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Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band
Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band
Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band
eBook389 Seiten5 Stunden

Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band

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Über dieses E-Book

In vorstaatlichen Ordnungen bestimmt die Gesellschaft selbst die Regeln, die Lösung von Konflikten wird durch Konsens erreicht, notfalls auch mit Gewalt. Recht bezieht sich vornehmlich auf das äußere Verhalten des Menschen, während sich die Moral an die Gesinnung des Menschen wendet. Das Recht ist untrennbar mit dem jeweiligen Zeitgeist und mit dem jeweiligen Herrschaftssystem verbunden, was hier aufzeigt wird. Von mittelaterlichen Inquisitionsprozessen bis hin zu Urteilen des Europäischen Gerichtshofes werden Fälle aufgezeigt und sich insbesondere mit der deutschen Rechtsauffassung in den verschiedenen Epochen beschäftigen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum9. Dez. 2021
ISBN9783754930465
Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band

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    Buchvorschau

    Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band - Walter Brendel

    Einleitung

    Die Geschichte der Justitia ist untrennbar mit der Geschichte des Rechts und dessen Geschichte mit der von Prozessen und die Prozesse letztlich mit Ausspruch von Urteilen und der Verurteilung selbst verbunden.

    Die Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit ist dargestellt mit Schwert und Waage. Später auch mit verbundenen Augen (Zeichen des Urteilens ohne Ansehen der Person). Ist nur ein Auge bei der Justitia verbunden? Sieht sie auf dem anderen Auge nichts oder will sie nichts sehen? Sind es gerechte Urteile, die im Namen des Glaubens, des Königs und des Volkes gesprochen wurden und werden? Fragen über Fragen. Die hier nachfolgend aufgeführten Berichte wollen versuchen, diesen Fragen nachzugehen.

    Große, berühmte Prozesse spiegeln als Momentaufnahmen ihrer Epoche immer ein Stück Geschichte wider. Bis heute haben Gerichtsverfahren nichts an Reiz eingebüßt. Immobilienhaie, Entführer oder Mörder auf der Anklagebank sorgen für großes öffentli-ches Interesse. Wird der Angeklagte wohl eine gerechte Strafe erhalten? Hat er Schuld oder muss er zu büßen? Ob Familiendramen oder politische Verbrechen, es spiegelt sich auch immer ein Stück Rechtsgeschichte darin. Denn das Rechts- oder Unrechtsbewusstsein ist ständigen Veränderungen unterworfen, genauso wie die Gesellschaft und ihre Spielregeln. Ein Prozess im Mittelalter verlief mit Sicherheit anders als ein heutiges Gerichtsverfahren. Auch die Tat und die Strafen haben sich verändert. Wegen Hexerei wird heute niemand mehr verbrannt.

    Angeklagt wird, wer gegen momentan geltendes Recht verstößt. Prozesse zeigen schlaglichtartig, wie sich die Ansichten über das, was „rechtens" ist, geändert haben. Sie sind häufig auch eine Machtdemonstration des Staates, womit die Vertreter der Macht klar machen, wer hier das Sagen hat. Prozesse stehen am Anfang einer neuen Ära, räumen mit der Vergangenheit auf. Sie markieren Epochen, läuten Aufstieg und Untergang von Machthabern und Regierungen ein. Oftmals gehen diese Urteile in die Geschichte ein, leben als Präzedenzfälle fort, an denen sich die Rechtsfindung heute noch anlehnt. Oder sie bleiben als Legende erhalten und beflügeln die Fantasie der Menschen. Es gibt zahlreiche Beispiele, wo Prozesse und Rechtsfälle den Literaten Stoff gegeben haben: die Kindsmörderin oder der zu Unrecht Verurteilte.

    Obwohl ein Blick in die Geschichte zeigt, dass sich das Rechtsbewusstsein von der Antike bis zur heutigen Zeit grundlegend gewandelt hat, bleibt auch vieles unverändert: „Du sollst nicht töten!", heißt es damals wie heute. Umso Aufsehen erregender, wenn jemand gegen diese Rechtsnorm verstößt. Der bekannteste deutsche Serienmörder, Fritz Haarmann, trieb in den 20er-Jahren sein Unwesen in Hannover. Er hat an schauriger Berühmtheit bis heute noch nichts eingebüßt. Bei dem Prozess wurden grausame Details bekannt.

