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Weltenerbe / Weltenerbe. Das Geheimnis der Zylinder
Weltenerbe / Weltenerbe. Das Geheimnis der Zylinder
Weltenerbe / Weltenerbe. Das Geheimnis der Zylinder
eBook382 Seiten4 Stunden

Weltenerbe / Weltenerbe. Das Geheimnis der Zylinder

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Über dieses E-Book

Nicht mal die Archäologen können sich erklären, was es mit den geheimnisvollen Zylindern auf sich hat. Sie sind offensichtlich mehrere tausend Jahre alt und ca. drei Meter lang, aber mehr verraten die steinernen Behälter nicht. Ein amerikanisches Team untersucht die seltsamen Funde, die auf verschiedenen Kontinenten liegen. Auch in Grönland wird solch ein Zylinder gefunden. General Setter und Major Carson fliegen dorthin, um die hoffnungsvollen Untersuchungen zu beaufsichtigen. Aber sie sind nicht allein in der kalten, unwirklichen Schneelandschaft. Sie werden von zwei Gruppen beobachtet. Die eine Gruppe verfolgt die Aktivitäten mit freudigem Interesse, während die andere alles daran setzt, die Sache geheim zu halten. Notfalls auch mit Waffengewalt. Und mittendrin steckt Daniél, der mit seiner Frau Claire in einem kleinen Dorf in der Nähe von Carnac in Frankreich lebt. Die Beziehung ist schwierig für ihn geworden und er versucht krampfhaft ihr alle Wünsche zu erfüllen. Als Claire mit ihrer Mutter in den Urlaub fährt, möchte Daniél einen Brunnen für sie anlegen. Bei den Bohrungen in seinem Garten stößt er auf ein unerklärliches Hindernis. Aus Neugier reißt er seinen halben Garten auf und findet auch solch einen Zylinder. Er stellt auf eigene Faust Nachforschungen an, um zu ergründen, was sich da in seinem Garten befindet. Bald schon wird er ein wichtiger Teil in einem Kampf, in dem man kaum erkennen kann, wer die Guten und wer die Bösen sind. In dieser spannenden und manchmal humorvollen Trilogie wird der Leser für ein paar Stunden auf eine Reise um die Welt mitgenommen. Und es ist nicht nur unsere Welt.
SpracheDeutsch
Herausgeberacabus Verlag
Erscheinungsdatum23. Apr. 2010
ISBN9783941404892
Weltenerbe / Weltenerbe. Das Geheimnis der Zylinder

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    Buchvorschau

    Weltenerbe / Weltenerbe. Das Geheimnis der Zylinder - Umbrella Brothers

    1 Das Loch im Garten

    »Ah! Es geht doch nichts über Pizza!«

    Luc nickte, schluckte und sagte: »Da hast du recht.«

    »Du magst Ananas also als Belag?«

    »Ja klar, das schmeckt. Was hast du für eine?«

    »Nun, sie ist grün, weiß und rot. Was kann das wohl sein?«

    Luc zuckte mit den Schultern.

    »Na?«

    Luc zuckte erneut und Daniél erlöste ihn: »Na Italiano, Mensch!«

    »Gut, hätte man drauf kommen können. Gibst du mir noch einen Schluck Wein?«

    »Natürlich, wie unhöflich.« Daniél schenkte noch einmal nach. Er füllte das Glas seines Freundes zu zwei Drittel. Kleine Kondenswassertropfen bildeten sich am Glas und das Licht der Deckenlampe brach sich in tausend Farben im Kristall.

    Auf richtige Teller hatten sie allerdings verzichtet. Sie aßen die Pizza direkt aus den Pappschachteln. »GoPizza!« stand in rot-grüner Schrift auf dem weißen Karton. Die Deckel hatten sie abgerissen, weil sie zu groß für den kleinen Esstisch waren. Aus den Lautsprechern der Stereoanlage dröhnte Musik, die irgendwo zwischen Grunch und Heavy Metal angesiedelt war.

    Luc studierte die Karte des Lieferservices. Dabei verzog er immer wieder den Mund von einer Seite zur anderen. Schließlich sagte er: »Ich frage mich jedes mal, ob ich mal dieses Funghi-Zeug probieren soll. Aber ich habe keine Ahnung was das ist.«

    »Wenn du wirklich mal eine Funghi bestellst, dann kannst dir du sicher sein, dass irgendwo ein Pilz versteckt ist.«

    »Wie lange ist Claire noch weg?«, fragte Luc.

