete sie über den Schreibtisch hinweg wie eine Waffe auf Glogers Brust. Sie trauen Herrn Menzel also zu, die Angelegenheit in den Griff zu bekommen?

    Gloger ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken. Nach derzeitigem Wissensstand - ja!

    Dann weise ich Sie hiermit an, die Heerdt AG mit der Entwicklung der gewünschten chemisch-biologischen Defensiv-Kampfmittel zu betrauen! Der Minister kniff die Augenlider zu schmalen Schlitzen zusammen. Wie besprochen unterliegt alles strengster Geheimhaltung!

    Gloger verabschiedete sich. F.A. war doch ein ausgemachter Narr. Defensiv-Kampfmittel - lächerlich! Welche Chancen für Deutschland wären hier fast verschenkt worden. Aber Gloger wusste schon, was zu tun war. Er würde die Weichen schon richtig stellen.

    06.09.1972 - 09:00 – Mellinger Forst bei Friedberg

    Zügig, aber nicht zu schnell, bog der dunkelgrüne Range Rover von der Hauptstrasse ab. Der Fahrer kannte die Abzweigung genau und so kamen noch nicht einmal die beiden Gewehre, die in ihren Futteralen auf dem Rücksitz lagen, ins Rutschen. Nur der Irish Setter im Laderaum spreizte seine Pfoten seitwärts ab, um die Fliehkraft aufzufangen.

    Auf einem befestigten Feldweg ging es noch etwa einen Kilometer in das Gelände hinein. Eigentlich war es ja unnötig, hier einen Allradwagen zu benutzen, aber dieser Gedanke kam dem Fahrer nicht. Von klein auf war er daran gewöhnt, standesgemäß zu denken und zu leben. Und standesgemäß wäre es gewiss nicht, etwa im Jaguar zur Jagd zu fahren - vielleicht sogar noch mit Chauffeur.

    Davon abgesehen, konnte der Fahrer heute keine Zeugen gebrauchen.

    Unnötige Risiken vermeiden, hatte sein Vater ihm zeitlebens eingeschärft. Eigentlich war es für ihn schon ein Risiko, sich privat mit Gloger zu treffen. Aber immerhin hatte der Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Dr. Dr. Albert Gloger, um diese Unterredung gebeten.

    Im großen Gang zog der gewaltige V8-Motor den schweren Wagen den letzten Hügel hoch. Der Fahrer lächelte amüsiert, als er den roten BMW-Touring am Waldrand stehen sah. Also war auch Gloger ein vorsichtiger Mann und hütete sich, heute seinen Dienstmercedes zu benutzen.

    Kaum hörbar glitt der schwere Wagen über den leicht feuchten Untergrund. Gloger, der im Auto gewartet hatte, bemerkte ihn erst im letzten Moment. Langsam stieg er aus und blieb neben seinem Fahrzeug stehen. Der Rover rollte heran und stoppte.

    Guten Morgen Herr Gloger!, rief der Fahrer durch das herunter gleitende Fenster.

    Guten Morgen, gab Gloger säuerlich zurück. - Elektrische Fensterheber, was für ein Angeber! Und dann diese Anrede ohne Titel! Normalerweise war er es ja gewöhnt, mit mehr Respekt angeredet zu werden. Da half es wohl nur, gute Miene zum bösen Spiel zu machen: Freut mich, dass Sie sich freimachen konnten.

    Schön, dass wir uns mal privat unterhalten können! Der Roverfahrer war inzwischen ausgestiegen. Haben Sie gut hergefunden? Was halten Sie von unserem Treffpunkt?

    Gloger reichte dem anderen die Hand. War kein Problem, Herr Menzel. Das ist also Ihr Jagdrevier?

    Nicht exakt, gab Menzel zurück. Mein eigentliches Revier liegt einige Kilometer weiter westlich. Ein Freund von mir war vor einiger Zeit in Geldverlegenheit. Nun - ich konnte ihm helfen; und so überlässt er mir die Ausübung der Jagd auf seiner Pacht.

