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Der bittere Weg Teil 1: Heroin
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Der bittere Weg Teil 1: Heroin
eBook155 Seiten2 Stunden

Der bittere Weg Teil 1: Heroin

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Über dieses E-Book

Seit Jahren kifft J. und trinkt gerne auch Bier. Selbst harte Drogen hat er schon probiert. Doch seit 10 Jahren läuft alles recht normal. Dann, an einem freien Montag, er ist Friseur, trifft er in einem Cafe auf einen Mann, den er anspricht. Der nimmt ihn mit und nun hat J. eine Adresse, bei der er immer Heroin kaufen kann. Ein langsamer Abstieg beginnt. Nüchtern, sachlich, jedoch auch mit Humor beschreibt J, seine Suchtbiographie. Selbst der Richter, der ihn verurteilte, war beeindruckt.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum5. Apr. 2018
ISBN9783742743138
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    Buchvorschau

    Der bittere Weg Teil 1 - Jens Otto Holländer

    Vorwort

    Der bittere Weg

    HEROIN

    Ich bin ein Junkie. So werden Menschen mit meiner Krankheit normalerweise genannt. Ich fühle mich jedoch weder dreckig, noch als Müll. Beides meint das Wort Junk.

    Kung Fu Tsu sagte, es gäbe drei Wege, um zu klugem Handeln zu gelangen.

    Durch Nachdenken: der Edelste.

    Durch Nachahmung: der Einfachste.

    Durch Erfahrung: der Bitterste. Ihn habe ich gewählt.

    Dies ist die Schilderung meiner seit 30 Jahren andauernden Opiat Abhängigkeit.

    Opiat Abhängigkeit ist, wie Alkoholismus eine Suchterkrankung, entscheidet sich aber in einem wesentlichen Punkt: man kann die Sucht mit Substituten (Substitut=Ersatz),behandeln und damit leben, denn entgegen aller gängigen Presse, sind ärztlich verabreichte Opiate, in der richtigen Dosierung, weder schädlich, noch gefährlich. Sie machen aber abhängig. Damit beschäftigt sich der zweite Teil des Buches. Ich möchte Drogen, insbesondere Opiate, wie Heroin, Methadon oder Polamidon, weder bagatellisieren, noch bewerben. Aber ich will, ohne Vorurteile zu bedienen, aufzeigen, was eine Opiat Abhängigkeit auch sein kann: eine Art zu leben.

    Im Gegensatz zu Opium, Haschisch und LSD, oder auch Alkohol, hat Heroin keine rauschhafte, die Realität verzerrende Wirkung. Man fühlt sich einfach wonnig eingepackt, ist leicht euphorisiert und steht über den Dingen, aber im Grunde kann man ganz nüchtern überlegen, denken und handeln. Heroin hat ganz klar antidepressive Wirkung. Würde der dauerhafte Konsum nicht in die Abhängigkeit führen, wäre Heroin für viele, das Antidepressivum erster Wahl.

    Nimmt man Heroin täglich, so braucht man mit der Zeit immer mehr und, wenn man körperlich abhängig ist, muss man l täglich Heroin nehmen. Bis man die ersten Entzugssymptome bekommt, vergehen oft Monate des täglichen Konsums. Gerade dies führt öfter dazu, dass man Heroin unterschätzt, denn zu meiner Zeit grassierten noch das Schlagwort: einmal H und du bist drauf. Nicht jeder, der Heroin probiert, wird abhängig. Doch das Suchtpotential, ist durch die stimmungsaufhellende Wirkung und die Schmerzunterdrückung, sehr hoch. Ich glaube, man braucht eine seelische Disposition, um abhängig zu werden. Ich kenne Menschen, die bei mehreren Gelegenheiten Heroin nahmen und von der Wirkung weder sonderlich beeindruckt waren, noch abhängig wurden. Man sollte es aber tunlichst unterlassen, auszuprobieren, zu welchem Typ man gehört.

    In einer Gesellschaft, die ihren Bürgern rigoros vorschreibt, mit was sie sich berauschen dürfen und mit was nicht, hat der Kontakt mit illegalen Drogen zur Folge, dass man sich kriminalisiert, dass die Droge teuer und nie rein ist. Das kann bei Heroin zu gefährlichen Überdosierungen führen. Außerdem verhindert diese Stigmatisierung eine objektive Information, Aufklärung und Beratung, über die jeweilige Substanz. Dies hat bei mir dazu beigetragen, dass ich mir erst viel zu spät Hilfe geholt habe.

    Mit 16 schnupfte ich erstmalig Heroin. Wenige Minuten nach der Einnahme war mir klar, alles, was ich durch Drogen gesucht hatte, hier war es. Umso vorsichtiger ging ich daher auch mit dem weißen oder meist graubraunen Pulver um. Zehn Jahre lang nahm ich nur alle zwei, drei Monate etwas. Dann entglitt mir die Kontrolle.

