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Schreckensklaue - Mord am Dinopark
Schreckensklaue - Mord am Dinopark
Schreckensklaue - Mord am Dinopark
eBook248 Seiten3 Stunden

Schreckensklaue - Mord am Dinopark

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Über dieses E-Book

In Münchehagen, in unmittelbarer Nähe des Steinbruchs, in dem 1980 erstmals und in den letzten Jahren erneut Dinosaurierfährten gefunden wurden, sterben plötzlich ein Mensch und ein Pony auf bestialische Weise. Die Mordkommission steht vor einem Rätsel, denn alles deutet auf einen Dinosaurier als Täter hin. Natürlich will niemand an so etwas glauben, doch es gibt keine Spur, die den Ermittlern hilft, die Zeit rennt und auch die Presseberichte machen es Paul Voss und seinen Kolleginnen und Kollegen nicht leichter. Der Kriminalermittler erlebt gerade selbst einen zweiten Frühling, doch irgendwo in der Umgebung von Münchehagen und den Rehburger Bergen scheint es ein Wesen zu geben, das eiskalt mordet...
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum23. Feb. 2022
ISBN9783754953372
Schreckensklaue - Mord am Dinopark
Autor

Paul Voss

Ich wurde im Jahr 1976 geboren und lebe in Niedersachsen, genauer in dem beschaulichen Ort Steyerberg. 'Mord im Klosterwald', als mein erstes Werk, handelt von einem wahren Verbrechen, an dessen Aufklärung ich noch selbst als Kriminalbeamter mitgearbeitet habe, was bei mir tiefe Spuren hinterlassen hat. Mein früherer Beruf hatte aber auch sehr schöne Seiten, was mich motiviert, in meiner Fantasie immer neue Fälle zu ersinnen. Mit 'Mord am Kiessee' habe ich eine Reihe begonnen, in der der Kriminalpolizist Paul Voss immer wieder neue, spannende und anspruchsvolle Fälle bearbeiten muss, immer wieder auch im Privaten seine Höhen und Tiefen erlebt und neben seinem altbekannten Team auch ab und an neue Kontakte knüpft. Mehr Infos gibt es auf meiner Homepage www.paul-voss-buecher.de.

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    Buchvorschau

    Schreckensklaue - Mord am Dinopark - Paul Voss

    Paul Voss

    Schreckensklaue - 

    Mord am Dinopark

    Für alle,

    die Dinosaurier genau so toll finden, 

    wie ich selbst...

    Impressum

    © 2022 Paul Voss

    Postfach 1264

    31587 Stolzenau

    www.paul-voss-buecher.de

    Cover: Ronald Vieweg

    Inhalt:

    Prolog

    1. Spaziergang in der Dunkelheit

    2. Schulkontext

    3. Bissspuren

    4. Etwas zu viel Sorge

    5. Mehr Verwirrung als Erkenntnis

    6. Zwischen den Diensten

    7. Saubermann

    8. Tod auf dem Ponyhof

    9. Ein teils entspanntes Wochenende

    10. Informationsbarriere

    11. Schüsse

    12. Spannende Entdeckungen

    Epilog

     Prolog 

    Seit dem Abschluss des letzten Falles am Januarsberg bei Steyerberg hatte sich in meinem Leben eine ganze Menge ereignet. Wirklich viel Positives war nicht dabei gewesen. Britta und ich hatten unser gemeinsames Haus fertig gebaut und waren schon umgezogen, als ich spürte, dass ich dort eigentlich gar nicht leben wollte. Da wir ja nicht unbedingt dort bleiben mussten und sich der deutsche Immobilienmarkt gerade in dieser Zeit sehr verteuert hatte, witterte ich eine gute Chance, mit dem neuen Haus Profit zu machen. Natürlich war Britta nicht einverstanden und wollte meine Argumente auch nicht gerne hören. Unsere Beziehung geriet zusehends unter Spannung und ich versuchte, so wenig wie möglich zuhause zu sein. 

