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Es war ein Spätherbst Sonntag
Es war ein Spätherbst Sonntag
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eBook628 Seiten9 Stunden

Es war ein Spätherbst Sonntag

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Über dieses E-Book

Es ist die Geschichte eines kleinen abgelegenen Dorfes in der weiten Panonia Ebene. Die einfachen Menschen, die da unter verschiedenen Machthaber lebten, genossen ihr Leben oder litten unter denen, die gerade ihre Macht ausgeübt hatten. In diesem Dorf wurde ich 1948 geboren.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum16. Nov. 2020
ISBN9783752645637
Es war ein Spätherbst Sonntag
Autor

Milan Petrov

Milan Petrov wurde in einem verschlafenen, kleinen Ort in Vojvodina geboren und ist dann über viele Zufälle in der gesamten Welt herumgekommen.

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    Buchvorschau

    Es war ein Spätherbst Sonntag - Milan Petrov

    Es war ein Spätherbst Sonntag

    Titelseite

    1. Begräbnis

    2. Schlange in der Schule

    3. Unser Haus

    4. Oma Mara

    5. Geburtstagsfeier

    6. Am Damm

    7.Brizo Haus

    8. Verwirrter Onkel Dragan

    10. Eierklau

    12. Fürst Stevan

    15. Die Oberdorfer kamen

    16. Brizos Mutter

    17. Die Trommelanlage

    19. Feier nach dem Dammbau

    20. Nordwestwind

    21. Das Rennen mit den Hunden

    22. Brizos Geschenke

    23. Es sind nur Vogel

    24. Frösche in der Schule

    25. Zeit, Raum und Materie

    26. Neujahrsfeier

    27. Schneeschaufeln

    28. Schlitten Wettbewerb

    32. Qumranrollen

    33. Demokratie

    34. Brizos Geschichte

    36. Mira und Milorad

    37. Jesus und seine Wunder

    38. Die erste Sena

    39. Dunjas Mohnkuchen

    40. Onkel Todor

    41. Der achte März

    42. Bogumil beim Brizo

    43. Albtraum

    44. Sigmund Freud

    45. Die Propheten

    46. Todors Geburtstag

    47. Oma Darinka

    48. Angst und Respekt

    49. Hexenverfolgung

    50 Fährmann ist gekommen

    51. Schicksal

    52. Die Flugzeuggeschichte

    53. Kontrolleure aus Beograd

    54. Bogumil

    55. Murmeln Turnier

    56. Griffschulung

    57. Die Entführung

    58. Lepomirs Hochzeit

    59. Streit mit Goiko

    62. Besucher auf meine Insel

    63. Ziegelmeister

    64. Milorad besuchte uns

    65. Die neuen Götter

    66. Vater kam aus Großstadt

    68. Obrad

    70. Tito

    71. In der Kirche

    72. Umzug hat begonnen

    73. Raiko

    74. Letzter Tag in Unterdorf

    75. Abschied

    76. Die Reise nach Großstadt

    Impressum

    M. Petrov

    Es war ein Spätherbst Sonntag

    Vorwort

    Ich bin in einem kleinen Dorf, das damals zu Jugoslawien gehörte, geboren. Ich wuchs in einer für unser Dorf etwas ungewöhnlichen Familie auf. Mein Großvater wurde im ersten Weltkrieg schwer verwundet und als er zurück ins Dorf kam, zerstritt er sich mit seiner Frau, meiner Oma. Er zog aus dem Haus in die Sommerküche, wo er bis zu seinem Tode lebte. Ich verbrachte im Winter die meiste Zeit meiner Freizeit bei ihm in der Sommerküche. Sein bester Freund, der mit ihm im Krieg war und ihm nach der Verwundung das Leben rettete, besuchte ihn täglich. Mich interessierten die Gespräche, die die zwei führten, und die erklärten mir vieles. Nach dem Tod meines Großvaters besuchte ich dann fast täglich den Brizo, so hieß Großvaters bester Freund, der auch mein bester Freund wurde, obwohl ich erst zwölf Jahre alt war. Ein Jahr nach Großvaters Tod siedelte meine Familie in eine Stadt um, und ich sah Brizo nie mehr. Aber unsere Gespräche und seine Reden sind mir bis heute in Erinnerung geblieben.      

     Nach der Ausbildung fand ich keine Arbeit und ich meldete mich zum Militärdienst, weil ich mich entschlossen hatte auszuwandern. Als ich gerade einundzwanzig Jahre alt war, verließ ich mit einer kleinen und halbleeren Reisetasche und mit einhundert Deutschen Mark in meiner Brieftasche meine Heimat und ging als Gastarbeiter nach Deutschland. Ich fing an, bei einer kleinen Firma, die eine große Firma wurde, zu arbeiten.

     Als mein drittes Kind geboren wurde, entschloss ich mich kurz darauf wegen besseren Verdienstes die Abteilung zu wechseln und als Kundendienstmonteur zu arbeiten. Und mein Kindheitstraum die Welt zu sehen, erfüllte sich voll. Durch meine jahrelangen Einsätze als Kundendienstmonteur war ich auf allen Kontinenten, ich sah viele große Städte, die reichsten und ärmsten Länder und erlebte Russland und China, als die noch voll kommunistisch waren.

     Als ich siebenundfünfzig Jahre alt war und meine Familie schon längst zerrüttet war, ging in den Vorruhestand, und die meiste Zeit lebe ich jetzt auf den Philippinen.

     Es war das Jahr zweitausendundvier als ich mich entschlossen hatte, an meine Kinder einen längeren Brief zu schreiben und ihnen auf diesem Wege die Möglichkeit zu geben, mich besser kennenzulernen. Aber nicht nur mich kennenzulernen, sondern auch die Welt, in der ich lebte, weil das war eine andere Welt gewesen, obwohl erst ein paar Jahre vergangen sind. Und aus einem Brief ist ein Buch geworden. 

     Und es ging mühsam voran, aber ich hatte keine Eile. Am Anfang, als ich noch gearbeitet hatte, gab es Tage, wo ich keine Zeile schreiben wollte, keine schreiben konnte, weil ich täglich vierzehn Stunden und mehr gearbeitet hatte, auch an Wochenenden. Und es gab Tage, wo ich mich wunderte, dass es draußen auf einmal so hell war, es war Sonnenaufgang. Und es gab Tage, wo ich alles löschen wollte, ich wollte nichts mehr von Politik und Religionen wissen, geschweige weiter recherchieren, ich wollte frei leben. Aber weil die Religionen und Politik auf mein Leben Einfluss hatten und immer noch haben, habe ich mich entschlossen doch weiter zu schreiben und alles über die Religionen und Politik, und vor allem die Wahrheit zu erfahren. Alles und die Wahrheit zu erfahren ist leider nicht mehr möglich, weil vieles vertuscht, verdreht, mit einem Wort, verfälscht wurde. Und ich habe es gelernt zwischen den Zeilen zu lesen und zwischen den Sätzen genau zuzuhören und habe festgestellt, dass heutzutage die Wahrheit genauso vertuscht, verdreht, mit einem Wort, verfälscht wird. 