    »Bis Montag noch.«

    »Schön!«

    »Kommt drauf an.«

    »Stimmt. Wie lange seid ihr denn eigentlich schon verheiratet?«

    Daniél sagte sofort: »Zwei Jahre und drei Monate.«

    »So lange schon? Wie lange muss sie denn noch?«

    »Sehr komisch!«

    Solche Witze fand Daniél überhaupt nicht lustig. In letzter Zeit machte er sich immer mehr Gedanken, ob seine Beziehung noch in Ordnung war. Es lief nicht mehr so rund wie früher.

    Luc lehnte sich zurück und sagte: »Ich weiß noch, wie du mit ihr hier zum ersten Mal angekommen bist. Alle Männer standen mit offenem Mund da. Und erstmal die Frauen. Die waren vielleicht sauer.«

    Daniél dachte damals, dass es nicht einfach werden würde für Claire in seinem kleinen Dorf in der Nähe von Carnac. Aber der Kulturschock von der französischen Großstadt in die tuschelnde Gemeinde blieb aus. Sie fühlte sich sehr wohl.

    Aber mit der Zeit kühlte ihre heiße Liebe ab. Daniél war nicht mehr ihr Ritter auf dem hohen Ross. Und um etwas zu bekommen, musste er vorher immer eine Kleinigkeit geben. Sie wurden mit der Zeit größer, diese Kleinigkeiten.

    »Ich habe ihr einen Brunnen versprochen. Jetzt nehmen wir immer das Wasser aus dem Hahn. Aber das wird über die Jahre zu teuer.«

    Luc verschluckte sich beim Trinken. »Hast du mich deshalb eingeladen? Hey, man! Du kennst meinen Preis! 600 Kracher für einen Brunnen. Festpreis. Keinen Cent mehr. Schließlich muss ich hier fast acht Meter runter!«

    »Luc! Ich bin dein Freund! Da muss man doch etwas mit dem Preis machen können?«

    Luc schüttelte den Kopf und sagte: »Die Hälfte der Leute aus dem Dorf sind meine Freunde. Erst Recht, wenn es um einen Brunnen geht.«

    »Luc! Gib dir einen Ruck.«

    »Also, ich weiß nicht..«

    Daniél hatte Luc wirklich deswegen zum Essen einladen wollen. Ursprünglich hatte er ein Restaurant in Betracht gezogen. Aber Luc mochte eher die einfachen Dinge des Lebens.

    »Geht da denn gar nichts?« Daniél hatte Lucs Preis schon vorher gewusst. 600 Euro waren einfach zu viel. Vielleicht sollte er sich den Brunnen mit seinem Nachbarn teilen. Aber nein, das würde bedeuten, dass er mehr als ›Guten Tag, Herrn Trautwein‹ sagen müsste. Und sein Nachbar war nur dann ein guter Gesprächspartner, wenn man seiner Meinung war. Für gewöhnlich war niemand seiner Meinung.

    Luc kratzte an seinem nicht mehr vorhandenen Bart. »Bei meinem Bart ...«

    Daniél korrigierte: »Du hast ihn dir letzte Woche abgeschnitten, wegen Marie.«

    »Ach ja, die.«

    Marie mochte keine Männer mit Bart. Als Luc sich den Bart rasiert hatte, stellte sich jedoch heraus, dass sie ihn weder mit noch ohne Bart mochte. Eigentlich gar nicht. Luc war aber schon fast darüber hinweg. Er war sehr oberflächlich. Äußerlich jedenfalls. Durch harte Arbeit kann man eine Menge Frust abbauen. Luc hatte Lust auf diesen Brunnen.

    »Ich sag dir was.«

    »Ja?«, wollte Daniél wissen.

    »Der Brunnen wird angelegt für ... hm ... 300 Kracher.« Luc sagte immer Kracher, wenn es sich um mehr als 20 Euro handelte.

    »Aber ...«

    »Aber? Oh nein!«

    »... aber du wirst mir dabei helfen!«

    »Was?«

    »Und ich bekomme deine ›Temple of the dog‹ CD.«

    »Bitte?«

    »Deine ›Temple of the dog‹ ! Die, die mir noch fehlt!«

    Daniél schüttelte heftig den Kopf: »Nein! Es geht hier nicht um die CD. Die kannst du haben. Aber ich soll dir helfen?«

    »Ja!«

    »Oh!«

    Luc sah in etwa so aus wie der junge Arnold Schwarzenegger. Vielleicht ein wenig muskulöser. Daniél war zwar nicht völlig untrainiert, aber sehr schlank. Er war der Letzte, den man bei einer Möbelspedition einstellen würde.

