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Brautherzen: Historischer Kriminalroman aus dem Alten Land
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Brautherzen: Historischer Kriminalroman aus dem Alten Land
eBook188 Seiten2 Stunden

Brautherzen: Historischer Kriminalroman aus dem Alten Land

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Über dieses E-Book

1853. Ein gestohlenes Brautherz bringt Bäuerin Gesche Wulft in große Verlegenheit. Denn als unverheiratete Frau hat sie gegen die Sitten im Alten Land verstoßen, als sie sich das Schmuckstück zulegte. Was soll Gendarm Krischan Lührs nun von ihr denken? Bald geben weitere Diebstähle und ein Todesfall in Buxtehude den beiden neue Rätsel auf. Was hat der mysteriöse Fremde damit zu tun, der mit Gesche in der Postkutsche saß? Und hat die Bäuerin durch ihre Eitelkeit den Zorn des Schicksals auf sich gezogen?
Brautherzen ist der fünfte und vielleicht letzte Teil von Annelie Schlobohms historischer Krimi-Reihe aus dem Alten Land.

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum10. Apr. 2021
ISBN9783960451143
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    Buchvorschau

    Brautherzen - Annelie Schlobohm

    Danksagung

    1. Kapitel

    Während sich die schwere Tür des Zuchthauses in Bremen hinter ihm schloss, dachte Cord daran, wie viel Angst er gehabt hatte beim ersten Mal, als er seine Strafe im Detentionshaus am Ostertor in Bremen antrat. Das war kurz nach seiner Konfirmation gewesen, vor vierzehn Jahren. Zuerst wusste er nicht, was das komische Fremdwort bedeutete, dann fand er heraus, dass die Leute meistens Untersuchungsgefängnis dazu sagten. Leichtere Fälle, so wie er damals, büßten ihre gesamte Strafe dort ab. Drei Tage bei Wasser und Brot, dazu war er verurteilt, weil er eine Uhr gestohlen hatte. Die lag einfach so herum in der Joppe vom Schäfer. Doch jemand hatte Cord in der Gegend gesehen, und der Schäfer dachte es sich gleich, dass nur er die Uhr gestohlen haben konnte, Cord. Natürlich war Cord ein guter Lügner, so oft hatte er sich herausgeredet, darin hatte er Erfahrung. Mehr als einmal war es ihm gelungen, den Verdacht von sich abzulenken. Aber leider kam der Schäfer zum Haus seiner Eltern gestürmt, als niemand da war, und sah durch ein Fenster seine Uhr auf dem Tisch liegen. Das war Pech. Und dass er ihn auch noch anzeigte, doppeltes Pech. Bisher waren seine Taten eher als Streiche betrachtet worden, die Jungs nun mal machten. Nun kam die Polizei. Die Prügel seines Vaters und die verzweifelten Tränen seiner Mutter, all das hatte Cord ertragen, es war ja nicht das erste Mal. Bisher hatte ihn nur niemand angezeigt, wohl weil sich die Betrogenen schämten, übertölpelt worden zu sein. Der Vater hatte ihnen auch immer den Schaden ersetzt.

    Er war ein guter Vater, das musste Cord sagen, der hielt zu ihm, und Prügel setzte es nur, wenn er wieder etwas Schlimmes angestellt hatte.

    Es half aber alles nichts, Cord machte weiter, und was er ergaunert hatte, trug er ins Wirtshaus, spielte Karten um Geld, bald war wieder alles weg.

    Er leerte fremde Fischreusen und verkaufte die Fische, wilderte, ritt unerlaubt auf Eseln und Pferden, die ihm nicht gehörten. Manches ging als Streich noch durch, anderes war angeblich eine Straftat. Cord fand nie den Unterschied heraus.

    Die drei Tage im Detentionsgefängnis blieben ihm in guter Erinnerung. Seine Mutter hatte ihm ein Essenspaket mitgegeben, das konnte er hineinschmuggeln, so hatte er zu Wasser und Brot noch eine schmackhafte Zukost. Aber das beste waren die Zellenkameraden, die erzählten so packend von ihren Taten, dass er viele neue Ideen bekam. Auch merkte Cord, dass sie ihn ein bisschen bewunderten, weil er in jungen Jahren schon so mutig und dreist war.

