Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Ein Leben zwischen Welten: Schwer zu glauben aber wahr!
Ein Leben zwischen Welten: Schwer zu glauben aber wahr!
Ein Leben zwischen Welten: Schwer zu glauben aber wahr!
eBook317 Seiten4 Stunden

Ein Leben zwischen Welten: Schwer zu glauben aber wahr!

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Geboren in Berlin und aufgewachsen in Havanna. Das Leben ist oft paradox und es ist immer die Frage aus welchem Winkel man die Dinge betrachtet. Auch die DDR konnte ein Schlaraffenland sein, man musste nur woanders leben wo es noch weitaus weniger gab. Es ist daher fast unmöglich genau zu definieren was es wirklich heißt, es geht einem gut. Wann geht es einem gut? Oder, was braucht man im Leben wirklich damit es einem gut geht? Man kann mit so wenig glücklich sein, nur die wenigsten wissen es, die wenigsten wollen es wahrhaben!
Und wenn man auf sein Leben so zurückblickt, dann war es manchmal ganz schön verrückt!

Als Dolmetscher bei Fidel Castro oder bei den Honeckers, als Lederhandwerker auf dem Platz der Kathedrale in der Altstadt von Havanna oder als Taxifahrer in Berlin, ein verrücktes Leben durch und durch, aber toll!!!Je mehr Dinge man hat, Dinge, die man denkt zu brauchen, desto mehr Dinge können auch wieder verloren gehen, deren Verlust man dann bedauern würde. Deshalb die Frage: Braucht man wirklich soviel um glücklich zu sein? oder, anders gefragt: Was braucht man um nur glücklich zu sein?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum31. Jan. 2019
ISBN9783748206156
Ein Leben zwischen Welten: Schwer zu glauben aber wahr!

Ähnlich wie Ein Leben zwischen Welten

Ähnliche E-Books

Biografie & Memoiren für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Ein Leben zwischen Welten

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Ein Leben zwischen Welten - Uwe Neudel

    I. Kapitel

    Berlin – Kindheit

    Wenn ich so versuche mich an meine Kindheit in Berlin zu erinnern, kommen mir doch erstaunlich viele gelebte Momente in dem Sinn.

    Wir lebten damals in Berlin, im Veterinärmedizinischen Institut, genau in Berlin-Mitte. Wenn ich sage, wir, so muss ich es erklären, ihr kennt uns ja noch nicht.

    Also, wir, das sind meine Schwester, meine Mutter und ich.

    Ich bin der Uwe, geboren am 10. Mai 1956.

    Mai ist ein sehr guter Monat um zu Welt zu kommen. Eigentlich fast so der beste Monat des Jahres. Tut mir ja Leid für all die, die nicht im Mai zur Welt gekommen sind. Aber alle können wir ja nicht im Mai erscheinen.

    Aber überlegt doch selber, Mai, die Natur erwacht, alles wird grün, fängt an zu blühen, die Vögel beginnen mit dem Nesterbau, alles kreischt, tschilpt und zwitschert.

    Die Sonne scheint schon wieder länger, Tage werden langsam wärmer, nicht umsonst sagt man auch, der Wonnemonat Mai. Und in diesem Monat kommt ein Kind zur Welt!!

    Was für eine tolle Umrahmung für dieses Wunder!!

    Für uns Kinder auch praktisch, der Geburtstag liegt ein halbes Jahr nach Weihnachten, es ist also nicht die Frage, kriegt man es zu Weihnachten oder zum Geburtstag, nein, Geburtstag ist Geburtstag und Weihnachten ist Weihnachten.

    Also, Mai ist der beste Monat im Jahr um geboren zu werden!

    Unser Vater war Tierarzt und arbeitete am Veterinärmedizinischen Institut in Berlin. Verbunden mit dieser Arbeitsstelle konnten wir auch damals in einer dortigen Dienstwohnungwohnen.

    Mein Vater, oder vielmehr wir alle, hatten großes Glück, es war damals, Ende der fünfziger Jahre, noch nicht so einfach in Berlin eine Wohnung zu bekommen. Für meine Eltern und mich war es damals die dritte Wohnung nach meiner Geburt.

