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Robert Silverberg - Zeiten der Wandlung: SF Personality 26
Robert Silverberg - Zeiten der Wandlung: SF Personality 26
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eBook1.155 Seiten8 Stunden

Robert Silverberg - Zeiten der Wandlung: SF Personality 26

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Über dieses E-Book

Robert Silverberg ist einer der produktivsten Autoren der Science Fiction. Während er in seinen ersten Jahren als Schriftsteller große Mengen an reiner Unterhaltungsliteratur produziert hat, gehören seine Romane aus den späten sechziger Jahren zu den innovativsten und literarisch anspruchsvollsten Werken, die die US-amerikanische Science Fiction zu bieten hat. Zahlreiche seiner Romane kamen zu Bestsellerehren. Uwe Anton liefert einen ausführlichen Überblick zu Leben und Werk dieses außergewöhnlichen Schriftstellers. Abgerundet wird der Band durch eine Ehrengastrede Silverbergs, die er auf der bisher einzigen World Science Fiction Convention in Deutschland gehalten hat, sowie eine Bibliographie von Joachim Körber.
SpracheDeutsch
HerausgeberMemoranda Verlag
Erscheinungsdatum9. März 2018
ISBN9783948616335
Robert Silverberg - Zeiten der Wandlung: SF Personality 26

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    Buchvorschau

    Robert Silverberg - Zeiten der Wandlung - Uwe Anton

    MEMORANDA

    1. – Einführung

    Robert Silverberg zählt zu den produktivsten US-amerikanischen Science-Fiction-Autoren des 20. Jahrhunderts. Geboren 1935 in New York war er als Kind von der Beschäftigung mit Zukunftsentwürfen und Utopien fasziniert und durchlief den typischen Werdegang vom Fan zum Profi. Nach ersten Kurzgeschichten und Artikeln, die in Fan-Magazinen mit geringer Auflage erschienen, gab er selbst eins dieser sogenannten Fanzines heraus und verkaufte 1954 die erste Story an ein professionelles Magazin. 1955 folgten drei Kurzgeschichtenveröffentlichungen, ein Jahr später eroberte er auch andere Magazine (Krimis, Sport, Western) und veröffentlichte über 60 Storys. 1957 waren es über 100, 1958 mindestens 80. Schon ab 1954 schrieb er darüber hinaus Science-Fiction-Romane, spätestens 1958, im Alter von 23 Jahren, erschien sein erster Softcore-Sex-Roman, von denen er 1960 allein 20 veröffentlichte.

    Sein literarischer Ausstoß war vor allem in jungen Jahren gewaltig. Zwischen 1957 und 1959 veröffentlichte er unter zahlreichen Pseudonymen mehr als 220 Kurzgeschichten und elf Romane, von denen die meisten nie nachgedruckt wurden. Schätzungen zufolge hat er insgesamt mehr als 1600 Kurzgeschichten und 600 Bücher veröffentlicht, darunter jeweils etwa 100 Sachbücher und Anthologien.

    Bibliographisch ist nur sein Primärwerk in der Science Fiction erfasst, und das auch nicht vollständig. Die Grundlagenarbeit Robert Silverberg, a Primary and Secondary Bibliography von Thomas D. Clareson erschien bereits 1983 und verzeichnet keine späteren Werke. Internet-Biographien lassen viele Fragen offen. In diesem Buch ist das gesamte bekannte SF-Werk des Autors bibliographisch erstmals komplett erfasst.

    Noch düsterer sieht es außerhalb der Science Fiction aus. Mit Silverbergs Mitwirkung entstand eine ebenfalls nicht vollständige Bibliographie seiner Kurzgeschichten für amerikanische Magazine. Krimi-Storys und Geschichten in Sport- und Western-Magazinen wurden teilweise erfasst, die klassischen »Men’s Adventure Magazines«, für die Silverberg Hunderte von Beiträgen verfasste, allerdings so gut wie gar nicht.

    Daher muss sich die vorliegende Werkschau schon allein aus Umfanggründen auf Silverbergs Science Fiction beschränken, und auch die wird hier nicht vollständig besprochen. Gerade seine ersten Storys bis 1960 waren oft schnell dahingeschriebene, für den Magazinmarkt maßgeschneiderte Auftragsarbeiten, die der Autor in den meisten Fällen nicht mehr nachgedruckt sehen wollte und die so gut wie nicht mehr erhältlich sind. Wir respektieren den Wunsch, den Mantel des Schweigens über diese Werke minderer Qualität zu legen.

    Besprochen werden sämtliche Romane und Kurzgeschichtensammlungen des Autors. Bei den nicht gesammelten Kurzgeschichten sind bis auf wenige Ausnahmen alle ab 1960 erschienenen Texte erfasst. Verzichtet wurde prinzipiell auf die Anthologien und die Sachbücher.

    Ausnahmen bestätigen die Regel: Es werden im Rahmen der Werkschau auch einige wenige Storys und Romane näher betrachtet, die nicht zur Science Fiction gehören.

