Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Milchbrüder, beide
Milchbrüder, beide
Milchbrüder, beide
eBook1.238 Seiten17 Stunden

Milchbrüder, beide

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Mehr als jeder dritte Bundesbürger, so eine Studie im Jahr 2019, sieht "Parallelen zwischen aktuellen politischen Ent-wicklungen in Deutschland und der NS-Zeit". Wie kommt man dem mit Mitteln der Literatur näher? Der Autor Bernt Spiegel, Jahrgang 1926, zeigt es. Er erzählt davon, wie ein verbrecherisches System in einer Gesellschaft und einem Staat zur Normalität wird. Spiegel erzählt aus der Sicht der Opfer – und aus der Sicht der Täter. Sein Roman erzählt die Geschichte zweier Jungs mit der gleichen Amme, einer arm, einer reich, einer geht zur SS, der andere nicht.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum6. Apr. 2020
ISBN9783940524904
Milchbrüder, beide

Ähnlich wie Milchbrüder, beide

Ähnliche E-Books

Literatur zum Zweiten Weltkrieg für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Milchbrüder, beide

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Milchbrüder, beide - Bernt Spiegel

    Personen

    I

    VOR 1933

    1_Ein Prolog

    Es regnete schon seit Tagen. In der Ferne, von der Rheinebene her, hörte man, wenn in der Nacht der Regen einmal nachließ, die Camions mit hochtourigem Wimmern sich die Straße heraufwinden, um Material für den Bau weiterer Bunker heranzuschaffen. Die Maginot-Linie war noch voller Lücken und schwächer als ihr Ruf, wenn man einmal absah von den unterirdischen Forts wie Simserhof südlich Pirmasens oder dem gewaltigen Fort Hackenberg in der Gegend von Thionville – das waren ganze Städte unter der Erde. Der gesamte Gürtel sollte ohne Aufsehen verstärkt werden und mehr Staffelung in die Tiefe erhalten, vor allem hier im südlichen Teil, wo man sich bisher doch eher auf den Rhein verlassen hatte.¹

    Die Tage waren düster, die Hütte verschwamm in den Wolken; im Aufenthaltsraum, der zugleich Schlafraum war, brannte schon früh am Abend ein trübes Licht. Gestern Nacht aber, als die Wolken plötzlich aufrissen und der Mond kalt und mit grellem Licht hervorbrach, da sah er zum ersten Mal den Hartmannsweilerkopf. Der war ganz nah, mit einem riesigen Kreuz an der höchsten Stelle, das aber so blass und fahl war, dass es fast verschwand. Dafür warf es im Mondlicht einen harten Schatten in den Altschnee auf dem Gipfel, der viel schärfer und schwärzer war als das Kreuz selbst. Er starrte auf das Schneefeld, lange, ohne Wimpernschlag. Wie umgestürzt und zerschmettert lag das schwarze Kreuz auf dem Schnee, kein schönes Bild. Schief und in die Länge gezogen, wellig und gezackt hing es kopfüber talwärts, als krieche es auf ihn zu.

    Das war ihm schon als Kind aufgefallen, dass die Abbilder von den Dingen manchmal eindringlicher sein konnten als die Dinge selbst. Und hier war beides, Ding und Abbild, gleichzeitig zu sehen. Er blickte weg vom gnadenlos gezackten Schatten und empor am fahlen Kreuz, das ihm in seiner Ruhe gnädiger erschien und das im dunklen Nachthimmel vergehen wollte.

    Dann hatte er mal hinter die Hütte treten müssen, und da hat es ihn überrascht, dass auch sein Strahl, obwohl doch durchsichtig und im Mondlicht fast unsichtbar, einen kräftigen Schatten auf den Restschnee warf, auf dem er stand, und wieder war das Abbild viel stärker als seine Ursache.

    Mit einem Mal verlor der Schatten des Kreuzes seine unerbittliche Härte, wurde schwächlich und verschwand schließlich ebenso plötzlich wie der Mond. Das Kreuz selbst dagegen, obwohl kaum mehr sichtbar und nur noch zu ahnen, stand unverrückt. So wird es wohl immer stehen, dachte er, Jahr für Jahr, auch wenn niemand mehr nach ihm schauen würde, und auch dann noch, wer weiß, wenn es in Dunkelheit und Not verschwunden war.

    Die grelle Mondnacht mit dem schwarzen Himmel, so kurz sie sich auch nur gezeigt hatte, schien ihm heller als der trübe Tag davor. Doch dann merkte er auf, war das, was er gesehen hatte, war das wieder eines dieser Zeichen? Ein Zeichen, das nur er sieht, das aber allen galt? Solche Zeichen waren ihm hin und wieder begegnet, und er war dann meistens ausgelacht worden. Er spürte, dass es nicht gut war für ihn, nachts allein auf Wache zu sein. Nur ein Zeichen konnte so eindringlich werden. Aber er verstand es nicht, so sehr er auch darüber nachdachte. –

    Er war der Jüngste in der Gruppe. Serge, ein ungeschlachter Kerl, der früher zur See gefahren war, hatte ihn Moses getauft. So würden die Schiffsjungen heißen an Bord. Die anderen hatten das schnell übernommen, kaum einmal sagte noch einer Eugen zu ihm, höchstens Le Chef, der ihn ‚Öschähn‘ nannte oder ‚Öschänn‘, wenn er ihn rief. Ihm war das so unrecht nicht. Seit sie ihn Moses nannten, gehörte er dazu. Die meisten kannten sich von einem geheimnisvollen Algerieneinsatz, so viel hatte er herausgefunden. Wenn man der Jüngste ist, viel jünger als alle anderen, bekommt man nicht alle Antworten. Er hätte halt schon gern gewusst, warum Le Chef sonntags nicht mehr mit in die Kirche ging. Vielleicht dürfte er schon, aber er will wahrscheinlich nicht, weil er nicht mehr zur Kommunion gehen darf, wie zu hören war, und das sei halt jetzt so mit der Action française, aber eines Tages, da würde sie von allen verstanden werden.

    Morgen oder übermorgen sollte es nachts hinunter nach Mulhouse gehen wegen irgendwelcher Plakate oder Spruchbänder, die dort hingen. Warum nachts? ‚Sauvez la rasse!‘ – ‚Rettet die Rasse!‘ – stünde darauf, das war wegen der Schwarzen oder der Juden, dachte er sich, aber keiner sagte, was mit den Plakaten geschehen soll, und mit direktem Nachfragen, ob abreißen oder weitere ankleben, hätte er sich arg blamieren können, das spürte er, und ausgelacht werden war die schlimmste aller Strafen. Moses zu sein, das war ein hartes Brot. Einige allerdings nahmen ihn in Schutz, das tat wohl. Aber der Hundewache, der lästigsten von allen, entging er nicht, und da geschah es dann oft, dass er ins Träumen geriet und arges Heimweh bekam. Hundewache, so hieß die letzte Wache in der Nacht, so wie heute, die nächste ging dann schon in den frühen Morgen über, das war dann bloß noch ein früheres Aufstehen, mehr nicht. Vielleicht würde er sich nachher noch einmal hinlegen können, aber an rechtes Schlafen war dann nicht mehr zu denken.

    Serge schnarchte wie immer, lauter als alle anderen. Wenn Serge am Abend nach einer Weile mit dem Schnarchen einsetzte, und es blieb ruhig im Schlafraum, dann konnte er sicher sein, dass alle eingeschlafen waren. Fing Serge zu früh mit dem Schnarchen an, schon bevor alle schliefen, dann begannen die noch Wachgebliebenen sofort mit einem gleichmäßigen Pfeifen, und siehe da, es half. Serge hörte auf zu schnarchen, beileibe nicht für die ganze Nacht, aber gewöhnlich doch so lange, bis auch der letzte der Pfeifer eingeschlafen war, der dann alsbald selber mit in das allgemeine Schnarchkonzert einzufallen pflegte, das sich da unter Serges Leitung entwickelte.

    Serges Lautstärken waren beträchtlich, über Stunden hinweg, und nur kurz für einige Atemzüge unterbrochen, wenn er sich einmal umdrehte. Dass der das überhaupt aushielt! Und dass die anderen von diesem Lärm nicht aufwachten? – Aber das waren Schlafgeräusche, und Schlafgeräusche sind harmlos seit alters her, während diese Pfeiftöne eben keine Schlafgeräusche waren und darum Serges Aufmerksamkeit selbst im Schlaf mindestens soweit erregten, dass er aufzuwachen begann; ein bisschen zwar nur, aber immerhin so viel, dass er, natürlich immer noch schlafend, das Schnarchen vorsichtshalber für ein Weilchen einstellte, bis ihm die allgemeine Sicherheit wieder auszureichen schien.

    Sogar vor der Hütte war das Schnarchen noch zu hören. Er träumte hinüber zum Hartmannsweilerkopf, dem Schicksalsberg der Elsässer, der wieder ganz in den Wolken verschwunden war. Da ist damals, bald nach Kriegsausbruch, ein General mit sich selber zu Rate gegangen und hat beschlossen – aus eigener Machtvollkommenheit so einfach für sich beschlossen –, dass der Hartmannsweilerkopf ein strategisch wichtiger Punkt sei (was freilich spätere Militärhistoriker bezweifelten), und besetzte die Kuppe mit allem, was er auch nur irgendwie zur Verfügung hatte. Dabei hätte man es belassen sollen, und alles wäre gut gewesen.