    Oft werden politische und gesellschaftliche Umstürze durch spektakuläre Prozesse unterstützt und publikumswirksam durchgesetzt: Beispielsweise kam Adolf Hitler unter anderem mit Hilfe eines inszenierten Prozesses an die Macht (Reichtagsbrand-Prozess). Es gelang ihm, die Tat politischen Gegnern in die Schuhe zu schieben. Doch es gilt als sicher, dass die NSDAP hinter dem Brand stand, die Täter nur als Werkzeug dienten. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches waren es wieder Gerichtsprozesse, die einen tiefen Einschnitt in die deutsche Geschichte markierten. In den Nürnberger Prozessen 1946 sprach der Internationale Gerichtshof sein Urteil über 22 Hauptkriegsverbrecher. 1961 wird in einem spektakulären Prozess in Jerusalem der ehemalige SS-Sturmbannführer, Adolf Eichmann, zum Tode verurteilt. Er war verantwortlich für die „Endlösung" der Judenfrage im Dritten Reich.

    Ein politischer Prozess ist auch der Honecker-Prozess, in dem die Bundesrepublik mit dem Staat DDR abrechnet: Erich Honecker, ehemaliger Staatschef der DDR, wurde 1992 angeklagt wegen Totschlages in 13 Fällen, bei denen Menschen bei der Flucht in den Westen getötet worden waren.

    Es gibt aber auch viele Beispiele, in denen die soziale Struktur der Bevölkerung eine Rolle spielt: Spektakuläre Kriminalfälle erregen immer auch dann großes Publikumsinteresse, wie die Mordanklage gegen den ehemaligen Footballstar O. J. Simpson, wenn der Angeklagte berühmt, aber auch Angehöriger einer bestimmten Rasse ist. Der Ausgang dieses „Krimis" bot den Medien monatelang Stoff.

    Die elektronischen Medien geben in jüngerer Zeit den Zuschauern die Gelegenheit, „live" dabei zu sein, wie bei dem Prozess gegen den ehemaligen Footballstar. Kamerateams übertrugen nicht nur die Verfolgungsjagd, sondern auch die gesamte Gerichtsverhandlung. Die Geschworenen mussten sich verpflichten, für die Zeit der Verhandlung weder fernzusehen noch Zeitung zu lesen. Der Prozess spaltete die amerikanische Nation in zwei Fraktionen: in diejenige, die ihn für schuldig hielten (überwiegend die weiße Bevölkerung) und in die, die meinten, er sei unschuldig (vor allem die schwarze Bevölkerung).

    Welche Auswirkungen Gerichtsurteile haben können, war 1992 deutlich geworden. Der Freispruch der Polizisten, die den dunkelhäutigen Amerikaner Rodney King brutal zusammenschlugen, löste Rassenunruhen in Los Angeles aus.

    Serienmörder, zum Beispiel, erfuhren im Deutschland des 20. Jahrhunderts großes Interesse, das sich in verschiedenen Medien manifestierte: Zeitungen, Zeitschriften und mit fortschreitender Technisierung Hörfunk und Fernsehen berichteten ausführlich über ihre Auffindung und Verurteilung. So forderte z.B. der Fall des vierfachen Jungenmörders Jürgen Bartsch die bundesrepublikanische Gesellschaft in besonderem Maße: Denn selten gab es in der deutschen Rechtsgeschichte einen Prozess, in dem so viele Gutachter aus den verschiedensten Fachgebieten hinzugezogen worden waren. Das Interesse und die Ratlosigkeit von Psychologen, Psychiatern, Sexualforschern, Psychoanalytikern und anderen Experten waren groß. Ebenso groß war die Aufmerksamkeit der Presse und der Öffentlichkeit am Fall Bartsch.

    Eine emotionsgeladene Berichterstattung der Medien ging einher mit einem gesellschaftlichen Klima der Angst und mit verstärkten Abgrenzungsmechanismen innerhalb der bundesdeutschen Bevölkerung: Von der Straße klangen die Rufe nach „aufhängen oder „totschlagen, und auch das Gericht war erkennbar befangen von dem kollektiven Angsttrauma einer Gesellschaft, die nichts anderes wollte, als sich vor einem solchen Monstrum in Menschengestalt auf Dauer geschützt zu sehen. Ähnliches ließ sich in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts im Zusammenhang der Ermittlung und Verurteilung des bereits erwähnten Serienmörders Friedrich Haarmann beobachten. Die enge Wechselwirkung von gesellschaftlichen Interessen und furioser Berichterstattung beeinflusste allem Anschein nach den Verhandlungsverlauf und das richterliche Urteil.

    Eine wichtige Rolle spielen auch die Zeugen. Von idealen Zeugen können Richter und Kriminalisten in der Realität nur träumen. Schon häufig bewiesen DNS-Analysen in den USA, dass Verurteilte als Täter gar nicht in Frage kamen. Dabei hatten in mehr als 75 Prozent dieser Fälle Zeugenaussagen zur Verurteilung geführt. Auch in Deutschland werden Justizirrtümer häufiger durch falsche Zeugenaussagen verursacht als durch alle anderen Gründe zusammen, so Günter Köhnken, Vernehmungspsychologe an der Universität Kiel. Dabei sind absichtliche Lügner eher selten. Ohnehin sind diese für einen Experten oft leichter zu entlarven als diejenigen Zeugen, die sich irren und selbst davon überzeugt sind, die Wahrheit zu sagen. Denn unzählige Kleinigkeiten beeinflussen das individuelle Bild, das sich ein Mensch von der Vergangenheit macht.

