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Sommer. In Novellen.
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eBook171 Seiten2 Stunden

Sommer. In Novellen.

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Über dieses E-Book

In seinem zu Hause, inmitten Frankreichs, blickt ein Mann in den Spiegel. Er blickt in ein Gesicht, das ihn sein Leben über begleitet hat, und ihm doch fremd ist. Es ist die Reise in die Vergangenheit, die er darin erblickt. Diese Reise beginnt im Garten seines Hauses und führt ihn zu Begegnungen mit den Menschen, die im Verlauf seines Lebens die bedeutungsvollsten Rollen eingenommen haben. Die Momente an die er sich erinnert, halten ihm Stationen seines Lebens vor Augen, die den Menschen, den er zuvor im Spiegel erblickt hat, prägten. Doch bemerkt er bei seiner Reise bald, dass diese einzelnen Stationen von etwas verbunden werden. Etwas Dunklem. Dieses Dunkle scheint es zu sein, das den ihm fremden Teil dessen erschuf, was er im Gesicht des Mannes im Spiegel erblickte...
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum26. Aug. 2014
ISBN9783847698722
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    Buchvorschau

    Sommer. In Novellen. - Oliver Lang

    Sommer. In Novellen. - Teil 1

    Er sah in den Spiegel. Er schaute in das Gesicht eines Mannes mit braunen Augen und braunem Haar. Der Blick dieses Gesichts sog an ihm. Für einen Moment verschwamm alles andere. Was sah er in den Augen, die ihn da ansahen? Er erkannte wieder, dass so vieles in dem Gesicht schon zu sehen gewesen war. Trauer und Wut. Manchmal Unbefangenheit und Freude. Sehr früh jedoch schon Schmerz. All das hatte das Gesicht im Verlauf der Jahre die hinter ihm lagen geformt. Leichte, zum Teil noch unscheinbare Falten waren darin mittlerweile zu sehen. Die Falten, die die Nase umgaben. Diejenigen die um den Mund gingen. Die meisten Falten aber hatten sich um die Augen gesetzt. Doch schien ihm nun, als würden eben diese Augen gar nicht davon zeugen wollen, was das Gesicht aussagte. Denn der Mann im Spiegel, an den er sich soeben wieder zu erinnern begann, war gar nicht der, der ihn da ansah. Natürlich nicht. Auf einmal wurde ihm klar, warum diese Augen, seine Augen, diese stoische Ruhe ausstrahlten, die sie so sehr von dem Gesicht unterschieden. Diese Augen warteten auf etwas. Das hatten sie immer. Von Anfang an. Sie hatten zwar auch Freude genießen können, jedoch das um soviel umfangreicher gewesen wirkende, Schwierige, bereitwillig in Kauf genommen. Dies war wovon das Gesicht berichtete. In den letzten Tagen wurde ihm Entscheidendes klarer. Es hatte mit dem Mann zu tun, den er nun im Spiegel betrachtete. Das worauf seine Augen ewig lang hatten warten müssen, lag vor der Tür hinter ihm. Die Tür auf die er nun durch den Spiegel blickte. Er drehte sich um und öffnete sie.