    Zwei Jahr später wurde meine Schwester geboren, nun waren wir zur viert.

    Während einer Autofahrt 1959 verunglückte mein Vater leider tödlich. Er war mit Kollegen dienstlich unterwegs, irgendwo sollten sie ein Pferd operieren.

    Das Leben ist oft ungerecht und grausam.

    Ich habe fast keine Erinnerungen an meinen Vater.

    Ich war damals noch keine vier Jahre alt.

    Weil es eine Dienstfahrt war, also eine Fahrt im Auftrag des Institutes, durften wir im Institut in der Dienstwohnung wohnen bleiben.

    Die Wohnung war im 2. Stock, man kam unten rein, es war ein großes Treppenhaus, jedenfalls kam es uns groß vor, die Treppe führte immer an der Wand lang, wie eine Wendeltreppe. Unten waren Türen von denen man in die Stallbereiche konnte, man stieg weiter und kam an ein großes Fenster, dann stieg man weiter und erreichte den ersten Stock, eine Tür führte dort zu Bürobereichen des Institutes, wir sind da nie reingegangen.

    Das Treppenhaus war für uns immer Klasse um Papierflugzeuge herunterfliegen zu lassen.

    Werner Neudel, mein Vater

    Man stieg die Treppe weiter, kam wieder einem großen Fenster vorbei und stand vor einer Glasfront mit einer Tür. Es war alles Milchglas, man konnte nicht durchsehen.

    Nachdem Öffnen dieser Tür betrat man einen großen Flur. So wie ich mich erinnere war dieser Flur mit Sicherheit ungefähr vier Meter breit und acht Meter lang.

    Jeweils an beiden Stirnseiten dieses Flures gab es dann zwei Wohnungen. Es lebten auf dieser Etage vier Familien. Auf der rechten Seite, rechts, lag unsere Wohnung.

    Es war eine kleine Wohnung, eigentlich nur 2 Zimmer, man kam rein in einem Flur, rechts ging dann eine Tür in ein Zimmer, das war unser Kinderzimmer. Es war auch gleichzeitig Bügelzimmer und es standen dort auch die Schränke mit der Wäsche.

    Am Ende vom Flur gab es noch ein Zimmer, das war das Wohnzimmer und gleichzeitig Schlafzimmer für meine Mutter. Später, als meine Mutter sich endlich einen Fernseher kaufen konnte, die Dinger waren damals noch sehr teuer und für eine alleinstehende Mutter von zwei Kindern fast unbezahlbar, stand der auch in diesem Raum.

    Wir durften dann ab und zu Kindersendungen dort sehen, hauptsächlich aber das Sandmännchen, mit Pittiplatsch und Schnatterinchen, Moppi, der Herr Fuchs und Frau Elster, mit immer neuen Abenteuern und Geschichten.

    Das Wohnzimmer wurde durch den Fernseher und ein paar senkrechte Bambusrohre geteilt, vorne war die Couch, Sessel und der Fernseher, hinter dem Fernseher war der Raumteiler durch die Bambusstangen, dahinter standen ein runder Tisch und ein Schrank, so eine Art Vertiko.

    Der Tisch wurde eigentlich nur zum Kaffeetrinken genutzt, wenn Besuch da war oder an den Geburtstagen. Auch der Weihnachtsbaum wurde in diesem Bereich aufgestellt.

    Normalerweise aber fand unser Leben in der Küche statt.

    Jeder Raum wurde mit einem Kohleofen beheizt. Heute würde jedermann diese Wohnung als unzumutbar für eine Familie mit zwei Kindern betrachten, damals, Ende der fünfziger Jahre, war man froh so etwas gefunden zu haben.

