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Borkumer Nacht. Ostfrieslandkrimi
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eBook178 Seiten2 Stunden

Borkumer Nacht. Ostfrieslandkrimi

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Über dieses E-Book

Was geschah in der Nacht, als Eva Sternberg starb? Am Morgen danach liegt die gefürchtete Literaturkritikerin tot an der Borkumer Strandpromenade, die klaffende Wunde am Hinterkopf deutet auf einen Mord. Wollte eine Borkumer Autorin im letzten Moment den drohenden Verriss verhindern, der das Ende ihrer Karriere bedeutet hätte? Hat der Ehemann des Opfers einen Weg aus der zerrütteten Ehe gefunden, um gleichzeitig die beträchtliche Lebensversicherungssumme einzuheimsen? Oder gibt es einen Zusammenhang mit dem umstrittenen Millionenprojekt, das derzeit die Gemüter auf der Ostfriesischen Insel erregt? Hansen und Jepsen müssen das Puzzle aus sich scheinbar widersprechenden Informationen zusammensetzen. Dabei wird Kommissar Ragnar Hansen das Gefühl nicht los, dass sein junger Kollege in irgendeiner Weise selbst in den Fall involviert ist und ihm etwas Entscheidendes verheimlicht...

SpracheDeutsch
HerausgeberKlarant
Erscheinungsdatum4. Apr. 2022
ISBN9783965865730
Borkumer Nacht. Ostfrieslandkrimi

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    Buchvorschau

    Borkumer Nacht. Ostfrieslandkrimi - Dörte Jensen

    Klabautermann

    Borkum, Juni

    Der Klabautermann blickte aus dem geöffneten Fenster in den Nachthimmel.

    Eine leichte Brise wehte in den Raum und ließ die geblümten Vorhänge tanzen. Ein Fensterbild in Form eines gläsernen Ankers klackerte leise gegen die Scheibe.

    In das Rauschen der Brandung mischten sich die Schreie der Möwen und die Rufe der Austernfischer. Die ewige Melodie der Nordsee war das Lied seines Lebens, das er nicht oft genug hören konnte. Er würde alles tun, damit es nicht durch die Kakophonie einer nach Profit strebenden Gesellschaft gestört wurde.

    Der Klabautermann faltete den auf dem Tisch liegenden Zettel mit behandschuhten Fingern zusammen und steckte ihn in einen Briefumschlag. Falls die Polizei die Botschaft nach Fingerabdrücken, Speichelrückständen oder anderen Spuren untersuchen sollte, würden die Beamten keinen Hinweis finden – schließlich wusste er aus unzähligen Kriminalromanen genau, wie die Ordnungshüter bei ihren Ermittlungen vorgingen.

    Aber das hier war keine Geschichte, sondern sein Leben.

    Er wickelte den Umschlag um einen auf dem Tisch liegenden Stein und fixierte diesen mit zwei starken Gummibändern. Dann stand er auf und steckte den Stein in einen Rucksack, den er sich über die Schulter hängte. An der Haustür zögerte er einen Moment. Dann öffnete er diese und trat hinaus in die Nacht.

    Schattengleich huschte er zu einem imposanten Gebäude und betrachtete den mit Säulen flankierten Eingangsbereich. Eine solche Zurschaustellung des Reichtums hatte er schon immer zutiefst verabscheut – nun würde der Mistkerl merken, dass ihn auch die dicksten Mauern nicht schützen konnten.

    Der Klabautermann warf einen kurzen Blick zu den Kameras, die den Eingangsbereich überwachten. Da diese bei seinem letzten Besuch vor einer Woche noch nicht dort gewesen waren, schien sein Gegner die Drohungen ernst zu nehmen. Nun würde der Architekt lernen müssen, dass kein Sicherheitssystem dieser Welt ihn schützen konnte.

    Seine Finger, die noch immer in blauen Latexhandschuhen steckten, umfassten den Stein im Rucksack und holten ihn heraus. Das Gewicht fühlte sich gut an.

