Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Im Zeichen des Ares
Im Zeichen des Ares
Im Zeichen des Ares
eBook406 Seiten5 Stunden

Im Zeichen des Ares

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Die Flucht aus Syrien hat Karim und seine Schwester Selma nach Griechenland geführt. Die weitere Reise muss unterbrochen werden, da ein wichtiger Auftrag auf die Geschwister wartet.
In Athen wurden grausame Ritualmorde verübt. Alles deutet daraufhin, dass nur eine Waffe auf der Welt solche Wunden erzeugen kann: Das Schwert des Ares.
Aber wie kommt das Kampfschwert des Gottes nach Athen? Warum versammeln sich Dämonen Armeen in Griechenland?
Karim und Selma erhalten den Auftrag, das Schwert zu finden. Gemeinsam mit einem Kommissar der griechischen Polizei beginnen sie ihre Ermittlungen. Als Selma von feindlichen Dämonen entführt wird, erkennt Karim die wahre Gefahr. Der einzige Weg, seine Schwester zu befreien und einen Krieg der Dämonen zu verhindern, ist die Unterstützung der Götter.
Aber wie wird Ares, der Gott des Kriegsgemetzels, auf Karims Bitte um Frieden reagieren?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum19. Juli 2016
ISBN9783738077995
Im Zeichen des Ares

Ähnlich wie Im Zeichen des Ares

Titel in dieser Serie (1)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Im Zeichen des Ares

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Im Zeichen des Ares - A. M. Ried

    Prolog

    Cape Sabatiki, Griechenland

    1579 v Chr.

    Er hatte die beiden Befehle direkt von seinem Vater erhalten.

    Nicht, dass ihn die Wünsche seiner Eltern jemals besonders interessiert hätten, aber diesmal war es anders gewesen. Aus einer normalen Erziehungsmaßnahme war mehr geworden, denn diese Befehle waren von seinen beiden Onkeln unterstützt worden.

    Aber er verstand die Strafmaßnahmen nicht!

    Was hatte er schon Großartiges verbrochen, das eine so strenge Bestrafung gerechtfertigt hätte?

    Gut, überlegte er, ich hätte mich nicht im Ehebett mit einer verheirateten Frau erwischen lassen dürfen, mit der ich bereits fünf Kinder gezeugt habe. Das hat dem gehörnten Ehemann nicht gefallen.

    Aber sein Vater sollte sich mit solchen Vorwürfen besser zurückhalten, war dieser doch mit der eigenen Schwester verheiratet und hatte zehn Kinder mit fünf verschiedenen Frauen gezeugt.

    Wahrscheinlich war der Hauptgrund für die Bestrafung, dass er mit seinem Schwert bei der letzten Schlacht über zweihundert Männern die Bäuche ausgeschlitzt hatte. Sein Vater und die beiden Onkel liebten es nicht besonders, wenn die Erde mit den Innereien der Sterblichen bedeckt wurde.

    Er schloss für einen kurzen Moment die Augen und dachte über sein Leben nach. Seine Freunde nannten ihn den Gott des Kriegsgemetzels.

    Aber besaß er überhaupt Freunde?

    Die wenigen, die dieses Privileg besessen hatten, waren tot, hinterrücks ermordet, gefallen in irgendeiner sinnlosen, blutigen Schlacht, hingemetzelt auf dem Feld der Ehre, das so wenigen wirklichen Ruhm und so vielen den Tod gebracht hatte.

    In vielen bitteren Visionen sah er das vor sich aufsteigen, was die Nachwelt vielleicht eines Tages beim Klang seines Namens empfinden mochte. Heldenmut? Unerschütterlichkeit? Treue, Ergebenheit oder Mut?

    Er zuckte mit den Schultern, denn es war ihm gleichgültig. Wichtiger war ihm, was die Feinde über ihn dachten. Und er wusste, alle hatten Angst und Respekt vor ihm, denn Streit, Blutbäder und Mordgetümmel sind sein Ein und Alles. Berauscht und hemmungslos findet er kein Ende, wenn er einmal am Schlachten und Morden ist. Er ist ungehobelt und wild. Einmal in Mordlust versetzt, ist er nur schwer zu bändigen. Mit seinem berühmten Schwert zieht er in jede nur mögliche Schlacht und verlässt diese stets als Sieger. Denn er ist unbesiegbar!

    Er öffnete die Augen und blickte das Schwert an, das er in seiner rechten Hand hielt. Lag seine Unbesiegbarkeit an seinem Kampfschwert? Er strich fast zärtlich über die Klinge.

