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Zum 23. Mal vier eiskalte Sommerkrimis
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eBook491 Seiten6 Stunden

Zum 23. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Krimis:
(499)


Kubinke im Spinnennetz (Alfred Bekker)



Stirb, Schnüffler (Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick)



Kommissar Jörgensen und der Killer von Altona (Alfred Bekker)



Kommissar Jörgensen und das Kopfgeld (Alfred Bekker)



Drei Anschläge, die auf Polizeipräsidien verübt wurden. Bei allen sind Todesopfer zu beklagen. Der Verdacht liegt nahe, dass eine Sekte, die sich "Königreich der letzten Tage" nennt, für diese Attentate verantwortlich ist. Doch welche Verbindung gibt es zu dem Anschlag auf den Transporter, der beschlagnahmte Schmuggelware von Rostock nach Potsdam überführte?

Die Ermittler Harry Kubinke und Rudi Meier kommen sich vor, als hingen sie in einem Spinnennetz, denn der Fall ist heikel und der Gegner gefährlich.
SpracheDeutsch
HerausgeberCassiopeiaPress
Erscheinungsdatum2. Feb. 2024
ISBN9783753212579
Zum 23. Mal vier eiskalte Sommerkrimis
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    Zum 23. Mal vier eiskalte Sommerkrimis - Alfred Bekker

    Alfred Bekker

    Zum 23. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

    UUID: d71949da-0283-4855-9380-bc98095907bb

    Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

    Inhaltsverzeichnis

    Zum 23. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

    Copyright

    Kubinke im Spinnennetz: Kriminalroman

    Stirb, Schnüffler!

    Kommissar Jörgensen und der Killer von Altona

    Kommissar Jörgensen und das Kopfgeld

    Zum 23. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

    Alfred Bekker

    Dieser Band enthält folgende Krimis:

    Kubinke im Spinnennetz (Alfred Bekker)

    Stirb, Schnüffler (Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick)

    Kommissar Jörgensen und der Killer von Altona (Alfred Bekker)

    Kommissar Jörgensen und das Kopfgeld (Alfred Bekker)

    Drei Anschläge, die auf Polizeipräsidien verübt wurden. Bei allen sind Todesopfer zu beklagen. Der Verdacht liegt nahe, dass eine Sekte, die sich „Königreich der letzten Tage" nennt, für diese Attentate verantwortlich ist. Doch welche Verbindung gibt es zu dem Anschlag auf den Transporter, der beschlagnahmte Schmuggelware von Rostock nach Potsdam überführte?

    Die Ermittler Harry Kubinke und Rudi Meier kommen sich vor, als hingen sie in einem Spinnennetz, denn der Fall ist heikel und der Gegner gefährlich.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

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    https://cassiopeia.press

    Alles rund um Belletristik!

    Kubinke im Spinnennetz: Kriminalroman

    von Alfred Bekker

    Harry Kubinke Roman

    von Alfred Bekker

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 118 Taschenbuchseiten.

    Drei Anschläge, die auf Polizeipräsidien verübt wurden. Bei allen sind Todesopfer zu beklagen. Der Verdacht liegt nahe, dass eine Sekte, die sich „Königreich der letzten Tage" nennt, für diese Attentate verantwortlich ist. Doch welche Verbindung gibt es zu dem Anschlag auf den Transporter, der beschlagnahmte Schmuggelware von Rostock nach Potsdam überführte?

    Die Ermittler Harry Kubinke und Rudi Meier kommen sich vor, als hingen sie in einem Spinnennetz, denn der Fall ist heikel und der Gegner gefährlich.

    Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jack Raymond, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

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    1

    „Betrachten Sie diese Angelegenheit am besten schon jetzt als erledigt!"

    „Gut."

    „Das war‘s?"

    „Ja."

    „In Ordnung."

    „Von dieser mörderisch frohen Botschaft wird man ganz gewiss hören..."

    Der Klang seiner Stimme war so schneidend wie der eiskalte Wind, der jetzt herüberblies. Der Mann mit den grauen Augen steckte sein Smartphone ein. Ein kaltes Lächeln spielte um seine Lippen. Ein Lächeln, so kalt wie der Tod. Der Mann schlug sich nun den Mantelkragen hoch. Er stand an der Ecke und sah mit schmal gewordenen Augen auf das schmucklose, dreistöckige Gebäude gegenüber.

    Hier war das hiesige Polizeipräsidium untergebracht.

    Die Repräsentanz der Macht.

    Protzige Erhabenheit schien dieser Bau auszustrahlen.

    Aber nicht mehr lange…

    Wie hieß es so schön?

    Nichts ist von Dauer.

    Und das traf in diesem Fall auf eine ganz besondere Weise zu, auch wenn noch niemand etwas davon ahnte.

    Niemand… außer einem!

    Wie beiläufig blickte der Mann dann auf die Uhr an seinem Handgelenk.

    Noch drei Minuten!, dachte er. Ein bisschen Geduld noch…

    Dann war es so weit.

    Der entscheidende Moment der Wahrheit war gekommen.

    Ein kaltes Lächeln spielte um die dünnen Lippen.

    Alles fokussierte sich auf diesen einen Zeitpunkt und diesen einen Ort.

    Seiner gerechten Strafe kann niemand entgehen!, ging es dem Mann mit den grauen Augen durch den Kopf. Wirklich niemand…

    Seine Hände vergrub er in den tiefen Taschen seine Mantels. Die Rechte legte sich dabei um den Griff der Pistole, die er bei sich trug. Eine Berührung, die ihn irgendwie beruhigte. Ihm Halt gab – auf eine gewisse Weise zumindest.

