Kobe, einer von vielen: Freedom Day gegen die derzeitige Sklaverei (März 2018)
Von Helmut Lauschke
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Über dieses E-Book
Osaro. Dabei wollten wir der Armut und dem Hunger entkommen, was dem Leben abträglich ist.
Tayo. Es stimmt: Das ist kein Leben mehr, hier wird man noch verrückt. Was sind wir doch für arme Hunde, die sich abrichten lassen ohne zu beißen, wenn sie nur etwas zu kauen und einen Schlafplatz bekommen. Noch hängt an den Körpern etwas Fleisch, das wird sich ändern, wenn uns die Arbeit in die Erschöpfung treibt.
Aren. Das, wie wir hier in der stinkenden Enge als verkaufte Ware leben, das wirst du deiner Mutter nicht sagen, wenn du sie in Ehren hältst. Sie würde sich zu Tode grämen, wenn sie erfahrt, dass du die Überfahrt nach Europa nicht angetreten hast, weil dir das Geld vorher ausgegangen war.
Osaro. Ich schäme mich vor meiner Mutter, die mir ihr erspartes Geld für die Reise gegeben hat. Was wird sie denken, wenn sie erfährt, dass ich noch in Afrika bin und das ganze Geld ausgegeben habe?
Kobe. Nun sind wir alle gleich, denn als Bettler ohne Geld sind wir in die Sklaverei verkauft worden. Es ist ein Tatbestand, wie er schlimmer nicht sein kann. Da spielt es keine Rolle, ob es die Hoffnung auf ein besseres Leben gibt, ich meine ein Leben, in dem der Wert und die Würde des Menschen noch zählt.
Tayo. Auch ich kann es meiner Mutter nicht sagen, dass mir der Wert des Menschen weggenommen wurde, sie würde es nicht verkraften, wo doch im Dorf seit Jahren die Trockenheit herrscht und es nur wenig zu essen gibt. Die Geschwister würden mich fragen, wo ich denn das ganze Geld gelassen habe. Wenn ich ihnen sagen würde, in Afrika, dann würden sie es nicht glauben.
Kobe. Es bleibt die Schande, als Mensch in die Sklaverei verkauft worden zu sein. Meine Mutter hatte mich als Mensch zur Welt gebracht, und ich schaffte es nicht, ein Mensch zu bleiben. Diese Schande geht von mir nicht mehr weg.
Aren. Es waren der Hunger und die Armut, dass ich das Dorf verließ, und jetzt bin ich der verlorene Sohn, der nicht zurückkehren kann, weil er außer dem Geld auch seine Ehre verloren hat. So ein Sohn hat seinen Platz in der Familie verwirkt.
Aren. Es ist das Schicksal der Menschen Afrikas mit der großen Armut und dem Hunger, wenn die Mütter in härtester Arbeit die Familien durchzubringen haben. Sie sind in ihrer Selbstlosigkeit und stillen Tapferkeit die wahren Heldinnen dieser Zeit.
Obinna. Mich fesselt der Traum, in den Mutterleib zurückzukehren, zumindest für die Zeit, bis draußen die Bedingungen für ein Leben ohne Armut und Hunger gegeben sind.
Adil. Es sollte anders sein, aber es fehlen die Menschen mit Mut und Charakter, die in die Misere blicken und die Ursache erkennen, und weil die Problemlösung die höchste Dringlichkeit hat, die beherzten Schritte zur rechten Zeit tun. Das Dilemma ist die Folge des fehlenden Mutes, wenn ganz oben steht der Wert des eigenen Gutes, aber nicht die Achtung und Pflege der Ethik und Toleranz und der schlichten Menschlichkeit.
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Buchvorschau
Kobe, einer von vielen - Helmut Lauschke
Freedom Day gegen die derzeitige Sklaverei (März 2018)
Prolog
Jung und alt, sie schweifen ziellos umher, wenn’s nicht schon ist, dann machen sich’s die Menschen schwer, dass sie weder Weg noch Ziel erkennen, das wundert am Ende auch nicht viel. Von denen, die still sind und still stehen, sind viele mager, überhaupt sind ihre Gesichter blass und hager.
