Rhododendron: Liebe, Hass, Tod
Von Maya Khoury
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Über dieses E-Book
Als Hinnerk beim Ausgraben der Rhododendronbüsche eine skelettierte Hand und einen Totenschädel findet, werden dunkle Geheimnisse aufgedeckt, an denen die Eheleute zerbrechen. Hinnerk rauben sie den Verstand und Swantjes Illusionen von einem glücklichen Leben an der Seite des von allen Frauen umschwärmten Flüchtlings Oskar Marakow werden mit einem Schlag zerstört.
Der Roman enthält nicht nur kriminalistische, sondern auch sozialkritische Anteile. Es werden zeittypische Themen wie Schwarzmarkt, Bombenfunde, Flüchtlingsproblematik sowie die starren
Moralvorstellungen der frühen fünfziger Jahre behandelt.
Geschildert wird ein erschütterndes menschliches Drama um Treue und Verrat, Verbrechen und Leidenschaft, Liebe und Tod.
Die Handlung ist in der norddeutschen Region angesiedelt.
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Buchvorschau
Rhododendron - Maya Khoury
1. Kapitel
Der frühe Morgen des 20. März 1952 versprach, ein schöner sonniger Frühlingstag zu werden. Noch zogen dichte Nebelschwaden über die flache Landschaft, doch wagten sich schon zaghaft einzelne Sonnenstrahlen durch den weißen Nebeldunst. Kaum ein Windzug regte sich. Die Baumkronen der Bäume blieben unbewegt, hatten sie sich doch noch vor ein paar Tagen unter der Kraft der Frühjahrsstürme und der heftigen Regengüsse in alle Richtungen geneigt.
Es war Sonntag und Hinnerk Thomßen war bereits in aller Frühe voller Tatendrang aufgestanden. Seine gute Laune und seine Energie überraschten ihn selbst, galt er doch sonst nicht gerade als arbeitsfreudig. Er fühlte sich so gut wie seit langer Zeit nicht mehr. Vielleicht lag es am Frühling, der wie ein Hauch in der Luft lag? Der endlich den harten Winter überflügelt hatte?
Seine Frau Swantje schlief noch tief und fest und hatte noch nicht einmal bemerkt, dass ihr Mann schon so zeitig aufgestanden war. Denn sie war keine Frühaufsteherin, im Gegenteil, sie würde den halben Tag verschlafen, wenn nicht er, Hinnerk, morgens zur Arbeit müsste. Dann erhob sie sich ein wenig widerwillig und müde gähnend aus den Federn, um ihm Brote für die Arbeit zu schmieren und das Frühstück zuzubereiten.
Sie schien mit schöner Regelmäßigkeit morgens im Halbschlaf zu sein und Hinnerk musste ihr jedes Mal auf die Finger schauen, damit sie nicht Kaffee mit Tee verwechselte. Denn Tee vertrug sein empfindlicher Magen nicht, weil ihm fast ständig übel davon wurde, ganz besonders in der letzten Zeit. Er konnte sich diese körperliche Beeinträchtigung nicht so recht erklären, denn früher galt er als echter Teetrinker. Ein paar eingewickelte Butterbrote und den dünnen ungesüßten Kaffee in einer Warmhaltekanne nahm er in seiner Aktentasche mit zur Arbeit.
Aber heute, am Sonntag, sollte Swantje ruhig länger schlafen. Er hatte nichts dagegen, denn bei seinem geplanten Vorhaben, dem Herausreißen der Rhododendronbüsche auf dem Acker, würde sie ihn nur stören und im Wege herum stehen. Und auf ihre gut gemeinten Ratschläge, die sicher nicht ausbleiben würden, konnte er gut verzichten. Denn meistens wusste sie alles besser.
