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Von den hellen Farben der Seele: Wie wir lernen, aus uns selbst heraus zu leben
Von den hellen Farben der Seele: Wie wir lernen, aus uns selbst heraus zu leben
Von den hellen Farben der Seele: Wie wir lernen, aus uns selbst heraus zu leben
eBook301 Seiten3 Stunden

Von den hellen Farben der Seele: Wie wir lernen, aus uns selbst heraus zu leben

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Über dieses E-Book

Die hellen Farben der Seele – gemeint sind die spezifisch menschlichen Werte wie Freiheit, Verantwortlichkeit, Liebe, Mut, Hoffnung, Kreativität, Spiritualität, das, was Sinn und Freude am Leben macht. Sind aber nicht vor allem die dunklen Farben der Seele unsere innere Realität? Diese Nachtseite des Lebens gibt es selbstverständlich! Und keinesfalls darf sie verschwiegen werden. Doch der Seele helle Farben, die im »geistig Unbewussten« (Viktor Frankl) gründen, kommen viel zu kurz: in den Wissenschaften, im gesellschaftlichen Leben, im konkreten Dasein der Menschen überhaupt.
Von den hellen Farben der Seele handelt Uwe Böschemeyers neues Buch. Sein Konzept nennt er die Wertorientierte Persönlichkeitsbildung (WOP®), die er als einen eigenständigen Entwurf, zugleich als ein logotherapeutisches Präventionskonzept versteht.
»Prof. Böschemeyer setzt mit diesem Werk ein neues Land auf die Karte der helfenden Berufe – es ist ein Land der Zuversicht, der Hoffnung und zugleich ein Land, in dem es der Seele erlaubt ist, zu wachsen, wenn die Zeit des Wachstums gekommen ist. Nur den erfahrenen und behutsamen Händen eines großen Therapeuten will man ein solches Land anvertrauen; hier ist es in besten Händen.«
Alexander Batthyány, Wien
SpracheDeutsch
HerausgeberecoWing
Erscheinungsdatum22. Nov. 2018
ISBN9783711052377
Von den hellen Farben der Seele: Wie wir lernen, aus uns selbst heraus zu leben

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    Buchvorschau

    Von den hellen Farben der Seele - Uwe Böschemeyer

    können.

    TEIL 1

    PRÄGUNGEN

    WIE ICH WURDE,

    WAS ICH BERUFLICH BIN

    DAS GESPRÄCH MIT DEN STERNEN

    Da sind zuerst die Sterne. In den letzten zwei bis drei Schuljahren verging kaum ein Abend, an dem ich nicht in den Feldern und Wiesen unseres Dorfes die Sterne angeschaut hätte. Ihre Namen interessierten mich nicht. Es war auch kein bestimmter Stern, der meinen Blick angezogen hätte. Es war der Sternenhimmel, den ich bewunderte. Oft blieb ich stehen und schaute und schaute. Dann wurde mein Atem ruhiger, tiefer, weiter. Fragen kamen auf: Wandern die Sterne oder bleiben sie stehen? Wer oder was hält sie? Woher kommen sie überhaupt? Wie alt mögen sie sein? Wie weit sind sie von mir entfernt? Wie klein bin ich doch, und wie weit ist der Himmel über mir! Wenn ich in den Sternenhintergrund sehen könnte – käme ich an ein Ende? Und was wäre dann?

    Erst jetzt, nach einigen Jahrzehnten, geht mir auf, welche Bedeutung diese abendlichen Wanderungen tatsächlich für mich hatten. Denn die eben angedeuteten Fragen greifen auch heute noch nach mir. Wozu ist diese Welt da? Ist sie geworden, oder ist sie erschaffen? Wird hier Regie geführt? Und wenn ja, wer oder was ist das? Das Seltsame ist nur, dass die Fragen mich schon damals nicht ängstigten. Sie vermittelten mir vielmehr den Eindruck, von »guten Mächten« umgeben zu sein.