    Aber des einen Tat war des anderen Vorbild. Der andere, das war der Amtsbruder des Generals auf der Gegenseite, und obwohl grimmige Feinde, aber eben doch Brüder im Geiste, gelangten die beiden in wundersamer Übereinstimmung zum gleichen Ergebnis: Der andere General hielt den Hartmannsweilerkopf für einen mindestens ebenso wichtigen strategischen Punkt und griff seinerseits mit allen Kräften an, die er aufbieten konnte. Je verbissener der eine festhielt, desto mehr sah sich der andere in seiner Einschätzung bestätigt und desto wilder schlug er drauf; und je heftiger der andere anstürmte, desto besinnungsloser hielt der eine fest. Das ist das Grundschema aller Schlachten, von denen es heißt, sie seien erbittert gewesen, wenn es sich nicht gerade um Kesselschlachten handelt.

    So zog sich das fast die ganzen vier Jahre des Krieges hin. Am Schluss waren dreißigtausend Franzosen tot, und Onkel Albert vermisst, und vielleicht sechzigtausend Soldaten im Ganzen, da war er sich, wie er da vor sich hinträumte, nicht so ganz sicher. In der Schule hatte man mehr von den Franzosen gesprochen, aber er wusste, zwar sind von unseren Leuten aus Munster damals die meisten von den Deutschen gleich an die Ostfront gesteckt worden, weil man ihnen gegen die Franzosen eben doch nicht so recht getraut hat, aber hier am Hartmannsweilerkopf mussten auf beiden Seiten welche von uns mit dabei gewesen sein, denn schon vor dem Krieg waren ein paar aus Munster auf die französische Seite geraten, Gott weiß wie, und eigentlich war es egal, auf welcher Seite es Onkel Albert erwischt hatte. –

    Richard Castan, der Vater von Albert und Bertel Castan, war etliche Jahre vor der Jahrhundertwende von den Deutschen als höherer Verwaltungsbeamter von Kassel nach Straßburg versetzt worden. Er heiratete, obwohl Protestant, eine Elsässerin und wollte die alsbald geborenen Zwillinge aus einer kameralistischen Ordnungsmarotte heraus Albert und Bertal (Al-bert und Bert-al) taufen lassen, wobei aber ‚Bertal‘ mit ‚a‘ bei der Eintragung ins Kirchenbuch beim Pfarrer auf Bedenken stieß. Wäre nicht schon der Name Albert hineingeschrieben gewesen, hätte Richard Castan sicherlich nach zwei neuen Namen gesucht. So akzeptierte er den Vorschlag des Pfarrers, statt Bertal das Kind doch einfach Bertel zu nennen; zwar sei Bertel nicht nur eine Kurzform von Berthold, sondern auch von Albert, insofern unterschieden sich die beiden Namen nicht sehr voneinander, aber das träfe ja auch für diese beiden Buben zu, die doch kaum auseinanderzuhalten seien.

    In der Tat waren die beiden Säuglinge schon häufig von der Kinderfrau und gelegentlich sogar von der Mutter verwechselt und so sicherlich schon mehrmals vertauscht worden, bis der Vater, der nichts höher schätzte als eine verlässliche Ordnung, ein Machtwort sprach und die inzwischen an den Handgelenken angebrachten verschiedenfarbenen Wollfäden kurzerhand abschnitt und einen der beiden Buben, dem fortan der Name Albert endgültig zugeordnet wurde, von einer robusten Femme Tatoueur in Colmar unverwechselbar kennzeichnen ließ, indem er sie anwies, an der Innenseite des rechten Oberarms ganz klein ein ‚A‘ für ‚Albert‘ anzubringen. Doch bei einer derartigen Ähnlichkeit, die schon einer völligen Gleichheit nahekam, konnte es, obwohl sachlich ausreichend, nicht bei der Markierung von nur einem der beiden Knaben bleiben. Bertel habe sogleich unüberhörbar aufgemuckt, hatte Vater Castan später immer wieder einmal erzählt, und obwohl Bertel mit seiner Unmutsäußerung einen anderen Grund gehabt haben mochte, hatte der Vater damals sogleich erkannt, dass selbstverständlich beide strikt gleichbehandelt werden mussten, und so hatte Bertel nur Minuten später ebenfalls seine Tätowierung, ein ‚B‘ für ‚Bertel‘, erhalten. Das kleine Aufmucken Bertels, das dazu führte, dass auch er tätowiert worden ist, wäre eine kaum berichtenswerte Belanglosigkeit geblieben, hätte es nicht letzten Endes, fast fünfzig Jahre später, Bertel das Leben gekostet. –

    Einige Jahre nach dem Krieg ist man bei Aufräum- und Umbettungsarbeiten am Hartmannsweilerkopf auf eine gut erhaltene Erkennungsmarke gestoßen, die, wie sich rasch ermitteln ließ, die Erkennungsmarke von Albert Castan war. Erst damit konnte behördlicherseits die endgültige Tot-Erklärung erfolgen. Als dann Bertel, der bis dahin noch immer auf die Heimkehr Alberts gehofft hatte, die endgültige Nachricht vom Tod seines Zwillingsbruders durch einen Bediensteten der Mairie überbracht wurde, da hatte er, so erzählte man es sich in der Familie, ohne eine erkennbare Regung starr geradeaus geblickt, am Überbringer vorbei, mit dem gleichen leichten Lächeln, mit dem er den Boten empfangen hatte, so als habe er nichts verstanden, ja nicht einmal etwas gehört, und er behielt diese erstarrte Haltung auch noch bei, als der Überbringer mit seinen unbeholfen zurechtgelegten Sätzen längst zu Ende gekommen war. Der freilich hatte mit irgendeiner Antwort gerechnet, mit irgendeiner Äußerung wenigstens, man würde dann schon weitersehen, was noch zu sagen sei, und ein Wort würde das andere ergeben, und er würde sich dann bald wieder verabschieden, denn so gut kannte er den Herrn Castan ja nicht.

    So aber hielt Bertel Castan die Zeit einfach an, indem er schwieg und geradeaus starrte. Mit jeder Sekunde der Erstarrung wurde es schwerer, das Schweigen aufzubrechen. Onkel Bertel, soviel war Eugen Saller klar, wenn er jetzt über diese angespannte Situation, von der ihm der Dorfbüttel erzählt hatte, so nachdachte, Onkel Bertel musste schon damals als ziemliche Respektsperson im Dorf gegolten haben. Das war gewiss auch dem Büttel gegenwärtig, der wie alle Hilfskräfte in einer untergeordneten Position, die sie über viele Jahre hinweg haben halten können, ein feines Gefühl dafür herausgebildet hatte, mit wie viel Respekt, Vorsicht und Zurückhaltung man einer Person, mit der man dienstlich zu tun hatte, begegnen musste, aber auch wie viel Mitgefühl oder Zustimmung oder Herzlichkeit ihr gegenüber aufzubringen schicklich war. Darum konnte er als ein gewöhnlicher Gemeindediener dem Herrn Castan jetzt doch nicht einfach ins Wort fallen – wiewohl dieser ja bis jetzt noch nicht ein Wort gesprochen hatte.

    Wie beredsam war Bertel Castan doch gewesen, als er aus Chicago zurückgekommen war! Dort hatte er, jüngstes Mitglied einer Regierungskommission der Franzosen, die industrielle Fleischproduktion der Amerikaner studieren sollen, die der handwerklichen Metzgerei hierzulande – unhygienisch und mittelalterlich (‚plein de microbes et absolument moyenâgeux‘), wie er immer wieder betont hat – weit voraus war.

    Bald danach hatte er den ehrenvollen Auftrag erhalten, einen vollmechanisierten Schlachthof nach amerikanischem Vorbild in Paris zu entwerfen. Eugen erinnerte sich noch an die Postkarten mit dem Eiffelturm drauf, die Onkel Bertel an Mutter geschrieben hatte. Der Schlachthof ist später zu einem Treffpunkt europäischer Schlachthofdirektoren geworden.

    In einem modernen Schlachthof amerikanischer Art hatte Bertel Castan vor allem die Weiterverarbeitung in ihrer Sauberkeit und in ihrer Präzision fasziniert und die klare Vorhersehbarkeit der Abläufe, er hatte das leise Tak-tak-tak-tak der Gliederketten im Ohr, von denen die Tiere, in gleichen Abständen aufgereiht, herabhingen und sekundengenau zu den einzelnen Stationen transportiert wurden.

    Umso mehr hatte er das Chaos, den Schmutz und das Blut auf den Schlachtfeldern gehasst, die Zufälligkeiten, die unvorhergesehenen Rückschläge und unverhofften plötzlichen Durchbrüche und den ungewissen Ausgang; wobei in den meisten Schlachten ja beide Seiten verloren – Bataillone, Geschütze, Schiffe, Flugzeuge –, die einen ein paar mehr, die anderen ein paar weniger, die hielten sich dann für die Sieger.

    Schließlich hatte der unglückliche Überbringer der Todesnachricht dann doch noch seinen Mund aufgebracht, nur um etwas zu sagen, nur um der Stille zu entkommen, denn irgendwie musste das Gespräch weitergehen, irgendwie musste er herausfinden aus dieser Folter, die unerträglich war, obwohl sie aus nichts anderem als aus Schweigen bestand, und er stammelte, als ob das ein Trost sei für Bertel: „Es war in der letzten Schlacht am Hartmannsweillerkopf –"

    Da fuhr Bertel hoch: „– geschlagen von Dilettanten, deren einzige Qualität die einfallslose Zähigkeit war, die sture Verbissenheit, sonst nichts, nichts! Reine Schlachtfelddirektoren und Tötungsingenieure, aber stümperhafte, die den Tod des einzelnen dem Zufall überließen!"