    Dieses Schwert hatte viele Besonderheiten, denn er hatte es von Vulcanus, dem Schmied der Schmiede, anfertigen lassen. Dieser schützte das Schwert mit mächtigen Zaubern, sodass nur Außerwählte es tragen können. Er schmiedete das Schwert aus den härtesten Materialien, die er selbst kannte. Die Klinge wurde nie abgeschliffen, denn sie verlor niemals ihre Schärfe. Ein dunkles Schwert, das seinem Träger die Unsterblichkeit verleiht und ihn so unbesiegbar macht. Dieses Schwert trägt die Seelen der gefallenen Krieger in sich, weswegen nur die erfahrensten Kämpfer in der Lage sind, dieses Schwert zu kontrollieren.

    Er gab seinem Kampfschwert den Namen Unique.

    Und nun hatte er den Befehl erhalten, sein Schwert von der höchsten Klippe ins Meer zu werfen. Dort würde es sein Onkel Poseidon, der Herrscher der Meere, in Empfang nehmen und sicher verwahren.

    Das sollte doch bereits Strafe genug sein!

    Aber nein, sein Vater hatte eine weitere Strafe bestimmt. Er musste noch zusätzlich die Welt der Menschen verlassen und sich in die Obhut von seinem Onkel Hades, dem Herrscher der Unterwelt, begeben. Dort sollte er so lange bleiben, bis seine Seele ausreichend geläutert war.

    So ein Mist, dachte er. Diese Strafe empfand er als starke Erniedrigung. Er sollte viele Jahrhunderte in der Unterwelt verbringen. Wahrscheinlich würde er vor Langeweile eingehen, wir ein Mensch ohne Liebe.

    Diese zusätzliche Strafe hatte er dem gehörnten Ehemann seiner Geliebten zu verdanken. Nur weil er mit dessen Ehefrau fünf Kinder gezeugt hatte? Er wusste, dass Hephaistos nicht eifersüchtig war, denn er betrog seine Gemahlin ebenfalls ständig. Aber der gehörnte Gatte fühlte sich in seinem Stolz und in seiner Ehre beschmutzt. Dem Betrogenen war bewusst, dass er in einer direkten Auseinandersetzung verlieren würde, daher hatte er auf der zusätzlichen Strafe mit dem Gang in die Unterwelt bestanden.

    Pah!, dachte er. So ein Feigling!

    Aber dann huschte ein Lächeln über seine Lippen, denn plötzlich dachte er an seine Geliebte, an die Ehefrau des Hephaistos. Wie sehr er die Frau liebte, spürte er mit jedem Atemzug. Es war niemand Geringeres als Aphrodite, die Göttin der Liebe, der Schönheit und der sinnlichen Begierde. Er hatte fünf Kinder mit Aphrodite gezeugt: Anteros, Gott der verschmähten Liebe; Harmonia, Göttin der Eintracht; Deimos, Gott des Grauens; Phobos, Gott der Furcht; Enyalios, Gott des Kampfes.

    Sein Herz zog sich zusammen, wie von einer mächtigen Faust gepresst. Was würde aus seinen Kindern werden, wenn er in die Unterwelt zu seinem Onkel Hades verbannt wird? Würde Aphrodite ihren unehelichen Nachwuchs verstoßen, wie es der gehörnte Ehemann sicher verlangen wird?

    Erneut zuckte er mit den Schultern und öffnete die Augen. Er blickte über das offene Meer und war sicher, dass sein Onkel Poseidon unter der Wasseroberfläche bereits auf das Schwert wartet und ihn aufmerksam beobachtet.

    Er wandte seinen Kopf nach links und erkannte den Fluss Acheron, der nur unweit von seiner Position in das Meer mündete. Auf dem Fluss wartete bereits der Fährmann Charon, der ihn zu seinem Onkel Hades bringen würde.

    Er schloss abermals die Augen, legte den Kopf in den Nacken und genoss für wenige Augenblicke die letzten wärmenden Strahlen der Sonne. Kalter Wind war über der griechischen Küste aufgekommen, fuhr raschelnd durch das Gras unter seinen Füßen. Irgendwie hatte dieser Wind eine fast symbolische Bedeutung für ihn. Für dieses Land, vielleicht für die ganze Welt. Es war Abend, aber es schien nicht nur der Abend eines Tages zu sein, sondern der Sonnenuntergang einer Epoche, die kurze Dämmerung, der Jahrhunderte der Finsternis folgen sollten.