    Es wird kein Zurück mehr geben, wusste er.

    Manchmal war das so.

    Ein Punkt wurde überschritten und nichts war danach so wie vorher.

    Vielleicht war er hier und jetzt an so einem Punkt.

    Gut möglich, dachte er.

    Dann sei es so!

    Mit einem Ausdruck von grausamer Befriedigung in den zur verzerrten Maske gewordenen Gesichtszügen versuchte er sich dann auch noch vorzustellen, was gleich geschehen würde.

    Leider werde ich es mir nicht ansehen können, dachte er. Sobald hier der Teufel los war, musste er fort sein.

    Besser früher als später.

    2

    Kommissar Jens Günther parkte seinen Wagen vor dem Polizeipräsidium.

    Es war ein sehr kalter und sehr grauer Tag. Ein Tag, der von Anfang an aussah wie ein stockiges Leichentuch und auch keineswegs den Eindruck machte, als würde sich noch ändern. Herr Günther stellte den Wagen auf dem zu dem dreistöckigen Gebäude gehörenden Parkplatz ab und stieg aus. Günther war spät dran. Der Verkehr an der Baustelle auf der Autobahn nach Rostock hatte ihn aufgehalten.

    Der Wind war ziemlich eisig. Es musste leicht gefroren haben, so kalt war es.

    Günther machte einige zielstrebig wirkende weite Schritte und strebte schnell auf den Haupteingang zu. Das hiesige Präsidium war eher sparsam ausgestattet. Eine Handvoll Kollegen war hier tätig. Dazu kamen noch ein paar Innendienstler.

    Günther war erst vor drei Monaten zu dieser Dienststelle abgeordnet worden. Eine Strafversetzung, so hatte er es empfunden.

    Und da lag er wohl auch keineswegs falsch.

    Aber, was hätte er machen sollen?

    Ein Beamter war eben ein Beamter.

    Ein >Untergebener<, wie man ihm bei seiner Vereidigung gesagt hatte.

    Dieses Wort sagte eigentlich auch schon alles.

    Jens Günther war ein >Untergebener<.

    Ein Untergebener, der eine >Strafversetzung< eben hinzunehmen hatte.

    Und sein ehemaliger Chef hatte das auch ganz offen als >Strafversetzung< bezeichnet. Günther hatte einen Kollegen gedeckt, der korrupt gewesen war. Ein Freundschaftsdienst, der Günther um ein Haar den Job gekostet hatte. Jetzt stand er unter Beobachtung.

    Aber Günther war zuversichtlich, die öde Gegend im äußersten Nordosten von Deutschland irgendwann einmal wieder verlassen und nach Frankfurt zurückkehren zu können. Aber auf mindestens zwei Jahre würde er sich wohl noch einstellen müssen. Das hatte Norman Hoffmann, der Leiter seiner ehemaligen Dienststelle, ihm gegenüber schon durchblicken lassen.

    Zwei Jahre.

    Naja, es war nicht die Wüste.

    Nur der Norden.

    Aber diese Zeit würde Günther auch noch hinter sich bringen.

    „Jens!", hörte er eine Stimme.

    Günther blieb stehen. Eine Frau mit dunklen, gut frisiertet Haaren waren gerade aus ihrem Wagen gestiegen. Ihr Name war Teresa Matern. Sie war eine der Innendienstlerinnen, die hier tätig waren.

    „Es tröstet mich, dass ich nicht der einzige bin, der heute zu spät zum Dienst kommt", sagte Jens Günther.

    Teresa Matern lächelte.

    Es war ein verhaltenes, etwas müde wirkendes Lächeln.

    „Die Verkehrssituation ist im Moment wirklich vollkommen untragbar."

    „Wem sagen Sie das!"

    „Tja..."

    „Und immer eine ausgesprochen gute Ausrede!"

    „Ich habe Sie gestern nicht mehr angetroffen. Es geht um die Beweismittel Fall Albrecht Kranich."

    „Meinen Sie diese hässlichen Jade-Buddhas, die wir beschlagnahmt haben?"

    „Genau. Diese hässlichen Buddhas dürften im Übrigen ein Vermögen wert sein."

    „So?"

    „Hätten Sie auch nicht gedacht, oder?"

    „So hässlich, wie die aussahen..."

    „Man nennt sowas Kunst."

    „Okay..."

    „Und die ist in der Regel wertvoll."

    „Tja..."

    „Allein schon der Materialwert ist immens."

    „Hm."

    „Nicht umsonst sind die Gewinnspannen beim Handel mit illegalen Kunstgegenständen inzwischen höher als beim Heroin. Wenn so was in den Räumen unseres kleinen Polizeibüros über längere Zeit gelagert wird …"

    „Ich kann Sie beruhigen. Die Buddhas sind wahrscheinlich schon unterwegs nach Berlin. Ich hatte eine entsprechende Nachricht auf dem Smartphone."

    „Wieso Berlin?"

    „Weil dort ein Spezialist lebt, der beurteilen kann, wieviel die Dinger wirklich wert sind."

    Teresa Matern atmete tief durch.

    „Scheint, als müsste ich mich nicht mehr um die Inventarisierung kümmern."

