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Ulrike kommt ins Internat
Ulrike kommt ins Internat
Ulrike kommt ins Internat
eBook145 Seiten1 Stunde

Ulrike kommt ins Internat

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Über dieses E-Book

Leben im Internat: Straflager oder glückliches Zuhause? Als die Eltern aus beruflichen Gründen nach Persien gehen, bleibt Ulrike bei ihren Tanten in Deutschland. Doch Ulrikes selbstbewusste und erwachsene Art wird schnell als Respektlosigkeit gewertet, und es wird entschieden, dass Ulrike ins Internat soll. Dort merkt sie, dass sie mit ihrer selbstherrlichen und bockigen Art nicht weiterkommt... Ob das Leben im Internat doch ein Erfolg werden kann? -
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum11. Nov. 2019
ISBN9788726355130
Ulrike kommt ins Internat

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    Buchvorschau

    Ulrike kommt ins Internat - Marie Louise Fischer

    www.egmont.com

    Aus heiterem Himmel

    Es war elf Uhr, als Ulrike Moeller aus der Schule kam — ungewöhnlich früh, denn es war der letzte Schultag vor den großen Ferien — ein wolkenloser verheißungsvoller Sommermorgen.

    Noch ahnte sie nicht, daß sich an diesem Tag die Ereignisse anbahnen würden, die ihr Leben von Grund auf ändern sollten.

    Ulrike fühlte sich sehr wohl in ihrer Haut, war mit sich und der Welt vollkommen zufrieden. Langsam schlenderte sie, ihre Mappe unter dem Arm, zwischen den Gruppen und Grüppchen der anderen Mädchen über den Schulhof und auf die Straße.

    Sie wollte grade die Richtung zur Haltestelle der Straßenbahn einschlagen, als sie den kleinen weißen Sportwagen der Tanten entdeckte. Tante Sonja saß am Steuer und winkte ihr lächelnd zu.

    In diesem Augenblick bekam sie einen leichten Puff in den Rücken, und eine fröhliche Stimme rief: „Tschüß, Bohnenstange!"

    Ulrike drehte sich nicht einmal um. Sie zuckte nur kurz und verächtlich mit der Achsel, murmelte: „Albern!"

    Sie ging weiter, öffnete die Wagentür. „Hallo, Sonja, sagte sie mit der gemacht tiefen, leicht nasalen Stimme, die sie in der letzten Zeit sehr schick fand, „reizend von dir, daß du mich abholst! Sie setzte sich, zog die Tür hinter sich ins Schloß.

    Tante Sonja ließ den Motor an. „Ich habe in der Stadt Einkäufe gemacht, und da dachte ich . . . Sie sprach den Satz nicht zu Ende, fragte stattdessen: „Sag mal, Uli, war das nicht eben Gaby Reitmann?

    „Wer?"

    „Die dich geschubst hat."

    „Schon möglich. Ich habe sie mir nicht angeschaut. Warum interessiert dich das?"

    „Bloß weil ich mir gedacht habe, wir hätten sie doch eigentlich mitnehmen können. Sie wohnt ja nur ein paar Häuser weiter."

    „Ausgerechnet Gaby?" Ulrike sah die Tante erstaunt an. „Wie kommst du auf die Idee? Gaby ist einfach unmöglich."

    Tante Sonja bestand nicht auf ihren Vorschlag. „Wieso? sagte sie nur, „ich kenne sie ja kaum. Ist sie sehr schlimm? Erzähl doch mal!

    Ulrike hatte es sich auf dem gut gepolsterten Sitz bequem gemacht und streckte die Beine aus. „Ach, sagte sie, „was soll ich dich mit diesen albernen Schulgeschichten langweilen. Erzähl mir lieber . . . was hast du eingekauft?

    „Nur ein paar Kleinigkeiten, sagte Tante Sonja, „einen Gürtel und ein seidenes Halstuch für mein weißes Kleid . . .

    „Darf ich mal sehen?"

    „Bitte! Tante Sonja beobachtete aufmerksam die Fahrbahn, während sie den Wagen durch die belebten Straßen der Innenstadt lenkte. „Ich habe dir übrigens auch etwas mitgebracht . . . ein Paar neue Perlonstrümpfe!

    „Oh, danke! Du bist wirklich ein Schatz! Ulrike drehte sich um und angelte vom hinteren Sitz die Päckchen nach vorne. Sie öffnete die Tüten. „Erdbeerfarben, sagte sie und betrachtete den weichen Ledergürtel voller Anerkennung, „und das Tüchlein paßt haargenau! Du wirst todschick damit aussehen, Tante Sonja! Wie bist du gerade auf diese Farbe gekommen?"

    „Weil das der hübscheste Gürtel war!"

    „Kann ich mir denken. Darf ich ihn mir mal ausleihen? Und den Schal dazu?"

