Amor ist auf den Hund gekommen
Von Christa Mollay
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Buchvorschau
Amor ist auf den Hund gekommen - Christa Mollay
Auftakt zum Inferno
Beide nahmen an der Bibelrunde teil und auch bei vielen karitativen, gemeinsamen Bastelarbeiten war man einander näher gekommen.
Die Frauen hatten sofort einen guten Draht zueinander verspürt und waren sich immer darüber einig, wer von den anderen Basteltanten zu wenig machte, wer, was auch immer, nicht richtig tat und wer überhaupt hier in der frommen Runde deplatziert war.
Es wäre schön gewesen, hätten im Bibelkreis alle Mitglieder über intellektuelles Niveau verfügt.
Aber da war unter anderen auch eine Supermarktkassiererin oder eine Fabrikarbeiterin.
Entsetzlich! Wie sollte da ein hochgeistiges Gespräch möglich sein?
Margarethe war fasziniert von dem Gedanken aus Walter und Berta ein Paar zu machen.
Sie hätte eine Traumschwiegertochter, was wollte man, oder besser gesagt, sie, mehr.
Mama Klein überredete Walter sie zum demnächst stattfindenden Pfarrheurigen zu begleiten.
Den Erlös sollte einer alleinstehenden Mutter zugute kommen.
Berta und Margarethe hatten sich darüber mokiert, nicht laut, nur untereinander.
Die hätte sich eben einen anständigen Mann aussuchen müssen!
Aber man war ja kein Unmensch.
Margarethe hatte gebacken und Brote geschmiert und er sollte sie hinfahren, da sie ja nicht alles alleine tragen konnte.
Margarethe hatte Glück.
Zunächst zeigte sich Walter bockig.
Eigentlich wollte er sich mit einer Kollegin verabreden, aber die hatte ihm einen Korb verpasst. „Schöne Männer hat man nie alleine", hatte sie gemeint und noch etwas von kollegialer Freundschaft gefaselt, über die sie nicht hinausgehen wolle.
Eine Wohnung, die er wieder einmal im Visier hatte, schnappte ihm ein anderer vor der Nase weg.
Der Tag war also sowieso schon beschissen.
Wer konnte ahnen, dass es noch schlechter kommen sollte.
Der Pfarrer begrüßte den so vorbildlichen Sohn herzlich und von der Seite pirschte sich im grauen Flanellkostüm, mit weißer, gestärkter Bluse, das brünette Haar zu einer strengen Frisur mit Taft gebändigt, seine Zukünftige heran.
Mit ihren bald dreißig Jahren breitete sich schon eine leichte Torschlusspanik aus.
„Walter!, rief Mama Klein euphorisch aus, „das ist Berta, von der ich dir schon so viel erzählt habe!
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen", sagte der ahnungslose Walter.
Eine höfliche Floskel.
Walter hatte keine Ahnung, wer die Gute war.
Anscheinend hatte er bei den Erzählungen über Berta wie so oft abgeschaltet und nur wie üblich mit: „aha, oh, sehr interessant", geantwortet.
Beide Frauen lächelten ihn erwartungsvoll an.
Die von Margarethe Auserwählte zeigte dabei ihre beeindruckend großen Vorderzähne.
Walter fiel bei diesem Anblick das Pferd ein, das er als Bub im Urlaub immer so gerne gefüttert hatte.
Die Stute hieß auch Berta.
Wohlerzogen versuchte er eine Konversation zu beginnen.
Im Unterricht hatten sie erst kurz zuvor Vornamen besprochen.
Daher konnte er mit seinem Wissen zu Berta gewandt, bemerken: „Sie haben einen interessanten Vornamen.
Berta kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet die Glänzende."
Ein zartes Rot färbte die Wangen der Glänzenden und dann wieherte sie.
Ihr Lachen erinnerte an ein Wiehern.
Walter hoffte, dass sein Zusammenzucken unbemerkt geblieben war.
Berta und Margarethe gingen, Arm in Arm, auf ihren Stand zu, und forderten Walter auf, mitzukommen.
