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SASHUNA
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eBook445 Seiten6 Stunden

SASHUNA

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Über dieses E-Book

Dirk erwacht in einer fremden, aber dennoch in vielen Dingen seltsam vertrauten Welt. Nur die Hilfe seiner sich andienenden Sklaven bewahrt ihn davor, als der "mächtige Herrscher in Strapsen" in die Analen einzugehen. Und letztlich mit einer gehörigen Portion Glück auch die ihm von seinem Vorgänger zugedachte Bestimmung zu erfüllen: Die Befreiung der grausam gefolterten Sashuna aus den Fängen des gescheiterten Käsehändlers Bjorn. Dieser hatte sich mit Verrat und heimtücken Morden als begabter Populist zum Alleinherrscher der weißen Stadt aufgeschwungen. Um die Frauen des Waldes zu unterjochen, ließ er die Tochter der Heilerin Althea entführen. Womit er nicht gerechnet hatte, war deren Jugendliebe zu Linus. Dieser Sklave nimmt sich Dirk als Lehrer an und leitet ihn schließlich so auf dessen Weg, eine völlig neue Gesellschaft zur Freude des Bibliothekars zu schreiben.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum25. Juni 2020
ISBN9783982197692
SASHUNA

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    Buchvorschau

    SASHUNA - Dirk Sands

    SASHUNA

    Dirk Sands

    WIDMUNG

    Das Bibliothekar widmet dieses Buch den drei Frauen, welche es ermöglichten. Der Ersten, welche den Reisenden gut versorgt auf seinen Weg schickte. Der Zweiten, welche den Reisenden in den tiefsten Abgrund seiner Seele getrieben hat. Und der Dritten, welche seinen Reisebericht lesen will, aber noch sieben Jahre warten muss, bis sie ihn lesen darf.

    Copyright © 2020 Dirk Sands

    Alle Rechte vorbehalten.

    ISBN: 978-3-9821976-9-2

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    Kapitelverzeichnis

    Erwachen

    Am Lagerfeuer mit dem LAN

    Smartphone, mein Home Stone

    Lehrstunde für den Trainer

    Die rotbraune Blondi ergraut

    Nachschlag bitte

    Alles, was Recht ist

    Der Vergewaltigungs-Sack

    Circus, das Buch des Werner

    Ritterin Luna

    Das Haus des Dirk im Wald

    Rebellion

    Peitschentanz

    Kalte Dusche

    Kompromiss

    Luna, so ein Luder

    capture dance

    Ein neuer Ritter für Wiki

    Kodex der Kriegerinnen

    Das Haus von Nadezhda

    Das Bibliothekar

    Bis zur Erlösung dauert es Längstens drei Tage

    Petgirls, die Raubkatzen im Circus

    Sandals sind keine High Heels

    Teeerapp, Gaalopp, Scheeritt, Steeh!

    Ballett

    Verschluckt

    Das Gefängnis der Krieger

    Vom gescheiterten Käse-Händler zu Alleinherrscher

    Ultimatum

    Whip dance im Ratssaal

    Unterwelten

    Kalt und heiß

    Sashunas Geist

    Untersuchung, heiß gewachst

    Geficktes Dreckstück

    Unbeugsame Schlampe

    Männliches Gift

    Gekreuzte Schwerter für den Folterer Badger

    Wirklich Vater zu sein, wird schmerzlich schwer

    Die Tantrum

    Brandzeichen oder Knutschfleck

    Besatzer

    Sag August zu mir

    We are the champions

    Diiirk

    Ein neues Gesetz für alle

    Erwachen

    Ein feucht-warmer Luftzug in meinem Gesicht ließ mich erwachen. Es war der Atem eines riesigen Tieres. Leicht schräge Kopfform, stechend blickende Schlitzaugen, allein sein Kopf war fast so groß wie ich. Der Schreck über diesen Anblick ließ mich sofort hellwach werden. Was war das für ein Vieh und wo überhaupt, war ich hier? Als das Tier bemerkte, dass ich wach war, hielt es kurz inne. Dann setzte es erneut an, mich ausgiebig zu beschnuppern. Ich streckte ihm langsam den Rücken meiner leicht zur Faust gekrümmten linken Hand entgegen. Ganz in der Art wie man es auch mit Hunden macht, wenn man ihnen begegnet. Nur dass ich mich nicht in die Knie begeben musste, um nicht bedrohlich zu wirken. Einerseits war ich just auf dem Boden liegend erwacht. Andererseits war dieses Tier selbst deutlich größer als ich. Sein Maul hätte mit einem Happs meinen ganzen Arm verschlingen können.

    Zunächst fletschte das Tier die Zähne. Mächtige Reißzähne! Dann schien es die einladende Geste zu verstehen. Es reckte seine Nase meiner Hand entgegen und unsere Blicke trafen sich. Trotz seiner beängstigenden Erscheinung machte es mir nicht den Eindruck, aggressiv zu sein. Es wirke eher neugierig, vielleicht etwas traurig. Mich beschlich das Gefühl, es war genauso verunsichert wie ich. Daher vermied ich schnelle Bewegungen, als ich mich langsam aufrichtete.