    Er wusste, dass die Menschen ihn als unbesiegbaren Helden ansehen werden. Was würden all diese nachfolgenden Generationen wohl sagen, dachte er, wenn sie ihn jetzt sehen könnten? Einen verurteilten Gott, der mit gebeugten Schultern auf einer felsigen Klippe steht und mit Tränen in den Augen an seine fünf Kinder denkt.

    Gegen seinen Willen musste er lächeln. Götter weinen nicht! Das war einer der Grundsätze, die sie ihm immer und immer wieder eingehämmert hatten.

    Er öffnete die Augen und trat dicht an den Felsabbruch heran. Das Meer rollte fast hundert Meter unter ihm donnernd gegen die schwarzen Klippen.

    Er hob das Schwert, fing die letzten Strahlen der untergehenden Sonne auf dem blitzenden Metall ein und studierte die verschlungenen Gravuren auf der fast meterlangen Klinge. Es schimmerte immer noch makellos und rein in seinen Händen. Nicht der winzigste Fleck war auf dem gehärteten Stahl zurückgeblieben. Das viele Blut hatte keine Spuren hinterlassen.

    Er spürte das sanfte, beruhigende Pulsieren der Waffe in seinen Händen: den Pulsschlag der ungeheuren magischen Kräfte, die in dem schlanken Stück Stahl eingeschlossen waren. Die Macht, die in diesem Schwert schlummerte, war ihm nur zu deutlich bewusst.

    Mit Unique war er unbesiegbar!

    Mit einer entschlossenen Bewegung holte er aus und schleuderte sein Kriegsschwert von sich. Die Waffe beschrieb einen weiten, glitzernden Bogen, drehte sich wie unter einer inneren Kraft schneller und immer schneller, bis es einem flammenden Feuerrad zu gleichen schien.

    Dann tauchte es in den Wellen unter. Poseidon, der Bruder seines Vaters, würde das Schwert gut verstecken, sodass es niemals in falsche Hände fallen würde, um als unbesiegbare Waffe missbraucht zu werden.

    Er blieb noch lange so stehen, starrte auf die Stelle, an der Unique verschwunden war, und dachte nach. Er fühlte sich wie von einer schweren, drückenden Last befreit, denn er hatte den Befehlen seines Vaters, dem Göttervater Zeus, gehorcht.

    Dann spürte er eine schwere Hand, die sich auf seine Schulter legte. Er drehte den Kopf und blickte in die schwarzen Augen des Fährmannes Charon.

    „Kommst du, Ares?, forderte der Fährmann. „Hades wartet bereits auf dich.

    Und Ares, der Gott des Kriegsgemetzels, nickte zustimmend und folgte dem Fährmann in die Unterwelt.

    1

    Delta Hotel

    Kerameon 27, Athen, Griechenland

    „Hast du mit ihr gesprochen?", erkundigte sich Selma Al Sayed, nachdem sie das Hotelzimmer betreten und die Tür hinter sich verschlossen hatte.

    „Ja", antwortete Karim, der zwei Jahre ältere Bruder von Selma.

    „Und? Nun mach es nicht so spannend!", fauchte seine Schwester und warf zwei Einkaufstaschen auf das Bett.

    „Faizah geht es gut, wenn du das gemeint hast, aber du hast doch heute bereits selbst mit ihr telefoniert."

    „Das meinte ich nicht! Du weiß genau, was ich wissen wollte."

    Natürlich wusste Karim, was seine Schwester interessierte. Bevor sie aus der syrischen Stadt Hesen Dera geflüchtet waren, hatte Karim eine Liebesbeziehung mit Faizah, der hübschen Nachbarstochter, begonnen. Die Flucht hatte das Liebespaar getrennt. Karim war mit seiner Schwester Selma durch den Abyssos, die Unterwelt der Dämonen, gereist, da auf beide ein Auftrag in Deutschland wartete. Gleichzeitig war die Bevölkerung von Hesen Dera in die Türkei geflüchtet.

    Karim hatte während der abenteuerlichen Reise durch den Abyssos und den Hades von Faizah geträumt und das Mädchen in guter Hoffnung gesehen.

    „Ja, das weiß ich genau", meinte Karim nachdenklich.

    „Karim! Du nervst langsam! Nun sag mir schon, was los ist", sagte Selma, mittlerweile leicht genervt.

    „Faizah ist wirklich schwanger."

    Selma grinste breit und warf sich dem Bruder an die Brust. „Ich gratuliere, Karim, das ist wundervoll."

    „Danke, Selma."