    In der Ausbildung von Polizisten und Kriminalisten spielt die Psychologie der Vernehmung mittlerweile eine große Rolle. Für Juristen trifft das jedoch nicht zu. In deren Stundenplänen sucht man vergeblich nach Fächern wie Aussage- oder Wahrnehmungspsychologie und Vernehmungstaktik. Es gibt lediglich die Möglichkeit zur freiwilligen Fortbildung, die aber nur selten wahrgenommen wird. Verdächtigen könne das zum Verhängnis werden, denn mit dem nötigen psychologischen Knowhow ließe sich mancher Justizirrtum verhindern. Teile der hier aufgezeigten Prozesse zeigen, dass die meisten Gerichte einer grandiosen Überschätzung, was ihre Fähigkeiten angeht, Zeugenaussagen zu beurteilen, unterliegen.

    Die Rechtsordnung ist die Gesamtheit der Rechtsnormen und ihr zusammenhängendes System samt den aus ihm ausfließenden Gesetzen, die eine Rechtsgemeinschaft konstituieren und für sie gelten. In der Regel hat heute jeder Staat eine eigene Rechtsordnung, z. B. auch alle deutschsprachigen Staaten. Es gibt jedoch - meist geschichtlich bedingte - Verwandtschaften von Rechtsordnungen z. B. der angelsächsische Rechtskreis, zu dem Großbritannien, die USA und viele frühere britische Besitzungen gehören (hier in weiten Bereichen Richterrecht, Gewohnheitsrecht und englische Rechtstradition).

    Die Justiz (lateinisch iustitia) beinhaltet die Rechtsprechung im organisatorischen Sinn, die Gerichte und Richter. Die Rechtsprechung wiederum wird als Rechtsprechung im formellen Sinn betrachtet. Dazu gehören der Ausspruch der in Entscheidungsform ergehenden Akte der Gerichte (Urteile, Bescheide, Beschlüsse, Verfügungen) und deren Vorbereitung durch das Gericht.

    1. Kapitel: Justiz im Zeichen des Kreuzes

    Die Verurteilung des Sokrates

    Sokrates, der griechischer Philosoph beging kein anderes „Verbrechen, als das der Aufklärung der Menschheit. Sein Bemühen, die Menschen vom Scheinwissen zu echtem Wissen zu bringen („Ich weiß, dass ich nichts weiß), das ihn angesehene Männer in der Öffentlichkeit ins Gespräch ziehen und ihren Wissensdünkel entlarven ließ, brachte ihm viele Feinde. Weil er die Götter des Staatskults nicht anerkenne, neue Gottheiten eingeführt habe sowie als angeblicher Jugendverderber angeklagt, wurde Sokrates zum Tode verurteilt.

    Wie kam es zu der Verurteilung?

    Als Sokrates im siebzigsten Lebensjahr stand, wurde gegen ihn auf Grund von Anzeigen Anklage erhoben. Dieses geschah in Form einer öffentlichen Anklage, wie sie jeder Bürger einreichen konnte. Eine Staatsanwaltschaft, wie wir sie heute kennen, gab es 399 v. Ch., dem Prozessjahr, noch nicht. Ankläger bzw. richtig ausgedrückt Anzeigeerstatter waren die Bürger Meletos, seines Zeichens ein schlechter Dichter; der Gerber Anytos und der Redner Lykon. Über das Schicksal von Sokrates musste eins von zehn Geschworenengerichten entscheiden. Dieses war mit 501 ausgelosten Mitgliedern besetzt. Gegen deren Spruchpraxis gab es keine Rechtsmittel.

    Der Wortlaut der Anklage aus der Überlieferung von Xenophon lautete; „Sokrates tut Unrecht, indem er die Götter nicht anerkennt, welche der Staat anerkennt, dafür aber neue Götter einführt. Er tut ferner dadurch Unrecht, dass er die jungen Leute verdirbt. Welch schwerwiegende Anklage. Doch Sokrates konnte diese, mit den Worten: „Ich habe nämlich, Männer Athens, diesen Ruf durch nichts anderes erworben als durch eine Art Weisheit. wiederlegen. Durch einen großen Rundgang durch die Stände des Volkes habe er versucht, sich über das Wesen der Weisheit klar zu werden. Er sei zu den Staatsmännern, den Dichtern, den Handwerkern gegangen und habe gefunden, dass diese weise zu sein schienen, es aber doch nicht seien. Daraus seien ihm viele Feindschaften erwachsen, „von gefährlicher und schwerer Art".

