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5928 STICHE: Leben mit der Dialyse
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5928 STICHE: Leben mit der Dialyse
eBook239 Seiten2 Stunden

5928 STICHE: Leben mit der Dialyse

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Über dieses E-Book

Blau war schon immer meine Lieblingsfarbe!
Und Blau war auch mein Leben, von der Kindheit bis zum jungen Erwachsenen.
Bis eines Tages ein Riss durch mein Leben zog und alles veränderte...
Die Dialyse...

Doch auch nach achtzehn Jahren an der Maschine ist mein Leben immer noch blau.
Es ist nicht mehr dieses herrliche Himmelblau von einst, aber aus Dunkelblau wurde mit der Zeit ein schönes Azurblau.
Die Farbe des Meeres...
Damit kann ich gut Leben!

Christian Paul wurde 1973 in Bad Neuenahr geboren. Nach unbeschwerten Jahren der Kindheit bekam er im Alter von 19 Jahren die schockierende Diagnose
"chronische Niereninssuffizienz".
Wie ihn wenige Jahre darauf die Dialyse fast aus der Bahn warf und er schließlich doch noch "die Kurve gekriegt" hat; warum er anderen Dialysepatienten Mut machen und deren Angehörigen und Freunden zu mehr Verständnis verhelfen will, lesen sie in seinem Autobiographischem Roman mit Sachbuchanteil,
"5928 Stiche".
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum11. Juni 2018
ISBN9783746928265
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    Buchvorschau

    5928 STICHE - Christian Paul

    Aller Anfang ist schwer oder ~ wer zu spät kommt

    April 1998

    Einige Tage nach meinem Zusammenbruch in der Firma, saß ich mit gepackter Tasche im Warte zimmer von Doktor Bert Lichter im Neuwieder Elisabeth Krankenhaus. Er war seit 1992 mein behandelnder Nephrologe (Nierenarzt) und Chefarzt der Nierenabteilung. Seit meinem letzten Besuch im September '97 haben sich die Werte extrem verschlechtert. Ich bin voller Gift! Mein Kreatinin ist auf 18,5 gestiegen, sagt der Labor bericht. Doktor Lichter hat nicht lange gefackelt, als ich ihn anrief und erklärte, was samstags auf der Arbeit geschehen war. Er wird mich ungespitzt in den Boden rammen, wenn ich gleich zu ihm rein muss.

    Heute fühlte ich mich ausgesprochen gut und ich überlegte kurz, wieder abzuhauen. Aber die Zeit, den Kopf in den Sand zu stecken, war endgültig vorbei! Der nächste Anfall könnte der Letzte sein. Mama saß neben mir. Ich schämte mich für das, was ich ihr und Papa in den vergangenen Jahren zugemutet habe. Aber jetzt wurde das Schiff endlich auf neuen Kurs gebracht. Ich hatte noch keine Lust, Mitglied im Klub 27 zu werden ...

    Ich hörte mit einem Ohr der Sekretärin beim Telefonieren zu, ohne zu ahnen, dass es dabei bereits um mich ging.

    »Nein nein --- ja das ist richtig --- der wird heute noch dialysiert! Es eilt, sagt der Chef!«

    Ich sah auf meine ungeputzten Schuhe und grübelte über meine berufliche Situation.

    Seit knapp anderthalb Jahren schuftete ich in der Elektroabteilung eines großen Warenhauses. Ganz ehrlich ...! Die Arbeit in dem Laden war die Hölle! Aber nach meiner Ausbildung zum Musikalienkaufmann war das der einzige Job, den ich fand. Es war frustrierend. Seit meiner Kindheit machte ich Musik. Musik zu machen war immer mein Traum. Als Lehrling in einem großen Fachgeschäft für Musikinstrumente verkaufte ich Klaviere, Gitarren, Geigen und worauf man sonst noch Musik machen konnte. Ich hatte täglich Kontakt zu anderen Musikern und kam meinem Ziel Stück für Stück näher. Doch nach der Lehre war Schluss. Der Verdienst war so mies; da hätte ich mich auch gleich erschießen können.