    Das Geräusch eines Astes, der mit zwei kurz aufeinander folgenden Knacken laut brach, ließ uns beide zusammenzucken. Gleichzeitig wendeten wir unseren Blick in die Richtung, aus welcher es kam. Ich konnte in dem lichten Wald nichts erkennen, was das Geräusch verursacht hat. Allerdings war das Unterholz, welches eher wie großer Farn aussah, auch fast so hoch wie ich und verdeckte die Sicht auf den Boden. Das Tier zog seinen Kopf ein und bewegte sich recht leise, einer Eidechse nicht ganz unähnlich, in Richtung eines großen Felsbrockens, welcher sich hinter mir befand. Wie es so leichtfüßig und leise an mir vorbei glitt, bemerkte ich, dass es ein Sechs-Füßer war. Was ist das? Wo bin ich hier? Noch bevor ich diese Gedanken zu Ende bringen konnte, schoss mir ein weiterer durch den Kopf: Wenn sogar ein so riesiges Vieh hinter dem Felsen in Deckung geht, wäre es vielleicht gar keine schlechte Idee, es ihm gleich zu tun!

    Bemüht möglichst leise zu gehen, begab auch ich mich hinter den Felsbrocken. Das Tier hatte sich dahinter gelegt, den riesigen Kopf flach auf die Erde gepresst, offenbar bemüht, möglichst nicht bemerkt zu werden. In dieser liegenden Haltung war das eben noch so bedrohlich erscheinende, riesige Vieh jetzt nur noch halb so hoch wie ich. Allerdings bemerkte ich nun auch, dass es von der Nase bis zum Schwanzende gut vier Meter lang war. So schnell wie es eben an mir vorbeigeglitten war, hätte ich es nur auf die halbe Länge geschätzt. Was ich eben auch nicht gesehen hatte, waren seine bestimmt 15 Zentimeter langen, kräftigen Krallen.

    Wir sahen uns erneut in die Augen. Tiere wie Menschen haben in Todesangst den gleichen unverwechselbaren Blick. Ich kannte das aus einem früheren Leben als Soldat, das ich eigentlich hinter mir gelassen glaubte. Manche Dinge brennen sich in Gedächtnis, egal wie viel Zeit vergeht. Jetzt half mir der gleiche Instinkt von damals, nicht in Panik oder gar Schreckstarre zu verfallen. Dem Biest fehlte offenbar diese Erfahrung. Was sollte ich jetzt noch fürchten? Ich wusste gar nicht, was „uns beide" jagte. Ja nicht einmal, ob uns überhaupt irgendwer oder irgendwas jagte. Ich hatte etwas knacken gehört. Ja, so was soll im Wald schon mal vorkommen.

    Der Sleen, so nennen die Einheimischen dieses Tier, wie ich später erfuhr, hatte aber noch immer vor irgendetwas Angst. Vor mir jedenfalls nicht, denn es zog seine Krallen ein, als es mich ruhig vor ihm stehend sah. Das wiederum ließ mich entspannter werden. So dass ich nun auch irgendwie Mitleid mit dieser panisch vor mir kauernden Kreatur bekam. Ohne näher darüber nachzudenken ging ich seitlich auf sie zu. Sein auf dem Boden liegender Kopf ging mir bis zur Hüfte.

    Was für ein mächtiges Tier, dachte ich. Dennoch vermied ich es, ihm über den Kopf zu streichen, denn ich war - jetzt so vor ihm stehend – größer. Auf Hunde wirkt so etwas bedrohlich und manche beißen unvermittelt, wenn sich die Hand von oben zu ihrem Kopf bewegt. Also ließ ich meinen Arm seitlich am Kopf vorbei gleiten, um es leicht kraulend zu beruhigen. Was auch gelang, denn ich sah, wie langsam die Anspannung aus seinem Körper wich und es die Streicheleinheiten zu genießen schien.

    Entspannt ist mir dieses riesige Vieh deutlich lieber, als wenn es die Zähne fletscht, dachte ich mit leichtem Galgenhumor. Also kraulte ich es weiter und spürte auf einmal etwas Festes in seinem Fell. Es trug ein Halsband. Ein domestiziertes Tier also. Meine bis dahin eher gespielte Ruhe ging ein Stück weit in echte Entspannung über. Haustiere, so gefährlich manche auch sein können, greifen eher keine Menschen an. Wie zur Bestätigung meiner Gedanken ließ der Sleen ein kurzes, sanftes Schnauben vernehmen.

    „Oha, für ein Schmusekätzchen bist Du aber deutlich zu groß geraten", sagte ich zu ihm, wohl wissend, dass es meine Sprache eher nicht verstehen würde.

    Mein Kopf fand nun auch endlich Gelegenheit, über diese gesamte Situation hier etwa zu reflektieren. Wo bin ich? Oder in welchem Zeitalter bin ich? Das vor mir liegende Tier ähnelte in der flachen Haltung auf dem Boden einer Ratte oder Maus. Mit seinen geschätzt 800 Kilo allerdings eher einer, im Riesensaurier-Format. So große Mäuse gab es nie! Also bin ich wohl in einer fernen Zukunft. Aber so einen langen Schlaf hätte ich sicher nicht überlebt. Wie spät ist es eigentlich? Ich griff nach meinem Handy, um wenigstens die Uhrzeit herauszufinden. Es war kurz nach 3 Uhr in der Nacht. Laut meinem Handy. Ringsherum war aber heller lichter Tag. Also werde ich wohl auf einem anderen Planeten gelandet sein…

    Was kommen einem nach Schock-Erlebnissen, wie ich gerade eins gehabt hatte, doch für schräge Ideen in den Sinn. Aber war nicht das Schrägste an der Sache, dass ich gerade meinen ersten Sleen gesehen hatte und es jetzt wie selbstverständlich kraulte? Ich war wohl noch immer in einem Schock-Zustand. Ich sollte etwas Abstand nehmen. Vielleicht auch von diesem riesigen Tier, dass ich nicht kannte und dessen Verhalten ich daher kaum sicher einschätzen konnte. Vielleicht kommt in dieser Welt mit ihren sechsbeinigen Monstermäusen ja die Beute zum Raubtier und krault es erst noch ein wenig, bevor sie gefressen wird. Ich beschloss, nun doch etwas Abstand zu nehmen, um die Situation zu analysieren.