    Zum Verhängnis, wenn man es denn so sehen wollte, wurde mir eine Zusammenkunft mit der Moko in Bremen, bei der wir den Ermittlungserfolg vom Januarsberg ein wenig feiern wollten. Dr. Gassmüller hatte sich gewünscht, dass wir uns in Bremen treffen und so waren die Kolleginnen und Kollegen mit mir ab Leese und Nienburg an einem noch sehr warmen Spätsommertag mit der Bahn nach Bremen gefahren. Herr Dr. Gassmüller hatte auch Nina Gorssen, die Rechtsmedizinerin, eingeladen. Wir waren uns schon im Laufe der Ermittlungen etwas nähergekommen und sie hatte mich auch nach einem Date gefragt. Damals hatte ich ihr abgesagt. Ich fuhr in etwas labiler Stimmung nach Bremen, die sich allerdings positiv entwickelte, als wir schon die ersten Bierchen im Zug genossen, uns gegenseitig auf die Schultern klopften und Spaß hatten. 

    Dr. Gassmüller und Dr. Gorssen empfingen uns auf dem Bahnhofsvorplatz. Und dann lief alles ein bisschen wie vorprogrammiert ab. Nina Gorssen saß schon beim Essen im Restaurant zufällig neben mir und fragte mich ein wenig über mein Privatleben aus. Ich denke, sie hatte gespürt, dass etwas nicht stimmte. Sie sah toll aus, das tat sie ja schon wenn sie arbeitete und völlig ungeschminkt und ungestylt herumlief. An dem Abend sah sie umwerfend aus. Ich sorgte im Verlaufe des Abends schon selbst dafür, dass ich nicht zu nüchtern wurde und das führte dazu, dass ich ihr mehr von meiner Gemütslage berichtete, als vielleicht angebracht war. Es kam eins zum anderen. Der Abend war insgesamt sehr fröhlich, weil alle gute Laune hatten und bis auf Dr. Gassmüller und Dr. Gorssen hielt sich auch niemand mit Bier und Wein zurück, wobei das Ganze natürlich nicht ausartete. Wir hatten irgendwann das Restaurant verlassen und waren in einer gemütlichen Cocktailkneipe gelandet und wieder saß Nina Gorssen neben mir, diesmal aber nicht mehr auf einem Stuhl sondern auf einer gepolsterten Bank. Mir fiel schon auf, dass zwischen ihr und mir nicht einmal mehr ein Schmetterling mit hochgeklappten Flügeln hätte sitzen können, aber das störte mich nicht. Als sich das Ende der Veranstaltung langsam näherte, Dr. Gassmüller, Jan und Angela waren schon gegangen, fragte Dr. Gorssen mich, wie ich denn überhaupt nach Hause käme und was denn wohl meine Frau erwarten würde. Ich weiß gar nicht mehr genau, was ich dazu gesagt hatte, aber sinngemäß hatte ich erklärt, dass ich mit der Bahn fahren und dann schon irgendwie zurück kommen würde. Bei uns auf dem Land gab es ja zur Not auch noch die Kollegen vom Streifendienst, die mich zumindest zur Dienststelle, vielleicht aber auch nach Hause bringen würden. Auf jeden Fall stand mein Fahrrad an der Dienststelle. Irgendwie erwähnte ich auch, dass es völlig egal sei, wann und wie ich nach Hause käme. Nachdem sie mir dann erläutert hatte, dass sie zwischen Bückeburg und Rinteln wohnen würde, sowieso mit dem Auto da wäre und mich dann ja auch gut mitnehmen und zuhause absetzen könnte, landete ich nicht viel später auf dem Beifahrersitz ihres Cabrios. Auf dem Weg erzählte sie mir ein wenig von sich und fragte mich ganz nebenbei, ob wir uns nicht duzen wollten. Wir lachten viel während der Fahrt und irgendwann schlug sie vor, zu halten, das Autodach zu öffnen und die Sterne anzuschauen. Damit hatte sie mich völlig eingefangen und so landeten wir auf einem Feldweg zwischen Kuppendorf und Hoysinghausen, wo man auf den Geesthügeln freien Blick nach oben hat. Es liegt nahe, dass es nicht beim Sterne gucken blieb und wir verbrachten eine ziemlich heiße Nacht unter dem Sternenzelt. 