     Die meisten Ansichten meines Freundes Brizo, Geschichtsprofessor Obrad und des Dorfpfarrers Bogumil die ich darstellen werde, sind auch meine Ansichten. Und wenn jemand das alles was ich geschrieben habe und wie ich es geschrieben habe mit Interesse lesen wird, wird feststellen, dass diese Ansichten sich nicht gegen Religionen oder Staatsformen richten, sondern gegen die Menschen die im Namen der Religionen und Staatsformen viel Unrecht, Leid aber was noch viel schlimmer ist als nur Unrecht und Leid, Menschen den Tod gebracht haben. Und deswegen sind diese Ansichten nicht provozierend oder beleidigend, diese Ansichten sind einfach die Wahrheit. Und die Wahrheit kann nicht provozierend oder beleidigend sein, weil die Wahrheit einfach, Wahrheit ist! Und wenn einer die Wahrheit aus welchem Grund auch nicht verträgt, der sollte nicht weiterlesen. 

     Wenn ich über die Religionen nachgedacht oder geschrieben habe, habe ich immer an folgendes gedacht: Meine Mutter war durch Glaube an Gott und Jesus ein herzensguter, ein liebevoller Mensch der bereit war sich zu opfern und um den anderen etwas Gutes zu tun! Meine Großmutter, Oma Mara, glaubte an denselben Gott und Jesus, war aber ein sehr schlechter, ein verlogener, ein böser Mensch! 

     Dass ich mich nicht an alles was mir Brizo, Fährmann und Obrad erzählt haben Wortwörtlich erinnern kann, ist klar. Und deswegen habe ich aus manchen Büchern die in Deutschland frei verkäuflich sind manches zitiert. Und auch Internet und Wikipedia habe ich benutzt in der Annahme, dass es alles die Wahrheit ist was ich da gelesen und manches zitiert habe. Aber wenn das nicht der Wahrheit entspricht, dann entschuldige ich mich wenn sich jemand der das gelesen hat verletzt oder Beleidigt fühlen wird.

     Personennamen und manche Ortsnamen habe wegen Personenschutz geändert.  

     Das Wort Idiot, dass ich oft benutzte, kommt aus den altgriechischen Idiotes und hat mehrere Auslegungen, unter anderen; Unwissender Mensch, und an diese Auslegung habe ich mich gehalten.

     Das Wort Parasit, dass ich auch benutzte kommt auch aus den  altgriechischen und hat auch mehrere Auslegungen, unter anderen; Menschen die ohne Leistung zu einer Speisung kamen . Und auch diese Auslegung habe ich mich gehalten.

     Und nach Überlegung; soll ich es lektorieren lassen oder nicht, habe ich mich trotz Grammatikfehler, besonders Kommasetzung, die habe ich nach dem Gefühl gesetzt, entschlossen alles so zu lassen wie es ist. Also, auf Jugodeutsch zu lassen, weil eben ein Jugo es geschrieben hat!  

     Und mit den Worten des Pfarrers Bogumil und meines Freundes Brizo will ich das Vorwort abschließen:

      -Milan, wenn du aber eines Tages das Bedürfnis nach Gott verspüren wirst, nach dem wahren Gott, dann wirst du ihn spüren, dann wirst du ihn auch finden, und das wird Dein wahrer Gott sein und nicht Der Gott den dir die anderen einreden, vermitteln, lehren, belehren, erklären, oder dich sogar zwingen dass du an ihn glaubst. Milan, kein Mensch kann dir die wahre Liebe, Glück, Glaube und Hoffnung vermitteln, das alles musst du selber fühlen, und genauso ist es mit dem wahren Gott. Den wahren Gott kannst du auch nicht in einer Kirche, Moschee oder Synagoge finden, sondern nur in dir selbst. Und wenn du ihn gefunden hast wirst du ihn nicht an andere vermitteln können, weil der wahre Gott eben nicht vermittelbar ist.

    1. Begräbnis

     Es war ein Spätherbst Sonntag. Die Sonne hatte uns mit den letzten warmen Strahlen, die sie noch hatte, umhüllt. Es war eine traurige Gesellschaft, die sich da versammelt hatte, am offenen Grab meines Großvaters, den wir Opa Sima nannten.

     Sein Sarg ruhte auf zwei querliegenden Balken über dem  Grab. Auf der Kopfseite des Grabes stand mein Vater, stolz und erhobenen Hauptes. An seiner rechten Hand hielt sich seine Mutter, meine Großmutter, die wir Oma Mara nannten. Sie weinte bitterlich und ich verstand nicht, warum? Warum weinte sie eigentlich? Opa Sima und sie haben sich die letzten Jahre kaum noch gesehen und wenn, dann nicht mal miteinander geredet.

     An der rechten Seite meines Vaters stand meine Mutter. Sie weinte nicht, aber ich wusste, dass ihr Herz weinte und zwar mehr weinte als die Oma Mara mit ihrer ganzen Schauspielerei. Das wusste ich und das wusste auch nur noch Brizo, der beste und einzige Freund von Opa Sima und auch mein guter Freund.

     Vor meiner Mutter stand die kleine Sena, meine kleine Schwester. Ich hatte noch eine Schwester, sie war das erste Kind meiner Eltern, die kannte ich aber nicht, sie war kaum vier Jahre alt, als sie starb, bevor ich geboren wurde. An der rechten Seite des Grabes stand mein Onkel Toma, neben ihm meine Tante Dara und mein Cousin Jovan. Daneben stand der Bürgermeister mit seiner Frau. An der linken Seite des Grabes stand mein ältester Bruder Sima, neben ihm Todor, der zweitälteste, dann Damir, der jüngste von uns Buben, dann ich und neben mir Brizo. Brizo, das war der Spitzname für einen Barbier, war auch eine Art Dorf Arzt, bevor wir den Apotheker bekamen. Die meisten Leute gingen aber weiterhin zu ihm, sie trauten ihm mehr als dem jungen Apotheker.

     Das war die ganze Begräbnisgesellschaft. Ein Pope war nicht anwesend, wie üblicherweise bei den anderen Begräbnissen. Opa Sima war nicht gläubig, aber auch kein Kommunist. Oft hatte er gesagt: An meinem Grab darf kein Pope seinen Blödsinn verzählen . Das wusste mein Vater und deswegen war auch kein Pope anwesend.

     Mein Vater hob sein Kinn etwas höher und mit fester und sehr klarer Stimme sagte er:

     »Mein Vater! Du warst ein guter Vater, ein guter Ehemann, ein guter Großvater und du warst ein guter Freund«, damit hat er Brizo gemeint. »Mein Vater, du bist von uns gegangen, aber wir werden dich niemals vergessen. Wir danken dir für deine Güte.«

     Dann traten die Totengräber vor, zogen die zwei Balken weg und versenkten den Sarg mit zwei Stricken auf den Grund des Grabes. Meine Oma Mara heulte jetzt richtig los. Meine Mutter senkte den Kopf und ich war mir sicher, dass sie weinte. Ich habe sie nie zuvor weinen gesehen. Todor fing auch zu weinen an und ich fragte mich, warum? Die kleine Sena schaute etwas verwunderlich um sich, kein Wunder, sie war erst drei Jahre alt.

     Als die Totengräber die Stricke aus dem Grab herauszogen, gingen sie auf die Seite und warteten. Mein Vater beugte sich vor, nahm eine Handvoll Erde und warf ins Grab. Das taten wir danach alle, und damit war die Begräbniszeremonie zu Ende.

     Die kleine Gesellschaft bewegte sich in Richtung unseres Hauses. Ich ging als Letzter und als alle durch das große Tor in den Hof hineingingen, nützte ich die Gelegenheit und lief ums Haus, runter zum See, ich wollte allein sein. Ich ging langsam und gesenktes Kopfes die große Schlucht herunter, dann rechts entlang des Dammes zu dem großen Baum, das war mein Lieblingsplatz.