    Fraglich war nur, ob dieses mir noch unbekannte Raubtier mich so einfach ziehen lassen würde. Ich versuchte das Tier dadurch auf mein Weggehen einzustimmen, dass ich nun begann meinen Arm ein paar längere Striche durch sein Fell ziehen zu lassen. Seine Augen richteten sich zu mir. Es hatte den Unterschied bemerkt! Blieb aber weiter liegen und machte auch sonst keine Anzeichen, mich im nächsten Moment zu fressen. Also wagte ich es, ihm den Rücken zuzuwenden und ging ruhigen Schrittes in Richtung einer kleinen Lichtung, welche ich weiter hinter dem Felsen erblickt zu haben glaubte. Ich war keine zehn Meter weit gekommen, da hörte ich, wie der Farm sich bewegte, auf dem der Sleen gerade noch so ruhig lag. Gelassenheit vorspielend wendet ich mich ihm zu. Er hatte sich aufgerichtet und den Kopf in meine Richtung geneigt. „Was ist, du Riesen-Mäuschen" fragte ich in seine Richtung. Es wollte wohl nicht antworten. Aber es drehte den Kopf leicht zu Seite und machte dann einen kleinen Satz nach vorn. So wie es Katzen tun, wenn sie mit ihrer Beute spielen, bevor sie diese fressen.

    Vielleicht hätte ich es nicht „Mäuschen nennen sollen? „Dann hol dir deine Maus!, entfuhr es mir in leicht resignierend klingendem Tonfall. Denn ich war sicher, dass dieses riesige Raubtier nun zum Finale ansetzt. Doch der Sleen begann ganz ruhig auf mich zuzugehen. Mit dem Mut der Verzweiflung drehte ich ihm wieder den Rücken zu und ging weiter meines Weges. Der Sleen schloss zu mir auf und trottete neben mir her. „Nah dann bis du jetzt halt die Maus", sagte ich zu ihm. Er wendet kurz den Kopf zu mir und trotte weiter.

    Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass mein neuer Weggefährte ein abgerichteter Sleen war. Ebenso wenig wusste ich, dass die Trainer in dieser Welt mit jedem Tier eigene Worte für verschiedene Kommandos verwenden. Der frühere Besitzer meines Sleen hatte sich für das Kommando „Bei Fuß ein sehr seltsames ausgedacht: „Maus!

    Am Lagerfeuer mit dem LAN

    Mit dem Sleen an meiner Seite näherten wir uns der vermeintlichen Waldlichtung, welche ich vorhin in einiger Entfernung, glaubte, gesehen zu haben. Es stellte sich heraus, dass es eher eine größere Aue war, durch welche sich ein kleiner Fluss schlängelte. Der Sleen zögerte, aus der Deckung des Waldes heraus zu treten. „Komm Maus!", ermunterte ich ihn. Es machte mir fast Spaß, dieses riesige Raubtier so zu nennen. Es nahm ihm etwas vom Schrecken seiner mächtigen Erscheinung. Und prompt setze es sich in Bewegung. Ich war froh darüber und lächelte.

    So furchteinflößend es wirkte, war es in seinem jetzt offenbar auf mich fixiertem Verhalten in der kurzen Zeit doch schon fast zu einem Vertrauten geworden. Den hatte ich auch definitiv nötig! Denn irgendwie sah dieser Wald zwar dem Birkenwäldchen ziemlich ähnlich, in welchem ich als Kind immer gern gespielt hatte. Aber die „Birken" hier hatten Dornen. Ihre vertraut in schwarz/weiß gemusterten Stämme wirkten eher wie überdimensionierte Zweige von Rosen-Sträuchern. Der Farn hatte auch nicht die gewohnt hellgrüne Farbe, sondern eher ein helles Braun. Alles war ähnlich, aber halt doch irgendwie anders. Hier musste ich mich erst zurechtfinden. Mein Gefährte indes, gehörte in diese Welt und wird mich schon vor Gefahren warnen. Hoffte ich zumindest.

    Wie wir so durchs flache Gras auf den Fluss zu schlenderten, bemerkte ich, dass der Sleen von Zeit zu Zeit seine Nasenspitze etwas erhob und wie ein Hund nach irgendetwas zu schnuppern schien. „Was ist los?, fragte ich, natürlich keine Antwort erwartend. Doch der Sleen machte ein Geräusch, das wie „Werwer klang. Hatte er mich verstanden? Ich fragte erneut. Es grunzte erneut, aber nachdrücklicher klingend, dieses „Werwer. Verdutzt blieb ich stehen. Der Sleen stoppte ebenfalls seinen Lauf und begann mit seiner Nasenspitze in einem Winkel von etwa 20 Grad in eine Richtung zu schnuppern. „Was soll‘s sagte ich leise zu mir. Vielleicht versteht er mich ja doch? Probieren wir es. „Such!" Sofort machte der Sleen einen Satz in die Richtung, in welche er gerade noch seine Nase gereckt hatte. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit schlängelte er sich durchs für ihn etwa kniehohe grüne Grass, welches hier anstatt der Farne wuchs, durch die wir im Wald gegangen waren. Nach etwa 200 Metern blieb der Sleen stehen, senkte seine Schnauze und schien dann irgendetwas zu umkreisen. Ich folgte ihm zu der Stelle.