    Der Freispruch war nahe. Den Ankläger Meletos hatte Sokrates so wiederlegt, dass dieser nicht einmal ein Fünftel der Richter gewonnen hätte, in welchem Fall Meletos nach dem Gesetz 1000 Drachmen Strafe hätte zahlen müssen. Nun wurden die Ankläger Anytos und Lykon aktiv. Sie argumentierten, vielleicht sei die Anklage unnötig gewesen, aber nun, da sie einmal erhoben worden sei, müsse Sokrates auch verurteilt werden. Es gelang ihnen, 281 Richter auf ihre Seite zu bringen. 220 Richter sprachen Sokrates frei. Mit 61 Stimmen Mehrheit wurde Sokrates verurteilt. Die Richter wussten, dass Sokrates unschuldig war, aber sie fällten das Todesurteil. Die ihm angebotene Flucht durch seinen Freund Kriton lehnte er ab. In dem Bewusstsein, dass sein Gehorsam gegenüber dem ungerechten Richterspruch das verletzte Recht wiederherstellen und die Rechtsordnung als Ganzes schützen werde, trank er gefasst den Schierlingsbecher. Sokrates hinterließ keine Schriften. Platon, sein bedeutendster Schüler, schildert im „Phaidon" die Gespräche der Todesstunde im Kreis von Freunden.

    Der Prozess Jesu

    Wer war Jesus? Jesus von Nazareth, war die Gestalt, auf deren Erscheinen sich das Christentum gründet. An der Geschichtlichkeit Jesu zweifelt die wissenschaftliche Forschung nicht. Trotz aller geschichtlichen (und astronomischen) Berechnungen steht lediglich fest, dass Jesu Auftreten um 30 n. Chr. stattfand. Wie lange seine öffentliche Wirksamkeit dauerte, ist unbekannt. Seine Heimat war Galiläa, seine Vaterstadt Nazareth. Das Matthäus- und Lukasevangelium lassen Jesus in Bethlehem geboren sein; ihre Stammbäume wollen seine Abkunft von König David verbürgen; sie führen auf Joseph, der nach der ältesten Matthäus-Handschrift Jesus „zeugte. Die Gottmenschheit Jesus wird im Neuen Testament auf vielfache Weise unterstrichen (bzw. erklärt): durch Geistzeugung in der Taufe (Lukas 3,22), durch Verklärung (Markus 9,7), durch das Ineins von „Wort und Fleisch (Evangelium des Johannes 1,14), durch Erhöhung nach gehorsamem Leiden, durch Jungfrauengeburt.

    Jesus brachte keine neue Gotteslehre, sondern glaubte mit Israel an Gott (Schöpfer, Gesetzgeber, Herrn, Richter), dessen Anspruch und Verheißung er unbedingt zur Geltung brachte. In einzigartiger Weise lebte Jesus unter Gott als seinem Vater und lud mit dem Heils- und Bußruf unter die Königsherrschaft Gottes ein (Bergpredigt). Der bedingungslosen, „anstößigen Gnade und Liebe Gottes entspricht der ganz neue Ruf Jesu in die Nachfolge seiner Person zur Verwirklichung der uneingeschränkten Gottes- und Nächstenliebe unter Einschluss der Feindesliebe. Jesus verwarf jede gesetzlichformale Erfüllung in einem Kultus. Die Gottesliebe wird in der Nächstenliebe verwirklicht, ohne in dieser aufzugehen. Die in Jesus anbrechende Gottesherrschaft ist von Wundern als „Zeichen begleitet und wird in Gleichnissen als Heils- und Freudenzeit beschrieben.

    Die „Vollmacht und Kühnheit seiner Lehre erregten Entsetzen, sein Anspruch, Sünde an Gottes statt zu vergeben, wurde mit Grauen gehört, sein Selbstbewusstsein („ich aber sage euch), in dem er sich über Moses, das Gesetz (besonders die Sabbatgebote), die Propheten, den Tempel stellte, vernichtete die Existenzberech-tigung der rabbinischen Gelehrten wie des Priesteradels. Mit Hilfe der römischen Besatzungsmacht wurde Jesus der Prozess gemacht.

    Der Prozess gegen Jesus von Nazareth sollte der folgenreichste Prozess der Weltgeschichte sein. Nach seiner Verhaftung im Garten Gethsemane wurde Jesus dem jüdischen Gericht unter Vorsitz des Kaiphas übergeben und mit drei Anklagepunkten konfrontiert:

    - Tempelschändung

    - Steuerverweigerung

    - Angemaßte Messianität.

