PENNYFLAX: und der Hexenmeister vom Feuerberg
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Über dieses E-Book
Natürlich gibt es da noch Shirah, das Koboldmädchen, von der Pennyflax insgeheim schwärmt, sie aber nur wegen ihrer Heilkünste aufsucht, damit sie nicht auf den Gedanken kommt, er würde sie mögen. Denn Küssen findet er eklig.
Alles in bester Ordnung demnach.
Bis Pennyflax eines Tages im Druntertal das Luftschiff von Lunosilubra, dem Mondmann entdeckt. Der blasse Fremdling mit den Telleraugen kann nicht mehr zum Mond heimkehren, weil sein Antriebskristall von einer Bande Goblins gestohlen wurde. Da Pennyflax weiß, dass die Schurken im Dienste von Sulferion dem Hexenmeister stehen, erklärt er sich bereit, die Verfolgung aufzunehmen und den Kristall zurückzuholen.
Gemeinsam mit seinem Drachling Fauch und Shirah dem Koboldmädchen bricht Pennyflax in die Brennenden Lande auf und lernt auf seiner Reise durch Eraluvia nicht nur die fremdartigsten Wesen kennen, sondern erlebt das größte Abenteuer, das je ein Kobold erlebt hat: Er schleicht sich in den Feuerberg ein und begegnet Sulferion dem Hexenmeister.
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Buchvorschau
PENNYFLAX - Andreas Bulgaropulos
Eine Kobold-Abenteuergeschichte für Jung und Alt
Pustekuchen
Pennyflax war ein Kobold und liebte Kuchen, vor allem Pustekuchen. Deshalb hüpfte er schon vor Sonnenaufgang aus dem Bett, schärfte seine Zähne, so wie jeder gute Kobold dies morgens und abends tat, und stopfte seine Wuselhaare unter den Schlapphut, den er nur zum Schlafen absetzte. Dann hängte er sich seine Zwille an den Gürtel, zog seine löchrige Jacke an und war bereit, sich auf den Weg ins Druntertal zu machen, wo die Flausenpflanzen wuchsen. Denn die, so hatte Murksipfusch der Bäcker ihm erklärt, waren die Hauptzutat für den Pustekuchen.
»Pah! So ein Schlauschleimer«, grummelte Pennyflax vor sich hin, während er die Leiter von seinem Baumhaus zum Waldboden runterkletterte. »’Türlich weiß ich seit tagein-tagaus-und-noch-mehr-Weltgedrehe, dass mein Lieblingskuchen aus Flausenpflanzen gemacht wird. Glaubt denn Murksipfusch, ich wäre ein Kobold von gestern oder übergestern? Verzwurbeldingst nochmal! Der wird Augen glubschen, wenn ich ihm einen ganzen Sack voller Flausen bringe, die vor lauter Leichtigkeit das Dach seiner Backstube wegfliegen lassen!«
Sack war ein gutes Stichwort. Pennyflax sprang von der letzten Leitersprosse ins weiche Moos, lief um seinen Wohnbaum herum – eine alte Eiche, auf der er seit 145 Jahren lebte – und kam beim Werkzeugschuppen an, der windschief am Stamm der Eiche lehnte. Er öffnete die Tür, um nach einem der Säcke zu greifen, die sich in der Dunkelheit stapelten. Als er jedoch mit seiner Hand danach tastete, spürte er etwas Raues unter seinen Fingern. Etwas Raues, Schuppiges und Warmes, das ein Schnaufen ausstieß. Vorsichtig zog Pennyflax einen der Säcke unter dem Etwas hervor, aber er hatte Pech, denn auf einmal leuchteten im Dunkeln zwei gelbe Augen auf, die ihn anblinzelten. Keine Sekunde später loderte eine Flamme an seinem Gesicht vorbei und versengte ihm nicht nur einen Haarbüschel, sondern auch einige Spinnweben an der Decke, deren Bewohnerinnen vor Schreck flüchteten.