    Daniél schürzte die Lippen. »300 Euro, ja?«

    »Ja, Festpreis. Keinen Cent mehr.«

    »Und wann hast du Zeit?«

    »Morgen früh.«

    »Dein ›Früh‹ oder mein ›Früh‹?«

    »Meins!«

    »Ich wusste, dass du das sagen würdest. Noch Wein?«

    »Ja. Erstaunlich, wie schnell so etwas leer wird. Findest du nicht?!«

    Luc trank einen Schluck. In seiner Hand war das Glas kaum noch zu sehen.

    »Was ist das für ein Wein? Der schmeckt gut.«

    »Ein italienischer. Ein Pinot Grigio.«

    »Das werde ich mir merken. Und was haben wir davor getrunken?«

    »Einen Riesling, einen badischen. Der kommt aus Deutschland. Der war aber zu warm.«

    »Und davor?«

    »Einen Bardolino.«

    »Cool!«

    Sie schwiegen einen Moment, lauschten den Klängen von ›Soundgarden‹ und wippten dabei leicht mit dem Kopf. Luc betrachtete das Glas in seiner Hand und sagte dabei: »Das nächste Mal gibt es wieder Bier, okay?«

    Daniél holte tief Luft, seufzte und sagte: »Ja, klar.«

    Er fragte sich, wie man als Franzose Bier trinken durfte, aber er mochte ja auch keine Chansons. Gut, dass er nicht seine besten Weine für diese Bestechung verschwendet hatte.

    Es war spät, als Luc ging.

    Es klingelte an der Tür. Es war Freitag und – eindeutig zu früh. Daniél erwachte. Zumindest mit einem Auge. Wenn das jetzt schon wieder die Zeugen ...

    Jemand hämmerte einige Male kräftig gegen die Eingangstür.

    Armageddon, dachte Daniél.

    »Los, Daniél! Mach auf! Ich habe einen Mörderschädel! Ich brauche dringend Aspirin!«

    Luc also. Was wollte der denn hier? Ach ja, der Brunnen!

    Daniél öffnete die Tür und konnte sie somit vor der Zerstörung bewahren.

    Der Hüne vor der Tür wartete nicht, bis er hereingebeten wurde, sondern stürmte in die Küche. Daniél schaute noch einmal heraus, um zu prüfen, ob Luc irgendwelche Leute aus der Nachbarschaft geweckt hatte. Ja, das hatte er. Alle.

    Vor der Tür stand ein Karton mit Kunststoffabflussrohren. Daniél wunderte sich und rief in die Küche: »Was ist mit dem Karton, der vor der Tür steht?«

    »Den kannst du schon mal rein tragen. Der andere ist noch im Auto.«

    »Na prima!«

    Ein Kunststoffrohr ist leicht. Viele sind es nicht.

    Daniél erinnerte sich daran, was er gedacht hatte, als er das erste Mal davon hörte, dass Luc Brunnen baut. Das lag schon einige Zeit zurück. Für Daniél war ein Brunnen ein gemauerter Steinkreis mit einem Holzgestell darüber, an dem ein Eimer hing. Und zwar ein Holzeimer, den man mit einer Kurbel herablassen konnte. Halt dieses klassische Model, in das Prinzessinnen für gewöhnlich ihre güldenen Kugeln hineinwarfen.

    Wie enttäuscht war er, als er erfuhr, dass es sich einfach nur um ein schlichtes Loch handelte. Mit einer Pumpe. Elektrisch!

    Aber hierbei ging es wohl mehr um Funktionalität, als um Ambiente. Auf Dauer konnte er den Rasen und die Beete nicht mit teurem Leitungswasser versorgen. Der Sommer war extrem heiß gewesen und der Sprenger lief jeden Tag zweimal.

    »Daniél?«

    »Ja?«

    »Deine Aspirinrolle ist alle!«

    »Na, wer stellt denn wohl eine leere ... «, begann er, stoppte aber, als er sich an seine letzten Kopfschmerzen erinnerte. »Ich glaube, ich habe oben noch eine angebrochene Packung. Warte kurz.«

    »Bleibt mir wohl nichts anderes übrig.«

    Daniél hastete nach oben, fand zwei fast leere Packungen mit Kopfschmerztabletten und brachte eine davon mit nach unten.