    Das durch den Türrahmen einfallende Licht blendete ihn kurz. Seine Augen hatten sich zuvor an das spärliche Licht in dem kleinen Räumchen, in dem er noch stand, gewöhnt. Er durchschritt den Türrahmen und verließ die kleine Toilette, die einen Teil des hinteren Garagengebäudes einnahm. Längs vor ihm, lag der Garten des Hauses in seiner ganzen Breite. Der Garten wurde links von ihm, vom Haus flankiert. Im rechten Bereich der ihm fernen, gegenüberliegenden Seite, standen zwei größere Bäume, die mit einigen kleineren Bäumen, eine dem Haus gegenüberliegende Reihe bildeten. Dazwischen, zwischen diesen beiden Begrenzungen, geschah so manches. Es war heute sehr lebendig hier, im Garten dieses Hauses. Unter den beiden großen Bäumen spielten einige Kinder. Sie liefen um die Bäume herum und schienen zu versuchen, sich dabei gegenseitig zu fangen. Direkt vor seinen Füßen begann ein Stück freier Rasen. Sein Blick folgte diesem, entlang der Breite des Gartens. Es war nicht weit, da endete nahe am Haus die freie Fläche. Der Rasen umrandete dort eine Steinfläche, die einen langen Tisch und beidseitig aufgestellte Bänke trug. An jeder Ecke dieses langen Tisches und an einigen Stellen unterhalb der Bänke, waren Ballons festgeklebt. Blaue, Pinke, Gelbe und ein Grüner. Eine Handvoll erwachsener Menschen, die auf den Bänken saßen, ließen sich auf vertiefte Gespräche miteinander ein, tranken aus Bechern oder aßen Kanapees die auf Tabletts auf dem Tisch standen. Sein Blick verließ den Tisch wieder. Er überwand eine kleinere Lücke. Einzelne in den Rasen eingelassene, ebene Steine führten zu einem Bereich hinter dem Tisch, der erneut komplett in Stein ausgelegt worden war. War des Bereichs Beginn recht weit entfernt von ihm, führte dieser fast bis an die ihm gegenüberliege Seite des Gartens. Dort wo der Bereich anfing, war eine Theke aufgebaut. An ihr wurden die Getränke ausgegeben, die in den Bechern der Gäste waren. Doch in diesem Moment war die Theke verwaist. Daher fiel sein Blick ein kleines Stück nach links. Nahe an der Theke führte eine Glastür ins Haus. Sie stand offen. Ein leichter Zug ließ eine Girlande, die am oberen Ausschnitt der Tür befestigt war und einige weitere Ballons, sanft hin- und hertreiben. Er bewegte seinen Kopf unvermittelt wieder in Richtung des Grases vor ihm. Etwas war von rechts herbei gehuscht. Als er die Situation erfasste, entstand ein Lächeln in seinem Gesicht. Vor ihm stand Yvonne und blickte ihn an. Yvonne war neun und damit deutlich älter als die zumeist fünfjährigen Kinder, die weiterhin in der Nähe der großen Bäume spielten. Ihre langen dunkelblonden Haare fielen offen bis auf das helle Kleid hinab, das sie an hatte. Dabei rahmten sie ein hübsches Gesicht ein, dem man die Verwandtschaft sowohl ihrer braunhaarigen Mutter, wie auch ihres blonden Vaters ansah. Für einen Tag an dem etwas gefeiert wurde, blickte Yvonne jedoch nicht sehr glücklich. Ihr wacher Blick wurde von einem stummen Mund begleitet. Doch das Lächeln das er ihr zuwarf, schien kurz darauf eine Wirkung zu haben. Es schien ihren Mund zum Leben zu erwecken.

    >>Hallo Onkel.<< entgegnete sie ihm nun leicht lächelnd.

    >>Hallo Yvonne!<<

    Er sah sie weiterhin mit dem netten Gesichtsausdruck an.

    >>Was machst du gerade Onkel?<<

    Seine Gedanken wirkten für einen kurzen Augenblick als wären sie durcheinander.

    >>Ach, ich wollte mich gerade wieder an den Tisch setzen, zu den Anderen.<<

    Ein kurzer Moment der Stille entstand.

    >>Und du? Was machst du Yvonne?<<

    >>Ich habe gerade ein bisschen geschaukelt.<<

    >>Aha.<< antwortete er mit nun aufmerksamem Gesichtsausdruck.

    Während er flüchtig, rechts von sich, einen hinter dem Garagengebäude hervorragenden Teil der von Yvonne angesprochenen Schaukel wahrnahm, konzentrierte sich ein weiterer Teil seiner Aufmerksamkeit auf ihr stilles Verhalten. Er nahm den Zusammenhang wahr, der wohl zwischen ihrem, von den anderen Kindern isolierten Spiel und ihrer verhaltenen Stimmung bestand. Sie stand derweil immernoch recht regungslos vor ihm. Während er sie in dieser schweigsamen Pose betrachtete, begann er nachzudenken. Was konnte er ihr anbieten? Er schaute kurz auf, in Richtung der Bäume. Die anderen Kinder liefen weiterhin dazwischen umher. Ein Mädchen blieb im Sichtschutz eines der kleineren Bäume stehen. Es betrachtete einen Jungen, der offensichtlich der Fänger war. Der Junge blickte unsicher, aber auch verschmitzt in Richtung des Mädchens. Vermutlich lag der Grund dafür, dass Yvonne nicht länger mit den anderen Kindern spielen wollte, in dem Altersunterschied der zwischen ihnen lag. Da die Gäste die zu der Feier gekommen waren, bereits eine längere Weile da waren, war mit neun Jahren wohl das Maß des gemeinsamen Interesses an tobendem Spiel überschritten. Die kleineren Gäste hingegen, zeugten noch immer davon.