    Es endete nicht mit diesem einen Treffen und natürlich bekam Britta mit, dass etwas anders war und am Ende gestand ich ihr, was sich ereignet hatte. 

    Zu meiner Erleichterung gab Britta zu, dass sie in den letzten Wochen auch nicht wirklich immer Überstunden gemacht hatte. Ihre Arbeitszeiten hatten sich zwar meinem Gefühl nach verlängert, aber ich hatte das nicht hinterfragt. Jedenfalls traf sie sich ab und zu mit einem Arbeitskollegen. Wer das war und wie lange es schon ging, wollte ich gar nicht wissen. Ich war bloß froh, dass ich nun nicht allein der Buhmann war. Vielleicht hatte ich das alles allein heraufbeschworen? Ich wusste es nicht. Vielleicht sollte es einfach so sein.

    Das alles gab unserer Beziehung jedenfalls den Rest und ich bot an, eine Wohnung zu nehmen. Mir war mein Wohnort sowieso ziemlich egal, ich wollte nur für mich sein. Dank eines guten Bekannten klappte es recht schnell, ich zog in eine kleine Wohnung in Nendorf. Mein Techtelmechtel mit Nina dauerte bis heute an, wir sahen uns ab und zu, wussten aber beide nicht, was daraus werden sollte. Ich jedenfalls nahm mir vor, optimistisch nach vorn zu schauen und mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Und die sollte mich schon bald wieder voll und ganz in Anspruch nehmen...

    1. Spaziergang in der Dunkelheit

    Es war der 10. November 2020. Manfred spazierte schnellen Schrittes auf dem grasigen Feldweg neben dem großen Steinbruch in Münchehagen entlang. Er hatte bereits seine große Runde hinter sich. Er war an seinem Häuschen im Ortskern von Münchehagen gestartet, hoch zum Freibad und vorbei am Eingang des Dinoparks, noch ein Stück weiter Richtung Bad Rehburg gegangen, um dann in den spätherbstlich trüben Wald abzubiegen. Die Wege waren nass und teilweise rutschig. Der von Frühjahr bis Herbst so dicht belebt scheinende Wald sah nun kahl und trostlos aus. Das Grün war gewichen, nur die mit Fichten und Douglasien bestandenen Flächen schenkten dem Auge noch den Eindruck des immerwährenden Lebens im Wald.

    Manfred war hier aufgewachsen und hatte das Häuschen seiner Eltern geerbt und es in Ehren gehalten. Er lebte gerne in dieser Gegend und kannte die Rehburger Berge wie seine Westentasche. Das trübe Novemberwetter hatte ihn von seinem Spaziergang nach Feierabend nicht abgehalten, die eineinhalb Stunden draußen gaben ihm schon seit vielen Jahren immer neue Energie, wenn der Arbeitsalltag im Büro in Hannover ihn schlauchte.

    Heute war er etwas langsamer unterwegs, in der kalten Jahreszeit machte sich gerne seine Lendenwirbelsäule bemerkbar und so war er auch heute nur schleppend in Gang gekommen. Es war nach 17 Uhr und die Dämmerung war schon so weit fortgeschritten, dass er nicht mehr viel von der Umgebung sehen konnte. Im Steinbruch nebenan war schon Feierabend und der sich anschließende Freizeitpark mit den Dinosaurierfährten und den lebensechten Dino-Exponaten war schon seit einigen Wochen geschlossen. 