    Cord wäre gern noch länger geblieben, aber nach drei Tagen entließen sie ihn gegen seinen Willen.

    Die Mutter stand weinend vorm Gefängnistor, um ihn abzuholen. Er versprach ihr hoch und heilig, nie wieder etwas anzustellen. Dem Vater versprach er es auch, als er nach Hause kam.

    „Das alles kommt nur davon, weil die Kinder von den Feriengästen aus Bremen so viel Spielzeug hatten, das wollte ich auch haben. Aber ich hatte kein Geld dazu. Da musste ich mir ja etwas überlegen", sagte Cord trotzig.

    Da weinte auch sein Vater. „Junge, ein ehrlicher Name ist viel mehr wert als alles Spielzeug der Welt, sagte er, als er sich ein wenig beruhigt hatte. Du und die Nachbarskinder, ihr habt doch immer draußen gespielt in Wald und Feld, am Bach, man hörte euch doch schon von weitem lachen und rufen!"

    „Du warst solch ein lieber, fröhlicher Junge", schluchzte die Mutter.

    „Na, als ich mit den Kindern aus Bremen gespielt habe, die mit ihren feinen Hosen und Hemden, da wollte ich so sein wie sie. Sie haben mich aber so behandelt, als ob ich weniger wert bin als sie. Damit sie nicht mehr auf mich herunterkuckten, wollte ich das haben, was sie hatten."

    „Von solchen Leuten hält man sich am besten fern, meinte der Vater. „Oder hast du es erreicht, dass sie dich als ihresgleichen ansehen und achten, als du mit deinem ergaunerten Geld ankamst?

    „Nee", sagte Cord kleinlaut.

    „Wenn du erst Maurer bist, verdienst du dein eigenes Geld", tröstete die Mutter.

    Cord wollte gern Maurer werden, aber der Maurermeister, der ihn nehmen wollte, hatte schon einen Lehrling, da musste Cord ein Jahr warten.

    Zwar gaben die Eltern ihm ein Taschengeld, aber Cord brauchte mehr. Eines Tages sah er den Schulpfleger durchs Dorf gehen, der das Schulgeld einsammelte. Da hatte Cord die Idee, sich im Nachbardorf als Gehilfe des Schulpflegers auszugeben und das Schulgeld einzusammeln.

    Es klappte gut, er nahm zehn Reichstaler ein, die er sogleich ins Wirtshaus trug.

    Doch für diese angebliche Unterschlagung und Amtsanmaßung wurde er bestraft mit sechs Wochen Untersuchungsgefängnis. Es gefiel ihm wieder gut dort, außer dem „Willkomm und dem „Abschied, wozu er auch verurteilt worden war. Er wusste, was das bedeutete: dreißig Stockhiebe am ersten Tag und dreißig Stockhiebe am letzten. Das musste er eben aushalten.

    Die Mutter holte ihn nach sechs Wochen weinend ab. Er schämte sich.

    Aber danach schien er Glück zu haben: Er bekam eine gut bezahlte Arbeit, und zwar in einer Heil- und Verpflegungsanstalt in einem nah gelegenen Ort. In der Anstalt lebten Geisteskranke. Eigentlich kannte Cord das so, dass die Irren in den eigenen Familien betreut wurden, aber er fand heraus, dass hier die gefährlichen und die gut betuchten untergebracht wurden. Zuerst war er dort Laufbursche, dann passte er auf zwei wohlhabende Geisteskranke auf, begleitete den einen zur Jagd, den anderen überall hin, wo der den Mädchen und Frauen der Gegend nachstellte.

    Das verdiente Geld verspielte Cord schnell wieder und verschaffte sich durch Betrug neues. Nach der nun folgenden achtwöchigen Gefängnisstrafe ging er nicht wieder nach Hause.

    In den nächsten Jahren hielt er sich mit Gaunereien über Wasser. Es wechselten kurze Zeiten in Freiheit mit Aufenthalten im Strafarbeitshaus und später im Zuchthaus ab. Eines Tages erhielt Cord im Zuchthaus in Bremen eine Nachricht, die ihn bis ins tiefste Innere erschütterte: Sein Vater war lebensgefährlich krank, man befürchtete das Schlimmste. Dabei war er erst 47 Jahre alt. Sofort suchte Cord um die Erlaubnis nach, seinen Vater auf dem Sterbebett besuchen zu dürfen. Diese Bitte wurde ihm gewährt, und in Begleitung des Hausknechts machte er sich auf den Weg.