    In jener Zeit bekam ich ein Büchlein von Willy Kramp in die Hand: Vom aufmerksamen Leben. Darin schrieb der Autor Sätze, die ich immer wieder las, und ich vermute, dass diese Sätze mich, mein Denken und meine Beziehung zu den Menschen, die sich mir später anvertrauten, mitgeprägt haben: »Wenn am abendlichen Himmel die jungen, blassen Sterne sichtbar werden, so erkennen wir sie nicht, indem wir unmittelbar auf sie starren, sondern indem wir sie, leise an ihnen vorbeistreifend, zum Welthintergrund hin mitnehmen. Es ist das Geheimnis hier im Spiel, dass wir die Dinge nicht gewinnen, indem wir … herrscherlich nach ihnen greifen. Es gilt vielmehr, ehrfürchtig vor fremden Wesen, fremdem Schicksal innezuhalten, immer dessen eingedenk, dass Dinge und Gestalten und menschliche Schicksale von einem anderen, einem Eigentlichen durchpulst sind, aus dem heraus sie ihr Leben haben.«

    Wenn ein Mensch einem anderen begegnet, neigt er dazu, sich von ihm »ein Bild zu machen«. Vielleicht erinnert er ihn an jemand anderen, vielleicht entstehen gleich sympathische oder unangenehme Gefühle, vielleicht aber auch ist er gleich »mit ihm fertig«.

    Den Kern eines Menschen erfahren wir gar nicht rasch, weil er zunächst verborgen ist durch all das Fremde, das sich durch die Jahre hindurch um seine Seele gelegt hat. Deshalb gilt für mich das Gleiche wie beim Anblick der Sterne: Ich »starre« nicht auf meinen Besucher, ich »registriere« nicht, was er mir »mitteilt«. Während er zu sprechen beginnt, nehme ich ihn an, nehme ich ihn auf, warte ich auf Gesten seiner Seele, die mir sein Körper vermittelt, beginne ich, ihn zu erkennen.

    WAS DIE THEOLOGIE IN MIR BEWIRKTE

    Einmal im Jahr fand in einem Wald in der Nähe meines Dorfes ein Missionsfest statt. Missionare aus Afrika erzählten mit großer Begeisterung von ihrer Arbeit. Ein Posaunenchor umrahmte die Veranstaltung, vor der ich jedes Mal mächtige Angst hatte. Weshalb? Weil ich fürchtete, ich würde in ein paar Jahren auch Missionar werden und nach Afrika auswandern müssen.

    Dabei hatte mich niemand jemals auf diese Möglichkeit angesprochen. War das ein erstes Zeichen für das, was ich einmal werden sollte? Die Männer waren so überzeugend, so hingebungsvoll, so herausfordernd … Stattdessen dachte ich darüber nach, Theologie zu studieren. Auch auf diese Möglichkeit war ich von niemandem angesprochen worden. Ich las, als ich die Schule noch nicht abgeschlossen hatte, mit großer Begeisterung theologische Bücher. Zunehmend spürte ich den Drang, das, was ich gelesen hatte, weiterzugeben. Zwei Jungs aus einem Schuhladen hörten mir aufmerksam zu, während wir abends durch Felder, Wiesen und Wälder gingen und hin und wieder zu dritt andächtig vor einem endlos glänzenden Sternenhimmel stehen blieben. Mein Entschluss, Theologie zu studieren, vertiefte sich.

    Für dieses Studium hatte ich mich schließlich entschieden, weil mich wie Martin Luther die Frage gepackt hatte: »Wie kriege ich einen gnädigen Gott?« Ich studierte mit Fleiß, aber eine befriedigende Antwort auf diese Frage gab mir die wissenschaftliche Theologie nicht. Auch später nicht die angewandte Theologie – nicht in meiner zweijährigen Tätigkeit als Pfarrer einer Hamburger Kirchengemeinde, nicht wirklich an der Hamburger Universität. Was ich vor allem mitnahm, waren die Vorlesungen meines Chefs Helmut Thielicke. Er war ein großer Anthropologe und Sozialethiker. Über fünf Jahre genoss ich es, sein Mitarbeiter zu sein. Er war darüber hinaus ein Sprachkünstler. Seine Kunst bestand darin, sich in Menschen aller Gruppierungen einfühlen zu können. Er berührte und traf die Seelen der Menschen, die ihm zuhörten. Nach der »Thielicke-Zeit« war ich glücklicher Hochschulpfarrer, bis ich bemerkte, dass die Arbeit mit Studenten mir auf Dauer zu einseitig war.

