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Der Finanzfaust
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eBook136 Seiten1 Stunde

Der Finanzfaust

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Über dieses E-Book

"Du verkennst: dieser Tanz ums Goldne Kalb, um Mammon, um Maschinen und Moneten, ist wie die Menschheit doch so alt." Mephisto

Der Ökonom Lothar Märkl greift die Faustsage auf und verlegt sie in unsere Tage. In die Welt der Finanzen, Banken, Märkte und Spekulationen. Ist das Anlage- und Börsengeschehen in Tat und Wahrheit nicht eine Wette auf Erfolg, vermeintliches Glück und Erfüllung? Beginnend mit dem Fall der Mauer führt uns der Autor mit Johann Wolfgang, Faust, Margherita, Mephisto und Dr. Nekro bis ins Jahr 2050.
SpracheDeutsch
HerausgeberConzett Verlag
Erscheinungsdatum24. Sept. 2012
ISBN9783037600214
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    Buchvorschau

    Der Finanzfaust - Lothar Märkl

    VORWORT

    FAUST ist heute lebendiger denn je! Die Faustsage ist um 1570 in Wittenberg entstanden. Der Urheber blieb unbekannt, doch wurde das erste Faustbuch von Johann Spies im Jahre 1587 in Frankfurt am Main veröffentlicht. Schon kurze Zeit danach hat die Sage Eingang gefunden in die englische, französische und italienische Literatur und sogar in die Musikliteratur Europas.

    Die Gelehrtentragödie des Doktor Faustus ist die Geschichte des Scheiterns des wahrheits- und erkenntnissuchenden Menschen im sokratischen Sinne; sie ist eine menschliche Tragödie, sie ist aber nicht die Geschichte der Tragödie der Menschheit. Erst die Erkenntnistragödie eines einzelnen bringt die ganze Menschheit voran.

    Vieles versucht Faust zu erforschen, besonders die Naturwissenschaften reizen ihn, er unternimmt Flugversuche, bereist ganz Europa, aber er stösst immer wieder an die Grenzen: Nur Magie kann helfen! Faust weiss viel, aber gerade weil er vieles weiss, erkennt er die Begrenztheit seines Wissens: Er erkennt, dass er nichts weiss. In sokratischer Bescheidenheit verzweifelt Faust. Der »Gelehrte« Faust versucht – besessen von unersättlichem Forschungsdrang – sein Wissen stets neu zu vertiefen und zu erweitern.

    Diesen trockenen Gelehrten Faust reizt aber auch die andere Seite des Lebens, das Hedonistische, der Luxus, die Lust und das pralle Leben. Er bekennt: »Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.«

    Und so kommt der Teufel in seine Welt.

    In der ursprünglichen Fassung der Faustsage des 16. Jahrhunderts schliessen Faust und Mephisto einen Vertrag miteinander, einen Pakt: Mephisto verspricht Faust sowohl in den drängenden Fragen der Zeit, den Natur- und Geisteswissenschaften, Erkenntnisse zu liefern, als auch für ausreichend Genüsse für sein leibliches Wohl zu sorgen, wozu auch die Erfüllung sexueller Wünsche gehört. Im Gegenzug verspricht Faust dem Teufel seine Seele nach seinem leiblichen Tode. (In der Finanzwelt von heute würde dies als Barbezug von heutigem Wohlleben und gleichzeitigem Terminverkauf der Seele im Todesfalle bezeichnet werden.)

    Die Erfüllung dieses Paktes liegt im Interesse beider Vertragsparteien. Insofern wird der Pakt von und für beide Seiten schliesslich zufriedenstellend erfüllt.

    In der Faustbearbeitung von Johann Wolfgang von Goethe im 18. Jahrhundert steht nicht mehr der im beidseitigen Interesse liegende Pakt im Vordergrund. Denn Faust und Mephisto wählen eine andere Vertragsart: die Wette. Im Gegensatz zum historischen Pakt von 1587 bedeutet diese Wette ein entgegengesetztes Interesse der beiden Vertragsparteien. Der Gewinn des einen ist der Verlust des andern und umgekehrt. Faust und Mephisto wetten um die Seele von Faust. Mephisto verschafft ihm eine neue Jugend und verspricht ihm irdische Freuden. Sollte er es erreichen, dass Fausts unentwegter Wissensdrang in Schwelgerei und Müssiggang versiegt, so hätte Mephisto die Wette und damit Fausts Seele gewonnen. Mephisto verliert schliesslich die Wette nach vierundzwanzig Jahren, weil die göttliche Gnade Faust erlöst hat.