    Tante Sonja lachte. „Von mir aus. Aber nicht gleich jetzt. Erst möchte ich mich mal eine Zeitlang dran erfreuen!"

    „Aber natürlich, Sonjalein, sagte Ulrike gnädig, „ich bin ja kein Unmensch!

    Sie hatten den stärksten Verkehr schon hinter sich gelassen, überquerten den Fluß und erreichten die Vorstadt mit ihren baumbestandenen schattigen Straßen.

    „Wirklich eine gute Idee von dir, mich abzuholen, sagte Ulrike, „mit der Straßenbahn hätte ich mindestens doppelt so lange gebraucht.

    „Weißt du übrigens, daß Emmys Verleger heute morgen angerufen hat, Uli? fragte Tante Sonja. „Ach nein, das kannst du ja nicht wissen, du warst ja schon in der Schule. Sie hat einen neuen, ganz dicken Übersetzungsauftrag bekommen, einen modernen französischen Roman.

    „Wirklich? Oh, das freut mich. Obwohl ich finde, daß ihr eine kleine Pause ganz gut getan hätte. Sie hat, meiner Meinung nach, in der letzten Zeit viel zu viel gearbeitet."

    Ulrike und ihre Tante plauderten in dieser Tonart weiter, bis Tante Sonja vor dem kleinen weißen Haus bremste, das Ulrikes Eltern gehörte und in dem sie aufgewachsen war. Wenn jemand anders diese Unterhaltung mit angehört hätte, würde er sie wahrscheinlich sehr sonderbar gefunden haben; denn Tante Sonja war zwar jung, aber immerhin doch eine erwachsene Dame Mitte zwanzig, und Ulrike war zwar lang aufgeschossen, aber doch nur ein Mädchen von knapp zwölf Jahren. Trotzdem sprachen beide miteinander, als wären sie gleichaltrig, und fanden selber gar nichts dabei.

    Wie war das möglich? Das kam so:

    Ulrikes Vater war Ingenieur. Er hatte vor zwei Jahren einen großen und interessanten Auftrag bekommen. Er sollte den Bau eines Staudammes in Persien leiten. Diese Arbeit sollte mehrere Jahre dauern.

    Frau Moeller, Ulrikes Mutter, war sofort bereit gewesen, ihn zu begleiten — aber was sollte inzwischen aus ihrer kleinen Tochter werden? Ulrike war damals zehn Jahre alt. Sie war ein zartes Kind, der Arzt fürchtete, daß ihr das Klima in Persien nicht bekommen würde. Außerdem gab es dort, wo der Staudamm errichtet wurde — in der Nähe einer kleinen Stadt ganz im Inneren des Landes — keine deutsche Schule.

    Frau Moeller wollte ihre Tochter nicht allein lassen, Herr Moeller wollte nicht ohne seine Frau fahren. So hätte Ulrikes Vater beinahe auf den ganzen Plan verzichten müssen, wenn, ja, wenn die Tanten nicht gewesen wären.

    Tante Sonja und Tante Emmy waren Mutters Schwestern, sie lebten beide als Junggesellinnen in einer kleinen Atelierwohnung mitten in der Stadt. Tante Sonja war Sekretärin in einer Bank, und Tante Emmy verdiente ihren Lebensunterhalt, indem sie Bücher aus der englischen, der französischen oder auch der italienischen Sprache ins Deutsche übersetzte. Sie arbeitete zu Hause.

    Diese beiden Tanten boten den Eltern an, Ulrike zu sich zu nehmen. Aber ihre Wohnung war zu klein. So schlugen sie vor, sie weiterzuvermieten und während der Abwesenheit von Ulrikes Eltern in das kleine weiße Haus in der Vorstadt zu ziehen.

    Natürlich waren Herr und Frau Moeller sehr besorgt. Es wurde noch viel überlegt und beraten und hin und her geredet, aber eines Tages war es dann doch soweit — Ulrikes Eltern flogen nach Teheran, und Ulrike blieb mit ihren beiden Tanten zu Hause zurück.

    Die drei vertrugen sich prächtig. Die beiden Tanten fühlten sich zu jung, um Mutterstelle an Ulrike zu vertreten; so behandelten sie ihre Nichte wie eine Kameradin. Und Ulrike fand das wundervoll. Ohne daß sie es selber merkte, gewöhnte sie sich an, wie die Tanten zu reden und sich wie eine große Dame zu benehmen. Es gab niemanden, der ihr gesagt hätte, daß sie eben doch noch ein Kind war.

    Als Ulrike diesen Samstag mittag nach Hause kam, stieg sie aus dem Auto und öffnete für Tante Sonja das Gartentor und die Garage. Wenige Minuten später gingen sie — Ulrike bei Tante Sonja eingehakt — von hinten durch den kleinen Garten auf das Haus zu.