    Punkt 1 der Anklage wurde durch Zeugenaussagen mit folgendem Wortlaut begründet:

    „Wir haben gehört, dass er sagte: Ich will den Tempel, der mit Händen gemacht ist, abbrechen und in drei Tagen einen anderen bauen, der nicht mit Händen gemacht sei." (Mark. 14, 57-58)

    Zu Punkt 2 sagten die Zeugen: „Wir haben festgestellt, dass dieser (gemeint ist Jesus, d.A.) unser Volk aufwiegelt und verbietet, dem Kaiser Steuer zu zahlen, und behauptet, er sei Christus, ein König". (Luk. 23.2)

    Punkt 3 basierte auf der Voruntersuchung, die Hannas, der diesjährige Hohenpriester, als Einzelrichter führte:

    „Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagest, ob du seiest Christus, der Sohn Gottes. Jesus sprach zu ihm: Du sagst es" (Matth. 26, 63-64.

    Einundsiebzig Richter, die zu einer Vollsitzung zusammentrafen, hielten gemeinsam mit den Ältesten und des „Hohen Rates der jüdischen Schriftgelehrten Rat und übergaben Jesus dem Pilatus. Der Grund der Überantwortung lag darin, kein Recht auf peinliche Gerichtsbarkeit nach Joh. 18, 31 hatten („Wir dürfen niemand töten). Nun lag das weitere Schicksal Jesus in den Händen des römischen Staathalters Pontius Pilatus. Dieser beschränkte sich bei seiner Entscheidung nur auf Punkt 3 der Anklage, die angemaßte Königswürde. „Und Pilatus fragte ihm: Bis du der König der Juden? Er (Jesus) antwortete: „Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme „ (Joh. 18, 37-38).

    Eine andere Variante lautetet: Pilatus versuchte Jesus zu einer Aussage zu bringen, die ihn überführen würde, um seine eigene Schuld bei einer Verurteilung zum Tode, die den Wünschen der Leute entsprach, zu verringern. „Bist du der Sohn von Gott? und Jesus antwortete - in Matthäus, Markus, Lukas und Johannes: „Es bist Du, der das gesagt hat.

    Die angemaßte Königswürde bedeutete nach römischem Recht eine Majestätsbeleidigung des Kaisers. Auf Drängen des „Hohen Rates der jüdischen Schriftgelehrten fällt Pontius Pilatus das Urteil. Nach dem Lex Julia stand auf Majestätsbeleidigung die Todesstrafe, die durch die Kreuzigung vollzogen wurde. Was bedeutet „Lex Julia?

    Unter Augustus (*63 v. Chr. + 14n. Chr., Imperator Caesar Divi Filius Augustus, Regierungszeit 43 v. Chr. -14 n. Chr.) wurde einen neue Moral propagiert. Zu seinen Maßnahmen gehörte ein Gesetz (lex Julia), das u.a. die Geburtenrate erhöhen sollte. Danach war es Junggesellen verboten, Vermächtnisse anzunehmen und verheiratete kinderlose Männer mussten von einer Erbschaft einen erheblichen Teil als Steuern abführen. Ein späteres Gesetz belohnt Eltern von drei Kindern mit Steuerbefreiung. Dies war typischer Zug der Augusteischen Epoche - eine kleinliche Bürokratie begann alle Bereiche des Lebens zu beherrschen. Sogar in Literatur und Kunst verschwand die frühere Vitalität unter den vom Kaiser geforderten Beschränkungen in Fragen der Moral. Dennoch empfanden konventionelle, keineswegs weniger begabte Männer wie Vergil, Horaz und Livius die neue Atmosphäre als ihrer Arbeit zuträglich. - Die Mehrzahl der Menschen - Bürger wie Provinziale - profitierten von der Pax Romana. In der Tat war Augustus der erste römische Staatsmann, der konstruktiv Anteil am Wohlergehen der Provinzen nahm, nachdem er zwischen 27 und 29 v. Chr. einen großen Teil seiner Zeit mit Reisen im Westen und Osten zugebracht hatte. Er übernahm auch das Programm zur Stadterneuerung Roms, das durch den Tod Caesars nicht vollendet wurde, und drückte der Stadt seinen eigenen energischen Stempel auf. Von Ihm stammt der stolz und oft zitierte Ausspruch, er habe Rom als eine Ziegelstadt vorgefunden und sie als Marmorstadt zurückgelassen.

