Parker wirft mit Sahnetorten: Butler Parker 209 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Mylady befand sich in einer Stimmung, die man nur als euphorisch bezeichnen konnte. Sie saß im kleinen Salon ihres Hauses in Shepherd's Market und blickte erwartungsvoll auf die Sahnetorte, die ihr Butler gerade aufgetragen hatte. Diese Torte stammte aus einer Konditorei kontinentalen Stils und duftete verführerisch. Mylady selbst hatte das Prachtstück erst vor einer Stunde in diesem Spezialgeschäft gekauft und wollte sich nun daran ergötzen. Parker hatte dazu einen Kaffee bereitet, wie nur er ihn aufzubrühen verstand. Selbst verwöhnte Gaumen aus Wien hätten an diesem Trank nichts auszusetzen gehabt. »Ist die Türglocke abgestellt, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson vorsorglich. Die ältere Dame war eine majestätische Erscheinung, die Energie ausstrahlte, und wollte auf keinen Fall gestört werden. Das ihren Mund nachhaltig wässernde Objekt sollte ihr ganz allein gehören. »Mylady haben keine Störungen zu befürchten«, versicherte Parker höflich und legte seiner Herrin das erste Stück Sahnetorte vor. »Das sieht ja ganz wunderbar aus«, meinte sie. »Ob so etwas allerdings Ihrer Figur zuträglich ist, Mister Parker, wage ich sehr zu bezweifeln.« Sie fürchtete schlicht und einfach, teilen zu müssen. Josuah Parker, das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers, hatte wirklich keine Probleme, was seine Figur betraf. Er war etwas über mittelgroß, fast schlank und schien alterslos zu sein. Sein glattes und ausdrucksloses Gesicht ließ nur höchst selten eine Regung erkennen. Lady Agatha führte die Kuchengabel an das Tortenstück heran und zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen, als an die bleiverglaste Fensterscheibe geklopft wurde.
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Parker wirft mit Sahnetorten - Günter Dönges
Butler Parker
– 209 –
Parker wirft mit Sahnetorten
Günter Dönges
Mylady befand sich in einer Stimmung, die man nur als euphorisch bezeichnen konnte. Sie saß im kleinen Salon ihres Hauses in Shepherd’s Market und blickte erwartungsvoll auf die Sahnetorte, die ihr Butler gerade aufgetragen hatte.
Diese Torte stammte aus einer Konditorei kontinentalen Stils und duftete verführerisch. Mylady selbst hatte das Prachtstück erst vor einer Stunde in diesem Spezialgeschäft gekauft und wollte sich nun daran ergötzen.
Parker hatte dazu einen Kaffee bereitet, wie nur er ihn aufzubrühen verstand. Selbst verwöhnte Gaumen aus Wien hätten an diesem Trank nichts auszusetzen gehabt.
»Ist die Türglocke abgestellt, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson vorsorglich. Die ältere Dame war eine majestätische Erscheinung, die Energie ausstrahlte, und wollte auf keinen Fall gestört werden. Das ihren Mund nachhaltig wässernde Objekt sollte ihr ganz allein gehören.
»Mylady haben keine Störungen zu befürchten«, versicherte Parker höflich und legte seiner Herrin das erste Stück Sahnetorte vor.
»Das sieht ja ganz wunderbar aus«, meinte sie. »Ob so etwas allerdings Ihrer Figur zuträglich ist, Mister Parker, wage ich sehr zu bezweifeln.«
Sie fürchtete schlicht und einfach, teilen zu müssen. Josuah Parker, das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers, hatte wirklich keine Probleme, was seine Figur betraf. Er war etwas über mittelgroß, fast schlank und schien alterslos zu sein. Sein glattes und ausdrucksloses Gesicht ließ nur höchst selten eine Regung erkennen.
Lady Agatha führte die Kuchengabel an das Tortenstück heran und zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen, als an die bleiverglaste Fensterscheibe geklopft wurde.