Pennyflax riss den Sack ins Freie und wollte die Schuppentür zuschlagen, doch ehe sie ins Schloss fiel, wurde sie von drinnen aufgestoßen und ein kleiner roter Drache fegte mit einem freudigen Fauchen auf ihn zu, flatterte an ihm hoch und brachte ihn beinahe zu Fall. Genauer gesagt handelte es sich um einen Drachling, den Pennyflax vorletztes Jahr auf der Kargfelsen-Ebene gefunden hatte, einem Gebiet, zwei Tagesschlendereien von hier entfernt.
»Oh nein, Fauch! Sitz!«, schimpfte Pennyflax mit dem Drachling. »Kannst heute nicht mit mir kommen, denn ich muss ins Druntertal, die Flausen für den Kuchen besorgen. Weißt nämlich ganz genau, dass dort alles in Flammen aufgeht, wenn du auch nur einmal niest. Sei also schön brav und warte hier, bis ich heute Nachmittag zurück bin. Kriegst zur Belohnung auch einen leckeren Feuerstein. Abgedingst?«
Fauch setzte sich auf seine Hinterläufe, faltete die Flügel zusammen und blickte sein Herrchen mit großen gelben Augen an. Dann ließ er den Kopf hängen und trottete zurück zum Schuppen, wo er sich auf die Fußmatte legte. Von dort aus beobachtete er den Kobold, wie dieser den Sack über die Schulter warf, zum Zauntor marschierte und auf den Waldweg hinaus trat.
Die Vögel zwitscherten in den Bäumen, Morgentau schimmerte auf den Blättern, und langsam lichtete sich der Frühnebel, durch den die ersten Sonnenstrahlen brachen.
Pennyflax spazierte den Hauptweg des Kobolddorfes hinunter, das den bedeutungsvollen Namen »Garstingen« trug und in dem genau 52 Kobolde lebten. Nicht alle von ihnen wohnten in Baumhäusern, so wie Pennyflax. Viele seiner Nachbarn hatten sich ihr Heim unter den Wurzeln oder in den Stümpfen umgestürzter Bäume eingerichtet. Manch einer war sogar in eine kleine Höhle zwischen den Felsen gezogen, und da ein Kobold nicht größer als dreißig Zentimeter wurde, boten die verschiedenen Behausungen reichlich Platz, oft für eine ganze Familie.
Eines jedoch hatten alle Wohnungen gemeinsam, ob sie sich nun oben in den Ästen oder am Boden befanden: Sie lagen am Ufer des Baches, der sich durch den Wald schlängelte und Rauschebach genannt wurde – weil er eben rauschte. Und da zwischen dem Bach und den Häusern der Hauptweg des Dorfes entlangführte, bot sich Pennyflax ein guter Überblick, wer um diese Uhrzeit bereits auf den Beinen war.
Da trat zum Beispiel die alte Booja aus ihrer Wurzelhöhle. Sie war mindestens doppelt so dick wie jeder andere hier und besaß für eine Koboldfrau enorme Muskeln. Es ging das Gerücht, dass sie in ihrer Jugend einen Goblin umgehauen hatte, der ihr ein Glas Brombeermarmelade hatte stehlen wollen, und Goblins waren zweimal so groß wie Kobolde. Booja reckte und streckte sich, blickte griesgrämig auf eine Schnecke, die in ihrem Vorgarten den Tau von den Pflanzen schlürfte, und brummte: »Habe gestern wohl zu viel Blödwurztee getrunken … sehe schon Weinbergschnecken, die gar keinen Wein trinken.« Dann schnäuzte sie ihre Nase in die Hand, wischte sich den Schleim an die Schürze und beschwerte sich über das schrecklich gute Wetter.
