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Kira und der Kunsträuber: Eine Fantasy-Abenteuer-Geschichte
Kira und der Kunsträuber: Eine Fantasy-Abenteuer-Geschichte
Kira und der Kunsträuber: Eine Fantasy-Abenteuer-Geschichte
eBook233 Seiten3 Stunden

Kira und der Kunsträuber: Eine Fantasy-Abenteuer-Geschichte

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Über dieses E-Book

Kiras 11. Geburtstag steht kurz bevor. Das immerzu hungrige Känguru Cangoo, der Bilder malende Elefant Watahulu, das schüchterne Krokodilsmädchen Noko und ihre anderen Freunde schenken ihr eine Bilderreise nach Krakau, wo in einem Museum das weltberühmte Bild 'Dame mit Hermelin' von Leonardo da Vinci hängt. Doch plötzlich ist der Hermelin von dem Gemälde verschwunden, und niemand weiß, wohin. Eine spannende Verfolgungsjagd beginnt.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum1. Dez. 2014
ISBN9783847619673
Kira und der Kunsträuber: Eine Fantasy-Abenteuer-Geschichte

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    Buchvorschau

    Kira und der Kunsträuber - Miriam Frankovic

    WIEDER ZU HAUSE

    Durch das Fenster konnte ich sehen, wie die Schneeflocken wild hin- und her stoben und dann nach einem kurzen Irrflug weich auf dem Boden landeten. Der Garten sah aus, als hätte ihn jemand in weiße Watte gehüllt, und die Apfel- und Kirschbäume, die noch im Sommer mit ihren bunten Blüten geprahlt hatten, streckten nun ihre kahlen, weißen Äste von sich.

    „Bist du froh, wieder hier zu sein?" fragte Niklas und sah mich prüfend aus den Augenwinkeln an.

    „Ja, und wie!"

    So schön und aufregend unsere Reise nach Australien auch gewesen war: ich glaube, insgeheim waren wir alle froh, wieder zu Hause zu sein. In unserer alten Villa am Seerosenteich, in die wir im Mai letzten Jahres mit Sack und Pack eingezogen waren.

    Mit einem Mal sprang die Tür auf, und Cangoo hopste mit einem Riesensatz ins Wohnzimmer. Timbu, der Grizzly, tapste auf seinen großen Pfoten behäbig hinter ihm her. Ehe wir uns versahen, hatte sich Cangoo drei Mandelhörnchen auf einmal vom Kuchenteller geschnappt.

    „Hey, lass das. Die sind für Niklas und mich", protestierte ich.

    „Verrückte Sache", rief Cangoo und verschlang die Mandelhörnchen mit einem Haps.

    Für ein normales Durchschnittskänguru hatte Cangoo wirklich außergewöhnlich großen Appetit. An einem einzigen Tag konnte er so viel in sich hineinstopfen wie andere nicht einmal in einer Woche. Trotzdem wurde er nie satt. Er fraß sogar mehr als Watahulu, unser Bilder malender Elefant, und das sollte schon was heißen.

    „Das musst du dir echt abgewöhnen, knurrte Timbu und sah Cangoo so streng an, wie er konnte. Denn Timbu war eigentlich die Gutmütigkeit in Person, und es fiel ihm sehr schwer, streng auszusehen. „Was? fragte Cangoo kauend.

    „Sachen in dich rein zu schlingen. Erst recht, wenn sie dir nicht gehören."

    „Du nervst zum Beispiel! erwiderte Cangoo gelassen, weil er keine Lust hatte, sich aufzuregen. „Überhaupt, wieso rennst du dauernd hinter mir her und gibst überall deinen Senf dazu?

    „Dazu sind Freunde doch da", meinte Timbu und kratzte sich verlegen hinterm Ohr.

    „Ich brauche aber keinen Freund, der so an mir klebt wie du! Timbu deutete mit seiner großen Pranke auf Cangoos die Nase: „Da klebt auch was. Schokolade.

    „Ich brauche auch kein Kindermädchen", maulte Cangoo, streckte seine Zunge raus so weit er konnte und schleckte den Rest Schokolade von seiner Nase ab.

    „Sei froh, dass du einen Freund hast, mischte Niklas sich ein. „Wahre Freunde wie Timbu sind nämlich eine echte Seltenheit.