Der hatte aber wenig Lust sich zu Mama und dem weiblichen Fury zu gesellen und gab vor, sich auch noch anderswo umsehen zu wollen. Um den Nachmittag etwas entspannter zu erleben, steuerte er den Tisch mit den Weinen, den Spirituosen und dem Salzgebäck an.
Walter verrichtete großzügig seinen Obolus, immerhin kamen auch alle Einnahmen einer bedürftigen Familie zugute.
„Ein Vierterl Roten", bestellte Walter.
Der Mundschenk, mit verdächtig roter Nase, grinste ihn hoffnungsvoll an.
Walter verstand.
„Darf ich Ihnen auch ein Gläschen spendieren?"; fragte ihn Walter.
Er durfte.
„Exi Pexi, wie wir Lateiner sagen!", prostete der Mundschenk Walter zu und mit einem großen Schluck verschwand die rote Flüssigkeit.
Walter trank auch aus.
„Auf einem Bein kann man schlecht stehen, trinken wir noch eines?", meinte Walter.
„In vino veritas!", pflichtete ihm der Lateiner bei.
„Exi Pexi?"
„Exi Pexi!"
Zu den beiden Männern gesellte sich eine junge, hübsche Dame.
Walter war gleich besser aufgelegt und in Geberlaune.
Er lud erneut den Sprachbegabten und auch die nette Lady ein.
Die Hübsche mochte keinen Wein und wollte lieber den selbst gebrannten Obstler des Herrn Pfarrer kosten.
Der hatte es in sich.
Und weil man da auch schwer auf einem Bein stehen konnte, goss man auch da sicherheitshalber einen nach.
Der Mundschenk hatte eine Seelenverwandtschaft zu Walter erkannt und wollte sich nicht lumpen lassen.
Er tauschte die Schnapsgläser gegen Achtelgläser aus und schon hieß es: Prost! So jung und so schön kommen wir nicht mehr zusammen!"
„Exi Pexi?"
Exi Pexi!", tönte auch die weibliche Mittrinkerin.
Die beiden hatten anscheinend denselben Lateinprofessor gehabt.
Eine streng blickende Frau kam hurtigen Schrittes auf den Stand zu und zischte dem rotnäsigen Seelenverwandten ein böses: „Hör auf zu saufen, du widerliche Schnapsdrossel!" zu.
Der antwortete mit bereits etwas schwerer Zunge: „Das waren Spenden!"
„Spenden!"
Die Frau ging wütend zu Margarethes Stand.
„Du alter Alligator!", rief ihr Mann, sicherheitshalber leise, seiner Angetrauten nach.
„Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern, trällerte Exi Pexi, nach dem seine Gattin aus seinem Blickfeld verschwunden war, und wechselte dann zu dem tiefsinnigen Trinklied:
Einer geht noch, einer geht noch rein!", während er die Gläser wieder füllte.
Bald war aber der frohe Umtrunk zu Ende.
Margarethe, im Gefolge Berta und Alligator, entfernte Walter aus seinem neuen Freundeskreis.
Walter hörte noch wie der Mann der Riesenechse rief: „Früher hat man mit dem Drachen gekämpft und die Jungfrau geheiratet, heute gibt es keine Jungfrauen mehr und man muss gleich den Drachen heiraten."
Mit diesem Statement war sein Sozialdienst beim Pfarrfest Geschichte.
Berta blickte säuerlich zu Walter.
Hatte ihr Margarethe verschwiegen, dass ihr Sohn dem Teufel Alkohol zugetan war?
Margarethe schimpfte: „Der Leitner will immer saufen und dann zwingt er die Leute regelrecht dazu und lässt sich auch noch alles bezahlen.
Du hättest gehen müssen, Walter!
Wie kommst du dazu?
Du bist Professor, Akademiker!
Der ist Lagerist!
Ich sag ja immer, eine Gruppe sollte homogen sein. Jetzt siehst du, was da rauskommt!", meinte sie noch zu Berta gewandt.
Berta nickte zustimmend.
Also war der arme, prinzipiell unschuldige Walter genötigt worden.
Sozusagen eine alkoholische Vergewaltigung.
„Ich möchte jetzt auch gehen, Walter, es strengt mich doch zu sehr an! Bring mich bitte nach Hause!