Hinnerk ging beschwingt zum Fenster, schob die weiße Tüllgardine zur Seite und öffnete es, was er gewöhnlich als erstes tat, wenn er aufgestanden war. Nun ließ er die duftende Frühlingsluft hinein, reckte und streckte sich ausgiebig und atmete ein paar Mal tief durch. Er schaute sinnend hinaus und sah ein Frachtschiff auf dem Kanal langsam, gleichsam wie im Zeitlupentempo, vorbei gleiten. Die Schornsteine auf dem Schiff rauchten und der dunkle Rauch vermischte sich mit dem aufsteigenden Nebel.
Unvermittelt drehte er sich um - als fühle er sich gestört - und horchte in die lautlose Stille hinein. Er glaubte, ein Geräusch gehört zu haben. Aber es war wohl nichts Besonderes. Vielleicht hatten die Dielenbretter in den Räumen oder auf dem Boden geknarrt. Jedoch ein in diesem Augenblick neben ihm Stehender hätte nicht den geringsten Laut vernommen. Das Geräusch war in Hinnerks Unterbewusstsein ausgelöst worden. Es ruhte in den dunklen Nischen seines Unterbewusstseins und verschwand ebenso schnell wie es entstanden war. Später sollte er sich wieder an dieses Geräusch erinnern. Aber in jenem Moment dachte er sich nichts dabei und nahm es nicht bewusst auf.
Hinnerk wandte sich noch einmal dem Fenster zu und sah wieder hinaus. Der weiße Frühnebel auf Wiesen und Äckern löste sich langsam auf. Kleine Nebelfetzen flogen sachte und federleicht über den flachen Landstrich und zerstoben, je höher sie schwebten, ins Nichts. Hinnerk sah zum Himmel hinauf, der bereits zartblau leuchtete. Eine blasse Sonne kämpfte sich durch die träge dahin ziehenden Wattewölkchen, die zwar noch nicht wärmte, aber zumindest Himmel und Erde mit ihren Strahlen erhellte.
Mit dem Frühling kehrten die Farben zurück, die der Winter geraubt hatte. In den letzten Monaten war alles grau gewesen, sogar die Luft war Hinnerk grau erschienen.
Auch die ersten Singvögel waren schon aus dem sonnigen Süden zurückgekehrt und schmetterten nun auf den blühenden Kirsch- und Apfelbäumen ihre fröhlichen Melodien. Aus der Ferne vernahm er das Keckern einer Elster. Sein Gesicht nahm einen ärgerlichen Zug an. Besäße er ein Luftgewehr, würde er schon einige dieser gierigen Nesträuber erschossen haben. Aber er besaß keines. Er sollte sich vielleicht doch ein Luftgewehr besorgen, dachte er. Ein beruhigendes Gefühl beschlich ihn. Bei diesem Gedanken entspannten sich seine Gesichtszüge und er konzentrierte sich wieder auf die friedliche Landschaft.
Er beobachtete nun ein kleines Eichhörnchen, das sich hierher verirrt hatte und mit affenartiger Geschwindigkeit in den Ästen der Bäume herumturnte. Eine trällernde Amsel auf dem Baum fühlte sich in ihrer Ruhe beeinträchtigt und kam aus dem Takt. Sie unterbrach für Sekunden ihr Lied und flog, heftig mit ihren schwarzen Flügeln schlagend, eilig davon, um auf dem nächsten Baum fröhlich weiterzuzwitschern.
Der von allen Menschen herbei ersehnte Frühling hat in diesem Jahr nun endlich seinen Einzug gehalten, dachte Hinnerk zufrieden, sah man von den starken Regenfällen ab, die sich noch vor einer Woche sintflutartig über das Land ergossen hatten. Äcker und Wiesen waren Tage lang hinter einem grauen durchsichtigen Regenvorhang nur verschwommen zu erkennen gewesen.