    Der Tod des einzelnen, das erschien dem Büttel zu wenig tröstlich für Herrn Castan und wie zur Ergänzung fügte er an: „Über dreißigtausend Tote allein auf französischer Seite!", damit Herr Castan sähe, wie wenig er allein war in seiner Trauer.

    Um sich eine Vorstellung zu verschaffen, fing Bertel, in alter Gewohnheit und ohne es eigentlich zu wollen, damit an, im Kopf das Schlachtgewicht zu überschlagen und murmelte: „Das sind an die 2000 Tonnen Soldaten –", und als ihn der Büttel bestürzt anblickte, da brüllte es aus ihm heraus: „Hab’ ich denn das grausige Wort Schlacht erfunden? Da sagst du nichts –"

    Die heftigen Worte seien unvermittelt in ein ebenso lautes Schluchzen übergegangen, aber schon nach wenigen Augenblicken habe sich Bertel Castan wieder in der Hand gehabt. –

    Ein Geräusch, nah hinter ihm, ließ Eugen Saller aufschrecken. Das musste Le Chef sein, der immer sehr früh aufstand, lange vor dem Wecken und meistens mit Gepolter. Da rief er ihn auch schon, stimmlos, weil noch alles schlief, und dennoch laut:

    „Öschänn, Öschänn! Chumm schnall!"

    „Buschur", brummte Eugen und dachte, der bellt sogar dann noch wie ein Preuß, wenn er flüstert, und ging mit dem Chef ins Haus, wo sie im Schlafraum alle dicht nebeneinander lagen.

    „Hör’ dir das an, Öschän, kicherte Le Chef vergnügt, „die schnarchen wieder alle im gleichen Takt!

    Tatsächlich, so war es – nicht zu glauben! Eugen lauschte, ob sich nicht wenigstens ein einziger Abweichler fände, vergebens. Doch Serges Schnarchen schien ihm derart übertrieben – er setzte die Pausen nach dem Ausatmen so überdeutlich und variierte die Übergänge so kunstvoll –, dass Eugen im Halbdunkel leise zu Le Chef hinüberfragte: „Ob die Quatsch machen? Die wollen uns verarschen", wobei ihm im selben Augenblick aufging, dass es vielleicht etwas dreist war dem Chef gegenüber, von ‚uns‘ zu sprechen, zumal ihm Zweifel kamen, ob nicht Le Chef selbst mit dahinterstecken könnte. Nichts fürchtete er mehr, als ausgelacht zu werden.

    „Nein, nein, rief Le Chef, nun überzeugend laut, „das gibt’s immer wieder mal, wahrscheinlich sogar ein paar Mal jede Nacht, nur hört es dann halt niemand.

    Wenn ich das daheim erzähle, das glaubt mir keiner, dachte Eugen.

    „Bass uff, Öschän, ich studier’ das schon lang. Jeder ist mit jedem verbunden, mit dem einen enger, mit dem anderen nicht so fest. Jeder hört jeden, auch im Schlaf, den einen mehr, den anderen weniger, und jeder wird von jedem gehört, vom einen deutlicher, vom anderen schwächer – aber nur ein bisschen schwächer. Steigt ein Kleinschnarcher mal aus – weil er schlucken muss oder sich umdreht –, dann hält er das nicht lange durch. Er fasst, so schnell er kann, wieder Tritt, auch wenn er für sich allein vielleicht eine Spur schneller oder langsamer atmen würde. Gewöhnlich fängt er dann etwas leiser mit dem Schnarchen wieder an und erst, wenn er genau auf die anderen eingeschwungen ist, schnarcht er wieder voll mit. Die lauten Großschnarcher wie Serge, das sind die tonangebenden. Die können alles durcheinanderbringen. Wenn die aus dem Takt fallen, dann kann es lange dauern, bis alle wieder im Gleichtakt sind. Es wird dann viel leiser im Raum, so, als ob alle unsicher lauschten, wo die anderen sind und wo man sich am ehesten mit dranhängen kann und wem man im Traum am ehesten die Hand geben könnte, um nicht so allein zu sein in der Nacht."

    Und nach einer Pause: „Manchmal kann ich beim Zuhören fast spüren, wie es sich dann viel leichter atmet, wenn sie alle wieder beieinander sind und nicht jeder stolpernd seinen Platz suchen muss und dabei dauernd mit einem anderen zusammenstößt."

    Le Chef blickte ihn dabei nachdenklich an, und Eugen Saller wiederholte murmelnd, wie um zu zeigen, dass er alles verstanden habe: „Jeder ist irgendwie mit jedem verbunden, ohne dass er das merkt –"

    „Aber, sagte Le Chef, „so ist das auf der ganzen Welt – mit allem! Nur sieht man’s nicht so deutlich wie hier beim Schnarchen, wo sie alle so dicht beieinanderliegen.

    Trotzdem war sich Eugen Saller erst viele Jahre später sicher, dass das damals wirklich so war, wie es ihm Le Chef erklärt hatte, und ihm da nicht ein Theater vorgespielt worden ist. Aber so harmlos wie am Hartmannsweilerkopf, wo schlafend einer am anderen baumelte und es nur um das Schnarchen ging, war das dann gar nicht mehr. –

    2_Ungleiche Rivalen

    Viktor Zabener wartete in der Hitze schon eine ganze Weile. Um zu vermeiden, dass man sie zu Hause gemeinsam weggehen sah, hatten sie sich auf vier Uhr an der Kirche verabredet, und er war schon etwas früher gekommen, weil er sich vor Ludwig immer noch ein wenig fürchtete und nicht wollte, dass Ludwig auf ihn warten muss. Im Ablesen der Uhr fühlte er sich, eigentlich schon seit sie zur Schule gingen, recht sicher, aber je länger er so dastand und wartete, desto mehr zweifelte er, ob es tatsächlich vier Uhr war, denn die Uhr an der Kirche hatte an den Stellen, wo sonst die Zahlen stehen, nur unregelmäßige Striche. Doch dann begann vom Turm das Läuten zur vollen Stunde. Er merkte gespannt auf und zählte dann am Ende die tiefen, ruhigen Stundenschläge mit. Es waren vier, er war erleichtert.

    Der dicke Zeiger, der kürzere der beiden, auf den man sich am ehesten verlassen konnte, war schon wieder ein Stückchen weitergewandert, als er in der Ferne Ludwig kommen sah. Ludwig schlenderte und hatte nicht die geringste Eile. Als er hersah, winkte ihm Viktor stürmisch zu, mit beiden Händen über dem Kopf. Ludwig ließ einen winzigen Augenblick verstreichen, bevor er zurückwinkte, und er hob dazu nur kurz die linke Hand und den Unterarm.

    Viktor mochte Ludwig, er mochte ihn sehr, gerade weil er so ganz anders war als er, aber Viktor spürte auch, wie schwer es ihm Ludwig manchmal machte. Ludwig, dieser kleine Vierschrot, der einen halben Kopf kleiner war als er, nutzte mit einer Instinktschläue sondergleichen auch die geringste Möglichkeit, die sich bot, um sich Viktor untertan zu machen und immer neue Abhängigkeiten zu schaffen, um so stets und überall zum unumstrittenen Anführer zu werden. Schon damals am ersten Schultag hatte er sich vorgedrängt.

    „Ah, da sind ja unsere beiden Milchbrüder, hatte sie der Lehrer frohgelaunt begrüßt und ihn gefragt: „Wie ich gehört habe, Viktor, bist du also der Milchbruder vom Ludwig?

    Viktor hatte nicht verstanden und den Lehrer ausdruckslos angeblickt. Dann hatte er zu Ludwig hinübergeschaut, und der hatte ausgelassen gerufen: „Nein, nein, ich! – Ich bin der Milchbruder, ich! Meine Mama hat mir immer gesagt, ‚du bist der Milchbruder vom Viktor‘!"

    Aber der Lehrer war damit nicht einverstanden: „Wer hat denn euch beide, als ihr ganz klein wart – wie soll ich sagen? – wer hat euch da – äh, aufgezogen?"

    „Ich glaube – ich glaube, mich haben sie immer zu Frau Herkommer runtergebracht", hatte Viktor gestottert, das Thema war ihm peinlich.

    „Ja, ich sag’s doch!, hatte sich der Lehrer gefreut und ihnen dann erklärt: „Es stimmt also doch, ihr seid Milchbrüder, beide, das ist ja auch schön so! Aber deine Mutter, Ludwig, wird nie sagen, ‚du bist der Milchbruder‘, sondern du bist ihr Sohn, und der Viktor, das ist der Milchbruder dazu. Und dein Milchbruder, Viktor, das ist der Ludwig – ihr seid Milchbrüder, beide.

    Viktor hatte sich geärgert, dass Ludwig daraufhin sogleich mit allzu betontem Stolz zu ihm herübergeblickt hatte, als ob er ‚Siehst du!‘ hatte sagen wollen.

    Die Luft über der Straße flimmerte, doch Ludwig war jetzt schon genau zu erkennen und Viktor freute sich, dass Ludwig, so schlendernd er auch ging, gleich da sein würde. Aber Ludwig verschwand erst noch einmal in einem Garten, Viktor sah ihm hilflos nach. Nach einer Weile kam er mit einem Apfel in der Hand wieder zum Vorschein. Auch das letzte Stück bis zu Viktor legte er nicht einen Schritt schneller zurück.