    So, so, brummte Gloger. Es war wohl doch keine so gute Idee gewesen, den eleganten Trenchcoat anzuziehen. Neben diesem Vollblutjäger in seinem maßgeschneiderten Lodenanzug kam er sich im Moment reichlich deplaciert vor.

    Wie wär's, wollen wir einen kleinen Spaziergang machen?, forderte Menzel ihn auf. Ich hätte noch eine Futterstelle zu kontrollieren, die im letzten Winter beschädigt wurde. Mein Forstwart sollte sie inzwischen repariert haben.

    Zögernd stimmte Gloger zu. Das feuchte Gras würde seine Halbschuhe bestimmt sofort durchnässen. Aber darauf konnte er heute keine Rücksicht nehmen.

    Ich habe Ihnen eine Waffe mitgebracht. Menzel ging zum Wagen und nahm die Gewehre aus den Futteralen. Sie können doch mit einer Waffe umgehen?

    Und ob! lachte Gloger. Ich habe schließlich gedient und zwar als die Wehrmacht diesen Namen noch verdiente. Na ja, egal - ich konnte jedenfalls bei Kriegsende noch rechtzeitig abhauen. Zurück ins Bergische, wo ich herkomme. War ja sowieso alles im Zusammenbruch damals.

    Wortlos reichte ihm Menzel eine der beiden Waffen, einen Drilling modernster Bauart. Ebenso wortlos luden die beiden Männer die Gewehre.

    Gloger stellte seine Waffe auf Kugelschuss ein und folgte Menzel, der schon ein Stück vorausgegangen war.

    Der erste Schuss gehört dem Gast. Menzel schritt kräftig aus. Gloger folgte ihm mehr stolpernd als gehend. Aber die

    Gelegenheit, womöglich auf etwas Lebendes schießen zu können, trieb ihn voran.

    Weshalb ich Sie angerufen habe, begann er. Sie wissen ja, dass von meinem Ministerium ein Auftrag vergeben werden soll, um den sich namhafte Firmen beworben haben.

    Hm. Beide wussten, dass auch Menzels Firma in die engere Wahl gekommen war.

    Nun, ich habe eine erfreuliche Mitteilung für Sie! - Sie werden den Auftrag erhalten, falls -, Gloger machte eine bedeutungsvolle Pause. - falls diese Unterredung zu meiner Zufriedenheit ausfällt.

    Menzel blieb stehen und drehte sich zu Gloger um. Dann stecken Sie den Rahmen doch mal ab, forderte er.

    Dann sind wir uns also einig? Zufrieden lehnte Gloger an der Schutzhütte, zu der sie während ihres längeren Gesprächs gelangt waren. Kommen Sie also bitte am nächsten Dienstag vormittags ins Ministerium. Ich nehme an, Sie müssen Ihre Herren erst einmal informieren?

    Reine Formsache, die Firma bin ich, Herr Gloger! Ohne mein Kapital könnten die in Jahresfrist dichtmachen. Seien Sie sicher, die Heerdt AG kann und will auf Ihren Auftrag nicht verzichten.

    Gut, dann bringen Sie mich jetzt bitte zurück zum Wagen. So langsam kriege ich kalte Füße.

    Nach ein paar Minuten erreichten die beiden Männer den Waldrand. Schon vorher war helles Hundegebell zu hören, und hinter Glogers BMW stand ein kleiner gelber Kombi. Unweit davon standen eine Frau und ein etwa siebenjähriges Mädchen und spielten Stockwerfen mit einem kleinen weißen Hund. Das Tier war außer sich vor Freude und raste wie verrückt durch das Gras, wobei es ununterbrochen laut kläffte.

    Jetzt schauen Sie sich das an, Menzel deutete mit dem Kopf auf die Gruppe. Kein Wunder, dass hier kein gutes Stück Wild mehr steht. Dieses Gebell vertreibt alles, was Beine hat. Hier lässt sich doch tagelang kein Reh mehr sehen.

    He, Sie da! rief er die Frau an. Nehmen Sie Ihren Hund an die Leine!