    Unwillkürlich musste ich wieder an unsere Jagd auf die Rasomiten denken. Timbu hatte sich damals sofort bereit erklärt, uns im Kampf gegen die gefährlichen Ganoven zu unterstützen. Seit wir sie alle gemeinsam besiegt hatten, hing er wie eine Klette an Cangoo und schien einen Narren an ihm gefressen zu haben, was niemand verstand. Am wenigsten Cangoo selbst, der monatelang nichts anderes im Kopf gehabt hatte, als einen Freund für sich aufzutreiben. Jemand, den er mit niemandem teilen musste. Und nun, da er ihn hatte, passte es ihm auch nicht.

    „Wie schaffst du es eigentlich, so viel in dich rein zu stopfen, ohne dass dir schlecht wird?", fragte Niklas Cangoo.

    „Ich bin erst elf und muss groß und stark werden, antwortete dieser, grapschte gierig nach dem letzten Erdbeertörtchen, das ich mir eigentlich gerade nehmen wollte, und schob es sich ins Maul. Timbu wiegte bedächtig mit seinem Riesenschädel hin und her: „Ähm... hat hier zufällig noch jemand Honig?

    „Mein Vater hat zehn Eimer gekauft. Stehen in der Speisekammer, antwortete ich. Timbu strahlte. Es gab nichts, was ihn so glücklich machen konnte wie ein Eimer Honig, und so tapste er hinter Cangoo her eilig aus dem Zimmer. Enttäuscht sah ich auf den leeren Kuchenteller. „Hier, nimm meins, sagte Niklas und schob mir sein Erdbeertörtchen hin. Und wie jedes Mal, wenn er lächelte und ich die kleine Lücke zwischen seinen Vorderzähnen sah, machte mein Herz einen Hüpfer. „Soll ich dir mal was sagen, Kira? Weihnachten und Neujahr ohne dich... und die anderen... Das war ganz schön öde."

    „Ehrlich?" fragte ich und merkte, wie ich rot anlief.

    Niklas nickte. „Ehrlich."

    Und wie jedes Mal, wenn er so etwas zu mir sagte, wusste ich nicht, was ich antworten sollte. Vor lauter Verlegenheit sah ich schnell wieder aus dem Fenster. „Schön, oder?" meinte Niklas.

    „Der Schnee?"

    Niklas nickte. „Ja. Sieht aus, als ob die Welt neu geboren worden ist. Als Wolke. Oder Zuckerwatte."

    Ich klaubte eine Erdbeere aus meinem Törtchen und schob sie mir langsam in den Mund. „Und alles, was unter dem Schnee liegt, ist verschwunden und kommt vielleicht nie wieder."

    Ich dachte daran, wie sehr sich alles verändert hatte, seit mein Vater mir vor ungefähr einem Jahr meinen ersten Computer geschenkt hatte. Cangoo hatte sich nach einer langen Reise durchs Internet eines Tages plötzlich aus dem Computer gequetscht und stand hungrig mitten in meinem Zimmer. Und so waren nach und nach auch die anderen in mein Leben getreten. Niklas war zum ersten Mal mit mir Eis essen gegangen. Wir waren von unserer kleinen, immer kalten Wohnung in die große alte Villa am Seerosenteich umgezogen und hatten ein gefährliches Abenteuer gegen die Rasomiten bestanden, böse, habgierige Ritter aus dem Mittelalter, die unser Gespenst Albert entführt und im Alten Leuchtturm gefangen gehalten hatten, aus dem wir ihn dann befreiten.

    „Und jetzt? fragte Niklas, nachdem wir das letzte Krümelchen Kuchen verputzt und den heißen Kakao mit Sahne ausgetrunken hatten. „Wie wär’s mit einer Schneeballschlacht?

    „Wenn du unbedingt wieder verlieren willst, antwortete ich grinsend. Im nächsten Augenblick hatte ich ein Sofakissen im Gesicht. „Na, warte, rief ich, schnappte mir ein Kissen und warf es Niklas mit aller Wucht an den Kopf.