    Stattdessen verhökerte ich nun Waschmaschinen und Kaffeevollautomaten. Ich war total unglücklich, aber ich brauchte die Kohle. Ich war mir ziemlich sicher, dass dies nur eine kurze Station meiner beruflichen Laufbahn sein sollte.

    Vor einigen Wochen dann, wandelten die Verantwortlichen aus der Chefetage meinen auslaufenden Zeitvertrag endlich in die versprochene Festanstellung, mit dem von mir ersehnten Wechsel in die Verwaltung um. Dieser verdammte Zeitvertrag war der Hauptgrund, warum ich die Entscheidung ins Krankenhaus zu gehen, um mit der Dialyse zu starten, seit Monaten vor mir her schob. Nebenbei gesellte sich natürlich auch eine ordentliche Portion Angst.

    Der Autor (1975) Früh übt sich ...

    Ich hatte dem Chef damals bei meinem Bewerbungsgespräch die Nierenkrankheit natürlich nicht verheimlicht, doch das es mir mittlerweile so schlecht ging, ahnte er nicht. Hätte er davon gewusst, wäre es mit Sicherheit niemals zu meiner Übernahme gekommen. Es war ein Spiel mit dem Feuer. Dass ich damit aber mein Leben riskierte, verdrängte ich.

    ***

    Jeder Mensch treibt seine Liebhabereien sehr ernsthaft, meistens ernsthafter als seine Geschäfte. Diese weise Erkenntnis stammt nicht von mir, sondern von Herrn Goethe. So erging es auch mir. Nicht, dass ich den neuen Job in der Verwaltung nicht ernst genommen hätte; ich machte ihn gerne und ich machte ihn gut. Aber mein ganzes Herzblut steckte in meiner Nebenbeschäftigung als Lichttechniker in einer kleinen Firma für Veranstaltungstechnik. So oft mein Job und später die Dialyse es zuließen, fuhr ich mit Hans, Rainer, HIGHTOWER und Lars durch die Lande, um Konzerte jeglicher Art, Theater, Messen, Modeschauen; eben überall dort, wo Licht- und Tontechnik von Nöten war, um die Protagonisten ins rechte Licht zu setzen. Neben unzähligen Amateur- und TOP-40-Bands fanden sich aber auch einige bekanntere Namen. Darunter Atze Schröder, Herbert Knebel, Jürgen Drews, Höhner, BAP, Status Quo, Manfred Manns Earth Band, SAGA, die Neunzigerjahre Boyband Touche` und viele mehr. Gerne hätte ich das hauptberuflich gemacht.

    Doch die Dialyse hinderte mich einmal mehr, meinen Traumberuf, auszuüben. Die vielen Reisen machten das schlicht unmöglich.

    Zusätzlich engagierte ich mich für junge Nachwuchsbands und schaffte ihnen Auftrittsmöglichkeiten. Allen voran für die Jungs der Grunge-Rockband DIE-TEX. Zu Sascha, Horst, Heino, Stefan, Markus und Martin hatte ich auf Anhieb ein besonderes Verhältnis. Und das lag nicht nur an dem Bier, das ich bei meinem ersten Besuch in ihrem Proberaum mitgebracht hatte. Als ich sie das erste Mal auf der Bühne erlebte, war ich wie elektrisiert! Ich war fasziniert von ihrem GROOVE und der Präzision mit der sie spielten. Für eine Garagenband gar nicht übel. Kurz darauf übernahm ich das

    Management und versuchte, die Band, mit allen Mitteln, in der Region bekannt zu machen.

    ***

    Diese und tausend andere Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, während ich unruhig auf meinem Stuhl hin und her rutschte und auf den Doktor wartete. Werde ich das alles aufgeben müssen? Die Dialyse wird verdammt viel Zeit beanspruchen. Und ich wollte und musste natürlich auch weiterhin Vollzeit arbeiten!

    Nur eines war klar: Heute begann für mich ein anderes Leben. Ein Leben mit der Dialyse. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als sich die Tür zum Wartezimmer öffnete.

    »Herr Paul, bitte ...«

    Was ist Dialyse?

