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DER ERZENGEL JOHANNES: Elend geht die Welt zu Grunde
DER ERZENGEL JOHANNES: Elend geht die Welt zu Grunde
DER ERZENGEL JOHANNES: Elend geht die Welt zu Grunde
eBook487 Seiten3 Stunden

DER ERZENGEL JOHANNES: Elend geht die Welt zu Grunde

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Über dieses E-Book

Heute Nacht feiern die gefallenen Engel als gäbe es kein Morgen. Mit ein wenig Glück trifft das auch zu. Nachdem der Teufel einen Exorzisten erschossen hat, wird es Zeit für eine Rückblende, in der Jesus jemanden ins Gesicht schlägt. Der Dämon Johannes, dem Gott eine Seele gab und seine Gefährtin Mara, die von Engeln gesteinigt wurde, ziehen zusammen mit Kevin und Cengiz, die zuvor über Mogwais mit Schwimmflügeln gestritten haben, in die letzte Schlacht der Menschheit. Andauernd stirbt irgendwer und der Teufel hat ein paar interessante Anmerkungen. Ich kann euch kein Happy End versprechen, aber das hängt am Ende von euch ab. Ruhet in Frieden, ihr Penner! #Babypitbullwelpen
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum14. Juni 2016
ISBN9783737565585
DER ERZENGEL JOHANNES: Elend geht die Welt zu Grunde
Autor

Nicole Sturm

Nicole Sturm (Jg. 1978) lebt mit ihrer Familie in Schleswig-Holstein. Nach dem Theologiestudium arbeitete sie lange Zeit als Redakteurin, bevor sie sich mit ihrer Praxis VORWÄRTSLEBEN selbstständig machte. Sie liebt es, Menschen durch Psychotherapie und Coaching in den Herausforderungen des Lebens zu unterstützen - live und auch online. Bücher und das Schreiben sind weitere Leidenschaften von ihr.

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    Buchvorschau

    DER ERZENGEL JOHANNES - Nicole Sturm

    Am Anfang war das Vorwort

    »Wer keinen Fick vertragen kann, soll auch keinen Fick geben!«

    - Evangelium nach Matthäus 7:1, Die Bibel

    N

    och bevor der Teufel sein Werk begann, weilte das Böse schon mitten unter uns. Es haust in den Seelen und nährt sich an Zorn und Missgunst. Es wächst mit und wegen uns. Entsagt dem Hass oder es wächst über uns hinaus. Der »Point of no Return« wird überschritten in 3, 2, 1 …

    _KAPITEL 1

    Inlandsflug

    _Autobahn // Gestern

    H

    ast du als Kind mal Autos gezählt? Wenn man jemanden überholt kriegt man einen Punkt und wenn man überholt wird verliert maneinen Punkt. Wir sind scheiße gut!

    Der Fahrer kann ihn weder hören noch sehen und wenn er ihn hören könnte, würde er ihn anschreien »seine Schnauze« zu halten. Er steht ein wenig unter Stress, da er seit zwei Minuten von der, technisch ebenbürtigen, Autobahnpolizei verfolgt wird. Im Handschuhfach liegt eine Schreckschusspistole und im vermüllten Kofferraum ein halbes Kilo Heroin, dass bei 210 km/h durch die mit Panzertape umwickelte Tüte geschüttelt wird.

    Können wir an der nächsten Tanke mal halten? Ich hätte gerne ein Eis.

    Der gefallene Engel auf dem Beifahrersitz kann nicht anders als über sich selbst zu lachen, dabei vollführt der Fahrer ein filmreifes Überholmanöver.

    Drück drauf, der Wagen muss um drei wieder bei Sixt sein.

    Das dreckige Grinsen mischt sich mit ehrlichen Vergnügen. Noch ist kein Mensch zu Schaden gekommen, nur ein paar Kratzer im Lack und ein abgefahrener Seitenspiegel sind zu beanstanden. Gewarnt von Sirene und Blaulicht fahren die meisten, der anderen Wagen, auf dem Standstreifen und lassen Verfolger und Verfolgten passieren.

    Ich schnalle mich mal besser an.

    Scheiß Bullen!

    Ja ich weiß, scheiß Bullen. Du hast jetzt genug Menschen den Schock ihres Lebens verpasst. Bist du bereit?

    Der gefallene Engel faltet seine Finger ineinander, dreht die Handflächen nach vorne und streckt die Arme kurz durch. Der Fahrer hört das Knacken nicht.

