Mirko - das Kind aus der Fremde: Mami Bestseller 91 – Familienroman
Von Dunja Marian
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Über dieses E-Book
Mami ist als Familienroman-Reihe erfolgreich wie keine andere! Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt!
»Ach, Oma!« rief die siebenjährige Irina aus und schmiegte sich zärtlich an ihre Großmutter. »Du machst den besten Russischen Zupfkuchen auf der ganzen Welt.« »Danke für das Kompliment«, erwiderte Anna Schneider lachend, die mit ihrer modernen Kurzhaarfrisur noch gar nicht wie eine ›Oma‹ ausschaute. »Dafür kann deine Mama die besten Spaghetti kochen«, sagte Anna Schneider zu ihrer Enkelin. Dabei zwinkerte sie ihrer Tochter, die ihr auf der Terrasse gegenübersaß, liebevoll zu. »Ich glaube, deine Mama und ich sind schon ein gutes Team, nicht wahr, Svetlana?« fragte sie ihre Tochter. »Du bist für die moderne Küche zuständig, und ich verwöhne euch ab und zu mit Spezialitäten aus unserer Heimat.« »Meine Heimat ist hier«, stellte Irina klar und reckte ihr Kinn in die Luft. »Ich bin in Deutschland geboren. Genau wie du, Oma.« »Ich bin, genau wie deine Mama, in Rußland geboren, mein Schatz«, verbesserte Anna ihre Enkelin. »Meine Mutter – also deine Urgroßmutter – war Deutsche und ist durch den Krieg nach Rußland gekommen, wo sie meinen Vater geheiratet hat.« »Warum sprecht ihr beide dann Deutsch?« wollte Irina wissen.
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Buchvorschau
Mirko - das Kind aus der Fremde - Dunja Marian
Mami Bestseller
– 91 –
Mirko - das Kind aus der Fremde
Wie eine Mutter ihr Kind wiederfindet
Dunja Marian
»Ach, Oma!« rief die siebenjährige Irina aus und schmiegte sich zärtlich an ihre Großmutter. »Du machst den besten Russischen Zupfkuchen auf der ganzen Welt.«
»Danke für das Kompliment«, erwiderte Anna Schneider lachend, die mit ihrer modernen Kurzhaarfrisur noch gar nicht wie eine ›Oma‹ ausschaute. »Dafür kann deine Mama die besten Spaghetti kochen«, sagte Anna Schneider zu ihrer Enkelin. Dabei zwinkerte sie ihrer Tochter, die ihr auf der Terrasse gegenübersaß, liebevoll zu. »Ich glaube, deine Mama und ich sind schon ein gutes Team, nicht wahr, Svetlana?« fragte sie ihre Tochter. »Du bist für die moderne Küche zuständig, und ich verwöhne euch ab und zu mit Spezialitäten aus unserer Heimat.«
»Meine Heimat ist hier«, stellte Irina klar und reckte ihr Kinn in die Luft. »Ich bin in Deutschland geboren. Genau wie du, Oma.«
»Ich bin, genau wie deine Mama, in Rußland geboren, mein Schatz«, verbesserte Anna ihre Enkelin. »Meine Mutter – also deine Urgroßmutter – war Deutsche und ist durch den Krieg nach Rußland gekommen, wo sie meinen Vater geheiratet hat.«
»Warum sprecht ihr beide dann Deutsch?« wollte Irina wissen.
»Weil wir deutschstämmig sind und in unserer Familie neben Russisch immer Deutsch gesprochen wurde«, erklärte Anna dem kleinen Naseweis.
»Und warum spreche ich kein Russisch?« wollte Irina jetzt wissen. »Mein Papa ist doch Russe.«
Da erhob sich Svetlana Schneider und machte dem Thema, über das sie nur ungern sprach, ein Ende.
»Weil du in Deutschland geboren bist, mein Herz«, sagte sie knapp. Sie streichelte über die blonden Locken, die Irina wie Engelshaar bis weit in den Rücken fielen, und fragte in betont munterem Ton: »Möchtest du noch ein Stück Kuchen?«
»Nein, danke, ich bin satt«, antwortete das Mädchen und hielt sich den Bauch. »Mama? Wann sind die Sommerferien eigentlich zu Ende?«
Svetlana sah ihre Tochter verblüfft an. Sie mußte hellauf lachen.
»Die Ferien haben doch gerade erst vor drei Tagen angefangen. Ist dir etwa jetzt schon langweilig?«
Irina verzog ihren herzförmigen Mund zu einer süßen Schnute.
»Ein bißchen«, gestand sie ihrer Mutter. »Außerdem bin ich auf die neuen Lehrer gespannt, die wir im zweiten Schuljahr bekommen werden. Besonders auf den Sportlehrer.«
Irina war im ersten Schuljahr die Beste im Sportunterricht gewesen.