    Fast wäre allerdings die Hinrichtung an Jesus vorbeigegangen. Pilatus wollte aus Anlass des Osterfestes eine Amnestie für einen zum Tode verurteilten Gefangenen vollziehen. Neben Jesus war noch Barabbas, ein wegen Aufruhr und Mord verurteilter Gefangener, zur Hinrichtung vorgesehen. Pilatus fragte die Massen: „Ihr habt aber eine Gewohnheit, dass ich euch einen auf Ostern losgebe; wollt ihr nun, dass ich euch der Juden König losgebe. Da schrien sie allesamt: Nicht diesen, sondern Barabbas!". Damit hatte das Schicksal entschieden. Im Frühlingsmonat Nissan an einem Freitag (ca. 30 n. Chr.) wird Jesus in Jerusalem von römischen Soldaten gekreuzigt.

    Nach der Gründung des Staates Israel 1948 gab es zahlreiche Anträge beim Jerusalemer Obergericht auf Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Jesus. Das Gericht lehnte dieses mit dem Hinweis ab, dass alle prozessualen Unterlagen fehlten und lediglich die tendenziösen Berichte in den von uns erwähnten Evangelien vorlägen. Wir würden heute nun sagen, dass die damalige Verurteilung Jesus rechtskräftig war.

    Prozesse der Kirche

    Kommen wir jetzt zu Prozessen, in deren Mittelpunkt das katholische Kirchenrecht (auch kanonisches Recht genannt) steht. Es findet sich insbesondere im Codex Iuris Canonici (Revision 1983). Das Corpus juris canonici, war die Hauptquelle des mittelalterlichen Kirchenrechts, allmählich zusammengewachsen aus privaten und amtlichen Sammlungen aus dem 12.-16. Jahrhundert; in der katholischen Kirche 1918 durch den Codex Iuris Canonici bis auf wenige Ausnahmen aufgehoben.

    Beginnen wir mit dem Fall Jan Hus. Hus stand unter dem Einfluss der Lehren J. Wiclifs und bekämpfte besonders die verweltlichte Kirche. Das Ende des 14. und der Anfang des 15. Jahrhunderts war eine Zeit der Widersprüche. Es war eine Zeit gesellschaftlicher und kirchlicher Instabilität, eine Zeit mit Verfall von Glauben und Moral: Die Reichen wurden reicher und die Armen ärmer. Das „Schisma, also die Frage, wer von den bis zu vier Päpsten der richtige sei, verunsicherte die Menschen in den Städten und Dörfern Europas, auch in Böhmen und Mähren. Prag war schon damals die „goldene Stadt. Sie hatte mehr goldene Türme als das Rom jener Zeit. In jener Zeit gab es in Prag 76 Kirchen und Kapellen, 24 Klöster und mehr als 1200 Geistliche in höheren Ämtern. Wie Luther wollte Hus, dass das Volk die Bibel in seiner Sprache lesen konnte. Nach Beendigung seiner Studien und seiner Priesterweihe wurde Hus zum Rektor der Universität, der ältesten nördlich der Alpen, und zum Prediger der Bethlehemskapelle ernannt. Nach dem Willen ihres Stifters, eines Deutschen, durfte hier nur tschechisch gepredigt werden. Als Priester im Beichtstuhl hörte Hus von den Sorgen, Ängsten und Nöten der Menschen.

    Hus wurde zum „ungehorsamen Sohn der damaligen Kirche, wurde aus Prag verbannt und schließlich durch Kaiser und Papst zum Konzil nach Konstanz geladen. Er war eben „ohne Furcht vor Menschen und ohne Stolz vor Gott. Er trat dafür ein, die Heilige Schrift als Grundlage des Lebens zu sehen, und nicht die Dogmen der Kirche. Er forderte eine Veränderung der Kirche „an Haupt und Gliedern. Er verschenkte sein Geld, das er als Hochschullehrer und Priester verdiente. Sein Christsein bedeutete Nachfolge, bis in den Tod. Luther wurde 100 Jahre später mit dem Schimpfwort „Husit belegt! 1410 vom Papst exkommuniziert, trat er gegen die Ablass- und Kreuzzugsbulle Papst Johannes XXIII. auf; das führte auch zu politischen Auseinandersetzungen. Obwohl er freies Geleit zum Konzil von Konstanz von König Sigismund zugebilligt bekommen hatte, um dort seine Lehre verteidigen zu können, wurde er 1414 verhaftet. Der Prozess in Konstanz war alles andere als fair.

    Der 6. Juli 1415, der Tag der Hinrichtung, beginnt mit einer Messe im Münster. Hus wird zum Widerruf seiner Lehren aufgerufen. Er betet: „Jesus, sieh doch her, dieses Konzil hält dein Tun und dein Gesetz für Irrtum! Nach der Verkündigung des Todesurteils, betet er: „Vergib ihnen!

    Die Hinrichtung leitet ein Fürst von Nürnberg, der vom Kaiser zur Belohnung die Burg Hohenzollern erhält. Die Verbrennung wird gründlich vollzogen: Bücher von Jan Hus werden verbrannt, und die Asche des Scheiterhaufens wird in den Rhein geschüttet.