    Dann los. Bei Druckverlust in der Kabine fallen automatisch Sauerstoffmasken von der Decke.

    Mit einem ohrenbetäubenden Knall platzt der vordere linke Reifen. Der Wagen kommt ins Schleudern, prallt gegen die Leitplanke und überschlägt sich graziös und befreit. Während es gegen die Schädelwand gepresst wird, gibt das Hirn des Fahrers, aus Panik, alles frei was irgendwie helfen könnte. Der Beifahrer amüsiert sich köstlich. Nach zwei Drehungen um die eigene Achse, landet der Wagen auf seinen Reifen, dreht sich auf der brechenden Achse und rast, als Geisterfahrer, auf die rechte Spur zu.

    Nice!

    Der Polizeiwagen kann gerade noch ausweichen, doch der eben erst überholte LKW reißt die linke Seite des Wagens gnadenlos ab. Der Fahrer ist sofort tot und für eine Identifikation per Gesicht nicht mehr zu gebrauchen. Der LKW-Fahrer kämpft mit dem Lenkrad, aber die Physik reißt den, mit roten Friedhofskerzen beladenen, Anhänger erbarmungslos zu Boden. Die andere, fast unbeschädigte, Seite des Wagens kommt währenddessen funkensprühend zum Stillstand. Luzifer öffnet seinen Gurt und reicht nach dem Türgriff.

    Ach, was mach ich.

    Über sich selbst lachend steigt er über die Handbremse aus dem Auto.

    Nächstes Mal fährst du lieber mit der Bahn!

    Zufrieden beobachtet er den ersten Polizisten, der versucht den Verkehr hinter ihnen zu sichern, der zweite geht, mit gezogener Waffe, im Laufschritt auf das geteilte Auto zu. Ein angewiderter Blick reicht und er steckt die Waffe wieder ein. Luzifer spricht in seine Gedanken.

    Der ist Matsch, der Bastard.

    _KAPITEL 2

    Die letzte Lektion

    _Näher als dir lieb ist // Heute Nacht

    V

    inzenz blasse Finger umfassen zitternd den Türgriff, der matt-schwarzen Limousine. Eine Routine, die der schmächtige Priester, genannt Bruder Rocco, nicht verlernt hat, auch wenn man ihm heutzutage selbst die Wagentüre aufhält. Niemals gab es Zögern oder gar Zweifel, aber in dieser Nacht würde er lieber in Flammen aufgehen, als Monsignore wieder aus dem Wagen zu helfen. In der schwarz getönten Scheibe verhöhnt ihn sein schwitzendes Spiegelbild. Vinzenz, der Eliteschüler, Ausnahmetheologe, der jüngste Exorzist in der Geschichte der römisch-katholischen Kirche, ein ängstliches Häufchen Elend. Unterlegenheit war ihm bis heute fremd, er hat zwar ein erstaunliches Ego, aber kein dazu passendes Selbstvertrauen. Dieses fehlt ihm nun.

    Noch vor siebzehn Stunden stand er, verwundert über das Wiedersehen mit seinem alten Lehrmeister Nepomuk, in den Privatgemächern des Papstes, nun ist er einer der wenigen Menschen, die wissen wo es passieren wird. Drei dieser Privilegierten umgibt eine Energie, die man im Volksmund einen Heiligenschein nennt. Sie, und vier weitere Seelenträger sind jedoch nur Gäste, sowohl in dieser Prophezeiung, als auch im schäbigen Betonblock, vor dem Vinzenz geparkt hat. Die anderen Eingeweihten, abgesehen von ihm und dem Insassen der Limousine, befinden sich ausnahmslos im Vatikan. Vinzenz hält noch immer den kalten Türgriff in seiner ruhelosen Hand. Seine Instinkte und sein Verstand sind sich einig, er will kein Märtyrer werden. Wenn die Verhandlungen scheitern ist er ein toter Mann und selbst wenn sie erfolgreich sind, gibt es keine Garantie darauf die Nacht zu überleben. Im Wageninneren lässt ein faltiger Finger das verdunkelte Glas herunter fahren. Eine Schockwelle zieht durch Vinzenz Körper, als er das Brummen des kleinen Motors, in der hinteren Türe, vernimmt. Das schwarze Priestergewand sträubt sich von seinem Körper, seine Lider trauen sich nicht zu blinzeln. Die Scheibe verschwindet in der massiven Autotür und gibt Nepomuks eingefallenes Gesicht preis. Seine Augen sind eisblau. Die Falten auf seiner Stirn zeugen von Strenge und Sorgen.