    Ein Umstand kam noch dazu um diese Wohnung als unzumutbar einzustufen, Küche und Bad lagen nämlich außerhalb der Wohnung, um in die Küche zu gehen musste man aus der Woh-nung, in den Etagenflur, gleich links war dann die Küchentür, um ins Bad zu gehen musste man schräg über den Etagenflur zur anderen Seite laufen. Unser Nachbar hatte wenigstens die Küche in der Wohnung, das Bad aber lag auch auf dem Etagenflur, neben den unseren. Erst Jahre später wurde dies auf Anregung unseres Nachbarn verändert, es wurde eine Holzwand quer über den Hausflur gezogen, ca. 2,0 m in den Hausflur rein, dadurch war unsere Wohnungsflur entsprechend länger und demzufolge die Küchentür noch in der Wohnung, unser Nachbar konnte nun auch auf seine Toilette benutzen, ohne aus seiner Wohnung gehen zu müssen. Unser Baderaum, mit Toilette und Badewanne, aber lag immer noch auf der anderen Seite des Hausflurs. Für uns Kinder war das nicht so problematisch, man lief auch mal in Unterhosen über den Flur, für meine Mutter muss das schlimmer gewesen sein, man wacht nachts auf, muss auf die Toilette, muss sich erst anziehen, aus der Wohnung gehen um auf die Toilette zu können oder mal schnell in die Küche zu gehen um etwas aus dem Kühlschrank zu holen. Wichtig dabei war den Wohnungsschlüssel nicht zu vergessen.

    Aber Ende der 50. Jahre war das alles noch nicht wie heute.

    Und es war auch toll, jedenfalls für mich als Junge.

    Von unserem Küchenfenster aus konnten wir auf den Reitplatz sehen, dieser war umrandet von Kastanienbäumen und umsäumt mit einem Geländer aus Rohr. Das Geländer diente zum Festmachen der Pferde, für uns war es ideal zum Rumturnen. Der Verlauf des Geländers war oval, der Reitplatz selber aber war rund, am rechten Ende waren noch einige kleine viereckige Koppelboxen, manchmal waren Tiere drin, Pferde oder Kühe.

    Auf der einen Ecke des Reitplatzes, gegenüber vom großen Eingang des OP-Gebäudes und direkt unter unserem Küchenfenster, befand sich eine Rampe für das Abladen der Tiere aus den Lkws, wir konnten aus dem Fenster immer ganz genau sehen was für Tiere ankamen, für uns, also für meine Schwester und mich, war das hochinteressant.

    Manchmal brachte man auch ganz exotische Tiere aus Tierparks oder vielleicht auch aus Zirkussen, jedenfalls erinnere ich mich an Giraffen, Zebras und Affen, einmal brachte man sogar einen Löwen. Der war natürlich in einem Käfig und wurde nicht so frei rumgeführt.

    Manchmal konnten wir uns für die Vorbereitungen in den OP schleichen, der große OP Tisch wurde senkrecht gestellt, und die Tiere, zum Beispiel die Pferde, wurden sediert, dann wurden sie an den Tisch herangeführt und festgeschnallt, wenn sie dann schon fast einge-schlafen waren, wurde der Tisch wieder zurück gekippt und die Tiere lagen dann schön auf den Tisch. Die Türen wurden dann zu gemacht und wir sahen nichts mehr. Erst wenn sie wieder rauskamen, leicht torkelnd noch, sah man sie wieder. Meisten wurden sie dann in den Stall geführt, manchmal wurden sie aber auch auf die Koppelboxen gebracht, gleich neben dem Reitplatz vor unserem Haus.

    Neben den großen Eingang zum OP-Bereich war rechts an der Mauer ein kleiner überbauter Vorsprung mit einer seitlichen Öffnung. Man konnte reinklettern, es ging nach unten. Man musste aufpassen um nicht auszurutschen. Unten waren dann lange Gänge mit verschiedenen seitlichen Kammern. Wir fanden auch einen Lichtschalter und der funktionierte. Es wurde Licht und wir konnten die Kammern untersuchen. Sie waren aber leider leer. Nur in einer standen zwei Feldbetten mit Fellen ausgelegt. Wir folgten den Gang, irgendwann kam eine stabile Tür. Wir öffneten die Tür und standen plötzlich in unsern Hauskeller. Der Gang ging noch weiter, er verlief unter dem gesamten Gebäudekomplex. Später erfuhren wir dass dies die Luftschutzkeller aus dem 2. Weltkrieg waren. Wir sind mehrere Male durch den Eingang neben dem OP-Gebäude eingestiegen, irgendwann hatte es wohl jemand gemerkt, jedenfalls wurde der Eingang später zugemauert.