    Später, als Niklas nach Hause gegangen war, fiel unsere Reise nach Australien mir wieder ein. In der ganzen Zeit hatte es keinen Augenblick gegeben, in dem ich nicht an Niklas gedacht hatte. Immerzu wünschte ich mir, dass er auch da wäre, bei mir. Am Strand beim Muscheln suchen. Wenn wir mit unserem klapprigen Mietwagen laut singend staubige Landstraßen entlang fuhren. Als Cangoo uns in Alice Springs, wo er geboren war, seine alten Freunde vorstellte, die ihn alle mit großem Trara begrüßten. Als wir staunend und schwitzend (denn wenn bei uns Winter ist, ist in Australien Sommer) vor den blühenden Eukalyptus- und Akazienbäumen standen, von denen manche bis in den Himmel hinein zu wachsen schienen. Als wir unseren ersten Koala entdeckten, der wie ein plüschiger Teddybär aussah und gerade schwerfällig einen Baum hochkletterte. Als Cangoo, tolpatschig wie er war, um ein Haar auf eine Tigerotter, eine gefährliche Giftschlange, getreten wäre und sie dann mit lautem Gebrüll verscheuchte. Und beim Tauchen im Great Barrier Reef, wo wir Fische sahen, die so bunt und schillernd waren, dass sie aussahen wie angemalt. Als wir alle gemeinsam vor einem Baobab standen, einem Affenbrotbaum, dessen dicker Stamm mich an eine bauchige Flasche erinnerte. Mein Vater hatte irgendwo gelesen, dass dieser Flaschenbaum älter als vierhundert Jahre alt war. Also ungefähr vierundzwanzig Mal so alt wie Niklas und ich zusammen. Vielleicht sogar noch älter. Immer stellte ich mir vor, Niklas wäre dabei. Ich stellte mir vor, wie ich zu ihm sagte, dass der Baobab wie ein Kamel große Mengen Wasser speichern konnte. Und dann malte ich mir aus, wie Niklas mich staunend ansehen und sagen würde: „Ehrlich?"

    Und dass seine grünen Augen dabei vor lauter Staunen so dunkel werden würden wie das Moos, das am Waldrand wächst. In manchen Augenblicken wünschte ich mir Niklas so sehr herbei, dass ich das Gefühl hatte, er sei tatsächlich da, und würde diese aufregende, fremde Welt voller Kängurus, Koalas, bunter Fische, roter Felsen und Baobabs gemeinsam mit uns erforschen. Dann ertappte ich mich mit einem Mal dabei, wie ich etwas zu ihm sagte. Und wie er mir antwortete. Und wenn ich mich dann zu ihm umdrehte, war er plötzlich verschwunden. Nur mein Vater, Cangoo, Timbu und die anderen standen da und grinsten mich vergnügt an. Und Mintz, unser hellsichtiger Papagei, kreischte vor Vergnügen laut auf: „Kira ist verknallt. Kira ist verknallt."

    Als ich in dieser Nacht in Australien mitten zwischen dem Pazifischen und dem Indischen Ozean in meinem Schlafsack lag, in einem großen Campingzelt, das ich mir mit meinem Vater, Cangoo und Timbu teilte, dachte ich noch lange darüber nach, was es bedeutet, verknallt zu sein. Ich wusste es nicht. Und eigentlich war es mir auch egal, ob ich verknallt war oder nicht. Es gab zwar Mädchen in meiner Klasse, die anderen Mädchen hinter vorgehaltener Hand zutuschelten, dass sie sich in einen Jungen verknallt hatten. Dann folgte immer großes Gekicher. Und ich hatte auch schon davon gelesen, in Büchern oder Zeitschriften. Aber wie es wirklich ist, wenn man in jemanden verknallt ist: davon hatte ich keine Ahnung. Ich wusste nur, dass die Wolken schneller flogen, wenn Niklas in der Nähe war. Die Sonne schien heller zu scheinen. Das Gras schien saftiger zu sein. Der Kuchen schmeckte süßer als sonst, und der bewaldete Boden in der Nähe von unserer alten Villa am Seerosenteich kam mir viel weicher vor, seit ich zum ersten Mal mit Niklas Eis essen gegangen war. Ich war noch nie von einem Jungen geküsst worden. Und ich hatte noch nie einen Jungen geküsst. Und manchmal, wenn ich daran dachte und die anderen aus meiner Klasse darüber reden hörte, grübelte ich darüber nach, ob mit mir vielleicht etwas nicht in Ordnung war. Aber wenn Niklas wieder bei mir war, wurde mir das alles egal. Ich dachte nicht mehr darüber nach, ob es an der Zeit sei, einen Jungen zu küssen, weil ich bald elf Jahre alt werden würde. Das einzige, was zählte, war, dass Niklas in der Nähe war. Dass er, während wir in Australien waren, auf mich wartete, wie er es versprochen hatte. Dass alles mit ihm vertraut war und gleichzeitig ganz neu. Dass sein Haar so gelb war wie ein blühendes Kornfeld und nach einer Mischung aus Meer, frischen Himbeeren und Waldboden roch.