    „Wie geht es ihr? Wie verträgt sie die Schwangerschaft? Ist ihr oft übel?"

    „Äh?"

    „Du weißt das nicht?"

    „Nein. Aber sie hörte sich gut an."

    „Du bist ein Dummkopf! Warum hast du Faizah nicht danach gefragt?"

    „Wir sprachen über wichtigere Dinge", antwortete Karim.

    „Was könnte denn wichtiger sein?"

    „Hm."

    „Na gut, ich will es gar nicht wissen, meinte Selma und löste sich aus der Umarmung. „Hast du es Vater oder Tarek bereits gesagt?

    „Nein ... ich habe bisher nur mit Faizah telefoniert."

    „Und wann hast du vor, es Vater zu sagen?"

    „Hm."

    „Nun?"

    „Ich werde später mit ihm sprechen, versprochen."

    „Unser Vater muss es wissen. Es ist sein Enkelkind."

    „Enkelkinder."

    „Wie bitte?"

    „Es werden Zwillinge", erklärte Karim.

    „Zwillinge?" Selma riss verwundert die Augen auf.

    „Ja. Zwei Jungs."

    „Woher willst du das wissen? Faizah ist fast zweitausend Kilometer entfernt!"

    „Der Hades sagte es mir."

    „Du meinst deine Traumbilder aus dieser Halle?"

    „Ja."

    „Du solltest nicht alles glauben, was du träumst."

    „Es war kein Traum, sondern die Läuterung durch den Hades."

    „Und du glaubst daran?"

    „Ja ... es war so realistisch."

    „Die Realität entspricht nur selten der Wahrheit. Was sagte Faizah dazu?"

    „Sie weiß es nicht. Es ist ihr auch egal, wichtig ist nur, dass die Kinder gesund geboren werden."

    „So sehe ich es auch."

    „Jetzt lass uns über andere Dinge sprechen. Gibt es Neuigkeiten von Obox-ob?"

    Obox-ob, Herr der Geisterwelt, hatte den Geschwistern bei der Flucht aus der Türkei geholfen. Als Gegenleistung wurde von Selma und Karim das Versprechen geleistet, nach Ares, dem Gott des Kriegsgemetzels, zu suchen, der aus dem Hades geflohen oder entführt worden war. Selma besitzt die Gabe, mit den Wesen der Geisterwelt Kontakt aufzunehmen, zu kommunizieren und in deren Welt zu reisen. Sie hatte die Vereinbarung mit Obox-ob getroffen.

    „Ares befindet sich nicht in der Welt der Geister, er bezweifelt auch, dass sich der Kriegsgott noch im Abyssos aufhält. Dort würde seine Anwesenheit schnell bemerkt werden. Ein Gott in der Unterwelt fällt auf."

    „Was glaubt er stattdessen?"

    „Obox-ob vermutet, dass sich Ares in der Welt der Menschen versteckt hält. Er glaubt sogar, er würde sich hier in der Nähe von Athen aufhalten."

    „Warum glaubt er das?"

    „Dieser Ares scheint ziemlich verliebt zu sein, sagte Obox-ob."

    „Ach ja? Wer ist die Glückliche?", hakte Karim mit einem ironischen Klang in der Stimme nach.

    „Aphrodite."

    „Und wer ist das?"

    „Du ungebildeter Kerl!"

    „Entschuldige bitte! Du scheinst vergessen zu haben, dass ich an der Stadtmauer stand, um Hesen Dera zu verteidigen, statt in der Schule zu sitzen und zu lernen."

    „Du hast recht. Aphrodite ist die Göttin der Liebe, der Schönheit und der sinnlichen Begierde."

    „Klingt aufregend."

    „Ja, scheint sie auch zu sein. Obox-ob meint, sie wäre das schönste Geschöpf, das er je zu Gesicht bekommen hat."

    „Gut, das heißt, dieser Ares hat einen guten Geschmack. Aber was hat das mit unserem Auftrag zu tun?"

    „Diese Aphrodite lebt mit Hephaistos, ihrem Gemahl, in einer der zwölf Wohnungen des Olymps."

    „Aphrodite ist verheiratet?"

    „Ja, mit Hephaistos, so erklärte es mir Obox-ob."

    „Und dieser Ares ist in Aphrodite verliebt, obwohl sie verheiratet ist?"

    „Ja. Sie scheinen eine heimliche Affäre zu führen."

    „Diese Aphrodite geht fremd?", rief Karim entsetzt.

    „Ja. Obox-ob meinte, das täten fast alle Götter. Übrigens auch die Könige, Prinzessinnen und Fürsten der Unterwelt. Du erinnerst dich?"