    Etwa in Höhe seiner Kreisbahn angekommen, sah ich, was das Tier gefunden hatte: eine rote Decke. Sie lag im trockenen Kiesbett des schmalen Flusses, welcher hier einen Bogen machte. Der Sleen wandte seinen Kopf in meine Richtung und ließ wieder „Werwer vernehmen. Gefolgt von einem tiefen schnauben, das auf mich wie eine Mischung aus Erleichterung und Trauer klang. Dann nahm er – sehr vorsichtig – da Tuch an einer Ecke mit seinen mächtigen Reißzähnen, ging langsam auf mich zu und streifte es über mich. Ich hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte. Angesichts des mächtigen Tieres und dieser bestimmte 20 Zentimeter langen Zähne, welche den Stoff gerade über meinen Kopf zogen, ergriff mich doch wieder ein Anflug von Angst. Das Tier schien es zu wittern. Seine mächtige Schnauze an meinem Kopf, ließ es ein bedrohliches Knurren vernehmen. Direkt gefolgt von dem mir schon bekannten, aber viel freundlicher klingenden, „Werwer. Was sollte ich tun? Hätte es mich töten wollen, gab es dazu schon reichlich Gelegenheit. Dazu musste es mir sicher nicht erst eine rote Decke über den Kopf ziehen. „Okay, dann mach du mal", sagte ich gelassen der Dinge harrend, welche jetzt passieren.

    Der Sleen hatte mir das rote Tuch über den Kopf gezogen und schien sich nun abgewandt zu haben. Jedenfalls folgerte ich das auch dem sanft knisternden Geräusch des Kieses, welcher unter dem Gewicht der Schritte des sich offenbar entfernenden Tieres nachgab. Leise knirschend. Sehen konnte ich nichts, wie ich da so mitten in dieser schönen grünen Auen-Landschaft herumstand, ein großes rotes Tuch über mir, das mich von Kopf bis zu den Knien einhüllte. Da der Sleen sich offenbar entfernt hatte, wagte ich nun doch, das Tuch zumindest vom Kopf zu streifen. Vorsichtshalber wollte ich ihn aber nicht zu sehr reizen. Also legte ich es ähnlich einer römischen Toga über meine Schulter. Der Sleen war inzwischen zu dem kleinen Fluss gegangen und trank. Jetzt streckte er seinen Kopf zu mir, grunzte erneut „Werwer" und trank dann gelassen weiter.

    Gut, dachte ich mir, wir scheinen einen Weg gefunden zu haben, miteinander auszukommen. Und wenn ich mir dafür nur ein Stück roten Stoff überwerfen muss, umso besser. Gleichzeitig verspürte ich auch etwas Durst. Wenn das Tier aus dem Fluss trinken kann, sollte dieses Wasser hier genießbar sein. Ruhig ging ich in Richtung des Sleens, um auch etwas von dem kühlen Nass zu mir zu nehmen. Der Fluss schlängelte sich hier in einer eher engen Kurve um das Kiesbett herum. Der Sleen nahm fast die gesamte Spitze der Biegung mit seinem massigen Körper ein. „He, mach dich mal nicht so breit, flachste ich. Er hatte mich gehört, denn seine Ohren neigten sich in meine Richtung. „Ja, mach etwas Platz sagte ich, nicht erwartend, dass er mich wirklich verstehen würde. Doch der Sleen hörte auf zu trinken, wich etwas zurück vom Wasser und legte sich hin. Braves Hündchen, dachte ich. Sogleich über die Absurdität dieses Gedankens erheitert. Doch ich hatte Durst und er machte mir den Weg zum Wasser frei. Also kniete ich nieder und trank. Es war köstliches Wasser! Manche Leute behaupten ja, Wasser wäre ein geschmackloses Getränk. Sie hatten sicher noch nie so ein klares Wasser genossen wie ich gerade. Ohnehin schien mir die Natur hier sehr unbelastet zu sein. Die Luft war so klar wie das Wasser. Sogar das Laufen in dieser Landschaft erschien mir leichter, beschwingter. Wären da nicht diese Kreaturen wie der Sleen an meiner Seite, es könnte sich anfühlen wie in einem sehr entspannendem Urlaubs-Paradies.

    Mein Durst war gestillt. Ich ging wieder zurück und setzte mich etwa an die Stelle, wo wir gerade das Tuch gefunden hatten. Der Sleen richtete sich wieder auf, trank noch etwas. Stand dann einfach so am Wasser herum, atmete tief und schien ebenfalls die Ruhe und natürliche Schönheit des Ortes zu genießen. „Tja, Maus, und was machen wir nun?" Der Sleen schien wirklich auf meine Worte zu hören. Jedenfalls wandte er sich mir zu, ging flugs um mich herum und legte sich zu meiner Rechten nieder. Es belustigte mich, dass so ein riesen Raubtier aufs Wort zu hören schien. Aber vielleicht war es ja auch nur ein ebenso einsamer Geist wie ich, den es unvermittelt in diese wunderschöne Landschaft verschlagen hatte? Ein Gefühl von gemeinsamem Schicksal mit dem Sleen ergriff mich. Wie zum eigenen Trost begann ich erneut, seinen Hals zu kraulen. Das Tier schien es zu mögen.