    Manfred summte leise einen Schlager von Roland Kaiser vor sich hin. Manchmal möchte ich schon mit dir... intonierte er zaghaft und dachte an seine neue Kollegin Renate. Seit seiner Scheidung von Ellen vor fast fünf Jahren war Manfred Single geblieben. Er hatte die Vorzüge der Freiheit für sich entdeckt, es genossen, völlig frei über sich und seine Zeit entscheiden zu dürfen, zumindest über die Freizeit. Aber in seinem Job in der Einkaufsabteilung des großen Autozulieferers in Hannover gefiel es im nach wie vor gut. Und seit einigen Monaten arbeitete dort Renate im gleichen Bereich wie er. Sie war nur ein Jahr jünger als er und sie hatte einen ähnlichen Weg hinter sich. Als ihre beiden Kinder erwachsen gewesen waren, war ihr Mann ausgezogen und inzwischen war auch sie geschieden. Sie war sportlich und charmant und wirkte eher wie Ende 30 als 52 Jahre. Sie beide verstanden sich gut, hatten sich schon einige Male zum Essen und ins Kino verabredet und flirteten gerne während der Arbeit. So ganz sicher, ob sich daraus mehr entwickeln sollte, war Manfred sich nicht, doch wollte er sich Zeit lassen und sie nicht überrumpeln. Manchmal möcht' ich so gern mit dir..., sang er wieder leise weiter. 

    Plötzlich hörte er ein Knacken. Er blieb stehen und lauschte. Es war von vorn rechts gekommen, da war er sich ziemlich sicher. Nun war es still und er hörte nur das Rauschen der Autos, das von der nicht so weit entfernten Bundesstraße zu ihm drang. Langsam ging er weiter, dann blieb er noch einmal stehen und horchte. Nichts. Vielleicht nur ein Ast, der gebrochen war, dachte er für sich und setzte sich wieder in Bewegung. 

    Da knackte es erneut, es musste direkt vor ihm sein, dort zwischen den Kiefern und den Büschen darunter. Noch einmal blieb er stehen. 

    Hey!, rief er in die Richtung. 

    Es kam keine Antwort. Dafür brach direkt vor ihm etwas aus dem Gebüsch und sprang auf ihn zu. Manfred konnte es nicht erkennen, sah nur, dass es größer war als er. Das Etwas war sofort direkt vor ihm, Manfred sah eine zuckende Bewegung, dann traf ihn etwas in den Bauch, fast direkt auf den Solar Plexus. Ihm wurde schwarz vor Augen, er fiel vornüber, versuchte zu atmen, doch es gelang ihm nicht.  Er spürte, wie ihn etwas packte und herumriss, bis er auf dem Rücken lag. Wieder versuchte er Luft zu holen, doch sein Zwerchfell wollte noch nicht nachgeben und so entrang sich seiner Kehle nur ein heiseres Krächzen. Er spürte wie etwas grausam kraftvolles seinen Hals packte, ihn anhob und dann so schnell und brutal niederdrückte, dass sein Kopf auf den harten Feldweg aufschlug. Seine Wahrnehmung verblasste und eine gnädige Ohnmacht nahm seine Sinne in Besitz. Das wilde Reißen an seiner Kehle spürte er nicht mehr. Sein Geist versank in der Dunkelheit, sank tiefer und tiefer, bis da nichts mehr war. Außer Schwärze.

    Tina stellte ihren Fiesta auf dem Parkplatz vor dem Dinopark ab. Sie und Jenny stiegen aus, Jenny ging zum Kofferraum und öffnete ihn. 

    Ich glaube, ich nehme nur meinen Rucksack mit dem Tee mit, oder? Wir werden bei dem trüben Wetter ja doch nicht ganz so lange laufen, sagte sie zu Tina.

    Ja, du hast Recht. Ich glaube, wir sind spätestens mittags zurück und dann brauchen wir unsere Picknicksachen nicht, erwiderte sie. 