    „Ja, sicher. Prinzessin Targunitoth scheint auch regelmäßige Affären zu haben. Aber was ist mein Glauben noch wert, wenn selbst die Götter keine Vorbilder mehr sind, sondern die Ehe brechen?"

    „Eine gute Frage, Karim. Wir sollten bei nächster Gelegenheit den Imam danach fragen."

    „Ja! Das werde ich tun. Aber nun erzähl bitte weiter, was Obox-ob noch sagte."

    „Er glaubt, dass sich der verliebte Ares in der Nähe der Aphrodite aufhalten wird, also in Griechenland. Außerdem meint Obox-ob, dass Ares nach seinem Schwert suchen wird."

    „Nach einem Schwert?", erkundigte sich Karim und zog die rechte Augenbraue empor.

    „Bevor Ares zur Läuterung in den Hades verbannt wurde, hat Zeus, sein Vater, von ihm verlangt, sein Schwert abzugeben."

    „Und? Hat er das getan?"

    „Vermutlich. Aber Obox-ob kann nichts Genaues dazu sagen."

    „Wo vermutet er das Schwert des Ares?"

    „Es gibt ein Gerücht, dass Ares es ins Meer geworfen hat. Jedoch kann niemand darüber eine sichere Aussage treffen."

    „Also wird sich dieser Ares in der Nähe seiner Geliebten aufhalten und nebenbei nach seinem Schwert suchen?", stellte Karim als Vermutung auf.

    „Das vermutet Obox-ob. Wir sollten die Umgebung vom Olymp überprüfen. Außerdem müssen wir recherchieren, von welcher Stelle Ares sein Schwert ins Meer geworfen hat."

    „Und wie sollten wir dieses Kunststück ausführen?"

    „Dafür gibt es doch das Internet, Karim."

    „Dann brauchen wir einen Computer mit Internet-Zugang."

    „Keiner benutzt mehr einen Computer. Ich werde uns ein i-Pad besorgen, so sind wir ständig online, selbst wenn wir uns durch Athen bewegen."

    „Was ist ein i-Pad?"

    „Ach, Karim ..."

    „Ich kann dir erklären, wie man eine Kalaschnikow oder eine Panzerbüchse bedient und abfeuert!"

    „Ja, schon gut. Ein i-Pad ist ein Tablet, ein kleiner, flacher, tragbarer Computer mit Internetzugang."

    „Dann besorg uns so ein Teil."

    „Ja, werde ich tun. Hast du bereits deinen Rucksack kontrolliert?"

    „Nein, warum?"

    „Es war Labolas. Während du im Koma gelegen bist, hat er deine Kalaschnikow mit in den Abyssos genommen. Er meinte, hier in Athen würdest du sofort mit einer Maschinenpistole verhaftet werden. Die Menschen scheinen in ständiger Angst vor Terroranschlägen zu leben, und du als Syrer stehst ganz oben auf der Gefährdungsliste. Du besitzt nur noch deine Makarow Pistole und den Jambia Krummdolch. Labolas sagte, du sollst die Waffen gut versteckt tragen, wenn wir uns in Athen bewegen."

    „Das erscheint mir vernünftig zu sein."

    „Du solltest mit Labolas Kontakt aufnehmen. Er wird dich über die Neuigkeiten informieren."

    „Ja, werde ich tun."

    Labolas ist ein koboldartiger Dämon aus dem Abyssos, der von Prinzessin Targunitoth den Auftrag erhalten hatte, die Geschwister auf der Flucht von Syrien nach Deutschland zu begleiten. Karim verfügt über die Gabe, mit den Dämonen im Abyssos Kontakt aufzunehmen, mit diesen zu kommunizieren und die Unterwelt zu betreten.

    „Dann frage ihn bei dieser Gelegenheit, ob es im Abyssos Informationen über den Aufenthaltsort von Ares oder von seinem Schwert gibt."

    „Ja, werde ich tun."

    „Und du telefonierst mit unserem Vater! Er hat ein Recht darauf zu erfahren, dass er Großvater wird."

    „Ja, ja, schon gut."

    „Außerdem habe ich etwas zu essen gekauft. Du solltest dich stärken, denn du hast abgenommen und viel Kraft verloren."

    „Oh ja, ich habe mächtigen Hunger! Was machst du zwischenzeitlich?"

    „Ich werde in die Innenstadt fahren und uns ein i-Pad kaufen. Wir sollten schnellstmöglich mit der Recherche und unserer Suche nach diesem Ares und seinem Schwert beginnen."

