Wunder werden wahr: Professor Hartwig 5 – Arztroman
Von Peik Volmer
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Über dieses E-Book
Die fortschreitende Genesung von Professor Thomas Vonend stellt sich tatsächlich mindestens als ein kleines Wunder dar, mit dem zeitweilig kaum noch zu rechnen war. Inmitten der weiter anhaltenden, sich stetig ausbreitenden Pandemie gibt eine solche erfreuliche Entwicklung Hoffnung, nach der wir alle uns so sehr sehnen. Die Sorgen um Schwester Heide lassen uns nicht los, und der versierte Narkosearzt Dr. Toralf Dotterweich ist, rein menschlich betrachtet, weiterhin ein Buch mit sieben Siegeln. Fragen über Fragen begleiten unsere Geschichte in den unruhigen Zeiten von Corona. Der Kampf mit dem tückischen Virus hat ja gerade erst begonnen …
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Buchvorschau
Wunder werden wahr - Peik Volmer
Professor Hartwig
– 5 –
Wunder werden wahr
Peik Volmer
Kurzes Vorwort
Können Sie sich und mir erklären, sehr verehrte Leserin, sehr geehrter Leser, was einen Menschen dazu veranlasst, eine Flasche mit Alkohol – hochprozentigem Alkohol – an den Hals zu setzen und in sich hineinlaufen zu lassen? Ich kann es nicht verstehen. Ich trinke keinen Alkohol. Nein, nicht aus religiösen Gründen. Mir schmeckt das Zeugs einfach nicht. Geben Sie mir zwei von diesen Pralinen, Sie wissen schon, diese leckeren Dinger mit der Kirsche, dann liege ich einen Tag mit Kopfweh flach.
Ich glaube, die Leute tun das, um ihre Probleme, Ängste, Sehnsüchte nicht mehr so deutlich zu spüren. Alkohol verursacht Narkosen. Aber wenn man dann wach wird, ist alles immer noch genauso schlimm wie vorher. Nein, noch schlimmer! Probleme löst man nur, wenn man den Stier bei den Hörnern packt. Es hilft nichts, die hässlichen grauen Umschläge von der Bank nicht aufzumachen oder nicht dranzugehen, wenn die »Kundenberaterin« anruft. Im Gegenteil: Öffnen Sie das Kuvert, und rufen Sie an. Fragen Sie nach Lösungsmöglichkeiten. Glauben Sie mir: Hinterher fühlen Sie sich besser. Ja, ich rede aus Erfahrung. Als Arzt mit eigener Praxis steht Ihnen das Wasser chronisch bis zum Hals.
Genug gejammert! Ich habe gelernt, dass es keine Schande ist um Hilfe zu bitten, wenn man Hilfe benötigt. Gerade in dieser schwierigen Zeit braucht man Hilfe. Beim Einkaufen, zum Beispiel. Ob der Nachbar so nett ist, mit dem Hund Gassi zu gehen? Das Rezept vom Arzt in der Apotheke zu bestellen?
Sie haben einen Laden, dem es nicht gut geht, weil die Kunden ausbleiben? Könnten Sie nicht an die Haustür liefern? Ihr Sortiment verändern? Einen Internet-Shop eröffnen? Sich über die sozialen Medien mit Ihren Kunden vernetzen?
Ich möchte keinen allzu oberflächlichen Optimismus verbreiten. Damit würde ich denen nicht gerecht, die massive existenzielle Sorgen haben. Ich möchte nur einen Denkanstoß geben. Meine Lebenserfahrung sagt, es geht weiter. Und selbst, wenn es extrem schwierig wird – irgendwann kommt man wieder hoch.
Ihr Dr. Peik Volmer
*
Prof. Konstantin Hartwig (44): Als Chef der Kardiologie im Nordsee-Klinikum ein begnadeter, grandioser Arzt, der über den Tellerrand hinausschaut. Einer der größten Gegner des Corona-Virus. Und ein liebevoller Ehemann und Vater
Dr. med. Lena Hartwig (unter 40): Die versierte Narkoseärztin liebt ihren Konstantin, hat es allerdings satt, immer in seinem Schatten zu stehen. Also wird sie selbst Chefärztin – in einer anderen Klinik!
Julian Hartwig (18): Der gemeinsame Sohn ist gerade erst volljährig geworden. Bis über beide Ohren in seine neue Freundin verliebt. Will beruflich nicht in die großen Fußstapfen seiner Eltern treten
Dr. Georg Hindermann (53): Der Oberarzt ist ein brillanter Mediziner, der als streng, zynisch und bösartig galt. Doch auf einmal scheint er ein völlig neuer Mensch zu sein
Dr. med. Katharina Lehr (32): Eine stets freundliche, zugewandte Assistenzärztin. Medizinisch kompetent. Findet plötzlich ganz unverhofft das große Glück
Dr. med. Toralf Dotterweich (36): Als Narkosearzt unschlagbar – eine echte Bereicherung für die Klinik. Zugleich ein schwieriger Charakter. Auch ein Egoist und hemmungsloser Karrierist?
Jonas Wagner (19): Den jungen Krankenpflegeschüler, von vielen mitleidig belächelt, sollte niemand unterschätzen. An seine Zukunft glauben vor allem Professor Hartwig und die Stationsschwester Heide Hohmann
Prof. Thomas Vonend (48): Der Oberarzt der Uniklinik ist Konstantins bester Freund aus Studienzeiten. Ein selbstloser Mediziner, der keiner Gefahr aus dem Wege geht
*
Kleine Fehler
»Herr Professor, ich weiß gerade nicht, wie ich Ihnen das sagen soll! Ich will nicht meine einzige Freundin verraten, aber – sie braucht dringend Hilfe, und ich weiß nicht, wie ich das hinbekommen soll!«
Jonas Wagners Stimme überschlug sich vor Sorge und Panik. Professor Hartwig hingegen klang ruhig und freundlich.