    Gleich gegenüber unserem Haus, hinter dem Reitplatz, lag die Schmiede. Es war eine richtige Schmiede, mit großer Esse, in der das Eisen heiß gemacht wurde, große Ambosse, auf denen mit Riesenhämmern das Eisen geformt wurde mit denen die Pferde beschlagen wurden, eine Schmiede wie man sie aus den Büchern kennt. Oft habe ich dort zugesehen, wie so ein Klumpen weißglühendes Eisen so lange geschlagen wurde bis es Form annahm.

    Rechts neben der Schmiede begannen wieder die Verwaltungsgebäude, am Ende waren die großen Vorlesungsräume für die Studenten.

    Man muss es sich so vorstellen, unser Gebäude bildete eigentlich einen großen Halbkreis. Vor unsere Haustür ein breiter Bürgersteig, links ging das Gebäude weiter, es kam noch ein Treppenaufgang zu Büroräumen, dann machte das Gebäude einen 90° Grad Knick, es kam die große Einfahrt für den OP-Saal, dann, ca. 15 m weiter, kam die Hausecke, die Straße ging dort weiter zum anderen Ausgang des Institutes, Ausgang Chausseestraße.

    Rechts neben unserer Haustür war die Tür zu den Kellerräumen, dann kam nach ca. 12 m die große Eingangstür zu den Ställen, ca. 12 m weiter kam wieder ein Treppenaufgang zu Dienstwoh-nungen und daneben der Eingang zum Keller. Ungefähr 12 m weiter war das Gebäude zu Ende.

    Abb.: Martin Ibold Aktuelle Ansicht unseres damaligen Gebäudes

    Es standen dort noch einige Holzunterstände für Strohballen und ähnliches, dann begann schon die Mauer des Institutsgeländes.

    Die Straße vor unserem Gebäude machte dort einen Bogen nach links, nach weiteren 30 Metern erreichte man eines der Zugangstore zum Institutsgelände. Es war das Tor zur Außenwelt, nämlich zur Phillipstraße.

    Meistens war dieses Tor geschlossen, die Anwohner im Institut hatten ja Schlüssel, die Studenten und andere kamen durch die anderen beiden Haupteingänge. Es gab einen Eingang in der Hannoverschen Straße und einen Eingang in der Reinhardstraße. Unser Eingang war ja eigentlich auch kein Haupteingang.

    Die Straße vor unserem Haus machte dann wieder einen Bogen und verzweigte sich. Eine Straße ging über eine Brücke recht ab, die andere Straße umrundete weiter den Reitplatz bis zur Schmiede.

    Der Reitplatz war ja fast rund, dann kamen noch kleine umzäunte Gehege, man kann sagen dass die Straße einen großen ovalen Freiraum umschloss.

    Straße vor unserem Haus

    Wenn ich erzählte, dass eine Straße über eine Brücke ging, muss ich etwas erklären. Durch das damalige Veterinärmedizinische Institut floss nämlich die Panke, oder was von diesem Fluss noch übrig ist. Ein Fluss den heute kaum jemand kennt, der aber unter anderem Namensgeber für einen ganzen Stadtteil wurde, nämlich für Berlin-Pankow, ein Fluss der nach zahlreichen Eingriffen überhaupt nicht mehr als Fluss zu erkennen ist. Also, dieser „Fluss" floss durch unser Institut, es gab diverse Brücken im Institut um ihn zu überqueren.

    Für uns Kinder war dieser Verlauf der Panke natürlich ein idealer Spielplatz, auf der einen Seite kletterte man die Böschung runter, auf der anderen Seite musste man wieder raufklettern, man konnte oft Wege abkürzen wenn man das „Tal der Panke" durchkletterte. Auch im Winter machte es riesigen Spaß an den Hängen mit den Schlitten runterzurutschen.

    Ich habe mir, jetzt viele Jahre später, mal unsere Spielplätze angesehen, ich war doch sehr erstaunt wie groß ich alles erinnerte und wie klein ich es dann sah.

    Für uns Kinder war es ein Riesengaudi.