    Bruder Rocco.

    Ja, Monsignore.

    Öffnest du einem alten Mann die Türe?

    Ja, Monsignore.

    Die Scheibe fährt hoch und Vinzenz wirft ein weiteres Mal einen überforderten Blick auf sich selbst. Er zieht am Türgriff und die kalte Nachtluft strömt erneut in den Wagen. Ein maßgefertigtes Paar Schuhe, das über mehr Leichen gestiegen ist als so mancher Soldatenstiefel, tritt zum letzten Mal auf den schwarzen Asphalt. Ein weißer Gehstock und ein Whiskyglas, voller schmelzenden Eis, bleiben alleine im Wagen zurück.

    Auf den Schultern des alten Mannes lasten fast tausend Dämonen, dazu dutzende Menschen, Kinder, Alte und Schwache, die den kraftraubenden Exorzismus nicht überlebt haben. Heute werden sie ihn dafür lynchen, davon ist er überzeugt, Flucht ist keine Option. Vor dem nächsten Glockenschlag ist er bei Gott. Ein Haus voller gefallener Engel ist für Nepomuk normalerweise kein Grund zur Panik, aber heute kann er sie nicht vertreiben. Man kann Dämonen aus einem Besessenen vertreiben, aber die oberste Riege der Gottlosen nimmt, in der Welt der Seelenträger, ihre eigene Gestalt an. Sie fürchten sich nicht vor Kreuzen, Gebeten und Weihwasser. Wenn Gott sie nicht verstoßen hätte, könnten sie im Himmel und auf Erden ein und ausgehen, kein Mensch, auch kein Diener Gottes, kann ihnen gebieten. Nur die Engel und Gott selbst können sie in die ewige Hölle verbannen, doch der Herr besteht wohl auf ein bizarres Gleichgewicht. Mit Terroristen und Dämonen verhandelt man nicht, ihnen bleibt aber nichts anderes mehr übrig. Der Atem beider Männer schlägt Pfade in die Luft.

    Ist dir schlecht?

    Ja, Monsignore.

    Musst du dich übergeben?

    Nein, Monsignore.

    Vinzenz?

    Es ist das erste Mal, dass der alte Exorzist ihn nicht mit seinem Ordensnamen anspricht.

    Ja, Monsignore?

    Sag ruhig Nepomuk. Die Zeit der Förmlichkeiten ist vorbei.

    Nepomuk zieht eine Schachtel Marlboro aus seinem Gewand, die Packung ist eingedrückt und nur ein Rest von Kleber zeugt von der Steuerbanderole. Er zieht apathisch die letzte Zigarette aus der Schachtel. Vinzenz zieht reflexartig ein altes Streichholzbriefchen aus seinem Gewand. Er trägt es noch als Glücksbringer mit sich, seitdem er selbst den Exorzismus lehrt. Er öffnet es, bricht ein Streichholz ab und zieht den Kopf über den roten Phosphor. Die aufspringende Flamme erhellt die Gesichter der Gottesmänner. Obwohl es vollkommen Windstill ist, hält Vinzenz schützend eine Hand vor das brennende Streichholz. Der alte Mann nimmt einen kurzen, dann einen tiefen Zug. Die Zigarette löst sich von seinen Lippen.

    Schwefel ist der Moschus der Hölle.

    Nepomuk bläst den Qualm in die Dunkelheit. Er schnippt die Asche von der Zigarette, die er nun vier Monate verschont hatte. Hinter den beiden fällt eine Sternschnuppe ins leere, verglühendes Gestein rast der Erde hingegen. Für Wünsche ist es zu spät. Vinzenz verliert den Überblick über seine Gedanken. Die geheimen Schriften, über den Nicht Geflügelten an Jesus Seite, kennt er in und auswendig. Johannes und seiner Gefährtin werden Sieg und Fall prophezeit, doch die Bildsprache ist wage und verschwommen. Nur der Vers »Der Satan wird durch das Blut des Priesters schreiten«, ist deutlich genug, um Vinzenz in einen konstanten Zustand der schleichenden Panik zu versetzen. Nepomuks Stimme schleicht.

    Wie hieß dein Mädchen?

    Monsignore?