     Der große Baum hing völlig schief an der Kante des Dammes. Wir Kinder warteten jeden Tag darauf, dass der Baum herunterstürzt, kaum einer traute sich noch hochzuklettern und in den Sattel zu sitzen. Der Sattel, das waren drei Äste die von einem Knoten in drei Richtungen hoch wuchsen und man konnte da schön bequem sitzen und ganz weit über den Sandstrand und den See bis zu dem Trauerweidenwald schauen.

     Im Sommer und Herbst war der See niedrig und etwa fünfzig Meter weg vom Damm in seinem Becken entfernt, dazwischen eine herrlich schöne Sandebene. Im Sommer spielten wir da Fußball. Auch der große Fluss, der in einem großen Bogen um unser Dorf langsam dahinfloss, war niedrig. Das würde sich aber schnell ändern, sobald es mit dem Regen anfängt. Dann wird der große Fluss anschwellen, sich über das Ufer in den See ergießen und unser Dorf in eine Insel verwandeln, dass nur über den schmalen Damm mit dem Rest der Welt verbunden sein wird. Und deswegen nannten uns die Oberdorfer, Inselaffen. Oberdorf lag etwas höher als Unterdorf und wahrscheinlich deswegen bekam er auch diesen Namen, Oberdorf. Oberdorf lag etwa zwanzig Kilometer Richtung Süden entfernt und war größer als Unterdorf. Unterdorf lag etwas tiefer, und deswegen bekam der Name, Unterdorf.

    2. Schlange in der Schule

     Ich weiß nicht, wie lange ich da saß, als ich Todor laut rufen hörte: »Miilaan! Miilaan!« Tiger bellte genauso laut, wenn nicht noch lauter. Tiger, das war mein allerbester Freund. Brizo brachte für uns aus Beograd einen kleinen Hund mit und als ich ihn sah, nannte ich ihn gleich, Tiger.

     Normalerweise wusste ich immer wie spät es ist, weil unser neuer Glöckner immer noch sehr gewissenhaft war. Heute habe ich aber keine Glocken gehört, wahrscheinlich, weil ich keine Glocken hören wollte.

     »Milan!«, hörte ich Todor unter Baum rufen. »Milan! Abendessen! Vater sagt, du sollst gleich mit mir kommen!«

     Todor spielte immer noch gerne den großen Bruder, obwohl er gerade ein Jahr älter war als ich. Wir gingen zusammen in die dritte Klasse, weil er die dritte Klasse wiederholen musste. Er ist ganz anders als ich. Zu der Zeit waren wir gleich groß, obwohl er das nicht wahrhaben wollte. Er hat ein rundes Gesicht, etwas vorstehende Ohren, einen etwas kurz geratenen Hals, ziemlich krumme Beine und braune Augen wie unser Vater. Ich habe als einziger blaue Augen, wie unsere Mutter. Todor war immer lustig und fröhlich, er sang oft, für jeden Spaß immer bereit und deswegen war er auch der Liebling von den älteren Burschen, besonders von Zane, der sehr gut Ziehharmonika spielte. Die Burschen forderten ihn oft zu manchen Blödsinn auf, und er machte auch jeden Blödsinn mit. Einer von den Burschen nannte ihm Toša und er blieb Toša, auch für die anderen. Ich nannte ihm aber weiterhin Todor.

     Und so einen Blödsinn hat Todor letzten Monat gemacht. Unsere Lehrerin kam nach den Sommerferien auf die glorreiche Idee; Mädchen und Jungs sollen nicht mehr getrennt sitzen, sondern gemischt, und damit für mehr Ruhe bei den Jungs zu sorgen. Neben Todor saß Nada, die größte Petzerin in der Klasse, vielleicht sogar in der ganzen Schule. Und das hat den Todor natürlich überhaupt nicht gepasst.

     Lehrerin-Lehrerin, Toša hat mich geschupst! Lehrerin-Lehrerin, Toša hat mich wieder geschupst! Lehrerin-Lehrerin, Toša hat zu mir dumme Ziege gesagt! Lehrerin-Lehrerin... So ging es oft, täglich, das mir Todor manchmal sogar leid tat.

     Also, es kam so wie es kommen musste. Todor hatte eine kleine Wasserschlange gefangen, ganz harmlose und die in seine Schultasche gesteckt. Die Schlange füllte sich offensichtlich wohl und benahm sich ruhig. Er brachte die Schlange mit in die Schule. Als die erste Unterrichtsstunde anfing, öffnete Todor die Schultasche. Die Schlange kroch ganz langsam heraus, Todor schupste Nada und zeigte auf seine Schultasche. Nada sah die Schlange und es gab ein Schrei, dass einem das Blut gefriert. Nada ballte die Fäuste, drückte sie an die Schläfen und schrie so laut, das die ganze Schule es hören konnte: Hilfe! Schlaangee! Schlaangee! Schlaangee!

     Damit hatte Todor wahrscheinlich nicht gerechnet, nicht mit so einer grausigen Reaktion. Er packte die Schlange, lief zum Fenster, sprang heraus und weg war er. Die Lehrerin, die lange verdutzt zum Fenster durch den Todor heraussprang schaute, sprang von ihrem Stuhl auf, rannte zum Nada und fragte hastig: »Nada, Nada, was ist los?« Nada zitterte am ganzen Körper und gab nur noch unverständliche Laute vor sich; »Iiiaaa, iiiih, iiiiooo, oooh, oooh.« Ihre Brust bebte heftig, also ein Haufen Elend war sie und in dem Moment tat sie mir sogar leid.

      Klassenzimmertür wurde aufgerissen, Hausmeister rannte ins Zimmer und hinter ihm der Schulrektor. Als der Hausmeister Nada sah, rannte er noch schneller, weil sie seine Nichte war. Er fasste sie an den Schultern, schaute in ihre Augen und redete langsam und beruhigend auf sie: »Nada, Nada, was ist los? Nada, was ist passiert?« Als Nada ihm erkannte beruhigte sie sich etwas, aber sie konnte nicht reden.

     »Nada mein Herzchen, was ist mit dir los? Sag deinem Onkel, was ist passiert?«

     Peter, der auf die Bank daneben saß sah natürlich zufällig alles und versuchte es zu erklären: 

     »Na ja, es ist so. Toša, der hatte so eine kleine Wasserschlange in seine Schultasche, Schlange wollte aber raus, Nada hat Schlange gesehen, dann hat sie Angst bekommen, und dann hat sie angefangen zu schreien.«

     »Was Schlange?! Wie Schlange?!«, schrie die Lehrerin Peter an. Da Hausmeister als erster kapierte was da geschehen ist, redete nun ganz langsam und beruhigend auf Nada. »Es ist doch nicht so schlimm, Nada. Nur eine kleine Wasserschlange, die tut keinem was, die ist ganz harmlos mein Herzchen.«

     Die Lehrerin brauchte etwas länger und um zu kapieren, was da eigentlich geschah. Sie schaute zu mir und sagte mit einer Stimme die nichts Gutes versprach: »Milan! Hole deinen Vater! Und zwar sofort!«

     Mein Vater wurde zum Bauerngenossenschaftspräsident gewählt und deswegen bekam er ein Büro. Unser Bürgermeister wurde in Unterdorf entsendet und die Aufgaben des Bürgermeister und Genossenschaft Präsident zu übernehmen. Aber er war sehr kränklich, konnte nicht die beiden Aufgaben erfüllen und deswegen hat er die Präsidentschaft abgegeben. Und mein Vater wurde gewählt. Mein Vater war nicht begeistert, aber er hat die Wahl angenommen. Opa Sima und Brizo waren auch nicht von der Wahl begeistert, wir Kinder waren aber sehr Stolz auf unseren Vater. 