    Uwe Anton

    Wuppertal, im Oktober 2017

    2. – Biographische Skizze

    Die Wandlungen des Robert Silverberg

    1975 verkündete der damals vierzigjährige amerikanische Autor Robert Silverberg, heute einer der ganz Großen der Science Fiction des 20. Jahrhunderts, er habe endgültig mit diesem Genre gebrochen und werde sich ins Privatleben zurückziehen. 1980 erlebte er eine triumphale Rückkehr mit dem Roman Lord Valentine’s Castle, der ihm den höchsten Vorschuss einbrachte, der bis dahin in der Science Fiction gezahlt wurde. Zum ersten Mal überhaupt hatte ein Autor den Handlungsabriss eines Romans für eine sechsstellige Summe an einen Verlag verkauft.

    Das war aber nicht Silverbergs erste, sondern seine zweite Rückkehr zur Science Fiction, sodass man sein Werk in drei Schaffensphasen einteilen kann.

    Dabei entpuppt Silverberg sich als wohl einzigartiges literarisches Phänomen, das nicht nur in der Science Fiction, sondern auch in zahlreichen anderen Bereichen seine Spuren hinterlassen hat. Galt bislang immer sein berühmter Kollege Isaac Asimov als profiliertester und fleißigster Autor, der jemals in der SF tätig gewesen war – immerhin hat Asimov fast fünfhundert Bücher geschrieben oder herausgegeben –, muss man heutzutage Silverberg die Ehre zukommen lassen, die ihm gebührt. Sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht muss Silverberg einen Vergleich mit seinem bekannten Kollegen nicht scheuen.

    Kindheit und Jugend: Zeit der Vorbilder

    Robert Silverberg wurde am 15. Januar 1935 in New York als einziges Kind von Nachkommen osteuropäischer Juden geboren. Er war ein seltsamer Junge, wie die meisten es sind, die zu SF-Autoren heranwachsen, ja sogar ein Wunderkind: Er konnte früh laufen und sprechen und mit drei Jahren schon lesen. Mit fünf Jahren kam er in die Schule, das zweite Schuljahr übersprang er, mit sechs Jahren besuchte er die dritte Klasse und gab die Schülerzeitung heraus. Seine Eltern förderten seine Hobbys, vor allem das Lesen. Mit elf Jahren stieß er auf die Science Fiction, mit zwölf schrieb er seine erste Geschichte, und ein Jahr später versuchte er, seine Storys an die gängigen Magazine zu verkaufen. Natürlich hagelte es Ablehnungen, eine Erfahrung, die die meisten angehenden Autoren in diesem Alter machen müssen.

    Als er in der achten Klasse war, wollte er Paläontologe werden und freute sich schon darauf, in Wyoming Dinosaurier ausgraben zu können. Doch als ein Praktikum anstand, meinte sein Lehrer zu ihm: »Wie ich von deinen Eltern gehört habe, spielst du mit dem Gedanken, Schriftsteller zu werden.«

    Damit war sein Weg vorgezeichnet. 1949, mit vierzehn Jahren und bereits in das SF-Fandom verstrickt, gab Silverberg ein Fanmagazin namens

    STARSHIP

    heraus. Er entdeckte Thomas Uzzells Lehrbuch Narrative Technique (1934, etwa: »Erzähltechniken«), das ihm die ersten Grundlagen seines späteren Berufs verdeutlichte – Situation, Figuren, Stil, Handlung. Er wollte unbedingt seinen Klassenkameraden ein SF-Magazin mit einer Geschichte von ihm darin zeigen können und schrieb weiter. Immerhin waren die Ablehnungen, die er nun erhielt, ermutigender gehalten, und mit fünfzehn oder sechzehn Jahren verkaufte er eine Geschichte an ein Magazin für Amateurdichter. Sein Honorar betrug fünf Dollar.

    Das war sicher nicht das, was Silverberg vorschwebte. Er wollte unbedingt eine Geschichte in einem richtigen Magazin veröffentlichen. Nach der Highschool ging er auf die Columbia University in New York. 1956 machte er dort seinen Abschluss mit einem Bachelor of Arts in Vergleichender Literatur. Mit einem Auge las er Dante und Aischylos, mit dem anderen SF-Magazine wie

    GALAXY

    und

    THE MAGAZINE OF FANTASY AND SCIENCE FICTION

    . Seine literarische Entwicklung bestimmten nun hauptsächlich die Schriftsteller und Kritiker James Blish und Damon Knight, die besonders scharfzüngige Rezensionen verfassten und fast alles verrissen, was ihnen vor die Augen kam. So lernte Silverberg viel aus den Fehlern, die seine veröffentlichten Kollegen machten.

    Den wichtigsten Einfluss auf den jungen Silverberg hatte allerdings der Altphilologe H. D. F. Kitto, dessen Greek Tragedy (1939, etwa: »Griechische Tragödie«) dem angehenden Autor ein tiefes Verständnis für die Natur des Dramas verschaffte, ohne das es seines Erachtens unmöglich ist, eine effektive Handlung für eine Geschichte zu konstruieren. »Bis zum heutigen Tag«, schreibt Silverberg in seinem Essay-Band Reflections & Refractions, »bin ich der Ansicht, dass sämtliche Literatur, selbst die schäbigste, eine rituelle Heilkunst darstellt, die in ihrem Zweck der griechischen Tragödie grundlegend ähnelt: Indem Literatur die Spannung zwischen entgegengesetzten Kräften aufzeigt – Handlung, Dramatik, Konflikt – und diese Spannung auflöst – Höhepunkt und Ende –, fungiert sie als psychische Läuterung.«

    Im September 1953 verkaufte Silverberg einen Artikel über das SF-Fandom, der ihm dreißig Dollar einbrachte, und im Januar 1954 die Story »Gorgon Planet« an das englische SF-Magazin

    NEBULA

    . Er erhielt einen Scheck über 12 Dollar.