    In diesem Moment barsten Scheiben. Glasstücke schnellten wie Geschosse durch die Luft. Eine Explosion ließ die der Straße zugewandte Front des Gebäudes förmlich auseinanderbersten. Günther reagierte instinktiv. Es war ein antrainierter Reflex, sich in so einer Situation zu Boden zu werfen. In diesem Fall riss er Teresa Matern mit sich.

    Eine unerträglich heiße Druckwelle war zu spüren. Die walzte förmlich über ihn hinweg. Er lag auf dem blanken Asphalt des Parkplatzes und versuchte das Gesicht mit den Händen zu schützen.

    Ein weiterer, geradezu ohrenbetäubender Knall war zu hören. Er war so ohrenbetäubend laut, dass Günther für einen Augenblick glaubte, für immer taub zu sein.

    Für quälend lange Augenblicke hatte Günther das beklemmende Gefühl, durch die mörderische Hitze regelrecht versengt zu werden.

    Als er dann wieder aufsah, bemerkte er Teresa Materns blutüberströmten Körper, nur wenige Meter von ihm entfernt. Sie lag in eigenartig verrenkter Haltung auf dem Asphalt und irgendetwas Scharfes musste sie getroffen haben. „Nein...", flüsterte er. Glassplitter vielleicht oder Metallteile, die wie Geschosse durch die Luft geschleudert worden waren, hatten sie getroffen.

    Teresa Matern zuckte. Sie lebte noch.

    Noch.

    „Durchhalten! Sie schaffen das!"

    Kommissar Jens Günther verstand genug davon, um zu wissen, dass das nicht so war.

    Verdammt!, dachte er.

    3

    Später stand Jens Günther mit einem Becher Kaffee in der Hand in der Nähe eines der zahlreichen Einsatzfahrzeuge, die inzwischen den Ort des Geschehens erreicht hatten. Überall waren Angehörige der der Rostocker Polizei und der örtlichen Feuerwehr zu sehen. Die Blinklichter der Einsatzfahrzeuge warfen jetzt ein flackerndes Zwielicht auf die Szenerie.

    Günther führte den Becher zum Mund und stellte dabei fest, dass seine Hand zitterte. Er nahm die andere Hand zu Hilfe, damit es nicht so auffiel. Das musste der Schock sein. In all den Jahren, die Jens Günther nun schon bei der Polizei seinem Dienst verrichtete, hatte er so etwas noch nicht erlebt. Das Bild von Teresa Materns furchtbar zugerichteten Körper stand ihm vor Augen. Und er war sicher, dass er diesen Anblick lange nicht vergessen würde.

    Der Notarzt kam jetzt aus dem Krankenwagen heraus, in dem die Erstbehandlung durchgeführt worden war. Schon sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Er war bleich. Jede Nachfrage war da überflüssig. Er schüttelte nur leicht den Kopf.

    „Wir konnten nichts mehr tun", sagte er.

    Günther musste schlucken.

    Ein Kloß steckte ihm im Hals.

    „Todesopfer Nummer zehn", murmelte er.

    „Ja."

    „Ich nehme an, dass einige der Schwerverletzten im Laufe des Tages noch dazukommen werden, oder täusche ich mich?"

    „Nein, Sie täuschen sich nicht", gestand der Notarzt mit düsterer Miene.

    Günthers Blick glitt jetzt zum Gebäude, von dem aus jetzt eine dunkle Rauchsäule wie ein dunkles Fanal in den Himmel stieg. Es war genau der Trakt von der Explosion getroffen worden, in dem die Räume der Polizei untergebracht waren. Ein beträchtlicher Teil der zur Straße ausgerichteten Wand war durch die Wucht der Detonation weggerissen worden. Es sah aus, als befände man sich in einem Kriegsgebiet. Der gesamte Komplex war inzwischen evakuiert worden. Auch für jene Bereiche, in denen die kommunalen Angestellten ihre Büros gehabt hatten, bestand akute Einsturzgefahr. Es stand so gut wie fest, dass man das gesamte Gebäude abreißen musste.

    Niemand konnte die Ruine im Moment betreten. Es war einfach zu gefährlich.

    Einige mit Gasmasken ausgerüstete Angehörige des örtlichen Feuerwehr gestikulierten.

    „Herr Günther?", fragte plötzlich eine Stimme.

    Günther drehte sich um. Er sah in das Gesicht eines untersetzten, sehr breitschultrig wirkenden Mannes mit hoher Stirn und buschigen, schräg nach oben ausgerichteten Augenbrauen.

    „Ja?"

    „Polizeiobermeister Breitner, Rostocker Polizei. Ich habe hier die Einsatzleitung und man sagte mir, ich würde Sie hier finden."

    „… ich …"

    „Hat man sich um Sie gekümmert?"

    „Ich brauche niemanden, der sich um mich kümmert", sagte Günther schroff. Er trank etwas überhastet den Kaffee aus, um sein nervöses Zittern zu überspielen. Seine Stimme vibrierte. Er hatte das Gefühl, dass ihm ein Kloß im Hals steckte.

    „Sind Sie vernehmungsfähig, Herr Günther, oder …"

    „Ich sagte doch - es geht mir gut!, erwiderte Günther nun noch eine Spur schroffer, als er es beabsichtigt hatte. „Entschuldigen Sie. Aber fast alle meine Kollegen sind entweder tot oder schwer verletzt. Das muss man erst mal verdauen.