    »Hier, bitte!«, sagte er, als es erneut an der Tür klingelte.

    Es ist mein freies langes Wochenende, dachte er, und dennoch bin ich schon um 7.00 Uhr wach. Aber wer zur Hölle klingelt außer Luc um 7.17 Uhr an meiner Haustür?

    Vor der Tür stand Sophie mit einer Glasdose in der Hand und wackelte damit vor Daniéls Augen herum. »Mein Kaffee ist alle. Kannst du mir wohl etwas leihen? Ich habe gesehen, dass du schon wach bist und dachte ...«

    Wieso bringen Menschen immer eine leere Dose mit, wenn sie Kaffeepulver haben wollen? Nehmen sie etwa an, dass man ihnen sonst nicht glauben würde? Dieser Gedanke schoss Daniél durch den Kopf. Und tatsächlich! An Sophies rechtem Handrücken hing eine Spur Kaffeepulver. So etwas bekam man automatisch, wenn man versuchte den letzten Rest aus einer zylindrischen Dose zu kratzen. Rechtshänder, also. Daniél schaute kurz auf die Dose und dann in Sophies Augen.

    Sie lächelte verlegen. So als ob sie Kaffeepulver haben wollte oder ...

    Aber dafür hatte er jetzt keine Zeit.

    »Warte, ich habe noch ein paar Packungen im Keller.«

    »Danke«, sagte Sophie und versuchte dabei ein Lächeln in ihr Gesicht zu zaubern.

    »Ja. Kein Problem.«

    Daniél ging gemächlich die Treppe zum Keller hinab und stellte sich vor, dass es in Sophies Küche jetzt überall nach Kaffee riechen würde. Das war aber nicht so schlimm. Sophie wohnte allein.

    Sie war Daniéls rechte Nachbarin. Vielleicht wohnte sie schon zu lange allein, wenn sie anfing Leute unnötigerweise nach Kaffee zu fragen.

    »Hier, der Kaffee!«

    »Danke! Ohne Kaffee schaffe ich es einfach nicht über den Tag.«

    Daniél wäre der eine oder andere Kommentar dazu eingefallen, aber er entschloss sich nur freundlich zu nicken und dann die Tür zu schließen. Nicht sehr höflich, aber effizient.

    »Was war denn mit der los?«, fragte Luc, der darauf wartete, dass sich seine Tablette endlich vollends auflöste.

    »Koffeinentzug, würde ich sagen. Du hast da gerade meine letzte Tablette zum Trinken genommen. Danach gibt es nur noch die zum Schlucken.«

    »Die mag ich gar nicht. Hast du den anderen Karton schon geholt?«

    Daniél seufzte und antwortete: »Ich bin noch nicht dazu gekommen. Entschuldigung!«

    »Na los, hopp hopp!«

    »Autoschlüssel?«

    »Ist offen!«

    Murrend holte Daniél die zweite Kiste. Diese war sogar noch schwerer als die erste.

    »Bring das mal alles in den Garten!«, sagte Luc schmatzend, denn er hatte sich selbstständig ein reichhaltiges Frühstück zubereitet. »Hast du noch Kaffee? Oder hast du alles dieser Brillenschlange von nebenan gegeben?«

    »Weiß nicht. Im Schrank rechts neben den Gläsern ist eine offene Packung.«

    »Ach, stimmt ja. Sag mal, leiht die sich öfter bei dir Kaffee?«

    »Ne, wieso?«

    »Die ist irgendwie komisch. Die Leute im Dorf sagen, sie sei lesbisch. Die hatte noch nie einer mit einem Mann gesehen, obwohl die genauso scharf ist, wie deine Claire. Ohne die doofe Brille jedenfalls.«

    »Keine Ahnung, ist nur eine Nachbarin. Nicht mehr.«

    »Aber du siehst sie doch jeden Tag, oder?«

    »Eigentlich nicht.«

    Luc frühstückte für drei und Daniél brachte derweil alles in den Garten. Als er die zweite Kiste abstellte, tauchte Herr Trautwein hinter dem Zaun auf. Man konnte nur seine Haare und Augen sehen. Das war auch gut so, dachte Daniél.

    »Na, was wird das denn?«

    »Eine Hundehütte.«

    Herr Trautwein ließ sich nicht beirren. Er war einer von der Sorte Menschen, die alles wissen und alles schon einmal gemacht haben. Und zwar besser! Ein Schwätzer halt.