    Giordano Bruno, ein ehemaliger Dominikaner knüpfte an die pantheistischen Gedanken der Antike an, nach denen Gott, das unpersönliche Prinzip, identisch mit der Natur ist. Daher muss - so Bruno - der Mensch nach der Erkenntnis der Natur streben und nicht nach der Erkenntnis irgendeines übernatürlichen Wesens. Da Bruno die Verfolgungen der Kirchenhierarchie fürchtete, führte er nach seiner Flucht aus dem Orden ein ruheloses Wanderleben durch Frankreich, England und Deutschland. Zu Beginn der 90er Jahre lockte man ihn in provokatorischer Absicht nach Italien, beschuldigte ihn der Häresie und übergab ihn der Inquisition. Die Inquisition hat sich schon früh für Giordano Bruno interessiert. Durch seine Äußerungen über die katholische Kirche und seine eigene Weltanschauung war er der katholischen Kirche aufgefallen. Ab dem Jahre 1592 zog ihn das heilige Amt erst in Venedig, dann in Rom für seine Äußerungen zur Verantwortung. Schon während seiner Mönchzeit begann Giordano Bruno an der Trinität der Gottheit und der unbefleckten Empfängnis Marias zu zweifeln. Des Weiteren äußerte er sich anerkennend zu einigen Ketzern und forderte seine Mitbrüder auf ein vernünftiges Buch zu lesen. Copernicus Entdeckung, dass die Erde sich um die Sonne drehe und nicht umgekehrt, zog Giordano Bruno in den Bann: „Copernicus verdanken wir unsere Befreiung von einigen falschen Vorurteilen. Ihm verdanken die Menschen, dass sich wieder erheben und aufrichten können. Diese Erkenntnis bezog Giordano Bruno auf sein Weltbild. Es gab in seinen Augen ein unendliches Weltall, mit unzähligen Welten, und diese Ansicht übertrug Bruno auch auf sein Gottesverständnis, für ihn war Gott auch unendlich. Des Weiteren glaubte er an die Lehre der Seelenwanderung, nichts war vergänglich und alles kehrte zurück. In seinem Buch „Die Austreibung der triumphierenden Bestie (1584) kritisierte Giordano Bruno die Haltung der Kirche, unter anderem zog er den Heiligenkult ins Lächerliche. An seiner Weltanschauung und seiner Kritik nahm die katholische Kirche Anstoß und forderte ihn im Inquisitionsprozess auf, seine Äußerungen zu widerrufen.

    Skizzieren wir zunächst kurz die Rolle der Inquisition, auf die wir an späterer Stelle noch ausführlich zu sprechen kommen.

    385 n. Chr. kam es zum ersten Inquisitionsprozess durch die christliche Kirche. Ihren eigentlichen Anfang fand die Inquisition aber im frühen Mittelalter. Der Ketzererlass des hohenstaufischen Kaiser Friedrich II. trieb die Entwicklung der Inquisition um ein weiteres voran. Zuerst lag die Bekämpfung der Ketzer in den Händen der Bischöfe. 1231 übertrug Papst Gregor IX. die Inquisition dem Dominikaner- und Franziskanerorden. Im 13. Jahrhundert wurde die Folter als Mittel der Inquisition eingeführt und ab dem Jahr 1231 forderten die päpstlichen Statuten eine allgemeine Einführung des Feuertodes. In Spanien förderte der Großinquisitor Tomas de Torquemada die Inquisition. Sie fand ihren Höhepunkt im 15. Jahrhundert und wurde um ca. 1540 von der römischen Inquisition übernommen.

    Kehren wir zu Bruno und dem Ablauf mit der Inquisition zurück:

    1592: Giordano Bruno reist nach Venedig, um dort dem Herrn Moncenigo in der Gedächtnis- und Erfindungskunst zu unterrichten.

    22. Mai: Bruno wird von Moncenigo gefangengesetzt und bei der venezianischen Inquisition denunziert.

    25. Mai: Beginn des Prozesses gegen Giordano Bruno.

    30. Juli: Es findet das letzte Verhör statt. Giordano Bruno distanziert sich von seinen Schriften, um einer weiteren Strafe zu entgehen.

    September: Rom verlangt die Auslieferung Giordano Brunos.

    1593, 17.Januar: Giordano Bruno wird durch den venezianischen Senat an den Kirchenstaat ausgeliefert.

    19.Februar: Überführung Brunos nach Rom.

    27. Februar: Giordano Bruno trifft in Rom ein.

    Dezember: Es kommt zum ersten Verhör Brunos durch den Großinquisitor San Severina, dem alle Kardinäle beiwohnen.