    „Willst du?", fragte er Viktor auf den letzten Schritten und streckte ihm den Apfel entgegen, aber dann biss er erst einmal selber hinein.

    „Hast du das Geld dabei?", fragte er kauend.

    Viktor nickte und nestelte aus seiner Hosentasche dreißig Pfennig hervor, die er hatte auftreiben sollen, weil sie am Neckar ein Ruderboot mieten wollten. Die dreißig Pfennig zu beschaffen, das war gar nicht einfach gewesen, aber Ludwig zeigte sich nicht so erfreut, wie Viktor gehofft hatte. Viktor hatte die paar Münzen in Papier gewickelt, damit sie zusammenblieben, und das Einwickeln der Münzen hatte ihn an die Musikanten erinnert, die mit ihren sehnsüchtigen Melodien hin und wieder bei ihnen in den Hof kamen, und denen die Köchin und die Zimmermädchen eingewickelte Münzen runterwarfen, damit sie weiterspielten und auch mal wiederkämen. –

    Ludwig ruderte als Erster, Viktor saß am Heck. Wenn man sich nahe genug am Ufer hielt, kam man auch flussaufwärts gut voran. Zwei kleine Mädchen am Ufer wedelten mit ihren Taschentüchern zu ihnen herüber, Viktor winkte zurück.

    „Dumme Spaltpisser", wandte sich Ludwig verächtlich ab.

    Sie glitten an der Bretterwand des schwimmenden Bootsverleihs vorbei, der am Ufer festgemacht war.

    „Da sind Hunderte von Paddelbooten und Kajaks drin, erläuterte Ludwig, „wenn man ein eigenes Boot hat, kann man es da unterstellen. Das ist genauso auf Schwimmern gebaut, wie drüben im Rhein das Herweck.

    „Was ist das Herweck?"

    „Das ist dieses Flussbad am Stephanienufer, weißte?"

    „Ach so, jaja, diese große Badeanstalt, die kenne ich."

    „Nur ist die vielleicht zehnmal so groß, mit einem Café drin und einem Restaurant und Umkleidekabinen und so. Aber verdammt teuer der Eintritt. Da müssen wir unbedingt auch mal irgendwie rein, sagte Ludwig, „schon wegen der halbnackten Weiber, die es dort hat.

    Das hätte er nämlich genau gehört, neulich, in der Reparaturwerkstatt, als der Autoschlosser seinem Vater, dem Chauffeur Herkommer, von der Badeanstalt erzählt hat.

    „Wie sollen wir da reinkommen, du kannst ja nicht richtig schwimmen!"

    Die Bemerkung verdross Ludwig, Schwimmen war das einzige, worin ihn Viktor übertraf. Und nur schwimmend konnte man heimlich in die Badeanstalt gelangen, da hatte Viktor schon recht, denn an der Kasse gab es kein Vorbeikommen. Unter den Treibgutabweisern, die noch außerhalb lagen, musste man sogar drunter durchtauchen und gleich nach dem Auftauchen einen der Zwischenräume zwischen den mächtigen schwarzen Pontons treffen, die die Badeanstalt trugen. Viel Zeit blieb einem dazu nicht, die Strömung war gewaltig, anhalten oder umkehren gab es nicht. Zwischen den Pontons dann, die gerade genügend Platz ließen für einen Schwimmer dazwischen, wurde es finster und unheimlich, und die rauschende Strömung wurde noch reißender und gurgelte an den Kanten der Pontons. Bevor es dann wieder ins Helle ging, war es gut, wenn es gelang, sich an einem der stählernen Querträger über dem Kopf festzuhalten; dann konnte man, bevor man ins offene Becken hinausschwamm, erst Ausschau halten, ob der Bademeister in der Nähe war. War die Luft rein, ließ man sich los und durchschwamm das Becken mit der Strömung bis zum Ende und wurde auf der Holztreppe dort, die über die ganze Breite des Beckens ging, in Rückenlage und mit den Füßen voraus von der Strömung noch ein paar Stufen hinaufgetragen. Damit war man zu einem ganz normalen Badegast geworden.

    Aus der Badeanstalt wieder herauszukommen, war fast noch schwieriger. Sich ohne Kleider, nur in der Badehose, an der Kasse vorbeizuschleichen, war viel zu auffällig und gefährlich. Man musste sich, und zwar schon ziemlich am Anfang des Beckens, das ja eigentlich gar kein richtiges geschlossenes Becken war, am Rand an der seitlichen Haltestange festklammern, die knapp über dem Wasserspiegel verlief, diese an der richtigen Stelle untertauchen und sich dann zwischen zwei hintereinanderliegenden Pontons, die dort eine kleine Lücke ließen, hindurchhangeln, was nicht einfach war, denn wenn die Hände den festen Griff an den Trägern verloren, konnte man unter den Ponton gedrückt werden – so seien schon welche ertrunken, hieß es. Danach war man wieder in einem schmalen, dunklen Kanal zwischen zwei Pontonreihen und schoss an dessen Ende mit beträchtlichem Tempo wieder hinaus in den offenen Fluss.

    Beide waren sie sich sicher, irgendwann würden sie es versuchen. Bei den Großen in der siebten oder achten Klasse seien neulich vervielfältigte Blätter konfisziert worden, in denen, sogar mit Skizzen, genau beschrieben war, welchen Weg man schwimmen musste und wo man sich festhalten konnte, um abzuwarten oder um sich zur Seite zu hangeln. Da müsste man doch drankommen, meinte Ludwig.

    „Wenn die vom Rektor eingezogen worden sind?", zweifelte Viktor.

    „Ach was, die erwischen nie alle Zettel! Wenn da wirklich welche eingezogen worden sind, gibt’s unter Garantie irgendwo noch mehr davon. Lass mich mal machen!"

    „Lern lieber erst mal anständig schwimmen! Eigentlich ist auch das Rudern viel zu gefährlich für dich. Jetzt lass endlich mich mal ran!"

    Ludwig dachte nicht daran. Als er schließlich dann doch Viktor nach vorn auf die Bank ließ, hatten sie höchstens noch zehn Minuten. Viktor wollte die Zeit nutzen und zog gleich kraftvoll durch, aber durch eine Ungeschicklichkeit – es mochte auch ein Schwanken des Bootes gewesen sein – tauchte das Ruderblatt nicht recht ein und beförderte eine kräftige Ladung Wasser genau auf Ludwig, der im Heck saß. Viktor erschrak und blickte ängstlich und entschuldigend zu Ludwig hin, aber der atmete nur wie erschöpft aus, bewegungslos und ohne eine Miene zu verziehen und mit einem Blick, als wollte er sagen ‚Ich habe es ja gleich gewusst, nicht einmal rudern kann er‘.

    Viktor gestand sich ein, Ludwig konnte tatsächlich besser rudern als er, wenn er auch nicht so gut schwimmen konnte, und im Radfahren war Ludwig auch geschickter. Damals hatte die Köchin Viktor ihr Rad gegeben, ein Damenrad, mit dem er unter der sachten Mithilfe des Zimmermädchens schließlich ganz gut zurechtgekommen war, obwohl er in den Pedalen hatte stehen müssen, weil der Sattel viel zu hoch für ihn war.

    Ludwig aber, kleiner als er, hatte damals das Herrenrad seines Vaters genommen, aber Viktor hatte sogleich gesehen, dass Ludwig, auch wenn er sich nicht auf den Sattel setzen würde, wegen des Oberrohrs unmöglich bis zu den Pedalen reichen würde. Doch Ludwig, was tat der? Er setzte seinen rechten Fuß auf das rechte Pedal, stieß sich mit dem linken zwei, drei Mal ab, wie das auch die Erwachsenen manchmal beim Aufsteigen tun, und streckte dann das linke Bein unter dem Oberrohr durch den Rahmen hindurch, um mit dem Fuß das Pedal auf der linken Seite zu erreichen. Das ergab freilich eine äußerst verquere Haltung, denn er saß – oder besser, er stand – nicht über dem Fahrrad, sondern er hing seitlich daneben, aber er fuhr, wenngleich es ein fast schon artistisches Geschick erforderte, so die Balance zu halten. –

    Nach dem Rudern hatten sie noch Zeit. Sie setzten sich ins Gras und überlegten, was man noch unternehmen könnte. Plötzlich stand Ludwig auf: „Wir gehen vor zur Eisenbahnbrücke; viel zu gefährlich, oben drüberzugehen, aber da weiß ich was."

    Ohne Viktors Antwort abzuwarten, stürmte er los. Wie er auf einmal geschwind draufloslaufen kann, dachte Viktor und eilte hinterher. Ludwig ging unten auf der Uferwiese, nah am Wasser, bis er unter der Brücke stand, und blickte nach oben.

    „Siehst du den Spalt?, rief er Viktor zu, „da schlüpfen wir rein. Sie stiegen die Böschung hoch, aber je weiter sie nach oben kamen, umso mehr Abfall lag herum und umso ekelhafter stank es, und Viktor wollte umkehren.

    „Du bleibst da!"