    Damit wähnte er sich vorerst am Ziel seiner Wünsche. Im selben Monat verkaufte er allerdings nach einem Exposé ein Jugendbuch an einen großen amerikanischen Verlag. Und damit ging es erst richtig los.

    Die Schreibfabrik: Zeit der Fließbandproduktion

    Beim Schreiben seines ersten Romans, Revolt on Alpha C, erfuhr Silverberg erneut, dass er noch viel zu lernen hatte. Die erste Hälfte war in Ordnung, die zweite musste er mehrmals umschreiben, bis er schließlich den gesamten Text verwarf und einen völlig neuen Roman verfasste, der dann angenommen wurde.

    Aufgrund dieser Veröffentlichung wurde Silverberg von der literarischen Agentur Scott Meredith akzeptiert, bei der er jahrzehntelang blieb und die weitere Geschichten für ihn verkaufte. Er hatte sich eine eigene Wohnung genommen, und in dasselbe Haus zog der bereits etablierte SF-Autor Randall Garrett. Sie arbeiteten in Silverbergs Apartment und veröffentlichten in zwei Jahren über dreißig gemeinsame Geschichten und zwei Romane. Viel wichtiger für Silverberg war jedoch, dass Garrett ihn auf seine Runde durch die in der Stadt ansässigen Redaktionen der SF-Magazine mitnahm. Nun lernte er die Herausgeber persönlich kennen, und von August bis Dezember 1955 verkaufte er sechsundzwanzig Storys. Silverberg, der zu diesem Zeitpunkt noch auf dem College war, schrieb sich jedoch schnell in eine Schublade. Die Herausgeber lernten ihn als zuverlässigen Wortlieferanten kennen und forderten gezielt Storys an: »Wir brauchen in drei Tagen eine Geschichte von 45.000 Anschlägen über eine außerirdische Invasion.« Silverberg lieferte pünktlich verwendbares Material ab. Er schrieb mit erstaunlicher Schnelligkeit – vom Juni bis August 1956 verkaufte er 49 Geschichten –, gab aber jeden Anspruch an sich auf und begnügte sich mit dem schnell verdienten Geld des Massenausstoßes.

    Silverberg machte den Collegeabschluss und heiratete seine langjährige Freundin Barbara H. Brown. Seine hektische literarische Produktivität wurde im September 1956 gekrönt, als er mit dem Hugo Award als »bester neuer Autor« für das Jahr 1955 ausgezeichnet wurde. Obwohl einige befreundete Kollegen ihm rieten, sorgfältiger zu produzieren, arbeitete er weiterhin wie am Fließband. Nach Randall Garrett teilte der heute sehr bekannte Kollege Harlan Ellison mit ihm das Büro, der aber nach nur einer Woche wieder auszog. »Ich kam morgens ins Büro«, so Ellison, »und schwitzte und mühte mich ab, um drei Seiten hinzubekommen, während auf dem anderen Schreibtisch hinter der Trennwand das Geräusch der ohne Unterbrechung dahinratternden Schreibmaschine Silverbergs zu hören war, der ohne Pause bis zwölf Uhr arbeitete. Dann gingen wir essen, und eine Stunde später waren wir wieder im Büro, und er ratterte wieder vor sich hin, und ich schwitzte vor mich hin, und um 17 Uhr machte der Schreibmaschinendeckel peng, und er kam heraus, sagte ›Tschüss!‹ und ging nach Hause. Ich konnte es nicht ertragen. Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen. Ich konnte kein Wort schreiben. Er hätte meine Karriere ruiniert.«

    Dieses Arbeitstempo – Silverberg schrieb im Schnitt mindestens fünfundzwanzig Manuskriptseiten pro Tag – hielt zehn Jahre lang an. Er war mit so vielen Geschichten in den SF-Magazinen vertreten, dass er allein dort unter 24 Pseudonymen veröffentlichte. Malzberg gibt an, dass Silverberg 1966 bereits etwa 450 Bücher und dreimal so viele Magazinbeiträge veröffentlicht hatte. (In diesem Jahr waren von Isaac Asimov gerade einmal 78 Bücher erschienen.) Allein 1963 produzierte Silverberg 45 Bücher und eine beträchtliche Anzahl von Kurzgeschichten.

    Verkaufte Sünde, guter Rat bei Schlaflosigkeit und Pharao Echnaton: Zeit der Wandlung

    Es traf Silverberg schwer, dass seine Kollegen ihm regelmäßig vorwarfen, er verschwende sein Talent mit Dutzendware, statt sein Potenzial auszuschöpfen. Er schrieb zwar immer wieder bessere Geschichten, musste aber feststellen, dass die sich mitunter schwieriger verkaufen ließen als die gängige, auf Bestellung produzierte Dutzendware, für die manche Magazine ihm sogar eine Abnahmegarantie und ein monatliches Festhonorar boten. Ende der 1950er-Jahre geriet jedoch der amerikanische SF-Magazinmarkt endgültig in die Krise. Nicht zuletzt durch das Fernsehen änderte sich das Konsum- und Freizeitverhalten der Bevölkerung. Auf dem Buchmarkt trat das Taschenbuch seinen Siegeszug an; die großformatigen Magazine wurden eingestellt oder durch kleinformatige Digests ersetzt, wie sie sich bis heute gehalten haben.