    Er begann einen Vorschlag zu entwickeln.

    >>Weißt du, ...<<

    Plötzlich war aus Richtung der spielenden Kinder ein lautes Lachen zu hören. Der Junge den er zuvor, hinter dem Baum stehend, gesehen hatte, hatte das Mädchen gefangen, das sich kurz davor auf der anderen Seite des Baumes in Sicherheit wog. Obwohl der Junge bereits davongelaufen war, wohl um nicht gleich wieder dran zu kommen, stand das Mädchen, das nun mit Fangen dran war, immernoch am selben Platz. Sie bekam sich kaum ein vor Lachen. Ihr Gesicht strahlte dabei so sehr vor Freude, wie man dies nur bei Kindern sehen konnte. Bei diesem Anblick musste er selbst lächeln. Als er seinen Kopf wieder senkte, um seine Nichte erneut anzusehen, war er kurz irritiert. In seiner Wahrnehmung hatte sich für einen Augenblick das Gesicht des lachenden kleinen Mädchens, über das seiner Nichte gelegt. Er erinnerte sich dadurch unmittelbar an den Zeitraum in dem Yvonne in diesem Alter gewesen war. Die Erinnerung an vergessene Emotionen, die mit ihr in Zusammenhang standen, stieg in ihm auf. Das Gefühl des Lächelns in seinem Gesicht schien dagegen in die Ferne zu rücken, als er versuchte tiefer in dieses Vergangene einzutauchen. Dabei nahm er zwar den Garten und seine Nichte wahr, doch schienen ihm beide Eindrücke irgendwie entkoppelt zu sein von der Suche in der Vergangenheit. Doch dann spürte er, wie sich sein Lächeln noch einmal, in spitzer Form, über seine Mundwinkel legte. Er bekam eine Erinnerung zu greifen. Seine Nichte und er hatten damals etwas gemeinsam unternommen. Es musste sein erster gemeinsamer Ausflug mit ihr gewesen sein. Während die Konturen von Yvonne's neunjährigem Gesicht in seiner Wahrnehmung schwanden, gewann die Erinnerung an ihr Aussehen im Alter von vier Jahren an Stärke. Er sah ein Wochenende, das sie gemeinsam verbracht hatten. An jenem Wochenende waren Yvonne's Eltern für zwei Tage ein befreundetes, kinderloses Paar besuchen und hatten ihre kleine Tochter ihm überlassen. Während ein Teil von ihm weiterhin damit beschäftigt war, die Formulierung eines Vorschlags zur Beendigung der Langeweile seiner Nichte auszuarbeiten, ließ er es zu, dass ein anderer Teil von ihm für einige Sekunden ganz in die Erinnerung an jenes vergangene Wochenende abtauchte...

