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Sternenglanz
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eBook718 Seiten10 Stunden

Sternenglanz

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Über dieses E-Book

Obwohl die Schlacht um Valorien gewonnen ist, beginnt der Krieg gegen das übermächtige Kaiserreich für die junge Königin Luna gerade erst. In einem unerbittlichen Kampf für die Freiheit ihres Volkes muss sie sich dabei auf alte Freunde und einstige Feinde verlassen. Mit Hilfe der Elfe Yatane an ihrer Seite stellt sie sich der Dunkelheit entgegen – und realisiert, dass die Finsternis sich auch bedrohlich um ihre eigene Seele legt, während größere Mächte um das Gleichgewicht der Welt kämpfen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum20. Sept. 2021
ISBN9783754167458
Sternenglanz

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    Buchvorschau

    Sternenglanz - J.D. David

    Kapitel 1

    Luna zog den dicken Mantel enger zusammen, um sich vor der Kälte zu schützen, als eine erneute Bö über die Hügel zog. Schnee wehte ihr ins Gesicht. Die letzten Tage waren sie einem Schneesturm stets entgangen. Doch diesmal wirkten die Wolken noch düsterer als sonst. Es war noch vollkommen finster, dennoch war Luna bereits wach. Die Tage waren stetig kürzer und kälter geworden. Doch sie hatten noch nicht mal die Wintersonnenwende erreicht. Sie würden also noch kürzer werden. Und noch kälter.

    Unten im Lager der Männer brannte das Lagerfeuer und warf einen leichten Lichtschein bis zu ihrem Stand auf dem Hügelkamm. Es war das einzige Licht weit und breit. Sie schätzte zu dieser Zeit die Dunkelheit und die Einsamkeit. Um darüber nachzudenken, was sie mit ihren Herzögen und Rittern entschieden hatte. Wie es mit Valorien weitergehen sollte.

    Ein Schauer durchzog Luna, als die nächste kalte Böe über sie hinweg zog. Sie mochte den Winter nicht. Es war der zweite Winter, den sie erlebte. Damals, in Alydan, war es stets warm gewesen. Anfangs hatte sie sich in Valorien gefreut, als sie mit Vincent den ersten Schnee ihres Lebens genossen hatte. Doch die dauernde Kälte hatte an ihr gezehrt. Als es schließlich wieder Frühling geworden war, war sie unglaublich erleichtert gewesen. Auch diesen Winter hätte sie am liebsten in den warmen Hallen Eloraths verbracht. Doch ihr Schicksal hatte sie woanders hingeführt. Hier in den Süden, in das Kaiserreich, den mächtigsten Feind Valoriens.

    Sie erinnerte sich wie gestern an den Ritterrat, in dem sie den Entschluss gefasst hatten, hier ins Kaiserreich vorzudringen. Es war einer der ersten Räte in der ganzen Runde der neuen Ritter gewesen. Mit ihr als gekrönter Königin, und ihrem Mann Vincent als König und Ritter an ihrer Seite. Viele waren danach nicht mehr gefolgt, bevor sie aufgebrochen war. Es war nicht um weniger gegangen als die große Frage, wie man das Kaiserreich besiegen konnte, um zumindest Kargat zu befreien. Schnell waren sie sich einig, dass es die Truppen Valoriens allein nicht schaffen würden. Nach dem Sieg gegen die 6. Armee und den Rückzug der Nordmänner hatte Luna deren Anführer, Leon, das Freiherrentum Valor Kath überlassen, als Brücke nach Valorien, um die Völker enger aneinander zu bringen. Und um ein bisschen für die großen Opfer zu entschädigen. Dennoch erhoffte sie sich von dieser Seite keine Hilfe. Sie hatten einige Boten geschickt aber die Antwort war klar gewesen: Niemals würde Leon an der Seite von Herzog Celan seine Männer in die Schlacht führen.

    Also würde es auf die verbliebenen Männer Kargats ankommen. Auf all die gefangenen Soldaten, unzufriedenen Bürger, Männer, Frauen, Greise, die ihre Heimat befreien wollten. In jedem Dorf und jeder Stadt. Denn weitere Verbündete hatte Valorien nicht. Doch egal wie oft sie dann planten, wie ein Feldzug aussehen konnte, stießen sie immer wieder an eine Grenze: die Mönche der Laëa. Egal was sie sich ausdachten, wenn deren Kraft sich erst wieder gegen die Städte und Armeen richtete, würde es keine Hoffnung geben. Die Elfen waren zurück nach Alydan gesegelt, mit Ausnahme von Elian, der allerdings zögerlich war, seine Kräfte noch einmal einzusetzen, nachdem was in Elorath passiert war. Selbst wenn sie ein, zwei Elfenfürsten an ihrer Seite wüssten: die Mönche könnten überall auftauchen. Nein, gegen diese Kraft würde es keinen Sieg, schon gar keinen langfristigen Frieden geben. Das Gleichgewicht der Kräfte musste wiederhergestellt werden. Dies konnte nur im Kaiserreich der Sonne, im Herzen des Feindes, gelingen.

    Sie erinnerte sich an die Gespräche mit Daron, als sie noch in Taarl gewesen waren. Wie gut wäre es nun, den Mönch an ihrer Seite zu haben. Er hätte ihnen mit so vielem helfen können. Informationen, Erkenntnissen, oder eben mit der schieren Macht, die er kontrollierte. Doch er war von dieser Macht selbst verschluckt worden, und stand nun als mahnendes Zeichen am Ufer des Calas. Dennoch war seine Anwesenheit, seine Treue zu Valorien, viel wert gewesen. Vincent hatte sehr viel mehr Zeit mit dem Mönch verbracht. Er hatte ihn vieles ausgefragt, und die Informationen notiert. Über Kloster Sonnfels, den Hauptsitz des Ordens. Den Weg dorthin. Die Struktur des Ordens. Und die Gewohnheit der Mönche. Zu diesen gehörte sich auch, jedes Jahr zur Wintersonnwende in Sonnfels einzufinden. Alle Mönche. An einem Ort. Dies war ihre Chance. Nun war es nur noch darum gegangen, wer auf diese Reise aufbrach, die so viele Risiken barg.

    Arthur hatte sich als Ritter als erstes freiwillig gemeldet. Er und seine Schwarzen Pfeile sollten das Herzstück der Truppe bilden. Eine Aufgabe, die dem Ritter aus Rethas wie auf den Leib geschnitten schien. Auch sein Sohn Arved hatte sich melden wollen, war aber sofort von Luna selbst und Arthur zurückgehalten worden. Rethas brauchte seinen Herzog, der an der Seite von Lerke stand. Nein, aus dem Kreis der Adeligen sollte nur Arthur mit seinen treuesten Kameraden die Reise antreten. Doch ein Problem blieb: gegen die Macht der Mönche war Arthur selbst mit Blutstein in der Hand ohne Chance. Sie hatten auch Fürst Elian gefragt. Doch dieser gab zu Bedenken, dass Daron des Öfteren erwähnt hatte, die Präsenz der Elfenfürsten zu spüren. Obwohl er zugegeben hatte, dass die Präsenz Silivas stärker gewesen war, wäre das Risiko zu groß, entdeckt zu werden. Leon mit seiner Rüstung aus alten Tagen würde sie auch nicht unterstützen. So blieb nur Luna, die das Schwert des Schicksals, Zeitensturm, trug. Sie hatte gegen Firentis bewiesen, dass sie zumindest kurzfristig die Macht der Mönche brechen konnte. Für diesen Angriff, der auf Heimlichkeit und Schnelligkeit basierte, sollte dies ausreichend sein. Obwohl alle Ritter, einschließlich ihres Mannes, gegen ihren Vorschlag protestiert hatten, hatte sie sich durchgesetzt. Sie war die Königin und entschied über das Vorgehen. Außerdem standen mit Vincent, Celan, Forgat, und Arved Valorien ein starker König und drei mächtige Herzöge zur Verfügung. Das Land musste eben einen Winter ohne eine Königin auskommen. Dann waren sie schon bald mit einem kleinen Boot aus Lyth Valor aufgebrochen.

    „Königliche Majestät. Die gedämpfte Stimme von Arthur war schon nah, als sie den Ritter bemerkte. Zu vertieft war sie in Gedanken gewesen, und zu sehr hatte sie sich darauf konzentriert, gegen die Kälte zu kämpfen. „Wir müssen gleich aufbrechen. Wir sollten noch mit Fackeln die erste Strecke des Tages zurücklegen, wenn wir es bis zur Sonnenwende nach Sonnfels schaffen wollen.