    Die Zeit meiner Suchterkrankung kann ich rückwirkend in drei Abschnitte aufteilen. Die ersten fünf Jahre, der Weg in die Abhängigkeit waren gewissermaßen die „Lehrjahre. Eine schmerzhafte Erfahrung, die leicht mit meinem Tod hätte enden können. Dies erzähle ich im ersten Teil. Dann folgten ab 1994 zwölf Jahre unter Substitution, mit Dealen, Beigebrauch, Inhaftierung, Alkohol. Ich nenne sie die „Gesellenjahre. Ab 2008 gelang es mir recht zügig, mich von Alkohol und Tabak, von Drogen und allen negativen Begleiterscheinungen und Aktivitäten der Sucht zu befreien. Trotz Substitution lebe ich nüchterner, als viele Nichtabhängige. Seit meinem 45. Lebensjahr, verläuft mein Leben einfach nur schön. Ich genieße es ganz bewusst, keinen Stress, keine existentiellen Sorgen zu haben und bei guter Gesundheit zu sein. Nun habe ich die „Meisterwürde" errungen. Obwohl ich der Sucht eine berufliche Karriere geopfert habe und weit hinter meinen Möglichkeiten geblieben bin, so habe ich aber gelernt, dass die wirklich wichtigen Dinge im Leben, für Geld nicht zu haben sind, und viele schlimme und einsame Zeiten haben es mir ermöglicht, nun zufrieden und bei guter Gesundheit durchs Leben zu gehen und das Leben so anzunehmen, wie ist und zu genießen. Tag für Tag.

    Die Vergangenheit? Shit happens.

    Hier sind meine Erlebnisse.

    Das Ende vom Anfang

    Es war brütendheiß. Ich stand am Fenster im Schlafzimmer und wartete auf Anja, die meine Wohnung mieten wollte. Ihre Mutter hatte angerufen und mich auf etwas später vertröstet.

    Meine Habseligkeiten, die ich wohl brauchen würde, hatte ich gepackt. Die Wohnung, so gut ich es hin brachte, geputzt. Viel Inventar war nicht mehr drin. Paar Bücher, eine Schrankwand mit Regal, eine kleine Spüle, Kühlschrank, etwas Geschirr, ein großer Karton mit ungeöffneter Post. Eine alte Matratze. Luft.

    Nun war ich bereit zur Schlüsselübergabe.

    Am kommenden Tag, Montag, sollte meine Entgiftung im Bürgerhospital, Stuttgart, beginnen. Und dann…Therapie.

    Aber das war erst Morgen. Paar Stunden blieben mir noch.

    Wenn doch die blöde Kuh endlich käme.

    Ich hatte Angst vor dem Entzug. Und ich war völlig fertig. Es klingelte.

    Mit einem Satz war ich an der Türe und drückte den Türöffner. Er funktionierte noch, oh Wunder. Der Rest der Wohnung war in einem schäbigen Zustand und der völlig abgenutzte Teppichboden, den zu erneuern ich mir beim Einzug vor einem Jahr, vorgenommen hatte, hielt mir täglich vor Augen, wie es um mich und meine Vorsätze stand.

    Ich hörte Stimmen. Mit schwerem Gepäck kamen Anja, eine Auszubildende und ihr Begleiter, irgendein Typ, die Treppen hoch.

    Wir stellten uns kurz vor, doch ich hörte gar nicht zu. Auf meine Frage, ob alles geklappt hätte, gab mir Anja 1000 DM Kaution. Zehn knisternde blaue Hunderter. Die Sonne ging auf in meinem düsteren Inneren. Nun hatte ich es sehr eilig. Ich hörte nur mit einem Ohr zu, während wir durch die Wohnung gingen und ich paar Fragen beantwortete.

    Dann gab ich ihr meinen Schlüsselbund. Nun hatte ich nicht mal mehr einen eigenen Schlüssel in der Tasche.

    Mit ein paar Floskeln und einem erzwungenen Lächeln, schnappte ich mir meine Stoff-Leder-Tasche aus Tunesien und verließ die Bude, in der Hoffnung, dass meine Eile nicht zu komisch wirkte. Aber es war ja auch egal. Zwei Stockwerke runter. Es roch muffig und staubig nach Keller. Ich war froh, dort weg zu kommen.

    Die Hitze traf mich wie ein Hammerschlag. Es war Hochsommer, Sonntagmittag gegen zwei. Es war unglaublich heiß und im Auto kam man fast um vor Hitze. Ich stieg ein und mir brach augenblicklich der Schweiß aus. Jogi, den ich angerufen hatte, nachdem Anja eingetroffen war, hatte schon dagestanden. Wir düsten Richtung Innenstadt.

    Dort kauften wir in den nächsten drei, vier Stunden für 800 Mark Kokain und fuhren dazwischen immer wieder zu ihm, wo wir es uns drückten (Injektion). Immer wenn es aus war- wieder ab in die City. Jogi sagte zu mir, ich sei die reinste Drogenvernichtungsmaschine. Ich saß auf seinem Sofa, nackt bis auf die Shorts, schweißüberströmt, mit zerstochenen blutigen Armen und riesen Pupillen. Ich war kurz vor dem Durchdrehen und fühlte die letzten Sicherungen langsam durchbrennen.