    »Das wird ein Brunnen, nicht? Tja, wenn ich Ihnen dabei irgendwie helfen kann. Ich kenne mich mit so etwas aus.«

    Herr Trautwein arbeite bei der Stadt und stellte Personalausweise und Visa aus. Also quasi ein Fachmann auf dem Gebiet des Brunnenbaus.

    »Mach ich, Herr Trautwein, mach ich.«

    Wieso war der eigentlich schon wach? Ach, ja! Luc hatte ihn durch sein Hämmern an die Haustür geweckt. Egal, er würde in ein paar Stunden ins Büro müssen. Dann hatte er seine Ruhe.

    Luc kam in den Garten und reichte Daniél zwei Mettbrötchen. Die musste er mitgebracht haben. Ganz sicher sogar. Daniél konnte sich nicht daran erinnern, frische Brötchen im Hause zu haben.

    »Danke!«

    »Iss tüchtig; das ist eine sehr anstrengende Arbeit.«

    »Ja, ich freue mich schon. 300 Euro, ja?«

    Luc nickte: »Und keinen Cent mehr. Festpreis.«

    »Was bedeutet eigentlich Festpreis bei dir?«

    »Ist doch klar! Die 300 Kracher bekomme ich nur dann, wenn der Brunnen funktioniert. Wenn wir tiefer gehen müssen, zum Beispiel, sagen wir, elf Meter oder so, kostet es das Gleiche.«

    »Ach so. Kann das sein? Ich meine, müsste das Grundwasser nicht überall gleich hoch sein?«

    »Ja, so ungefähr. Aber das schwankt schon mal. Beim alten Pierre musste ich zwölf Meter tief rein. Aber bei der Marie nur sechs.«

    »Marie hat auch einen Brunnen?«

    Luc grummelte: »Ja, hat sie. Los, lass uns anfangen.«

    »Seit wann?«, bohrte Daniél.

    »Seit letzter Woche! Wo ist deine Schaufel?«

    »Warte, ich hole sie.«

    »Nicht nur holen«, sagte Luc, »auch buddeln!«

    Daniél holte die Schaufel und fing an einen Schacht zu buddeln. Herr Trautwein lugte über den Zaun und bemerkte: »Sie müssen mit der linken Hand weiter unten anfassen!«

    Daniél seufzte: »Mach ich, Herr Trautwein, mach ich.«

    »Dann geht es gleich viel leichter!«

    Luc steckte derweil einige Rohre zusammen. Am letzten befestigte er eine Stange mit zwei Fahrradgriffen. Es sah aus wie ein Presslufthammer. Dann holte er noch einen Gartenschlauch.

    Mit einem Auge schaute Luc Daniél über die Schulter. »Ja, sieht gut aus! Jetzt lass mich mal.«

    Daniél war erleichtert. Jede Pause war ihm willkommen. »Mensch, das ist wirklich anstrengend!«

    »Sei froh, dass wir so früh angefangen haben. Heute Mittag wirst du zerfließen. Obwohl, bei dir ist ja kein Fett dran.«

    »Hey!«, empörte sich Daniél.

    »Na, ist doch so!«

    »Kann ja nicht jeder wie Conan aussehen«, scherzte Daniél.

    »So, nun lass mich mal ran.«

    Luc stellte sich mit seiner Apparatur an das Loch und füllte Wasser hinein, um das Erdreich zu lockern. Dann begann er mit wilden Drehbewegungen, als ob er sich nicht entscheiden könne, ob er mit seinem Fahrrad nun rechts oder links abbiegen möchte. Dann wieder Wasser. Und erneut ließ er die Apparatur um die Hochachse rotieren. Luc wiederholte das Ganze ein paar Mal und schließlich zog er das Rohr heraus. Im Rohr befand sich nun Matsch. Luc hatte gute 20 cm geschafft. Nur, dachte Daniél. Aber Luc sagte: »Anfangs geht es immer leicht.«

    »Das war leicht?«

    »Jetzt bist du dran!«

    Das wäre an sich nicht so schlimm gewesen, wenn nicht zwei Augen über den Zaun hinweg sein Tun beobachten würden. Auch Daniél rührte nun in der Erde herum. Er brachte es auf stolze 15 cm.