    Luna rührte sich nicht. Sie schloss noch einmal die Augen und atmete den kalten Wind ein. Es brannte in ihren Lungen, dennoch wollte sie noch einmal durchschnaufen, bevor der Marsch weiterging. Sie hatten einen einen anstrengenden Weg wählen müssen. Durch das Gebirge und die Hügelländer jenseits des Klosters. Denn die Wege durch die Täler und Städte waren unter den wachen Augen der kaiserlichen Soldaten. Also musste es im tiefsten Winter durch diese unwirtlichen Ländereien gehen.

    „Majestät?", fragte Arthur noch einmal nach und fasste Luna leicht an die Schulter.

    „Ja, lass uns gehen."

    Gegen Mittag ließ der Schneefall nach. Erneut war der Schneesturm an ihnen vorbeigezogen. Zumindest in dieser Hinsicht hatten sie Glück gehabt. Sie schritten gerade durch einen dichten Nadelwald, als Luna bemerkte, dass sogar einige Sonnenstrahlen durch die Baumkronen schienen. Mit etwas Glück würde es sogar ein wenig wärmer werden. Beschwingt von dieser Hoffnung beschleunigte sie ihren Schritt. Denn vor ihnen endete der Pfad und führte aus dem Wald hinaus auf die freien Hügel. Vielleicht konnte man bei dem klaren Wetter schon etwas sehen.

    Als sie den Waldrand erreichten, wartete bereits Rogard auf sie. Der Getreue von Arthur bildete stets die Vorhut, um den Pfad vor ihnen auszukundschaften. Mit Arthur und Rogard waren es fünfzehn Männer, die sie aus Valorien begleitet hatten. Bei viel mehr wäre die Gefahr zu groß gewesen, entdeckt zu werden. Für ihr Vorhaben sollte es reichen, insbesondere, da Arthur die Männer handverlesen hatte.

    „Und?", fragte Luna Rogard, noch bevor sie selbst richtig schaute.

    „Seht selbst, Majestät.", antwortete dieser und zeigte in die Täler hinunter, die sich hinter dem Hügel befanden. Sie standen auf einem der höheren Berge und blickten in mehrere Täler, die immer wieder von weiteren Hügeln unterbrochen wurden. Doch viel mehr riss der große Berg am Horizont Luna in ihren Bann. Daron hatte davon erzählt. Als sie genauer hinsah erkannte sie die kleine Burg, oder viel mehr das Kloster, dass sich auf mittlerer Höhe befand. Ein Weg aus dem Tal schlängelte sich am Berg entlang in die Höhe.

    „Das muss es sein.", stellte Luna fest.

    „Ja, es passt zu den Berichten von Daron., bestätigte Arthur, der nun zu ihr aufgeschlossen hatte. „Das ist Kloster Sonnfels. Er ging in die Hocke und blickte skeptisch über die Landschaft vor ihnen. Obwohl sich der Ritter es nicht anmerken lassen wollte, musste er eingestehen, dass er nicht mehr leichtfüßig wie früher große Strecken zurücklegen konnte. Die kurze Verschnaufpause kam da gerade recht.

    „Von hier aus müssen wir mit großer Vorsicht vorgehen., mahnte Arthur dann. „Wenn wir den Feind von hier beobachten können, dann können sie uns auch sehen, wenn wir uns auf Sonnfels zubewegen. Entweder wir gehen nur noch bei Nacht und suchen uns tagsüber Unterschlupf in den Hügeln oder wir umrunden diese Täler weitläufig. So oder so werden wir noch zwei, vielleicht drei Tage brauchen, bis wir das Kloster erreichen. Außerdem sollten wir versuchen zu beobachten, ob noch Brüder eintreffen. Wenn nicht, dann sind wohl alle Mönche schon dort.

    Luna schaute kurz zu Arthur hinunter. Sie hatte dem nichts mehr hinzuzufügen. „Wir sollten durch das Tal gehen und unsere Kräfte schonen.", sagte sie. Obwohl hier die Gefahr entdeckt zu werden größer war, entschied sie sich für diesen Weg. Denn wenn sie auf die Berge hinter Sonnfels blickte, wurde ihr bang, bei einem solchen Wetter und im schlimmsten Fall bei Dunkelheit dort hinaufklettern zu müssen.

    Als sie dort standen näherte sich auf einmal ein Mann der Schwarzen Pfeile und blickte zu Arthur und Rogard.

    „Wir haben Spuren gefunden. Frisch.", sagte der Mann im Flüsterton. Sofort stand Arthur auf blickte erwartungsvoll zu dem Mann, der etwas zurück in den Wald zeigte. Wortlos nickte Arthur und bedeutete Rogard und Luna, ihm zu folgen. Ihre größte Gefahr war, entdeckt zu werden. Wenn jemand die kaiserlichen Soldaten warnte, wäre ihre Mission gescheitert. Mit den wenigen Männern würden sie jeden Kampf, der nicht auf das Moment der Überraschung baute, verlieren.

    Der Mann führte sie ein bisschen in den Wald auf einen kleineren Nebenpfad. Arthur beugte sich hinunter und inspizierte die Spuren. Es waren nur sehr leichte Fußspuren im Schnee. Doch ihre Kante war klar und deutlich. Fallender Schnee war nicht der Grund gewesen, wieso sie so flach waren. Stattdessen musste die Person sehr leicht sein. Ein Kind? Dafür wirkten sie zu groß. Und wieso sollte ein Kind hier allein im Wald sein?

    Arthur blickte zu Rogard und zeigte zwei Finger. Dann winkte er nach vorne, den Spuren entlang. Rogard verstand sofort, nickte zwei der Schwarzen Pfeile zu, und schlich dann den Spuren entlang. Arthur wartet einige Momente, bis die drei Männer tiefer im Wald verschwanden. Erst dann deutete er Luna ihm zu folgen. Leise zog er sein Schwert aus der Scheide.

    Rogard musste sehr genau hinschauen, um die Spuren überhaupt zu sehen. Wer konnte nur so leichtfüßig durch den frischen Schnee laufen? Ein, zwei Mal dachte er, die Spur schon verloren zu haben. Doch dann fand er doch den nächsten Abdruck und folgte den Spuren immer tiefer in den Wald. Wie lange sollten sie diesen überhaupt folgen? Wenn nun derjenige, den sie verfolgten, sie überhaupt nicht bemerkt hatte? Und das Risiko entdeckt zu werden durch die Verfolgung stieg? Er wollte gerade innehalten, als die Spuren auf einmal an einem Baum endeten. Verwirrt suchte er im Schnee um ihn herum. Nirgends waren weitere Abdrücke zu erkennen. Er blickte hoch und zu den beiden anderen Kriegern, die in einigen Schritten Abstand durch den Wald schlichen. Auch diese schüttelten den Kopf. Sie hatten nichts gefunden. Gerade wollte Rogard sich abwenden, als er eine leichte Abschürfung in der Rinde des Baumes sah. Er stockte und blickte sich noch einmal um.

    Zeitgleich bewegte sich etwas. Dann ging alles schnell. Noch bevor Rogard die Gestalt bemerkte, sprang diese aus der Baumkrone hinunter und landete ohne lautes Geräusch hinter ihm im Schnee. Bevor er reagieren konnte, spürte er schon den kalten Stahl einer Klinge am Hals und einen Arm um seine Brust, der ihn festhielt.

    „Wenn ihr jagt, solltet ihr nicht so verdammt laut sein., flüsterte die Gestalt. Zu Rogards Überraschung war es die Stimme einer Frau. Aus den Augenwinkeln bemerkte der Rethaner, wie seine beiden Kameraden sofort Pfeile auf ihre Bögen auflegten. „Wenn euch an seinem Leben etwas liegt, steckt ihr die Pfeile weg., sagte die Frau nun lauter. „Wieso verfolgt ihr mich? Wer hat euch geschickt?", fragte sie dann.

    Rogard wollte gerade antworten, als er sah, wie Arthur und Luna aus dem Schatten der Bäume traten. Also schwieg er. Sollte der Ritter, der sie anführte, die Verhandlung um sein Leben führen. Seine Lage war schon ohne weitere Worte beschämend genug. Derart überrumpelt zu werden stand einem Schwarzen Pfeil nicht gerade gut zu Gesicht.