    Dein Mädchen? Du hattest doch sicher mal eine Freundin bevor du das Zölibat geschworen hast.

    Vinzenz sammelt sich, sein goldenes Kruzifix bebt, im Takt seines rasenden Herzens.

    Lisa, Monsignore.

    Nepomuks Gesicht formt sein letztes Lächeln und seine Lippen wiederholen Vinzenz Antwort.

    Lisa.

    Nepomuk zieht erneut an seiner Zigarette.

    War sie hübsch?

    Nepomuks Frage entlässt Vinzenz für ein paar Sekunden aus seinem Schicksal.

    Sie war wie ein Engel, Monsignore.

    Der Rauch strömt stockend aus Nepomuks Nasenlöchern.

    Vinzenz, du wirst die Verhandlungen leiten?

    Vinzenz Blick entgleist.

    Ich, Monsignore? Aber, aber ich …

    Dieses Haus ist voll von Bestien, die sich nach meinem qualvollen Tod sehnen. Und ich kann es ihnen nicht einmal verübeln. Ich würde es genauso machen. An mir werden sie Rache üben, aber ohne mich wird er dich gar nicht erst anhören. Das ist der Deal. Johannes ist unberechenbar. Mach nicht den Fehler ihn wie einen Apostel zu behandeln, er ist nur ein Dämon.

    Vinzenz sieht besorgt zu seinem alten Lehrmeister, der ein letztes Mal an der leicht geknickten Zigarette zieht.

    Nepomuk?

    Ja?

    Ich fürchte mich vor dem Antichristen.

    Nepomuk lässt die halbe Zigarette neben seinen Fuß fallen.

    Es steht geschrieben: Fürchtet euch nicht.

    Es steht viel geschrieben.

    Nepomuk wendet seinen Blick, seine Furcht vor dem Tod und seine Zweifel, zu Vinzenz. Vor seinem geistigen Auge, sieht der alte Mann den ersten Dämon, den damals sein Lehrmeister aus einem Menschen vertrieben hatte. Es war ein junges Mädchen, das entkräftet nach dem Exorzismus starb. Fast wäre es Nepomuks erster und letzter Versuch geworden. Die Worte seines alten Lehrers springen auf seine Lippen. Er muss nur den Namen austauschen.

    Es ist nicht der Moment für Zweifel, Vinzenz.

    Vinzenz Augen ruhen auf dem schäbigen Betonpalast vor ihnen.

    Ich zweifle nicht Monsignore.

    Das Streichholzbriefchen gleitet langsam aus seinen Fingern. Es prallt auf den Asphalt und springt auf einer Ecke wieder nach oben.

    Ich habe noch nie gezweifelt.

    _KAPITEL 3

    Hochmut, Bitch

    _Hausflur, Erdgeschoss

    I

    ch fick euch beide. Ich fick euch, bis euch die Wichse zu den Ohren rauskommt. Ja! Ich fick euch in zwei, dann seid ihr Vierlinge.

    Pablo grinst über beide Ohren. Die zwei Japanerinnen in seinen Armen kichern, sie sind durchaus mit seinem Vorschlag einverstanden. Sechs Beine schreiten im Gleichschritt voran. Vier, von ihnen, werden bedeckt durch pinke Nylonstrümpfe, zwei durch weite schwarze Jeans. Pablos Augen schreiben neongrüne Runen, an die weißen kalten Wände des Flures. Diese Zeichen bestehen aus gestochen scharfen Strichen, dessen Licht nur für Wesen sichtbar sind, die nicht von Menschenhand getötet werden können. Pablo ist ein Mensch, aber er wurde eingeweiht, alles läuft nach Plan. Sein Grinsen trifft den stumpfgetretenen Steinboden. Vor der Türe drückt jemand auf jede der konsequent nicht beschrifteten Klingelknöpfe.

    Wisst ihr das Leben, also das Leben, das ist wie…

    Lautes Klopfen unterbricht sowohl das Vorspiel, als auch den wahrscheinlich klügsten Satz der nie vollendet wurde.

    Sind wir hier im Mittelalter? Klingelt, so wird euch aufgetan. Kannst du mal kurz… Ich hab grad' beide Hände voll.

    Pablo greift voller Vergnügen nach der linken und rechten Pobacke seiner Begleiterinnen. Die Dame zu seiner rechten öffnet die Türe. Zwei Männer in schwarzen Kutten stehen davor. Die Blicke des einen huschen zwischen Pablo und den spärlich bekleideten Frauen hin und her. Der Blick des anderen ruht still auf dem Antlitz der wachsenden Schadenfreude.

