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Akkumulation ohne Kapital: Querarbeit statt Mehrarbeit
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Akkumulation ohne Kapital: Querarbeit statt Mehrarbeit
eBook431 Seiten5 Stunden

Akkumulation ohne Kapital: Querarbeit statt Mehrarbeit

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Über dieses E-Book

Dieses Buch versucht die Frage zu beantworten, wie Akkumulation ohne Kapitel vonstattengeht. Nicht heute, sondern wenn das Privatkapital überhaupt Geschichte geworden ist. Dieses Buch beantwortet daher nicht, nach welchen Grundsätzen die Wirtschaft heute zu verbessern und zu humanisieren sei.

Mit der Reform der Wirtschaft hat dieses Buch nichts am Hut, es stellt sich auf die andere Seite, auf die Seite der nüchternen Analyse. Auf dieser Seite haben wir einerseits die offizielle bürgerliche Volkswirtschaftslehre mit ihren unterschiedlichen Schulen, Fraktionen und Richtungen vor uns. Und andererseits die marxistische Analyse, die gegenüber ersterer den Vorzug größerer Trennschärfe und innerer Geschlossenheit hat.

Überraschend genug dürfte hingegen die Tatsache sein, dass es bis heute keine zumindest mehrheitlich anerkannte marxistische Theorie der sozialistischen Ökonomie gibt. Die zweifellos noch immer profunde Analyse von Karl Marx und Friedrich Engels bezieht sich thematisch auf den Kapitalismus, nicht auf die nachkapitalistische Ökonomie.

Die vorliegende Arbeit beantwortet die strukturelle Frage, wie Akkumulation ohne Mehrarbeit, Mehrwert und Profit überhaupt möglich ist - zumindest als Ergebnis der Negation des Eigentums. Hebt sich das Eigentum auf, fällt der Tauschwert weg. Akkumulation der Gebrauchswerte und Fortschritt in Sachen Arbeitsproduktivität sind nun theoretisch ungebremst möglich. Aber dass etwas möglich ist, bedeutet nicht, dass sich diese Möglichkeit auch verwirklicht.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum12. Dez. 2017
ISBN9783734552663
Akkumulation ohne Kapital: Querarbeit statt Mehrarbeit
Autor

Martin Seelos

Martin Seelos (Jahrgang 1965) beschäftigt sich seit Beginn der 2000er Jahre mit dem Forschungsdesign bei Karl Marx. Seit 2017 Herausgeber und Autor der Buchreihe „Beiträge zur Kulturgeschichte“ mit dem Schwerpunkt „Theorie des Eigentums“. Bisher erschienen: Negation des Eigentums (2016), Akkumulation ohne Kapital (2017), Franz Kafka und das feudale Prinzip (2017), 1917 und 1789: Aspekte der politischen Geographie (2017), Das antike Eigentum (2019), Duale Ökonomie und historische Eigentumsformen, 2 Teilbände (2021), Bürgerliches Eigentum und globaler Süden (2023). Martin Seelos lebt und arbeitet in Wien.

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    Buchvorschau

    Akkumulation ohne Kapital - Martin Seelos

    I. VORAUSSETZUNGEN

    Allgemeine Voraussetzungen

    Akkumulation im Kapitalismus ist Akkumulation von Kapital. Ganz elementar und plastisch dargestellt: Der Unternehmer hat genügend Geld, um am Warenmarkt seine sieben Sachen zusammenzustellen; der Arbeiter hat zumindest dieses Geld nicht und verkauft am Arbeitsmarkt dem Unternehmer seine Arbeitskraft. Nun findet der eigentliche Produktionsprozess statt. Die Arbeit setzt die Dinge so zusammen, dass am Ende ein Produkt herausschaut, das der Unternehmer wiederum am Warenmarkt verkauft. Die Produkte werden in der Regel mit einem Gewinn verkauft, weil die Arbeitskraft länger arbeiten kann, als ihre eigene Reproduktion – dem entspricht der Arbeitslohn – kostet. So macht der Unternehmer Profit, sodass er für den nächsten Produktionszyklus mehr Waren einkaufen und mehr Arbeiter beschäftigen kann. Das Kapital wächst, es akkumuliert.

    Unser Unternehmer kann natürlich auch einen Teil des Profits in Geldkapital ansparen, an der Börse spekulieren, einen größeren Teil des Profits mit dem Handelskapital teilen oder Warenlager anlegen. Auch das alles bedeutet Akkumulation. Denn das Kapital kann unterschiedliche „Aggregatzustände annehmen. Nur eines darf der Unternehmer nicht: den gesamten Profit „aufessen d.h., wie die Ökonomen sagen, als Revenue verwenden. Dann würde er nicht akkumulieren, aber stattdessen jene Branche, die Luxusgüter herstellt, umso mehr Geschäft machen und akkumulieren. Die Wirtschaftsgeschichte zeigt indes, dass gerade der kapitalistische Unternehmer insgesamt vorwiegend reinvestiert und – selbst wenn sich seine persönliche Lebenshaltung immer mehr vom Durchschnitt der Arbeiter entfernt – einen immer größeren Anteil des Gewinns reinvestiert, umso größer die Masse des Profits ist. Die Konkurrenz zwingt zur Investition. Die Tauschwertproduktion ist verallgemeinert. Ja, gerade das, die Investition, macht das Wesen des Kapitalismus gegenüber früheren Produktionsweisen aus. Im Feudalismus zum Beispiel wurde der Großteil der den Bauern abgepressten Mehrarbeit durch die Feudalgesellschaft verkonsumiert. Und über die europäische Antike sagte Marx:

    „Wir finden bei den Alten nie eine Untersuchung, welche Form des Grundeigentums etc. die produktivste, den größten Reichtum schafft? Der Reichtum erscheint nicht als Zweck der Produktion, obgleich sehr wohl Cato untersuchen kann, welche Bestellung des Feldes die einträglichste, oder gar Brutus sein Geld zu den besten Zinsen ausborgen kann. Die Untersuchung ist immer, welche Weise des Eigentums die besten Staatsbürger schafft."

    Der antike römische Staatsbürger ist noch Grundbesitzer und dort, wo er dies als Individuum nicht mehr ist, etwa als Teil der städtischen Plebs, ist er zumindest ehemaliger Bauer und hängt noch irgendwie an der Erde, am Grund und Boden. Reichtum ist in der Antike nicht durch freie Lohnarbeit produziert, während hingegen das Kapital unserer Zeit das Ergebnis der Arbeit eigentumsloser Arbeiter ist. Das überschüssige Geld, das unser Unternehmer hat, um am Warenmarkt seine sieben Sachen für die Produktion einzukaufen, kam nicht von irgendwo her, sondern ist selbst wiederum das Ergebnis der Mehrarbeit, also der ehemaligen Arbeit der Lohnarbeiter. Akkumulation ist somit das Ergebnis der Lohnarbeit.

    Der Gebrauchswert im Produktionsprozess

    Hier werden Werte als Tauschwerte akkumuliert und die Elemente, die im Produktionsprozess aufeinandertreffen, können nur gekauft werden, weil sie Tauschwerte haben: Lohnarbeit und sachliche Produktionsmittel. Aber nebenbei haben sie auch einen Gebrauchswert: die Arbeit als spezifische, nützliche Tätigkeit mit einer bestimmten Qualifikation, die technisch zu den sachlichen Produktionsmitteln und zu den Produktionsverfahren passt. Tauschwert und Gebrauchswert sind im Produktionsprozess verwoben wie in einem Stück Textil die unterschiedlichen Fasern und Fäden, sozusagen zwei glatt, zwei verkehrt.

    „Sie (… die Arbeit …) erhält den Nutzen der Baumwolle als Garn, indem sie das Garn verwebt. (… ) In bezug auf den Gebrauchswert besitzt die Arbeit diese Eigenschaft, daß sie dadurch den vorhandnen Gebrauchswert erhält, daß sie ihn erhöht, und sie erhöht ihn, indem sie ihn zum Gegenstand einer neuen durch den Endzweck bestimmten Arbeit macht (… ) Dasselbe gilt vom Instrument. Eine Spindel erhält sich nur als Gebrauchswert, indem sie zum Spinnen vernutzt wird. Sonst wäre durch die bestimmte Form, die hier am Eisen und Holz gesetzt wird, sowohl die Arbeit, die sie setzte, als der Stoff, an dem sie sie setzte, verdorben zum Gebrauch. Nur indem sie als Mittel der lebendigen Arbeit, als ein gegenständliches Daseinsmoment ihrer Lebendigkeit gesetzt wird, wird der Gebrauchswert von Holz und Eisen ganz ebenso wie ihre Form erhalten. Aufgenutzt zu werden, ist ihre Bestimmung als Arbeitsinstrument, aber im Spinnprozeß aufgenutzt zu werden."¹⁰

    Es geht also nicht um den Produktionsprozess als Abstraktum, sondern um einen bestimmten, einen, der zu einer Branche mit einem spezifischen technischen Standard passt. Bereits hier ist deutlich, dass der Gebrauchswert auch der kapitalistischen Produktion eine Bedingung sowohl der Wertübertragung als auch der Wertrealisation am Markt ist. Der Gebrauchswert ist somit auch Bedingung der Akkumulation überhaupt. Karl Marx weiter in den „Grundrissen":

    „Die größere Produktivität, die sie der Arbeit verleiht, schafft mehr Gebrauchswerte und ersetzt so den in der Konsumtion des Instruments aufgezehrten Gebrauchswert. Am klarsten erscheint dies in der Agrikultur, da [ihr Produkt] unmittelbar als Lebensmittel und Gebrauchswert am leichtesten, weil am ursprünglichsten, in seinem Unterschied vom Tauschwert – als Gebrauchswert erscheint. Wenn die Hacke dem Landbauer doppelt soviel Korn verschafft, als er sonst erhalten könnte, so braucht er weniger Zeit auf die Produktion der Hacke selbst anzuwenden; er hat Proviant genug, um eine neue Hacke zu machen."¹¹