»Ich befürchte, daß du dich bis dahin noch ein bißchen gedulden mußt. Ruf doch deine Freundin Silke an und frag sie, ob sie heute nachmittag mit dir spielen möchte!« schlug Svetlana ihr vor. »Ich würde Silke auch abholen und wieder nach Hause bringen, falls ihre Mutter keine Zeit haben sollte.«
»Au fein!«, rief Irina aus. »Gehst du dann mit uns in den Zirkus?«
»Nein, mein Schatz, dafür habe ich keine Zeit. Ich muß noch arbeiten.«
Svetlana Schneider war Texterin bei einer großen Werbeagentur in München. Sie nahm sich häufig Arbeit mit nach Hause, damit sie so oft wie möglich bei ihrer Tochter sein konnte.
»Oma, gehst du mit uns in den Zirkus?«
Anna schüttelte den Kopf.
»Tut mir leid, Irina, das geht heute nachmittag nicht. Ich muß in zwei Stunden in der Volkshochschule sein. Ich habe dort eine Besprechung fürs kommende Semester.«
Anna Schneider hatte, bevor sie vor sieben Jahren mit ihrer Tochter vor den Bürgerkriegswirren in der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland geflohen war, in ihrer Heimat als Lehrerin gearbeitet. Heute unterrichtete sie Deutsch und Russisch an der Volkhochschule in München.
»Weißt du was?« sagte Svetlana zu ihrer Tochter. »Sollte Silke kommen, werde ich euch das Wasserbecken im Garten aufstellen. Dann könnt ihr bei der Hitze ein bißchen herumplanschen. Und morgen gehe ich mit dir in den Zirkus.«
»Au fein!« rief Irina begeistert aus. »Und die Oma geht auch mit.«
Anna zog eine bedauerliche Miene. »In dieser Woche habe ich wirklich keine Zeit, mein Schatz. Morgen muß ich zum Augenarzt, und Freitag muß ich das Haus putzen.«
Anna lebte mit ihrer Tochter und Enkelin zusammen in einem kleinen Haus am Stadtrand von München. Sie hatte es vor drei Jahren von einem entfernten deutschen Verwandten geerbt.
»Du Arme«, seufzte Irina betont übertrieben und gab ihrer Oma einen dicken Kuß auf die Wange. »Da haben wir Kinder es doch besser«, zitierte sie mit einem spitzbübischen Lächeln die Erwachsenen. Dann sprang sie auf.
»Ich rufe Silke an«, verkündigte sie und hüpfte vergnügt ins Wohnzimmer, nicht ohne noch einmal den Kopf aus der Terrassentür zu stecken und zu fragen: »Wenn Silke heute nachmittag keine Zeit hat, kann ich dann eine andere Klassenkameradin fragen, ob sie zu uns kommen möchte?«
»Na klar!« erwiderten Svetlana und ihre Mutter wie aus einem Mund.
Irinas Mutter lehnte sich auf dem Terrassenstuhl zurück und schloß für einen Moment die Augen. Sie zog den süßen Duft der Rosenbüsche, die die kleine Terrasse von dem langen, schmalen Garten trennte, tief ein.
In Martinsried, wo die Welt noch heil und dörflich wirkte, war der Lärm der Großstadt nicht zu hören. Nur von fern klang von irgendwo aus dem Wohngebiet fröhliches Kinderlachen oder das Bellen eines Hundes hinüber in den kleinen Garten.
»Wie friedlich hier alles ist«, murmelte Svetlana mit geschlossenen Augen. »Ich frage mich oft, wie unser Leben heute wäre, wenn wir in der Ukraine geblieben wären.«
Anna räusperte sich. Sie wußte, was ihre Tochter einmal im Jahr – am zehnten Juli – besonders tief bewegte. An diesem Tag war das bis dahin glückliche Leben der damals dreiundzwanzigjährigen Svetlana Bokov aus den Angeln gerissen worden.
Am zehnten Juli vor sieben Jahren waren Anna Schneider und ihre Tochter von Nato-Soldaten aus dem damaligen Krisengebiet gerettet worden. Vier Tage später waren Mutter und Tochter in dem Auffanglager in der Nähe Münchens angekommen – ohne Svetlanas russischen Ehemann Vitali und ohne den zweijährigen Mischa.
»Mein Liebes«, sagte Anna leise, »die Zeit heilt alle Wunden. Es bringt nichts, wenn du dir immer wieder diese Frage stellst. Sei dankbar, daß Irina gesund und putzmunter ist und daß es uns heute gutgeht. Wir haben viel weniger Einfluß auf unser Schicksal, als die Menschen glauben. Es sollte alles so sein –, auch wenn wir den Sinn dieser schrecklichen Ereignisse nie verstehen werden.«
Svetlana richtete sich in ihrem Stuhl abrupt auf. Ihre großen grauen Augen, die ruhig und ernst in die Welt schauten, schossen Blitze ab.
»An Tagen wie heute mache ich mir immer die schlimmsten Vorwürfe, daß ich mich von den Soldaten so schnell