    Ruhig, friedlich, warm, sauberes Wasser… was sollte man mehr verlangen können von einer fremden Welt? Na ja, etwas zu essen wäre vielleicht nicht schlecht. Früchte hatte ich noch nirgends gesehen. Ohnehin wüsste ich nicht, ob sie nicht giftig sind. Glücklicherweise bin ich kein Veganer. Saftig gebratenes Fleisch ist sicherer genießbar. So ein leckerer Lachs aus dem Wasser, langsam über dem Lagerfeuer gegrillt… ja, das würde ich mir jetzt schmecken lassen. „Kannst Du uns nicht nen leckeren Lachs fangen?, seufzte ich zum Sleen. Der schien mich zu ignorieren. Also redete ich weiter vor mich hin. „Du weißt schon, was zu futtern. Nach deinem Gebiss zu urteilen, bist du ganz sicher auch ein Fleischfresser! Ein richtiger Jäger. Wie du das Tuch aus so großer Entfernung gewittert hast, findest du garantiert auch lecker Nahrung. Ich hielt kurz inne. Stimmt, der Sleen war hier nicht zufällig geradewegs zu dem roten Tuch gelaufen. Er hatte die Witterung aufgenommen und es dann umkreist. Was auch immer ihn daran interessierte, es zu finden und mir über zu werfen. Er hatte es aus mehr als 200 Metern gerochen.

    „Tja, mein Großer, an Kleidung mangelte es mir ja nicht. Doch wenn es dir gefällt, dann lasse ich es halt an. Aber vielleicht könntest du jetzt mal etwas fangen, was gegen den Hunger hilft? Ich sah, wie sich seine Augen und Ohren aufmerksam zu mir richteten. „Ja, genau, du hast mich schon richtig verstanden, lästerte ich weiter vor mich hin. Leicht übermütig - mit einer in die Weite der Landschaft richteten Armbewegung - formulierte ich kommandoartig: „Fang, fass!" Der Anflug eines Lächelns auf meinem Gesicht wich schlagartig einem heftigen Erschrecken! Noch bevor ich begreifen konnte, was ich da gesagt hatte, war der Sleen aufgesprungen. Er verschwand - sich schnell durchs Grasland in Richtung des Waldes schlängelnd - in der langsam einsetzenden Dunkelheit der Nacht.

    Waren es wirklich meine Worte, die ihn zur Jagd geschickt haben? Und wenn ja, welche? „Jagen oder „Fang oder „Fass"… Was ist, wenn ich ihn das nächste Mal versehentlich auffordere, mich zu fressen? Nun ja, es würde zumindest schnell gehen, so prompt wie er gehorcht. Mein Galgenhumor brach mal wieder durch. Und obwohl wir uns erst vor wenigen Stunden kennen gelernt hatten, vermisste ich dieses riesen Vieh jetzt schon.

    So verlassen in dieser weiten Landschaft bei anbrechender Nacht, wäre mir ein „vertrautes" Wesen sehr lieb gewesen. Schon komisch, wie schnell Menschen sogar zu Tieren eine solche Vertrautheit entwickeln, nur weil Einsamkeit nicht in unserer Natur zu liegen scheint. Vielleicht ging es dem Sleen ja ebenso? Viele Säugetiere zeigen in Gruppen das gleiche Verhalten. Sogar über Art-Grenzen hinweg. Vielleicht ging es ihm ebenso und er würde morgen als mein Beschützer in dieser fremden Welt den Weg zurück zu mir suchen? Jetzt bin ich jedenfalls erst einmal auf mich allein gestellt. Nachts wird es vermutlich auch in dieser Welt nicht nur dunkel, sondern kalt. Ich sollte versuchen, ein kleines Lagerfeuer zu machen. Nicht so groß, um ungebetenen Besuch anzulocken. Aber groß genug, um wildes, nachtaktives Getier von mir fern zu halten. Auf jeden Fall aber, um mich warm zu halten.

    Die Gräser direkt hier am Fluss standen in sattem Grün. Auf dem Weg hierhin war ich aber vorhin fast über einen verdorrten Ast gestolpert. Der Fluss schien ihn bei Hochwasser einst angespült zu haben. Er lag gar nicht so weit weg. Ich holte ihn und zu meiner freudigen Überraschung war er nicht angemodert auf dem Kiesbett, sondern knochentrocken. Noch bevor die Nacht sich endgültig über mein Lager senkte, hatte ich tatsächlich ein kleines Feuer am Brennen. Zugegeben, ich hatte dafür fast die Hälfte des Gases aus meinem Feuerzeug verbraucht. Peinlich, peinlich. Aber ich bin Programmierer, kein Überlebenskünstler, der sich im tiefsten Dschungel durchschlägt. Bei dem Gedanken stutzte ich. Warum eigentlich, habe ich nicht einfach das Navi in meinem Telefon gestartet und mir den Weg zur nächsten Straße gesucht. Ich holte mein Smartphone aus der Tasche. Kein Netz. Weder Internet noch satellitengestützte Navigation. Aber was hatte ich auch erwartet? Gestrandet auf einem fremden Planeten. Und der Akku war auch fast leer. Ein Stromanschluss aber ebenso wenig in Sicht wie sonst irgendein Anzeichen von sogenannter Zivilisation.