    „Wenn dir etwas an deinem Leben liegt, dann wirst du ihn gehen lassen, Weib.", entgegnete Arthur grimmig und machte keine Anstalten seine Klinge zu senken. Er musterte die Frau. Oder zumindest was von ihr hinter Rogard erkennbar war. Sie trug die Klamotten einer Jägerin, jenen Arthurs nicht unähnlich: grüne und braune Stoffe, eine Lederrüstung, einige Messer und andere Utensilien am Gürtel, dazu ein Bogen und ein Köcher auf dem Rücken, ein Schwert an der Seite, und eben den Dolch, den sie Rogard an den Hals hielt. Von ihrem Gesicht war kaum etwas zu sehen außer der schwarzen Haare, die unter einer dunkelbraunen Kapuze hervorschauten und den durchstechenden grünen Augen, mit denen sie Arthur musterte. Auffälliger allerdings war das Messer. Eindeutiger Weise keine Waffe des Kaiserreiches. Es sah eher…

    „Bist du eine Elfe?", fragte dann Arthur.

    „Und wenn ich das wäre?", entgegnete die Frau schnippisch, lockerte den Griff um Rogard aber kein bisschen.

    „Wir sind Verbündete des Elfenreiches.", antwortete Arthur.

    „Woher wisst ihr, dass ich eine Verbündete des Elfenreiches bin? Oder war das der Grund, wieso ihr mich verfolgt habt?" Die Frau sprach ruhig, aber bedrohlich. Trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit der Valoren schien sie keine Furcht zu haben.

    Arthur verharrte kurz und versuchte Optionen zu suchen. Er hatte kein großes Interesse, lang mit dieser geheimnisvollen Kriegerin zu diskutieren. Rogard zu verlieren war allerdings keine Option. Der Mann war als Anführer zu wichtig. Er wollte gerade weitersprechen, als er Luna hörte.

    „Yatane?, sagte die Königin fragend und trat hinter Arthur hervor. Sie ging auf Rogard zu. Arthur wollte sie aufhalten, doch Luna ging entschieden weiter. „Yatane, bist du es?

    Man merkte, wie der Griff der Elfe lockerer wurde und sie zu Luna schaute, sie begutachtete, als sie näherkam. Dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus.

    „Luna!, sagte sie erfreut, hielt aber die Klinge weiter an Rogards Hals. „Was machst du hier?, fragte sie neugierig.

    „Yatane, lass den Mann gehen., sagte Luna als erstes und verharrte nur wenige Schritte von Rogard entfernt. „Bitte., fügte sie hinzu, als sie merkte, dass die Elfe kurz zögerte. Doch dann folgte sie und senkte das Messer. Rogard streckte sich kurz und ging dann zwei, drei Schritte von der Elfe weg.

    „Es ist gut. Ich kenne diese Elfe. Sie ist eine Freundin.", sprach Luna weiter und signalisierte den Schwarzen Pfeilen, ihre Waffen zu senken. Dann lächelte sie, lief auf Yatane zu, und schloss die Elfe recht unvermittelt in die Arme.

    „Ich war mir nicht sicher, ob ich dich je wiedersehen würde.", sagte die Königin. Yatane erwiderte die stürmische Begrüßung mit einem breiten Grinsen.

    „Ich hatte es doch versprochen. Du bist groß geworden."

    Luna musste leise lachen. Ja, sie war groß geworden, seit sie Yatane mit Lioras zusammen den Weg in die Freiheit geebnet hatte. „Und du wolltest nach Elorath kommen, wenn ich zur Königin gekrönt bin. Dafür bist du nun zu spät."

    „Ich habe es leider nicht geschafft…, sagte Yatane entschuldigend, blickte sich dann aber zwischen den Männern um. „Also, was machst du hier?, fragte sie dann Luna erneut.

    „Ich könnte das gleiche fragen."

    „Aber ich habe zuerst gefragt.", entgegnete die Elfe mit einem Grinsen.

    Luna nickte zu Arthur, der noch einige Schritte näherkam. „Yatane, dies ist Ritter Arthur von Freital, ein Ritter Valoriens und mein treuer Diener. Er führt die Schwarzen Pfeile. Wir sind fern von zu Hause, um eine Bedrohung für Valorien zu bekämpfen. Die Elfe nickte dem Ritter freundlich zur Begrüßung zu, dessen Gesicht aber versteinert blieb. „Und du?, fragte Luna dann erneut.

    „Es ist wie du damals sagtest: ich will so viele Länder sehen wie es geht. Der Wind trägt mich mal hierhin, mal dorthin. Aber in der Tat hat dieser Ort eine besondere Aura."

    „Es ist das Kloster jenseits der Täler., sagte Luna. „Dies ist unser Ziel. Ein Orden des Kaiserreiches, der dunkle Mächte beschwört. Sie griffen Valorien an, aber mit der Hilfe von Fürst Elian und Fürstin Siliva konnten wir sie zurückschlagen. Nun greifen wir an.

    Bevor Yatane antworten konnte, näherte sich Arthur der Königin und sprach leise zu Luna. „Wir sollten den Wald absuchen, ob noch weitere Personen hier sein könnten. Dann können wir am Waldrand ein Lager aufschlagen und heute Nacht aufbrechen."

    Luna nickte, doch es war Yatane, die antwortete. „Außer euch befindet sich niemand im weiteren Umkreis. Das hätte ich bemerkt.", stellte die Elfe fest. Fast säuerlich blickte Arthur zu dieser, doch Luna lächelte dankbar.

    „Das ist gut zu hören, danke. Arthur, sorge dafür, dass die Männer etwas zu essen finden und ein Lager errichten., befahl sie dem Ritter und wandte sich dann an die Elfe. „Yatane, wirst du heute Nacht bei uns bleiben?

    Diese lächelte. „Mit Freuden, meine junge Königin. Diesen Abend, und darüber hinaus, wenn es dein Wunsch ist. Deine Feinde sind wohl auch meine Feinde."

    „Danke.", erwiderte Luna. Die Wege des Schicksals waren schon seltsam. Yatane hier zu treffen war mehr als eine Überraschung. Aber es konnte sich als unschätzbar wertvoll herausstellen, wenn sie die Elfe bei ihrer Mission begleitete. Denn es gab kaum bessere Jäger – schneller, lautloser, tödlicher – als die Elfen aus Alydan.

    Der Schneefall war zurückgekehrt. Doch diesmal schätzte Luna das schlechtere Wetter. Dichte Wolken und der Schneefall verdunkelten den Nachthimmel. Man konnte kaum zehn Schritte weit erkennen, was in der Nacht lauerte. Für sie ein Vorteil. Denn sie durften nicht entdeckt werden. Bis es zu spät war. Im Schneefall vor ihnen erkannte man bereits die dunklen Umrisse der Klosteranlagen.

    Sie blickte nach rechts und links, zu Arthur, Yatane, und Rogard. „Sind wir bereit?", fragte sie flüsternd. Es war ziemlich genau die Mitte der Nacht. Eigentlich sollten die Bewohner von Sonnfels schon und noch schlafen. Ein idealer Zeitpunkt für ihren Angriff. Durch Arthurs Erfahrung waren sie exakt so schnell vorangekommen, wie es notwendig war. Nun war der Zeitpunkt gekommen, den mächtigsten Feind Valoriens anzugreifen.

    „Jeder Zeit. Wenn ich Rogard losschicke, startet der Angriff. Wir werden diese Mauern erklimmen, Rogard umrundet mit seinen Männern das Kloster und greift von hinten an. Wir treffen uns am Haupthaus, nachdem Hof und Mauern gesäubert sind., umriss Arthur noch einmal kurz den Plan. „Ich werde stets an Eurer Seite sein, königliche Majestät. Bis wir den Wächterrat und den verfluchten Prior niedergestreckt haben.

    „Danke.", sagte Luna und blickte dann zu Yatane. Diese lächelte der Königin aufmunternd zu.

    „Auch ich bleibe bei dir und schütze dich."

    „Gut. Also dann., sagte sie, und fügte im Flüsterton hinzu: „Treu und Ehr!

    „Valorien!", antworteten Arthur und Rogard leise. Dann verschwand der junge Rethaner mit einigen Männern im dichten Schneefall.