    Er holte aus und warf den Stein mit voller Wucht in das Fenster neben der Tür. In das Klirren mischte sich der sirrende Signalton einer Alarmanlage. Die schmalen Lippen der Gestalt verzogen sich zu einem diabolischen Lächeln. Oltmann würde noch merken, dass es keinen Schutz gab. Nicht vor dem Klabautermann.

    Drohbrief

    Borkum, Juni

    »Das ist bereits der dritte Drohbrief.« Frank Oltmann knallte einen faustgroßen Stein auf den Schreibtisch des Hauptkom­missars Ragnar Hansen, der mit seinem jüngeren Kollegen Jan Jepsen im Büro der Borkumer Polizeistation saß.

    Auch an diesem Vormittag wirkte der Zweiundfünfzigjäh­rige in seinem blauen Anzug, zu dem er ein weißes Hemd und eine gestreifte Krawatte trug, eher wie ein Banker als ein Architekt.

    »Bei uns sagt man erst einmal Moin«, grummelte Hansen und schob seinen Zigarrenstumpen in den linken Mund­winkel.

    »Statt dumme Sprüche zu klopfen, solltest du Dirks endlich verhaften. Warum unternimmst du nichts gegen diesen Ver­brecher?« Oltmann drückte seine randlose Brille auf der Nase zurück.

    »Weil wir nichts gegen ihn in der Hand haben. In den Tatnächten hatte er ein Alibi, wie oft soll ich dir das denn noch sagen?« Hansen klemmte die Daumen hinter die gel­ben Hosenträger, die seine blaue Cordhose statt eines Gürtels an Ort und Stelle hielten.

    »Von seiner Frau?« Oltmann schüttelte demonstrativ den Kopf. »Die lügt doch wie gedruckt. Wie dämlich bist du eigentlich?«

    »Solche Bemerkungen sollten Sie sich besser verkneifen.« Jepsen sah auf. Im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten trug er eine tadellos sitzende Uniform. Mit den gegelten Haaren wirkte er wie ein Musterschüler an der Polizeiakademie.

    »Wer redet denn mit dir?«, fuhr ihn der Architekt an. »Du bist nicht einmal einer von uns.«

    »Jan mag nicht auf Borkum geboren sein, aber im Gegen­satz zu dir kümmert er sich zumindest um den Erhalt der Insel.« Hansen ließ die Hosenträger flippen.

    »Was willst du mir denn damit sagen?« Oltmann lehnte sich vor und stützte die Hände auf dem Schreibtisch des Hauptkommissars ab.

    »Das weißt du ganz genau. Mit deinen Plänen für die neue Hafenanlage ruinierst du nicht nur das Erscheinungsbild der Insel, sondern schädigst auch die Natur.«

    »Dafür werde ich Borkum mit meinem Bauwerk in eine moderne Zukunft führen. Fortschritt hat nun einmal seinen Preis.«

    »Den möchte ich aber nicht zahlen, denn mir gefällt die Gegenwart ganz gut.«

    Hansen klappte die Ermittlungsakte zu, in der er vor dem Eintreffen des Architekten geblättert hatte.

    »Als ermittelnder Beamter …«

    »… darf ich auf meine persönliche Meinung keine Rück­sicht nehmen, ist mir klar.« Der Hauptkommissar streckte Oltmann die Hand entgegen und seufzte vernehmlich. »Kann ich die Drohung sehen?«

    Der Architekt zog ein zerknittertes Papier aus seiner Jackentasche, strich es glatt und reichte ihm den Brief. Hansen las den Text, dessen Buchstaben aus verschiedenen Zeitungen ausgeschnitten und auf das Papier aufgeklebt worden waren, laut vor.

    KeiNE HAFenanLage – sonST Tod. KlabAUTerMaNn

    »Bisher hat mir Dirks noch nie mit dem Tod gedroht. Ihr müsst etwas unternehmen, bevor mir der Kerl mit einem weiteren Stein den Schädel einschlägt.« Der Architekt funkelte sein Gegenüber wütend an.