    Cord wollte seinem Vater noch so vieles sagen, Abbitte leisten, ihn um Vergebung bitten. Doch als er bei ihm eintraf, hatte sich der Sinn seines Vaters schon so verwirrt, dass er seinen Sohn nicht erkannte.

    Der Vater redete irre, gelegentlich erwähnte er auch Cords Namen, was diesem tief ins Herz schnitt.

    Er wollte unbedingt bei seinem sterbenden Vater bleiben, doch nach wenigen Stunden musste der Hausknecht ihn zum Aufbruch drängen. Cord riss sich schweren Herzens los.

    Nach drei Tagen bekam er die Nachricht, dass sein Vater verstorben war. Nun wälzte sich in Cords Seele das Unterste zu oberst. Hatte die Stimme seines Gewissens bisher meistens geschwiegen, redete sie nun umso lauter. Cord sah jetzt seine Verbrechen klar vor sich, jedes einzelne, und er sah, was er seinen Opfern und seinen Eltern angetan hatte. Er klagte sich sogar selbst an, der Mörder seines Vaters zu sein.

    Cords Mitgefangene versuchten vergeblich, ihn zu trösten. Ständig stand ihm das Bild seines Vaters vor Augen, er hörte dessen Ermahnungen, nachts träumte er von ihm.

    Ganz fest nahm er sich vor, das was er an seinem Vater verschuldet hat, an seiner Mutter wieder gutzumachen, seine Mutter niemals im Stich zu lassen und ihr von nun an ein treuer gehorsamer Sohn und Ernährer zu sein.

    Er reichte ein Gnadengesuch ein, um seiner Mutter sofort beistehen zu können. Sein Antrag wurde befürwortet, und er kam nach neun verbüßten Monaten frei, allerdings mit der Auflage, dass er die restlichen sechs Monate auch noch absitzen musste, sofern er wieder wegen eines Verbrechens verurteilt wurde.

    Er fasste den unbedingten Vorsatz, dass dies nie geschehen würde.

    Seine Mutter empfing ihn überglücklich zu Hause, an ihrer Hand ein kleines Mädchen. Sie hatte ein uneheliches Kind in Pflege genommen, es war vier Jahre alt. Cord wusste, dass das Pflegegeld für seine Mutter praktisch die einzige Einkommensquelle darstellte, der Kindsvater, ein recht wohlhabender Bauer, zahlte regelmäßig. Das kleine Mädchen störte Cord nicht, es war still und in sich gekehrt.

    Er wollte im Hause seiner Mutter vom Zigarrendrehen leben – das hatte er im Strafarbeitshaus gelernt – und malte sich aus, wie schwer das am Anfang sein würde. Doch zu seinem Erstaunen bekam er durch die Vermittlung eines Inspektors des Zuchthauses großzügige Unterstützung von einem Bremer Geschäftsmann. Dieser gab ihm einen Kredit, damit er Virginia- und Maryland-Tabak kaufen konnte, um daraus Zigarren zu drehen. Der Kaufmann nahm ihm auch die fertigen Zigarren zu einem sehr guten Preis ab.

    Schon nach wenigen Wochen konnte Cord den Kredit zurückzahlen und Gewinne machen.

    Cords Geschäft blühte, er stellte sogar nach und nach drei Zigarrendreher ein, die für ihn arbeiteten. So gewann er auch langsam die Achtung der Dorfbewohner zurück, die ihn bisher wegen seiner Verbrechen nicht mehr gegrüßt hatten.

    Eines Tages kam die Mutter des unehelichen Kindes ins Haus, ihr Name war Lisa. Sie hatte ein schlimmes Bein, das sie auskurieren wollte, am liebsten in der Nähe ihrer Tochter. Cords Mutter war recht froh über ihre Mithilfe im Haushalt, im Sitzen konnte Lisa allerhand wichtige Arbeiten verrichten. Dadurch dass die Mutter vier Männer am Tisch hatte, schaffte sie die Arbeit kaum alleine.

    Cord mochte die Lisa nicht so recht leiden. Sie war zwar ziemlich adrett und las ihm jeden Wunsch von den Augen ab, aber sie hatte etwas Kaltes und Hartes an sich, das ihn abstieß.