    Herr Trautwein rief: »Sie müssen mehr drehen!«

    »Ja, mach ich, Herr Trautwein. Ich werde es nicht vergessen.«

    Im Kopf rechnete er sich aus, wie lange es dauern würde, wenn sie mit dieser Geschwindigkeit weitermachen würden. Dreisatz. Das wären dann 182 Minuten, also etwas mehr als drei Stunden.

    »Mensch, wenn das so weitergeht, dann sind wir ja noch vor Mittag fertig damit.«

    »Daniél«, Luc legte ihm eine Hand auf die Schulter, »wir können froh sein, wenn wir morgen Mittag fertig sind.«

    »Echt? So lange dauert das?«

    »Ja, echt. Wenn du das mit dem Brunnen vorher gewusst hättest, dann hättest du dem Baggerfahrer mal fünf Euro in die Hand gedrückt und er hätte die ersten drei Meter schon mal schnell fertig gemacht.«

    »Hätte, könnte, sollte. Hinterher ist man immer schlauer.«

    »Du weißt ja jetzt wie das geht. Ich geh eben einen Schluck trinken, okay?

    « Daniél setzte erneut mit dem Apparat an. Nach ein paar Minuten standen ihm Schweißperlen auf der Stirn. Das war alles nicht so schlimm. Immerhin sparte er viel Geld. Aber er wünschte sich, dass Herr Trautwein endlich ins Büro ginge. Was wäre, wenn er heute einen freien Tag hätte?

    Nach einer halben Stunde war Daniél am Ende. Er setzte sich einfach auf den Boden und machte erst mal eine Pause. Luc kam. Was um alles in der Welt war das für ein Getränk, für das man eine halbe Stunde brauchte?

    »Und? Wie viel hast du geschafft?«

    »Etwas über einen Meter. Wieso bekommst du eigentlich 300 Euro, wenn ich das hier alles mache?«

    »Ach? Du kannst noch?«

    »Nein.«

    »Ja, lass mich mal machen.«

    »Was hast du eigentlich getrunken? 40 Liter O-Saft?«

    »Ich habe noch etwas Frühstücksfernsehen geschaut. Dabei muss ich wohl kurz eingenickt sein.«

    »Du siehst vormittags schon fern?«

    »Nö, meistens penn’ ich dabei ein.«

    Luc betrachtete kurz das Loch und fügte dann ein neues Rohrsegment an die Apparatur. Auch Luc schaffte in einer halben Stunde einen Meter. Danach wechselten sie sich jedes Mal ab. Herr Trautwein war mittlerweile ins Büro gefahren.

    Gegen Mittag hatten sie schon über drei Meter tief gebohrt und Daniél taten die Arme weh.

    »Mahlzeit!«, rief Luc.

    »Schon?«, flachste Daniél, »gehen wir etwas essen?«

    »Logisch, deine Frau ist ja nicht da. Aber die kann eh nicht kochen. Die kann nur Speisen erwärmen.«

    »Ich habe sie nicht geheiratet, weil sie so gut kochen kann.«

    Luc hob den Finger und bemerkte: »Na, ob das so weise war? Du weißt ja was man sagt. Das Essen ist der Sex des Alters!«

    »Bitte? Ich bin gerade mal 29!«

    »Du musst auch an die Zukunft denken! Aber scharf ist deine Claire, das muss man dir lassen.«

    »Ja, aber behalte deine Gedanken bei der Arbeit, okay? Möchtest du Hamburger und Pommes?«

    »Klingt verlockend!«

    Sie nahmen eine unspektakuläre Mahlzeit ein und kehrten dann an ihr Loch im Boden zurück.

    Bei einer Tiefe von 3.40 Meter geschah etwas Sonderbares.

    »Man! Ich komme nicht mehr weiter!«, stöhnte Daniél.

    »Tja, dir liegen wohl die Pommes schwer im Magen. Lass mich mal!«

    Luc probierte es, aber auch er hatte das Gefühl, als ob ein großer Stein im Weg liegen würde. Sehen konnte man nichts durch das kleine Loch. Erneut goss er Wasser nach. Aber das Erdreich war mächtiger. Mächtiger sogar als Luc. Nach einer Viertelstunde gab er sich geschlagen.

    »Da ist kein Durchkommen. Wir müssen sprengen!«

    »Was?«, schrie Daniél. Er hatte eine panische Angst vor allem, was in die Luft fliegen konnte. Selbst sein Haus heizte er ohne Zuhilfenahme von Gas oder Erdöl.

