Faszinierende Tiere: 20 Erlebnisgeschichten zwischen Tier und Mensch
Von Karin Funke
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Über dieses E-Book
Die Bandbreite ist enorm: vom winzigen Glühwürmchen bis zum 2-Tonnen-Panzernashorn werden heimische und exotische Tierarten, ihre Besonderheiten und Verhaltenweisen vorgestellt und in Handlungen eingebettet, die von der Bewunderung der Tierwelt zeugen.
Die meisten der Geschichten sind ausgedacht. Falls es identische Gegebenheiten und Namensgleichheiten geben sollte, sind sie rein zufällig. Aber die Tiere selbst haben die Inspirationen geliefert, und die Fakten über ihr Leben sind alle sorgsam recherchiert.
Karin Funke versteht es - wie schon in ihrem ersten Kurzgeschichtenband Goldene Momente und mit ihrem 2. Buch No Risk- No Fun - wieder viel Spannung zu erzeugen und neue Erkenntnisse zu schildern, diesmal über die faszinierende Tierwelt unseres Planeten.
Karin Funke
Karin Funke M.A. Geboren in Dortmund, aufgewachsen in Essen und Berlin, wollte eigentlich Lehrerin werden, nutzte nach dem Studium fürs Höhere Lehramt jedoch ihren Magister-Abschluss in Anglistik und Germanistik, um ihr Hobby zum Beruf zu machen: für das Radio zu arbeiten, zunächst als Freie Mitarbeiterin im SFB und beim RIAS Berlin, später nach der Wende ab 1992 als festangestellte Redakteurin beim Mitteldeutschen Rundfunk in Dresden. Frau Funke hat zwei erwachsene Kinder: Die Tochter ist Schauspielerin, der Sohn angehender Offizier bei der Marine. Seit April 2018 wohnt sie in ihrer Wahlheimat Büsum an der Nordsee. Ihr erster Kurzgeschichten-Band erschien zur Leipziger Buchmesse 2008: Goldene Momente .Geschichten vom Kennenlernen. im NOTschriftenverlag Radebeul. Ihr zweiter Kurzgeschichten-Band: No Risk No Fun. 20 skurrile Urlaubsgeschichten erschien 2019 im united p.c.-Verlag, Österreich.
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Buchvorschau
Faszinierende Tiere - Karin Funke
Bis man nicht ein Tier geliebt hat,
bleibt ein Teil der Seele unerweckt.
(Anatole France, französischer Schriftsteller
und Aphoristiker, 1844 – 1924)
Inhaltsverzeichnis
Arme Austern! auf Sylt
Ausgediente Elefanten in Thailand
Besucher-Überraschung in Namibia
Chamäleons auf dem Radweg auf Madagaskar
Das Panzernashorn in Stuttgart
Glühwürmchen-Party in Leipzig
Die Magie der weißen Pferde in Tellingstedt
Die merkwürdige Möwe in Eiderstedt
Fliegende Fledermäuse
Hunde am Strand in Zypern
Huskies in Norwegen
Schweinerei im Park
Schweinswale gesichtet in der Ostsee
Seeadler am See in Meldorf
Seehundfund in Nordseenähe in Brunsbüttel
Spiegeltest mit Affen
Strauße in Südafrika
Summende Alpakas in Dithmarschen
Tauben vergiften in Berlin
Weiße Störche in Schleswig-Holstein
Die Autorin Karin Funke
Arme Austern! auf Sylt
Wer an der Nordsee Urlaub macht, muss einfach Fisch essen. Oder Muscheln. Oder Krabben. Manche fahren überhaupt nur wegen der Meerestiere an die See, um sie dort frisch zu verzehren. Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, wie sie in ihrem Lebensraum sonst unterwegs sind, wie lange sie leben könnten, wenn man sie nicht fangen würde. Die Seezunge beispielsweise kann 20 Jahre alt werden, aber so lange wollen die Fischer nicht warten. Die begehrten und sehr teuren Seezungen kommen meistens im jugendlichen Alter auf den Teller.
Aber ich wollte ja von Austern erzählen. Diese Muschelart kann oder besser könnte sogar 40 Jahre alt werden!
Als mein Mann und ich mal wieder nach Sylt fuhren - nicht vordringlich, um hier zu Fisch zu essen, sondern um Verwandte zu besuchen -, kehrten wir natürlich auch in einem Fischrestaurant in Westerland ein. Es war unser Stammlokal, wenn wir auf der Insel waren. Unser Lieblingskellner Marco war allerdings nicht mehr da. „Er hat gekündigt", erklärte man uns. Warum? Das ist eine längere Geschichte, die wir nicht im Lokal erfuhren, sondern durch einen Besuch bei ihm zu Hause in Braderup.