Pennyflax grüßte höflich, auch wenn Booja ihm nie so ganz geheuer gewesen war, und erreichte das nächste Grundstück, auf dem Schlonzo der Tüftler lebte. Schlonzo war wie immer früh aufgestanden und arbeitete schon, denn man hörte sein wüstes Schimpfen bereits von Weitem: Er saß neben seinem selbstgezimmerten Holzhaus und brüllte einige Balken an, die sich unter den Flüchen zu biegen begannen. Pennyflax klopfte an den Zaun und rief: »Miesepetrigen Morgen, Schlonzo. Was wird’s denn diesmal? Ein Dings, äh … ein Boot vielleicht, mit dem man über den Rauschebach bis zum Blauwassersee schippern kann?«
Schlonzo hielt mit verschwitztem Gesicht inne, wischte sich einige Sägespäne von seiner braunen Koboldhaut und schnaufte: »Nö, verflucht noch eins! Wird nix so Abenteuerliches. Wird bloß ’n Badezuber für meine Frau, damit sie heute Abend ihr Schlammbad in der Wohnung nehmen kann … obwohl das auch vertüftelt abenteuerlich werden dürfte. Und du? Wohin des Wegs?«
»Flausen für Murksipfusch besorgen«, erklärte Pennyflax. »Hab mir ’nen Pustekuchen gewünscht!«
»Bäcker müsste man sein«, seufzte Schlonzo. »Da darf man bis mittags schnarchen, schwuppidiwuppi was backen und sich wieder hinhauen. Ich aber kann mir so einen Faulpelz nicht überziehen und muss holzen was das Zeug hält. Mürrischen Tag, wünsche ich.« Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr Schlonzo mit dem Fluchen fort und tat dies mit einer solchen Inbrunst, dass sich die Balken bis auf den Boden bogen.
Pennyflax winkte ihm zu und schlenderte weiter den Hauptweg am Bachufer entlang. Er grüßte noch einige Bewohner vor ihren Behausungen und erreichte den Waldrand, der gleichzeitig das Ende des Kobolddorfes markierte.
Da ihn die zwei letzten Häuser am meisten interessierten, ging er hier besonders langsam. Er warf neugierige Blicke durch das Dreieckfenster des vorletzten Hauses, doch drinnen rührte sich nichts. Shirah wohnte hier, ein Koboldmädchen, das zwar erst 122 Jahre alt war, sich aber bestens mit Heilkräutern und dem Herstellen von Salben auskannte. Pennyflax hatte sie vergangenen Monat aufgesucht, als sein Drachling Fauch einen Splitter in der Pfote hatte und die Wunde zu eitern begann. Dank Shirahs Behandlung war die Verletzung in null Komma nichts geheilt, und seitdem hielt Pennyflax große Stücke auf das Koboldmädchen – obwohl er das vor niemandem zugegeben hätte, schon gar nicht vor ihr. Sie begegnete ihm zwar mehrmals am Tag, aber er schaute immer in eine andere Richtung, damit sie ja nicht auf den Gedanken kam, er würde sie mögen. Denn das kannte man ja bei Mädchen: Glaubten sie, dass man sie mochte, wollten sie gleich einen Kuss haben, und Küssen war eklig.
Und im letzten Haus des Dorfes wohnte Meister Snagglemint. Er war mit seinen 589 Jahren der älteste Kobold in Garstingen, genoss ein hohes Ansehen und bezeichnete sich selbst als Magiker, als jemand, der die Zauberei praktizierte. Daher prangte ein Schild über seiner Eingangstür, auf dem in Schönschrift stand: »Magiker für alle Gelegenheiten und Verwegenheiten«.
Weil also Meister Snagglemint so weise und gebildet war und haufenweise Bücher in fremden Sprachen las, fragte Pennyflax ihn gerne um Rat, wenn ihm beim Umherwandern in der Welt etwas Unerklärliches begegnete. Oder er bat den Alten, einen Haarbändigungszauber zu wirken, wenn ihm die Büschel mal wieder in alle Richtungen abstanden und sein Hut nicht sitzen wollte. Zudem verstand sich Meister Snagglemint auf die Produktion von Knallfröschen, von denen Pennyflax immer ein paar in der Hosentasche hatte. Das Beachtlichste aber war Snagglemints grauer Bart, der fast bis zum Boden reichte, sowie sein Zauberstab, auf dessen Spitze ein Smaragd glühte. Anscheinend jedoch hatte der Alte letzte Nacht wieder lange studiert, da nichts von ihm zu sehen war.