     »Als Präsident der Bauerngenossenschaft muss man sich auch mit Politik befassen, und das ist nicht so einfach. Man sollte Politik meiden, wo es nur geht«, sagte Opa Sima.

     Das Rathausgebäude war ein großer Komplex, mit ein paar Zimmern. Und da hat Mein Vater als Bauerngenossenschaft Büro bekommen. Ich klopfte an die Tür und wartete. »Ja, hinein«, hörte ich meinen Vater. Als mich Vater sah, war er etwas verwundert. »Na Milan, was bringt dich zu dieser Zeit hier her?«

     »Na ja. Es ist etwas mit Todor und Lehrerin will Sie gleich sprechen«, sagte ich. Mein Vater legte beide Hände auf dem Tisch, holte tief Luft und fragte: »Was hat er jetzt schon wieder angestellt?«

     »Na ja, wissen Sie, ich habe es nicht gesehen, aber Peter. Peter sagt, dass er eine Schlange die aus Schultasche von Todor herauskroch gesehen hat, das hat auch Nada gesehen, die hat einen Schock bekommen und die kann nicht mehr reden, und die heult nur noch.«

     »Und wo ist jetzt Todor?«

     »Weiß nicht. Ist durch Fenster gesprungen und weggelaufen.«

     »Na ja, dann gehen wir«, sagte Vater und stand etwas schwerfällig und bedrückt von seinem Stuhl auf.

     Hausmeister hat auf uns gewartet und sagte, dass Vater ins Rektors Zimmer gehen soll und ich ging in meinem Klassenzimmer. Als ich in Klassenzimmer kam, hat sich die Lage schon beruhigt. Nada war nicht mehr da. Peter sagte mir, dass Hausmeister sie heimgebracht hat. Lehrerin kam nach zehn Minuten. Sie probierte die Unterrichtsstunde fortzusetzen, war aber nicht voll bei der Sache und konnte sich nicht mehr konzentrieren.

     »Schluss für heute! Alle Hausaufgaben von gestern, aaales dooppelt schreiben«, schrie sie mit ihrer Piepsige schrille und überlaute Stimme.

     Uuuh, uuuh, stöhnten manche und die Freude zu unterdrücken, weil die Freude zu zeigen an so einem Tag nicht angebracht wäre. Es könnte passieren, dass Lehrerin glich ihre Meinung wieder ändert. Schnell war die Klasse leer und wir liefen in den herrlich schönen sonnigen Herbsttag hinaus.

     Meine Mutter war überrascht als sie mich sah.

    »Hai Milan! Was ist passiert? Wieso bist jetzt schon heimgekommen? Bist krank?«

     »Nein, bin nicht. Mit Schule ist für heute Schluss.«

     »Wieso? Ist Lehrerin krank?«

     »Neee, es ist so. Todor hat wieder so eine Sache gedreht und Lehrerin hat für heute mit der Unterricht schlussgemacht.«

     »Was?«, hörte ich Oma Mara aus der Küche.

     »Was hat er wieder angestellt? Was für eine Sache hat er gedreht?«, fragte meine Mutter.

     »Ach, heute war es gar nicht so schlimm. Nada hat nur einen Schock bekommen.«

     »Was? Wie? Die Nada! Die jetzt neben Todor sitzt!«

     »Ja, Die!« Ich wollte schon sagen: Die Petzerin. Aber ich dachte mir, Halt dich da raus .

     »Ich verstehe jetzt da gar nichts«, sagte Oma Mara die aus Küche zu uns kam.

     »Ja, kannst du uns nicht etwas  besser erklären?«, fragte meine Mutter.

     »Na ja, es ist so gewesen; Todor hat eine kleine Schlange in Schule mitgenommen, Schlange kroch aus seiner Schultasche heraus, Nada sah  Schlange, bekam einen Schock, schrie wie am Spieß und Lehrerin schickte uns dann alle Heim.«

     »Ai! Ai! Wenn das Vater mall hört!«, sagte Oma Mara mit besorgte Stimme und wackelte mehrere Male mit ihren fast verschleiertem Kopf.

     »Hat er schon«, sagte ich.

     »Und was hat er gesagt?«, fragte meine Mutter.

     »Weiß nicht, hab ihm dann nicht mehr gesehen, er ist ins Rektors Zimmer gegangen.«

     »Und wo ist jetzt Todor?«, fragte Oma Mara.

     »Weiß nicht, ist durch Fenster gesprungen und weggelaufen.«

     »Was? Was hat er? Durch Fenster gesprungen! Hat er sich verletzt?«, fragte Oma Mara. In ihrem Gesicht, dass aus dem schwarzen Kopftuch das nach vorne gezogen war und ihre Augen wie aus eine dunkle Holle böse blickten kaum noch erkennbar war, konnte man fast die Sorge sehen.

     Oma Mara liebte Todor, dachte ich mir damals. Dass sie überhaupt jemanden liebte, außer Gott und Jesus, war schon ein Wunder. Das sie gerade Todor liebte, war mir schon klar. Todor, so hieß ihr jüngster Sohn der nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr heimkehrte.

     »Nein, glaub nicht, das er sich verletzt hat, sonst hätten wir ihm noch gesehen.«

     »Gut Milan. Geh jetzt und sag Todor, dass er gleich Heim kommen soll«, sagte meine Mutter.

     »Weißt du wo er ist?«, fragte Oma Mara.

     »Glaub schon«, sagte ich, wusste aber genau wo er jetzt ist, in der Erdhöhle. Erdhöhle nannten wir einen Platz, wo jemand in den Damm ein großes dunkles Loch eingegraben hat. Da konnte man sich von Regen schützen und auch heimlich Rauchen.

     Todor saß da, in den Gedanken versunken. Ich setzte mich neben ihm, schaute zum See und sagte auch kein Wort.

     »Na ja, kann nur noch besser werden«, sagte er nach längerem Schweigen.

     Eine Prügelstraffe brauchte er nicht zu befürchten, weil unser Vater war strikt gegen die Prügelstrafen. Aber dass die Strafe kommt, dass wusste Todor, und die Strafe kam. Todor musste vier Sonntage mit Vater früh aufstehen und den Stall ausmisten. In der Schulklasse musste er die erste Unterrichtsstunde, und auch in der große Pause in der Ecke auf einen niedrigen Strafstuhl sitzen. Und er wurde in die erste Reihe versetzt, immer unter Augen der Lehrerin. Und das war für ihm eigentlich die schwerste Strafe.

     Alles Gute und alles Schlechte hat zwei Seiten. Todor hielt seine Strafen tapfer durch, wurde Zeitlang ruhiger und ärgerte mich nicht mehr so sehr. Nada petzte nicht mehr so viel, aber sie petzte weiter, dass lag ihr wahrscheinlich im Blut.

    3. Unser Haus

     »Milan!«, hörte ich jetzt Todor unter Baum rufen. 