    Silverberg musste sich nach anderen Geldquellen umsehen.

    Was ihm nicht schwerfiel. 1959 und 1960 schrieb er hauptsächlich unter Pseudonym Geschichten und Artikel für alle möglichen Magazine und Zeitschriften: »Hilfe bei schlaflosen Nächten«, »Ich war ein Schmuggler in Tanger«, »Vergrabene Schätze in Milliardenhöhe warten auf ihre Finder« und so weiter, tagaus, tagein, einen Beitrag vor und einen nach dem Mittagessen. Finanzielle Sorgen hatte er nicht: Er hatte die Einkünfte aus seiner literarischen Produktion gut investiert und durch Aktienspekulationen beträchtlich vermehrt. Mit dreißig Jahren hätte er, so kursierte das Gerücht in der SF-Szene, schon von seinen Zinserträgen leben können. Er schrieb nur noch vier bis fünf Stunden am Tag, widmete seinen Hobbys viel Zeit und ging mit seiner Frau auf Reisen. Bei einer nach Italien im Jahr 1960, die ihn unter anderem nach Pompeji führte, kam er auf die Idee, seine Hobbys mit seinem Beruf zu verbinden, und schlug einem Verlag ein Sachbuch für junge Leser über die dortigen Ausgrabungen vor. Daraus wurde ein Buch über untergegangene Städte, Lost Cities and Vanished Civilizations, das erste von über 60 Sachbüchern, die er zwischen 1962 und 1972 veröffentlichte, über alle möglichen Themen von A bis Z, vom rebellischen Pharao Echnaton bis zur Zeit der Neandertaler, zuerst hauptsächlich für junge Leser, später auch für Erwachsene. Allmählich veränderte sich seine Arbeitsweise: Hatte er zuvor nur Material aus anderen Quellen zusammengetragen, recherchierte er nun sorgfältig, verbrachte Wochen in Bibliotheken und baute sich eine eigene auf. Zwar brachten ihm seine ehrgeizigen Sachbücher zumeist gute Rezensionen und Anerkennung von der Fachwelt ein, doch sie verschwanden so schnell wieder in der Versenkung wie seine schnell heruntergeschriebenen SF-Storys und erlebten nur in den wenigsten Fällen Neuauflagen.

    Eine weitere Einnahmequelle war Mitte der 60er-Jahre der Taschenbuchmarkt für mehr oder weniger schwülstige Softpornos, mit denen man heute keinen Achtjährigen mehr von der Fleischbeschau im Fernsehen oder Internet fortlocken könnte. Vollbusige Frauen in spärlicher, meist schwarzer Unterwäsche, gelegentlich ein üppiger Brustansatz oder ein nackter Po auf dem Titelbild, und der damalige Leser wusste, was ihn erwartete: kurze Romane von 160 bis 192 Seiten Umfang, in denen viele Rundungen beschrieben wurden, es aber nie hart zur Sache ging. Zahlreiche SF-Autoren schrieben solche Bücher (u. a. auch Marion Zimmer Bradley und Harlan Ellison), und Silverberg hat, hauptsächlich unter dem Pseudonym Don Elliott, mehr als150 davon veröffentlicht, deren Titel schon Programm sind: Lust Crew, Sin Sold, Flesh Lesson, Sin Cruise, Passion Killer.

    Silverbergs Ausstoß an Science Fiction konzentrierte sich in dieser Zeit hauptsächlich auf die Überarbeitung und Erweiterung von längeren Geschichten, die er zuvor in Magazinen veröffentlicht hatte. Des Weiteren erschienen in den noch existierenden SF-Magazinen Rezensions- und andere Kolumnen von ihm. Seine erste Schaffensphase, die des Fließbandschreibens, lief aber allmählich aus, hauptsächlich wegen der immer aufwendigeren Recherche für seine Sachbücher, und wurde 1966 endgültig von einer Schilddrüsenüberfunktion, vermutlich aufgrund von Dauerstress, beendet. Sie lähmte seine Schaffenskraft und ließ ihn fast 20 Pfund abnehmen.

    Durch das Feuer: Zeit der Selbstzweifel

    1962 hatte Silverberg die Fiorello LaGuardia Mansion in New York City gekauft, das mehrstöckige private Stadthaus des ehemaligen Bürgermeisters von New York, und nutzte die oberste Etage nun als Büro und Bibliothek. Der Erfolg seines Romans Lost Race Of Mars, das von der

    NEW YORK TIMES

    zu einem der besten hundert Jugendbücher des Jahres gekürt wurde, und einiger qualitativ ansprechender SF-Geschichten hatte ihn wieder bewogen, anspruchsvollere Literatur zu schreiben. Die Zäsur ist eindeutig: Im Januar 1966 erschien, von einer Storysammlung einmal abgesehen, kein einziges neues Science-Fiction-Buch von ihm, ein deutliches Zeichen dafür, dass seine erste Schaffensphase abgeschlossen war.