    „Woher hast du eigentlich das Geld, um das alles zu bezahlen?"

    „Obox-ob."

    „Was ist mit ihm?"

    „Er hat mir gezeigt, wo ich das Geld finde", erklärte Selma.

    „Man kann in Athen Geld finden?", hakte Karim verblüfft nach.

    „Obox-ob sagte, man kann überall Geld finden, wenn man nur weiß, wo es versteckt ist. Er führte mich zu zwei Orten, wo Geld verloren wurde. Dieses nahm ich mir."

    „Ist das kein Diebstahl?"

    „Keine Ahnung. Aber wir brauchen dringend das Geld, daher sollten wir nicht so kleinlich sein. Jemand hat es verloren, und ich habe es eben gefunden."

    „Aber ..."

    „Kein Aber! Wir müssen das Hotelzimmer bezahlen, wir brauchen etwas zum Essen, ein Handy und ein i-Pad. Wie sollte das alles finanziert werden?"

    „Äh ... ich ..."

    „Ach, hör doch auf. Wie hättest du ohne dieses Geld mit Faizah telefonieren können? Alles kostet Geld!"

    „Schon gut."

    „Jetzt iss etwas und ruf bei Vater an!"

    2

    Selma verließ das Hotel und bestieg einen roten Kleinwagen.

    Sie hatte vor zwei Tagen das Auto von dem gefundenen Geld erworben. Bisher hatte sie Karim verschwiegen, dass sie einen eigenen Wagen besaßen. Außerdem durfte der Bruder nicht wissen, dass sie mit ihren fünfzehn Jahren bereits ein Auto steuerte, aber sie hatte dies in den Jahren des Bürgerkrieges bereits frühzeitig erlernt.

    Ob Karim jedoch verstehen würde, dass sie hier in Athen ohne Führerschein fuhr, bezweifelte sie. Aber für Selma war es wichtig. Sie hatte das Gefühl, dass diese Unabhängigkeit noch von großer Bedeutung sein würde.

    Als sie den Kleinwagen vom Hotelparkplatz rollen ließ, war es bereits dunkel. Rasch reihte Selma das rote Auto in den fließenden Verkehr ein. Sie war in den Athener Berufsverkehr geraten und würde länger bis an ihr Ziel brauchen, als es geplant war.

    Sie beschloss, die stark befahrenen Hauptstraßen zu verlassen. Das Navigationsgerät, das sie gestern erworben hatte, würde sie sicher durch Athen führen.

    An der nächsten Kreuzung bog sie links ab. Schon nach kurzer Zeit flaute der Verkehr deutlich ab. Sie lenkte den Kleinwagen durch eine ruhige Wohngegend. Hier waren nur noch sehr wenige Fahrzeuge unterwegs.

    Aus diesem Grund bemerkte Selma auch den Wagen, der ihr folgte!

    Anfangs dachte sie sich nichts dabei und schenkte ihm auch kaum Beachtung. Als sie nach fast zehn Minuten noch immer dasselbe Scheinwerferpaar im Rückspiegel sah, wurde sie misstrauisch. Sie fuhr schneller, begann kreuz und quer durch die Siedlungen zu kurven.

    Der andere Wagen ließ sich nicht abschütteln. Wohl fiel er gelegentlich etwas weiter zurück, um aber schon in der nächsten Minute wieder aufzuholen. Wie ein glühendes Augenpaar klebten die Lichter des fremden Wagens im Innenspiegel ihres Autos.

    Jetzt bestanden keine Zweifel mehr. Sie wurde verfolgt!

    Wer konnte das sein? Wer wusste von ihrer Anwesenheit in Athen?

    Polizei konnte es nicht sein, die hätten längst die Sirene eingeschaltet und Selma gestoppt. Wollte ihr jemand nur Angst einjagen?

    Wie dem auch war – Selma nahm sich vor, dem anderen zu zeigen, wie ein syrisches Mädchen Auto fahren kann.

    Ihr Fuß drückte das Gaspedal tiefer. Der Motor heulte auf. Augenblicklich vergrößerte sich der Abstand zwischen den beiden Autos. Die Reifen kreischten, als Selma den Kleinwagen um die nächste Ecke jagte.

    Ein kurzer Griff – und die Scheinwerfer ihres Wagens verloschen. Eine Grundstückseinfahrt tauchte linkerhand auf. Selma lenkte das Auto ein Stück den daran anschließenden Weg hinauf und stellte die Zündung ab, noch bevor der Verfolger in die Straße einbog.