    Kapitel 2

    Vincent umrundete den Tisch des Rittersaals. Kurz ließ er seine Hand über die Lehne des Stuhls am Kopfende streichen. Den Platz seiner Königin und Frau. Seiner Luna. Der doch im Moment frei blieb. Doch er konnte den Platz nicht füllen. Also löste er sich, um weiterzugehen, und sich schließlich auf seinen Platz in der Mitte der Tafel zu setzen. Hinter ihm hing sein Banner an der Wand, das die Wappen Valoriens und Tandors kombinierte. Dennoch war er nicht mehr Vincent von Tandor. Er war Vincent von Valorien, König und Ritter Valoriens. Und zu dieser Zeit Herrscher des Reiches, trotz seiner jungen Jahre. Aber für diese Aufgabe war er ja nicht allein.

    Als er sich setzte blickte er in die Gesichter der anwesenden Ritter. So wie Luna fehlten auch Arthur von Freital und Wanfried von Tulheim, die sich schon auf dem Weg ihrer Aufgaben befanden. Mit diesen Ausnahmen waren allerdings alle Ritter des Reiches anwesend. Die Herzöge Celan, Forgat, und Arved. Die alten Ritter Geron und Alois. Der jüngst geschlagenen Branwulf von Loken. Er selbst. Und zuletzt Taskor Graufels, nun Ritter Valoriens. Er trug das Schwert Kargats, das doch einst Teil Valoriens war, und bald wieder sein sollte. Als er Luna seine Dienste angeboten hatte, hatte diese ihn auch zum Ritter Valoriens geschlagen. Ein aus Vincents Sicht kluger Schachzug. Es ließ keinen Zweifel mehr an dem Anspruch der Krone auf das Land im Süden. Wenn selbst Taskor, einstiger Feind Valoriens und hoch angesehener General Kargats, die Herrschaft Valoriens anerkannte, würde es einfacher werden die Kargatianer zu überzeugen. Insbesondere durch die Unterstützung der einstigen Königin Hega.

    „Ich danke euch allen für euer Kommen., sagte Vincent. Der Winter hatte Valorien fest im Griff, und so war das Reisen umso anstrengender. Doch die Angelegenheiten, die zu besprechen waren, forderten die Anwesenheit aller wesentlichen Entscheider des Reiches. „Unsere Königin ist aufgebrochen, um dem Feind im Herzen seines Reiches entgegen zu treten. Uns obliegt nun die Verantwortung, den Angriff auf das Kaiserreich in Kargat vorzubereiten, wenn wir uns der dunklen Mächte dieser Mönche entledigt haben. Wenn der Schnee schmilzt, müssen unsere Truppen marschbereit sein., führte er aus. Obwohl er mit Abstand der jüngste Mann am Tisch war, respektierten ihn die anderen Ritter. Nicht zuletzt, weil Celan große Stücke auf seinen Sohn hielt, und treu hinter ihm stand.

    „Ich habe Berlan und Sivert vor einigen Tagen verabschiedet., begann Taskor zu berichten. „Sie sollten mittlerweile die ersten Städte in Kargat erreicht haben. Wir hoffen, regelmäßig Nachrichten zu bekommen, über die Stärke des Feindes und unsere Chancen, Unterstützung vom Volk Kargats zu bekommen. Der Winter ist hart. Dies sollte den Unmut der Bevölkerung über das Kaiserreich weiter stärken, denn die Soldaten wollen verpflegt werden. In Kargat sind die Vorräte noch geringer als hier in Valorien, da immerhin unsere letzte Ernte gut war. Das sollte uns in die Karten spielen., führte er weiter aus.

    „Die Urben sind losgezogen., sagte dann Celan. „Ich verabschiedete Narthas und Wanfried vor einigen Wochen aus Taarl. Ihr Weg durch die Steppen und die Peltamark wird langwierig, aber im Frühjahr werden sie Kargat erreichen, und den Feind unerwartet treffen. Noch besteht wohl kein Krieg zwischen dem Kaiserreich und der Peltamark. Aber die Herrscher werden den Hunger der Sonnen nach mehr Land erkennen. Und kaum einen Konflikt gegen das Heer von Narthas wagen wollen., berichtete Celan von den Vorbereitungen im Osten.

    „Danke, Vater., sagte Vincent, und blickte dann noch einmal zu Taskor. „Haben wir Nachrichten aus dem Widerstand in Hoheneck?

    Statt dem Kargatianer antwortete allerdings Arved, der Herzog von Rethas. „Wir haben einen Boten in Ostwacht aufgegriffen. Die verbliebenen Adeligen Kargats haben die Situation in Hoheneck anscheinend stabilisiert. Bisher hat das Kaiserreich noch keinen großangelegten Angriff unternommen, seit die Truppen im Frühjahr zurückgeschlagen worden waren."

    Vincent nickte dem jungen Herzog dankend zu. Arved war am ehesten in seinem Alter, und trotz der erbitterten Feindschaft ihrer Väter verstand er sich mit ihm sehr gut. Nicht zuletzt wegen der gemeinsamen Zeit in Taarl, in der Runde mit Luna, Lerke, und ihm. Nachdem Sanja aus ihrer Mitte gerissen worden war.

    „Dann beginnt alles so wie geplant. Also müssen wir uns an die Planung des Hauptangriffes machen. Forgat, Celan, Arved, welche Truppen könnt ihr bis ins Frühjahr zum Eisentor führen?", fragte er die Herzöge direkt. Über die Truppen der Kronlande hatte er das Kommando und konnte deren Stärke gut einschätzen. Doch wie sich die Armeen der Herzogtümer entwickelt hatten, war ihm zu diesem Moment nicht vollständig klar.

    „Wenn wir nach Süden ziehen, werde ich mehr Männer zum Schutz der Grenzen zurücklassen müssen als für den Sturm auf Elorath., sagte Celan. „Ich werde etwa sechshundert Reiter und zweihundert Fußsoldaten anführen können.

    „Ich werde Tandor mit fünfhundert Fußsoldaten und Bogenschützen ergänzen können. Mehr kann ich nicht aufbringen, wenn wir Ostwacht und die Ostgrenze weiter verteidigen wollen.", sagte Arved. Obwohl Lerke die eigentliche Erbin und Herzogin war, verantwortete er die meisten militärischen Belange des Herzogtums, während sie in Grünburg regierte.

    „Ich werde in Thorians Namen vierhundert Soldaten führen können, beritten oder schwer gerüstet. Dazu noch Freiwillige und Partisanen.", ergänzte Forgat. Das Heer Fendrons war durch den Angriff des Kaiserreiches am stärksten dezimiert worden. Andererseits musste Forgat keine Außengrenze verteidigen, nachdem ein stabiler Waffenstillstand mit den Nordmännern bestand. Denn nach der Befreiung Valoriens hatte Celan die einstigen Gebiete wieder an Fendron abgetreten, die im Norden an Valor Kath grenzten.

    Vincent zählte im Kopf zusammen. Mit den Truppen der Kronlande kamen sie auf fast dreitausend Mann. Mit den Urben von Narthas und den kargatianischen Aufständischen vielleicht fünftausend. Sie waren dem Kaiserreich zahlenmäßig noch immer unterlegen, wenn er davon ausging, dass eine vollständige Armee im südlichen Königreich stationiert war. Ihr Vorteil mussten die Partisanen in der Bevölkerung sein, die verhinderten, dass kaiserliche Soldaten auch nur irgendwo in Ruhe rasten konnten. Dennoch lag viel Ungewissheit vor ihnen.

    „Das sind gute Neuigkeiten. Rüstet eure Armeen über den verbleibenden Winter. Mit der Schneeschmelze sammeln wir uns vor Burg Eisentor, um zuzuschlagen., befahl der König, wandte sich dann aber an Taskor. „Taskor, deine Hilfe wird jenseits von Valorien benötigt. Arved wird dir einige Männer zur Seite stellen, um über Ostwacht nach Kargat zu reisen. Wir müssen die verbliebenden Truppen in Hoheneck überzeugen, sich uns anzuschließen. Und wir müssen ihnen helfen, ihre Stellung zu halten, falls die Armeen des Kaiserreiches im Frühjahr einen erneuten Vorstoß wagen sollten.

    Der Angesprochene nickte nur wortlos. Er hatte schon lange vorher gegenüber der Königin seinen Wunsch geäußert, Kargats Widerstand von innen zu unterstützen. Berlan und Sivert waren weniger bekannt, hatten aber in der Bevölkerung weit bessere Beziehungen, durch ihre Kontakte bei einstigen Unterstützern des Nachtrudels. Ihnen war die Aufgabe zugefallen, Unterstützung in den besetzten Städten des Westens zu mobilisieren. Doch trotz der heimlichen Flucht war Taskor immer noch mehr General denn Spion. Die Führung in Hoheneck entsprach eher seinen Fähigkeiten.