    Lisa dagegen war sehr angetan von ihm, sie tat alles, um seine Liebe zu gewinnen. Schließlich schaffte sie es, ihn zu verführen und wurde bald von ihm schwanger.

    Cords Mutter war sehr für eine Heirat der beiden, und auch die Nachbarn und Verwandten redeten ihm zu, vor allem der Pastor.

    Cord dachte an Julchen, die er im Strafarbeitshaus kennengelernt hatte, wo nachts die Gefangenen die Türschlösser zwischen den Gebäuden der Männer und denen der Frauen knackten. Julchen hätte er viel lieber geheiratet, weil er sie wirklich gern mochte. Er ärgerte sich nun, dass er vor lauter Zigarrendrehen überhaupt keine Verbindung zu ihr aufgenommen hatte. Sicherlich dachte sie, er wollte gar nichts mehr von ihr wissen, und sie hatte ihr liederliches Leben wieder aufgenommen.

    Doch als sich Lisas Bauch immer mehr rundete, stimmte Cord einer Hochzeit zu, schließlich sollte sein Kind nicht unehelich geboren werden. Der Tag der Hochzeit wurde festgesetzt.

    Als Cord eine Woche vorher noch einmal nach Bremen fuhr, um seine Zigarren abzuliefern, machte er einen Umweg und kehrte in einer Gastwirtschaft in Armsen ein, um Mittag zu essen. Er wusste, dass Lisa in dem Ort aufgewachsen war und fragte, ohne sich als ihr Bräutigam zu erkennen zu geben, was man hier von ihr hielt.

    Zu seinem Entsetzen erntete er hämisches Gelächter. Er musste erfahren, dass sie schon drei uneheliche Kinder hatte, eins davon von einem verheirateten Mann. Ihr ältester Sohn war acht Jahre alt und lebte in ihrem Elternhaus, die anderen beiden in Pflegefamilien.

    Cord ließ sein Essen halb aufgegessen stehen, bezahlte und fuhr wütend und aufgeregt nach Hause.

    Dort angekommen, stellte er Lisa empört zur Rede. Sie leugnete nicht, versicherte ihm aber, dass sie ihn liebe und als seine Ehefrau und Mutter seines Kindes ein sittsames Leben führen wollte.

    Für Cord kam eine Heirat jedoch nicht mehr in Frage, so zornig war er darüber, dass sie ihm ihre anderen Kinder verschwiegen hatte. Ärgerlich schrie er, sie solle sich aus seinem Haus scheren, er als Unternehmer wolle mit einem so zuchtlosen Geschöpf auf keinen Fall eine Ehe eingehen. Er warf sie hinaus. Sie weigerte sich jedoch entschieden zu gehen, als Schwangere könne sie nirgends hin, schluchzte sie. Sie fragte ihn, ob sein Kind auf der Straße geboren werden sollte. Unter Tränen bat sie ihn um Verzeihung. Doch er konnte und wollte ihr nicht verzeihen.

    Auch als sich die Gemüter ein wenig beruhigt hatten, grübelte er jeden Tag voller Ärger und Gram, wie er sie loswerden konnte. Seine Verwandten und Nachbarn verstanden gut, dass er Lisa nicht mehr heiraten wollte.

    Schon allein Lisas Anblick bereitete ihm Qualen. Mehrfach beförderte er sie eigenhändig aus dem Haus, aber sie kam immer wieder zurück. Wie eine Klette kam sie ihm vor, wie eine Zecke, die sich an ihm festgebissen hatte und nie mehr loslassen würde. Er merkte, dass sie auf keinen Fall gehen würde und beschloss in seiner Verzweiflung, selbst sein Haus zu verlassen.

    Er entließ seine Arbeiter und verkaufte die restlichen Zigarren in Bremen für 71 Taler. Davon brachte er 61 Taler zu seiner Mutter, die nun bald für ihr Enkelkind sorgen musste.

    Cord wollte zu Julchen.

    Aber erst einmal wollte er auf ehrliche Art Geld verdienen. Er arbeitete fleißig mehrere Jahre lang als Zigarrenarbeiter, weil er Julchen und sich selbst beweisen wollte, dass er mehr konnte als Schnaps trinken.

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