    Die Dialyse ist eine künstliche Blutwäsche, die das Blut von giftigen Stoffen reinigt. Der Körper produziert täglich viele giftige Stoffwechselprodukte, die normalerweise über die Nieren mit dem Harn ausgeschieden werden.

    Zu diesen sogenannten harnpflichtigen Substanzen zählen beispielsweise der Harnstoff, die Harnsäure, das Kreatinin und viele mehr. Sind die Nieren aufgrund eines akuten oder chronischen Schadens (akute oder chronische Niereninsuffizienz) nicht in der Lage, diese Stoffe ausreichend auszuscheiden, sammeln sie sich im Körper an, was innerhalb weniger Tage lebensbedrohlich werden kann.

    Um eine effiziente Blutwäsche betreiben zu können, müssen dem Körper in kurzer Zeit große Mengen Blut abgenommen werden, um es ihm dann gereinigt wieder zu zuführen. Aber die Blutgefäße sind entweder schlecht zugänglich (Arterien) oder haben einen zu geringen Druck (Venen) und eignen sich daher nicht für die Dialyse. Aus diesem Grund wird bei einer langfristigen Dialyse ein spezieller Gefäßzugang zwischen Arterie und Vene angelegt. Der sogenannte Dialyse-Shunt (Schant). Hierbei handelt es sich um eine chirurgische Kurzschlussverbindung.

    Das Blut der Arterie fließt dann mit ungewohnt hohem Druck in die Vene. In Anpassung daran erweitert sich die Vene mit der Zeit und bekommt eine dickere Wand. Nun kann sie regelmäßig punktiert werden. Der Shunt wird in der Regel am weniger genutzten Unterarm (also beim Rechtshänder, der linke) gesetzt.

    Stunde der Wahrheit oder ~ ein schöner Tag im Herbst

    September 1997

    Die Wucht seiner Worte traf mich wie ein Schlag. Kopfkino setzte ein.

    »CHRISTIAN!« --- »Hörst du mir zu?«

    Seine Stimme wurde deutlich lauter.

    »Du MUSST jetzt einen Termin mit Doktor Römer, dem Shunt-Chirurgen machen! Es führt kein Weg mehr daran vorbei. Du bleibst am besten gleich hier! Es eilt!«

    Immer wenn Doktor Lichter ernst wurde, duzte er mich. Dann wusste ich, es wird unangenehm.

    »220 zu 110«, murmelte er kopfschüttelnd und lies die Luft aus der Manschette ab.

    Mittlerweile, nachdem ich fast ein ganzes Jahr nicht mehr in seiner Praxis zu den Laborkontrollen erschienen war, hatten sich die Werte gravierend verschlechtert. Mein Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend. Die Anfälle häuften sich und hielten von Mal zu Mal länger an. Aber ich musste noch einige Monate durchhalten. Ich verdrängte die Krankheit komplett aus meinem Leben. Hatte keinen Bock auf Bad News...!

    Der Alkohol spielte eine immer größere Rolle. Das wärmende Gefühl eines gut abgestimmten Rausches ließ mich den Tanz auf dem Vulkan vergessen. Wenn ich trank, ließ ich die Medikamente, die mir helfen sollten, immer öfter weg. Eine Handvoll Pillen verträgt sich nicht gut mit 5 bis 6 doppelten Whiskys!

    Von meiner Erkrankung, wussten nur wenige Freunde. Ich ließ meine Familie und Bekannte im Unklaren. Ich blockte alle Fragen ab und flüchtete vor jeder Diskussion. Meine Eltern wurden halb verrückt in dieser Zeit.

    Mein Hausarzt Doktor Steinberg, der natürlich über alle Laborwerte informiert war, sprach irgendwann meine Mutter beim Einkaufen an. Sie kennen sich aus der Schule. Deswegen hat er es wohl auch mit dem Arztgeheimnis nicht so genau genommen!

    »Ihr müsst auf euren Sohn einwirken, Maria«, hat er gesagt. »Das er endlich die Dialyse macht! Sonst kann er sich bald die Radieschen von unten angucken!«

    Damals wohnte ich noch bei meinen Eltern. Du kannst dir vorstellen, dass diese Zeit nicht immer einfach war. Für alle Beteiligten ...