Es braust und hämmert in den Ohren, selbst in tobenden Stürmen werden Kinder geboren. Ob es klug ist, sie in den Trümmerzeiten zu zeugen, wir alle haben uns vor den großen Mächten tief zu beugen. Das Momentum weht wie die Fahne auf und ab, Motiv und Kraft halten Menschen ständig auf Trab, sie laufen hin und weg, wenn’s kracht und brennt. Es ist der stille Held, der rennt und zu Hilfe kommt, dessen Namen niemand kennt. Blitz und Donner schlagen mächtig nieder, die Zeit ist nicht für Schlaf- und Abendlieder, wo es schießt und brennt, das immer wieder.
Schwarz sind die Wolken, die nach oben steigen aus brechenden Gemäuern, die nach unten zeigen und im Flammenmeer versinken, während anderswo Menschen in Fluten und Brandung ertrinken. Es zucken die Muskeln, es zuckt durch die Köpfe, was hungernde Menschen suchen, sind volle Töpfe, das umso mehr, wenn es Kinder sind. Da stelle sich keiner blind, denn schon liegt vor ihm das hungernde Kind mit dem aufgeblähten Wasserbauch und den Armen und Beinen spindeldürr wie ein abgelegter Wasserschlauch, dass das Leben kurz ist mit dem letzten Atemhauch.
Aren. Was willst du machen, wenn du kein Geld mehr hast? Dir geht es so wie mir, der Transport hat mein ganzes Geld verschlungen. Ich versuchte nach Europa zu kommen, um dort ein neues Leben zu beginnen, wo es mehr zu essen gibt. Nun hänge ich hier und bin wie festgenagelt.
Kobe. Hier gibt es keine Zukunft, um mit weniger Hunger zu überleben. Ich denke daran, ins Dorf zurückzukehren.
Tayo. Was wird deine Mutter sagen, wenn du mit nichts zurückkommst, wo es doch kaum zu essen gibt? Deine Geschwister werden große Augen machen und dich fragen, ob das dein voller Ernst ist, dass du ins Dorf zurückkehrst, wo seit Jahren die Trockenheit herrscht und es nur wenig zu essen gibt. Sie werden dich fragen und wieder fragen und am Ende dich für einen Versager halten, der es nach Europa nicht schaffte.
Freedom Day gegen die derzeitige Sklaverei (März 2018)
Auf der Flucht
Hakim. Die Füße, sie tragen uns weg aus unsrer Stadt.
Hamoudi. An beiden Seiten der durchlöcherten Straße liegen die Körper, die es nicht weiter schafften.
Hakim. Sie zu begraben, dazu fehlt die Zeit.
Beide. Denn geschossen wird aus vollen Rohren, und vielen fehlt das Wasser und die Kraft, den letzten Dienst zu tun.
Hamoudi. Der Schmerz brennt in den wunden Sohlen.
Hakim. Und in den Köpfen klopft die Angst.
Chor (unsichtbar). Wir ziehen in Kolonnen bei Tag und bei Nacht und wissen nicht, wohin wir die erschöpften Körper legen können. Das, was uns geblieben ist, das tragen wir auf der Haut, und der Schweiß tropft vor der letzten Trockenheit.
Samira. Die Beine werden schwach auf dem langen Marsch. Kinder gibt’s, die erschöpft am Straßenrand liegen, weil die Mütter nicht mehr als zwei Kinder tragen können. So lasten die Leiden und Verluste schwer, und die Stimmen schluchzen in den Zeitenlauf hinein.
Hakim. Sand schlägt in die Gesichter, dass die Augen schmerzen und erblinden. Auf der Straße reihen sich die Trichter, in denen Tote liegen.
Hamoudi. Nicht nur in den Sohlen brennt der Schmerz, es brennt die Stadt mit unserm Herz. Es bombt und donnert durch Tag und Nacht, Dächer stürzen von den Wänden. Was soll am Ende dann noch werden?
Hakim. Angst und Sorgen wachsen über den Morgen hinaus. Es zerschlägt, was Generationen schafften. Wer soll die Verantwortung dafür tragen, wenn es keinen gibt, der davon etwas versteht?
Hamoudi. Die Eintracht der Jahre ist zerrissen, nun ist sie nicht mehr wert als ein Fetzen Tuch. Dächer stürzen, fliegen durch die Straßen, Mord und Tod hausieren im wilden Wahn.
Samira. Was wir sonst in den Köpfen mit uns tragen, das sind Schmerz und Trauer und die vielen Fragen. Was wir in den Händen halten, wird den Tag nicht überstehen, wenn das Wasser