    »Hey, ruhig, Daniél! War nur Spaß.«

    »Puh.«

    »Aber da unten ist irgendetwas. Ein großer Felsen oder so. Da kommen wir nicht dran vorbei. Ich kann schlecht um die Ecke bohren!«

    »Ja? Und nun?«

    »Ja, was wohl? Du bist der Ingenieur!«

    »Ich habe keine Ahnung! Das ist mein erster Brunnen!«

    Luc zeigte auf den Boden, etwa einen Meter entfernt von dem Loch: »Na, wir müssen eine neue Bohrung ansetzen.«

    »Oh, echt? So ein Mist!«

    Luc hob die Schultern: »Was soll ich machen? Mir gefällt das genauso wenig wie dir.«

    »Aber das Loch sollte dort in die Ecke! Claire wird ausflippen, wenn ich ihren Garten umgestalte. Das war alles besprochen!«

    »Sag das dem Felsen!«

    Daniél beugte sich zum Loch herunter und rief: »Hey, Felsen! Geh zur Seite!«, und dann an Luc gewandt, »So! Jetzt kannst du es noch einmal probieren.«

    Luc zeigte nur ein müdes Lächeln, riss einen Kirschlorbeerstrauch aus dem Boden und fing an zu graben.

    Als sie nach Stunden die 3.40 Metermarke passierten, atmeten beide erleichtert auf.

    Gegen Abend hatten sie eine Tiefe von 3.90 Metern erreicht, als der Bohrer erneut auf ein Hindernis stieß.

    »Verdammte Scheiße! Das kann doch nicht sein!«, schrie Luc.

    »Oh nein! Und nun?«, fragte Daniél. Dann winkte er ab und sagte: »Sag nichts! Ich weiß! Noch ein Loch.«

    »Richtig, aber nicht mehr heute! Das machen wir morgen früh.«

    Morgen also. Vielleicht regenerierten sich bis dahin seine Muskeln wieder. Die Wahrscheinlichkeit dafür lag bei zwei, vielleicht drei Prozent. Morgen würde auch Herr Trautwein nicht ins Büro müssen.

    Samstag. Jemand hämmerte an die Tür. Das bedeutete für gewöhnlich, dass Claire aufstand und sie öffnete. Aber Claire war ja nicht da. Sie war ja mit ihrer Mutter an die See gefahren. Wer könnte dann wohl die Tür öffnen? Nach einiger Zeit wurde Daniél klar, dass er der einzig verbliebene Bewohner des Hauses war. Zwangsläufig musste er aufstehen. Aber eine höhere Macht hinderte ihn daran. Und sie hieß Muskelkater.

    Unter Schmerzen schleppte er sich zur Tür und öffnete sie.

    »Verpennt, oder was?«, lachte Luc ihm entgegen und drängte sich in die Wohnung.

    »Nein, nein«, sagte Daniél und rieb sich die Augen.

    Der kräftige Mann steuerte direkt auf die Küche zu und suchte Kaffee. Er fand ihn.

    »Hey Daniél, geh noch mal zum Wagen! Ich habe Brötchen mitgebracht. Die liegen auf der Rückbank. Ich mache schon mal Kaffee.«

    Sie frühstückten zusammen und Daniél spürte wie seine Lebensgeister zurückkehrten. Luc schien überhaupt kein Problem mit der anstrengenden Arbeit zu haben.

    »Das war ganz schöner Mist gestern«, sagte Luc.

    »Ja, passiert dir das öfter?«

    Luc fragte: »Was, dass ich dreimal ansetzten muss? Nein, dass ist mir noch nie passiert. Aber gleich wird es funktionieren, da bin ich völlig sicher.«

    »Aber es ist eine verdammt blöde Stelle. Claire wird das nicht mögen. Der Schacht liegt dann genau im Beet.«

    »Na, da fällt ihr bestimmt irgendetwas Dekoratives ein, so wie ich deine Frau kenne. Hier ein Blümchen, da ein Strauch und schon sieht es keiner mehr.«

    Sie gingen wieder in den Garten. Herr Trautwein war schon da. Hatte dieser Mann denn niemals etwas anderes vor?

    »Ach, guten Morgen, Herr Nachbar!«, sagte Herr Trautwein.

    »Herr Trautwein! Gut geschlafen? Oder überhaupt?«, fragte Daniél.