    In meinem Finanzfaust des ausklingenden 20. Jahrhunderts weiss Faust und wissen die Menschen, dass sie für ihre und ihrer Kinder Zukunft selbst verantwortlich sind. Sie wissen um die zwei Seelen in ihrer Brust und haben daher Angst, sich über andere zu stellen und damit zu fehlen. Sie haben auch Angst, gegen das Sokratische Bescheidenheitsgebot zu verstossen, und sie haben Angst, auf dem Faulbett des süssen Lebens zu verderben und die Arbeit und das Forschen, das Investieren und das Wagen zu vernachlässigen.

    Die zutiefst verwurzelte Angst des modernen Faust, in diesen drei elementaren Prinzipien zu fehlen und damit von seinen gleichsam universalen Normen abzuweichen, bedeutet für ihn, »des Teufels zu sein«. Schliesslich glaubt der Teufel nach dreissig Jahren, der Wettsieger zu sein, da er fleissig einen Katalog sogenannter Sünden von Faust zusammengetragen hat, muss dann jedoch feststellen, dass er die alles entscheidende Wahrheit – das Metagebot, nämlich die Liebe – übersehen hat.

    Das Faustthema ist immer dann besonders aktuell, wenn sich die Geschichte und die Zeiten im Umbruch befinden. Ursprünglich entstand die inzwischen über vierhundert Jahre alte Faustsage in einer Zeit des religiösen Umbruchs. Sie ist gewachsen auf dem Boden der Reformation. Das neu erwachte Wissen um die persönliche Individualität erweckte alte Ideale aus der griechischen Kultur zu neuem Leben. Im Gegensatz zu der bis dahin gültigen Überzeugung, dass alles im Dogma geregelt sei und dass das theozentrierte Weltbild allein richtig sei, also alles in der absoluten Gottbezogenheit gesichert sei, entwickelte sich in der Renaissance das anthropozentrierte Weltbild. Dieses bedeutete eine diesseitige, der Welt zugewandte Orientierung, die den Menschen Rechte, aber auch Pflichten auferlegt. Damit waren die Zeiten des käuflichen Ablasses vorbei. Die Reformatoren des 16. Jahrhunderts schafften den religiösen Umbruch.

    Auch Goethe schuf seinen Faust in einer Zeit des geschichtlichen Umbruchs: Eine gewaltige Bevölkerungsexplosion fand in Europa statt, die Französische Revolution, die Napoleonischen Kriege, erste Milizarmeen, die Erneuerung von Rechts- und Fiskalordnungen. Im Zuge dessen wurden wenig später die Nationalstaaten in Europa geschaffen, die die neuentstandenen Massengesellschaften organisiert und geordnet haben.

    Goethe hat der Gelehrtentragödie Faust die Gretchentragödie hinzugefügt. Angeregt durch das tragische Schicksal einer jungen Frau, die wegen einer nicht ehelich legitimierten Schwangerschaft ihr Kind tötete und im Kerker starb, prangerte Goethe damit gesellschaftliche Notstände und insbesondere auch die Unterordnung von Frauen an. Genial verwob er das Schicksal des zu neuer Jugend gelangten Faust mit dem Schicksal Gretchens: die Liebe zur Magie in dem Gelehrtendrama mit der Magie der Liebe des Gretchendramas.

    Die Faustsage ist somit einerseits zeitgenössisch, aber andererseits wegen der zutage tretenden Grundstruktur ebenso überzeitlich.

    Auch heute befinden wir uns wieder in einer Zeit des Umbruchs. Die reale Wirtschaft und damit der Kapitalstock wachsen weltweit zu gewaltiger Grösse. Das Finanzvermögen in der Welt steigt in unvorstellbare Grössenordnungen. Die Finanzmärkte stehen vor neuen grossen Herausforderungen und befinden sich in rasendem Tempo auf der Suche nach neuen Gleichgewichten. Die Menschheit ist in die Epoche der Hochgeschwindigkeit, der »real time«, eingetreten. Viele neue Aufgaben sind zu bewältigen in den Bereichen der Elektronik, im Rechtswesen, in der Ethik, der Ökonomie, der Ökologie und vor allem in den

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