    An der Unterseite des mächtigen Längsträgers, genau über ihnen, sah man tatsächlich einen Spalt, der bis ans jenseitige Ende der Brücke ging. „Der ist breit genug, da kann man reinkriechen. Das sind nämlich zwei riesige Doppel-T-Träger, machte sich Ludwig wichtig, wer weiß, wo er das herhatte, aber es stimmte, „die ziemlich nah nebeneinanderliegen, aber noch Luft haben. Drinnen kann man stehen, den einen Fuß auf dem linken Träger, den anderen auf dem rechten, und in der Mitte, musst du dir vorstellen, genau unter dir, der Spalt. So kann man dann auch vorwärtsgehen, ein bisschen breitbeinig, klar, aber so kommen wir bis zur anderen Seite rüber! Man muss halt gut schwindelfrei sein, aber passieren kann nichts.

    Ludwig stotterte vor atemloser Begeisterung.

    Sie kletterten die Böschung noch ein Stück weiter hinauf, bis sie nur noch geduckt unter der Brücke kauern konnten. Der Spalt war immerhin knappe zwei Handspannen breit – das sollte reichen! –, allerdings war er auf die ersten Meter mit ein paar schlampig angeschweißten Flacheisen versperrt worden; aber das fand Ludwig gerade gut, weil man sich an ihnen wie an Quersprossen bequem vorhangeln könnte und dann genügend Platz hätte, um tüchtig Schwung zu holen, wie ein Turner am Reck, was er auch sogleich tat, und – schwuppdiwupp! – schon war er mit den Beinen voraus in der Brücke verschwunden.

    Viktor musste drei Mal ansetzen, – „Du musst den Kopf in den Nacken werfen, wenn du die Beine hochschwingst!", rief Ludwig – dann gelang ihm der Aufschwung endlich. Ludwig war bis über die Quersprossen zurückgetreten, sodass Viktor nun vor ihm stand und vorangehen musste. Schon nach wenigen Schritten fühlte Viktor, wie sehr ihm der Rückweg abgeschnitten war. Er ging vorsichtig, in langsamen und kurzen Schritten, und spürte, wie Ludwig ungestüm nachdrängte. Selbst wenn man stolpern und hinfallen würde, beruhigte er sich, konnte man eigentlich nicht durchfallen, man musste sich nur immer so breit wie möglich machen.

    Der enge Gang war düster, und sein Ende, der rettende Ausgang, war in der Ferne kaum zu erkennen. Licht kam nur von unten herein, von der Uferwiese, die jetzt viel heller zu sein schien als vorher, da sie darauf herumgelaufen waren, und dieses Licht genau von unten, das war ungewohnt und ergab ganz fremdartige Bilder. Er solle nicht dauernd so direkt nach unten schauen, rief Ludwig von hinten, und dann sah er, weiter vorne, wie sich in der Wasserfläche, die sie gleich erreichen würden, die Unterseite der Brücke spiegelte, fast schwarz im hellen Himmel. Aber vielleicht sollte er gar nicht so sehr auf das Licht von drunten achten, sagte sich Viktor, denn dann fällt einem erst so richtig auf, wie tief die Uferwiese unter einem lag – Ludwig hatte recht, man musste schon gut schwindelfrei sein. Und passieren könnte ja nichts, hatte er noch hinzugefügt.

    Sie kamen gut voran, und nach einer Weile war ein fernes Sirren zu vernehmen, das sich allmählich in ein leichtes Vibrieren verwandelte und nur sanft zunahm. Aber dann setzte mit der Plötzlichkeit eines Kanonenschlags, aber eines Kanonenschlags, der nicht enden wollte, ein donnerndes Dröhnen ein, übertönt noch durch ein tausendfaches Poltern aus allen Richtungen, und als Viktor die Arme mit höchster Kraft zur Seite gestemmt hatte, um sich festzuklemmen, und glaubte, dass nun das Tosen und Dröhnen nicht mehr stärker werden könnte, nahm es mit einem Sprung noch einmal zu, und Viktor spürte, wie die Brücke rüttelte und schwankte, und er fürchtete, aus ihr herausgeschüttelt zu werden. Mit weit aufgerissenen Augen sah er sich entsetzt zu Ludwig um – jetzt nur nicht den Körper zur Seite drehen, sonst falle ich durch! –, und Ludwig hatte ein so zusammengekniffenes Gesicht, wie er es noch nie bei ihm gesehen hatte, und versuchte zu lächeln, als er merkte, dass Viktor hersah.

    Ebenso unvermittelt trat dann wieder Ruhe ein, nur das schwächer werdende leise Vibrieren spürte man noch eine Weile, und das sich entfernende Sirren war noch zu hören.

    Ludwig sagte gepresst in die plötzliche Stille hinein: „Das war der Express nach Paris."

    Viktor zitterte und konnte nicht mehr weitergehen und überlegte, wie er sich am sichersten umdrehen könnte, wenn sie jetzt hoffentlich wieder zurückgehen würden.

    „Wenn ich allein gewesen wäre, sagte Ludwig auf dem Heimweg, „wäre ich bis ans andere Ufer gegangen.

    Das war keine Angeberei, und Viktor war froh darüber, dass Ludwig nicht weitergegangen war und ihn nicht im Stich gelassen hatte. Er wusste, so etwas würde Ludwig niemals tun, so eklig er manchmal zu ihm auch war. Neulich, beim Klassenausflug, als er gar nicht wissen konnte, dass Viktor zuhörte, hatte er sich bei der Aufgabenverteilung für das Geländespiel lautstark für ihn eingesetzt und wie ein Löwe für ihn gekämpft. Ludwig hielt zu ihm, und es stimmte schon, Ludwig war der Mutigere von beiden, unerschrocken und ungerührt, sobald es darauf ankam. Er dagegen dachte zu viel nach, und der Lehrer hatte gesagt, er überlege überhaupt bei allem viel zu lange.

    Als sie noch kleine Buben waren, hatte Viktors Kindermädchen gelegentlich auch Ludwig zum Spaziergang in den Schlossgarten mitgenommen, und schon damals war zu sehen gewesen, dass Ludwig der Mutigere von den beiden war. „Viktor, du bist ein Hasenfuß", so lautete der Ausruf des enttäuschten Kindermädchens stets, wenn der Draufgänger Ludwig ihren zögernden Viktor wieder einmal mit seiner wilden Entschlossenheit übertroffen hatte.

    Der Spazierweg führte damals gewöhnlich über das Viadukt in der Nähe des Bahnhofs, was für die Kinder ein Hauptspaß war, weil die Rangierlokomotiven, die darunter durchfuhren, dichte Dampfwolken ausstießen, die den darüberliegenden Teil des Viadukts für ein paar Augenblicke in undurchdringlichen Nebel hüllten, in dem man nicht einen Meter weit sehen konnte. Schon bald stellte sich Ludwig, wenn er eine Lokomotive kommen sah, gegen alle Warnungen des Kindermädchens genau über das Gleis, auf dem die Lokomotive nahte, hielt sich am Geländer fest, schaute nach unten und wartete verzückt, bis ihn die Lokomotive einhüllte. Oder er rannte in vollem Lauf in eine Dampfwolke hinein, die wie eine feste Wand vor ihm stand, mit den Armen wild rudernd, als ob er die weiße Watte vor sich teilen müsse.

    Es hatte lange gedauert, bis auch Viktor das riskierte. Er fing ganz vorsichtig an, indem er sich nicht genau über das Gleis stellte, sondern ein wenig seitlich versetzt, und nahm anfangs schon bei den ersten Dampfschwaden, die ihn berührten, Reißaus. Erst allmählich wurde er mutiger, und man sah, wie er es genoss, das Gruselige und Furchteinflößende immer leichter zu überwinden. Anfangs hielt er die Luft noch an, später sog er den weißen Dampf vorsichtig ein, er war warm und roch nach Abenteuer, nach Öl und heißen Maschinenteilen, durchmischt mit dem Kohlenqualm des Kesselfeuers.

    Einmal allerdings, auf dem Heimweg, war Ludwig in vollem Lauf mit einem entgegenkommenden riesenhaften Hund zusammengeprallt, der von seinem Herrn an kurzer Leine gerade durch eine solche Wolke hindurchgezerrt wurde. Ludwig fiel durch den Aufprall zu Boden, spürte über sich das mächtige Tier mehr, als dass er es gesehen hätte, und er erschrak so entsetzlich, wie er noch nie in seinem Leben erschrocken war, und der Hund, mindestens ebenso erschrocken wie er, stieß seine Panik in einem anhaltenden, grauenhaften Schrei heraus, bevor dann sein Brüllen in ein wütendes Gebell überging, das noch lange anhielt. Viktor, obwohl selbst gar nicht betroffen, hatte vor sich hingeheult, bis sie zu Hause waren, Ludwig dagegen, obwohl nun viel ernster als sonst, war still geblieben.

    Wie er so an diese Szenen von früher dachte, kam Viktor ein Ausspruch von Pfarrer Liedel neulich in den Sinn, als Ludwig bei einer verwegenen Flanke über einen Zaun bei der Landung in knietiefen Morast geraten war; ein Ausspruch, bei dem es um Dummheit und Mut ging, das wusste er noch, der ihm aber, solange er auch mit den Worten herumprobierte, nicht mehr vollständig einfallen wollte, bis er ihn dann am Abend vor dem Einschlafen plötzlich ganz deutlich mit der Stimme des Pfarrers wieder im Ohr hatte: ‚Die Grenze zwischen Mut und Dummheit‘, so hatte es der Pfarrer formuliert, ‚ist nicht zu ziehen.‘

    3_Spielplatz Autogarage

    Ihr liebster Ort zum Spielen, obwohl das nicht gern gesehen wurde, war die Garage, jedenfalls bei Regenwetter. Das Gebäude war seinerzeit als noble Remise für die Kutschen und wohl auch für die Pferde errichtet worden, eine geräumige Halle mit großen Oberlichtern und drei weiten Flügeltoren zur Straßenseite hin. Der Boden war mit geriffelten beigen Steinzeugplatten gefliest, und jede Wagenbox war mit einem Wasseranschluss versehen, von dem aus flache Rinnen zum zentralen Bodenablauf führten.