    Es klappte, wie sie es sich vorgestellt hatte.

    Der andere Wagen fuhr vorbei, ohne sie zu bemerken. Sie konnte gerade noch erkennen, dass es sich um einen schwarzen Geländewagen handelte. Sie vermutete einen Audi Q5 oder VW Touareg. Um das Gesicht des Fahrers zu erkennen, reichten weder die Zeit noch die Lichtverhältnisse aus.

    Sie verzichtete auf die Scheinwerfer, als sie den Kleinwagen zurücksetzte und in die andere Richtung fuhr. Kein weiteres Fahrzeug war zu sehen. Erst einige Straßen weiter wagte sie es, das Licht einzuschalten.

    Immer wieder warf sie nervöse Blicke in den Rückspiegel. Doch der andere Wagen schien ihre Spur verloren zu haben. Nachdem die Verfolgung ausgestanden war, betrachtete sie die Angelegenheit um einiges nüchterner.

    Irgendein Mann konnte sie bei einem Ampelstopp gesehen haben. Sie hatte ihm gefallen und er wollte wissen, wer die fremde junge Schönheit war. Deshalb war er ihr nachgefahren. Und nun hatte er das Spielchen aufgegeben. Das wäre eine Erklärung gewesen.

    Selma versuchte, sie zu akzeptieren. Völlig überzeugt war sie jedoch nicht.

    Das Navigationsgerät führte sie ohne weitere Umstände zu einem Elektrogeschäft, der Apple-Produkte führte. Sie entschied sich für ein i-Pad Air 2 in weißer Farbe. Der Verkäufer half bei der Einrichtung und der Internetverbindung.

    Zurück im Hotel, fand sie Karim schlafend auf dem Bett wieder. Er hatte einiges gegessen, wie Selma erkannte. Sie räumte die Taschen zur Seite, deckte den Bruder zu und löschte das Licht.

    Sie selbst bewohnte das Zimmer direkt neben dem von Karim. Durch eine direkte Verbindungstür betrat sie ihr Hotelzimmer.

    Selma nahm eine kleine Flasche Mineralwasser aus der Minibar und trat hinaus auf den kleinen Balkon. Sie genoss die Ruhe des nächtlichen Athen.

    Ihr Blick wanderte nach unten. Der Vorplatz des Hotels lag im kalten Schein zahlreicher Straßenlaternen. Auch die Straße wurde vom Licht erfasst.

    Ebenso wie der schwarze Geländewagen!

    Als wäre das Geländer plötzlich glühend heiß geworden, stieß Selma sich davon ab. Die Wasserflasche rutschte ihr aus den Fingern und zersprang auf den Bodenfliesen.

    Jetzt kam das Kämpferherz des Mädchens hervor!

    Sie hatte in den Jahren des Bürgerkrieges gelernt, dass man immer mutig vorangehen musste.

    Sie öffnete den Kleiderschrank, kramte aus der Tasche ihre Pistole hervor und schob sie in den Hosenbund. Dann zog sie eine Jacke an und verließ das Hotelzimmer. Der Lift bewegte sich für ihren Geschmack viel zu langsam. Ihr schmales Kinn hatte sie angriffslustig vorgeschoben, die Hände zu Fäusten geballt. Zorn ließ ihre Augen blitzen.

    Natürlich konnte sie sich geirrt haben. Das Hotelzimmer lag im fünften Stockwerk. Trotzdem schloss Selma einen Irrtum aus. Da unten stand der Geländewagen, der ihr vorhin gefolgt war.

    Sie wollte jetzt wissen, wer ihn lenkte. Das Spiel würde sein Ende finden. Hier und heute!

    Dass sie sich mit ihrem Vorhaben möglicherweise in Gefahr brachte, bedachte sie keine Sekunde lang. Sie hatte in Syrien und bei der gefährlichen Flucht durch die Türkei schon brenzligere Situationen überstanden.

    Endlich kam der Lift im Erdgeschoss an. Die Türhälften glitten auseinander. Selma hetzte durch die Hotellobby hinaus auf die Straße. Mit großen Schritten näherte sie sich der Stelle, an welcher der schwarze Geländewagen geparkt hatte.

    Der Geländewagen, der jetzt nicht mehr da war!

    Selma stieß einen wenig damenhaften Fluch aus. Sie trat auf die Straße und sah in beide Richtungen. Nichts. Nicht einmal rotglühende Heckleuchten, die verschwanden.