     »Milan, Abendessen. Vater sagt, du sollst gleich mit mir kommen!« Wiederholte Todor. Ich kletterte von dem Baum herunter. Tiger bellte etwas böse zu mir, da war ich mir sicher das er böse mit mir war, weil ich mich auch von ihm den ganzen Nachmittag versteckt hatte. Kaum war ich unten, stand Tiger schon neben mir. Er schaute mich mit seinen großen klugen Augen so an, als ob er sagen wollte; mach das nicht nochmal mit mir . Wir gingen zusammen zum Haus. Als wir auf der Veranda unsere Schuhe ausgezogen haben, musste ich rüber, auf die andere Seite des Hofes schauen, wo die Sommerküche stand, wo mein Großvater vor kurzem lebte.

     Mein Großvater, den wir Opa Sima nannten war ein Krüppel. Seine linke Hüfte war von einer Granate im ersten Weltkrieg schwer verletzt worden. Brizo, der mit ihm zusammen war schleppte ihn fast verblutet und halb tot und rettete ihm dabei das Leben. Wie das alles genau geschah, erzählte mir Brizo später.

     »Na ja. Ich weiß das Opa Sima dich am meisten gemocht hat und du ihn auch. Aber so ist es im Leben, man muss sich damit abfinden«, probierte Todor den großen gescheiten Bruder zu spielen als er sah, dass ich rüber zur Sommerküche schaute.

     Todor und ich traten ins Wohnzimmer, dass zugleich auch Esszimmer war. Es war ein sehr großes Zimmer, das etwa zwölf Meter lang und etwa sechs Meter breit war. In der rechten Ecke des Zimmers stand Kachelofen. Zwischen hinteren Wand und Kachelofen war ein Platz, etwa ein Meter breit und zwei Meter lang, so lang wie der Ofen. Das war normalerweise Platz für die Opas. Man nannte es: Opa Ecke . Dieser Platz war im Winter immer warm, und das war sehr gut für alle Opas, weil fast alle Opas in Unterdorf an Rheumatismus litten. Um die andere zwei Ofenseiten war eine schmale Sitzbank, da saß man im Winter und um sich den Rücken zu wärmen. Rechte Wand des Zimmers hatte in Mitte einen großen offenen Bogen der zu der Küche führte. Aus Küche wurde Kachelofen beheizt. Die Küche war sehr groß und da schlief Oma Mara.

     Auf linke Seite waren zwei große Fenster die zur Straße schauten. Auf Ostseite war ein sehr langes Regal, da hatte jeder sein eigenes Fach. Jeder betrachtete sein Fach als Heiligtum. Keiner durfte beim andern schnüffeln und alle hielten sich an diese Regel. Ich glaube auch Todor. Da war ich mir nicht so sicher. An Westseite neben Eingangstür war ein sehr großes Fenster. Durch das Fenster konnte man über Veranda die Sommerküche sehen. In der Mitte des Zimmers stand ein sehr großer Tisch aus schwerem Holz, um ihn zehn Stühlen, auch aus schwerem Holz.

     Als wir zwei im Zimmer eintrafen, saßen alle am Tisch, außer Mutter und natürlich uns zwei. Mutter servierte gerade das Abendessen. Normalerweise half ihr Oma Mara, aber heute spielte sie wieder eine schwer kranke und so traurige, saß in sich so versunken und sah noch kleiner aus als sie schon war. Ich sah etwas neues, das noch nie da war. Mein Vater saß an die Stirnseite des Tisches wo normalerweise immer Oberhaupt der Familie sitzt. Dieser Platz war bei uns aber bis jetzt immer leer, weil Opa Sima in die Sommerküche lebte.

     Also, es gab eine neue Sitzordnung. Oma Mara saß an der rechten Seite auf ersten Stuhl, wo Vater früher saß. Der Stuhl daneben war frei, also da wird jetzt meine Mutter sitzen, wenn sie nicht gerade Essen servierte. Einen Stuhl weiter saß kleine Sena, am Ende Damir, mein jüngster Bruder. Auf den ersten Stuhl auf die linke Seite des Tisches saß Sima, mein ältester Bruder. Er hieß auch Sima, weil es bei uns üblich war, das erstgeborener Sohn Name seines Großvaters bekommt. Also, es waren noch drei Stühle frei. Ich ging gleich zum letzten Stuhl und hoffte, dass Todor den Stuhl neben Sima nimmt und somit wäre ein Stuhl zwischen uns frei. Und es geschah ein Wunder! Todor setzte sich tatsächlich auf den Stuhl neben Sima, und ich war froh darüber.

     Auf den Stuhl am Ende des Tisches, also gegenüber Vater saß normalerweise keiner. Ich weiß es nicht, warum? Aber so war es üblich, auch bei den anderen Familien wenn Tisch nicht voll war, saß da keiner.

     Als meine Mutter sah, dass alle Platz genommen hatten, brachte sie große Platte mit geschnittenen Brot, Käse und Schinken, stellte alles in Mitte des Tisches und setzte sich auf ihren Stuhl. Oma Mara schloss ihre Augen und Hände zum Gebet, meine Mutter auch. Nur die zwei beteten. Wir Kinder mussten nicht mit beten. Mein Vater betete auch nicht. und das war ein Punkt den Oma Mara sehr schwer verkraftete. Mit nicht beten hat Opa Sima angefangen, als er nach seiner Verwundung heimkehrte. Brizo erzählte mir mal Folgendes:

     Opa Sima hat mal wieder etwas mehr Schnaps vor Mittagessen getrunken. Als Oma Mara leise mit Beten anfing, schrie Opa Sima sie an: Hör auf mit dieser Scheiße! Hör auf! Ich will nichts mehr von deinem Gott hören! Wo war dein Gott als die Granaten um uns flogen?! Wo war dein Gott als die Arme, Beine, Köpfe und die Füße durch die Luft flogen?! Wo war dein Gott als die jungen Menschen durch die Luft flogen und starben?! Diese Jungs wollten leben! Leben wollten diese jungen Menschen und nicht sterben! Aber wo war dein Gott?! Ich sage dir wo er war! Er war in Wien bei den Habsburgern! Bei diesen Mördern war er! Er hat mit denen Gänsebraten gefressen und Wein gesoffen! Da war er! Da war dein Gott, sage ich dir!

     Danach ist Opa Sima in die Sommerküche gegangen und nie mehr in das Haus gegangen.

     Die nächsten Nächte konnte ich nicht gut schlafen. Aber das war nicht so schlimm, schlimm für mich war es, dass ich mich auf einmal nicht mehr an Opa Sima Gesicht erinnern konnte. Sein Gesicht verschwand einfach aus meinem Gedächtnis.

    4. Oma Mara

     Das Wetter schlug um. Die Sonne versteckte sich hinter den dicken schweren und dunklen Wolken. Und es wehte Nordwind. Kalt und unangenehm war es. Es regnete nicht, noch nicht. Aber ich wusste, wenn es einmal losgeht, dann ist es aus und vorbei mit Spielen draußen. Jetzt kommen kurzen Nachmittage und lange langweilige Abende. Für mich wird es jetzt schlimm sein, weil Opa Sima nicht mehr da ist. Manche Nachmittage und sehr viele Abende war ich bei ihm in Sommerküche. Ich schaute wie er mit Brizo Schach spielte, oder lauschte wenn die zwei über Politik, Religionen oder viele andere interessante Sachen diskutierten. Zu mir sprachen die beiden wie zu einem erwachsenen und nicht wie zu einem Kind. Und das hat mir natürlich sehr imponiert. Zu dehnen durfte ich Du sagen, nicht Sie, so wie es Normalerweise war. Die Kinder mussten zu Erwachsenen Sie sagen, aber die zwei haben darauf bestanden, dass ich zu denen Du sage.