    In diesem Fall musste die Arbeitszeit dazu verwendet werden, gerade eine Hacke zu produzieren, die dem Landbauer wiederum hilft, Zeit bei der Produktion des Korns zu sparen. Es ist dies ein doppelseitiges Verhältnis: die Zeit für die Produktion des Korns und die Zeit für die Produktion der Hacke, um bei diesem einfachen Beispiel zu bleiben. Und zwischen beiden Zeiten besteht eine Verbindung. Wird in die Entwicklung des Produktionsmittels Zeit investiert, spart dies bei der Produktion und es kann „doppelt so viel Korn" geschaffen werden. Aber bereits hier ist klar, dass es um etwas Bestimmtes geht. Die Investition hat einen konkreten Gegenstand und eine bestimmte Technik zum Inhalt und nicht irgendeine.

    Ein bestimmtes Quantum an Arbeit – die Arbeitszeit ist hier Maß der Arbeit an sich, Marx bezeichnete dies als abstrakte Arbeit – ist im Produktionsprozess notwendig, um nach einem gegebenen technischen Standard das Optimum an Output zu schaffen. Wir sehen bereits hier die Verflechtung von Quantität und Qualität, nicht irgendeiner, sondern einer bestimmten. Wenn sich in der kapitalistischen Produktion diese Tatsache als Verflechtung von Tauschwert und Gebrauchswert äußert, dann in jeder Produktionsweise als Verflechtung von Quantität und Qualität. Die Voraussetzung jeglicher Akkumulation, nicht nur der kapitalistischen, sondern etwa auch der sozialistischen, ist, dass die Investition eines bestimmten Quantums, etwa an Arbeitszeit, ein Produkt in einer bestimmten Qualität herstellt. Wir haben somit das Adjektiv „bestimmt" in beiden Dimensionen, der Quantität und der Qualität, und dies entspricht einem technischen Standard. Der technische Standard ist aber nicht voraussetzungslos, sondern gleichzeitig das Produkt einer vergangenen Produktion und Investition. Also wiederum eines Einsatzes einer bestimmten Quantität, um eben diese bestimmte Qualität zu erschaffen.

    In der vorliegenden Darstellung der Akkumulation ohne Kapital betrachten wir die Zusammenhänge in einem Modell, wie es unterschiedliche Ökonomen in der Vergangenheit oft verwendet hatten. Das Modell hat unter anderem zur Prämisse, dass eine bestimmte Quantität im Produktionsprozess eine entsprechende Qualität schafft. Dass aber irgendeine Quantitätssteigerung irgendeine Auswirkung auf das Endprodukt hat, lehrt bereits der Augenschein bzw. die Methode Versuch und Irrtum. Würde es hingegen überhaupt keine Auswirkung geben, handelte es sich offensichtlich um nutzlose Arbeit auf Seiten der zusätzlichen Quantität. In dieser Hinsicht ist die Prämisse nicht, dass es irgendeinen Zusammenhang unbestimmten Ausmaßes gibt, sondern dass dieser in einem bestimmten Verhältnis stattfindet, etwa 1 : 1. Das bedeutet zum Beispiel als elementarstes Beispiel, das sich durch mathematische Operationen variieren lässt: Eine Verdoppelung des Inputs des Produktionsprozesses bringt eine Verdoppelung des Outputs mit sich.

    In dieser Darstellung unterstellen wir bei der Analyse des Akkumulationsprozesses, dass zum Beispiel eine Verdoppelung der Ressourcen bei der Herstellung eines Produktionsmittels bewirkt, dass dieses Produktionsmittel auch tatsächlich doppelt so viel bei seiner Nutzung im Produktionsprozess vermag. Erstens. Und zweitens unterstellen wir immer, dass jede Arbeit gerade die spezifisch nützliche, die technisch notwendige ist und dass es somit – zumindest aus diesem Grunde – keine Verschwendung gibt. Würden wir etwa die gesamtgesellschaftliche Arbeitszeit verdoppeln, aber die Verdoppelung wäre nur zur Hälfte spezifisch nützliche Arbeit, die Auswirkung im Produktionsprozess wäre keineswegs eine Verdoppelung, nicht einmal ein Anstieg um 50 %, da ja die nicht nützliche Arbeit bereits ökonomische Kosten verursacht, auch wenn sie keinen Nutzen hat.

    Wir bezeichnen die beiden Unterstellungen – es kommt nur spezifisch nützliche Arbeit zum Einsatz und die Relation zwischen Qualität und Quantität sei 1 : 1 – als Randbedingungen der Akkumulation. Damit wollen wir zum Ausdruck bringen: Diese Bedingungen erklären nicht den Vorgang der Akkumulation selbst, deswegen „Rand, aber sie sind unterstellte und notwendige „Bedingungen … daher Randbedingungen.

