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Zwischen zwei Welten - Sehnsucht und Wirklichkeit
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eBook234 Seiten2 Stunden

Zwischen zwei Welten - Sehnsucht und Wirklichkeit

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Über dieses E-Book

Die Erkenntnisse der modernen Traumaforschung und die eigene Neugierde haben zu der Öffnung einer bisher verschlossenen Kiste mit den Fragmenten der familiären Vergangenheit geführt:
Nach Überleben des Afrika-Feldzuges in Deutsch-Ostafrika im Ersten Weltkrieg kehrt eine Dresdener Mediziner-Familie in die Heimat zurück und versucht, sich eine neue Existenz aufzubauen. Durch Urlaub auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden kommen sie mit den Kreisen um Hitler in Berührung. Einige Jahre im Dresdener Gemeinderat, Teilnahme an der kulturellen Entwicklung in Dresden-Hellerau, Schiffsreisen des "Familienoberhaupts" in die ganze Welt als Arzt und nach der Machtergreifung durch die NSDAP mehrere Verhaftungen der Familie durch die Gestapo mit folgenden Gefängnisaufenthalten, direkte Teilnahme zweier Kinder an den Kriegsereignissen mit glücklichem Nichtbesteigen der "Wilhelm Gustlow" in Gdingen 1945 bestimmen das Leben dieser Familie und ihrer Mitglieder bis zum Erleben des Dresdener Feuersturms im Februar 1945 von Bühlau aus.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum6. Sept. 2019
ISBN9783749741113
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    Buchvorschau

    Zwischen zwei Welten - Sehnsucht und Wirklichkeit - Andreas Klug

    Kapitel 1:

    Intro

    Knarrend und knarzend öffnete sich die Tür aus vergilbten Brettern. Lange Spinnweben bis zur Decke zeugten von der Zeit, die seit dem letzten Öffnen vergangen war.

    Muffig roch die Luft und Staub reizte in der Nase zum Niesen, als Buschi in die Dunkelheit des Dachbodens vordrang.

    Alles war hier immer abgestellt worden, wenn irgendjemand aus der gewiss nicht kleinen Familie etwas hinterließ. Die Rumpelkammer der Familie, hätte man sagen können. Hier war ein Platz für alles aus den Hinterlassenschaften, was man des Aufhebens für würdig erachtete oder nur mal kurz zwischenlagern wollte, bis eine andere Unterkunft gefunden worden war. Aber wie so oft: aus dem „kurz" wurde bisweilen eine ganz schön lange Zeit und manchmal kam auch Gevatter Tod dazwischen.

    Als Letztes war jene alte Truhe dort im Eck von Tante Gisela kurz vor ihrem Hinscheiden hier eingelagert worden. Bedeutsam hatte sie ihm dieses Relikt aus der Familiengeschichte vermacht. Er hatte den Inhalt nicht gleich überprüfen können. Dafür hatte die Zeit gefehlt. Jetzt aber – in Rente – hatte er mehr Zeit und wollte in aller Ruhe den Dingen auf den Grund gehen.

    Die Truhe unter der Schräge der Dachsparren sah aus wie eine dieser alten Seekisten, die man oft auf frühen Fotos von Schiffsreisenden entdecken konnte. Ein langer metallener Splint war als Sicherung durch die Ösen der beiden metallenen Überwurfverschlusslaschen geschoben. In einem Loch an seinem Ende hatte früher wohl irgendein Sicherungsmechanismus gegen unbefugtes Herausziehen gesteckt. Zum Glück war der jetzt verschwunden.

    So bildeten nur der dicke Staub, die Spinnweben über der Truhe und die Düsternis des Dachbodens ein Hindernis, jetzt sofort seine Neugierde zu stillen, was der eigentliche Inhalt dieser Kiste sei.

    Der mitgebrachte Besen beseitigte die gröbsten Spinnweben über der Kiste und ermöglichte ihm, sie mit etwas Mühe in Richtung Türe zu ziehen. Unter metallischem Schaben konnte er den langen Metallsplint aus den Ösen ziehen. Jetzt stand der Öffnung der Überwurfbügel nichts mehr im Wege !

    Voller Spannung klappte er die beiden Metalllaschen hoch. Der schwere Holz-Deckel klemmte. Wer weiß, wie lange der schon nicht mehr offen war !