     Schachspielen haben mir die zwei auch beigebracht. Ich war noch nicht so gut, aber beide sagten, dass ich sehr schnell lerne und wenn ich so weitermache, werde ich eines Tages zum Schachmeister bringen. Das ich oft in Sommerküche bei Opa Sima und Brizo war, passte meiner Oma Mara nicht so sehr. Durch den Zufall hörte ich, wie sie einmal zu meiner Mutter sagte: Verderben werden die zwei den Jungen!

     Mein Vater und meine Mutter hatten aber nichts dagegen, dass ich so oft in der Sommerküche war. Wenn ich mit meinen Hausaufgaben fertig war und im Haushalt oder in Garten nichts mehr zu helfen hatte, durfte ich rüber in Sommerküche gehen, oder wo ich es auch wollte.

     Oma Mara hatte fast an jedem etwas auszusetzen, nur nicht an meinem Vater und an meine Mutter , dachte ich. Aber durch Zufall hörte ich wie sie mit Nachbarin Tante Dora über meine Eltern tratschte und sagte: Ach, mein armer Branko. Der schuftet sich zu Tode und um viele hungrige Mäuler zu stopfen. Und die, die will immer mehr Kinder haben.

     Das war wie ein Schock für mich. Sie war sonst immer sehr höflich zu meiner Mutter. Meine Mutter kümmerte sich sehr um Oma Mara und oft sagte meine Mutter zu Oma Mara: Mutter, Sie brauchen mir nicht mehr helfen, ich schaff es alleine . Sima, Todor oder ich, wer gerade in der Nähe war half und um Oma Mara zu schonen. Und dann sowas!

     Und ich kann mich noch gut erinnern wie Oma Mara gemein, oder genauergesagt, boshaft zu uns Kindern war. Nämlich, als Mutter den ganzen Tag auf den Feldern arbeitete, hat Oma Mara für uns Kinder gekocht. Sie hat dann oft eine dünne Zwiebelsuppe gekocht und wenn sich einer beschwerte, oft war ich es weil ich die gekochte Zwiebeln nicht runter kriegen konnte. Oma Mara wusste das und sie wartete nur darauf das sich einer beschwert. Meistens war ich es, dann  schimpfte sie: Wer einer keinen Hunger hat, der braucht auch nicht fressen!

     Aber das gemeinste von ihr war es, dass sie dabei ein saftiges, sehr gutriechendes Braten machte. Aber nur für ihren armen Sohn der sich totschuftete und so viele hungrige Mäuler zu stopfen. Und um das auszuhalten braucht er ein kräftiges Essen, sagte sie. Und einen Dünnen Stab hat sie fast immer dabeigehabt. Und es tat weh wenn sie kurz auf den Gesäß schlug, so dass keine Spuren hinterlassen wurden. Wenn aber Mutter oder Vater im Haus waren, dann lag der Stab unter ihre Decke aus die Bank wo sie saß. Aber einer hat es verraten, ich tippe auf Todor. Als der Vater unter decke den Stab herausnahm und zum Oma Mara schaute, sank Oma Mara ihren verschleierten Kopf, so wie ein Kind der wusste, dass er bei einen schlimmen Tat erwischt wurde. 

     Meine Mutter war sehr fleißig. Als die Feldarbeiten anfingen, ist sie vor dem Vater sehr früh aufgestanden. Sie hat für uns alle Frühstück gemacht, ist danach mit Vater zur Genossenschaft gegangen. Sie hat den ganzen Tag hart gearbeitet und um die Bonusse zu bekommen. Die Bonusse konnte sie dann nach der Ernte bei Genossenschaft für allerlei umtauschen: für Zucker, Mehl, Salz, Äpfel, Pfeffer und es war sehr viel was sie dann heimbrachte. Meine Mutter erzählte mir später, dass ich zehn Tage nach meiner Geburt fast gestorben bin. Als ich zehn Tage alt war, ging sie wieder zum Feldarbeit. Sie nahm mich mit, sie wollte nicht daheim bleiben, sie wollte unbedingt arbeiten und um die Bonusse zu sammeln. Sie legte mich in die Wiege und bedeckte mit einem Leinentuch, weil die Sonnenstrahlen um die Zeit zu stark waren. Als sie nach etwa einer halben Stunde wieder zu Wiege zurückkam, sah sie, das Wind das Tuch auf die Seite gefegt hatte und ich den Sonnenstrahlen voll ausgesetzt dalag. Als sie mich rot gebrannt sah, glaubte sie, das ich sterben werde. Man rieb mich mit Schweinefett ein, und das hat mir das Leben gerettet.

     Mein Vater bekam als Genossenschaftspräsident sehr viele Bonusse. Wir waren für Winter mehr als gut versorgt. Dazu kam unserer sehr großer Garten. Meine Mutter hat sehr hart in Garten gearbeitet, wir Kinder haben auch sehr viel geholfen. Vier Schweine haben wir auch gehabt und sehr viele Hühner, Enten und Gänse. Wir waren nie hungrig. Wie konnte die Oma Mara nur so schlecht über unsere Mutter reden? Das habe ich meiner Mutter nie erzählt. Einmal sagte Oma Mara zu meiner Mutter: Ach, Mila, setzt dich doch ein bisschen, du arbeitest zu viel. Als ich das hörte, wollte ich am liebsten schreien: Du falsche Henne!

     Ich habe danach Oma Mara nicht mehr gemocht. Zuvor auch nicht besonders, aber danach überhaupt nicht mehr.

    5. Geburtstagsfeier

     Nach der Schule gingen wir selten zusammen nach Hause. Aber es regnete und deswegen schaute jeder dass er auf dem schnellsten Weg nach Hause kommt. Todor und ich gingen in einer kleinen Gruppe die immer kleiner wurde. Als wir unser Haus erreichten, ging Todor als Erster durch Tor, zog seine Schuhe auf Veranda aus und ging ins Wohnzimmer hinein. Ich zögerte ein bisschen. Ab heute wird sich alles ändern , es wird nicht mehr so sein wie es war , dachte ich mir. Ich war sehr traurig. Gewöhnlich bin ich gleich in Sommerküche gegangen und um zu sehen, wie es Opa Sima geht. Um die Zeit war er meistens alleine. Brizo kam meistens am frühen Abend und blieb oft bis sehr spät in der Nacht bei ihm. Ja, das war mal. Was sollte ich jetzt tun? Viele kurze Winternachmittage und lange Winterabende verbrachte ich in Sommerküche. Und jetzt? Na ja, irgendwie wird es schon gehen. Lesen, mit den anderen; Mensch ärgere dich nicht spielen, oder was anderes.

     In Zimmer war es schön warm. Es roch so gut. Es roch nach eine gute Entensuppe. Nach Mittagessen wurden Hausaufgaben gemacht. Nachdem wir unsere Hausaufgaben gemacht haben, kam Todor zu mir und fragte mich gespielt freundlich: »Milan, spielen wir Mensch ärgere dich nicht?« Ich hatte aber keine große Lust und sagte nur: »Nee.« Todor schaute mich etwas traurig an. »Na gut, aber nicht Mensch ärgere dich nicht, spielen wir Mühle«, sagte ich. »Na gut. Spielen wir zweimal Mensch ärgere dich nicht und einmal Mühle«, sagte er und schaute mich hoffnungsvoll an. Mühle wollte er nicht mit mir spielen, weil er immer gegen mich verlor. Mir war es auch langweilig und so spielten wir fast den ganzen Nachmittag. So ging es fast die ganze Woche. Draußen regnete es und regnete, ununterbrochen, und es war sehr unangenehm kalt.