    Nach dieser schöpferischen Pause schlug Silverberg dem Verlag Ballantine einen Roman mit dem Titel Thorns vor, der sich grundlegend von allem unterschied, was er zuvor geschrieben hatte: »Ich habe einen psychologischen SF-Roman im Sinn, durchaus abenteuerlich in Stil, Annäherung und Charakterisierung.« Der Roman erschien 1967 und stellte einen so radikalen Bruch zu seiner formelhaften SF der 50er-Jahre dar, dass er als das Werk eines völlig neuen Silverberg bezeichnet wurde. Mit großem Einfühlungsvermögen beschreibt der Autor darin das Zusammenleben, die Trennung und das erneute Zusammenfinden zweier körperlich und seelisch verkrüppelter, einerseits von Außerirdischen entstellter, andererseits von den irdischen Medien missbrauchter Menschen, an deren Schmerzen sich ein Medienmogul nährt. Doch Gesang der Neuronen, so der deutsche Titel, ist weit mehr als nur eine bloße intellektuelle Übung in Weltschmerz: Der Roman ist eine fesselnd geschriebene, mitreißende psychologische Studie und zugleich beißende Gesellschaftskritik.

    Silverberg erlitt allerdings einen Rückschlag, als im Februar 1968 sein Haus durch einen Brand schwer beschädigt wurde. Er konnte sich mit seiner Frau zwar retten, doch viele Papiere gingen verloren, und die Reparaturen dauerten über ein Jahr. Silverberg, der nie zuvor krank gewesen war und nach eigenem Bekunden weder persönliche Rückschläge noch den Tod enger Verwandter oder Freunde hatte erleben müssen, maß diesem Feuer eine fast symbolische Bedeutung zu: »Ich hatte in dieser Nacht die Hand eines übernatürlichen Wesens gespürt, die sich gegen mich drückte und für echte und eingebildete Sünden bestrafte und mich von meinem Podest des übermäßigen Stolzes holte, als hätte ich versucht, Agamemnon zu sein.«

    Der Brand hatte enorme Auswirkungen auf sein Schaffen. Hatte er zuvor täglich 25 oder 30 Seiten in der Endfassung geschrieben, die er nur noch handschriftlich korrigierte, ging die Arbeit nun viel langsamer voran. Er suchte nach Worten, verwarf immer wieder Szenen, überarbeitete sie fünf oder zehn Mal, schrieb diverse Varianten von Kapiteleinleitungen. Vielleicht führte diese für ihn völlig ungewohnte Sorgfalt dazu, dass in den nächsten Jahren zahlreiche weitere stilistisch brillante Romane mit ungewöhnlichen Themen folgten: etwa Downward to the Earth (1970, Die Mysterien von Belzagor), beeinflusst von Joseph Conrad (einem seiner großen Vorbilder) und einer Afrikareise, oder der mit dem Nebula Award ausgezeichnete Roman A Time of Changes (1971, Zeit der Wandlungen), der eine Gesellschaft beschreibt, in der der Gebrauch der Pronomen »ich« und »mir« verboten ist. Oder Son of Man (1971, Menschensohn), eine surrealistisch-psychedelische Traum-Fantasy, angesiedelt in der fernen Zukunft und fast ohne erkennbare Handlungsstränge. Als seine herausragendsten Werke dieser Phase gelten jedoch Dying Inside (1975, Es stirbt in mir) und The Stochastic Man (1975, Der Seher). Der erste Roman handelt von David Selig, der von Kind an die Gabe der Telepathie gehabt hat und sie nun, mit 41 Jahren, allmählich verliert. Silverberg zeichnet mit Einschüben und nicht chronologischen Rückblenden ein genaues psychologisches Porträt Seligs und seiner Entwicklung und entlarvt die Gabe nicht nur als Geschenk, sondern auch als Fluch, die ihn zum Einzelgänger gemacht hat. Die amerikanische Kritik lobte den Roman wegen der zahlreichen literarischen Bezüge, der ausgefeilten Schreibtechnik und der beeindruckenden Charakterzeichnungen. Willis McNally nannte ihn Silverbergs »komplexestes Werk, einen Bildungsroman, in dem Leben, Tod und Wiedergeburt sich auf den Seiten drängen«; Thomas D. Clareson lobte die Figur David Selig als »Silverbergs überzeugendstes Symbol für die absolute Isolation des Menschen in einem gleichgültigen Universum«, und Edgar L. Chapman hebt den ironischen Erzählton hervor, sieht den Roman als Paradebeispiel für »das intellektuelle Wachstum der amerikanischen Science Fiction Ende der 60er-Jahre« und bezeichnet ihn als einen der wenigen SF-Titel, die die Genre-Grenzen durchbrochen haben und auch als Mainstream-Roman überzeugen: »Man muss Silverberg Anerkennung dafür zollen, dass sein Roman die naiven romantischen Konventionen über Telepathen und Übermenschen, die man in der früheren Science Fiction fand, in Kunst einer höheren Ordnung verwandelt hat.«

    Die Kritik lobte den Autor nun überschwänglich, auch wenn einige Kollegen, die Silverberg in den 50er-Jahren immer wieder aufgefordert hatten, keine Dutzendware zu verfassen, sondern seine eigene Stimme zu suchen, ihm nun vorwarfen, sich an die neue Unterbewegung der »New Wave« in der Science Fiction verkauft zu haben. Diese Bewegung war aus England in die USA geschwappt und machte sich auf die Suche nach dem »Inner Space« des Menschen im Gegensatz zum »Outer Space«, dem Weltraum, der konventionellen Science Fiction.