    Ein wenig regte er sich über seinen Nachbarn auf. Dadurch fiel das Graben zu Beginn leichter. Aber schnell wurde klar, dass Daniél heute nicht für harte Arbeit zu gebrauchen war. Nach einer halben Stunde bestand seine Hauptaufgabe darin Getränke und etwas Nahrhaftes für Luc zu besorgen. Die Sonne brannte vom Himmel. Luc hatte sein Hemd und seine Jeans ausgezogen und arbeitete nun nur mit einer halblangen Turnhose und einem hautengen T-Shirt bekleidet.

    Zentimeter um Zentimeter arbeitete sich Luc seinen Weg nach unten. Heute war er nicht bereit sich vom Erdreich etwas vormachen zu lassen. Heute würde er der Sieger sein.

    Bis zum Mittagessen hatte Luc trotz der Hitze fast die Tiefe von drei Metern erreicht.

    »So, ich fahre jetzt erst mal nach Hause. Ich muss duschen und mir andere Klamotten anziehen. Und dann gehen wir fein essen. Du zahlst!«

    »Hamburger und Pommes?«

    »Ein Gedicht! Es gibt nichts besseres!«, sagte Luc.

    Daniél wusste sehr wohl, dass es doch etwas Besseres als Pommes gab. Aber er kannte Luc schon seit Jahren und ein Feinschmecker würde der nie werden. Das war ja auch nicht weiter schlimm. Einigen Leuten genügen eben ein wenig gebratenes Hackfleisch mit einer hauchdünnen Gurkenscheibe darüber und frittierte Kartoffeln. Selbst Daniél hatte schon wesentlich schlechter gegessen. Und dafür sogar noch erheblich mehr bezahlt.

    Früh am Nachmittag war Luc bereits wieder durchgeschwitzt. Auch Sophie hatte den Weg aus dem Bett gefunden und mal kurz in den Garten zu ihren Pflanzen geschaut.

    »Hallo Daniél!«, rief sie über den Drahtzaun.

    »Ach, hallo Sophie. Reicht der Kaffee noch?«

    »Der Kaffee? Ach so! Ja, ja. Danke. Sag mal, seid ihr immer noch am Brunnen bauen?«

    »Ja. Aber ich nicht mehr. Ich bin erledigt. Wir haben gestern zweimal angesetzt und sind immer auf irgendetwas Hartes gestoßen.«

    »Etwas Hartes, ja?«, sagte Sophie.

    »Ja, wir haben auch keine Ahnung, was das sein kann.«

    Luc sagte: »Daniél, der O-Saft ist schon wieder alle! Hol’ noch mal Nachschub. Und vergiss die Eiswürfel nicht.«

    »Oh, die sind alle. Ich mache gerade neue, aber das dauert noch«, sagte Daniél.

    »Ich habe noch welche, die kannst du haben«, meinte Sophie.

    Luc trank fast einen ganzen Liter und kaute dann auf den Eiswürfeln herum. Das erfrischte, sorgte aber auch dafür, dass er noch mehr schwitzte.

    Er fügte noch ein weiteres Rohrelement hinzu und bohrte weiter. Luc ließ das Wasser aus dem Schlauch erst über seinen Kopf laufen und beugte sich über den Bohrer, so dass es in den Schacht tröpfelte. Dann schüttelte er sich wie ein Hund nach einem Spaziergang im Regen. Aber seine Haare waren zu kurz, um für einen richtig guten Effekt zu reichen. Auch bei Luc merkte man nun, dass der gestrige Tag und die heutige Hitze Spuren hinterlassen hatten. Er seufzte des Öfteren und regte sich über Kleinigkeiten auf. Bei einer Tiefe von 4.40 Metern stieß der Bohrer erneut auf ein Hindernis.

    »Verfluchte Scheiße!«

    Daniél kam aus der Küche nach draußen gerannt. In den Händen hielt er eine Kanne O-Saft mit halbfertigen Eisstückchen und ein paar belegte Brötchen auf einem Teller. »Ich komm ja schon, ich komm ja schon!«

    Wortlos nahm Luc die Kanne und trank sie leer. Dann biss er in ein Brötchen und kaute missmutig darauf herum.

    »Dein Scheißgarten ist verflucht. Da kann man nichts machen.«

    »Bist du schon wieder auf ein Hindernis gestoßen?«

    »Ja. Und weißt du, was ich jetzt mache? Ich packe meine sieben Sachen und verschwinde. Du musst dir jemand anderen für deinen Kram suchen. Über das Geld reden wir noch.«

    »Geld? Wieso? Du hast doch gesagt, dass wir einen Festpreis haben.«

    Luc schrie: »Ich reiß

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