    „Wir müssen damit rechnen, dass es sich um einen gezielten Anschlag auf den Teil des Gebäudes gehandelt hat, in dem die Polizei untergebracht war, erklärte Breitner. „Es könnte ein Terror-Akt gewesen sein. Die Polizei in Schwerin ist ebenso informiert worden, als auch das BKA in Berlin.

    „Ich kann Ihnen sagen, wer dafür verantwortlich ist!, meinte Günther und sein Gesicht verzog sich dabei für einen Augenblick zu einer grimmigen Fratze. „Das war ein Racheakt!

    „Wovon reden Sie?"

    „Lesen Sie gar keine Zeitung mehr? Wenigstens für die Nachrichten im lokalen Frühstücksfernsehen sollten Sie Zeit haben."

    „Hören Sie, Herr Günther, bei allem Verständnis für das, was Sie durchmachen …"

    „Es ist Zeitverschwendung, mit Ihnen zu reden", knurrte Günther und machte eine wegwerfende Handbewegung. Der leere Kaffeebecher flog durch die Luft und landete auf dem Asphalt. Günther setzte sich mit finsterer Entschlossenheit in den Gesichtszügen in Bewegung.

    „Warten Sie!", verlangte Breitner.

    Günther reagierte erst, als der Polizeiobermeister ihn ein zweites Mal ansprach.

    „Was wollen Sie noch?"

    „Was haben Sie mit Ihrer Bemerkung gerade gemeint? Wenn Sie irgendetwas über die Hintergründe dieses Anschlags wissen, dann sollten Sie uns einweihen, Herr Günther."

    Günther blieb stehen und drehte sich noch einmal vollständig zu dem Polizeiobermeister um. „Ich glaube nicht, dass dieser Fall lange genug in Ihrer Zuständigkeit bleibt, als dass es sich lohnen würde, länger mit Ihnen darüber zu reden", meinte er.

    In diesem Augenblick klingelte Breitners Handy. Der Polizeiobermeister nahm das Gerät ans Ohr.

    „Hier Breitner. Was gibt’s? Breitners Gesichtsfarbe veränderte sich in den nächsten Augenblicken von einem zornigen Dunkelrot in ein bleiches Weiß. Zweimal stieß er ein entsetztes „Nein! während des Gesprächs hervor. Dann steckte er das Handy wieder weg. Er sah Günther an. „Es hat zwei weitere Anschläge dieser Art gegeben", erklärte er.

    „Was?", entfuhr es Günther.

    „Betroffen sind Polizeidienststellen von Neubrandenburg und Lübeck. Über die Zahl der Opfer kann man noch nichts sagen. Angeblich sollen die meisten Kollegen, die in Lübeck stationiert sind, in einem Einsatz gewesen sein, so dass die Kollegen dort wohl etwas glimpflicher davongekommen sind."

    „Diese verdammten Schweinehunde", murmelte Günther. Er ballte die Hände zu Fäusten.

    „Und jetzt raus mit der Sprache! Was ist Ihr Verdacht?"

    4

    Zweieinhalb Stunden dauerte die Fahrt von Rostock nach Berlin. Zumindest, wenn man nach den Angaben des Navigationssystems ging. Tatsächlich saßen die BKA-Kommissare Daniel Grams und Rita Belling bereits seit über sechs Stunden in dem Mercedes-Transporter aus den Beständen der BKA-Fahrbereitschaft. Grams und Belling gehörten zum BKA in Berlin und aus den Beständen der dortigen Fahrbereitschaft stammte auch der Transporter. Damit waren Sie am Vortag nach Rostock gefahren, um eine Ladung beschlagnahmter Jade-Buddhas in Empfang zu nehmen. Mutmaßlich handelte es sich um illegal eingeführte Kunstgegenstände. Aber um das genau beurteilen zu können, war die Expertise eines Sachverständigen notwendig. Und einer der wenigen Fachleute, die sich mit burmesischen Jade-Buddhas auskannte, wohnte im Berliner Speckgürtel.

    Da es bei der Rostocker Polizei kein Fahrzeug gegeben hatte, das für diesen Transport geeignet gewesen wäre, hatte das BKA in Berlin aushelfen müssen.

    Grams und Belling hatten sich am Steuer abgewechselt. Heute saß die dunkelhaarige Rita Belling hinter dem Steuerrad, während Daniel Grams ziemlich angestrengt auf sein Smartphone blickte.

    „Du machst dich nur verrückt, Sören", sagte Rita Belling.

    „Soll ich vielleicht die Hände in den Schoß legen?"

    „Nein..."

    „Eben!"

    „Du kannst sowieso nichts machen, Sören!"

    Grams atmete tief durch. „Ich weiß", gab er zu.

    Unterwegs hatten sie von den Ereignissen in Rostock erfahren. Jemand hatte offenbar erfolgreich versucht, das dortige Polizeigebäude in die Luft zu sprengen. Kurz bevor Grams und Belling die Grenze zum Bundesland Brandenburg passiert hatten, hatten sie dann im Radio gehört, dass es ähnliche Anschläge auch in Neubrandenburg und Lübeck gegeben hatte. Seitdem warteten sie beide ungeduldig auf Neuigkeiten.

    Natürlich waren sie inzwischen auch offiziell vom BKA in Berlin über die Lage unterrichtet worden, soweit man darüber schon etwas sagen konnte.