    … Er saß am Steuer seines alten Wagens und befuhr die relativ leere Landstraße, die in Richtung Gebirge führte. Es war ein sonniger, früher Samstagmorgen, an dem er gemeinsam mit ihr aufgestanden war, um noch deutlich vor Mittag in dem Freizeitpark anzukommen, den er während der Abwesenheit ihrer Eltern mit ihr besuchen wollte. Als die Straße wenig Aufmerksamkeit erforderte, blickte er in den Rückspiegel. Dort sah er sie sitzen. Sie saß in dem Kindersitz, den seine Schwester ihm dagelassen hatte und blickte um sich. Sie schien abwechselnd aus dem Seitenfenster zu blicken, sich auf der Rückbank umzusehen und zu versuchen unter der Kopfstütze des leeren Beifahrer-Vordersitzes nach vorne, auf die Straße zu sehen. Er konnte ihr Gesicht dadurch von vorne sehen, wie auch im Profil betrachten. Die Kleine glich ihr zweifelsohne in großen Teilen. Seine Schwester hatte, als sie noch ebenso klein war, andere Kleidung und eine andere Frisur. Die grundsätzlichen Züge waren dem Wesen auf der Rückbank aber sehr ähnlich. Zwischen den Blicken die er ganz auf die Fahrbahn ausrichtete, kam er jedoch ins Nachdenken. Etwas war in dem Gesicht doch anders, als in dem, welches als das Gesicht seiner Schwester in seiner Erinnerung zugegen war. Sie hatte mittlerweile nach ihrer kleinen Stoffpuppe gegriffen, bezüglich der sie selbst daran gedacht hatte sie mitzunehmen. Es war für ihn das erste Mal, dass er mit einem kleinen Kind wohin fuhr. Außer der Stoffpuppe war nichts anwesend, was sie hätte unterhalten können. Keine kindertaugliche Musik, keine weiteren Spielsachen. Er beobachtete in den zur Verfügung stehenden Momenten, wie sie die bedruckte und bestickte Puppe zu etwas Lebendigem animierte. Sie benutzte für die Bewegungen der Puppe alle ihre Finger und verlieh ihr, mit dem kindlichen Spiel typischer, überzogen gesprochener Betonung, Lebendigkeit. Dabei wurden ihre Bäckchen abwechselnd dick und formten im Anschluss einen spitzen Mund. Er musste Lächeln. In einem Moment in dem sie innehielt, erkannte er es dann. Ihr Gesicht machte in diesem Moment keinen Ausdruck, den sie ihm absichtlich vorgab. Genau jetzt war er zu sehen, der Unterschied zu seiner Schwester. Was er im Rückspiegel sah, war ein Gesicht, das in sich glücklich war. Es wirkte zufrieden. Was er in seiner Erinnerung vor sich sah, war blasser. Wie die fade Erinnerung an ein Gesicht. Nur, dass die Genauigkeit der Erinnerung selbst nicht das Problem war. Das Gesicht in seiner Erinnerung war das farblosere, weil es ausdrucksloser wirkte. Es wirkte trauriger. Für einen Moment war er in seiner eigenen und der Kindheit seiner Schwester angekommen. Doch dann blickte er zuerst wieder durch den Rückspiegel in das Gesicht der Kleinen und danach auf die Straße vor ihm.

    Nach einer dreiviertel Stunde, die sie noch, gegen Ende durch zunehmend kurvigere Straßen in den Ausläufern des Gebirges, unterwegs waren, kamen sie an. Er steuerte den Wagen auf den Parkplatz des Freizeitparks und stieg mit ihr aus. Gemeinsam gingen sie zum Eingangs- und Kassenbereich. Es war ein kombinierter Tier- und Freizeitpark, der sich eher an den Bedürfnissen kleinerer Kinder orientierte. Nachdem er Eintrittskarten für die Kleine und sich gekauft hatte, suchten sie gemeinsam die Toiletten im Eingangsbereich auf. Anschließend verließen sie diesen wieder, diesmal jedoch entgegengesetzt der Richtung aus der sie ursprünglich gekommen waren.

    Vor ihnen führte ein mit kleinen braunen Steinchen bestreuter Weg in einem Tal entlang. An vielen Stellen waren Abzweigungen, die zu allerlei Fahrgeschäften und Themenbereichen führten. Die Attraktionen für etwas größere unter den kleinen Kindern, lagen meist an den Füßen der Hügel, die unweit oder direkt am Weg begannen. Waren die Wege bisher sehr kurz, schien nun ein ausgedehnter Spaziergang vor ihnen zu liegen.

    Nach einem knappen dutzend Metern spürte er, wie etwas gegen seine rechte Hand stieß. Im nächsten Moment ergriff dieses etwas ihn und ihm wurde, mit dem gleichzeitigen Blick den er dem Geschehen widmete, klar, dass seine Nichte ihm die Hand gereicht hatte.

    >>Oh, ja klar.<<

    Er ergriff sie, schenkte ihr ein Lächeln und bekam Gleiches zurück.

    >>Yvonne, sag, wo

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