    Immerhin hatte ich es geschafft, das kleine Feuer zu entfachen. Allerdings sollte ich mit dem Feuerzeug ab sofort etwas sorgsamer umgehen. Zumindest bis ich gelernt habe, wie sich mit einem nutzlosen Handy eine Flamme entfachen lässt. Der Gedanke daran, wie ich verzweifelt versuche, das Smartphone als Feuerstein zu gebrauchen, erheiterte mich. „Mal sehen, ob du in ein paar Tagen immer noch drüber lachst", sprach ich fröhlich zu mir. Nicht wissend, dass dieser hier so nutzlose Klumpen Technik noch einmal zu meinem wertvollsten Besitz werden würde. Einstweilen beschloss ich aber, wenigstens den Akku zu schonen und schaltete es aus.

    Das kleine Feuer knisterte. Ich starrte in die Flammen. Es beruhigte mich, Müdigkeit beschlich mich. Dieser Tag, so kurz, aber dennoch ereignisreich, war der pure Stress gewesen. Mein Körper schrie so laut nach Schlaf, dass ich nicht einschlafen konnte. Manche Dinge sind nicht wirklich praktisch von der Natur eingerichtet, grübelte ich ironisch vor mich hin. Und schlief darüber ein.

    Es war ein unruhiger Schlaf. Normalerweise kann ich auf Reisen nicht mal in Hotel-Zimmern in der ersten Nacht wirklich gut schlafen. Geschweige denn unter freiem Himmel in einer mir völlige unbekannten Wildnis. Beim ersten Morgengrauen erwachte ich. Und erschrak. Nicht nur der Sleen war wieder da. Im Halbdunkel zeichnete sich der Umriss seines mächtigen Körpers auf der anderen Seite des Feuers gegen den Himmel ab. Zwischen ihm und dem erstaunlicherweise inzwischen gut aufgescheitetem Lagerfeuer saßen drei Menschen, die ich im schwachen Licht des Morgengrauens und geblendet vom Licht der gut lodernden Flammen kaum erkennen konnte. Meine drei Besucher hatten über die Nacht das Feuer bestens versorgt.

    Ich richtete mich auf und sah, wie die drei Gestalten aus einer knienden Haltung gleichzeitig ihre Oberkörper weit nach vorn beugten. Ihre Gesichter schienen sich fast in den Kies des Flussbettes zu graben. Die Arme steckten sie in meine Richtung, mit weit gespreizten Fingern als wollten sie ins Feuer greifen, flach auf dem Boden aus.

    Ich wollte die Situation überblicken und stellte mich aufrecht, rückte das rote Tuch zurecht. Der Sleen hob kurz seinen Kopf, schien aber nicht weiter beunruhigt und machte Anstalten jetzt zu schlafen. Er schloss die Augen und ein leises Schnauben war zu vernehmen. Die drei Gestalten lagen derweil noch immer regungslos vor mir. „Hallo. Nichts bewegte sich. „How are you? Nichts bewegte sich. Mehr schlaue Worte wollten mir zu so früher Stunde aber nicht einfallen. Gewohnheitsmäßig fragte ich die drei auf Englisch, weil ich mich halt irgendwo auf der Welt befand und Englisch ziemlich verbreitet ist. Außerdem die einzige Fremdsprache, welche ich aus beruflichen Gründen noch halbwegs sicher beherrsche, wohingegen ich die anderen aus meiner Schulzeit schon weitgehend wieder vergessen hatte. Andererseits war die gern als Begrüßungsfloskel verwendete Frage - Wie geht es Ihnen? - hier wohl wirklich einmal im ehrlichsten Sinne sehr angebracht. Die Drei lagen noch immer regungslos im Dreck. „Good Morning!, versuchte ich es weiter. Nichts bewegte sich. „Guten Tag!, versuchte ich es nunmehr in meiner Muttersprache auf Deutsch und mache einen Schritt auf sie zu. Hielt jedoch sofort inne, denn die mittlere der drei Gestalten richtete ihren Oberkörper auf. Langsam, mit fast schüchtern wirkenden Bewegungen taten es ihm die beiden anderen Gestalten gleich.

    Da knieten nun also drei Menschen im Kies, die Knie aus der tiefen Verbeugung kommend noch immer leicht gespreizt und regungslos im Kies vergraben. Das muss doch weh tun, schoss es mir durch den Kopf. Ich versuchte es noch einmal in betont freundlicher Tonlage: „Guten Morgen. Der Oberkörper des in der Mitte knienden Mannes straffte sich weiter, er legte die linke Hand hinter seinen Rücken, riss den rechten Arm mit ausgestreckter Hand weit nach oben: „Sieg Heil!

    Ich war sprachlos. Der geschätzt etwa 60-jährige Mann richtete sein Gesicht zu Boden. Schüchtern bewegte er seinen Kopf leicht zuerst zu der vielleicht 50-jährigen Frau zu seiner rechten und dann zu der deutlich jüngeren Frau zu seiner linken Seite. Mit einem ebenso zaghaft ausgeführtem - kaum merklichen - Nicken seines Kopfes bedeutete er ihnen, es ihm gleich zu tun. „Also erst mal einen schönen guten Tag alle zusammen, stammelte ich, froh darüber, überhaupt wieder Worte gefunden zu haben. Der Mann schien meine Worte jedoch nicht wirklich als Aufforderung zu einem gesitteten Gespräch zu verstehen. Erneut nickte er ein wenig mit seinem Kopf, diesmal nachdrücklicher ausgeführt. Jetzt knieten alle Drei vor mir mit erhobenem rechten Arm: „Sieg Heil!