    „Weißt du, worüber ich schon die ganze Zeit nachdenken muss?, fragte Grams seine Kollegin, ohne darauf im Ernst eine Antwort zu erwarten. „Wenn wir nicht bereits gestern von Berlin aus nach Rostock gefahren wären, sondern erst heute früh, dann hätten wir ungefähr zu der Zeit, als es dort geknallt hat, bei den Kollegen im Büro eine Tasse Kaffee getrunken und wären mit in die Luft gegangen.

    „Gegen Terroranschläge ist man letztlich machtlos, meinte Rita Belling. „Es kann jeden treffen. Überall und zu jedem Zeitpunkt.

    „Wenn es ein Terroranschlag war."

    Sie erreichten das Gebäude die Polizei von Potsdam.

    „Ziel erreicht", meinte Rita Belling, nachdem sie einen Parkplatz am Straßenrand gefunden hatten.

    Sie stiegen aus.

    Wenige Augenblicke später standen sie in der Türnische des Haupteingangs. Belling hatte die Sprechanlage betätigt. Aber anstatt der Stimme eines Kollegen hörten sie von der Straße her den Knall einer ohrenbetäubenden Detonation. Der Transporter, mit dem sie gefahren waren, wurde von der Gewalt der Explosion regelrecht zerrissen und verwandelte sich in einen Feuerball. Überall zerbarsten Fensterscheiben unter der Druckwelle.

    Es war die Hölle.

    5

    „Guten Morgen, Dorothea", begrüßte ich die Sekretärin unseres Chefs. Rudi und ich waren eigentlich ein paar Minuten zu früh, was allerdings nicht unser Verdienst war. Ich hatte Rudi, wie jeden Morgen an der bekannten Ecke abgeholt. Auf dem Weg bis zum Hauptpräsidium in Berlin gab es eigentlich immer irgendwelche verkehrsbedingten Überraschungen und so tat man gut daran, einen gewissen Zeitpuffer mit einzuplanen. Aber an diesem Morgen war ausnahmsweise mal wirklich alles glattgelaufen. Keine Baustellen, kein Stau und kein Unfall. Diesen Tag musste man sich wohl rot im Kalender anstreichen und vor allem gut in Erinnerung behalten. Denn sehr oft kam das nicht vor.

    „Schön, dass Sie etwas eher da sind, sagte Dorothea Schneidermann. „Sie können gleich weiter ins Büro von Kriminaldirektor Hoch gehen.

    „Da hatte ich mich schon so auf einen kleinen Plausch mit Ihnen gefreut - und Sie schicken mich gleich weiter", meinte ich gut gelaunt.

    Dorothea Schneidermann lächelte verhalten.

    „Sie kennen den Chef doch - selbst wenn Sie zu früh sind, ist das für ihn gerade pünktlich."

    „Vielleicht verraten Sie uns schon mal, wo es hingeht, meinte Rudi. „Nur für den Fall, dass Sie schon Hotels gebucht haben sollten.

    „Rostock, Ostsee", sagte Dorothea.

    Und damit war auch schon klar, um welchen Fall es ging.

    Die Anschläge auf die Polizeidienststellen im Norden hatten natürlich in den Medien großes Aufsehen erregt. Spekulationen über einen terroristischen Hintergrund kursierten und angebliche Experten äußerten sich reihenweise in den Medien. Es war anzunehmen, dass keiner dieser Experten mehr wusste, als die Ermittlungsbehörden bisher herausbekommen hatten. Aber das hinderte sie keineswegs daran, so zu tun, als verfügten sie über einen höheren Wissensstand.

    Wenige Augenblicke später traten wir in das Büro von Kriminaldirektor Hoch, unserem Chef beim BKA in Berlin.

    „Guten Morgen. Schön, dass Sie da sind, sagte Kriminaldirektor Hoch, während bereits ein Telefon klingelte. Kriminaldirektor Hoch bedeutete uns mit einer Geste uns zu setzen. Dann nahm er den Hörer ab. „Jetzt nicht, sagte er nur. „Rufen Sie in einer halben Stunde wieder an! Danach habe ich Zeit für Sie. Kriminaldirektor Hoch legte auf und wandte sich uns zu. „Sie haben sicher schon mitbekommen, dass es im Moment an mehreren Stellen zugleich brennt, erklärte unser Chef mit ernstem Gesicht, während er sich seine Hemdsärmel hochkrempelte und die Hände anschließend in den tiefen Taschen seiner weiten Flanellhose verschwinden ließ. „Von Anschlägen auf mehrere Polizeigebäude in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein werden Sie gehört haben. So viel kann ich Ihnen sagen: Das ist jetzt unser Fall, nachdem erste Ermittlungen davon ausgehen, dass es sehr wahrscheinlich nicht um das Werk von terroristischen Gruppen aus dem Ausland handelt."

    „Wie kann man das so schnell ausschließen?", konnte ich mir eine Nachfrage nicht verkneifen.

    „Ausschließen ist zu viel gesagt, erklärte Kriminaldirektor Hoch. „Aber erste Erkenntnisse über den verwendeten Sprengstoff und die Art der Zündung legen den Schluss nahe, dass dieser Fall mit einem anderen in Zusammenhang steht.

    „Meinen Sie die Proteste und darauffolgende Erstürmung des Regierungsgebäudes durch Anhänger dieser christlich-fundamentalistischen Sekte, die sich Königreich der letzten Tage nennt?", fragte Rudi.

    Kriminaldirektor Hoch war im ersten Moment überrascht. Er hob die Augenbrauen. „Sie haben ins Schwarze getroffen, Rudi. Wie sind Sie drauf gekommen?"