    Und es gab noch einen anderen Vorteil der Panke. Richtig haben wir dies natürlich erst Jahre später, als wir schon zur Schule gingen, festgestellt. Um in die Schule zu gehen, verließen wir das Institut durch eben dieses Tor am Reitplatz, überquerten die Straße, also die Philippstraße, gingen rechts bis zur nächsten Ecke, es war die Hannoversche Straße, bogen wieder rechts ab und dann, nach circa 30 m war der Eingang zur Schule. Erst kam eine Holzbaracke, der Kinderhort, dann kam ein Schulplatz, an dem auch die Panke vorbei floss, dann kam noch ein Durchgang durch ein Gebäude und dann kam unser Schulhof.

    Und was war unser Geheimnis?

    Wir konnten, ohne aus der Schule gehen zu müssen, die Böschung zur Panke runterklettern, bis zu den Tunnel unter der Straße marschieren, den Tunnel durchlaufen und dann auf der anderen Seite schon in unserem Institut sein. Ruck-Zuck! Und wir hatten uns den ganzen Weg gespart.

    Der Tunnel war zwar auf beiden Seiten mit einem Eisengitter gesperrt, wir Knirpse aber passten durch. Damit konnte man natürlich angeben, kein anderes Kind konnte auf so abenteuerlicher Weise nach Hause gehen.

    Ich glaube, wir haben diesen Weg nur ein paar Mal benutzt, man machte sich ja dabei dreckig, gerade beim Hindurchzwängen durch die Absperrgitter, der Ärger zuhause war dann groß, aber gerade der Umstand, man könnte ja wenn man wollte, allein dieser Umstand erregte großen Neid unter den Mitschülern.

    Einmal fanden wir auch beim Graben in der Panke ein Stück Metall, so eine Art verrostetes Rohr, es erschien uns gleich sehr verdächtig, man wurde in der Schule ja ständig gewarnt, nichts anfassen, es läge noch sehr viel aus dem Krieg herum, man sollte doch immer die Polizei rufen. Das taten wir dann auch, wir riefen gleich die Polizei, wir hätten Munition gefunden!

    Die Polizei kam auch sofort, mit Funkwagen, und ließe sich das Fundstück zeigen, ich wollte es rausziehen, sie riefen gleich laut los, - NICHT BERÜHREN -, es könnte ja etwas passieren. Genau weiß ich nicht mehr wie es weiterging, wir sollten den Platz verlassen und die beiden Polizisten haben dann etwas gemacht und in den Kofferraum von dem Streifenwagen verwahrt, dann haben sie uns noch sehr gelobt, wir sollen auch in Zukunft nie etwas Verdächtiges anfassen sondern gleich die Polizei rufen. Wir hätten das sehr gut gemacht. So im Nachhinein glaube ich, es war nur eine Geschosshülse, sonst hätte die Polizei sicher noch weiter abgesperrt, damals aber waren wir riesig stolz so großartig reagiert zu haben.

    Einschulung meiner Schwester 1964, ich als Jungpionier

    Und es wurde ja damals noch genug gefunden.

    Genau neben diesem Tor zu unserem Gelände, aus dem ich nach rechts ging, um in die Schule zu gehen, war links eine große Ruine, es war eine zerstörte Kirche, und zwar war es die Philippus-Apostel-Kirche, wie ich später erfahren sollte, wir mussten immer vorbeigehen wenn wir zum Bäcker gingen oder wenn wir das gesammelte Altpapier wegbrachten.

    Jedenfalls war die Ruine hochinteressant, wir trauten uns kaum rein, manchmal waren wir aber doch drin, sahen die hohen Wände und die hohlen Fenster, schon die Idee wie die Fliegerbomben fielen und das Gebäude trafen, ließ uns zusammenzucken.

    Der Krieg muss etwas Schreckliches gewesen sein!

    Wir Kinder suchten ständig nach Möglichkeit unsere Finanzen aufzubessern, Altpapier und alte Flaschen oder Gläser waren da eine gute Einnahmequelle um das Taschengeld aufzustocken. Ich kann mich noch erinnern, der Händler war in einem Keller und wir mussten eine steile Treppe runtergehen, unten war dann ein Tresen, die Flaschen wurden gezählt und das Papier gewogen. Und wir bekamen unser Geld! Bar auf die Hand gezählt! Gleich daneben war der Bäcker, ich glaube der Laden hieß Bäckerei Gunsch. Wir kauften uns dann meistens eine Zuckerschnecke oder Pfannkuchen. Lecker.