    War der Weg über die Theologie zu meinem jetzigen Beruf ein Umweg gewesen? Gern denke ich an eine Stunde, als ich mit Kollegen in einem ehrwürdigen Seminarraum in Marburg/Lahn einen Lachanfall bekam. Wir übersetzten einen hebräischen Text und stritten uns um eine sprachliche Banalität. Mit meinem Lachen steckte ich die anderen an. Wir lachten so laut, bis uns eine seriöse Studentin auf unser unangemessenes Verhalten aufmerksam machte. Wir fanden weitere Gelegenheiten zum Lachen, wenn uns zum Beispiel aufging, dass wir zu viel Lebenszeit in das Erlernen alter Sprachen investiert hatten. Denn viele alte wichtige Texte waren ja exzellent ins Deutsche übersetzt worden.

    Andererseits: Ich kann nicht die vielen Vorlesungen aufzählen, in denen mir die berühmte Gänsehaut über den Rücken lief, zum Beispiel, als unser Professor für Altes Testament mit Tränen in den Augen auf den zerstörten Mauern Jerusalems stand und das Leid Israels beklagte. Nach und nach lernte ich auch aus unterschiedlichen Perspektiven die Grundlagen des inzwischen verblassten christlichen Abendlands kennen – und damit die Fähigkeit, in größeren Zusammenhängen mitzudenken.

    Und doch gab es etwas, das an Bedeutung herausragte: die Einsicht, dass es nichts Wichtigeres gibt als die Frage Goethes, »was die Welt im Innersten zusammenhält«, und die Gewissheit, dass es nichts Wichtigeres gibt als dieses: im Menschen Gott zu begegnen. Ich habe mein Studium trotz allem nicht bereut.

    WIE ICH LERNTE, LEIDENDE MENSCHEN ZU ACHTEN

    Im Sommer 1962 hatte ich die Möglichkeit, als Theologiestudent in Haslachmühle am Bodensee in einer Klinik für alkoholkranke Männer ein sechswöchiges Praktikum zu machen. Diese sechs Wochen wurden zur Grundlage meiner gesamten späteren Arbeit mit Menschen.

    In den ersten drei Tagen wurde ich von niemandem beachtet, im Gegenteil: Kam ich in die Nähe einer Gruppe von Männern, die miteinander sprachen, verstummte das Gespräch. Das verstand ich, obwohl ich mich alles andere als wohl fühlte. Ich war ein Student, der das Leben gescheiterter Existenzen beobachten wollte. So jedenfalls schien ich von den Männern gesehen zu werden. Dass ich mich fürchtete vor ihnen, die so viel erlebt hatten, schien niemand zu bemerken.

    Am dritten Tag nahm mich ein ehemaliger Berliner Fußballstar beiseite und schlug mir vor, mit ihm einen Spaziergang zu machen. Offensichtlich war der Mann einer, der von den anderen geachtet wurde. Und so geschah es, dass ich bald auch mit anderen ins Gespräch kam – woher ich käme, was ich hier wolle, wie lange ich bliebe etc. Zu meiner Überraschung sprachen in den nächsten Tagen die Männer auch von sich: warum sie hier waren, sie erzählten von ihren Frauen und Kindern, von ihren Scheidungen, von ihrer Sehnsucht nach der Familie. Oft hatte ich den Eindruck, dass sich mancher für seinen Aufenthalt in dieser Klinik rechtfertigen wollte. Vor mir! Dem Studenten mit seiner geringen Lebenserfahrung!

    Nach und nach lernte ich viele Lebensgeschichten kennen, wohl auch deshalb, weil im Speisesaal ein Flügel stand, auf dem ich irgendwann zu klimpern begann. Wenn ich zum Beispiel leise einen Tango spielte – wir befinden uns in den frühen 1960er-Jahren! –, sprach mich der eine an und raunte mir zu, bei genau diesem Tango habe er seine große Liebe kennengelernt.

    Spielte ich einen langsamen Walzer, erzählte mir ein anderer, dieser Walzer sei der schönste Tanz in seinem Leben gewesen. Ein anderes Mal setzte sich ein Mann an meine Seite, und wir verabredeten, vierhändig einen Foxtrott und vieles mehr zu spielen. Ich sehe ihn gerade vor mir, sein hübsches, sensibles Männergesicht. Er hatte Konzertpianist werden wollen, brach seine Karriere ab, weil ihm seine Frau, eine Prostituierte, inzwischen sechs Kinder geboren

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