    „Ich werde mit Branwulf nach Lyth Valor reisen, um auf die Ankunft von Luna zu warten. Wenn die Königin wieder in Elorath ist, werde ich die verbleibenden Männer zum Eisentor und darüber hinausziehen.", sagte Geron. Seit Luna weggegangen war, war er auch Vincent mit Rat zur Seite gestanden, wie er es für die Königin getan hätte. Er wusste sie bei Arthur in guten Händen, konnte aber den Tag nicht erwarten, sie wieder im sicheren Valorien zu wissen. Er war gegen diese Reise gewesen, aber Luna hatte gute Argumente auf ihrer Seite gehabt. Und die Macht, als Königin das letzte Wort zu sprechen. So hatte er sich fügen müssen.

    „In Ordnung. Wir werden in den nächsten Tagen die weitere Planung konkretisieren. Seid alle bis dahin meine Gäste in der Kronburg.", sagte Vincent und erhob sich.

    „Gewicht weniger auf den vorderen Fuß. Du willst mir doch ausweichen können. Balance halten. Steh nicht da wie ein Ackergaul. Du musst schnell sein, wie eine Katze." Florenzos Tadel begann schon bei der Grundhaltung des jungen Knappen. Obwohl Richard von Fendron eigentlich bei Herzog Arved von Rethas in der Knappschaft stand, hatte der Besuch in Elorath ihm die zweifelhafte Ehre eingebracht, vom südländischen Fechter ausgebildet zu werden. Mit seinen braunen Locken und blonden Strähnen war er seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Nur dass die verschwitzen Haare im aufgrund der Anstrengung im Gesicht klebten. Seit seiner Ankunft hatte sich Florenzo schnell zum Fechtlehrer vieler Adeliger und Krieger entwickelt. Er brachte Elemente in eine Lehrstunde, die kaum ein valorischer Streiter vermitteln konnte. Balance. Körperspannung. Beinarbeit. Die Kunst, ein feine Klinge tödlich zu führen. So war es kein Wunder, dass Florenzo stets wissbegierige Schüler hatte. Oder eben Schüler, deren Herren sie zu den Lehrstunden beim strengen Lehrer verdonnert hatten.

    „Nun deine Hand. Du greifst die Klinge viel zu fest, verkrampft. Du sollst das Heft nicht zerquetschen. Die Klinge muss eins werden mit deinem Arm.", fuhr Florenzo fort und korrigierte währenddessen Richards Griff der Klinge. Dann trat er einige Schritte zurück und hob seine eigene Klinge.

    „Also dann, nächste Runde. Und denk daran, Richard. Du musst die Klinge führen, wie das Liebesspiel mit einer Frau. Zärtlich, vorsichtig, und dennoch bestimmt und führend., sagte Florenzo. Bevor er zum Kampf ansetzen konnte, hörte man deutlich das Räuspern von Forgat, der den beiden zuschaute. Er blickte ernst zu Florenzo, der mit einem Lächeln antwortete. „Obwohl du natürlich das Liebesspiel noch gar nicht kennst., fügte er mit einem Zwinkern hinzu. Dann trat er nach vorne und die Klingen prallten aufeinander.

    „Der Junge macht sich gut." Forgat drehte sich um und erkannte Geron, der näher an ihn herantrat.

    „Ja. Er hat gute Lehrer.", stellte der Herzog fest. So schmerzlich der Verlust von Victor gewesen war, so erfreulich die Entwicklung des neuen Erben Richard. Als er selbst gefangen gewesen war, hatte der jüngere Sohn die Rolle des ersten Mann Fendrons angenommen, und sich als Stütze für das ganze Herzogtum entwickelt, um auch seiner Mutter zu helfen. Nach der Krönungszeremonie hatte Forgat den jungen Herzog von Rethas gebeten, die Ausbildung seines Sohnes abzuschließen, nachdem dieser bisher von ihm selbst in Tjemin geschult worden war. Seitdem stand Richard in der Knappschaft von Arved, und schien jeden Monat mehr zum Mann heranzuwachsen.

    „Nein, nein, nein. Florenzos Ausspruch hallte über den Hof, als die Übungsklinge von Richard klirrend zu Boden gefallen war. „Du sollst mit deinem ganzen Körper die Wucht des Schlages abfedern, nicht das Heft loslassen., tadelte der Lehrer den Knappen, nachdem er mit einer Drehung seiner Klinge das Schwert des Jungen aus dem Griff gelöst hatte.

    „Und er hat noch viel zu lernen.", sagte Forgat leise zu Geron, während Richard die Klinge aufhob und sich demütig vor seinem Gegner verneigte.

    „Gönnst du meinem Knappen eine kurze Pause? Der Junge scheint erschöpft., sagte dann Arved und erhob sich von der Kiste, auf der er am Rand gesessen und zugeschaut hatte. Er ging auf Richard zu und klopfte ihm auf die Schulter. „Gut gemacht. Gib mir deine Klinge., sagte er und reichte dem jungen Mann im Gegenzug seinen dicken Fellmantel. Richard warf sich diesen sofort um, denn ohne die Bewegung kroch die Kälte sofort in die Knochen. Arved hingegen trat durch den Schnee vor Florenzo und hob die Klinge.

    „Erweist du auch mir die Ehre?"

    „Mit Vergnügen, Euer Gnaden.", antwortete Florenzo, verneigte sich leicht, und preschte dann nach vorne. Der Kampf der beiden Männer war ein vollkommen anderes Schauspiel. Florenzos Kampfkunst basierte auf Finesse und Balance, einer schnellen Beinarbeit, und gezielten Stichen und Hieben mit der Klinge. Doch Arved stand dem in nichts nach. Während er nicht die blanke Kraft seines Vaters geerbt hatte, war er wohl der schnellste und beweglichste Kämpfer Valoriens. Die Schläge hagelten blitzschnell aufeinander, während sich Florenzo und Arved durch den gesamten Innenhof der Kronburg bewegten.

    „Eine neue Generation der Ritter…", sagte Forgat leise, als er Arved so zuschaute. Mit Vincent und Arved waren in der Tat zwei sehr junge Männer nun Teil der altehrwürdigen Runde der valorischen Ritterschaft. Doch auch Branwulf und Wanfried gehörten praktisch zur neuen Generation, jene Valoren, die mehr den Konflikt denn den Frieden kannten.

    Geron nickte nur, ohne etwas hinzuzufügen. Zu interessiert schaute er dem Kampf der beiden Fechter zu. Ja, eine junge Generation von Rittern würde bald Valorien schützen müssen. Aber im Moment lagen die Hoffnungen des Königreiches hauptsächlich auf den Schultern eines alten Kameraden. Sie hatten am Vormittag Nachricht von Arthur erhalten, überbracht von Branwulf aus Lyth Valor. Der Ritter hatte, nachdem sich die Gesundheit seines Vaters immer weiter verschlechtert hatte, weitestgehend das Kommando über die Hafenstadt übernommen. Vor wenigen Tagen war das Schiff, das Arthur und Luna nach Süden gebracht hatte, wieder in Lyth Valor eingelaufen. Die Männer waren erfolgreich im Norden des Kaiserreiches an Land gegangen. Das Schiff war vorerst zurückgekehrt, um für die kaiserliche Flotte nicht auffällig zu wirken. Doch in einigen Tagen würde der Kapitän erneut nach Süden aufbrechen, um dem Trupp um die Königin eine Rückzugsmöglichkeit zu bieten. Falls sie es nicht zur Küste schafften, würden sie den Weg durch Kargat nehmen müssen. So oder so war die Reise zurück nach Valorien mindestens so gefährlich wie die Aufgabe selbst. Doch trotz seiner großen Sorgen vertraute Geron auf Arthur. Er würde Luna sicher nach Hause bringen, das hatte er versprochen.

    Das Klirren der Klingen verhallte, als die beiden Kontrahenten erschöpft voreinander stehen blieben. „Einigen wir uns auf Unentschieden, Euer Gnaden?", fragte Florenzo.

    Arved nickte, atmete aber noch schwer. „Dieses eine Mal, ja.", sagte er und verneigte sich genauso wie sein Gegenüber, um den gegenseitigen Respekt auszudrücken.