    Doch die Leserschaft war entweder überfordert oder verwirrt, auf jeden Fall in ihrer Erwartungshaltung enttäuscht. Silverbergs hervorragende Bücher dieser Phase erlebten – was sich heutzutage allerdings völlig verändert hat – kaum Neuauflagen, gingen mehr oder weniger unter und brachten dem finanziell glücklicherweise unabhängigen Autor kaum Erträge. Ein äußerliches Zeichen für Silverbergs zweiten Bruch mit der Vergangenheit lässt sich an seinem Umzug von New York nach Oakland in Kalifornien festmachen, der 1972 erfolgte. Von der Ostküste zur Westküste – und in ein völlig neues Lebensgefühl.

    1975 verkündete Silverberg, dass er sich endgültig aus der Science Fiction zurückziehen werde. Allerdings war er da schon längst als Herausgeber von SF-Anthologien tätig, brachte es auch in diesem Bereich auf etwa 100 Bücher und blieb dem Genre damit verbunden.

    Comeback: Zeit der marktgerechten Reife

    Dieser »endgültige« Abschied währte bis zum Jahr 1980. Der Roman Lord Valentine’s Castle (Krieg der Träume), mit großem Medienrummel auf die Bestsellerlisten gepuscht, zeigte erneut einen gewandelten Robert Silverberg.

    Der Planet Majipoor, Schauplatz des Buches, ist eine riesige Welt, zehnmal so groß oder noch größer als unser Planet. Er wurde von Menschen von der verlassenen und in Vergessenheit geratenen Erde besiedelt, und verschiedene Spezies leben dort friedlich und harmonisch zusammen. Das farbenprächtige Majipoor bietet den idealen Hintergrund für eine spannende und abenteuerliche Handlung. Der unter Amnesie leidende Valentine zieht mit Jongleuren durch das Land, bis er schließlich ahnt, dass er in Wirklichkeit der Coronal Valentine ist, einer der Herrscher des Planeten. Es kommt zum Krieg der Träume zwischen Valentine und dem Usurpator, der ihm seinen Körper geraubt hat.

    Silverberg verfasste mit diesem Roman einen bewusst abenteuerlichen, nicht zu tief gehenden und farbigen Stoff, der sich tatsächlich sehr erfolgreich verkaufte und den Verfasser als SF-Bestseller-Autor etablierte. Damit war nicht nur die zukünftige Marschrichtung des Autors klar – er schrieb nun in regelmäßiger Folge umfangreiche, elegante und farbenprächtige SF-Abenteuerstoffe –, der Roman war darüber hinaus so erfolgreich, dass der Autor bislang sieben Fortsetzungen folgen ließ. Majipoor Chronicles (1982, Die Majipoor-Chroniken) wirft mit mehreren Geschichten Schlaglichter auf die Vergangenheit des Planeten, und Valentine Pontifex (1983, Die Wasserkönige von Majipoor) schildert die letzte Auseinandersetzung mit den eingeborenen Gestaltwandlern des Planeten. Es folgten danach noch ein Einzelroman, eine zweite Trilogie und eine weitere Kurzgeschichtensammlung.

    1983 unternahm der Autor einen Abstecher in die Gefilde des historischen Romans. Mit dem vorzüglichen Lord of Darkness (Herr der Finsternis), für den er – eine Notiz am Rande – erstmals einen siebenstelligen Vorschuss bekam, kehrte er zurück ins Jahr 1589, in dem ein englischer Seemann nach Südamerika zieht, um ein Vermögen zu verdienen, aber von Portugiesen nach Afrika verschleppt wird. Dort verschlägt es ihn zu dem wilden Kannibalenstamm der Jaqqa, deren Kriegsherr er bald wird. Meisterhaft baut Silverberg zahlreiche Spannungsbogen auf und schmückt seine Geschichte mit unzähligen Details; nicht nur der sehr gut lesbare, mitunter gewollt leicht antiquierte Stil, sondern gerade der pralle, farbenfrohe und äußerst dichte Hintergrund lässt vor dem Auge des Lesers ein Afrika auferstehen, wie ein Engländer des 16. Jahrhunderts es gesehen haben muss: viel phantastischer, fremder und unglaublicher, als es uns heute erscheint. Dennoch geht dieser Detailreichtum nicht auf Kosten der Spannung: Fesselnd ist der Roman immer, und teilweise so ergreifend, dass man ihn nicht aus der Hand legen möchte. Silverberg zeigt sich hier als reifer Schriftsteller: Nicht nur die äußere, sondern auch die innere Spannung stimmt, verblüffende Wendungen muten nicht zufällig, sondern geradezu zwangsläufig an. Am erfolgreichsten hat dieser Roman, der auf der Tatsachenschilderung eines gewissen Andrew Battell basiert und historisch genau recherchiert ist, sich übrigens in Deutschland verkauft, wie Silverberg in einem Interview kundtat. Was vielleicht an dem klugen Schachzug des Verlags liegt, das Buch als historischen Roman in der Präsentation ein wenig Noah Gordons Medicus anzugleichen.