    Also schulterte Jenny ihren kleinen Wanderrucksack mit dem Tee in der Thermoskanne und den Bechern. Dann machten sich die beiden jungen Frauen, mit Walkingstöcken und Wanderkleidung ausgerüstet auf den Weg. Ziel war das Waldgebiet hinter dem Steinbruch bis zum Rehburger Brunnenberg. Sie wollten sich Stellen im Wald suchen, an denen man noch die alte Schaumburger Landwehr erkennen konnte. Sie marschierten los, die Alte Zollstraße entlang, vorbei am Dinopark und den Zuwegungen des Steinbruchgeländes, um dann in östlicher Richtung in den Feldweg einzubiegen. Das Wetter war, wie die ganzen Tage schon, ziemlich nasskalt. Das Außenthermometer des Autos hatte 8 Grad Celsius angezeigt und die Luft war nach wie vor neblig dunstig. Man konnte meinen, das Wetter wollte sich noch nicht so richtig entscheiden, ob es nun regnen wollte oder nicht. Aber das sollte die beiden outdoorerfahrenen jungen Frauen nicht von einem Wandervormittag abhalten. Tina hielt kurz inne und zückte ihr Smartphone aus der Beintasche.

    Ich hab vergessen, die Route mit der App aufzuzeichnen, erklärte sie. Jetzt läuft es aber.

    Du und deine Aufzeichnungen, entgegnete Jenny kopfschüttelnd, aber mit einem Schmunzeln. 

    Irgendwann in ein paar Jahren sitzen wir mal mit unseren Wanderkarten zusammen und..., begann Tina.

    Und dann können wir das alles in Gedanken nochmal nacherleben, fiel ihr Jenny lachend ins Wort. 

    Beide begannen zu lachen. Sie genossen es, viel Zeit gemeinsam zu verbringen, besonders, weil sich dies im nächsten Jahr schon ändern konnte. Tina studierte in Hannover Geodäsie und interessierte sich auch deshalb sehr für die landschaftlichen Veränderungen in der Gegend. Jenny studierte Wirtschaftswissenschaften. Ihnen beiden war bewusst, dass sich im nächsten Jahr ihre Wege voneinander entfernen würden, je näher Referendariat und Abschluss rückten. Sie wollten ihr Zweier-WG Leben möglichst lange fortführen, aber dass sie nach der Uni in Hannover bleiben würden, war doch recht unwahrscheinlich.

    Halt mal, mahnte Jenny plötzlich. Was ist das da?

    Beide blieben stehen. Vielleicht 50 Meter vor ihnen lag etwas auf dem Weg.

    Ist das ein Tier?, antwortete Tina fragend. 

    Ich weiß nicht, kann ich nicht erkennen, aber das liegt doch da irgendwie komisch. Ich hab ein komisches Gefühl. Wollen wir lieber umdrehen?, flüsterte Jenny. 

    Quatsch, wissen will ich das schon. Ich klatsche mal, erwiderte Tina etwas forscher, hob die Hände und klatschte ein paarmal. Dazu rief sie laut: Hey! Hey!

    Aber es passierte nichts. Langsam schlichen sich die beiden näher und näher.

    Oh mein Gott Jenny, da liegt ein Toter. Und er sieht schlimm aus!, rief Tina, die sich etwas näher heran gewagt hatte als Jenny. 

    Jenny kam näher, dann schlug sie die Hände vor das Gesicht und kreischte schrill.

    IIIIIIhhhh!

    Sie drehte sich um und erbrach sich laut stöhnend auf den Feldweg. 

    Tina tat noch zwei Schritte auf den Leichnam zu, der mitten auf dem Feldweg lag. Der Anblick, der sich ihr bot, war grauenhaft. Der Tote schien ein Mann zu sein, er lag auf dem Rücken und seine weit aufgerissenen leeren Augen starrten in den Morgenhimmel. Sein Mund stand offen, wie zu einem stummen Schrei. 

    Vom Hals bis zur Hüfte herab bestand der Leichnam nur noch aus blutigen Fetzen, dunkelrote Flecken lagen zu seinen beiden Seiten verteilt. Die Beine lagen ausgestreckt auf dem Weg. 

    Tina drehte sich um. Sie war kreidebleich im Gesicht. 

    Oh Gott, oh Gott, was ist das, was ist da passiert? Wir müssen die Polizei rufen, stammelte sie. 

    Sie schubste Jenny an, die wie erstarrt in Richtung des Toten blickte. Auf die stumme Aufforderung drehte sie sich tonlos um, immer noch die Hände vor Mund und Nase gepresst. 