Der Winter hatte schon vorher ziemlich hart gewütet. So viel dichter Schnee wie im Januar und Februar 1952 war lange nicht gefallen. Es hatte Tage gegeben, da war ein Fortkommen wegen des hohen Schnees für ihn und Swantje kaum möglich gewesen. Der Schnee war stetig gefallen und hatte über die Landschaft hinweg gefegt. Auf dem Schotterweg, der neben dem Kanal vorbei führte und daher den Namen Kanalweg trug, wurde der Schnee kaum geräumt. Und einen anderen Weg, in die Stadt zu gelangen, gab es nicht. So mussten sie beide gezwungenermaßen ein paar Tage zu Hause ausharren. Zum Glück hatten sie sich schon vorher mit Lebensmitteln und anderen Dingen, die sie zum Leben benötigten, eingedeckt. Und Hinnerk hatte der viele Schnee ein paar arbeitsfreie Tage beschert, die seiner sprichwörtlichen Faulheit zugute kamen. Aber sein Lohn war natürlich gekürzt worden. Das hatte Hinnerk als ziemlich kleinlich empfunden.
Für heute aber hatte sich er viel vorgenommen. Heute würde er sich nicht auf die faule Haut legen, sondern endlich die alten Rhododendronbüsche, die an seinem Kartoffelacker grenzten, ausgraben. Dann könnten sie auf der neu gewonnen Ackerfläche Bohnen und Zuckererbsen anpflanzen, denn das Ernten von Gemüse war in diesen schlechten Zeiten so kurz nach dem Krieg und nach der letzten Währungsreform wichtiger als die Ansicht von prachtvollen rosa und lila Blumen.
Trotzdem würde ihm das Herausreißen der seinerzeit von seinem Vater angelegten Rhododendronbüsche nicht leicht fallen, entfalteten sie doch in jedem Frühling ihre farbenprächtige Blütenpracht. Das Graben könnte durch den aufgeweichten Boden, der durch die Regenmassen entstanden war, vom Kraftaufwand her ziemlich anstrengend werden. Aber er war fest entschlossen, dieses Werk, das so oft hinausgeschoben worden war, selbst schon zu Zeiten seines Vaters, nun endlich in Angriff zu nehmen. Hinnerk steckte heute Morgen voller Energie und konnte es kaum abwarten, die Schaufel in die Hand zu nehmen und zu graben. Sein Arbeitseifer schien ungebremst, aber auch sehr ungewöhnlich.
Er verdingte sich als Hilfsarbeiter für ein paar Mark auf der Bootswerft in der nahe gelegenen Stadt. Vor dieser Tätigkeit war er als Helfer in der Kammgarnspinnerei beschäftigt gewesen. Es war nicht viel Geld, das Hinnerk mit nach Hause brachte. Er arbeitete als ungelernter Arbeiter und verdiente nicht viel, aber immerhin reichte es, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Denn einen
Beruf hatte Hinnerk nie erlernt. Dazu war er nie gekommen, wie er sich selbst einredete. Hinter dem Haus hielten sie sich außerdem noch ein paar Kaninchen in einem von Hinnerk selbst gezimmerten Kaninchenstall. An den Festtagen labten sie sich dann an einem saftigen Kaninchenbraten, denn Fleisch war in diesen Zeiten meistens knapp. Er erinnerte sich in diesem Augenblick schmunzelnd, als Swantje vor ihrem vollem Teller saß und keinen Bissen anrührte. Er hatte ihr Lieblingskaninchen namens „Othello" geschlachtet, das schwarze mit den weißen Flecken am Hals. Aber später bekam sie doch Hunger und hatte sich abends den Braten
auf dem Ofen wieder aufgewärmt und mit heftigem Widerwillen ein paar Happen probiert. Seitdem benannte Swantje kein Kaninchen mehr mit Namen, weil sie glaubte, das Schlachten dieser kuscheligen Tiere mache ihr dann nichts mehr aus. Das erwies sich jedoch als Trugschluss, denn ihre Abneigung gegen Kaninchenbraten hatte sich nie so richtig gelegt. Hinnerk aber hatte sich danach gefragt, warum sie sich eigentlich Kaninchen hielten. Seine Frau stellte sich jedes Mal so kindisch an, wenn der duftende Kaninchenbraten auf dem Tisch stand. Irgendwann würde er sie alle schlachten und auf dem Markt
verkaufen. Oder er könnte sie als lebende Tiere anbieten? Ansonsten lebten sie von dem, was ihr Acker hergab: das waren in erster Linie Kartoffeln, außerdem Kohlrabi, Steckrüben, Zwiebeln, Radieschen, Tomaten, Blattspinat und nun wohl auch bald Zuckererbsen und Bohnen, wenn er erst einmal die Rhododendronbrüsche herausgerissen hatte und den Boden neu bepflanzen konnte.