    „Es gab keine anderen bedeutenden Operationen in letzter Zeit, sagte Rudi. „Ich verfolge die Neuigkeiten, die in unserem Datenverbundsystem zu finden sind und weil sonst ziemlich selten irgendetwas Derartiges passiert, ist mir dieser Fall aufgefallen.

    „Normalerweise sind christlich-fundamentalistishe Sekten ja eher pazifistisch eingestellt, erklärte Kriminaldirektor Hoch. „Bei dieser Gruppierung ist das offenbar anders. Es geht um einen oder mehrere Täter, die hochprofessionell arbeiten, aber möglicherweise noch weitere Anschläge plant.

    „Vielleicht weihst du mich bei Gelegenheit mal in diesen Fall ein", meinte ich an Rudi gerichtet.

    Von dem ,Königreich der letzten Tage‘ hatte ich natürlich auch schon gehört. Es handelte sich um eine christlich-fundamentalistische Sekte, die keinerlei staatliche Autoritäten akzeptierte, ähnlich wie die sogenannten Reichsbürger. Sie rechneten sehr bald mit der Wiederkunft Christi und dem Ende aller Tage. Königreich der letzten Tage - so nannten sie ihre Kirche. Oder besser gesagt: ihren Staat. Sie erkannten nämlich die Autorität Deutschlands oder eines Staates nicht an. Deswegen lebten sie meistens auf abgelegenen Anwesen und großen Bauernhöfen, die sie als exterritoriales Gelände betrachteten. Aus dem rechtsradikalen Milieu war so so etwas bekannt. Aus dem christlich-fundamentalistischen und esoterisch-apokalyptisch angehauchten Sekten-Milieu war es eine neue Erscheinung.

    „Soweit ich weiß, ist der Umgang für staatliche Stellen nicht besonders leicht mit dieser Gruppe", meinte Rudi.

    „Das Königreich der letzten Tage verfügt über enorme Geldmittel, die nur zum Teil aus den überschriebenen Vermögen und Erbschaften ihrer Mitglieder stammen, fuhr Kriminaldirektor Hoch fort. „Die Sekte finanziert sich sehr wahrscheinlich überwiegend durch ihre Beteiligung am Drogenhandel. Und genau deswegen wurde ihr Zentrum in Rostock vor einiger Zeit gestürmt. Es kam zu heftigen Schusswechseln sowie mehreren Toten und Verletzten auf beiden Seiten. Jetzt müssen sich die überlebenden Mitglieder deshalb vor einem Gericht verantworten.

    „Wollen vielleicht noch in Freiheit befindliche Mitglieder des Königreichs der letzten Tage die inhaftierten Sektenangehörigen durch Terroranschläge freipressen?, fragte Rudi. „Viel Sinn macht so ein Vorgehen nicht.

    „Aus ihrer Sicht führt das Königreich der letzten Tage einen Krieg gegen die gottlos gewordene Bundesrepublik Deutschland, erläuterte der Herr Hoch. Er aktivierte einen Großbildschirm. Wenig später erschien darauf ein BKA-Dossier. „Eine dieser Personen, die sich auch nach der Erstürmung der Sektenzentrale noch in Freiheit befinden, ist dieser Mann. Er heißt Christian Timmer, war Sprengstoffspezialist bei der Bundeswehr. Nach traumatischen Erlebnissen in Afghanistan konvertierte er zum glauben der Sekte. Er ist wegen verschiedener Vergehen aus der Bundeswehr entlassen worden. Später arbeitete er unter anderem wieder als Sprengstoffexperte im Bergbau. Ihm wird die Beteiligung an mehreren Anschlägen auf staatliche Einrichtungen zur Last gelegt. Außerdem starb ein Mann, der aus der Sekte aussteigen und mit den Behörden zusammenarbeiten wollte, kurz vorher durch eine Autobombe.

    „Die Kollegen denken, dass Christian Timmer den Krieg des Königreichs der letzten Tage im Alleingang fortsetzt?", vermutete ich.

    „Das ist keine Vermutung, erklärte Kriminaldirektor Hoch. „Timmer hat das über das Internet offen angedroht. Und da bei den Anschlägen in Rostock, Lübeck und Neubrandenburg sowie in Potsdam ein Sprengstoff verwendet wurde, mit dem sich Timmer hervorragend durch seine bisherigen Tätigkeiten auskennt.

    „Ein verblendeter Hassverbrecher!, meinte Rudi. „Dürfte nicht leicht sein, ihn zu fassen, zumal wenn er wenig Rücksicht auf seine eigene Sicherheit nimmt.

    „Abgesehen von seinem zweifellos vorhandenen Hass auf Deutschland gibt es allerdings noch ein sehr viel konkreteres Motiv im Hinblick auf den Anschlag in Rostock, sagte Kriminaldirektor Hoch. „In der dortigen Behörde lagerten nämlich die bei der Erstürmung der Sektenzentrale gesicherten Beweismittel. Darunter ein Waffenarsenal, um das manche Polizeibehörde das Königreich der letzten Tage beneiden würde. Damit nicht genug: Einige dieser Waffen wurden in der Vergangenheit bereits für Verbrechen verwendet. Dabei geht es insbesondere um die bisher nie aufgeklärten Morde an mehreren Drogenkurieren sowie an ehemaligen Mitgliedern des Königreichs der letzten Tage, die von der Sektengemeinschaft als vogelfreie Abtrünnige gesehen wurden.