    Glücklicherweise hatte Buschi so etwas geahnt und einen breiten Schraubenzieher mitgebracht. Rechts und links jeweils an den Ecken ansetzen und mit leichtem Druck auf den Spalt den Deckel mobilisieren und hochklappen. Dann lag der bislang verborgene Inhalt vor ihm.

    Irgendwie kam er sich gerade wie ein Affe vor, der in einem Beutestück herumkramt, so wie er es manchmal in den Zoo-Sendungen im Fernsehen sah, wenn die Wärter dem Affen etwas zu Tun geben wollten. Das war schon eigenartig, aber schließlich hatte seine Omi Deppe ihm kurz nach seiner Geburt seinen Spitznamen gegeben nach dem 1948 neugeborenen Affen, den sie bei Spaziergängen im Dresdener Zoo als „gesichtsverwandt" (so hatte sie sich ausgedrückt) entdeckt hatte. Vielleicht war die Ähnlichkeit größer als bisher gedacht? (der Affe Buschi starb 2017 im Dresdener Zoo)

    Als Oberstes war ein Tuch zur Abdeckung an den Längsseiten zwischen Wand und Inhalt eingeschoben. Und darunter: ein leicht zerfleddertes Heft mit festem Deckel.

    Er nahm es heraus und schlug es auf.

    Anscheinend so etwas wie ein Tagebuch! Buschi blätterte es langsam durch.. Die Seiten waren vollgeschrieben – aber kein Datum. Der Text endete auf der vorletzten Seite mitten im Satz:

    „Gebe Gott, dass …" und dann brach die Aufzeichnung ab.

    Als nächstes lag in der Kiste ein großes, dickes Blatt:

    Einbürgerungsurkunde

    des Schlossermeisters Otto Deppe in Magdeburg

    anno domini 1816

    Beim Hochheben des großen, starken Papierbogens der Urkunde erschien darunter ein offener Karton, angefüllt mit durcheinandergewürfelten alten Schwarz-Weiß-Fotos.

    Es gab allerdings auch einige wenige farbige aus neuerer Zeit.

    Buschi blätterte sie kurz durch. Ah ja, einen Teil kannte er aus den Unterlagen seiner Omi. Da gab es Aufnahmen von ihr in den Bergen und in Wäldern und auch noch einige andere mit ihm unbekannten Personen – schön in Positur gesetzt für den Herrn Photographen (so schrieb sich das damals). Da müsste er sich noch umhören in der Familie, wer das wohl sein könnte.

    Buschi klappte die Kiste wieder zu, nahm das, was er für ein Tagebuch hielt, in die eine, den Besen und den Schraubenzieher in die andere Hand und schloss die Türe zum Speicher wieder. Zunächst wollte er sich mit den handschriftlichen Aufzeichnungen beschäftigen. Anscheinend waren es irgendwelche Notizen seines Großvaters mütterlicherseits – jenes Dr. Ludwig Deppe, den die ganze Familie immer „Pooper genannt hatte. Er glaubte die Schrift wiederzuerkennen. Als Erbstück befand sich nämlich ein Buch in seinem Besitz mit handschriftlichen Anmerkungen eben dieses Großvaters. „Mit Lettow-Vorbeck durch Ostafrika lautete der Titel. Gedruckt worden war es im Jahre 1919.

    Schon seltsam, dachte Buschi, sich so kurz nach dem ersten Weltkrieg ausgerechnet um das Schreiben eines Buches zu kümmern, wo man doch sicherlich zunächst mal andere Bedürfnisse hatte. Ihm fiel dabei ein, dass auch noch andere Bücher in der Familie Deppe entstanden waren: als zweites war - zusammen mit Poopers Ehefrau Charlotte, seiner Omi - ein weiteres über diesen Aufenthalt im ehemaligen Deutsch-Ostafrika entstanden. Es war 1925 unter dem Titel „Um Ostafrika" erschienen und beinhaltete außer dem Kriegstagebuch-ähnlichen Inhalt des ersten Buches die zusätzliche Beleuchtung des Lebens der am Wohnort Tanga zurückgebliebenen Ehefrau besonders nach der Besetzung durch die feindlichen Engländer.