Ein paar Hüher in einem provisorisch gebauten Hühnerstall, unmittelbar neben dem Plumpsklo, hatten sie auch noch, wenn diese auch nicht so legefreudig waren, wie sie sich das ausgemalt hatten. Vielleicht lag es ja am Hühnerfutter. Bei nächster Gelegenheit würde er seinen Bruder Hermann einmal fragen. Hermann und seine Schwägerin Martha betrieben einen großen Bauernhof in einem kleinen Dorf. Sein Bruder hielt sich natürlich auch Hühner und verkaufte die Eier auf dem Markt; er züchtete sogar eine neue Hühnerrasse. Hermann wusste immer einen Rat und sicher auch einen wegen ihrer faulen Hühner. Beim nächsten Besuch würde er ihn danach fragen.
Er überlegte, dass Swantje auch noch ein kleines Feld mit Erdbeeren anlegen könnte. Pflanzen und Ernten gehörten normalerweise zu ihrer Aufgabe. Aber dann fiel ihm ein, dass Swantje gegen Erdbeeren allergisch war und Ausschlag bekam und verwarf diesen Einfall sofort wieder.
Hinnerk unterbrach seinen Gedankengang und löste sich langsam von dem friedvollen Anblick, der sich ihm vom Fenster aus bot, und machte sich nun an dem gusseisernen Ofen zu schaffen. Der Ofen stand auf vier Füßen und besaß vorne eine Klappe zum Nachfüllen der Feuerung und ganz unten eine Lade, die die Asche auffing. War die Lade gefüllt, zog man sie heraus, um die Asche zu entsorgen.
Er nahm nun die Ofenzange vom Haken und schob die Ofenringe auf der Ofenplatte, die ein klirrendes Geräusch verursachten, auseinander. Die Ofenplatte bot Platz für drei Töpfe. Die Asche glomm zum Glück noch und er legte ein paar unweit des Ofens gestapelte trockene kleine Holzscheite in die schwach glimmende Glut. Gierig züngelten die Flammen am Holz entlang und Hinnerk griff sich ein zwei große Torfstücke aus der Torftruhe, die neben dem Ofen stand, und schob sie vorsichtig zu dem Holz. Später würde er noch ein bis zwei Schippen mit Koks oder Eierkohlen nachlegen. Die Briketts waren ihnen ausgegangen, weil sie nicht mit dem strengen Winter gerechnet hatten. Sie warteten bereits täglich auf den Kohlenhändler, der tatsächlich längst überfällig war. Schon bald flackerte ein lustiges Feuer im Ofen. Nun schob Hinnerk die Ofenringe mit der Zange wieder über das offene Feuer und setzte einen Blechtopf mit Wasser auf, um sich endlich Kaffee zu kochen.