    Es war ein Zwang weiter zu machen, immer weiter und weiter. Und wieder die Nadel ins Fleisch, auf der hektischen Suche nach einer Vene und dann die wenigen Sekunden, in denen dich das Koks in die Höhe reißt und dann der unbefriedigende totale Absturz. Mit zusammen gebissenen Zähnen saß ich da, keines Gedankens fähig und voller Frust und Gier nach dem nächsten Kick.

    Irgendwann waren dann nur noch 200 Mark übrig. Es war gegen Abend, aber noch lange nicht dunkel und wir fuhren nochmal auf die Szene.

    Inzwischen herrschte Hochbetrieb, denn sonntags kamen die Leute erst gegen Abend. Es wimmelte von Vermittlern und jeder wollte Dir seinen Schrott andrehen.

    Nach einer Weile des Rumschauens, kaufte ich von einem Mädchen, das ich flüchtig kannte für 160 Mark Heroin, offen aus einem Beutel. Das Zeug sah gut aus und roch vielversprechend. Es war ziemlich dunkel und nach ein paar Sekunden auf der Zunge wurde es bitter. Das sah vielversprechend aus, so musste es sein. Sie warnte uns und meinte, das Zeug sei mordsstark. Jaja, winkte ich ab. Blahblah. Das Mädel sah allerdings völlig breit aus

    Es dämmerte nun. Ich verabschiedete mich von Jogi. Er war, wie ich voll drauf. Wir kamen zusammen drauf. Ich gab ihm die Hälfte ab, er hatte schon etliche Male für mich bezahlt. Er ging, als würden wir uns morgen wieder sehen, doch ich ahnte, es war ein Abschied für sehr lange.

    Bei einem Weihnachtsessen etliche Jahre später erfuhr ich, dass er vor Jahren an einer Überdosis gestorben war. Kein Unfall. Er wollte nicht mehr.

    Nachdem Jogi weg war, schluckte ich die bitteren Gedanken runter und schlenderte vom Rotebühl Platz die Tübinger Straße entlang in Richtung Paulinenbrücke, wo es eine öffentlich Toilette gab. Mir war elend. Der bevorstehende Entzug und die anschließende Therapie lagen mir im Magen.

    Das gesamte Geld war futsch. 1000 Mark weg. Verballert in paar Stunden. Ich war angespannt und fühlte mich ausgebrannt nach dem Kokainexzess und ich erhoffte mir nur noch einen guten Törn von dem Heroin, bevor ich zu meiner Mutter fahren würde, um dort die letzte Nacht zu verbringen. Der Gedanke ihr noch zu begegnen, gab mir den Rest. Bloß kein Psycho mehr heute. Ab morgen würde Schluss sein, es war nun alles egal. Ich war völlig fertig und ich konnte nicht mehr.

    Dann war ich da. Ein paar Penner standen an der Treppe zum Klo runter und laberten mich blöde an. Ich schlappte die Treppe zum Scheißhaus hinunter und hoffte, dass es offen war. Es stank etwas nach Pisse und Zigarettenrauch. Es war offen.

    Ich trat ein. Im Vorraum war alles voller Scherben, ein Spiegel war zu Bruch gegangen. Drei offene Zellen. Ich holte am Waschbecken Wasser, suchte mir die sauberste Toilette aus und schloss mich ein.

    Einen Esslöffel hatte ich dabei. Mit den kleinen gab ich mich nicht ab. Als ich das H auf den Löffel schüttete, erschrak ich, weil es ganz schön viel war. Aber zwei Drucks? Einen für morgen früh? Nein. Lieber einen richtigen Knaller und überhaupt morgen war Feierabend, also gab ich Ascorbinsäure dazu (Vitamin C Pulver), dann Wasser, rührte mit dem Plastikkäppchen der Kanüle das Gemisch um und kochte es langsam und ganz behutsam auf. Ich war nun ganz ruhig. Vielleicht, nein hoffentlich, der allerletzte Druck. Nach einer halben Minute fing die Lösung an zu köcheln, schäumte kurz auf, voila, fertig. Ein köstlicher Duft breitete sich in der Toilette aus. Leicht säuerlich und so, wie gutes Dope beim aufkochen eben riecht. Als ich die cognacfarbene, leicht ölige Flüssigkeit, durch ein Stückchen von einem Zigarettenfilter in die Spritze aufzog, kamen mir nochmal Bedenken.

    Ich stellte ein Bein auf die Schüssel, band den Arm ab und stütze ihn auf das Bein. Klopfte auf die die Stelle im Unterarm, wo ich die Vene vermutete. Und dachte: wenn Du wieder aufwachst, dann gehst Du auf Therapie, und wenn nicht, dann

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