    Es war ihnen strikt verboten, in der Garage Ball zu spielen oder gar in die Automobile einzusteigen. Das Ballspielverbot einzuhalten, fiel Viktor nicht weiter schwer, war er doch da ohnehin kein großer Held. Vor allem Fußball mochte er gar nicht, im Gegensatz zu Ludwig, dem die Namen der berühmten Spieler und auch die der wichtigsten Vereine geläufig waren. Viktor fielen da, wenn ihn Ludwig streng abhörte, höchstens zwei oder drei Namen ein, und auch bei denen war er sich nicht sicher. Die Automobile interessierten ihn da schon wesentlich mehr, und so hätte er gegen das Einsteigeverbot gewiss hin und wieder einmal verstoßen, wenn ihn nicht Ludwig immer wieder daran gehindert hätte. Es war eigenartig, sobald sie beim Spielen die Garage betraten, tat Ludwig so, als ob er der eigentlich Verantwortliche sei. Dabei waren das doch die Automobile seines Vaters, sagte sich Viktor, also war das auch die Garage seines Vaters. Doch Ludwigs Vater, der Chauffeur Herkommer, war eben der Chef der Garage, das war Viktor schon klar. Aber daraus schien Ludwig seine besondere Zuständigkeit abzuleiten und machte ihn auf das Einsteigeverbot auch dann vorsorglich aufmerksam, wenn er gar nicht vorhatte, in einen Wagen einzusteigen.

    Dabei verstand er ja von Autos viel mehr als Ludwig, nicht nur, weil er von seinem Vater häufig mitgenommen wurde, sondern weil sein Vater viel schöner und viel interessanter zu erklären wusste als Ludwigs Vater, der Chauffeur, der der Auffassung war, dass das alles viel zu schwierig und außerdem allein seine Sache sei und die Buben sowieso nichts anzugehen habe; war es doch schon lästig genug, dass sich der Konsul, besonders bei privaten Ausfahrten, immer wieder einmal als Herrenfahrer versuchte und seinen Chauffeur auf den Beifahrerplatz verwies oder ihn, fast schlimmer noch, ganz zu Hause ließ.

    Zu den höchsten Vergnügungen Viktors gehörte es, sich in einem der Wagen ans Steuer zu setzen und zu fahren, freilich nur im Stand, am liebsten in dem großen Reisewagen, der ihm mit seiner gewaltigen Motorhaube und dem Kühler vorkam wie ein mächtiges Schlachtschiff. Die Gelegenheit dazu ergab sich nur selten in der Garage, weil er befürchten musste, von Ludwig belästigt zu werden, was er zu vermeiden suchte, vor allem wegen Ludwigs frecher Amtsanmaßung dabei. Aber wenn er seinen Vater begleiten durfte, dann war seine Stunde gekommen, und er blieb, wenn sein Vater ausstieg, um irgendwo etwas zu erledigen, gern im Wagen zurück, um den Platz am Lenkrad einzunehmen. Er setzte sich dann ganz vorn auf die Kante des Polsters, so konnte er das Lenkrad, das viel größer war als seine Schultern breit, gut erreichen, und wenn er sich streckte, kam er, ganz im Gegensatz zu Ludwig, bis zum Kupplungsund zum Bremspedal hinunter und sogar bis zum Gashebel, von dem sein Vater sagte, dass das eigentlich kein Hebel, sondern ebenfalls ein Pedal sei, das er manchmal altmodisch auch den ‚Akzelerator‘ nannte. So hätte das in der Vorkriegszeit geheißen.

    Sodann begann die eigentliche Arbeit. Als Erstes musste der Motor gestartet werden, er wählte meistens den schwierigeren Kaltstart. Dazu waren ganz bestimmte Vorbereitungen zu treffen, das hatte er genau beobachtet. Wenn man dabei einen Fehler machte oder eine der Einstellungen ganz vergaß, sprang der Motor nicht an. Das war schlimm, denn wenn er nicht gleich angesprungen war, dann konnte es lange dauern, bis man ihn in Gang brachte, und wenn man Pech hatte, waren vorher die beiden Akkumulatoren, die vorn auf den Trittbrettern draußen saßen, erschöpft.

    Zunächst war am rechten der drei Flügelhebel, die in der Mitte auf dem Lenkrad saßen, die Zündung auf spät zu stellen. Als Nächstes musste sodann für einen ordentlichen Leerlauf am zweiten Flügelhebel, der nach unten zeigte, das Standgas ein wenig erhöht werden; und schließlich durfte man auch nicht vergessen, links, mit dem dritten Hebel, das Gemisch von ‚normal‘ auf ‚fett‘ zu stellen. Ein kleiner silberner Knopf direkt neben dem Zündschloss auf der Schalttafel, zu dem ihm aber der Schlüssel fehlte, war für den Anlasser zuständig. Er konnte ihn bei seinen Übungen unbesorgt betätigen, also richtig draufdrücken, denn ohne den Zündschlüssel sagte der Anlasser kein Wort. Trotzdem spürte er immer wieder eine gewisse Spannung dabei und zögerte stets erst einen Augenblick, bevor er dann vorsichtig, als ob vielleicht doch etwas Unerwartetes passieren könnte, auf den Knopf drückte. Er ahmte das Geräusch des elektrischen Anlassers nach, wie er den Motor mühsam durchdrehte und wie dieser dann ansprang, nahm sogleich Spätzündung, Gemisch und Standgas wieder ein wenig zurück, was er natürlich auch bei der Nachahmung des Motorgeräuschs berücksichtigte. Nach einer gewissen Zeit des Warmlaufens durfte man dann den Leerlauf und das Gemisch auf normal stellen, während man wegen der niederen Tourenzahl die Zündung noch auf genügend spät stehen lassen sollte.

    Gar nicht einfach war sodann das Anfahren. Dazu musste er, so gut es ging, auf der Sitzkante noch weiter nach vorne rutschen und dann mit dem linken Fuß das Kupplungspedal, das arg schwer ging, möglichst bis zum Bodenbrett durchtreten und den ersten Gang einlegen. Sodann war höchste Aufmerksamkeit geboten: Mit dem rechten Fuß musste er nach Öffnen der Handbremse vorsichtig etwas Gas geben, um die Tourenzahl zu steigern, und gleichzeitig mit dem linken Fuß ganz langsam das Kupplungspedal auslassen. Beim Ganghebel wäre es ihm sehr willkommen gewesen, wenn auf dem Knauf oben angegeben gewesen wäre, wo die einzelnen Gänge liegen, wie er das bei kleineren Autos schon öfter einmal gesehen hatte, aber er wusste, dass sein Vater, mit dem er darüber gesprochen hatte, in einer solchen Markierung eher eine Konzession an stümperhafte Fahrer sah, die beim Schalten erst geschwind einen kurzen Blick auf den Ganghebel werfen mussten.

    Er hoffte ja, dass sein Vater irgendwann einmal den Zündschlüssel stecken lassen würde, dann würde er den Motor tatsächlich anlassen, wenn auch selbstverständlich nicht mit dem Wagen losfahren, wiewohl er nicht im Geringsten daran zweifelte, dass er in der Lage sein würde, diesen Wagen, den er, wenn auch nur im Stand, bei allen Geschwindigkeiten und in allen Gängen schon fast perfekt in der Hand hatte, auch im fahrenden Zustand zu beherrschen.

    Noch nicht ganz im Klaren war sich Viktor über jenen Flügelhebel, an dem ‚Gemisch‘ stand und was bei ihrem Buick ‚Mixture‘ hieß. Man konnte ihn von ‚normal‘ nach ‚fett‘ oder über eine Raste hinweg auch nach ‚mager‘ verschieben, und das bedeutete, wie ihm sein Vater erklärt hatte, es kommt im Vergaser mehr oder weniger viel Benzin zur angesaugten Luft. Dass dieser Hebel beim Anlassen des Motors auf ‚fett‘ zu stellen war, leuchtete Viktor ja noch ein; auch dass er dann auf ‚normal‘ verschoben werden musste, sobald der Motor mit dem dann nicht mehr so fetten Gemisch ohne zu stottern auskam, auch das war einleuchtend, zumal man das, auch wenn man nur danebensaß, sofort spürte, weil der Motor plötzlich besser zog. Aber wozu konnte man den Hebel dann über ‚normal‘ hinaus noch ein ganzes Stück auf ‚mager‘ zubewegen? Sein Vater, den er danach fragte, sprach davon, dass der Motor dann allerdings zu heiß werden könnte, und den Herrn Herkommer scheute er sich zu fragen, weil er genau gespürt hatte, dass sein Vater bei seiner Antwort nicht ganz sicher gewesen war und sich herausstellen könnte, dass der Chauffeur womöglich besser Bescheid wusste als sein Vater. Als er ihn schließlich dann doch einmal fragte, setzte Herkommer eine pfiffige und, wie es Viktor schien, allzu besserwisserische Miene auf und sagte:

    „Mit diesem Hebel hat dein Herr Papa im letzten Sommer, als wir von Verona zurückfuhren, am St. Gotthard beinahe den großen Achtzylinder ruiniert. Das war sehr gefährlich! Raufwärts bin ich gefahren, da lief alles wie am Schnürchen, nicht ein einziges Mal haben wir mit kochendem Kühler anhalten müssen! Aber runterwärts, da wollte der Herr Konsul absolut selber fahren, und da hat er dann vergessen, den Gemischhebel, der oben in der dünnen Luft ziemlich auf ‚mager‘ gestellt war, allmählich wieder auf ‚normal‘ zu stellen, und deshalb wurde dann drunten, auf Altdorf zu, als man wieder ein bisschen länger richtig Gas geben musste, der Motor viel zu heiß, und der Kühler fing an zu kochen, und als wir anhielten, blieb der Motor sogar ganz stehen! Und gestunken hat er! Und gequalmt, oh jeh! Bei mir hat er bei der stundenlangen Bergauffahrt – das geht ja schon hinter Biasca los! – nicht ein einziges Mal gekocht!"