Ich habe die liebe Berta für morgen zum Essen eingeladen, freust du dich Walter?"
Die nicht unerheblichen Promille hatten in Walter eine gewisse Heiterkeit ausgelöst.
„Selbstverständlich freue ich mich sehr, Sie morgen zu sehen, verehrte gnädige Frau", grinste Walter und es gelang ihm sogar ein formvollendeter Handkuss.
„Anscheinend ist der Feschak doch nicht so verkehrt", dachte Berta
„Er braucht halt eine feste Hand".
Berta zog freudig die Oberlippe hoch. Die beiden riesigen Vorderzähne leuchteten ihm entgegen.
Damals erinnerte sie Walter an Roger Rabbit. Und später an das Wort ‚Raffzahn’.
Berta war die Mutter des Begriffes Raffzahn, davon war er zu hundert Prozent überzeugt.
Zu Margarethe gewandt fragte er: „Was gibt es denn Gutes, liebe Mama? Pferdeleberkäse oder falscher Hase?"
„Wie kommst du denn auf so einen Blödsinn, natürlich gibt es morgen etwas Besonderes!", entrüstete sich Margarethe.
Walter wankte mit Mama nach Hause.
Das Auto musste er stehen lassen.
Vor der Haustüre stand Alex.
Sein bester Freund seit der Volksschule und der, den er seinerzeit wegen der Bacardiflaschen nicht verpfiffen hatte.
Alex hatte ihm dafür lebenslange Treue geschworen.
Mama Klein sah diese Freundschaft nicht gerne.
Alex studierte noch immer.
Er wollte Gynäkologe werden.
Margarethe war er, wenn auch nicht nur deswegen, mehr als suspekt.
„Walter, alte Hütte, ich habe dich nicht am Handy erreicht! Gehst du mit um die Ecke auf ein Getränk?", forderte Alex seinen Freund auf.
Cafe Uschi, das Stammbeisl der beiden, war Margarethe ein Dorn im Auge.
Eine Spelunke, unterstes Niveau!
„Walter hat keine Zeit! Wir bekommen morgen Besuch!
Es ist auch schon spät!", erklärte Margarethe unterkühlt.
Alex blickte mit gerunzelter Stirn auf die Uhr.
„Es ist 20:30, liebe Frau Professor, ich denke ein Tässchen Tee zur Guten Nacht, sollte noch erlaubt sein", flötete Alex so charmant wie nur möglich.
Alle Proteste nutzen nichts.
Alex schleppte ihren labilen Sohn mit.
„Der braucht endlich eine anständige Frau! Eine, die ihm die Zügel straff zieht. Ich bin zu schwach dafür, mein Herz!", dachte Margarethe, während sie den beiden griesgrämig nachblickte.
Und sie blieb wieder mit der ganzen Arbeit alleine!
Alex hatte zwei fesche Girls aufgerissen. So wie es aussah, waren beide auch sehr unkompliziert.
Aber zwei von so einer Sorte waren selbst für den Womanizer Alex zu viel.
Wie gut, dass Walter für solche Einsätze des Öfteren griffbereit war.
Im Cafe Uschi standen die zwei Frauen eng umschlungen an der Theke und sangen.
Alex rief: „Da bin ich wieder und schaut, wen ich mitgebracht habe!
Das ist Herr Professor Doktor Walt Little!"
Die zwei prusteten los.
„Und ich bin Kleopatra und das ist Delilah!", stellten sie sich vor.
Anscheinend glaubten sie nicht einen angehenden und einen fertigen Akademiker aufge-gabelt zu haben.
„Uschi-Muschi, schenk uns vier Hirnpreller ein", bat Alex die Wirtin.
Ein Hirnpreller war ein Teufelsgesöff aus Wodka, Gin und Tequila.
Nach dem dritten Hirnpreller fragte Walter eine der Schönen, was sie heute denn noch so vorhatten.
Falls sie das planten, was auch in seinem Sinne war, sollte zumindest er, mit der Sauferei aufhören.
Seine Potenz litt ab zwei Promille.
Er hatte da schon einige ungute Erfahrungen damit gemacht.
Aber die Eine war echt