    Es klopfte an der Tür, und ich schreckte aus meinen Gedanken hoch.

    „Ja?"

    Mein Vater steckte seinen Kopf zur Tür herein und sah, dass noch Licht brannte. „Du bist noch wach?"

    „Ja." Ich richtete mich im Bett auf. Mein Vater kam rein, zog die Tür leise hinter sich zu, um die anderen nicht zu stören und setzte sich zu mir auf den Bettrand.

    „Alles in Ordnung?" Er sah in mein nachdenkliches Gesicht.

    „Ja. Ich musste nur gerade an Australien denken. Mein Vater nickte bedächtig. „Hat es dir dort gefallen?

    „Mmh, sehr", murmelte ich.

    Er lächelte, und wieder wurden die Grübchen in seinen Wangen sichtbar. „Mir auch, sagte er. „Weißt du eigentlich, dass manche Baobabs mehrere tausend Jahre alt werden? Und dass ein Koala länger als zwanzig Stunden am Tag schlafen kann?

    Ich nickte. „Sogar länger als ein Faultier. Wieso eigentlich?"

    „Um Energie zu sparen", sagte mein Vater.

    „Aber dann bleiben nur vier Stunden am Tag übrig, in denen der Koala wach ist."

    Wieder nickte mein Vater. „Meistens nachts. Viel kriegt er wohl nicht mit von der Welt."

    „Vielleicht doch, entgegnete ich. „Vielleicht kommen dem Koala die vier Stunden, die er wach ist, viel länger vor als wenn wir vierzehn oder fünfzehn Stunden wach sind.

    „Wenn wir das nächste Mal nach Australien fliegen, fragen wir ihn, okay?" meinte mein Vater und setzte sein spitzbübisches Gesicht auf.

    „Okay."

    Er beugte sich zu mir und küsste mich auf die Stirn. „Schlaf schön, Kira!"

    „Du auch", murmelte ich und merkte, wie mir schon fast die Augen zufielen. Und kurz vorm Einschlafen dachte ich daran, dass Niklas‘ Augen, als er mit dem Kissen nach mir geworfen hatte, so grün gefunkelt hatten wie das Gras in unserem Garten, wenn es gerade frisch gemäht worden ist.

    EINE GEMEINSAME UNTERNEHMUNG

    Inzwischen waren drei Monate vergangen, seit wir aus Australien zurückgekehrt waren. Ein langer und kalter Winter lag hinter uns, und alle freuten sich auf den Sommer. Als ich eines Morgens frisch geduscht nach unten kam, waren die ersten, die morgens am Frühstückstisch saßen, Timbu und Cangoo. Dass Cangoo als erster am Frühstückstisch saß, war keine Seltenheit. Timbu war eigentlich eher ein Langschläfer. Aber da er nun einmal beschlossen hatte, dass Cangoo sein bester Freund war, quälte er sich morgens extra früher aus dem Bett, damit Cangoo nicht allein frühstücken musste.

    „Morgen, murmelte ich verschlafen und setzte mich zu den beiden an den großen, runden Tisch, an dem Timbu schon für alle gedeckt hatte. „Gibt es noch Tee?

    „Pfefferminz, Fenchel, Kräuter, Hagebutte", kreischte es aus Richtung der Gardinenstangen. Verwundert sah ich, dass Mintz, unser hellsichtiger Papagei, auch schon auf war. Er hockte auf einer der Stangen und warf fröhlich mit Sonnenblumenkernen um sich.

    „Seit wann stehst du morgens so früh auf? Bist du aus dem Bett gefallen?"

    „Totaler Quatsch zum Beispiel", murmelte Cangoo, der gar nicht zugehört hatte, und verschlang drei große, gebratene Makrelen auf einmal. Denn Fisch war sein Lieblingsessen.