    Randbedingungen der Akkumulation

    Jede Darstellung einer ökonomischen Gesetzmäßigkeit beruht auf einem Modell. Alles andere ist einfach eine Nacherzählung. Hingegen hat das Modell den Anspruch, einen Zusammenhang zu erklären, der zumindest öfter als einmal vorkommt und bzw. oder allgemein gültig ist: eine Gesetzmäßigkeit. Wir stellen diese Modelle gerade deswegen auf, weil sie in der konkreten Totalität nicht sichtbar sind. Das Modell abstrahiert von schier unzähligen Ereignissen auf einige wenige Faktoren. Auch die bürgerliche Volkswirtschafts- und die Betriebswirtschaftslehre leben von der Abstraktion.

    Das Modell wird aus diesem Grunde nicht dadurch widerlegt, dass es die Totalität der Wirklichkeit nicht völlig wiedergibt. Die Frage an das Modell ist eher „Abstrahierst Du richtig? und nicht „Abstrahierst Du überhaupt?. Auch die in der sozialistischen Literatur implizit beliebte Frage „Ist das Modell praktikabel? ist unsinnig. Nur ein Modell der Wirtschaftspolitik kann sich diese Frage, neben anderen Fragen, stellen lassen. Ein Modell, das aber vorgibt, die ökonomische Struktur und nicht die konkrete Wirtschaftspolitik zu erklären, kann auf die Frage „Bist Du praktikabel? nur mit einem unverständlichen „Rauschen antworten. Das wäre so, also würden die Unternehmer das Buch „Das Kapital aufschlagen, um darin eine Antwort zu finden, ob für ihr Kapital gerade der Protektionismus oder der Handelsliberalismus vorteilhafter wäre. Es ist die falsche Frage. Sozialisten, die heute – ohne Praxis einer Planwirtschaft – ihr Modell am Markt der Ideen als praktikabel anpreisen, müssen sich zwangsläufig einen Schiefer Idealismus einfangen. Ihre Frage heißt übersetzt: „Wie stelle ich mir die beste Planwirtschaft vor?".

    Die einzig sinnvolle Frage an ein Modell zur Planwirtschaft ist daher: „Kannst Du dessen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten erklären: Ja oder nein?". Jede andere Frage begibt sich auf das Terrain des philosophischen Idealismus: Nur das, was ich erkenne, existiert als das, was ich will. Diese Methode ist auf dem Gebiet der Ökonomie leider weit verbreitet. Die sinnvollen Fragen an ein Modell beginnen immer jenseits dieser Linie.

    Gehen wir nun einen Schritt weiter: Das Modell kann richtig sein, also richtig abstrahieren. Aber die Abstraktion kann so tief angelegt sein, dass bereits relevante Sachverhalte nicht mehr abgebildet werden können. Das ist tatsächlich die größte Gefahr einer ambitionierten Theorie zur Planwirtschaft. Und nicht nur der Planwirtschaft. Hier kann eine Spur Vorsicht nicht schaden und deswegen beschäftigen wir uns in diesem Buch neben der Modulation des Modells auch mit den Randbedingungen für das Modell. Zuerst aber müssen wir auf dem Gebiet der Erforschung der Akkumulation immer von Randbedingungen abstrahieren. Denn wir sagen im Grunde: Ökonomische Ressourcen, die in die Akkumulation und nicht in die Reproduktion und nicht in den Konsum fließen, bewirken einen analogen Qualitätsschub der Produktivkräfte. Diese können nun mit weniger lebendiger Arbeit als zuvor das gleiche Output erzeugen bzw. ein größeres Output mit unveränderter Arbeitszeit. Das ist das Grundaxiom jedes Akkumulationsmodells. Aber beschreibt es immer die Wirklichkeit?

    Zuerst einmal findet in diesem Axiom ein switch von Quantität zu Qualität statt: Wir stecken mehr an Geld oder mehr an Arbeitszeit in die Ausrüstungsindustrie – hier bewegen wir uns auf der Ebene der Quantität. Dann haben wir eine neue, bessere Technik in der Ausrüstung – hier bewegen wir uns auf der Ebene der Qualität. Dass grundsätzlich Quantität ab einer bestimmten Größe in eine neue Qualität umschlägt, ist dialektisch plausibel. Aber die Plausibilität holen wir uns aus der Empirie, nicht aus der Richtigkeit der Abstraktion. Oder anders gesagt: Der switch ist nicht zu beweisen, nur zu beschreiben.