    Tina zog ihr Smartphone aus der Tasche und entsperrte das Display. Dann wählte sie die 110.

    2. Schulkontext

    Ich haderte mit dem Wetter, ich hatte überhaupt keine Lust mit dem Rad zu fahren. Es war 06:30 Uhr durch und ich musste mich langsam auf den Weg zum Frühdienst machen. Seit meiner Trennung von Britta war ich noch arbeitswütiger geworden und bedauerte es meist, wenn ich keinen Dienst hatte oder Termine anstanden. Ich kramte die Regenjacke aus dem Schrank in dem kleinen Flur meiner Bude und wollte sie schon überziehen, dann hängte ich sie wieder hinein. Ich blickte auf den Autoschlüssel, der an einem Haken am Schrank hing. 

    Alles Zaudern half nichts, ich hatte mir fest vorgenommen, das Auto nur im absoluten Wetternotfall oder bei tatsächlicher Notwendigkeit für die Fahrt zum Dienst zu benutzen. Wenn ich es jetzt anders machte, war mir der Spott aller Kolleginnen und Kollegen gewiss, die ich normalerweise selbst großmäulig für ihre Bequemlichkeit tadelte. Also ließ ich die Regenjacke weg, entschied mich aber für den Regenüberzug auf dem Fahrradhelm und startete zum Kommissariat. 

    Seit ich nach Nendorf gezogen war, war der Weg nicht nur dreieinhalb Kilometer kürzer geworden, ich musste auch keine Feldwege mehr fahren. Ergo dauerte der Weg zur Dienststelle weniger als 20 Minuten.

    Ich schwang mich in den Sattel, meine mit Neoprenhandschuhen bewaffneten Hände packten die gekröpften Lenkerenden und ich radelte los. Der Dunst reflektierte das Licht meines Scheinwerfers und legte sich sanft und kühl auf mein Gesicht. Ich hörte das leise Rauschen der Fahrradreifen auf dem nassen Asphalt der Straße und spürte den leichten von schräg hinten heranwehenden Südwestwind. Ein dezenter Schweinestallduft mischte sich mit der klaren Luft. Ich riss mich zusammen, stellte mich in die Pedalen und beschleunigte. Ich schaltete zwei Gänge hoch und atmete etwas tiefer. Ich verließ die Ortschaft, wechselte nach links auf den Radweg und verlor mich in Gedanken an eine Radtour mit meinen Kumpels in den Alpen. Ein Milchlaster rauschte auf der Straße an mir vorbei und holte mich zurück in die Wirklichkeit. Ich war bereits in Böthel, einer kleinen Siedlung zwischen Nendorf und Stolzenau. Ich bemerkte, dass mir warm war und dass es eine gute Idee gewesen war, die Regenjacke nicht anzuziehen. Ich genoss den Rest der Fahrt durch die Nebenstraßen von Stolzenau bis zur Dienststelle. Als ich dort eintraf, war die äußere Schicht meiner Fleecejacke sanft durchfeuchtet. Auf der Dienststelle war es noch sehr ruhig, auf der Wache saß Kathleen und die Streife war unterwegs. Hausmeister Henning traf ich in der kleinen Küche an der Kaffeemaschine. Der Geruch des noch heißen Kaffeefilters, den er gerade gegen einen frisch gefüllten tauschte, stieg mir in die Nase.

    Moin Henning, begrüßte ich ihn.

    Er erwiderte meine Begrüßung, ich ging allerdings gleich weiter nach oben Richtung Büro, ich wollte mich zügig umziehen. Oben war noch niemand, also konnte ich das Frühdienstritual ganz normal starten. Umziehen, Fahrradhose und Jacke zum Trocknen aufhängen, Rechner hochfahren und dann im Geschäftszimmer in mein Fach gucken. So tat ich es auch heute und durfte erfreut feststellen, dass mein Fach leer war. Allerdings zeigte mir ein Blick nach links, dass das Eingangsfach für den Kriminaldienst

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