»Sie könnten mal damit anfangen, Schüler Jonas, dass Sie mir vertrauen, einverstanden? Was ist denn los?«
»Schwester Heide. Sie hat Probleme. Ich glaube zu wissen, was sie so belastet. Aber jetzt hat sie angefangen zu trinken, und eben habe ich sie bewusstlos aufgefunden!«
»Deswegen hatten Sie versucht, mich zu erreichen? Entschuldigen Sie, mein Akku war mal wieder leer!«
»Macht nichts, Herr Professor, Frau Dr. Lehr und der Oberarzt Hindermann haben geholfen! Aber – ich glaube, Sie sind der Einzige, vor dem Heide Respekt hat, und es muss jemand mit ihr reden! – Herr Professor – Heide wird doch nicht ihre Arbeit verlieren deswegen, oder? Das könnte ich mir nie verzeihen!«
»Es ist gut, Jonas, dass Sie sich an mich gewandt haben. Sie haben alles richtig gemacht. Ich denke, dass ich Schwester Heide einen Besuch abstatten werde. Wir sind ein Team, und es ist eine alte Regel, dass die Qualität eines Teams stets durch das schwächste Mitglied bestimmt wird. Schwester Heide kenne ich als fantastische, zuverlässige Pflegekraft, das hat sie in den letzten Jahren bewiesen. Das wäre ja gelacht, wenn wir die Kuh nicht vom Eis bekämen!«
»Welche Kuh?«
Professor Hartwig lachte. »Das ist nur eine Redewendung!«
»Ach so! – Herr Professor?«
»Na?«
»Ich danke Ihnen recht schön!«
*
»Riechst du das?«
»Was denn?«
»Riech doch mal! Merkst du das denn nicht? Es duftet nach frischem Holz! Gibt es das Aroma eigentlich auch in Spraydosen? Das ist ja himmlisch!«
Katharina und Georg trauten ihren Augen kaum.
»So weit ist der Burski schon? Ich dachte, dass das noch Wochen und Monate dauert. Schau mal hier, die Schublade!«
Der Oberarzt zog eine Schublade vom Sideboard hervor, dann tippte er sie zart mit seinem Zeigefinger an. Geräuschlos glitt sie in ihre Ausgangsposition zurück und schloss sich endgültig mit einem dezenten ›Blubb‹.
»Das geht auch mit den Schranktüren«, behauptete Katharina und demonstrierte das sogleich.
»Atemberaubend, wirklich. Schau dir bloß die Oberflächen an. Wie sich das anfühlt!«
»Und alles ist massives richtiges Holz! Sag noch mal einer, das hätte sich nicht gelohnt!«
»Guten Morgen, Frau Doktor, Herr Doktor Hindermann!«, rief der kompakt-quadratische Herr Burski gut gelaunt. »Du passt bitte die Arbeitsplatte in der Küche ein!«, sagte er zu seinem Auszubildenden. »Das Einzige, was aus dunklem Granit ist, nicht aus Holz, wegen der Hygiene!«
»Sie sind ja wirklich schon sehr weit gekommen für die Kürze der Zeit«, sagte der Oberarzt bewundernd.
»Naja, die Auftragslage zur Zeit lässt es leider zu, dass wir uns auf dieses Projekt konzentrieren können. Sind Sie denn zufrieden mit dem, was Sie hier sehen?«
»Außerordentlich zufrieden, Herr Burski, wirklich. Was meinen Sie, wann werden Sie fertig sein?«
»Geben Sie mir noch eine Woche, Herr Doktor. Dann können Sie beide einziehen!«
»Also, erst mal ziehe nur ich ein, wie besprochen. Du behältst deine Wohnung. Aber ich hoffe, dass du zu deinem Versprechen stehst!«
»Versprechen?«
»Teppiche, Vorhänge, Geräte, Geschirr, Besteck … du weißt schon!«
»Ich habe zwei wunderbare und wirklich teure Geschirr-Sets, das eine für den Alltag, das teure für besondere Zwecke, aber nicht geschirrspülmaschinenfest!«
»Ja, ich weiß! Warum erzählst du mir das?«
»Weil es Verschwendung wäre, jetzt ein weiteres Geschirr anzuschaffen, wenn wir schon so viele haben!«
»Das ist richtig, aber ich kann doch nicht die Ravioli direkt aus der Konserve löffeln, bis du einziehst, Kathrin!«
Katharina focht mit sich einen inneren Kampf aus.
»Wir machen es so: Ich ziehe bei dir ein, behalte aber meine Wohnung noch für eine gewisse Zeit, damit ich mich im Zweifelsfall von dir zurückziehen kann. Ist dir das so recht?«
»Als Stationsärztin machst du manchmal kleine Fehler. Als Lebenspartnerin bist du perfekt!«
Sie zog eine Schnute.
»Ich mache keine ›kleinen Fehler‹. Du bist einfach nur pingelig! Und du versuchst, was zu finden!«
»Das muss ich. Dafür werde ich bezahlt! – Darf ich dich mal was fragen? Aber nicht, dass du ärgerlich wirst!«
»Wieso sollte ich ärgerlich werden? Frag mich einfach!«
»Sag mal: Hattest du mal was mit Gabriel Bernstein?«
Sie schaute ihn