    Es existieren zwei Möglichkeiten: Erstens, dass nicht jedes Mehr an Quantität in Mehr an Qualität umschlägt. Zweitens, dass nicht jedes Mehr an Qualität durch ein Mehr an Quantität generiert wird. Wie bezeichnen dies als Umwandlungsproblem. Um hier kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Dieses Problem stellt sich in Theorie und Praxis jeder Produktionsweise und nicht nur der kapitalistischen oder sozialistischen. Es ist also kein spezifisches Problem der Theorie und Praxis des Kapitalismus oder der Planwirtschaft. Freilich ist es alleine deswegen nicht weniger bedeutsam. Davon sollen die nächsten Seiten handeln. Nicht deswegen, weil das Umwandlungsproblem unser Modell bestätigt oder widerlegt. Sondern weil es sich um eine für die Ökonomie interessante Frage handelt. Wir können den springenden Punkt auch anders formulieren. Wir haben im Modell immerhin die tatsächliche Quelle der sozialistischen Akkumulation festgemacht: Die Querarbeit und das Querprodukt. Aber genauso wie es in der Geographie relevant ist, die Quelle eines Gewässers zu kennen, reicht dies nicht aus, um den weiteren Verlauf des Gewässers zu verstehen oder zu prognostizieren. Dazu müssen wir das ganze Areal kennen, die Bodenbeschaffenheit, die Topographie, die Verdunstungs- und Versickerungsrate, die Windungen des Laufes und die Hindernisse, die sich ihm dabei in den Weg stellen. Kurzum: Randbedingungen.

    Unser Untersuchungsdesign in dem Mittelteil des vorliegenden Buches ist es ja, das Modell möglichst knapp zu halten, also möglichst wenige Randbedingungen ins Modell zu integrieren und dafür die Quelle der Akkumulation exakt zu bestimmen. Allein das ist schon ein Fortschritt, aber gleichzeitig eben nur ein erster Schritt, da eben viel Relevantes außen vor bleibt. Dieses Relevante können wir hier nur andeuten.

    Jenseits der Hecke

    Die bürgerliche Wirtschaftstheorie ist heterogen. Wenn wir von der einen Seite der „Gartenhecke einen Blick auf die andere Seite werfen, dann beachten wir dabei, dass auch unser Garten der marxistischen Theorie nicht gänzlich homogen ist. Die Grenze zwischen beiden Strängen bildet die Frage, ob der Mehrwert die Quelle des Profits sei und ob die Quelle des Mehrwerts der nicht entlohnte Teil der Arbeitszeit sei. Wer diese Frage bejaht, ist auf der marxistischen Seite, wer sie verneint, auf der bürgerlichen Seite. Diese Feststellung ist nicht moralisch misszuverstehen, sondern sachlich. Und erst recht bedeutet es nicht, dass alles andere auf der marxistischen Seite richtig sei – deswegen sprechen wir die Heterogenität an. Den Profit zu verstehen ist wichtig, aber er allein ist doch sehr elementar. Wer „seinen Marx gelesen hat und mittels der Mehrwert-Theorie eine bürgerliche Aussage widerlegen kann, kann sich im Gefühl des – eigentlich recht leisen – Triumphes wiegen und die weiterführenden Fragen ignorieren. Aber das wäre intellektuell unergiebig.

    Moreover, und das ist hier der springende Punkt, hat die bürgerliche Wirtschaftstheorie für unsere Fragestellung interessante Seiten. Sie hat nämlich, ganz pauschal gesagt, wesentlich mehr Erfahrung und Übung mit dem Umgang mit Randbedingungen als die marxistische, die sich auf die Anforderung, die große Theorie systematisch auf die Empirie anzuwenden, meist gar nicht einlässt.

    Jedenfalls sehen wir im bürgerlichen Wissenschaftsbetrieb zumindest drei Stränge, die wertvolle Inputs für das Verständnis der Randbedingungen bieten. Es sind dies die Wirtschaftsund Technikgeschichte, die sich mit Perioden der technischen Innovation beschäftigen. Als Beispiel wollen wir Landes‘ Beschäftigung mit dem Prozess der industriellen Revolution anführen.¹² Zweitens die langfristig angelegte Produktivitätsstatistik. Hier sei als Beispiel die Datenaufbereitung von The Conference Board und des Maddison Projects genannt.¹³ Und drittens die langfristig angelegte Akkumulationstheorie – etwa jene Joan Robinsons.¹⁴ Selbstverständlich muss bei diesen Beispielen berücksichtigt werden, dass sie sich alle auf die Usancen der Warengesellschaft beziehen. Das versteht sich von selbst, aber bestimmte Phänomene einer langfristigen Entwicklung haben einen überhistorischen Charakter. Diese liefern für das Verständnis der Randbedingungen der Akkumulation, auch der sozialistischen Akkumulation, weit mehr Hinweise als die Akkumulationstheorie der sowjetischen Schule, die das Umwandlungsproblem in der ökonomischen Literatur schlicht ignoriert.

    Wir können in diesem Kapitel nur erste Anregungen bieten, aber keine systematische Aufarbeitung, wie die bürgerliche Wirtschaftswissenschaft das Problem bislang anging. Wir umreißen hier bloß das Thema.