Schließlich spazierte Pennyflax aus seinem Dorf hinaus und überquerte die Steinbrücke, die sich über den Rauschebach schwang. Und obwohl die Sonne am Horizont aufging, die Insekten auf der Wiese summten und dies ein garstig schöner Sommertag zu werden versprach, beschlich ihn das seltsame Gefühl, dass heute irgendetwas passieren würde.
Gefahr im Druntertal
Nachdem Pennyflax die Brücke überquert hatte, erreichte er auf der anderen Seite des Rauschebachs eine Trauerweide, deren Äste das Wasser berührten. Er kletterte neben dem Weg zum Bachbett hinunter, kniete sich am Fuß des Baumes hin und tastete unter den Wurzeln herum. Nur Augenblicke später wurde er fündig und zog einen dicken Engerling aus der Erde, dann noch einen und noch einen. Ohne zu zögern, steckte er sich die zappelnden Käferlarven in den Mund und zerkaute sie mit Genuss, so dass es knackte – ein köstliches Frühstück. Anschließend stieg er wieder hoch zum Weg, holte seine Flasche aus der Hutkrempe und befüllte sie am Himbeerbusch mit Himbeersaft. Dann schlenderte er weiter.
Während Pennyflax an einem Zaun entlang spazierte und sein Lieblingslied vor sich hin pfiff, beobachtete er die zwei Kobolde Triefauge und Schniefnase, wie sie hinter dem Zaun eine Herde Wollmäuse über die Wiese trieben. Die Wollmäuse tollten fröhlich umher und sahen aus wie wuschelige Kugeln, die übereinander hüpften. Sie gaben Wolle und Milch, aus der die Garstinger warme Kleidung und einen vorzüglichen Käse herzustellen vermochten. Leider waren Triefauge und Schniefnase ziemlich faule Schäfer, weshalb die Tiere manchmal ausbüxten und sich an Stellen herumtrieben, wo man sie gar nicht gerne sah. Doch abends kehrten sie brav zu ihrer Weide zurück. Wollmäuse besaßen sogar einen ausgeprägten Sinn für Schabernack, denn wenn sie genügend Blaukraut gefressen hatten, pupsten sie mit Triefauge und Schniefnase um die Wette.
Schon bald lagen Pennyflax’ Dorf und die Wollmäuse hinter ihm. Er wanderte kilometerweit über die Landstraße, durchquerte ein Wäldchen mit einem Tümpel, an dem mehrere Firlefanzfeen tanzten, und kam an der Ruine einer alten Gnomenburg vorbei, in der es nachts spukte. Am Gelbeitersumpf nahm er die Beine in die Hand, da man sich in dieser Gegend besser nicht zu lange aufhielt: Dort hauste Swampdotti, ein vieläugiges Sumpfmonster, das der Legende nach eine schöne Elfenprinzessin gewesen war, bis Sulferion, der Hexenmeister des Feuerberges, sie verflucht hatte. Seitdem lauerte Swampdotti in den Sümpfen unvorsichtigen Reisenden auf, um sie in den Morast hinab zu ziehen.
Über die anderen Landesteile von Eraluvia, der Welt, in der Pennyflax lebte, wusste der Kobold nicht allzu viel. Am besten waren ihm die »Weidenwiesen« bekannt, ein Feuchtgebiet im Westen, mit Teichen, Schilfbüschen und dem Blauwassersee in der Mitte. Dann gab es die Kargfelsen-Ebene im Nordwesten, hinter der sich die Brennenden Lande erstreckten und die Sulferion der Hexenmeister beherrschte. Im Norden lagen der Finsterwald und noch höher hinauf das Frostspitzen-Gebirge, wo Eisgeister und Schneetrolle hausten. Und schließlich im Osten, weit weg von hier, lag Viancáru, das Elfenreich. Doch diese fernen Gebiete hatte kaum ein Kobold zu Gesicht bekommen. Genauso wenig wie die Küste des stürmischen und gefährlichen Ozeans an den Südklippen.
Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel, an dem kein Wölkchen zu sehen war, und Pennyflax dachte bei sich, wie abscheulich er schönes Wetter eigentlich fand. Denn wie es sich für einen ordentlichen Kobold gehörte, liebte er Regenwetter. Wenn es wie aus Eimern schüttete, wenn Blitze über