»Guter Gott«, sagte sie, »wer kann denn das sein?«
»Mit Sicherheit ein Freund des Hauses, Mylady«, antwortete Parker. »Wenn Mylady erlauben, wird meine Wenigkeit sofort nachsehen.«
»Räumen Sie aber vorher die Torte weg«, sagte sie. »Ich kann es mir einfach nicht leisten, ganze Völkerscharen durchzufüttern.«
»McWarden hier«, ertönte vor dem Fenster die Stimme eines Mannes, der nun wirklich zu den häufigen Besuchern des Hauses gehörte. McWarden war Chief-Superintendent im Yard und leitete dort ein Sonderdezernat, das sich mit dem organisierten Verbrechen befaßte. Der sehr fähige Kriminalist war dem Innenministerium direkt unterstellt und suchte immer wieder den Rat des Butlers. Dafür nahm er in Kauf, daß Lady Agatha keine Gelegenheit versäumte, sich stichelnd mit ihm anzulegen.
»Er muß den Kaffee gerochen haben, Mister Parker«, grollte Agatha Simpson. »Um diese Zeit kommt er doch sonst nie.«
»Vielleicht sollte man Mister McWarden ein Stück Sahnetorte anbieten«, schlug der Butler vor. »Myladys Gastfreundschaft und Großzügigkeit sind immerhin stadtbekannt.«
»Ein kleines Stück, nun ja.« Sie hatte sich überreden lassen.
»McWarden hier«, rief der Chief-Superintendent noch mal und klopfte erneut. »Ich muß Sie unbedingt sprechen, Mylady.«
»Ihnen wird sofort geöffnet werden, Sir«, gab Parker zurück. Unter den wachsamen Blicken der Hausherrin schnitt er ein schmales Stück aus der großen Torte, die er dann im eingebauten Kühlschrank des Salons verschwinden ließ. Anschließend öffnete der Butler, und McWarden nickte ihm grüßend zu.
»Ich störe doch hoffentlich nicht, wie?« fragte der Chief-Superintendent in Richtung Mylady, als er den Salon betrat.
»Aber nein, mein lieber McWarden«, säuselte sie, worauf McWardens Gesicht Verblüffung ausdrückte. Freundlichkeiten dieser Art waren im Mund der Dame selten.
»Sahnetorte?« staunte der Chief-Superintendent. »Ein neuer Bestandteil Ihrer Diät, Mylady?«
»Man muß flexibel sein, mein lieber McWarden, etwas, was Sie natürlich nicht kennen.«
»Kann Mylady davon ausgehen, daß Sie gewisse Schwierigkeiten haben, Sir?« fragte Parker, um ein sich ankündigendes Wortgefecht zu unterbinden.
»Wir haben es mit einem Giftzwerg zu tun«, erwiderte der Chief-Superintendent und schielte nach dem schmalen Tortenstück, das auf dem Teller vor ihm lag.
»Wollen Sie mich veralbern, McWarden?« grollte die ältere Dame ohne Übergang.
»Mit einem Giftzwerg, wie der Unbekannte sich nennt«, wiederholte McWarden. »Übrigens, ist das Stück Torte für mich?«
»Für wen denn sonst?« raunzte sie. »Glauben Sie, ich möchte mir nachsagen lassen, daß ich geizig bin? Schlagen Sie sich von mir aus den Magen voll.«
»Aber gern, Mylady«, erwiderte McWarden und zog den Teller zu sich heran. »Bei dieser Menge werde ich mir den Magen ganz sicher nicht verderben.«
Wenig später sollte ihm leidvoll aufgehen, daß er sich gründlich geirrt hatte!
*
Der Chief-Superintendent hing kraftlos in einem der tiefen Ledersessel, die vor dem mächtigen Kamin in der großen Wohnhalle des Hauses standen. Der Yardbeamte machte einen abgekämpften Eindruck. Er war kreidebleich, auf seinem Gesicht zeichneten sich Schweißbahnen ab. Der untersetzte, füllige Mann atmete schnell, er schien unter akuter Luftnot zu leiden.
»Nun, Mister Parker«, fragte Lady Agatha besorgt, »hat er sich wenigstens übergeben?«
»Wiederholt, Mylady«, erwiderte Josuah Parker. »Dennoch, man sollte vielleicht einen Arzt verständigen.«
»Unsinn«, keuchte McWarden, »kein Arzt! Mir geht es bereits viel besser.«
»Möchten Sie vielleicht einen doppelten Cognac?« bot die Dame des Hauses überraschenderweise von sich aus an. McWarden nickte und richtete sich etwas auf. Dieses ehrliche Angebot belebte ihn.