     Am Samstag gab es viel Aufregung. Sima war sechzehn Jahre alt geworden. Nach dem Mittagessen als Tisch aufgeräumt war, stand mein Vater auf und sagte feierlich: »Sima, du bist heute sechzehn Jahre alt geworden, du bist kein Kind mehr. Zu dem Anlass bekommst du heute etwas was zu dir passt.« Vater ging dann zu seinem Fach, nahm ein Paket heraus und stellte es vor ihn auf Tisch. Wir alle waren gespannt, weil das bis jetzt noch nicht der Fall war, das einer von uns Kindern ein Geburtstagsgeschenk bekommt.

     Sima öffnete das Paket langsam und zog eine Hose heraus. Aber nicht irgendeine Hose, sondern eine sehr feine Hose. Dann zog er einen Sakko heraus. Aber nicht irgendeinen Sakko, sonder einen sehr feinen Sakko. Also, es war ein Anzug. Ein Anzug wie nur vornehme Herren tragen. Ein Hemd und eine Krawatte waren auch dabei.

     »Na, probieren wir das gleich aus«, sagte meine Mutter. Als Sima seinen Anzug anzog, zupfte meine Mutter ein bisschen am Ärmel, ein bisschen am Kragen, richtete Krawatte ein bisschen, und als sie fertig war, sagte sie: »Das schaut ganz ordentlich aus.« Ich schaute rüber zu Oma Mara, sah wie sie einen Seufzer ausstieß. Und ich war mir sicher was sie dabei dachte: Muss es gleich so teuer sein?

     Meine Mutter sagte: »Das ist aber nicht alles.« Sie ging zum Regal und brachte noch ein Paket. Als Sima Paket aufmachte, schauten wir noch einmal ganz schön verdutzt. Schuhe, richtige modische schwarz lackierte Schuhe und zwei Paar Socken, herrlich schöne dünne Socken.

     »Zieh an«, sagte meine Mutter. Sie führte ihn dann in Mitte des Zimmers und Sima schaute wirklich nicht mehr wie ein Kind aus, sondern wie ein Erwachsener. Vater schaute ganz stolz zu ihm und lächelte zufrieden. Mutter ging einen Schritt zurück, schaute zum Sima und war sehr glücklich, was sehr selten bei ihr der Fall war. Todor schaute zum Sima und war neidisch, da war ich mir ganz sicher. Ich war froh, das Sima so gut ausschaute und wünschte mir auch so einen schönen Anzug. Damir guckte ein bisschen verwunderlich und lächelte nur, kleine Sena verstand nichts. Und Oma Mara, die guckte ziemlich finster und mürrisch dran. Das merkten nur meine Mutter und ich. Ich freute mich das sich Oma Mara so sehr ärgerte. Und Todor, wie berufen fragte »Hei! Was hat das alles gekostet? Zweihundert? Oder sogar dreihundert?« Ich schaute wieder ein bisschen versteckt zu Oma Mara, sie litt noch mehr.

     »Na, na, Todor. Man soll nicht fragen was ein Geschenk kostet«, sagte Vater mit einer etwas vorwurfsvollen Stimme.

    6. Am Damm

      Es regnete immer noch und es schien so, dass der Regen nie aufhören wird. Der Himmel schaute wie eine große schwere Bleiplatte aus, die immer tiefer und tiefer sank und drohte, uns zu ersticken. Es war windstill. Es war irgendwie geheimnisvoll still. Bedrohlich still.

     Am späten Samstagnachmittag ging ich zum Gemeindesaal, wo sich die Leute versammelten und über dieses und jenes redeten. An dem Tag gab es nur ein Thema; Regen. Viele schauten durch Fenster zum Himmel und waren besorgt »Es schaut nicht gut aus«, sagte jemand. »Nein, nein, es schaut wirklich nicht gut aus«, bestätigte ein anderer. 

     Eigentlich war es kein großer Grund zur Sorge, meinte ich. Ernte war abgeschlossen, Speisekammern waren voll, Hangars mit Viehfutter waren auch voll. Brennholz gab es genügend. Die Erwachsenen freuten sich normalerweise auf Winter. Im Winter gab es wenig Arbeit und Männer konnten sich von der schweren Arbeit, die sie seit Anfang Frühling verrichteten, jetzt gut erholen.

     Sonntags Vormittag, als Opa Sima noch lebte kam Brizo zum Opa Sima, und um Kinder Haare zu kürzen und Vater und Opa Sima zu rasieren. Brizo ging nur zum Opa Sima in die Sommerküche und nicht mehr ins Haus. Oma Mara mochte Brizo nicht, oder genauergesagt, sie mochte ihm überhaupt nicht. Aber  dazu später.

     Da es regnete und Opa Sima nicht mehr da war, blieb mir nichts anderes übrig als mit Todor Mensch ärgere dich nicht zu spielen. Und ich war gespannt, was heute passieren wird. Vater saß immer noch an seinem Platz, viel Papierkram vor sich. Er wendete ein paar Blätter hin und her und mir schien es so, als ob er nicht wusste was er eigentlich tun sollte. Ich schaute auf die Uhr, es war schon kurz vor elf. Brizo war noch nicht da, wie jeden Sonntagvormittag als Opa Sima noch lebte. Ich fragte mich auch, wieso er eigentlich kommen sollte? Jeder wusste dass ihn Oma Mara nicht mochte. 

     Vater ließ die Papiere auf Tisch fallen, schaute zu mir und sagte: »Milan, ich glaube du sollst zum Brizo gehen und nachschauen, wie es ihm geht. Vielleicht ist was passiert, vielleicht ist er krank?« Das musste mir Vater nicht zweimal sagen. Ich stand sofort auf, obwohl wir mitten ins Spiel waren, was Todor aber nicht zu sehr ärgerte, er war wieder mal am verlieren.

     »Nimmst Regenmantel«, rief meine Mutter aus Küche, aber ich war schon über Türschwelle.

     »Tiger komm!«, rief ich und er war auch froh dass wir endlich mal rausgingen. Ich ging nach links, Richtung Brizo Haus, den Häusern entlang. Erst am Haus von Lepa, unserer ersten Nachbarin. Dann am Haus von unserem zweiten Nachbarn, Mirko und Marko aus dritten und vierten Klasse. Dann am Haus von Jovanka, Mladen, Peter und Toma entlang. Dann am Haus von Milena, Raiko und Miloš. Im sechsten Haus wohnte größte Familie im unserem Dorf, die Milenkov, Onkel Rada und Tante Dora mit ihren acht Kindern. Im letzten Haus wohnte Familie Drobnjak, Onkel Dragan und Tante Dara mit Töchtern Dunja und Gordana. Onkel Dragan war verwirrt, er hat im Zweiten Weltkrieg ein sehr schlimmes Erlebnis gehabt. Er wurde nicht schwer verwundet, aber er konnte sich an nichts erinnern. Wahrscheinlich hat er etwas sehr Schlimmes gesehen und von dem Schock konnte er nicht mehr richtig denken und reden. Er lächelte nur und ging manchmal ziellos durch die Gegend, so dass immer einer auf ihn aufpassen musste. Immer wenn er sah, dass sich Kinder streiten, mischte er sich ein und wollte schlichten, immer mit den gleichen Worten: Nicht streiten, lieber Kinder. Ihr müsst euch lieben und gut verstehen, liebe Kinder.