    Warum ich so lange nicht bei ihm war, fuhr er mich noch mal an. Ich erschrak und wachte auf aus meinem schlechten Film. Ich blieb stumm und starrte blöde auf die Wanduhr. Fast Mittag. Ich hatte noch nichts gefrühstückt. Mein Magen meldete sich.

    Lichter rief irgendwas der Sekretärin zu, die hektisch in irgendwelchen Papieren kramte. In dem Stifthalter auf seinem Schreibtisch steckt eine dicke Dialysekanüle. Die benutzt er als Anschauungsmaterial, wenn er den Patienten den unangenehmen Teil der Prozedur erklärt. Wenn du glaubst, dass diese Nadeln die gleiche Größe haben wie die, die fast jeder vom Blut abnehmen kennt, irrst du dich aber gewaltig. Stricknadeln kommen der Sache schon näher!

    Immerhin müssen um die 350 Milliliter Blut in der Minute durchlaufen. Das verlangt nach einem gewissen Querschnitt.

    Die Sekretärin rannte hin und her. Er telefonierte. Doktor Lichter mag Schiffe. Segelschiffe. Das nehme ich jedenfalls an. Seine Praxis hängt voll mit Malereien alter Windjammer auf schwerer See. Die stolzen Schiffe, die Schwierigkeiten haben im Sturm ihren Kurs zu halten, machen mir meine eigene missliche Lage bewusst. Ich steuere ebenfalls auf schwerer See geradewegs auf einen Eisberg zu und bin unfähig, das Ruder herumzureißen. Ich sehe in Gedanken die Textzeilen eines Liedes meiner Lieblingsband Element of Crime und summte leise die Melodie dazu. In dem Titel heißt es:

    Schwere See, schwere See, mein Herz

    jetzt wirst auch du ganz blass.

    Und du krallst dich in die Reling

    Dein Blick ist starr und deine Augen matt.

    Wer's einmal hat, dem geht es nie mehr aus den

    Knochen raus. Krall dich an mich und danke,

    dass du mir vertraust.

    Ich will dein fester Boden sein

    Obwohl ich selber schwanke ...

    »Ich kann das nicht«, flüsterte ich.

    »Noch nicht! Noch nicht jetzt! Da muss es doch noch Möglichkeiten geben! Geben sie mir mehr Tabletten! Ich verspreche auch sie regelmäßig zu nehmen! Ich mache eine Diät! Ich lass den Alkohol weg! Alles! Nur bitte DAS noch nicht!!!!«

    Alles was ich in den letzten Jahren hätte tun oder lassen sollen, wollte ich jetzt auf einen Schlag ändern. Aber dazu war es nun zu spät. Und ich wusste es ...

    Doktor Lichter schielte über seine Brille und dachte wohl, dass er sich verhört hatte. Er sprach von meinen miesen Laborergebnissen. Vom Kreatinin, das bei 18,5 lag, und das die Gefahr bestünde, das ich jetzt jederzeit in ein Koma fallen, einen Herzinfarkt erleiden oder anderweitig zu Tode kommen könnte. Mögliche Ursachen gab es nun mehr als genug! Ich streifte die Blutdruckmanschette ab und zog mein Hemd an.

    »Ich bleibe nicht hier«, erwiderte ich. »Ich muss erst noch mal nach Hause ...!«

    Das Wochenende ließ er mir noch. Aber Montag sollte ich gefälligst auf der Matte stehen! Ich nahm meine Sachen und ging. Ob ich noch was zu ihm gesagt habe, weiß ich nicht mehr.

    Natürlich ging ich montags nicht zu ihm ...

    Nach dem ersten Schock nahm ich meinen lebensbedrohlichen Zustand immer noch nicht als real wahr. Ich hatte noch immer die Hoffnung, der Sachverhalt könne durch irgendein Ereignis doch noch positiver für mich ausfallen. Insgeheim hoffte ich auf ein Wunder. Das Wunder kam aber nicht! Ich verzweifelte. In dieser Zeit befand ich mich einen halben Schritt vom Abgrund entfernt und wurde zum einsamsten Menschen der Welt.