Natürlich nur den Ersatzkaffee, auch Muckefuck genannt, und keinen Bohnenkaffee. Den gab es nur an besonderen Festtagen wie etwa Weihnachten oder Ostern. Und, ja richtig, als er und Swantje noch mit Oskar Marakow befreundet waren, einem Flüchtling aus Ostpreußen, genossen sie den Bohnenkaffee fast täglich, weil Oskar immer für Nachschub sorgte. Swantje hatte dann die hölzerne bunt bemalte Kaffeemühle aus dem Küchenschrank geholt und die frischen Bohnen gemahlen. Bald darauf duftete die ganze Wohnküche nach frisch gemahlenem Kaffee. Aber das war vor fünf Jahren und die schönen sorglosen Zeiten nun längst vorbei. Trotzdem schien Hinnerk froh über Oskars Fernbleiben zu sein, denn der war ihm eigentlich immer ein Dorn im Auge gewesen. Er hatte ihn nie so richtig gemocht. Wenn er jedoch ehrlich gewesen wäre – aber das war er wohl nicht - hatte ihn das lästige Gefühl der Eifersucht, das in seinen Wahnvorstellungen herrschte und von ihm Besitz ergriff wie eine Kompanie lästiger Flöhe, davon abgehalten, Oskar zu mögen. Denn jeder mochte dessen sonniges Gemüt. Es gab niemanden, der sich nicht von ihm betören ließ. Oskar Marakow verbreitete überall gute Laune und machte sich, wohin ihn seine Wege auch führten, bei allen Menschen ungemein beliebt und unentbehrlich. Über seine Oberflächlichkeit – er war sprunghaft und leichtsinnig - sah man eben großzügig hinweg. Bei der Erinnerung an Oskar umwölkte sich Hinnerks Stirn. Er sah den schönen Oskar in Gedanken wieder vor sich: Das glänzende schwarze Haar, mit Hilfe von reichlich Pomade glatt nach hinten gekämmt, strahlend blaue Augen und immer ein betörendes Lächeln auf den Lippen. Meistens trug er gut sitzende dunkle Anzüge, blütenweiße Hemden und einen hellgrauen Hut. Hinnerk musste neidvoll zugeben, dass Oskar ein gut aussehender Mann war. Er ähnelte einem amerikanischen Schauspieler zum Verwechseln. Das Bild hatte er einmal in einer von Swantjes Zeitschriften gesehen. Der Name des Schauspielers war ihm entfallen und Hinnerk wunderte sich darüber, vergaß er doch sonst nie Namen oder Orte. In letzter Zeit war ihm aufgefallen, dass er vieles, auch alltägliche Dinge, vergaß. Um auf Oskar zurückzukommen: Er war eben ein typischer Frauenschwarm und das wusste dieser, denn er war zudem ziemlich eitel und pflegte sich von Kopf bis Fuß. Er ging sogar einmal in der Woche in die öffentliche Bäderanstalt in der Stadt, um sich dort ein Vollbad zu gönnen. Dafür benutzte er französische Seife. Nach dem Bad sprühte er sich mit einem teuren Herrenparfüm ein und verströmte einen für die Damenwelt unwiderstehlichen Duft. Hinnerk hatte nichts mehr als diese Parfümwolke gehasst, denn er musste jedes Mal kräftig niesen, wenn sich Oskar wieder einmal eingenebelt hatte. Aber Swantje mochte das Parfüm. Und Hinnerk entwickelte eine immer stärker werdende Aversion gegen Oskar. Eine Aversion, die er nicht mehr kontrollieren konnte.
Es hieß sogar, dass die Frauen dem schönen Oskar in Scharen nachliefen. Aber in Hinnerks Augen schien er ein zwielichtiger Typ zu sein. Über Oskar Marakow erzählte man sich hinter vorgehaltener Hand, er würde krumme Geschäfte mit amerikanischen Soldaten machen. Auch solle er auf dem kräftig blühenden Schwarzmarkt ordentlich mitmischen. Aber niemand wusste etwas Genaues über ihn. Hinnerk war nicht einmal bekannt, ob Oskar überhaupt im Krieg gekämpft hatte. Sicher hatte er sich erfolgreich vor dem Feld gedrückt. Dass dieser Umstand auch für ihn selbst zutraf, hatte er völlig vergessen oder wollte ihn nicht wahrhaben.
Auch über Oskars Familie war nichts bekannt. Man wusste nicht einmal, ob er überhaupt noch Familienangehörige besaß. Oskar wohnte seinen Angaben zufolge zuletzt in dem ehemaligen Königsberg und war angeblich in der Nähe von Insterburg, nahe der litauischen Grenze, auf einem Gut aufgewachsen. Er schwärmte bei jeder sich bietenden Gelegenheit von seiner Heimat mit den blühenden Rapsfeldern, den wilden Lupinen, wogenden Kornfeldern und den dichten grünen Wäldern. Zuletzt konnte es niemand