    „Ein wahrhaft guter Kampf., sagte Geron deutlich hörbar. Obwohl in einer echten Schlacht es weniger auf die hohe Fechtkunst ankam, waren die Übungskämpfe eine gute Möglichkeit, sich auf den Krieg vorzubereiten, der bald kommen würde. Dann wandte sich der alte Ritter wieder zum Herzog von Fendron. „Forgat, bevor du wieder nach Tjemin aufbrichst, muss ich dir noch etwas geben., sagte er nun wieder leiser.

    Als Geron und Forgat den Rittersaal betraten saß der König noch auf seinem Platz und schien nachzudenken. Nachdem die Tür sich öffnete schaute er allerdings hoch, rückte dann den Stuhl zurück, und stand auf.

    „Forgat. Es wird Zeit, eine wichtige Säule des Reiches wiederherzustellen., sagte er. Erst jetzt bemerkte der Herzog den Gegenstand, der eingehüllt in einem blauen Tuch auf dem Tisch lag. Es war offensichtlich ein Schwert, das Vincent griff. Der König ging auf Forgat und Geron zu. „Vor vielen Jahren nahm dir Geron diese Waffe. Ich möchte sie dir zurückgeben. Für deine treuen Dienste am Reiche in der Abwesenheit eines Königs und deine Tapferkeit im Kampf gegen das Kaiserreich. Dich meinen Bruder nennen zu dürfen, in der gleichen Runde der Ritterschaft wie du zu sitzen, erfüllt mich mit Stolz. Trotz oder gerade wegen der Differenzen, die lange zwischen unseren Häusern herrschten. Doch nun ist es Zeit nach vorne zu schauen, um das Reich vollständig zu einen, wie einst in Gilberts Zeiten.

    Dann schlug Vincent das Tuch zur Seite und reichte Forgat die Waffe. Wie dieser vermutet hatte, handelte es sich um das Schwert seines Vaters, in goldener Scheide, mit Saphiren verziert: Goldranke. „Meine Frau, unsere Königin, hätte es dir gerne persönlich überreicht. Doch es gab keine Gelegenheit mehr.", fügte Vincent hinzu, bevor der Herzog das Schwert griff. Forgat versuchte die Kraft der Klinge zu spüren, die er doch nur für so kurze Zeit getragen hatte. Es war wieder Zeit, dass der Herzog von Fendron seine Heimat mit Goldranke verteidigte. Gleichzeitig wusste er nicht die rechten Worte zu finden. Er drehte sich zu Geron, dann zu Vincent, und nickte beiden zu.

    „Danke.", sagte er leise. Er zog die Klinge leicht aus der Scheide. Sie glänzte wie am Tag, als sie geschmiedet worden war. So vermutete zumindest Forgat.

    „Jetzt fehlt nur noch eine Klinge.", sagte Geron und blickte auf den freien Stuhl des Rittersaals, auf dem Valentin gesessen hatte. Wellenschnitter war vom Kaiserreich genommen worden, das hatte ihnen Daron erzählt. Sie mussten es zurückbringen.

    „Bei Thorian, wir werden sie uns holen., sagte Forgat entschlossen. „Ich werde noch heute Nachmittag nach Tjemin reisen. Wenn der Sturm im Frühjahr beginnt, werdet ihr die besten und tapfersten Männer Fendrons in der ersten Reihe wissen.

    „Danke, Forgat.", sagte Vincent.

    Kapitel 3

    Es war keine Festung. Es war ein Kloster. Außer den Mönchen lebte hier niemand. Soldaten, die diese schützten, waren im Tal in den Dörfern und einer Burg stationiert. Doch diese hatten sie erfolgreich umgangen. So gab es auch kaum Widerstand.

    Als Arthur Luna das letzte Stück über die Mauer half, liefen die anderen Krieger der Schwarzen Pfeile schon dem Wehrgang entlang und schwangen sich nach unten in den Hof. Luna blickte auf die Mauer. Im Schnee lag ein toter Mönch in seiner braunen Kutte und einem dicken Mantel. Der Tod war offensichtlich schnell und unerwartet gekommen. Um die Kehle des Mannes färbte sich der Schnee langsam rot.

    „Da lang!", hörte sie Arthur sagen, der auf das Haupthaus zeigte. Die anderen Rethaner waren schon vorweg gelaufen. Dort sollten sie auch auf Rogard und seine Männer treffen.

    „Die Feinde im Hof sind tot.", sagte Yatane kalt, als sie nach unten blickte. Luna versuchte ebenfalls durch den Schnee zu blicken, doch konnte im dichten Schneefall nichts erkennen. Die Augen der Elfen waren viel schärfer, das wusste sie. Dennoch war es beeindruckend.

    „Also weiter. Wir müssen die Schlafsäle finden.", sagte Luna und lief neben Arthur auf der Mauer entlang. Sie achtete auf ihre Schritte, denn man konnte kaum sehen was vor einem lag, und Schnee und Eis bildeten eine rutschige Oberfläche. Es wäre doch sehr unköniglich, wenn sie nun von der Mauer fiel und sich den Hals brach. Als sie das Gebäude erreichten warteten die anderen Männer inklusive Rogard, der von der anderen Seite gekommen war, schon an der schweren Holztür. Luna blickte am Gebäude nach oben. Es war eine Halle, die vielleicht zwei, drei Stockwerke hoch war, an deren Hinterseite anscheinend Räume waren, so hatte sie zumindest beim Vorbeigehen vermutet. Rechts hinten war ein quadratischer Turm, der sich in die Höhe streckte.

    Arthur gab einigen Männern zu verstehen, die Bögen bereit zu halten. Auch er selbst legte einen Pfeil auf den Langbogen und stellte sich vor die Tür. Mit einem Nicken befahl er dann zwei weiteren Männern, die Tür zu öffnen.

    Blitzschnell zogen diese die beiden Flügel nach außen, achteten dabei aber darauf, dass diese nirgendwo anschlugen. Arthur bemerkte sofort die vier Mönche, die in der Halle waren. Zwei arbeiteten, einer saß am großen Kamin, und ein letzter schlief in der Ecke. Vielleicht gab es noch weitere in den toten Winkeln. Sofort lösten sich die Pfeile der Angreifer. Die Treffer waren tödlich. Außer eines leisen Stöhnens hörte man kein Geräusch der Sterbenden. Dann hielt Arthur kurz inne und atmete durch.

    Doch bevor er selbst in die Halle gehen konnte, schob sich Yatane an dem Ritter vorbei. „Warte…", wisperte Arthur noch leise und wollte sie aufhalten, doch die Elfe war schneller und wandte sich aus dem Griff, um dann lautlos in die Halle zu laufen. Sie blickte sich kurz um, und verschwand dann nach rechts aus ihrer Sicht. Es dauert ein, zwei Momente, dann tauchte sie wieder auf, den Dolch in der Hand. Blut tropfte von der Klinge. Sie winkte die Krieger hinein.

    Luna schluckte kurz. Sie kannte Yatane nur als freundliche, lebensfrohe Elfe, die ihr in Alydan stets großartige Geschichten erzählt hatte. Doch die Königin wusste, dass Yatane eine Jägerin war. Eine Kriegerin. Brutal und effizient, wenn es notwendig war. Es gab wohl kaum Menschen, die einen Kampf mit einem Elf überleben konnten. Insofern war es sehr wertvoll, Yatane an ihrer Seite zu wissen.

    Dann lief die Königin hinter Arthur in die Halle. Sie blickte sich um. Anscheinend war die große Halle zugleich Ort für Gebete, aber auch Speisesaal. Tische und Bänke standen gerade an der Wand. Das Feuer prasselte im großen Kamin und spendete Wärme und ein orangenes Licht. Sie brauchte kurz, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen. Dann erkannte sie all die Gänge und Türen, die von der Halle abzweigten. Hier unten, im Erdgeschoss, schienen es hauptsächlich Lagerräume und Küchenräume zu sein, die von der Halle abführten. Nach rechts führte ein Weg zu dem Turm. Auf einigen Schritt Höhe war ein Gang aus Holz gebaut, auf den auch Treppen führten. Von dort führten Türen in den hinteren Bereich des Haupthauses. Sie vermutet dort oben die Schlafsäle und tippte Arthur auf die Schulter, um dorthin zu deuten. Der Ritter nickte und signalisierte allen Männern, ihm zu folgen. Dann schlichen sie eine der Treppen hinauf. Auf die Toten im Saal achtete Luna gar nicht.