    „Wir machen doch heute einen Ausflug", brummte Timbu in meine Richtung. Stimmt, der Ausflug. Den hatte ich fast vergessen. Timbu griff mit seiner riesigen, behaarten Pfote nach der Teekanne und schenkte mir eine Tasse Hagebuttentee ein, während ich mir ein Brötchen nahm, es mit Himbeermarmelade bestrich und eine Scheibe Käse oben drauf legte. Obwohl Timbus Vorderpranken so groß wie Schaufeln waren, ging er sehr geschickt mit ihnen um. Timbu war mindestens doppelt so groß und viermal so breit wie ich. Sein gewaltiger Schädel mit den gutmütigen Augen hatte den Umfang eines Eimers. Sein zotteliges, braunes Fell war wunderbar dicht, und ich fragte mich, ob er nicht furchtbar schwitzen würde, wenn es draußen erst mal richtig warm wurde. Für die meisten Leute sah er schrecklich gefährlich aus mit seinen Riesenpranken, an denen sich lange Krallen befanden. Aber wer ihn gut kannte ,wie wir, wusste, dass er in Wirklichkeit keiner Fliege etwas zuleide tun konnte.

    Wie viele Bärenkinder war Timbu in den kanadischen Wäldern aufgewachsen, wo er sich hauptsächlich von Kräutern, Wurzeln, Beeren und Knollen ernährt hatte. Seit seine Eltern bei einem Unglück ums Leben gekommen waren, war er auf sich allein gestellt. Dann hatte sich zum Glück eine andere Bärenmutter seiner angenommen. Als er acht wurde trottete er, da er sehr neugierig war, eines Tages auf allen Vieren los, um die Wälder der näheren Umgebung genauer zu erforschen. Am elften Tag seiner einsamen Wanderung begegnete er zwei Wilderern, die schon das Gewehr auf ihn angelegt hatten, um ihn wegen seines kostbaren Fells zu erschießen. Er konnte gerade noch so entkommen. Schließlich landete er in einer größeren Stadt, wo die Menschen ängstlich auseinander stoben, als sie ihn zu Gesicht bekamen, aus lauter Angst, er könne über sie herfallen. Aber Timbu, der gar nichts Böses im Sinn hatte, verstand nicht, warum alle vor ihm wegliefen. So trottete er traurig und einsam durch die menschenleere Stadt. Schließlich verirrte er sich in einem Internet-Café, wo er sich neugierig vor einen der vielen Computer hockte und mit seinen Pranken auf der Tastatur herumspielte. Und so beförderte er sich ins Internet, wo Cangoo und die anderen ihn dann eines Tages aufstöberten.

    „Wo soll unser Ausflug eigentlich hingehen?", fragte ich die anderen und biss hungrig in mein Brötchen.

    „Darüber müssen wir noch mit den anderen disku... diskusieren", brummelte Timbu, stolz darauf, dass er sich eines der Fremdwörter gemerkt hatte, die Albert ihm erst vor kurzem beigebracht hatte.

    „Es heißt diskumieren, nicht diskusieren, wandte Cangoo kauend ein. „Und überhaupt, kannst du mal aufhören, dauernd mit Fremdwörtern um dich zu werfen?! Das nervt zum Beispiel. Timbu verstummte etwas eingeschüchtert und widmete sich konzentriert seinem zweiten Topf Honig.

    „Wenn ihr’s genau wissen wollt, es heißt diskutieren, mit ‚t‘, sagte ich und nahm mir noch ein Brötchen.

    „Diskutieren, quatschen, reden, labern, kreischte Mintz von der Stange, „ist doch alles dasselbe.

    Die Tür ging auf, und mein Vater kam rein. Sofort flog Mintz ihm auf die Schulter und zerzauste ihm liebevoll die Haare. Denn seit Mintz bei uns eingezogen war, waren mein Vater und er die dicksten Freunde. Mein Vater kraulte ihn am Schnabel und sah uns erstaunt an.

    „Wieso seid ihr schon alle auf?"

    „Weil wir einen Ausflug machen zum Beispiel, erklärte Cangoo ihm kauend. „Aber erst mal müssen wir darüber dismu... disku... dingsa, wohin überhaupt.

    „Das entscheiden wir erst, wenn alle da sind", sagte mein Vater, schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und setzte sich zu uns. Er sah müde aus. Wie meistens hatte er bis spät in die Nacht Leinwände bespannt, die Watahulu, der Elefant, dann bemalt hatte.

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