    »Warum bist du so sicher, dass er der mysteriöse Klabau­termann ist?« Der Hauptkommissar legte das Schreiben vor sich auf den Schreibtisch.

    Der Architekt verdrehte die Augen. »Weil er den Auftrag zur Erneuerung der Hafenanlage nur bekommt, wenn er mich vorher aus dem Weg räumt. Seine Entwürfe sind lächerlich und orientieren sich mehr am Wohl der Seehunde als an zahlungskräftigen Touristen.«

    »Das sehe ich keinesfalls so«, widersprach der Hauptkom­missar. »Sein Vorschlag fügt sich harmonisch in das Inselbild ein und ist zudem vollkommen klimaneutral.«

    »Unternimmst du deshalb nichts gegen diesen Öko-Terroristen?« Oltmann beugte sich so weit vor, bis sein Gesicht nur noch eine Handbreit von Hansens entfernt war.

    »Was soll das denn bedeuten?«, knurrte der Ordnungs­hüter, ohne auch nur einen Millimeter nach hinten zu rücken.

    »Dass ich nicht den Eindruck habe, als würdest du mich ernsthaft vor dem Klabautermann schützen wollen.«

    »Was soll ich deiner Meinung nach denn machen? Dirks ohne Beweise verhaften? Personenschutz für dich anfor­dern? Das SEK verständigen?«

    »Ich erwarte, dass du endlich deinen Job machst. Und zwar unvoreingenommen.«

    Einige Sekunden lang sahen sich die Männer in die Augen, als wollten sie einander niederstarren. Dann blickte der Architekt zu Boden, trat einen Schritt zurück und stampfte zur Tür. Wenige Augenblicke später war er verschwunden.

    »Was für ein Gröölbüdel.« Der Hauptkommissar griff nach seinem Kaffeebecher und trank einen Schluck der öligen Brühe, die außer ihm niemand durch den Hals bekam.

    »Wir sollten die Drohungen ernst nehmen.« Jepsen lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Nacken. »Schließlich wissen wir nicht, wozu dieser Klabautermann fähig ist.«

    »Das ist mir klar.« Hansen stellte den Becher, auf dem ein Heringsschwarm abgebildet war, zurück und deutete mit einem Kopfnicken auf den Zettel. »Wir schicken das Schreiben ans LKA. Vielleicht können die Experten Fingerabdrücke oder DNA-Spuren feststellen.«

    »Das hätten wir bei den anderen Warnungen auch schon machen sollen«, gab sein Partner zu bedenken.

    »Schlauschnacker«, kommentierte Hansen den Einwand und leerte den Becher mit einem weiteren Schluck, während er darüber nachdachte, dass sein Kollege durchaus recht hatte.

    Da auch er Dirks oder einen seiner Mitstreiter aus der Bewegung Inselmeuterei, die mit Demonstrationen und Flugblättern für mehr Umweltschutz auf der Insel kämpften, hinter dem geheimnisvollen Klabautermann vermutete, würde er ihm einen weiteren Besuch abstatten. Der Haupt­kommissar stand auf und griff nach seinem gelben Friesen­nerz, der an der Garderobe hing.

    »Wo willst du denn hin?« Jepsen runzelte die Stirn.

    »Ich werde mir Dirks noch mal vornehmen, schließlich liegt Oltmann mit seiner Behauptung, dass sein klimaneutra­ler Entwurf keine Chance hat, richtig.«

    »Noch ist die Ausschreibung nicht beendet.«

    »Offiziell nicht«, stimmte Hansen zu. »Dennoch ist es kein Geheimnis, dass die Entscheidungsträger ihren Entschluss längst gefasst haben.«

    »Ich komme mit.« Der junge Polizist erhob sich.

    »Nee, du bleibst schön hier. Jemand muss doch die Telefo­nate entgegennehmen und sich um den laufenden Kram kümmern.«

    »Was für einen laufenden Kram?« Jepsen hob die Brauen.