Marco ist Halb-Italiener. Das sah man ihm auch an: schwarze Haare, dunkle Augen und viel Temperament beim Erzählen. Er begrüßte uns überschwänglich wie alte Freunde und führte uns durch die Küche in sein Wohnzimmer, den Pesel, wie man hier sagt, die gute Stube. Er hatte Zeit, das traf sich gut. Wir setzten uns an den Tisch, auf dem Schalen mit Gebäck und Nüssen bereitstanden. „Wartet mal, ich hole eben eine Flasche Wein, dann erzähle ich euch alles." Und dann legte er los, wie es dazu kam, dass er nicht mehr den Fischkonsum unterstützen wollte.
„Ich konnte es einfach nicht mehr mit ansehen, erklärte er uns. „All diese Tiere, wie sie mich mit ihren starren Augen anglotzten. Die Hechte, der Hummer, so ein stolzes Tier, und dann die Austern.
In seiner Ausbildung hätte er immer nur darauf geachtet, alles richtig zu machen. Marco hatte nicht nur kellnern und servieren, sondern auch Koch gelernt. Das Köpfen, das Filetieren, der richtige Umgang mit Gräten usw... Er wollte seine Eltern stolz machen, indem er etwas auf der Insel lernt und hier arbeitet und nicht wie die meisten jungen Leute Sylt für eine Ausbildung verlassen muss, erklärte er uns.
„Aber wie kam es zu dem Sinneswandel, doch sicher nicht nur wegen der Augen?, wollte Tino, mein Mann, nun doch genauer wissen. „Eines Tages habe ich eine Wattwanderung für Einheimische an meinem freien Tag mitgemacht, das hat mir die Augen geöffnet
, erklärte Marco. „Das war nicht so eine launige Touristenführung, wie sie euch geboten wird, sagte er grinsend und schaute uns dabei bedeutungsvoll an - klar, wir waren ja nur Touristen -, „sondern eher ein Fachvortrag mit Wanderung. Ein Biologe erklärte, dass die Europäische Auster durch Überfischung ausgestorben ist. Daran ist also nur der Mensch schuld.
Überfischung als Problem ist mir im Prinzip bekannt, dachte ich. Fast jedes Jahr geht es um die Fischbestände, besonders Hering und Kabeljau, und den Kampf um die Fangquoten der einzelnen Nationen… aber Austern?
„Harte Schale, weicher Kern, setzte Marco seine Erklärungen fort. „Von außen sind die Austern ja nicht gerade schön: Das Gehäuse ist unregelmäßig rundlich bis oval, sieht aus wie versteinert. Aber innen gelten sie als Delikatesse.
Dass nicht nur die Schönen und Reichen von Sylt das Austernfleisch lecker finden, ist nicht neu, hatte ihnen der Biologe bei der Führung gesagt. Schon im Mittelalter holten Muschelfischer die Austern massenhaft aus dem Meer, das sei sogar in einer Urkunde von 1241 vermerkt. Aber vor etwa hundert Jahren waren es so viele – Millionen - dass die armen Austern mit der Nachwuchsproduktion nicht mehr hinterherkamen. Als dann im eisigen Winter 1929 auch noch die letzten Austern im Wattenmeer erfroren, soll es ganz aus gewesen sein. Die Wiederbesiedelung blieb aus.
Vom Reden hatte Marco einen trockenen Hals bekommen. Er holte sich eine Flasche Sylter Quellwasser und schenkte uns Grauburgunder nach. Jetzt war er in Redeschwung gekommen. „Eine Auster lebt ja fest verankert auf hartem, schlammfreiem Untergrund im Flachwasser, fuhr er fort. „Ebbe und Flut sind auch für diese Tierart sehr praktisch: immer wieder wird planktonreiches Wasser angespült. Für Ernährung ist also gesorgt, und eine Verschlammung wird durch die Wasserbewegung verhindert. Nach 3-4 Jahren sind Austern ausgewachsen und werden geerntet, dabei könnten sie viel größer und bis zu 40 Jahre alt werden!
Jetzt wirkte er richtig wütend. „Aber vielleicht schmecken sie, wenn sie alt sind, nicht mehr so gut", wendete ich ein.
Plötzlich kam mir die Erinnerung an unseren Restaurantbesuch in Kampen im letzten Jahr. Da saß ein älterer, vornehm gekleideter Herr am Tisch mit zwei jungen Damen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass das seine Töchter waren, höchstens vom Alter her. Aber so wie er sie angeschaut hat…Jedenfalls machte er den beiden vor, wie man eine Auster auszuschlürfen hat. Diese wabbelige, glasige Masse – ich fand es schon damals eklig! All diesen „Feinschmeckern" ist meist gar nicht bewusst, dass sie sich damit alle Innereien einverleiben: Herz, Leber, Niere, Magen, Schließmuskel, Darm und Keimdrüsen. Aber es gilt als vornehm.
Er wollte dann selbst seinen beiden Damen