    Meine selbstzerstörerische Lebensweise übertrug sich schließlich auch nach außen.

    Trotz meiner panischen Angst vor sozialer Ausgrenzung, stieß ich, ganz bewusst, vielen Menschen, die es gut mit mir meinten, vor den Kopf.

    Ich redete mir ein, es sei besser, jetzt sofort Beziehungen und Freundschaften zu beenden, die später unter der Belastung der Krankheit sowieso nicht standhalten würden. Viel zu viele entmutigende Beispiele von allein gelassenen und verbitterten Dialysepatienten hatte ich während der Klinikaufenthalte der letzten Jahre kennenlernen müssen. So wie die wollte ich nie werden. Und vor noch etwas hatte ich große Angst. Mitleid ...

    Und so schob ich die wichtigste Entscheidung in meinem Leben weiter und immer weiter vor mir her und machte gute Mine zum bösen Spiel, bis es mich einige Monate später fast das Leben gekostet hätte. Doktor Lichter nannte es kürzlich, als wir für das Buch über diese Zeit sprachen, treffenderweise Russisches Roulette.

    Im November 1997 begleitete ich meine Freunde von DIE-TEX zu den Aufnahmen ihrer ersten CD DANGEROUS MINDS in ein Tonstudio. Da ging es mir schon ziemlich dreckig. Ich wollte das aber unter keinen Umständen verpassen! Die Tage mit den Jungs im Studio gehören zu den wichtigsten und schönsten Erlebnissen in meinem Leben.

    Die Arbeit in der Firma wurde für mich immer anstrengender. Man reduzierte in allen Abteilungen Personal. Und weil das ja trotzdem prächtig funktionierte, packte man zum Dank weitere Aufgabenbereiche oben drauf! Aber es galt durchzuhalten und biss die Zähne zusammen.

    Langsam begann ich damit meine Freunde um ihre Luxus-Probleme zu beneiden. Ich war noch jung und hatte nur diesen einen unerfüllbaren Wunsch! Ich wollte verdammt noch mal frei und gesund sein!!!

    ***

    Ich musste hier raus. Raus aus Lichters Praxis; raus aus dem Krankenhaus. An der frischen Luft setzte ich mich erst mal auf eine Bank und atmete tief durch. Es war ein schöner Tag im Herbst. Einer von denen, wo man sich noch mal über die wärmende Sonne auf der Haut freut, weil man weiß, dass es bald damit vorbei sein wird. Als ich heute Morgen das Haus verließ, nahm ich eine Jacke mit. Die ersten kalten Septembernächte hinterließen schon mit Raureif geschmückte Wiesen. Aber jetzt, in der wärmenden Mittagssonne, hatte ich sie locker über die linke Schulter gelegt.

    »Dialyse ..., Dialyse ...« ---

    Ich murmelte das Wort einige Male vor mich her und suchte den Sinn dahinter. Ich fand ihn nicht. Ich begann nach Antworten zu suchen, auf die ich gar keine Fragen hatte. Glaubte ich wirklich, ich könnte mich auf leisen Sohlen vor der Krankheit davon schleichen? Tausend Dinge, die ich über diese Hölle in den letzten Jahren gehört hatte, schwirrten mir jetzt durch den Kopf. Und machten mir große Angst …

    Ab wann wurdest du dialysepflichtig?

    Eine chronische Niereninsuffizienz führt letztlich immer zur Dialyse. Wird die Krankheit aber frühzeitig erkannt und behandelt, lässt sich die maschinelle Blutwäsche hinauszögern. Der größte Risikofaktor ist der Bluthochdruck. Leider treten Beschwerden erst in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium auf. In meinem Fall dauerte es von der Diagnose Niereninsuffizienz bis zum Dialysebeginn gut fünf Jahre. Die feinporigen Membranen meiner Nierenfilter gingen ganz allmählich zugrunde, bis sie dann irgendwann ganz ihren Dienst quittierten. Stell dir eine Obstschale mit Weintrauben vor. Jedes Mal wenn du daran vorbei gehst,

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