    Erschreckt drehten die Frau und das Kind sich um. Wieso denn? Die Frau nahm das Kind an die Hand.

    Das hier ist eine Jadpacht! Die Unruhe stört das Wild! Rufen Sie sofort den Hund zu sich! Oder...

    Mit einem Seitenblick bemerkte Menzel, dass Gloger an seiner Waffe hantierte.

    Susi komm her! rief die Frau. Aber Susi wollte nicht kommen und lief in großem Bogen auf die Jäger zu.

    Susi! Die Stimme des kleinen Mädchens war voller Angst. Susi lief weiter.

    Die haben das Vieh nicht unter Kontrolle, raunte Gloger Menzel zu. Susi kam noch ein paar Meter näher und drehte dann in Richtung Waldrand ab. In diesem Moment riss Gloger das Gewehr hoch und drückte zweimal ab. Mitten im Sprung wurde das Hündchen von der ersten Ladung erwischt. Die Wucht des Volltreffers schleuderte das total zerfetzte Tier zirka 10 Meter weit auf den Waldrand zu. Der zweite Schuss riss den Kadaver förmlich auseinander.

    So, erledigt. Gloger stand in Siegerpose neben Menzel. Ich muss schon sagen: eine feine Waffe - wirklich eine feine Waffe haben Sie da. Liebevoll betrachtete er das Gewehr. Toll! Wirklich toll!

    Menzel war wie erstarrt. Gloger war ja wahnsinnig, direkt mordlüstern. Die Frau und das Mädchen standen noch immer Hand in Hand auf derselben Stelle. Sie schienen noch gar nicht begriffen zu haben, was passiert war.

    Kommen Sie! Menzel schob Gloger in Richtung der Autos.

    Wirklich eine tolle Waffe, murmelte Gloger verzückt.

    Behalten Sie sie.

    Wirklich? staunte Gloger. Danke! Eilig wollte er das Gewehr in den BMW legen.

    Der Kugellauf ist noch geladen. Menzel nahm ihm die Waffe ab und entlud die Kammer. Die Patrone steckte er in eine Tasche seines Jagdanzugs.

    So, wir sehen uns dann am Dienstag. Gierig nahm Gloger das Gewehr wieder entgegen und verstaute es in seinem Wagen.

    Fahren Sie jetzt ruhig, ich regele das hier. Menzel schaute zu der Frau und dem Kind hinüber.

    Was gibt's denn da zu regeln? Gloger ließ den Motor an und fuhr ab.

    Die Frau hatte inzwischen das Kind zum Wagen gebracht und kam langsam näher. Menzel entlud sein Gewehr und legte es auf die Rückbank des Rover. Der Setter hatte die beiden Schüsse gehört und sprang aufgeregt auf der Ladefläche hin und her.

    Warum haben Sie das gemacht? Die Frau stand direkt hinter Menzel. Susi - war doch ganz harmlos.

    Tut mir Leid - ich selbst hätte nie geschossen.

    Warum hat Ihr Freund das gemacht?

    Mein Jagdgast beruft sich auf geltendes Recht. Der Hund stand nicht vollständig unter Ihrer Kontrolle.

    Warum bloß? Die Frau hatte gar nicht zugehört. Über ihren Kopf hinweg sah Menzel das Kind auf dem Rücksitz des Kombiwagens. Die Kleine hatte ihr Gesicht in den Händen verborgen und saß ganz still da. Nur ab und zu schüttelte ein Schluchzen den kleinen Körper.

    Es tut mir wirklich Leid! Kann ich die Sache irgendwie wieder gutmachen?

    Ja durchaus. Die Frau stemmte die Hände in die Hüften. Der Schock ließ offenbar nach. Nehmen Sie doch einfach Ihre Scheiß-Flinte und knallen Sie sich den Schädel weg! Abrupt drehte sie sich um und ging zu ihrem Wagen.

    Warten Sie! Menzel ging ein paar Schritte hinterher. Kennen Sie das Reisebüro Zeiler in Frankfurt?