»Sie brauchen sich ja nicht gerade hemmungslos zu betrinken«, meinte Lady Agatha und schaute Parker zu, der bereits einen Cognac präsentierte. McWarden trank hastig. Seine Gesichtsfarbe hellte sich auf, er schüttelte sich und atmete tief durch.
»Kann man davon ausgehen, Sir, daß Sie sich bereits ein wenig besser fühlen?« fragte der Butler.
»Es geht schon«, antwortete McWarden und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Mir wurde plötzlich hundeelend, was ich gar nicht verstehen kann. Mein Magen stülpte sich förmlich um.«
»Sie haben zu hastig in sich hineingeschlungen«, vermutete die ältere Dame, die einen durchaus erleichterten Eindruck machte. Wenn sie es auch so gut wie nie zugab, sie mochte McWarden.
»Hineingeschlungen«, wiederholte der Yardbeamte und blickte Agatha Simpson dann überrascht an. »Moment mal, Mylady, haben Sie von der Sahnetorte gegessen?«
»Wann denn, McWarden?« entgegnete sie. »Sie ließen mir ja keine Zeit.«
»Die Torte, Sir?« Parker hatte bereits verstanden und blickte McWarden konzentriert an.
»Es kann nur die Torte gewesen sein«, antwortete McWarden.
»Unsinn«, protestierte die ältere Dame gereizt. »Sie ist völlig frisch.«
»Vor einer Stunde eingekauft, Sir«, bestätigte der Butler.
»Als ich das winzige Stück im Magen hatte, ging’s bereits los«, erinnerte der Yardbeamte. »Es muß die Torte gewesen sein.«
Josuah Parker ging bereits in den angrenzenden Salon und holte die Torte aus dem Kühlschrank. Er erlaubte sich, ein wenig an ihr zu schnüffeln, als er sie in die Wohnhalle zum Kamin trug. Dabei verzog er andeutungsweise das Gesicht.
»Nun, Mister Parker, mein Gast irrt sich selbstverständlich«, stellte die ältere Dame, die zugleich passionierte Detektivin war, fest.
»Falls meine Wenigkeit sich nicht täuscht, Mylady, ist ein etwas bitterer Geruch durchaus nicht zu verkennen«, meldete Josuah Parker. Er beugte sich zu seiner Herrin hinunter und ließ sie eine Geruchsprobe nehmen.
Schon nach wenigen Augenblicken wandte sie wie angewidert den Kopf zurück und krauste die nicht gerade kleine Adlernase.
»Blausäure«, behauptete Agatha Simpson umgehend. »Unverkennbar, mein lieber McWarden! Besonders rosig dürfte Ihre Zukunft nicht gerade sein.«
»Blausäure?« McWarden wurde munter, griff nach der Torte und roch nun seinerseits.
»Ja und nein«, sagte er nach einer Weile, »aber ich will mich da nicht festlegen.«
»Es könnte sich im Gegensatz zu Zyanwasserstoff aber auch durchaus um Benzaldehyd handeln«, ließ Josuah Parker sich in seiner höflichen Art vernehmen.
»Papperlapapp, Mister Parker«, grollte die Hausherrin, »das macht keinen Unterschied für mich.«
»Sehr wohl. Wie Mylady zu meinen geruhen«, gab Parker mit unerschütterlicher Ruhe zurück. »Mister McWarden hingegen wird mit Freude zur Kenntnis nehmen, daß es doch einen kleinen und nicht unerheblichen Unterschied gibt.«
»Reden Sie schon«, verlangte der Chief-Superintendent.
»Blausäure wäre auch in geringen Dosen tödlich«, redete der Butler weiter. »Benzaldehyd hingegen ist ein Riechstoff, der als sogenanntes Bittermandelöl ohne Schwierigkeiten im Handel käuflich ist und die Gesundheit mit Sicherheit nicht schädigt.«
»Genau das meinte ich«, lautete Myladys Antwort. »Sie haben mich selbstverständlich wieder mal mißverstanden, Mister Parker. Und was Sie anbetrifft, Mister McWarden, so sollten Sie sich zusammenreißen. Natürlich sind Sie nicht vergiftet worden, das sah