    Herkommer hatte sich schon wieder an die Arbeit machen wollen, da kam er noch einmal zu Viktor zurück – das Thema schien ihn doch sehr zu beschäftigen.

    „Dabei hatte sich der Herr Konsul diese erweiterte Gemischregulierung in Untertürkheim für ein Heidengeld noch selber einbauen lassen! Da kann man jetzt nämlich nicht nur von normal auf fetter gehen, sondern auch auf magerer als normal. Damit läuft das Auto in der dünneren Luft oben in zweitausend Metern Höhe wie der Teufel, auch bergauf, aber man muss halt auch etwas von der Sache verstehen!"

    Und dann kam noch hinterher, worüber sich Viktor besonders ärgerte: „Mit Geld allein ist es nicht getan!"

    Der Umgang mit diesem Gemischhebel jedenfalls schien Viktor eine Kunst für sich zu sein. Aber sonst kannte er sich mit diesen Flügelhebeln gut aus, und er war sogar noch stolz darauf, dass ihn seine elegante Mama neulich bei einer Fahrt mit dem Buick angefaucht hatte, weil er ihr einen unerbetenen, aber eben zutreffenden Hinweis gegeben hatte.

    „Spätzündung!", so hatte er ihr zugerufen, als sie an der Tankstelle langsam zur Zapfsäule hinrollten, denn er hörte das sofort am harten Klang des Motors.

    „Wenn du da hinten nicht gleich den Mund hältst, kehren wir um, und ich lade dich zu Hause wieder aus!", hatte seine Mutter geantwortet, die mit dem Fahren ohnehin schon mehr als genug zu tun hatte. –

    Auch sonst war die Garage ein wunderbarer Ort. Schon beim Eintreten konnte man den Duft von Gummi, Öl und Benzin schnuppern und sich, wenn draußen schlechtes Wetter war, zum Spielen und Erzählen auf die breiten Trittbretter setzen, die ja nicht nur beim Einsteigen, sondern auch während der Fahrt, vor allem bei Dunkelheit, von Nutzen sein konnten. Denn immer wieder in diesen frühen Jahren des Automobilverkehrs kam es vor, dass am Abend Feldhasen in die Scheinwerferkegel gerieten, in panischem Zickzack geblendet hin- und herrannten und dann doch, obwohl sie leicht ins Grüne zurück hätten fliehen können, vom Auto erfasst wurden. Herkommer pflegte dann anzuhalten und legte den blutigen toten Hasen draußen auf das Trittbrett.

    Viktor war überrascht, als ihm einmal Ludwigs Mutter, die sich darauf verstand, die Hasen in eine besondere Beize einzulegen und zu schmoren, nach einer solchen abendlichen Fahrt am nächsten Tag das abgezogene graubraune Hasenfell zeigte. Hatte er doch immer geglaubt, dass Hasen weiß seien, denn im gleißenden Licht der Scheinwerfer waren sie immer hell weiß aufgeschienen.

    Viktor mochte von diesen Hasenbraten, die von allen im Hause gelobt wurden, nichts essen, er musste immer an die toten Hasen denken, wie sie blutig auf den Trittbrettern lagen; dem Ludwig dagegen, der meistens sogar beim Ausnehmen und Abziehen half, machte das nichts aus. Nur der Konsul, dem man stets anstandshalber ein schönes Stück nach oben brachte, gab zu bedenken, dass man da doch leicht einmal auf Knochensplitter beißen könnte, dem aber Herkommer stets entgegenhielt, dass man die gesplitterten Knochen und auch die kleineren Splitter gut aus den Beinen habe herauslösen können, was sich von den bleiernen Schrotkugeln der herkömmlichen Hasenjagd gewiss nicht sagen lasse, aber man habe jedenfalls für den Herrn Konsul ein Stück vom Rücken, der ohnehin das Beste am Hasen sei, ausgewählt.

    Eines Tages kamen sie in der Garage auf die Idee, in den Ablaufrinnen, die vom Wasserhahn in jeder Box bis zum Bodenrost des zentralen Abflusses verliefen, Papierschiffchen schwimmen zu lassen. Wenn man alle Hähne aufdrehte, entstand eine sanfte Strömung durch die ganze Halle bis hin zum zentralen Bodenablauf. Allerdings verschwanden die kleinen Schiffchen am Ende ihrer kurzen Reise allzu leicht zwischen den Stäben des Abflussgitters, und falteten sie sich größere, so blieben diese im doch recht flachen Wasser schon an den geringsten Untiefen hängen. Als auch das volle Öffnen der Wasserhähne zwar Besserung, aber noch nicht die entscheidende Abhilfe brachte, holte Viktor den Wasserschlauch, und stets, wenn irgendwo ein Schiffchen aufzulaufen drohte oder gar schon festsaß, erhöhte er mit einem wohlgezielten Wasserstrahl in einem großen Bogen quer durch die Wagenhalle den örtlichen Wasserstand hinter dem Schiffchen, das so in wenigen Sekunden wieder freikam.

    Plötzlich aber stürzte Vater Herkommer, der das Rauschen der weit geöffneten Wasserhähne gehört haben musste, in die Halle.

    „Seid ihr verrückt geworden?", brüllte er noch unter der Tür, riss Viktor den Schlauch aus der Hand und drehte fluchend einen Wasserhahn nach dem anderen zu.

    „Die frisch gewaschenen Wagen total eingesaut!, schimpfte er, „stundenlang poliert und alles für die Katz! Habt ihr denn überhaupt keinen Verstand? Der Teufel soll euch holen!

    Dann verstummte er plötzlich und jeglicher Zorn verschwand aus seinem Gesicht. Er zitierte Ludwig mit einer Handbewegung an seine Seite und ging mit ihm gemessenen Schritts und in einem fast schon feierlichen Ernst zur Werkzeugkammer. An der Tür angekommen, ließ er Ludwig, der mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern, folgsam und stumm wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank, neben seinem Vater hergegangen war, vorangehen.

    Viktor horchte beklommen zur Werkzeugkammer hinüber. Es geschah nichts. Er trat langsam näher und lauschte. Nichts, kein Wort. Ab und zu ein paar unregelmäßige Schritte von Herkommer, hin und her, als ob er irgendwelche Vorbereitungen träfe.

    Viktors Verhältnis zum Chauffeur Herkommer war schon immer merkwürdig gespalten. Gewiss, Herkommer, der ja mit Ludwig einen Sohn gleichen Alters hatte, bemühte sich meistens recht freundlich und mit hilfsbereiter Zuwendung um Viktor, gewiss wohl auch deshalb, weil er damit seinem Ansehen bei Viktors Vater, dem Konsul, aufzuhelfen hoffte; und Viktor erwiderte diese Freundlichkeiten durchaus, aber er blieb dennoch immer ein wenig auf Distanz, weil er Herkommer, ob er wollte oder nicht, stets mit einem Hauch von Misstrauen begegnete. Er wusste selbst nicht recht warum.

    Der Grund war eine lächerliche Geschichte, die schon Jahre zurücklag und an die sich Viktor nur noch dunkel erinnern konnte. Herkommer war damals im Grünen Baum bei der Versammlung irgendeiner dieser Proletenparteien, wie Viktors Mutter das nannte, als Redner aufgetreten, nicht als der Hauptredner zwar, aber gesprochen hätte er eben doch länger, vielleicht hatte er sich auch nur zu Wort gemeldet, jedenfalls sei das alles ziemlich aufrührerisch gewesen und war seiner Mutter über die Hausschneiderin, die selbst empört schien, überbracht worden. Frau Zabener war beunruhigt gewesen und hatte ihrem Mann, dem Konsul, bei Tisch davon berichtet.

    „Ach, dieser Herkommer, mach’ dir da mal keine Sorgen, das ist ein ordentlicher Kerl! Er war im Krieg einer meiner zuverlässigsten Unteroffiziere."

    „Aber wenn er auf die schiefe Bahn gekommen ist, ich meine politisch, und da aufwieglerische Reden führt? Das ist gefährlich, auch für uns!"

    „Ach, auf den hört doch niemand, hatte der Konsul abgewinkt, „der Herkommer, das ist doch ein ganz Kleiner!

    Das war der einzige Satz, den Viktor verstanden und noch lange behalten hatte. Was mochte das wohl bedeuten, ein ganz Kleiner zu sein? Herkommer war doch ein großer, kräftiger Mann, den sein Vater aber, der eher etwas zierlicher war, als einen ‚ganz Kleinen‘ bezeichnet hatte. Das musste etwas anderes bedeuten. Was ist das, ein Kleiner?