    Tante Emmy hatte die Gartenstühle nach draußen gestellt und die Markise heruntergelassen. Jetzt brachte sie in einem gläsernen Krug eisgekühlte Limonade aus dem Haus.

    „Da seid ihr ja endlich! sagte sie fröhlich. „Wir haben grade noch Zeit, einen Schluck zu trinken, dann muß ich mich drinnen um das Essen kümmern!

    „Ich komme sofort, sagte Ulrike, „ich möchte mir nur eben erst die Hände waschen.

    „Dann nimm bitte meine Päckchen mit hinein."

    Ulrike ging ins Haus, legte die Päckchen auf den Dielentisch, hängte ihren Mantel in der Garderobe auf, brachte die Schulmappe nach oben in ihr Zimmer — sie war überaus ordentlich, und sie war sehr stolz darauf.

    Dann wusch sie sich im Badezimmer die Hände, bürstete ihre hellblonden, seidigen Haare sehr sorgfältig, betrachtete flüchtig ihr blasses, schmales Gesicht im Spiegel, lief wieder hinunter und trat auf die Terrasse hinaus.

    „Uli, mein Schatz, sagte Tante Emmy, „trink! Die Limonade wird warm. Hast du einen aufregenden Tag gehabt?

    „Aufregend? Ulrike hob die schmalen Augenbrauen. „Wieso?

    „Nun, ich denke . . . ihr solltet doch heute Zeugnisse kriegen! Oder etwa nicht?"

    „Tatsächlich! sagte Tante Sonja. „Das hatte ich ganz vergessen! Zeig uns doch mal dein Zeugnis!

    Ulrike hatte es sich auf der Rohrliege bequem gemacht, saugte durch einen langen Halm an ihrer Limonade. „Lohnt sich nicht", sagte sie ruhig.

    Tante Emmy machte entsetzte Augen. „Lohnt sich nicht? Soll das etwa heißen, du hast eine schlechte Note bekommen?"

    Ulrike sah sie aus ihren kühlen grauen Augen an. „Traust du mir das tatsächlich zu?"

    „Nein, natürlich nicht. Aber warum jagst du mir dann einen solchen Schrecken ein?"

    „Oh, das bedaure ich außerordentlich, sagte Ulrike geschraubt, „es lag ganz gewiß nicht in meiner Absicht, dich zu beunruhigen. Du kannst wirklich unbesorgt sein, Emmylein. Mein Zeugnis ist tadellos. Wie immer. Nicht ohne Selbstgefälligkeit fügte sie hinzu: „Das beste in der Klasse."

    „Wie wunderbar, Liebling! rief Tante Emmy begeistert. „Dafür muß ich dir einen Kuß geben!

    „Übertreib nicht, alter Schatz", sagte Ulrike abwehrend und bemühte sich, ein verlegenes Gesicht zu machen. Tatsächlich aber genoß sie diese Schmeicheleien wie eine Hummel den Blütenhonig.

    „Ehre, wem Ehre gebührt, sagte Tante Sonja lächelnd, „aber ich . . . ich hatte so eine Vorahnung. Deshalb die Perlonstrümpfe. Ich hoffe, daß du wenigstens ein Festtagsessen gekocht hast, Emmy.

    „Oh ja, es gibt schon was Gutes, sagte Tante Emmy verheißungsvoll, „ein paar kleine Leckerbissen. Sie stand auf. „Es dauert höchstens noch zehn Minuten."

    Auch Tante Sonja erhob sich. „Warte. Ich helfe dir!"

    Ulrike sah gemächlich zu, wie die beiden im Haus verschwanden. Sie fühlte sich als Ehrengast und dachte nicht daran, sich von der Stelle zu rühren. Mit halb geschlossenen Augen schlürfte sie ihre Limonade und blickte in das Blättergewirr der großen Kastanie. Acht Wochen unbeschwerter Ferien lagen vor ihr. Das Leben war wundervoll.

    Sie stand auch darin nicht auf, als an der Haustüre geklingelt wurde, sehr scharf und mit Nachdruck — einmal, zweimal und noch einmal.

    Erst als Tante Sonja auf die Terrasse gestürzt kam, hob sie den Kopf. Sie öffnete den Mund, aber sie kam nicht dazu, eine Frage zu stellen.

    „Uli! Denk dir! Deine Eltern kommen! rief Tante Sonja vergnügt. „Ja, freust du dich denn gar nicht? Sie kommen, Uli, sie kommen auf Urlaub nach Hause!

    Ulrike sah ihre Tante an. „Das glaub ich nicht, sagte sie ruhig, „das haben sie schon so oft geschrieben, und nachher ist nie etwas draus geworden.

    „Aber diesmal stimmt‘s! Sie haben ja nicht geschrieben, sondern telegrafiert . . ." Sie wandte sich um

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