    Ja! Die Frau blieb stehen.

    Ich werde dort einen Flug nach Spanien für Sie buchen lassen. Wie viele Tickets brauchen Sie?

    Ich will nichts von Ihnen. Lassen Sie mich in Ruhe!

    Verlangen Sie Herrn Zeiler persönlich. Er weiß dann Bescheid.

    Unseren Hund kann uns nichts ersetzen!

    Wütend knallte die Frau die Autotür zu. Beim zweiten Versuch sprang der kleine Wagen an und mit viel zu viel Gas schlingerte er auf dem schmalen Feldweg davon.

    Nachdenklich stieg auch Menzel in seinen Wagen. Für heute war ihm die Jagd verleidet. Kurz schaute er noch mal zu dem zerfetzten Kadaver hinüber. Die paar Gramm Fleisch einzugraben lohnte sich nicht. Die Füchse würden den Rest erledigen.

    Ein paar Tage später kam die Nachricht, dass die Frau vier Tickets für je zwei Wochen Mallorca abgeholt hatte. Menzel zeichnete mit einem leichten Kopfschütteln die Rechnung ab.

    06.09.1972 - Heerdt AG Vorstand - Aktennotiz

    Vertraulich! Nur für internen Gebrauch!

    Betr.: Staatsauftrag zur Entwicklung von Substanzen, die chemisch-biologische Kampfstoffe neutralisieren.

    Bezug: Heutige Unterredung mit Staatssekretär Dr. Dr. G.

    Das Verteidigungsministerium der Bundesrepublik Deutschland erteilt uns den oben erwähnten Forschungsauftrag, der mit jährlich 65 Mio DM dotiert ist, unter folgenden Bedingungen:

    1. Eine von G. benannte Kontaktperson ist im Forschungsstab einzusetzen.

    2. Abweichend vom Vertragstext hat sich die Forschung nicht nur auf die Unschädlichmachung bereits bekannter Kampfstoffe zu beschränken. Vielmehr sind auch zukünftige Entwicklungen zu berücksichtigen.

    3. Besonderer Wert wird hier auf die Auslotung der Möglichkeiten der Gentechnologie in Bezug auf Krankheitserreger gelegt.

    4. Sämtliche Ergebnisse, die Veränderungen der Erbmasse von Erregern und deren Bekämpfung angehen, sind absolut vertraulich zu behandeln und ausschließlich an G. weiterzuleiten.

    5. Unser Labor in Kenia ist auszubauen und unterliegt mit Datum der Betriebsaufnahme nicht mehr der Kontrolle des Aufsichtsrates. Unser dortiger Sicherheitsdienst wird durch eine von G. befehligte Anzahl von Leuten verstärkt.

    6. Aus Gründen der Geheimhaltung soll der Personalstamm Forschung/Verwaltung in Kenia nicht mehr als 25 überprüfte und zuverlässige Personen umfassen.

    7. Besonderer Wert wird auf praxisbezogene Tests an Lebewesen (Primaten) gelegt. Erwartet werden repräsentative Ergebnisse, die Rückschlüsse auf die Wirkung der einzelnen Verfahren im humanmedizinischen Bereich zulassen und/oder bestätigen.

    8. Die Verwaltung der eingehenden Gelder obliegt nach wie vor der Firmenleitung. Es wird jedoch erwartet, dass mindestens 80 Prozent dem Projekt unmittelbar zugeführt werden.

    Meine Zusage zur Durchführung dieses Projekts habe ich bereits gegeben.

    Dr. Philip Menzel

    Vorsitzender des Aufsichtsrats

    14.11.1972 - 08:00 - Kutambati, Kenia

    Die Weite der um diese Jahreszeit grünen Savanne wurde von mächtigen Baobabs und Schirmakazien beherrscht. Vereinzelt sah man Impalas mit ihren imposant gebogenen Hörnern in kleinen Gruppen auf der Futtersuche. Die Luft war nach dem nächtlichen Regen noch etwas feucht, die rote Sandpiste jedoch begann in der Sonne schon wieder zu trocknen. Bald würde sie den Elefanten wieder dazu dienen, sich in einem ausgiebigen Sandbad mit rotem Staub zu bedecken.