    Seid ihr wegen des Weltuntergangs hier?

    Pablos Ausdruck ist durchtränkt von Hochmut. In Hochmut will er untergehen und in Wollust will er ertrinken. Der Herr wird ihm diesem Gefallen tun. Er hat es sich verdient. Vinzenz Kopf dreht sich zu Nepomuk, doch der alte Mann bleibt starr.

    Wir suchen Johannes, welchen Nachnamen er sich momentan gibt, ist uns nicht bekannt.

    Pablo senkt seinen Kopf, dabei verharrt sein Focus starr in Nepomuks Augen. Das Tier im Menschen zerrt an seiner Stimme.

    Stockwerk Neun! Wer suchet, der findet.

    Die Runen verbleichen mit einem Luftzug auf den Wänden. Der Raum wird dunkler, jedoch nur für Nicht-Menschen.

    Wir haben 'nen weiten Weg bis oben, sie können ja mit dem Aufzug fahren, wenn sie es drauf anlegen wollen. Ich geh Knattern, ihr Lappen. Sayonara!

    Pablo schiebt seine Begleiterinnen, die breite Treppe hinauf. Die Asiatinnen tippeln schnellen Schrittes voran.

    Wer als erste oben ist, darf als erste oben liegen!

    _KAPITEL 4

    Fahrstuhlmusik

    D

    ie zerkratzten Türen schließen sich unbeeindruckt hinter den Priestern. Der Fahrstuhl tut seine Pflicht. Als die Kabine beginnt sich den Schacht hoch zu quälen, schießt Vinzenz Adrenalinspiegel an die Decke des Aufzugs. Verhandlungen mit Dämonen sind kein Bestandteil der Ausbildung.

    _1.Stock

    Seine Hände zittern, als hätte man ihm eine Schlinge aus Stacheldraht um die Kehle gelegt.

    _2.Stock

    Ihm wird kalt, eine Gänsehaut krabbelt seine Waden hoch. Er unterdrückt den Schüttelfrost.

    _3.Stock

    Er sieht in den dreckigen Aschenbecher der 30 Jahre alten Apparatur.

    _4.Stock

    Die zwei Neonröhren an der Decke des Fahrstuhls flackern zweimal.

    _5.Stock

    Nepomuk steht, auch ohne seinen Gehstock, fest wie ein Fels, im fahrenden Raum.

    _6.Stock

    Die Kabine hüllt sich in Dunkelheit. Der Reihe nach sterben die Lampen in den Knöpfen, die zu sechs unbewohnten Etagen führen. Die urzeitliche Etagenanzeige folgt ihrem Beispiel.

    _7.Stock

    In der Dunkelheit fängt der Motor des Fahrstuhls an, Laute aus den Bronchien zu ringen.

    _8.Stock

    Die Zeit bleibt für den faltigen Mann stehen. Zigarettenrauch quillt aus seiner Nase.

    Ich dachte du holst mich als sie mich in die Röhre geschoben haben, dann dachte ich mich du holst mich, als sie mir die erste Infusion gelegt haben. Warum lebe ich überhaupt noch? … Ich bin zu alt für diese Scheiße! … Mir ist egal ob ich lebend aus dieser Box steige, ich bin hier, wie ihr verlangt habt.

    _9.Stock

    Die verkratzen Türen Fahrstuhltüren öffnen sich vor den befreiten Priestern. Dumpfe Basswellen dringen in die Kabine.

    _KAPITEL 5

    Adam, der Letzte

    _Etage 9, Flur

    G

    rüner Absinth zieht Schlieren durch Adams Glas. Seine Augenlider sind kurz davor endlich aufzugeben. Er ist am Ende und die Wand ist seine letzte Gefährtin. An ihr ziehen Runen durch den Flur, doch sie leuchten nur schwach zum Takt der klarer werdenden Musik. Seine Beine versagen, er sackt an der kahlen Gefährtin zusammen. Adams Sicht wird trübe, das Licht flimmert auf seiner Netzhaut, seine Lippen werden taub. Gleich ist es soweit. Als er den Fußboden erreicht, treten die Katholiken durch die schwere Metalltüre, ihr Quietschen ist Adams letzter Vorhang. Vinzenz schließt ihn langsam hinter Nepomuk. Adams unscharfer Blick fixiert den rissigen Boden vor ihm. Schleifend streckt er ein Bein nach dem anderen aus. Der Gang des alten Exorzisten ist langsam, aber er lässt sich von der leichenblassen Schnapsleiche nicht ausbremsen. Vinzenz und Nepomuk steigen nichtssagend über ihn. Stotternd dreht Adam seinen Kopf zu ihnen, seine Worte sind klar.