    Nun gut, das scheint – aus welchen Gründen auch immer – hier die ortsübliche Begrüßung zu sein. Sollte ich mich jetzt ebenfalls hinknien, den rechten Arm hochreißen und die zwei Worte rufen? Nach all dem Grausamen, was mit diesem Gruß vor fast hundert Jahren verbunden war, erschien es mir dennoch verkehrt. Ein Kompromiss schoss mir durch den Kopf: Die zweite damals gebräuchliche Geste. Nicht ganz so aufdringlich und auch heute noch als Zeichen der Begrüßung gebräuchlich. Ich winkelte meinen rechten Arm an und ließ meine Hand locker nach hinten fallen. „Aehm, ja, guten Morgen! Ich ließ meine Hand wieder locker nach unter gleiten und sah, wie der Mann ehrfürchtig seinen Kopf einzog. Leise, aber so eindringlich, dass auch ich es hören konnte, flüsterte er zu den beiden Frauen: „Der Führer! Fast gleichzeitig senkten alle drei ihre Köpfe noch weiter. Ebenso wie ihre Arme, welche sie geschwind hinter ihren Rücken verschränkten.

    „Oh Gott, entfuhr es mir, auch wenn ich mich normalerweise nicht zu den streng gottgläubigen Menschen zählen würde. Aber was war an dieser Situation schon „normal? Indes vermutete ich, dass es in jeder Gesellschaft doch erst mal zum guten Ton gehören dürfte, sich vorzustellen.

    „Mein Name ist Dirk", versuchte ich erneut ein Gespräch einzuleiten. An dieser Stelle sei angemerkt, dass ich mich mit diesem Satz beinah selbst umgebracht hätte. Wie es dazu kam und warum ich überhaupt hier war, ist aber eine längere Geschichte, die ich hier erst mal noch nicht ausbreiten möchte. Der Sleen jedenfalls war glücklicherweise erschöpft von der durchwachten Nacht eingeschlafen und hatte meinen Namen nicht gehört.

    „Danke, Herr!", antwortete der Mann mit einem seltsamen Akzent. Aber zumindest schienen wir nun eine gemeinsame Sprache gefunden zu haben. Dass sich jemand bedankt, weil man ihm seinen Namen nennt, ist eine eigenartige Form von Höflichkeit. Aber vielleicht ist es hier so üblich.

    „Und wer seid ihr?" Es folgte eine bedrückende Pause. An den leichten Kopfbewegungen der beiden Frauen in Richtung des älteren Mannes erkannte ich die Unsicherheit, dass sie wohl alle nicht wussten, was darauf zu antworten wäre. Vielleicht haben sie mich auch einfach nur nicht verstanden?

    „Wie heißt ihr, wie lauten eure Namen?", fragte ich genauer nach.

    „Wie immer uns der Herr nennen möchte", entgegnete der Mann.

    „Leute, so kommen wir nicht weiter. Okay. Wie nennt dich deine Mutter?"

    „So wie ihr Herr mich nennt."

    „Ach verdammt noch eins, macht es mir doch nicht so schwer!"

    „Wer ist denn euer Herr?, versuchte ich das Pferd von hinten aufzuzäumen. Der Mann blickte schüchtern zu mir. „Unser Herr ist gestorben, sein Sleen hat ihn getötet. Letzte Nacht hat sein Sleen uns gefangen, aber gnädiger Weise nicht gefressen, sondern zu Euch getrieben. Daher könnte es der Wunsch unseres neuen Herrn sein, dass wir ihm noch eine Weile zur Verfügung stehen?

    Der fragende Ton in seinem letzten Satz verwirrte mich nun gänzlich. Er schien das zu merken: „Wenn Ihr gestattet? Der Mann deutete mit seinem Kopf in Richtung des Beutels, welcher hinter ihm lag. „Von mir aus gern, entgegnete ich. Er holte ein zylindrisches Gefäß aus dem Beutel und überreichte es mir mit den Worten: „Hier sind unsere Papiere zu Eurer Verfügung. Unser verstorbener Herr hat sie ohne Bestimmung ausgestellt und uns dann fortgeschickt."

    „Das ist alles ziemlich verwirrend für mich, entgegnete ich dem Mann. Aber ich sah jetzt eine Chance, vielleicht doch endlich mal ihre Namen zu erfahren. Es war, zugegeben, keine Frage des höflichen Umgangs mehr. Ich wollte einfach dieses Rätsel knacken. „Wie hat euch denn der frühere Herr genannt?

    „Mich nannte er Linus", antworte der Mann.

    „Mich nannte er Anna-Maria oder nur Anna", antwortete die ältere Frau zu seiner rechten.

    „Ich bin Naemi", antworte die jüngere Frau zu seiner linken.

    „Du weißt nicht, ob er dir zu sein erlaubt!" herrschte der Mann die Frau an.

    „Mich nannte er Naemi", korrigierte sich die Frau und senkte ehrerbietig und offenbar irgendeiner Schuld bewusst ihren Kopf.