    Nun veröffentlichte Silverberg Jahr für Jahr einen großen Roman, alle abenteuerlich, farbenprächtig, stilistisch sicher und elegant geschrieben. Gilgamesh the King (1984, König Gilgamesch) ist ein weiterer historisch-phantastischer Roman, die Nacherzählung des ersten Heldenepos der irdischen Literatur; Star of Gypsies (1986, Zigeunerstern) die fiktive Biographie eines zukünftigen Zigeunerkönigs, fast ein Schelmenroman. At Winter’s End (1988, Am Ende des Winters) und The New Springtime (1990, Der neue Frühling) schildern eine von den Menschen verlassene Erde der fernen Zukunft – vielleicht sind sie nach Majipoor ausgewandert? –, um deren Beherrschung mehrere verschiedene Rassen kämpfen.

    Ein weiterer Schwerpunkt von Silverbergs Schaffen waren Kurzgeschichten und Novellen. Letters from Atlantis (1990, Briefe von Atlantis) etwa ist eine geistige Zeitreise zu dem untergegangenen Kontinent, Thebes of the Hundred Gates (1991, Das hunderttorige Theben), entstanden nach einem weiteren Ägyptenbesuch, eine körperliche Zeitreise, die mit jedem Absatz den Geist der untergegangenen Hochkultur atmet. Die meisten dieser Werke bestätigen, was Silverberg über den Einfluss der griechischen Tragödien auf ihn gesagt hat. Die Kenntnisse, die Silverberg am Anfang seiner Laufbahn erworben hat, um schnelle und begrenzt anspruchsvolle Massenliteratur zu produzieren, hatten ihn nun zur Meisterschaft geführt.

    Zu Beginn des neuen Jahrtausends forderte die Jahrzehnte währende Produktivität des Autors Tribut. Seine Schaffenskraft versiegte allmählich. Nach dem letzten Roman der zweiten Majipoor-Trilogie folgten bis heute nur noch knapp zwei Dutzend Kurzgeschichten und Novellen, eine für den Autor vergleichsweise geringe Anzahl.

    Robert Silverberg wurde für sein Werk bislang mit fünf Nebula- und vier Hugo-Awards ausgezeichnet, 1999 in die Science Fiction Hall of Fame aufgenommen und 2004 zum Grand Master of Science Fiction der SF Writers of America ernannt. Er blieb der Science Fiction mit zahlreichen Artikeln verbunden, veröffentlichte eine neunbändige Sammlung seiner besten Kurzgeschichten und war Gast auf zahlreichen SF-Conventions.

    Er lebt noch immer in Oakland und ist in zweiter Ehe mit der Autorin Karen Haber verheiratet. Nachdem er Ende Oktober 2013 in England – er wollte dort die World Fantasy Convention besuchen – einen Herzinfarkt erlitt und einen Stent eingesetzt bekam, ist es sehr ruhig um ihn geworden. Da er keine Kinder hat und das SF-Fandom sozusagen seine »Familie« ist, besucht er allerdings auch weiterhin fast jeden Science-Fiction-Worldcon.

    3. – Das Frühwerk – Schreiben wie am Fließband

    3.1 – Storys

    Der Anfang ist eindeutig: Robert Silverberg veröffentlichte seine erste Kurzgeschichte im Februar 1954 in einem britischen Magazin. Seine erste Veröffentlichung in seiner Heimat folgte im Oktober desselben Jahres.

    Beim Ende sind die Grenzen eher fließend: Silverberg verkündete zwar Anfang der 1960er-Jahre seinen – im Nachhinein lässt sich sagen: ersten – Abschied von der Science Fiction, schrieb zu dieser Zeit aber ununterbrochen weiter, wenn auch nur noch wenig SF. Als Zäsur können die Jahre 1965 und 1966 angesehen werden: 1965 veröffentlichte er lediglich einen SF-Roman, die Überarbeitung einer älteren Novelle, und ein Jugendbuch, das nicht zur Science Fiction zählt, 1966 gar keinen SF-Roman. Überhaupt liegen zwischen dem Schreiben und der Veröffentlichung eines Texts mitunter Jahre. Da als erster Roman des »neuen« Silverberg Thorns gilt (Der Gesang der Neuronen), setzen wir als Beginn der zweiten Schaffensphase das Jahr 1967 an. Zum Frühwerk zählen wir also die Kurzgeschichten der Jahre 1954 bis 1966.

    1954

    »Gorgon Planet«

    (

    NEBULA

    2/54)

    Silverbergs erste veröffentlichte Kurzgeschichte; sie erschien in einem britischen Magazin. Erste amerikanische Veröffentlichung als »The Fight with the Gorgon« (

    SUPER SF

    10/58).

    Acht Raumfahrer erkunden einen unbekannten Planeten. Einer von ihnen wird »versteinert« aufgefunden, wie vom Blick einer Medusa getroffen. Auf der Jagd nach dem Ungeheuer stirbt ein zweiter auf dieselbe Weise, doch es gelingt, das Wesen mithilfe von Radar zu töten. Der Blick auf dessen abgetrennten Kopf fordert allerdings noch ein drittes Opfer.