    Es gab einen großen Schlafsaal an der Ecke des Gebäudes. Obwohl rechts und links noch mehrere Türen abzweigten, mussten dies kleinere Zimmer sein, wenn man den Aufbau des Klosters beachtete. Also galt es erstmal, das blutige Handwerk im großen Saal zu vollenden, um danach Zimmer für Zimmer zu durchsuchen. Die größere Frage war, wo die Mitglieder des Wächterrates und insbesondere der Prior waren. Doch eines nach dem anderen.

    Lautlos schlichen die Schwarzen Pfeile in den Saal und schwärmten aus, sodass jeder Mann an einem Bett stand. Die Mönche schliefen tief und fest, nur das Schnarchen und die Atemgeräusche einiger Männer und das Pfeifen des Windes draußen störte die nächtliche Stille. Auch Luna positionierte sich an einem Bett und hob ihre Klinge in die Höhe.

    Arthur blicke sich kurz um. Als alle auf ihrem Posten waren, nickte er kurz, um das Signal zu geben. Die Schwerter fuhren nach unten und durchbohrten die Leiber der schlafenden Mönche. Ein, zwei, drei Mal stach Luna zu. Dann sah sie, wie das Stroh und die Federn um den Mann sich mit dessen Blut vollsaugten. Außer dem Eindringen der Klinge und einem scharfen Ausatmen gab der Mönch keinen Laut von sich. Aus den Augenwinkeln erkannte sie, wie sich einige der Schwarzen Pfeile schnell lösten, um die letzten Mönche zu töten, an deren Betten noch kein Mann gestanden war. Es ging alles so schnell, dass selbst Männer, die kurz aufwachten, nicht schreien konnten. Natürlich war das Massaker nicht vollkommen lautlos, aber es gab keine Laute, die mit Sicherheit durch das ganze Kloster zu hören gewesen wären.

    Luna zog ihr Schwert aus dem Leichnam des Mönches und wischte die Klinge an der Wolldecke ab, bevor sie es wieder in die Scheide steckte. Dann ging sie auf Arthur zu, der neben dem letzten noch lebenden Mönch kniete und ihm seinen Dolch an den Hals hielt.

    „Wo sind der Prior und der Wächterrat?", fragte er flüsternd, während er dem Mann die Hand auf den Mund hielt. Vorsichtig lockerte er sie dann, damit der Mönch antworten konnte. Doch dieser machte vorerst keine Anstalten zu antworten, sondern blickte Arthur nur mit großen, verängstigten Augen an. Also erhöhte der Ritter den Druck der Klinge, sodass die Haut leicht eingeritzt wurde.

    „Sprich schnell und die Wahrheit, dann verschone ich dein Leben vielleicht.", fauchte er drohend.

    Der Mönch versuchte sich leicht nach hinten zu drücken, um den Druck der Klinge zu verringern, war aber nur mäßig erfolgreich. Also nickte er leicht, vorsichtig, um sich nicht zu verletzen.

    „Also?", sagte Arthur auffordernd.

    „Sie sind im Turm, im Norden des Gebäudes., keuchte der Mann leise. „Dort ist das Quartier des Priors und der Ratssaal. Sie meditieren gerade.

    „Danke.", sagte Arthur und schnitt dem Mann dann die Kehle durch. Es durfte keine Überlebenden geben. Dann stand er auf und drehte sich zu Luna.

    „Majestät, wir sollten gemeinsam mit Yatane und den meisten der Männer zu diesem Turm. Wir werden die Kraft Eures Schwertes brauchen. Rogard kann hier mit zwei Männern allein die restlichen Räume durchkämmen.", schlug er flüsternd vor. Luna nickte nur. Yatane stand bereits neben ihnen und brachte keine Einwände vor.

    „Also los!", sagte Arthur so und winkte den Männern zu, ihm zu folgen. Diese waren gerade von Bett zu Bett gegangen, um zu überprüfen, dass die Arbeit vollständig verrichtet worden war. Als sie den Schlafsaal verließen spürte Luna die gespenstische Stille, als nur noch der Wind von draußen pfiff. Sie hatte sich kurz so stark und sicher gefühlt, als sie ihre Klinge gezogen hatte. Nun zog sich ihr Magen leicht zusammen, als sie an all die Toten dachte. Doch das Blutvergießen war noch nicht beendet.

    So lautlos wie möglich liefen sie die Treppen hinauf und hielten dann kurz vor der Tür inne, an der die Treppe endete. Obwohl sie die Spitze wohl noch nicht erreicht hatten, musste dies der Saal des Wächterrates sein. Selbst durch die dicke Eichentür hörte man den dumpfen Gesang der Meditation und Gebete. Luna meinte sogar zu spüren, wie die Steine unter ihnen leicht vibrierten, und wie die Luft von der Macht erfüllt flimmerte. Vorsichtig und leise zog sie Zeitensturm. Als sie die schwarze Klinge sah, spürte sie sich sofort wieder stärker. Egal welche Macht diese Wächter hatten, sie hielt die Macht St. Gilberts in ihren Händen.

    „Eine unglaubliche Macht…", flüsterte Yatane leise. Die Elfe war noch empfindsamer für die Strömungen der Magie. Arthur schaute zu den zwei Männern, die sie vorne anführten.

    „Bereit?", fragte der Ritter leise. Alle Anwesenden nickten. Sie wussten, dass dies der wohl gefährlichste Moment war. Der Feind musste so schnell wie möglich ausgeschaltet werden. Denn wenn dieser erst seine volle Kraft entfesselte, ständen die Chancen zu Überleben schlecht. Gleichzeitig limitierten Tür und Treppen die Möglichkeit, zusammen anzugreifen.

    Dann nickte Arthur entschlossen und die beiden ersten Männer stürmten den Raum, dicht gefolgt von Arthur, Yatane, und dann Luna. Die sieben Mitglieder des Wächterrates knieten auf dem Steinboden, alle auf eine der Wände ausgerichtet, an der Insignien, Relikte, und ein Banner standen. Sie waren von der Tür abgewandt, was den Angreifern einen kleinen Vorteil gab. Noch bevor sie reagieren konnten rammten die ersten beiden Krieger ihre Schwerter in den Rücken der hintersten beiden Wächter. Fast zeitgleich ließen Arthur und Yatane ihre Pfeile fliegen und trafen zwei weitere Wächter tödlich. Synchron, als würden sie viele Jahre zusammen kämpfen, ließen die Elfe und der Ritter ihre Bögen fallen, um ihre Klingen zu ziehen, während sie in den Raum liefen. Erst dann trat Luna in die Tür.

    Vier waren erledigt, als die anderen drei den Angriff bemerkten. Sofort schwoll der Gesang an und der Jüngste der drei Männer sprang auf und deutete auf einen der vorderen beiden Krieger. Ein Stein löste sich aus der Mauer und durchschlug die Brust des Mannes, trat blutig wieder aus dem Rücken heraus, und zerschellte knapp neben Yatane an der Wand. Gleichzeitig ballte ein anderer Wächter seine Faust und ein Stein löste sich aus der Decke und zerschmetterte den Schädel des zweiten Kriegers.

    Der vorderste der Wächter erhob sich und drehte sich um. Er streckte die Hände zur Seite, mit den Handflächen nach oben. Luna spürte, wie der Turm erzitterte, und sich viele kleine Steine aus den Wänden lösten und auf sie, Arthur, und Yatane zuflogen.

    „Nein!", schrie Luna laut und durchschnitt mit ihrer Klinge die Luft vor ihr. Sie schloss noch die Augen, hörte dann aber das Geräusch, wie die Steine zu Boden fielen. Sie lagen in einer sauberen Reihe vor ihnen, als hätten sie eine unsichtbare Wand getroffen. Nun hielten die drei Wächter kurz verwirrt inne. Ein Zögern, dass für sie verheerend sein sollte.

    Yatane zog und warf blitzschnell einen ihrer Dolche, der sich in die Kehle eines der Wächter bohrte. Währenddessen überbrückte Arthur mit zwei großen Schritten den Abstand zum nächsten Wächter und rammte diesem Blutstein in die Brust.

    Luna fokussierte den letzten Wächter und machte einen Schritt nach vorne. Getragen von der Kraft ihres Schwertes wollte sie auf den Feind zu rennen. Doch einen Augenschlag später stand sie schon vor dem Mann, hatte den Abstand von einigen Schritten in einem Moment überwunden. Sie blickte dem alten Mann in die Augen.