    „Das heißt, einige der inhaftierten Sektenmitglieder können jetzt aufatmen, weil bei dem Anschlag in Rostock wichtige Beweismittel vernichtet wurden?", fasste ich zusammen.

    „Genau das, so vermuten die Kollegen, könnte das Motiv sein. Ich habe heute Morgen bereits ausführlich mit dem Kollegen Norman Hoffmann in Schwerin gesprochen. Die Staatsanwaltschaft von Rostock hatte gehofft, einige bislang unaufgeklärte Morde an abtrünnigen Sektenmitgliedern jetzt endlich aufklären zu können. Erst ein Teil der Waffen ist ballistisch überprüft worden. Diese Ergebnisse wird man natürlich bei Gericht verwerten können. Bei den anderen wird es jetzt schwieriger - je nachdem, was von den Beweismitteln noch übrig geblieben ist. Und selbst wenn das der Fall sein sollte, so werden die meisten Waffen nach dieser Explosion erstens wohl kaum noch in einem Zustand sein, in dem man ballistische Tests durchführen kann, die den allgemein üblichen Standards auch nur ansatzweise entsprechen."

    „Gut, ich nehme an, dass wir die relevanten Dossiers bereits in unseren Mailfächern finden", meinte ich.

    „So ist es. Sie beide fahren unverzüglich nach Rostock. Kriminaldirektor Hoch sah auf die Uhr. „Sie sollten bald aufbrechen. Dorothea hat bereits alles vorbereitet.

    6

    Ungefähr zwei Stunden dauerte der Flug von Berlin nach Rostock. Natürlich nutzten wir die Zeit, um uns schon mal einigermaßen in die Materie einzuarbeiten. Rudi hatte das Laptop auf den Knien und sah sich die einschlägigen Dossiers an, die insbesondere zu dem Einsatz des BKA gegen die Zentrale des Königreichs der letzten Tage vorlagen.

    „Ich frage mich, wie es sein kann, dass man diesen Schlag zu einem Zeitpunkt geführt hat, als eine der maßgeblichen Personen, die man hinter Gitter bringen wollte, gar nicht anwesend war", sagte ich.

    „Du sprichst von diesem Sprengstoffspezialisten Timmer."

    „Genau, Rudi."

    „Eine Überwachung ist niemals lückenlos. Ich denke, da hat man sich einfach geirrt, was den Aufenthaltsort von Christian Timmer angeht."

    „Und wenn da jemand einen Tipp gekriegt hat?"

    „Ausschließen können wir das nicht, Harry."

    „Wir werden die Kollegen vor Ort mal danach fragen."

    „Dieses Königreich der letzten Tage soll bei seinen Drogengeschäften mit der Bande von Benny Drago zusammenarbeiten, sagte Rudi. „Zumindest wird das vermutet, ohne dass dafür bisher gerichtsverwertbare Beweise vorgelegen haben.

    „Wir haben noch nicht einmal gerichtsverwertbare Beweise, dass die Bande von Benny Drago überhaupt existiert, gab ich zu bedenken. „Offiziell ist dieser Benny Drago ein ehrenwerter Geschäftsmann, der sein Geld durch Finanzgeschäfte verdient und mit dem organisierten Verbrechen nichts zu tun hat.

    „Wie so oft: Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass Drago der Kopf einer Organisation ist, die den Drogenhandel im Norden von Deutschland beherrscht, und man kommt an diesen Kerl einfach nicht heran."

    „Solange Spatzen vor Gericht nicht als Zeugen anerkannt werden, wird das wohl auch so bleiben, meinte ich. „Wahrscheinlich haben die Kollegen gehofft, durch ihre Aktion gegen das Königreich der letzten Tage auch etwas zu finden, mit dem sich gegen Benny Drago und seine Organisation vorgehen ließe …

    „Du musst dir mal die Fotos vom Explosionsort ansehen, sagte ich. „Da gibt es ein paar verkohlte Objekte, von denen man vielleicht vermuten kann, dass es sich mal um Rechner und Festplatten gehandelt haben könnte.

    „Ja, ja, ich verstehe schon, was du meinst."

    „Ich will es mal auf den Punkt bringen: Benny Drago und seine Bande haben mindestens ein genauso großes Interesse daran, dass die bei der Durchsuchung des Sektenzentrums des Königreichs der letzten Tage sichergestellten Beweismittel jetzt nichts mehr sind als verkohlte Artefakte unklarer Herkunft."

    „Und trotzdem ist es nach Lage der Dinge natürlich am naheliegendsten, dass Christian Timmer unser Mann ist, Rudi."

    „Ein irrer Sektenkrieger, der seine verhafteten Glaubensbrüder gegenüber einem BKA rächen will, das für ihn nichts weiter als ein Terror-Instrument eines verhassten Staates namens Deutschland ist, formulierte Rudi den Gedanken noch etwas schärfer, der auch mir im Kopf herumschwirrte. „Leute mit Timmers sehr speziellen Fähigkeiten dürften selten sein. Insofern gebe ich dir recht.

    „Über einen Punkt komme ich noch nicht so ganz hinweg."

    Rudi hob die Augenbrauen. „Und welchen?", fragte er.

    „Es gab drei Anschläge – jedes Mal so verheerend, dass quasi kein Stein auf dem anderen blieb: In Rostock, Lübeck und Neubrandenburg."

    „Richtig."