    Der rätselhafte Satz war in einer Zeit gefallen, in der Viktor gerade zu lesen begonnen hatte; Schilder, Zeitungsüberschriften, noch keine ganzen Sätze; vor allem Großbuchstaben hatten es ihm angetan. Da war ihm auf der Rückseite der Zeitung, in der sein Vater gerade gelesen hatte, eine ganze Seite mit lauter Inseraten aufgefallen, und über die ganze Seitenbreite stand darüber in großen Versalien und so für ihn leicht zu entziffern:

    K L E I N EA N Z E I G E N !

    Nun, dass Leute, die Unrechtes getan haben, also Diebe, Räuber und Einbrecher, angezeigt gehören, das hatte er während der Spaziergänge vom Kindermädchen und auch auf Autofahrten von seinem Vater schon oft gehört. Aber nicht nur diese sollte man anzeigen, sondern eben auch die Kleinen, das hatte er von nun an gewusst. Auch von den Kleinen konnte also eine Gefahr ausgehen.

    So hatte der Metteur, der diese Zeitungsseite eingerichtet hatte, durch seinen sorglosen Umgang mit dem Ausrufezeichen, das Viktor von gelegentlichen Fahrten mit der Eisenbahn (‚Nicht hinauslehnen!‘) ja auch schon kannte, dafür gesorgt, dass Viktor in dieser Überschrift eine Aufforderung sah, einen öffentlichen Befehl gewissermaßen, und so hatte der Metteur damit ungewollt den Chauffeur Herkommer auf Jahre hinaus bei Viktor ins Zwielicht gerückt und Viktors Verhältnis zu ihm auf lange Zeit getrübt. Eine solche Trübung, die man fast schon eine verborgene Vergiftung nennen kann, ist desto beständiger, je weniger sich der Betroffene an Ursprung und Herkunft erinnern kann.

    Offenbar war es eben aus irgendeinem Grunde verwerflich, hatte Viktor damals gedacht, ein Kleiner zu sein, und wahrscheinlich war es sogar gänzlich verboten, sich als Kleiner zu betätigen. So musste es wohl sein. Seinen Vater, der doch mindestens ein Mitwisser gewesen zu sein schien, hatte er damals nicht fragen mögen und diese Geschichte inzwischen so gut wie vergessen.

    Dann endlich hörte Viktor aus der Werkzeugkammer die klatschenden Schläge eines Lederriemens auf Ludwig niedersausen. Doch es waren nicht Schläge in dichter Folge, sondern lauter einzelne, wenn auch mächtige Peitschenhiebe, zwischen denen immer wieder Pausen lagen, weil Herkommer zu jedem Schlag einen langsam gesprochenen und fast feierlichen Kommentar abgab, den Viktor draußen gut verstehen konnte.

    Das war nicht heißer Zorn, das war kalte Grausamkeit. Viktor spürte sofort, schon nach dem zweiten oder dritten Schlag: Diese Pausen, das war die eigentliche Qual. Von Ludwig dagegen war nichts, nicht einmal ein Stöhnen oder auch nur ein Schnaufen zu hören. Herkommer zählte laut mit:

    „V i e r ! – Bei dir ist es schade um jeden Schlag, der danebengeht!"

    „F ü n f ! – Wer seine Kinder liebt, der züchtigt sie!"

    „S e c h s ! – Mir tun diese Schläge mehr weh als dir! Aber ich werde jedes Opfer bringen, um aus dir einen anständigen Menschen zu machen."

    „S i e b e n ! – Es ist meine Pflicht, das zu tun! Ich muss mich aufopfern dafür, aber dieses Opfer bringe ich gern."

    „A c h t ! – Du musst für deine Taten einstehen wie ein Mann! Jeder muss das!"

    „N e u n ! – Und du musst einstehen auch für die Taten anderer.

    Du hast die Verantwortung. Der Viktor hielt den Schlauch in der Hand – aber ihn kann ich nicht bestrafen."

    „Z e h n ! – Du wirst dich herrlich frei fühlen hinterher. Denn Sühne macht frei!"

    Dann war nichts mehr zu hören, auch keiner dieser entsetzlichen Rechtfertigungskommentare mehr. Oh, wie grausam Ludwigs Vater doch sein konnte! Wie unbarmherzig und kalt! Dieser sonst so freundliche und hilfsbereite Mann, der seinen Vater jeden Morgen mit der Schirmmütze in der Hand und einer Verbeugung begrüßte; der ihm zum Einsteigen auf das Höflichste die Wagentür öffnete und sie wieder schloss, um sich dann im Eilschritt zur Fahrertür zu begeben; der Viktors Mutter, wenn sie einmal mitfuhr, beim Einladen und Einsteigen geradezu umschwänzelte.

    Uns gegenüber – Viktor schlug sich plötzlich ganz auf die Seite seines Vaters – uns gegenüber ist er immer der aufmerksame, dienstbereite Mann, der sich stets unterordnet – Vater ahnte ja nicht, was für ein Tyrann sein Chauffeur sein konnte!

    Nach einer Weile hörte Viktor, wie Herkommer seinen Sohn zu trösten begann. Er sprach jetzt in einem ungleich freundlicheren Ton, aber es war kein aufrichtiger Trost. Später ging dann, ohne ihn auch nur einen Augenblick anzusehen, Ludwig an ihm vorbei, mit einem Gesicht perfekter Verschlossenheit, in dem kein Bedauern oder gar Reue, kein Schmerz und erst recht keine Verzweiflung abzulesen war. Unnahbar kam er Viktor plötzlich vor, und als er sich beim Verlassen der Halle noch einmal zur Werkzeugkammer umwandte, war das nur noch ein kalter Blick voller Hass und Verachtung. Viktor erschrak vor diesem Blick, wie er schon manchmal vor Ludwig erschrocken war, und zugleich bewunderte er Ludwig fast. –

    Mit der Anmeldung zum Gymnasium wurde Ludwigs Bindung an seinen Vater endgültig zerstört. Sein Vater war anfangs ganz gegen das Gymnasium gewesen und sagte etwas von einem ordentlichen Beruf, den er erlernen sollte. Bei Viktor sei das etwas anderes, tat er Ludwigs Einwände ab. Dabei war Ludwig doch in allen Fächern so gut wie Viktor und im Turnen sogar besser. Der alte Herkommer aber war störrisch und ließ sich nur zögernd von seiner Frau überreden. Letzten Ausschlag gab dann ein Wort des Konsuls, der dabei freilich auch daran dachte, dass es ganz nützlich sein könnte, wenn Viktor im Gymnasium seinen Milchbruder mit dabeihätte.

    Also schnitt Herkommer schließlich dann doch von Ludwigs altem Schulranzen brummend die beiden Schultergurte ab und ließ vom Schuster oben einen Griff aus Kernleder drannähen, damit Ludwig eine Aktenmappe hätte.

    „Das reicht so bis zur Quinta oder Quarta. Wer weiß, ob du es bis dahin überhaupt schaffst!"

    Von mir aus bis zur Tertia, dachte Ludwig, der umgebaute Schulranzen machte ihm nichts aus. Hauptsache, man ließ ihn zusammen mit Viktor aufs Gymnasium gehen. Aber der verächtliche Zweifel seines Vaters und die geringen Aussichten, die er ihm gab, hatten ihn gekränkt und ihm seinen Vater mehr entfremdet als alle Prügel, die er bis dahin sich eingefangen hatte.

    Als nach den Ferien das Gymnasium dann begann, wurde er jeden Tag aufs Neue an diese Bemerkung seines Vaters erinnert. Denn jeden Morgen, wenn er das Klassenzimmer betrat, schlug ihm schon an der Tür der Duft des Leders der neuen Aktentaschen entgegen – so riechen nur die Klassenzimmer der Sextaner. Er blickte dann manchmal trotzig zu seinem abgescheuerten Schulranzen hinunter. ‚Dem Alten werde ich es erst noch zeigen. In spätestens zwei Jahren werde ich mich mit Viktor über Dinge unterhalten, von denen er keinen blassen Schimmer hat.‘ –

    Viktor zögerte einen Augenblick an der Tür zum Herrenzimmer, dann klopfte er vorsichtig an, denn er fürchtete zu stören. Aber sogleich hörte er die Rückfrage seines Vaters und ohne Pause dazwischen auch gleich seine Antwort darauf:

    „Ja? – Bitte!"

    Der Konsul faltete in seinem Lesesessel die Zeitung zusammen, lächelte Viktor aufmunternd zu und klopfte mit der Hand auf seine Knie und Oberschenkel, die Aufforderung für Viktor, sich da hinzusetzen. Da war er schon als kleines Kind bei den ersten Zwiegesprächen mit seinem Vater gesessen, und der Konsul wusste, wenn Viktor bei ihm im Herrenzimmer erschien, was nur noch gelegentlich geschah, dann beschäftigte ihn etwas Besonderes.

    „Bald wirst du mir zu schwer sein, Viktor!"

    „Bitte um eine nur kurze Audienz!, tat Viktor überkorrekt. „Stell dir vor, der Ludwig hat ein Koppel mit Schulterriemen!

    Der Konsul zog aufmerksam die Augenbrauen hoch, und Viktor erzählte ihm, wie er vor zwei Tagen, zusammen mit Bienchen, unten im Souterrain bei Frau Herkommer gewesen sei, um für die Köchin

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1