    „Laëa…", wollte dieser gerade noch zu einem weiteren Gebet ansetzen, als Luna ihm bereits ihre schwarze Klinge durch das Herz trieb. Während der Mann tot zu Boden sank, blickte sie sich um. Der Wächterrat war vernichtet. Es war ein gutes Gefühl. Ein wichtiger Sieg. Blut tropfte von Zeitensturm auf den Boden. Über den gesamten Steinboden des Turmes breiteten sich langsam die Blutlachen der Mönche aus. Sie hatten es so gewollt. Damals, als sie den Krieg über Kargat und Valorien gebracht hatten. Nun mussten sie den Preis dafür zahlen.

    „Wir müssen den Prior finden., sagte Arthur und deutete auf die Tür, die sich am anderen Ende des Raumes befand. „Dort entlang. Es muss noch weiter nach oben gehen.

    Luna blickte zu Yatane, als suchte sie Bestätigung. „Ja. Ich spüre es. Dort ist ein Mann mit großer Macht.", sagte die Elfe und blickte nach oben. Doch es war noch etwas anderes, das sie fühlte. Ein Gefühl aus einer alten Zeit, dass sie nicht zuordnen konnte. Ein Echo ihrer Erinnerung. Aber... das konnte doch nicht wahr sein. Oder?

    Arthur deutete zwei Männern, zu der Tür zu gehen. Sie wusste nicht, ob die Treppe dahinter direkt in das Gemach des Priors führte, oder ob noch ein weiterer Gang dazwischen lag. Die anderen Schwarzen Pfeile sammelten sich im Raum der Wächter und legten Pfeile auf ihre Bögen. Arthur hielt entschlossen das Heft seines Ritterschwertes und blickte kurz zu Luna, bevor er den Befehl gab.

    „Also. Los!", sagte er leise und der Krieger an der Tür riss diese auf.

    Luna blickte verwundert durch die Tür. Der Gang dahinter war nicht leer. Vollkommen ruhig stand dort ein alter Mann in einer Kutte und blickte auf, ihr direkt in die Augen. Es musste der Prior sein. Doch da war noch etwas. Ein Schatten kroch blitzschnell in ihren Raum, als hätte man eine Fackel vorbeigetragen. Dann ließen die Männer Arthurs ihre Pfeile fliegen.

    Cleos spürte den Tod. Das Sterben. Das Leid. Den Schmerz. Es schmerzte in seiner Brust, als er aufwachte. Doch wusste er, dass es schon zu spät war. Laëa hatte sie verlassen. So hätte er wohl den Brüdern gesagt. Doch er kannte die Lüge dahinter. Er war der einzige, der den Grund ihrer Kraft kannte. Er und…

    „Wenn sie sich nicht wehren konnten, waren sie es nicht wert." Die Stimme aus dem Schatten ließ Cleos vollends aufschrecken.

    „Du., sagte er kalt und stand auf. „Ich habe jeden von ihnen gefunden und ausgebildet. Was wagst du es, ihr Leben herabzuwürdigen?

    „Ihr Leben ist nicht mehr. Es war so kurz und nutzlos, wie das der meisten Menschen."

    „Ich werde sie rächen., sagte Cleos kalt und ballte die Faust. „Wirst du mir beistehen oder nur hier sitzen und kluge Reden schwingen?

    Die Antwort war nur ein leises Lachen, als Cleos bereits die Stufen nach unten nahm. Er sammelte seine Kräfte, summte leise die Gebete an Laëa, die ihm doch halfen, die Magie zu fokussieren. Wer auch immer sie angriff: dies würde sein Tod sein. Dann würde er einen neuen Orden erbauen. Die Kraft des Kaisers und seine Kraft waren unendlich.

    Als er die Tür erreichte, hörte er schon die Männer, die sich dahinter im Raum sammelten. Er spürte ihre lebenden Körper. Ihre Wärme. Ihre Energie. Doch dann spürte er noch etwas. Ein Schatten, der sich an seine Seite legte.

    „Also doch.", sagte er. Dann wurde die Tür aufgezogen.

    Die Pfeile prallten an einer massiven Steinplatte ab. Luna konnte gerade noch ihr Schwert heben, als diese auf sie zuflog. Der Fels spaltete sich an der Klinge und flog rechts und links an ihr vorbei. Doch Luna nahm mehr als den Angriff von Cleos war. Sie spürte etwas, wie einen Windhauch, obwohl sich die Luft nicht rührte. Sie merkte, wie Schatten sich durch den Raum bewegten. Blitzschnell. Dann hörte sie die Schreie der Männer. Alles geschah so unglaublich schnell. Ein Schwarzer Pfeil nach dem anderen ging zu Boden. Der Klang von Stahl der Stahl traf erfüllte dann den Saal. Von Arthurs Klinge stoben Funken und der alte Ritter schrie auf, allerdings blieb er im Vergleich zu den anderen Männern stehen. Erst dann legte sich ein kurzer Moment der Ruhe über den Raum.

    Luna orientierte sich. Die Männer um sie herum lagen tot auf dem Boden. Alle Krieger der Schwarzen Pfeile waren in Bruchteilen eines Momentes getötet worden. Sie erkannte sofort die vielen kleinen Schnitte, die sich über die Leiber der Männer ausbreiteten. Fein, sodass kaum Blut floss, aber an tödlichen Stellen. Sie blickte zu Arthur. Der Ritter stand noch, hatte aber mehrere Schnittwunden an Oberschenkel und Schulter. Nur seine guten Reflexe und Blutstein schienen ihn vor dem Tod bewahrt zu haben. Schnell schaute sie zu Yatane. Die Elfe stand dort mit gezogener Klinge, scheinbar unverletzt. Ihr Blick war in eine Ecke des Raumes gerichtet, ihre Augen weit aufgerissen. Luna folgte dem Blick.

    Im Schatten, in einer Ecke, stand ein Mann. Er trug keine Rüstung, sondern dunkle Kleidung aus Stoff, die seinen Körper einhüllte. In den beiden Händen hielt er zwei silberne Klingen. Kurzschwerter ohne Parierstange. Leicht gebogen, die Griffe verziert. Es waren elfische Waffen. Auch die Figur und Körperhaltung erinnerte Luna an die eleganten Krieger der Elfen. In der Dunkelheit meinte sie nur die Augen zu erkennen, die sie musterten. Oder vielmehr ihr Schwert. Er hatte in kürzester Zeit ihren Trupp einfach so vernichtet. Wer war dieser Mann? Oder vielmehr, was?

    Sie würde sterben. Es gab keinen Zweifel daran. Gegen solche Gegner konnten sie nun nur noch zu dritt nicht bestehen. Doch wenn dies ihr Schicksal war, wollte Luna zumindest ihre Aufgabe erfüllen. Sie rannte mit erhobener Klinge auf Cleos zu.

    Wie schon vorher überbrückte sie die Entfernung in kleinster Zeit und ließ dann ihr Schwert niedersausen, um den Prior niederzustrecken. Doch so weit kam es nicht. Metall schlug auf Metall als Zeitensturm von den gekreuzten Klingen des mysteriösen Kriegers aufgehalten wurde. Luna blinzelte kurz, um zu verstehen, was passiert war. Gerade noch hatte der Feind in der anderen Ecke des Raumes gestanden, nun war er zwischen ihr und Cleos und hatte dem Prior das Leben gerettet. Doch zum Überlegen war keine Zeit.

    Luna löste die Klinge und schlug weiter auf den Feind ein. Doch es fühlte sich nicht an, als würde sie das Schwert führen. Vielmehr suchte Zeitensturm Schwachstellen des Gegners, antizipierte Angriffe, und setzte gezielte Stiche. Der Klingenwechsel dauerte nur vier, fünf Schläge, dann streifte ihre Klinge über den Oberschenkel des Feindes und dieser wich zurück, drückte dabei Cleos zurück in den Gang.

    Luna verharrte kurz und musterte den Mann. Noch nie hatte sie so schnell gefochten, und es schien ihr unwirklich, dass sie gegen einen solchen Fechter einen Treffer setzen konnte. Jetzt erst konnte sie sein Gesicht besser erkennen. Obwohl ein schwarzes Stirnband die Ohren abdeckte war sie sich nun fast sicher, dass ihr Gegenüber ein Elf sein musste.

    „Gut gekämpft, Königin.", sagte er mit kalter Stimme in der elfischen Sprache, womit doch eine gewisse Melodie

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