    Ihre Wut verrauchte allmählich, als sie zum Fahrstuhl zurückging und wieder hochfuhr. Als sie die Hotelzimmertür hinter sich verschloss, klingelte ihr Handy. Mit der Vermutung, es könnte der Vater oder Faizah aus dem türkischen Flüchtlingslager anrufen, stürmte sie zu ihrem Smartphone und nahm den Anruf entgegen.

    „Hallo?", rief sie.

    Sekundenlang hörte sie nichts außer dem Atmen einer anderen Person. Dann erklang ein unangenehmes, fremdes Lachen.

    „Hallo? Was wollen Sie?", erkundigte sich Selma erneut.

    Der Anrufer fauchte in einem fremdländischen Akzent: „Verschwindet aus Griechenland, wenn ihr am Leben bleiben wollt!"

    Klick. Aufgelegt.

    Langsam legte Selma das Handy zurück auf den Tisch.

    Kurz darauf erklang ein Pling-Ton, der den Eingang einer SMS meldete. Selma öffnete die Nachricht und las:

    »Wir geben euch einen Tag, sonst werdet ihr sterben.«

    Selmas Herzschlag verstärkte sich. Feine Schweiß-Tröpfchen zeigten sich auf ihrer Stirn. Aber sie hatte sich sofort wieder unter Kontrolle.

    Aufgebracht über so viel Geschmacklosigkeit, warf sie ein Kissen in die Zimmerecke.

    3

    Der Mann blieb regungslos im Dunkel des kleinen Heckladeraumes stehen, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er konnte das Gluckern der Wellen hören, die draußen gegen die morschen Planken des Holzbootes leckten; ein leises, in rhythmischer Folge wiederkehrendes Geräusch, das sich mit dem Knarren der Planken mischte.

    Nach einer Weile – er hatte sich lauschend davon überzeugt, dass ihm niemand gefolgt war – zog er sein Smartphone aus der Jackentasche, knipste die Taschenlampen-App an und ließ den Lichtkegel durch den Raum gleiten.

    Die aufgestapelten Ballen und Kisten warfen bizarre, tiefdunkle Schatten. Zitternd blieb der runde Lichtfleck an einer kleinen Kiste hängen. Zwei weiße Worte leuchteten von den dunklen Brettern:

    Danger – κίνδυνος

    Lautlos, auf nackten Sohlen, glitt der Mann an die Kiste heran. Der aufgenagelte Deckel bog sich ächzend, als die Klinge eines Schnappmessers unter ihn glitt und ihn anhob. Alles Weitere war ein Werk von Sekunden.

    Geräuschlos lehnte er den Deckel gegen einen prall gefüllten Leinensack. Seine Hände wühlten in den ölgetränkten Lappen, mit denen die Kiste bis zum Rand gefüllt war.

    Er zog ein schweres, längliches Bündel hervor und lehnte es an die Seitenwand. Darunter lag ein weiteres Paket, aus dem längliche Schnüre herausragten. Vorsichtig legte er das Handy auf die Seite und holte ein Feuerzeug aus der Jacke. Hinter seiner vorgehaltenen Hand glomm mit leisem Fauchen eine Feuerflamme auf.

    Ein gelblicher Lichtfleck zuckte durch die Dunkelheit und zeichnete harte Schatten im Gesicht des Mannes. Seine hellen, fast bleichen Züge gewannen im Taumel von Licht und Schatten eine Dämonie wie eine Götterstatue in einem indischen Tempel.

    Er zündete die langen Schnüre an, die leise zu zischen begannen, und ein feiner, roter Funkenregen sprühte über den Handrücken des Mannes, der das Paket mit einem zwischen den Zähnen hervorgepressten Fluch in die Kiste zurückwarf.

    Blitzschnell schob er das Feuerzeug zurück in die Jackentasche und ergriff das Handy. Der Lichtstrahl der Taschenlampen-App zeigte ihm den Weg zur Tür. Er nahm das längliche, eingewickelte Paket, das an der Wand gelehnt hatte, unter den Arm und verließ den Raum.

    Kurz darauf stand er schweratmend am Fuß der Treppe, die zum Deck hinaufführte. Durch die niedere, offene Tür sah er die Sterne über sich. Im Hintergrund schimmerte die nächtliche Silhouette des Mittelmeerhafens Piräus.

    Doch nur für Sekunden, dann tauchte ein starker Lampenscheinwerfer den Niedergang in gleißendes, schmerzhaftes Licht. Alles war Weiß in Weiß.

    Der Mann hörte einen heulenden Schnellbootmotor ganz in der

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1