     Natürlich lachten die Kinder daraufhin und Onkel Dragan ging dann weiter, sehr zufrieden und stolz auf sich.

     Onkel Dragans erste Tochter, sechzehnjährige Dunja war die schönste in unseren Dorf. Mein Bruder Sima hat ein Auge auf Dunja geworfen, so sagten wir wenn einem ein Mädchen gefällt. Dass hat er bestritten, aber erfolglos.

    Alle Häuser in unserem Dorf wurden auf gleiche Art gebaut. Grundstücke waren etwa dreißig Meter breit und etwa sechzig Meter lang. Auf linke Seite des Grundstücks stand das Haus, zwei Fenster zur Straßenseite hin. Dann war da ein Stück Mauer und im Anschluss das kleine Tor dass zu der Veranda führte. Dann kam wieder ein Stück Mauer und dann das große Tor. Das große Tor war zweiflügelig, so dass Fahrwegen, Traktoren und Dreschmaschinen in Hof hineinfahren konnten.

     Nach dem Haus von Onkel Dragan, oder besser gesagt, nach dem Mauer, dass um das Grundstück von Onkel Dragan gezogen war, hatte Brizo einen großen Garten. Der Garten war etwa vierzig Meter breit und etwa sechzig Meter lang. Im Garten hatte er alles was er brauchte; Kartoffeln, Zwiebeln, Bohnen, Knoblauch, Karotten und sogar mehr als er selber verbrauchen konnte. Ab dem Garten ging es etwa zehn Meter ziemlich steil abwärts, dann etwa dreißig Meter fast geradeaus. Dann ging es ganz steil hoch, etwa zehn Meter höher als der große Damm. Der Platz war, von Straße aus gesehen, nur etwa vierzig Meter lang und etwa dreißig Meter breit. Diesen Platz hat man Große Berg genannt, und da hat Brizo sein Haus gebaut. Brizo Haus war ganz anders als alle Häuser in unserem Dorf. Für mich war es das schönste Haus in unserem Dorf. Und nicht nur in unserem Dorf, sondern das schönste Haus überhaupt, glaubte ich damals. So ein Haus will ich auch haben, wenn ich mal groß bin, sagte ich oft zu Brizo.

    7.Brizo Haus

     Das Haus nahm fast den ganzen Berg in Anspruch. Es war etwa fünf und zwanzig Meter lang, etwa acht Meter breit und auf die Südseite etwa zehn Meter lange Terrasse, die etwa drei Meter breit war. Am Ende der Terrasse war eine Tür durch die man in den Stall hinein gehen konnte. Unter der Terrasse baute sich Brizo einen Keller. Das Haus bestand aus zwei großen Räumen die durch eine Wand getrennt wurden. In die linke Ecke des Zimmers baute sich Brizo einen Waschraum mit Toilette, etwa zwei mal zwei Meter groß und unter der Decke einen Behälter für etwa zweihundert Liter Wasser. Den Behälter konnte man nur über eine Leiter auffüllen. 

     Der vordere Teil des Hauses war sein Wohnraum. Der hintere Teil, Richtung Westen war der Stall für sein Pferd und sein leichtes Fuhrwerk. Im Winter lagerte Brizo in den Stall das Brennholz zum Trocknen, weil der Stall im Winter ziemlich warm war. Brizo baute sich einen sehr großen Kachelofen in der Trennwandmitte. Der Offen  war etwa zwei Meter in den Wohnraum tief und etwa ein halbes Meter tief in den Stall, und so war es auch in den Stall im Winter warm. Kachelofen wurde von Zimmerseite durch eine große bogenartige Öffnung beheizt und das war einmalig in unserem Dorf. Nur noch Opa Sima hatte so einen, aber viel kleineren, weil Sommerküche war auch nicht so groß wie Brizos Zimmer. Brizo sagte mir dass man es Kamin nennt und dass man solche Öfen in den Ländern wie Deutschland, Frankreich, England und auch anderen Ländern wo es im Winter sehr kalt ist, baut. Alle Kachelöfen in unserem Dorf wurden aus dem Nebenzimmer beheizt, wegen Rauch. Brizo suchte sich besonderes Brennholz aus, trocknete es im Stall und es gab keinen stinkenden und beißenden Rauch, sondern einen angenehmen Brennholz Geruch. Mir hat das besonders gefallen. Aber noch schöner war es, das Feuer zu beobachten, besonders nachts konnte man sehen wie Feuerflammen sich hin und her wogen. Und dabei gab es tanzende Schattenspiele in das Ganze Zimmer. An die rechte Wand, Nordwand, hatte Brizo sein Bett, das mir besonders gefiel. Bett war in die Wandmitte, auf etwa ein Meter fünfzig Höhe und unter Bett war ein Schrank, wo er Bettwäsche, Handtücher und seine Kleider aufbewahrte. Wenn er in Bett lag, dann konnte er durch die zwei Riesengroße Fenster weit sehen, weil er keine Vorhänge hatte. Zwischen zwei Riesengroßen Fenstern war die Eingangstür. Oberhalb war auch ein Fenster, dass man kippen konnte und so konnte man aus dem Bett die ganze Südseite sehen. Und wenn ihm erste Gockel Ruf weckte, machte er sich einen Kaffee und genoss den Morgen auf seine Terrasse, wenn es nicht kalt war.

     Im letzten Winter, an Neujahr brachte man Opa Sima zum Brizo und um das neue Jahr mit Brizo zu begrüßen. Ich durfte auch bis ein Uhr in der Früh bleiben. Und es war eine herrlich schöne Nacht. Ich saß neben Kachelofen, trank Kakao, aß Walnüsse und beobachtete Feuer und die tanzenden Schattenspiele. Durch zwei riesengroße Fenster sah man den vereisten See, dahinter verschneite Wälder und ein eisig kaltes Himmel mit unendlich vielen glasklaren Sternen. Auf die Ostseite des Zimmers stand ein Eisenherd. Über den Eisenherd war ein Fenster, dass breiter war als Eisenherd und so konnte man auch die Ostseite sehen.

     Als Viktor uns sah, bellte er vor Freude und rannte uns entgegen. Er freute sich jedes Mal wenn er uns sah. Klar, Tiger war sein Bruder. Mich mochte er sehr gerne, weil ich ihm immer wenn ich mit Tiger unterwegs war, mitgenommen habe. Ich bin sehr oft mit Tiger und Viktor herumgelaufen. Ich habe die zwei auch mit meinem Boot zu meiner Insel mitgenommen. Wir sind jeden Tag zum Fährmann gegangen, wenn er da war. Dann konnten die zwei mit Prinz, das war Fährmanns Hund, herumlaufen und spielen.

    Wir rannten das Gefälle herunter zu Brizo Haus, Viktor rannte uns entgegen. Ich musste gut aufpassen, dass ich nicht ausrutsche, weil durch Dauerregen Straße ziemlich nass und glitschig war. Wir rannten die Stufen hoch. Ich musste die zwei jedes Mal vorlassen, sonst hätten die mich noch umgeschmissen, so groß und stark waren die zwei.

     Ich sah Brizo durch Ostfenster in seinem Schaukelstuhl sitzen. Ich bog um die Ecke, zog meine Gummistiefel aus und ging hinein.

     »Hi Brizo!«

     »Hi Milan!«, grüßte er zurück. Er schaute müde aus, er schaute Alt aus. Seine wässrigen grünen Augen waren

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