    „Also liegt es nahe, dass das Ganze etwas mit irgendeinem Problem im Norden zu tun hat."

    „Weswegen wir ja das Königreich der letzten Tage und diesen Christian Timmer im Auge haben. Worauf willst du hinaus, Harry?"

    „Darauf, dass es - für den Fall, dass es um die Vernichtung von Beweisen ging - tatsächlich ausgereicht hätte, eines der Büros in die Luft zu sprengen. Nämlich das in Rostock. Wieso Lübeck und Neubrandenburg?"

    „Vielleicht wussten der Täter und seine mutmaßlichen Hintermänner nicht, wo sich die Beweise zurzeit befanden?"

    „Unwahrscheinlich, Rudi."

    „Ach, ja?"

    „Über die bevorstehenden Prozesse gegen die verhafteten Mitglieder des Königreichs der letzten Tage wurde man unter anderem in der örtlichen Presse ausführlich informiert. Das heißt, dass man schon wusste, dass die Beweismittel in Rostock gelagert werden, und nicht etwa in der Asservatenkammer der örtlichen Polizei."

    „Okay, eins zu null für dich."

    „Und wenn man sich in dem Punkt nicht so ganz sicher gewesen wäre, hätte es mehr Sinn gemacht, die örtliche Polizeizentrale auf diese Weise anzugreifen - aber nicht die Büros in Lübeck und Neubrandenburg."

    Rudi zuckte mit den Schultern.

    „Hast du eine Theorie, was diesen Punkt angeht?"

    „Keine, die schlüssig wäre. Es sei denn …"

    „Ja?"

    „Es ging gar nicht um die Vernichtung von Beweisen."

    „Was beinahe noch mehr für diesen Christian Timmer als Täter sprechen würde. Nach allem, was wir über ihn wissen, würde für ihn der pure Hass auf den Staat und dessen Behörden schon ausreichen, um dem BKA quasi eine Art Privatkrieg zu erklären."

    „Oder es steckt noch etwas anderes dahinter."

    „Ich denke, zu diesem frühen Zeitpunkt können wir in dieser Hinsicht nur im Nebel stochern, Harry."

    „Es gibt noch einen zweiten Punkt, der mich bisher an dem Fall irritiert, Rudi."

    „Immer raus damit!, verlangte mein Kollege. „Ich nehme an, du sprichst von dem Anschlag in Potsdam.

    Ich hob die Augenbrauen. „Kannst du Gedanken lesen?"

    „Deine schon."

    „Aha."

    „Wenn ich Verdächtige verhöre, klappt das leider nicht."

    „Du hast recht, der Anschlag in Potsdam passt irgendwie nicht zu den anderen drei."

    „Anderes Bundesland, andere Vorgehensweise, fasste Rudi die Punkte zusammen, die natürlich auch mir durch den Kopf gegangen waren. „Wobei bislang alles dafür spricht, dass derselbe Sprengstoff verwendet wurde und die Methode auch identisch war. Wir müssen natürlich die genaueren Untersuchungen abwarten.

    „Wieso wurde nur ein Fahrzeug in die Luft gesprengt - und nicht die Büros?", brachte ich den Punkt zur Sprache, über den ich schon die ganze Zeit nachgegrübelt hatte.

    „Die Kollegen gehen davon aus, dass die Büros gemeint waren. Schließlich stand der Wagen direkt davor."

    „Der Schaden in Potsdam ist relativ gering", gab ich zu bedenken.

    „Vielleicht wurden die Auswirkungen der Detonation überschätzt."

    „Jemand wie unser Sprengstoffspezialist Timmer sollte sich da so sehr vertan haben?", gab ich zurück.

    „Wir werden der Sache nachgehen, Harry - und dabei diesen Punkt im Auge behalten."

    7

    Am Flughafen von Rostock-Laage holte uns ein Kollege ab.

    „Kriminalhauptkommissar Jens Günther, stellte er sich vor. „Mein Wagen steht auf dem Parkplatz. Ich werde Sie ins Hotel bringen.

    „Ich dachte, wir fahren zuerst zu den Kollegen, sagte Rudi, nachdem wir Kommissar Günther unsere Ausweise gezeigt und uns kurz vorgestellt hatten. „Und außerdem ist uns ein Wagen zugesagt worden. Mit dem können wir ja dann später selbst ins Hotel fahren.

    „Ja, genau, sagte Günther. „Die Kollegen sind nämlich im Hotel. Wir fahren ins Hotel Hopfenbrau. Dort hat unsere Leitstelle nämlich ihr provisorisches Hauptquartier aufgeschlagen, denn von unserem Büro ist leider nur ein Trümmerhaufen übrig geblieben. Und so schnell war es leider nicht möglich, neue Büroräume anzumieten. Aber wir kümmern uns darum, wieder adäquate Räumlichkeiten zu bekommen.

    „Das Hotel Hopfenbrau, murmelte ich. „Der Name kommt mir bekannt vor.

    „Ist ein sehr altes Haus", sagte Günther. „Das eine interessante Geschichte aufweist. Drei Häuser mussten im 19. Jahrhundert weichen, damit dieses Gebäude errichtet werden konnte, das nach Fertigstellung ein repräsentatives Hotel wurde. Nach dem Krieg zog die sowjetische Kommandantur dort ein. Später nutzte es die Partei, dann der FDGB. Und zu guter Letzt nutzte es die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit. Doch nach einer umfangreichen Renovierung ist das Gebäude wieder das, was

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