    Außerdem wusste er um eine Schrift über Säuglingserziehung, die seine Großmutter Charlotte 1923 während ihrer Tätigkeit in Hellerau geschrieben hatte. Allerdings war diese damals unter dem Namen Ihres Mannes erschienen. Denn erstens hatte der einen „Doktor" und zweitens war dann der Autor keine Frau ! So würde das Werk auch mehr akzeptiert – dachten sie beide damals. So jedenfalls hatte man ihm das in seiner Jugend erzählt.

    Zu solch einem Vorgehen hatte sich ausgerechnet die resolute, selbstbewusste und durchsetzungskräftige kleine Omi Deppe durchgerungen! Das passte überhaupt nicht zu dem Bild, das er von ihr hatte!

    Na ja, Köpfchen hatte sie aber immer schon gehabt und sich stets unter allen Regimen auch selbst durchschlagen können. Anders ging es damals (1916 in Ostafrika und dann 1919 nach dem verlorenen Krieg in Deutschland) eben nicht. Auch in der DDR, der Deutschen Demokratischen Republik, der ehemaligen sowjetisch besetzten Zone des besiegten Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg, hatte sie sich alleine durchschlagen müssen. Der Rest der Familie war in den Westen entkommen. Es blieb einem als Frau nichts Anderes übrig als bisher Ungewohntes selbst zu übernehmen, sich auf eigene Füße zu stellen, wollte man weiterleben, so hatte es ihm seine Omi Deppe einst erzählt.

    Er griff zu den Aufzeichnungen seines Großvaters Pooper, dem er persönlich nie begegnet war.

    Kapitel 2:

    Dresden 1945

    Schwer rang er nach Atem. Das verdammte Herz !

    Dr. Ludwig Deppe ordnete sein Kissen neu und ließ sich ermattet zurücksinken. Es waren nicht die Anzahl der zurückliegenden 71 Lebensjahre, die ihm zu schaffen machte. Aber in Afrika hatte ihn die Anopheles-Mücke mit Malaria angesteckt. Seitdem hatte er stets mit dem Herzen zu tun.

    Alles war genau so gekommen, wie er es vorausgesagt hatte! Damals, als Schiffsarzt 1933 auf der Fahrt nach Shanghai, hatte man in den Nachrichten die Ernennung von Hitler zum Reichskanzler gemeldet. Wie hatte ihn das doch aufgeregt! Unglaublich! So jemanden könne man doch nicht zum Reichskanzler machen und Krieg würde es geben, hatte er seine Freunde telegraphisch aus Shanghai gewarnt. Diese Telegramme hatten ihn eine ganz schöne Stange Geld gekostet, da sie als Privatpost und nicht als Reederei-Post galten. Aber diese Angelegenheit war wichtig genug für diese unvorhergesehene Geldausgabe in der sonst so extrem sparsamen Familie.

    Eine derartige Entwicklung voraussehend hatte er vor seiner Abreise schon Otto Strasser und dessen Bruder Gregor brieflich auf eine solch schädliche Entwicklung hingewiesen.

    Wenn Hitler der bestimmende Mann in der Partei bliebe, würde das zu einem völlig unsozialen Staat führen!

    Er erinnerte sich genau, wie er einst Otto Strasser kennengelernt hatte. Es war auf einem Treffen der „Vereinigung sozialistischer Ärzte" gewesen. Einzutreten für die sozialen Bedürfnisse, die so viele Menschen auf die Strasse trieben, war ihm als SPD-Abgeordneten im Stadt-Parlament von Dresden immer ein Anliegen gewesen.

    Aus Berlin war dann dieser Herr Strasser als Redner gekommen und hatte vehement dafür plädiert, dass die neu gegründete NSDAP es als ihre Aufgabe ansehen würde, die im Moment vom Ausland und dem internationalen Judentum niedergedrückte deutsche Bevölkerung wieder zu alter Größe und Bedeutung auferstehen zu lassen. Dafür werde sich der Führer mit aller Kraft einsetzen. In einem anschließenden privaten Gespräch hatte er sich mit ihm weiter darüber ausgetauscht.

    Der Redner hatte sich ihm als Otto Strasser vorgestellt. Er sei früher auch Mitglied der SPD gewesen, nach der Niederwerfung von Arbeiteraufständen im Ruhrgebiet unter dem Stillhalten der SPD aber ausgetreten. Diese Aufstände seien ja völlig berechtigt gewesen. Später habe er beim „Völkischen Beobachter" gearbeitet, dem Parteiorgan der NSDAP – aber unter einem Pseudonym. Man habe schließlich irgendwie seine Brötchen verdienen müssen. Dadurch sei er mit dem Programm dieser neuen Partei in Berührung gekommen und ihr dann auch beigetreten. Seit Mitte der 1920er Jahre habe er mit seinem Bruder Gregor einen sozialrevolutionären Flügel innerhalb der Partei aufgebaut, der durchaus auch für Arbeiterstreiks stimmte.