    1594: Giordano Bruno muss sich weiteren Verhören unterziehen.

    10. Dezember: Giordano Bruno weist in einem Schreiben an die Inquisition all Anschuldigungen von sich.

    1595, 9. Februar: Die Inquisition gibt den Befehl, alle erschienenen Werke Giordano Brunos einer Untersuchung zu unterziehen.

    Dezember: Giordano Bruno wird zu seinen Werken befragt.

    1597, 24.März: Das heilige Amt legt Bruno eine Anklageschrift vor und fordert ihn auf, dass er seine Äußerungen über die unzähligen Welten widerrufe.

    1598: Die Prozedur des Verhörs wird mehrere Male ohne Erfolg wiederholt.

    1599: 14.Januar: Die römische Inquisition legt Bruno acht ketzerische Behauptungen aus seiner Feder vor, damit er diesem als ketzerisch abschwöre.

    18. Januar: Giordano Bruno bekommt sechs Tage Bedenkzeit, um seine ketzerischen Äußerungen abzulegen.

    24. August: Brunos Verteidigungsschrift wird von Kardinal Bellarmin abgelehnt.

    21. Oktober: Bruno wird ein weiteres Mal verhört und erklärt, dass er nichts zu widerrufen habe.

    1600, 20.Januar: Papst Klemens VIII. wird über die erfolglosen Bemühungen, Giordano Bruno zu Einsicht zu bringen, unterrichtet: „Der Befragte habe jedoch erklärt, er habe nie ketzerische Sätze aufgestellt, sondern seine Lehren seien von den Beamten des heiligen Amtes falsch aufgefasst worden."

    8. Februar: Giordano Bruno wird von der Inquisition verurteilt und der weltlichen Gewalt übergeben.

    Lange Zeit nahm Giordano Bruno neben seinem berühmten Zeitgenossen Galilei Galileo eine eher randständige Bedeutung ein. Sein wissenschaftlich-philosophischer Rang und die Wirkung seines umfangreichen Werkes waren von seinen Lebzeiten bis weit in die Moderne umstritten. Kein Zweifel, Bruno war ein unbequemer Philosoph und ist in seinem ereignisreichen Leben immer wieder in das Ränkespiel verfeindeter Lager geraten. Sicherlich haben seine Unnachgiebigkeit in philosophischen Fragen und seine nonkonformistische Haltung, etwa sein vehementer Antiklerikalismus und seine antischolastische Position, die auch vor der Lehre des Aristoteles nicht haltmachte, ihm nicht gerade große Beliebtheit eingetragen. Bruno war einer der großen Denker der Renaissance. Er erweiterte die Hypothese des Kopernikus zur Weltanschauung („Vom unendlichen All und den Welten" 1584) und vertrat einen metaphysischen Pantheismus, der für das moderne Lebensbild (Herder, Goethe, Schelling) wegweisend wurde. Er vollzog die Trennung von Philosophie und Theologie und brach völlig mit der römischen Kirche. Der Hauptgrund für Brunos Verurteilung war die Art, wie er das Verhältnis Gottes zur Welt definierte. Er wies die Ansicht zurück, dass Gott die Welt von außen, wie ein Rosslenker ... Solche Ansichten galten zu seiner Zeit als ketzerischer Monismus und Pantheismus. Am 17. 2. 1600 wurde er in Rom als Ketzer verbrannt.

    Galileo Galilei

    Die Erde steht still und ist der Mittelpunkt der Welt, so wird die Bibel interpretiert. Für den Astronom Nikolaus Kopernikus dagegen steht die Sonne im Zentrum des Universums und wird von der Erde umkreist. Als mathematische Theorie erregt dieses „heliozentrische Weltsystem" lange keinen Anstoß und dient sogar einem Papst zur Berechnung des neuen gregorianischen Kalenders. Doch Galilei macht aus der Theorie eine feststehende Wahrheit. Galilei rührt an uralte Gewissheiten: Es geht nicht nur um Sonne und Erde, es geht um den Anspruch der Naturwissenschaft, mit der Bibel zu konkurrieren. Es geht um das Wesen der menschlichen Existenz. Denn der Mensch als Krone der Schöpfung in der Welten-Mitte wird in Frage gestellt.

    In Rom lässt sich wenige Jahre später der eitle Papst Urban VIII. als Förderer der neuen Wissenschaften feiern. Der Papst will sich auch mit dem großen Galilei schmücken. Gleichsam als Freund, ermutigt er ihn, in einer Schrift die astronomischen Weltbilder zu vergleichen. Dafür, dass die Erde Mittelpunkt der Welt sei, liefert der Papst Galilei selbst die Argumente. Galilei verwendet sie wirklich, doch er legt sie in seinem

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