    »Altmodische Ermittlungsarbeit und was sonst noch so anfällt. Bis zu meiner Rückkehr könntest du auch einen neuen Kaffee aufsetzen. Die Plörre ist kalt.«

    Der Hauptkommissar drehte sich um und schlappte in seinen gelben Clogs, die er bei jedem Wetter trug, aus dem Büro – wobei er Jepsens Einwand, dass dieser keine Küchenhilfe sei, geflissentlich ignorierte.

    Bei den Figuren vor der Polizeistation, die drei badende Kinder darstellten, blieb er stehen und musterte die Touris­ten, die unbeschwert durch das Inselzentrum schlenderten und den sonnigen Tag genossen, einen Augenblick lang.

    Für die Gäste war Borkum mit seinen kilometerweiten Stränden der schönste Sandhaufen in der Nordsee. Er würde dafür sorgen, dass sich die Urlauber den Wind auf dieser Insel auch weiterhin in unberührter Natur um die Nase wehen lassen konnten.

    Hansen steckte die Hände in die Taschen seines Regen­mantels und marschierte zu Dirks’ Architekturbüro in der Deichstraße.

    »Moin Ragnar«, begrüßte ihn der Insulaner und strich sich eine Strähne seines schulterlangen Haares aus dem Gesicht. Mit seinem rötlichen Vollbart, der ihm bis auf die Brust reichte, wirkte er auf den ersten Blick wie die bildhafte Darstellung eines Klabautermanns.

    Zu seinem karierten Baumwollhemd trug er eine ausgebli­chene Jeans. Seine nackten Füße steckten in ausgetretenen Latschen.

    »Moin Ingo, wo warst du in der letzten Nacht?« Der Hauptkommissar baute sich vor dem Zeichenpult, hinter dem Dirks stand, auf. Sein Arbeitsplatz war der Mittelpunkt eines dreißig Quadratmeter großen Raums, der dem Begriff Chaos eine vollkommen neue Bedeutung gab. An den Wänden standen Regale, die bis zur Decke mit Ordnern, Büchern und gerollten Entwürfen gefüllt waren. Auf dem Boden lagen ausgebreitete Skizzen. In der rechten Zimmer­ecke befand sich ein unter Papieren begrabener Tisch, an dem zwei Stühle standen. Aus einem Radio dudelte ein Protestsong von Bob Dylan.

    »Ragnar, du fällst mal wieder gleich mit der Tür ins Haus. Warum willst du das überhaupt wissen?« Der Architekt kaute auf seinem Bleistift.

    »Der Klabautermann hat Oltmann eine weitere Scheibe eingeworfen und ihm in einem Schreiben mit dem Tod gedroht.«

    »Ich hätte ihm den Stein direkt an den Kopf geballert.«

    »Von einem Stein habe ich nichts gesagt«, hakte Hansen sofort nach und musterte sein Gegenüber aus zusammenge­kniffenen Augen.

    »Womit sollte der Klabautermann die Scheibe denn sonst einwerfen?« Dirks’ Zähne hinterließen Bissspuren in dem Schreibgerät.

    »Beispielsweise mit einer Eisenstange oder einem Gulli­deckel.« Der Hauptkommissar ließ den Architekten nicht aus den Augen. Als erfahrener Ermittler wusste er, dass sich Verdächtige oft nicht durch Worte, sondern durch körper­liche Reaktionen wie ein verräterisches Zucken der Mund­winkel verrieten.

    »Gullideckel, echt jetzt? Ich habe damit nichts zu tun, wie oft soll ich dir das noch sagen?«

    »Bis du mich von deiner Unschuld überzeugt hast. Ist das die Kiste mit dem Altpapier?« Hansen deutete auf einen in der Ecke stehenden Pappkarton, in dem sich alte Entwürfe, Fachmagazine und Zeitungen stapelten.

    »Yep. Brauchst du etwas zum Lesen?«

    Statt einer Antwort schlurrte der Polizist zur Kiste und wühlte darin herum.

    »Wonach suchst du?« Dirks trat neben ihn, den zerkauten Bleistift in der rechten

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