    Damit habe er sich aber in Widerspruch zu Hitler begeben, der sehr viel mehr mit den Herren vom Kapital zusammenarbeiten würde.

    In diesem Gespräch hatte Pooper, also er selbst, betont, wie wichtig es sei, für die arbeitenden Menschen auch die gesundheitlichen Voraussetzungen zu schaffen, indem die Bevölkerung aus den dunklen und ungesunden Hinterhöfen herausgeholt würde. Dieser Aspekt des politischen Kampfes müsse mehr betont werden, um der Partei genügend Unterstützung bei den Leuten zu beschaffen.

    Da würde ihm die Berliner Sektion der Partei völlig zustimmen, äußerte sich Strasser – ganz im Einklang mit dem 1920 im Münchener Hofbräuhaus verabschiedeten Parteiprogramm. Dass in diesem Programm, das Otto Strasser dargelegt hatte, einige Punkte durchaus als sozialistisch angehaucht verstanden werden konnten, hatte es für Pooper diskussionswürdig gemacht.

    Hinter den Kulissen der neuen Partei entwickelten sich dann allerdings die Gegensätze zwischen der Berliner und der Münchner Fraktion immer mehr, in der Hitler die Hauptrolle spielte. Die Brüder Strasser hatten letztendlich ein neues Parteiprogramm entworfen, das 1926 von den norddeutschen NSDAP-Gruppen in Hannover befürwortet worden war, aber an den süddeutschen Parteigruppen um Hitler scheiterte.

    1930 war Otto Strasser aus der Partei herausgedrängt worden, hatten die Zeitungen berichtet. Strasser hatte daraufhin eine neue Gruppierung mit dem Namen Die schwarze Front gegründet, die einen nationalen Sozialismus propagierte. Dadurch war er noch mehr in Gegnerschaft zu Hitler geraten und hatte nach Prag emigrieren müssen.

    Einen Brief an Strasser hatte er, Pooper, deswegen vor seiner Abfahrt einem Kollegen zur Weiterleitung übergeben. Dass der das allerdings erst nach der Machtergreifung Hitlers in die Wege geleitet hatte und der Brief dann an der Grenze von der Gestapo abgefangen worden war, das hatte er zum damaligen Zeitpunkt ja nicht ahnen können! „Die schwarze Front" wurde nach der Machtergreifung auch als allererste Gruppierung verboten – angeblich noch vor den Kommunisten und der SPD.

    Jetzt – 12 Jahre später - lag Deutschland in Trümmern und der Feind stand überall innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches! Und zusätzlich standen er selbst und seine Frau unter der Aufsicht der Gestapo!

    Seine Gedanken schweiften noch weiter zurück … nach Magdeburg, seiner Geburtsstadt.

    Sein Leben war so ganz anders verlaufen, als er sich das ausgemalt hatte – damals, nach seinem ersten Examen in Tübingen. Auf Bestreben seiner Mutter hatte er dort Theologie studiert.

    Als Examensbestem war ihm als besondere Auszeichnung gestattet worden, seine erste Predigt nach Studienende in der Stiftskirche zu Tübingen zu halten.

    „Kommet zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich werde euch erquicken."

    Matth.11,28

    So war sein Thema damals gewesen.

    Genau konnte er sich an seinen Predigttext erinnern.

    Student der Theologie Ludwig Deppe

    Wie ernst war es ihm doch gewesen mit der Realisierung dieser Hilfe für die Menschen! Aber Worte allein – so musste er erkennen – waren hohl und leer!

    Wie anders sähe es aber aus und um wie Vieles wahrhaftiger sei er selbst dann, wenn er solchen Worten auch Konkretes folgen ließe! Als Pfarrer auf einer Kanzel erschien ihm das sehr weit hergeholt und nahezu unmöglich.

    Da müssten richtige Taten her!

    Die würden irgendwann auch ein Ergebnis bei den Menschen zeigen. Genau dazu hatte er sich dann auch entschlossen!

    Ein Studium der Medizin würde ihn

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