    „Gut. Vielleicht können wir es dabei belassen? fragte ich in die Runde. Es kam keine Antwort, also versuchte ich, es bestimmter auszudrücken. „Sie sind Linus, sagte ich zu dem Mann und deutete mit dem Kopf in seine Richtung. „Sie sind Anna, sprach ich mit dem Kopf in ihre Richtung deutend. „Und Sie sind Naemi, sprach ich zur anderen Frau zugeneigt. „LAN, local area network, das kann ich mir als Informatiker merken. Mit Namen habe ich es sonst nicht so, versuchte ich einen Witz über die Eselsbrücke zu machen, mit welcher ich mir die Kombination der Anfangsbuchstaben ihrer Namen merken wollte. Es gelang nicht und war bei genauerer Betrachtung eigentlich auch ziemlich respektlos. Was war nur in mich gefahren? Dabei schoss mir in den Sinn, dass ich noch immer zu drei vor mir knienden Menschen sprach. Peinlichkeit beschlich mich. Auch wollte ich auf keinen Fall, dass die ersten menschlichen Kontakte auf dieser Welt mich für einen überheblichen Schnösel halten. Mit der Hand auf mich deutend ging ich in die Hocke, nahm eine lockere Haltung im Schneidersitz ein und schloss die Vorstellungsrunde ab: „Ich bin Dirk.

    „Ja, Master Dirk!, antworteten mit leichter Zeitversetzung jeder der drei. Es drängte sich erneut ein „oh Gott in meinen Kopf, doch ich vermied es, meine Verzweiflung auszusprechen. Hätte ich nicht schon gesessen, hätte mich diese Reaktion vermutlich umgehauen. Ich dachte, mit dem gestrigen Tag wäre schon genug Durcheinander in meine Welt gebracht worden. Aber die drei hier, trieben es irgendwie auf die Spitze. „Leute, das ist alles ziemlich verwirrend für mich. Ich habe eine schreckliche Nacht in diesem Kiesbett hinter mir, mein Magen knurrt und ich kann mir nicht mal mit meinem Smartphone eine Pizza bestellen." Um Verständnis heischend beschrieb das in etwa meine aktuell gefühlte Situation recht zutreffend.

    Im Augenwinkel bemerkte ich, dass ein Lächeln über das Gesicht von Linus huschte. Ich sah ihn an, versuchte eine aufmunternde Geste mit meinem Kopf zu machen und flehte: „Gib zu, das hier ist versteckte Kamera! Er lächelte. „Mein Herr, ich weiß nicht, was Ihr mit ‚Kamera‘ meint. Ich habe aber das Wort schon gehört. Werner meinte, es sei ein Instrument, um die Massen zu verdummen. Seid versichert, nichts dergleichen geschieht hier. Da Ihr aber auch einen Dialekt der geheimen Sprache unseres verstorbenen Herrn sprecht, seid Ihr vielleicht gar nicht aus dieser Gegend? Wenn die Frage erlaubt ist?

    „Nein, ich komme nicht aus dieser Gegend. Und ich habe auch nicht die leiseste Ahnung, was hier überhaupt abgeht, artikulierte ich etwas flapsig. „Also falls es nicht zu viel verlangt ist, könnte mir das mal jemand bitte erklären?

    „Was meint Ihr mit ‚das‘ mein Herr? Verzeiht bitte meine Unwissenheit, aber Ihr sprecht einen ganz anderen Dialekt des Jiddisch als unser verstorbener Herr. Es fällt schwer, ihn zu verstehen."

    „Ich spreche nicht Jiddisch, ich bin Deutscher", platzte es aus mir raus. Sogleich war es mir peinlich, denn ich wusste sehr wohl, dass Jiddisch ähnlich ist. Gelegentlich hatte ich es Freunde sprechen hören, die sich der Bewahrung widmeten. Aber nie im alltäglichen Gebrauch des heutigen Deutschlands. Das bereute ich nun umso mehr, denn hier hätte es mir vermutlich die Verständigung um einiges erleichtert.

    Linus war bei meinem Satz etwas zusammengezuckt, blickte aber verständnisvoll zu mir rüber und spracht „Selbstverständlich ist mein Herr auch Mitglied der Herrenrasse! Verzeiht!"

    „Oh, Gott, schoss mir wieder in den Kopf. Nur diesmal gelang es mir nicht, den Ausspruch zu unterdrücken. „Können wir das Thema vielleicht auf ein anderes Mal vertagen? Mich interessiert im Moment eigentlich mehr diese Welt hier.

    „Herr, der frühere Master hat mich ausbilden lassen. In Geschichte und Mathematik. Wenn Ihr es wünscht kann ich zu diesen Themen referieren. Und die Frauen könnten derweil etwas zu Essen bereiten. Ihr sagtet vorhin, dass Euch ‚der Magen knurrt‘, was vielleicht bedeutet, dass Ihr hungrig seid?"

    „Lieber Linus, bitte, erklär mir diese Welt! Und wenn ich dann auch noch etwas zu essen bekomme, bin ich der glücklichste Mensch auf der Welt. Welche immer das auch sein mag."

    Auf den Gesichtern von allen Dreien sah ich ein freundliches Lächeln. Nicht nur Linus schien mich bestens zu verstehen. Und wir hatten jetzt offenbar einen Plan, wie sich die weitere Zeit an diesem inzwischen angebrochenen Morgen auskömmlich miteinander verbringen ließ.

    Smartphone, mein Home Stone

    Wie sich herausstellte, war mein neuer Aufenthaltsort in vielen Dingen der Erde sehr ähnlich. Der Planet kreiste

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