    Kommen wir zuerst zu dem Input der Produktivitätsstatistik. Die bürgerliche Wirtschaftsstatistik verwendet unter anderem den Term „Totale Faktor Produktivität" (TFP). Damit wird der Fortschritt der Produktivität subsumiert, der nicht durch die Input-Änderung von Kapital und Arbeit gemessen werden kann. Die Kapital- bzw. die Arbeitsproduktivität kann zum Zeitpunkt i gemessen werden, etwa als Output durch Kapitalstock oder als Output durch Arbeitszeit, Beschäftigungsanzahl oder Lohnsumme. Diese Messung ergibt zum Zeitpunkt ii ein anderes Messergebnis. Zwischen beiden Messwerten i und ii wird die Differenz gebildet. Teils wird diese Differenz durch neu geschaffenes Kapital oder durch Veränderung des Faktors Arbeitskraft erklärt. Aber es bleibt post factum ein Rest, der nicht metrisch erklärt werden kann.¹⁵ Dieser wird als „Totale Faktor Produktivität" zusammengefasst. Vom Standpunkt des Marxismus könnte man sich erheitern, dass die bürgerliche Wirtschaftswissenschaft ihre Produktionsweise nicht gänzlich erklären kann und den unerklärbaren Rest einfach in einem Index zusammenpackt. Aber die Erheiterung ist in diesem Fall gänzlich unangebracht, denn auch der Marxismus kann das Umwandlungsproblem nicht fassen, ja, schlimmer noch, er hat sich diesem bislang kaum gewidmet.

    Wie auch immer, wichtig ist nur, dass die Messung eigentlich auf keine ökonomische Erklärung hindeutet, sondern nur auf eine Beschreibung. Zwischen einer Erklärung und einer Beschreibung besteht ein großer Unterschied. Aber deswegen wird nicht falsch gemessen und deswegen ist der Index TFP auch nicht völlig unsinnig. Immerhin deutet er auf das, was nicht metrisch erklärt werden kann, weil im Hintergrund eine Umwandlung von der Ebene des Tauschwertes auf die Ebene des Gebrauchswertes und von dieser Ebene wieder zurück auf die Ebene des Tauschwertes stattfand. Also: Zuerst haben wir ein metrisch fassbares Ausmaß an zusätzlichem Kapital, dann die daraus folgende neue Technik und neue technische Zusammensetzung – hier finden wir uns plötzlich auf der Ebene der Gebrauchswerte, der konkret-nützlichen Arbeit wider. Und nach einer Änderung der technischen Zusammensetzung haben wir wieder deren Auswirkung im Output, einer metrischen Ebene der Tauschwerte.

    Kurzum: Es geht hier genau um das auch für die Planwirtschaft relevante Thema des switches von Quantität zu Qualität. Gäbe es aber keine Empirie der Warengesellschaft – es gäbe auch keine Berechnung der TFP, da diese nicht durch eine Abstraktion, sondern durch eine Empirie abgeleitet wird. Eine TFP der Planwirtschaft wäre daher erst dann ein Index, wenn es eine konkrete Planwirtschaft gäbe und wenn diese alle hierfür relevanten Zahlen auch erhöbe. Bis dahin tun wir so, als ob genau eine Einheit Quantität eine Einheit Qualität mit sich brächte.

    Wenden wir uns nun kurz dem Beitrag Joan Robinsons zu dem Umwandlungsproblem zu. Zuerst wollen wir uns aber einen ersten Eindruck verschaffen, was es mit ihrer grundlegenden Arbeit „Die Akkumulation des Kapitals" (1958) auf sich hat.

    Joan Robinson

    Die britische Ökonomin Joan Robinson (1903–1983) stellt darin ein Modell vor, das langfristige Akkumulation von Kapital verstehen helfen soll. An sich war der methodische Zugang zu den Anforderungen an ein Modell ganz ähnlich wie in der vorliegenden Darstellung.¹⁶ Robinsons Modell selbst spiegelt aber die Prämissen der bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft wider und nicht die Wert- bzw. Mehrwerttheorie von Marx, obgleich die britische Ökonomin einige Zeit lang auch Marx studierte. Joan Robinson gehörte zu den interessanten bürgerlichen Ökonomen des 20. Jahrhunderts, weil sie methodisches Modelldenken mit der Annahme unterschiedlicher Klassen verband, während es zumindest im deutschen Sprachraum unter Ökonomen lange Zeit verpönt war, auch nur die Begriffe „Kapitalismus oder „Arbeiterklasse zu verwenden. In dieser Hinsicht hatte Robinson so wenige Barrieren wie etwa David Ricardo hundert Jahre zuvor, der ja auch die Revenuen unterschiedlicher Klassen (Arbeiter, Kapitalist und Grundeigentümer) untersuchte, ja, dies zum eigentlichen Inhalt seiner politischen Ökonomie machte. In der Preis- und Werttheorie blieb Joan Robinson allerdings hinter dem Potential ihrer Zeit zurück. Sie konnte nicht angeben, worin der Wert eines Produktes bestehe, aber sie konnte etwas zu den Preis-Veränderungen sagen, wie etwa zu dem Unterschied zwischen real und nominal. Das ist so, als könne man auf einem Schiff angeben, wie groß der Abstand zwischen Backbord und Steuerbord ist, aber nicht, wie viele Seemeilen das Schiff auf dem Wasser zurückgelegt hat. Die Preisveränderungen sind messbar und sagen etwas aus, aber nicht, auf welcher Grundlage der Ausgangspunkt definiert ist. Alles ist relativ, nichts absolut. Obwohl, so ganz stimmt das nicht. Einen absoluten Punkt in der Preisfrage fand Robinson sehr wohl:

    „Das auf lange Sicht wichtige Preisniveau ist das in Arbeitszeit ausgedrückte Niveau, denn in ihm kommt (… ) die Aufteilung des gesamtgesellschaftlichen Produktionserfolges auf Arbeit und Besitz zum Ausdruck."¹⁷

    Leider war dies Endpunkt und nicht Startpunkt der Analyse von Wert, Preis und Ware bei Robinson. Ansonsten nämlich bestimmt in ihrem Verständnis der Preis den Wert und nicht umgekehrt der Wert den Preis, wie sich implizit hier zeigt:

    „Die Kaufsumme für eine Maschine, die von einem darauf spezialisierten Produzenten erworben wird, übersteigt deren Lohnkosten und erbringt damit eine Quasi-Rente für den Investitionssektor. Die Kapitalgüter, die ein Produzent für den eigenen Gebrauch herstellt, werden zu einem Preis bewertet, der die Lohnkosten um eine fiktive Gewinnmarke übersteigt. Daher übersteigt der Gesamtgewinn eines Jahres die Quasi-Rente im Konsumsektor (abzüglich Amortisation) um denselben Betrag wie der Wert des Kapitalgüterzuwachses den Gewinn im Konsumsektor. Der Betrag, um den der Wert der jährlichen Kapitalgüterproduktion den jährlichen Verschleiß übersteigt, ist gleich der Differenz zwischen der gesamten Quasi-Rente und der Amortisation, also gleich dem Jahresgewinn."¹⁸

    In diesem Passus spiegelt sich die Marx-Lektüre von Joan Robinson wider, soweit die Beziehung der beiden Abteilungen I und II bei Marx, also der Investitionsgüterindustrie und der Konsumgüterindustrie, gemeint ist. Aber Robinson kombiniert dieses Ergebnis mit ihrer bürgerlichen Wert-Theorie, die besagt, dass der Preis vom Unternehmer kalkuliert ist, um Gewinn zu machen, und nicht, dass der Wert der Waren Gewinn ermöglicht, weil in ihnen unbezahlte Arbeitszeit steckt. Der springende Punkt ist hier durchaus die Frage nach dem Mehrwert.

    Robinson analysiert die Akkumulation im Kapitalismus mit dem Instrumentarium der bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft; wir hingegen beschäftigen uns in diesem Buch mit der sozialistischen Akkumulation mit dem Instrumentarium der marxistischen Wirtschaftswissenschaft. Deswegen musste sich Robinson mit ganz anderen Fragen beschäftigen. Interessant sind aber jene Punkte, in denen eine Überschneidung existiert. So beginnt sie das Modell der langfristigen Akkumulation unter der Annahme, dass es keinen technischen Fortschritt gebe und ergänzt das Ergebnis sodann um den Effekt des technischen Fortschritts. Das ist ganz vernünftig vorgegangen. Bei dem ersten Modell, also ohne technischen Fortschritt, kommt sie unter der Modell-Prämisse, dass die Gewinne nicht als Revenue der Unternehmer dienen, sondern zur Gänze reinvestiert werden, zu folgendem Ergebnis:

    „Die Beziehung zwischen Gewinn und Akkumulation hat zwei Seiten. Damit überhaupt ein Gewinn erzielt werden kann, muß die Produktion pro Beschäftigten einen Überschuß über jene Menge hinaus ergeben, die notwendig ist, um die Familie des Arbeiters und damit des Arbeitskräftepotentials zu erhalten. Aber die technische Möglichkeit eines solchen Überschusses ist keine hinreichende Bedingung für die Realisation von Gewinnen. Die Unternehmer müssen dazu auch investieren. Der Satz, dass die Profitrate gleich der Akkumulationsrate ist (wenn aus Gewinnen nicht konsumiert wird), wirkt nach beiden Richtungen. Wenn die Unternehmer keinen Gewinn erzielen, können sie nicht akkumulieren und wenn sie nicht akkumulieren, erzielen sie keinen Gewinn."¹⁹

    Hier sehen wir zwei Seiten eines Problems: Erstens könnte nach dem Modell Robinsons langfristige Akkumulation ohne technischen Fortschritt stattfinden, indem die Gewinne reinvestiert werden. Wir vertauschen zwar in der vorliegenden Darstellung die Usancen der Warenwirtschaft durch jene der Planwirtschaft, aber das ist in diesem Zusammenhang nebensächlich. Jedenfalls, wenn das kurz vorweggenommen werden darf, wird im Mittelteil des vorliegenden Buches bewiesen, dass langfristige Akkumulation eine Änderung der technischen Zusammensetzung und damit technischen Fortschritt mit sich bringen muss. Der technische Fortschritt erleichtert dann wiederum die nächste Runde der Akkumulation. Vielleicht kam Robinson nicht zu diesem Punkt, weil sie in ihrem Modell das Angebot der Arbeitskräfte als unbegrenzt voraussetzte, was nebenbei erwähnt auch im Widerspruch zu ihrer Prämisse einer geschlossenen Volkswirtschaft stand. Die zweite Seite des Problems ist der Satz:

    „(… ) und wenn sie nicht akkumulieren, erzielen sie keinen Gewinn."²⁰

    Dieser Halbsatz ist offensichtlich falsch. Das Kapital kann auch unter den Annahmen von Robinsons Modell Gewinn machen, ohne zu akkumulieren. Hier liegt der Schlüssel zum Verständnis darin, dass Robinson die Wertübertragung im Zuge der Reproduktion nicht wie Marx verstand. Der Hintergrund: Statt eines Mehrwerts gibt es bei Joan Robinson die „Quasi-Rente, die der Lohnsumme entgegengesetzt ist. Die Quasi-Rente besteht aus den Verkaufserlösen, von denen die Löhne bereits abgezogen sind. Gemäß der Betrachtungsweise nach dem Einkommen ist die Quasi-Rente Eigentum des Industriellen, von der aber – deswegen „quasi – Rente und Zins abgezogen werden. Das ist ja auch nach Marx beim Mehrwert der Fall: Vom Mehrwert wird die Rente abgezogen und bildet somit den Profit, vom Profit wird der Zins abgezogen und bildet somit den Unternehmensgewinn. Und Löhne kann der Mehrwert ja so oder so nicht beinhalten, da jene ja die notwendige Arbeit abbilden.

    Und dennoch entspricht die Quasi-Rente keineswegs dem Mehrwert, da in den Verkaufserlösen der Waren ja auch jene Wertbestandteile stecken, die im Produktionsprozess verbraucht wurden – Produktionsmittel. Die Arbeiter fügen diese Werte nicht der Produktion zu, sie existieren bereits. Nur der Gebrauchswert der Arbeit überträgt diese Werte auf das Produkt, aber diesen Gebrauchswert muss der Unternehmer auch nicht entlohnen, er entlohnt ja bereits den Tauschwert. Der besagte Teil der Verkaufserlöse ersetzt einfach die verbrauchten Produktionsmittel. Sie sind nicht Teil des Profits. Aus dem Profit werden hingegen neben der persönlichen Revenue des Industriellen – die Joan Robinson übrigens ganz legitim aus ihrem Modell verbannt – die Erweiterungsinvestitionen bestritten. Da haben wir die Quelle der Akkumulation. Bei Joan Robinson hingegen werden aus der Quasi-Rente sowohl Reproduktion als auch Akkumulation gespeist und die Quelle des Profits für die Akkumulation ist somit verschleiert.

    Wenn sich die Produktion verringert, geben die Unternehmer weniger aus, als der Erlös der laufenden Verkäufe beträgt, sie desinvestieren.²¹

    Aber umgekehrt: Die Erlöse aus den Verkäufen werden immer höher sein als die blanke Reproduktion des Kapitals. Auch dann, wenn die Unternehmer den Unternehmensgewinn (einen Bestandteil des Profits) nicht für Erweiterungsinvestitionen verwenden, wenn sie also nicht akkumulieren. Selbst in diesem Fall ist die Reproduktion gewährleistet, weil diese eben nicht aus dem Profit gespeist wird. Und selbst in diesem Fall schrumpfen das Kapital und das Unternehmen keineswegs, es wird folglich in diesem Fall auch nicht desinvestiert. Die Frage, die sich dem Unternehmer stellt, ist daher nicht: Konsumieren oder Investieren, sondern wie der absolute und wie der relative Mehrwert erhöht werden können, um zu akkumulieren. Die Betrachtungsweise „Konsumieren oder Investieren" trifft tatsächlich auf das Kleinbürgertum, etwa auf die Bauern, zu. Aber nicht auf das Kapital, das Arbeitskräfte ausbeutet. Und Robinson assoziiert tatsächlich den Industriellen mit dem Bauern:

    „Die Moral der Unternehmer ist die bis ins Extrem gesteigerte Moral des Bauern."²²

    Genau das ist aber nicht der Fall. Die Investitionsmoral der Bauern und des Kleinbürgertums ist generell konservativ, sie basiert auf Selbstausbeutung und realisiert sich in Gebrauchsgütern im Handel. Gerade das Notwendigste wird investiert. Die Investitionsmoral der Industriellen ist vom Mehrwert und dem Weltmarkt getrieben und daher dynamisch. Die Akkumulation des Kapitals hat gerade nicht die Moral des Bauern zur Grundlage. In der sozialistischen Produktionsweise hingegen ist die Frage „Konsumieren oder Investieren" wieder die ganz richtige Frage, nur jetzt auf der Grundlage der großen Industrie, der Arbeitsteilung und

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