    Eingang der zerbombten Philippus-Apostel-Kirche

    Wenn man die Straße weiterging, kamen dann irgendwann noch ein Konsum und ein Fischladen.

    Wir sind da oft rein und haben uns in dem Bassin die lebendigen Karpfen angesehen, oder wir sind in den Konsum und haben irgendwas gekauft, Bonbons oder so, jedenfalls haben wir stolz unser sauer selbstverdientes Geld ausgegeben. Schließlich hatten wir das Papier und die Flaschen ja fleißig und höchstpersönlich bei all unseren Nachbarn eingesammelt.

    Ich kann mich heute, mehr als fünfzig Jahre später, nicht mehr an die genauen Straßenverläufe erinnern, jedenfalls erinnere ich mich noch, dass irgendwo die Charité kam, dann kam irgendwann der Robert Koch Platz und wenn man dann weiterging, erreichte man das Naturkundemuseum, und das war wirklich ein Anziehungspunkt für uns.

    Ich weiß nicht mehr wie wir rein kamen, Geld hatten wir ja meistens keins. Ich glaube mich zu erinnern das ich dem Pförtner etwas erzählte das ich in der Schule in meiner Klasse verantwortlich wäre für die Wandzeitung, oder das wir bestimmte Aufsätze schreiben sollten und wir uns informieren wollten, so im Nachhinein stelle ich fest das ich schon immer gut Geschichten erzählen konnte, jedenfalls aber waren wir, meine Schwester und ich oder auch unsere Freunde, oft im Museum und bestaunten die Dinosaurier, gleich in der großen Eingangshalle standen die riesigen Skelette der Saurier, die Hälse bis zur Decke, für uns Knirpse eine sehr beeindruckende Kulisse.

    Auch die anderen Säle des Museums, mit ausgestopften Bären, Säbelzahntiger, Riesenfische, Riesenmuscheln, Flugechsen, hochinteressant, stundenlang konnte man dort herumlaufen.

    Ich staune bis heute das man uns damals so einfach dort rumlaufen lassen hat, das auch das Aufsichtspersonal so ganz gelassen reagierte, wahrscheinlich gab unser Auftreten keinen Anlass zu Beschwerde.

    Gut erzogen eben, meiner Mutter sei Dank!

    Danach sind wir dann wieder nach Hause. Es gab damals, Anfangs der sechziger Jahre ja noch nicht so eine Verkehrsdichte wie heutzutage, es war für Kinder viel ungefährlicher als heute in der Stadt rumzulaufen, über die Straßen zu gehen.

    Das andere, was wir damals auch nicht so mitbekamen und wirklich erst jetzt, Jahre später, wenn ich mir es auf dem Stadtplan so ansehe, so richtig bemerke, ist das wir eigentlich lediglich 400-500 m von der damaligen Sektorengrenze entfernt rumspielten, ohne das es uns bewusst war, ohne das es uns interessierte. Wie sagt man doch so schön, was ich nicht weiß, das macht mich nicht heiß, wirklich wie wahr!!

    Wir lebten zwar in Berlin, bekamen aber vom Leben in der Großstadt nicht allzu viel mit.

    In unserem abgeschlossenen Gelände lebten wir völlig isoliert von der Stadt, eigentlich wie auf dem Land. Eine Bekannte meiner Mutter arbeitete dort als Medizinassistentin und hatte ein Pferd.

    Auch wir durften damals auf den Reitplatz auf diesem Pferd reiten, manchmal ein paar Runden drehen. Ich kann mich noch entsinnen das das Pferd Tarantella hieß.

    Pferdekoppeln neben dem Reitplatz und ein Pferdewagen

    Es war wirklich einmalig, mitten in einer Großstadt, nach dem Krieg, konnten wir Kinder richtig auf echten Pferden reiten.

    Wenn man bei unserem Haus aus der Haustür rausging, nach links, vorbei an den OP-Eingang der Großtierklinik, und bis zur Ecke ging, dann über die Straße und an dem Fakultätsgebäude vorbei, kam eine kleine Straße rechts, dort stand ein zweistöckiges Gebäude mit einen Giebelturm, dort wohnten 2 Jungs in unserem Alter, Berndchen und Franki, das waren unsere Spielkameraden.