    Der kleine Ort Kutambati in der Nähe des Nationalparks bestand aus einfachen Holzhütten und einigen Häusern aus roh gemauertem Stein.

    Heerdt-Stiftung stand in ausgeblichenen Lettern über dem hölzernen Tor am Ortsausgang. Auf dem großen Hof hinter dem Bretterzaun saßen, standen und lagen dutzende von Einheimischen und warteten auf das Erscheinen der Ärzte.

    Hier in Kutambati fand man in hundert Kilometer Umkreis die einzige funktionierende Klinik, die dazu noch kostenlos arbeitete. So war es kein Wunder, dass sich an jedem Morgen ganze Völkerscharen dorthin auf den Weg machten.

    Zu dieser frühen Stunde war es eigentlich noch recht kühl. Die schwüle Wärme der Nacht war von der Frische des Morgens abgelöst worden. Sogar die Moskitos gaben für kurze Zeit Ruhe. Dennoch waren die drei Wasserhähne auf dem Gelände dicht belagert. Wasserholer aus der Nachbarschaft, die jeden Morgen hier ihre Gefäße füllten, stritten sich lautstark mit den Patienten und deren Begleitern. Jeder drängelte jeden beiseite, um zuerst ein paar Liter Wasser zu erhalten. Schließlich hatten die meisten hier zum ersten Mal Gelegenheit, so bequem an frisches, kühles Wasser zu gelangen.

    Die Weißen waren schon wunderlich. Überall sonst musste das Wasser mühsam aus Flüssen oder Bächen geholt oder teuer bezahlt werden. Hier dagegen gab es hunderte von Litern völlig umsonst. Immer mehr Menschen strömten auf den Hof, und das Gedränge hatte seinen Höhepunkt erreicht, als das Hauptportal der kleinen Klinik geöffnet wurde.

    Schlagartig änderte sich das Bild. Jeder raffte seine Habe zusammen. Kranke wurden aufgehoben und gestützt, und alles drängte sich in den großen Warteraum in der Vorhalle.

    Zwei Kenianer, Bedienstete der Stiftung, wiesen ihren Landsleuten Plätze auf dem Fußboden zu. Gleichzeitig wurden Zettel mit Nummern verteilt, die die Reihenfolge der Behandlung bestimmen sollten.

    Das Durcheinander war unbeschreiblich: Kalebassen mit Proviant und saurer Milch wurden abgestellt. Decken und Matten wurden ausgebreitet. Familien, die von weit her gereist kamen, hatten ihre Kochgeschirre mitgebracht, und jeder der Anwesenden tauschte mindestens dreimal seinen Platz, um möglichst viele Freunde und Verwandte in seiner Nähe zu haben. Schwangeren Frauen wurden dabei immer die besten Plätze zugewiesen, das hatte Doktor Wallmann so angeordnet und daran hielt man sich auch.

    Zwei Frauen aus dem Dorf hatten, wie jeden Morgen, am Eingang der Halle ein kleines Restaurant eröffnet. Ein aufgeschnittenes Blechfass voll glühender Holzkohle diente als Herd; und nach wenigen Minuten waren die ersten Patatas in der großen, flachen Blechschüssel gargekocht. Auf einem zweiten Herd wurden Mangoschnitzel und Hühnchenteile als Beilage in Öl gebacken.

    Ab und zu kamen noch Nachzügler. Aber obwohl der große Raum schon überfüllt war, fand sich für alle noch ein Plätzchen am Boden.

    Breakfast, Bwana! Laut klopfte es gegen die Tür. Verwirrt schlug Fischer die Augen auf. An die Anrede Bwana hatte er sich noch nicht gewöhnen können. Bis vor kurzer Zeit hatte er für die Zweigstelle der Heerdt-Stiftung in Indien gearbeitet. Dort hatte man ihn natürlich mit Sahib angeredet.

    "Bwana

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1