    Is' offen.

    Man kann den schweren Takt in den schwarzen Kutten hören, in Adams Ohren klingt es als würde man einen Teppich ausklopfen. Seine Stimme wird schwächer.

    Er wird euch töten.

    Nepomuks Gang bleibt unverändert, Vinzenz Blick trifft eine endlose Sekunde auf Adams Zustand. Der alte Lehrmeister gibt eine Anweisung.

    Lass ihn. Er hat sein Schicksal gewählt.

    Nepomuks Blick weicht keinen Grad von der weißen Türe am anderen Ende des Flures ab. Adams Stimme flimmert.

    Ihr wählt euer Schicksal.

    Vinzenz Blick schnallt zurück. Nepomuks Stimme ermahnt ihn.

    Er hat es verdient.

    Mit seiner letzten Kraft leert er seine Lungen.

    Einen Scheiß hab ich verdient. Einen Scheiß hab ich verdient, du dreckiger Kinderficker!

    Vinzenz Finger drücken gegen die, im Takt vibrierende, Wohnungstüre. Adams Finger entlassen sein Glas in die Freiheit.

    Klack.

    _KAPITEL 6

    Edel geht die Welt zu Grunde

    _Wohnküche

    G

    länzende Pappbuchstaben hängen über dem Türrahmen, sie erinnern an die Happy Birthday-Schriftzüge von Kindergeburtstagen. »Weltuntergang!« Im verqualmten Raum, der offen in das schmucklose Wohnzimmer übergeht, befindet das »Who is Who« der verstoßenen Unterwelt. Es riecht nach erlesenem Cannabis und Schießpulver. Auf der Gästeliste stehen, unter anderem, Baphomet der Götze der Tempelritter, der blinde Erzengel Sammael besser bekannt als Gevatter Tod, Mammon und Melchom, welche die Gier der Menschheit gegen sie richteten, Jahi die Mutter der Hurerei, Abaddon der den Schlüssel zur Hölle mit sich trägt, Nybbas der durch seinen Willen vom Menschen zum Dämon wurde, sowie sein Gegenstück Behemot, den die Menschen, als Rache der Natur, fürchten. Die Menschen die mit ihnen ausgelassen und fröhlich feiern, sind Berufene und Auserwählte. An einem runden Holztisch, der, wie fast alles im Raum, eher auf den Sperrmüll gehört, sitzen zwei Dämonen, zwei Menschen und der Gastgeber Johannes. Ihr Lachen ist ehrlich und kräftig. Auf der mehr oder weniger festliche Tafel thront eine antike Absinthfontaine aus Kristallglas mit verzierten Silberfüßen und Feenemblem. Eine schwachblaue Flamme lodert auf dem Kopf des geschichtsträchtigen Stück Handwerkskunst. Siedender Zucker tropft langsam in die hellgrüne Brühe und schlägt Wellen, die am edel verzierten Kristallglas brechen. Ein silberner Hahn, in Form eines Totenkopfes, ist das Schmuckstück der Apparatur. Daumen, Mittel- und Zeigefinger drehen den Hahn auf, die hellgrüne, fast milchige, Flüssigkeit, läuft, durch die Augen des silbernen Totenschädels, in ein schmuckloses ausgespültes Senfglas, dem drei Colagläser und eine Tasse mit Zwiebelmuster folgen. Die Finger drehen den Hahn zu und die Tränen versiegen. Menschen und gefallene Engel tanzen, trinken und lachen, bis die Exorzisten den Raum betreten.

    Die Luft versteinert und bricht an den Schritten der Kuttenträger. Die Nadel des Plattenspielers erhebt sich von dem alten Stück Schellack als wolle sie einen Blick, über die Köpfe der Gäste, auf die Lebensmüden werfen. Allein ein Augenpaar ist nicht auf Nepomuk und Vinzenz gerichtet. Der Gastgeber erhebt sich nur gemächlich von seinem wackelnden Stuhl

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