    In dem Gebäude waren auch Ställe untergebracht, gegenüber war eine große Wiese mit zwei runden Goldfischbecken, dahinter war unser Spielplatz.

    Auf der Wiese standen am Straßenrand zwei Birkenbäume, wir konnten darauf klettern und so mit unseren Freunden am Fenster des Giebelturmes kommunizieren, manchmal hatten die beiden Hausarrest, ich kletterte dann auf den Baum und wir konnten gut quatschen.

    Ging man die Straße weiter kam man wieder an eine kleine Brücke über der Panke, rechts runter ging es in Richtung Ausgang Phillipstraße, links zum Spielplatz und zur Wäscherei, geradeaus ging es zu den Vorlesungssälen der Medizin studenten.

    Das Gebäude der Vorlesesäle hatten links und rechts jeweils ein rechteckiges Goldfischbecken, auf beiden Seiten des Beckens gab es wasserspeiende Seelöwen. Für uns Kinder war es immer ein toller Spaß auf den Seelöwen zu sitzen und mit den Fingerden Wasserstrahl aus dem Löwenmaul so zu drücken, das der Strahl gezielt den Gegenüber einnässte..

    So manche Schlacht wurde so geschlagen.

    Ein anderer Plan von uns Kindern war es auf den Wiesen Gänseblümchen zu pflücken und kleine Sträuße zu binden, diese wurden dann an die Studenten verkauft.

    Ich muss gestehen, manchmal plünderten wir auch die angelegten Blumenrabatten, der Ärger mit dem Gärtner war groß wenn man uns erwischte. Wir nahmen aber die Gefahr in Kauf, besserten wir doch so unser Taschengeld auf.

    Wenn wir die Straße weiter runter gingen, kamen wir zuerst an ein Straßendreieck, dann ging die Straße rechts runter zum Ausgang Reinhardtstraße, auf der rechten Seite waren noch Institutsgebäude und einige Wohnhäuser, es gab dort wohl auch Gärten, links zog sich eine lange Mauer hin, wir sind manchmal raufgeklettert, dahinter waren lauter flache Dächer, es sah aus wie ein Depot.

    Kam man an der Reinhardtstraße raus, ging es links zur Friedrichstraße, damals standen da noch viele Ruinen, rechts ging es zum Friedrichstadtpalast. Anfang der sechziger stand er noch in der Reinhardtstraße. Er ist ja später dort abgerissen und in der Friedrichstraße neu aufgebaut worden.

    Wichtig für uns Kinder damals aber war eine Eisdiele auf der anderen Straßenseite der Reinhardtstraße, wir leisteten uns dort oft, je nach finanzieller Lage, eine oder zwei Kugeln Eis.

    In unserem Institut hatten wir ja, wie schon erwähnt, einen Spielplatz, der war schräg gegenüber von wo Berndchen und Franki wohnten, es gab dort Wippen, Schaukeln, eine Reckstange, auch ein Sandkasten war da, alles aber nicht so interessant wie das was verboten war, nämlich in den Ställen rumzustöbern oder den Verlauf der Panke zu erkunden.

    Den Verlauf der Panke konnten wir bis runter zur Reinhardstraße verfolgen, dort begann unter der Straße ein Rohr, wir sind da nie reingeklettert, das war selbst uns echt zu gefährlich.

    Irgendwann, so ungefähr 1963, tauchte in unserer Wohnung ein fremder Mann auf, mit dunklem gewelltem Haar und einen dünnen Schnurbart. Deutsch sprach er nur gebrochen, meine Mutter unterhielt sich mit ihm meistens auf Englisch. Wir wussten nicht so richtig was mit ihm anzufangen. Irgendwie kam er mir bekannt vor, plötzlich fiel es mir ein. Unten, vor dem OP-Saal, auf der Bank dort, da hatte ich ihn schon gesehen, beim Rauchen. Ich fragte meine Mutter und sie bestätigte es mir. Es wäre ein kubanischer Tierarzt, der dort arbeiten würde. Auf unseren Hausflur, gegenüber, wohnte ein Ehepaar,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1