    Und am nächsten Tag kauert eine Sphinx neben dem Schiff …

    Die Geschichte ist die Aufarbeitung einer klassischen Sage. Die Lösung des Konflikts bleibt unklar, die Handlungsanlage ist unsauber, die Pointe überflüssig, und auch sonst weist kaum etwas darauf hin, dass Silverberg einmal zu einem Meister seines Fachs werden sollte.

    »The Silent Colony«

    (als Bob Silverberg;

    FUTURE SF

    10/54, dt. »Die stumme Kolonie« bzw. »Die schweigende Kolonie«)

    Drei unsterbliche Wesen entdecken auf einem dritten Planeten eine gerade geborene Lebensform, die noch kein Bewusstsein, aber Erinnerungen an einen flüssigen und gasförmigen Zustand hat. Trotz der Nähe zur Sonne fliegen sie zu ihr – und verdampfen. Die »Lebensform« ist Schnee. Die drei Raumfahrer müssen also aus Wasser bestanden haben.

    Eine Pointenstory im Stil von Robert Sheckley, für den Silverberg damals Bewunderung empfand.

    1955

    »Yokel with Portfolio«

    (

    IMAGINATIVE TALES

    11/55)

    Kalainnen vom Hinterwäldler-Planeten Trask wurde von seinem Volk zur Erde geschickt, um Entwicklungshilfe für seine Welt zu beantragen. Doch der Minister für die Kolonien ist ein viel beschäftigter Mann, und Kalainnen befürchtet, dass er Jahre brauchen wird, um eine Audienz bei ihm zu bekommen, was Hork Frandel, ein reptiloider Quangen vom nicht gut gelittenen Nachbarplaneten, den Trask kennenlernt, bestätigt.

    Dummerweise – oder zum Glück für Trask – ist zur gleichen Zeit ein außerirdisches Tier aus dem Zoo ausgebrochen und terrorisiert New York. Trask erkennt das Tier als einen Bruug von seiner Heimatwelt, mit dem jedes Traskenkind umgehen kann. Er besänftigt den Bruug, übergibt ihn den Behörden und bekommt sofort die Audienz. Nachdem der Entwicklungshilfevertrag unterschrieben ist, tritt er dem unbequemen Frandel noch auf den Schwanz.

    Eine typische Anfänger-Story mit zahlreichen logischen Fehlern und plotgetriebenen Zufällen: Der Bruug bricht aus, als Trask gerade auf der Erde angekommen ist. Eine irdische Zivilisation, die die Raumfahrt beherrscht und zahlreiche Kolonien wie Trask gegründet hat, wird mit diesem schrecklichen Ungeheuer nicht fertig. Und so schrecklich es ist, Kalainnen kann es besänftigen.

    Silverbergs Agent gelang es zwar, diese Geschichte an ein drittklassiges Magazin zu verkaufen, doch auch sie deutet nicht an, dass hier ein künftiger Meister seine ersten Gehversuche macht.

    In diesem Jahr erschien ebenfalls: »The Martian« (

    IMAGINATION

    6/55).

    1956

    »Hole in the Air«

    (

    AMAZING

    1/56)

    Der kleine Ronnie, Sohn von Derke Berishs Assistent Condon, hat durch ein »Loch in der Luft« eine Murmel gefunden, die Gedanken übertragen kann. Das Loch ist die Passage zu einer anderen Dimension, und Ronnie bringt beim nächsten Mal ein Anti-Schwerkraft-Gerät mit. Sie vergrößern den Durchgang, und Berish geht selbst hinüber, um einen »Technologie-Austausch« zu vereinbaren. Ein purpurgrünes Männchen kommt heraus und hofft, dass man ihm noch diese Welt zeigt, bevor man es seziert.

    Eine Pointenstory mit einer Pointe, die schon 1956 einen Bart bis zum Fußboden hatte.

    »The Desiccator«

    (

    SF STORIES

    3/56)

    Ein trotteliger Marsianer erfindet einen »Austrockner« oder »Wüstenmacher«, mit dem er der Umgebung Feuchtigkeit entziehen kann. Da auf dem trockenen Mars naturgemäß kein Markt für solch ein Gerät vorhanden ist, versucht sein Agent, es auf der Erde zu verkaufen, was weder beim amerikanischen Präsidenten noch bei Diktatoren von Bananenrepubliken gelingt. Während die Stimmung feindselig wird, weil das Gerät bei den Vorführungen die Umgebung austrocknet, können die Marsianer das Gerät schließlich doch noch verkaufen: an einen Winzer, der damit in der Wüste von Nevada Weintrauben zu Rosinen trocknet.

    Eine belanglose Pointengeschichte, typisch für Silverbergs Frühwerk.

    »No Future in This«

    (

    SF QUARTERLY

    5/56, als Robert Randall, mit Randall Garrett)

    Der Militärgeistliche Riley, ein Jesuit, wird von dem Juden Jerry Stein hinzugezogen, als es bei der Entwicklung des Interspace-Antriebs zu Problemen kommt. Riley findet heraus, dass man zufällig eine Zeitmaschine entdeckt hat, die Vorhersagen über die Zukunft trifft, wenn man sie denn deuten könnte. Riley ist der Einzige, der sie deuten könnte, weigert sich aber aus religiösen Gründen und wartet auf eine Anweisung aus Rom, ob er die Maschine nun benutzen darf oder nicht. Noch hat die Maschine also »keine Zukunft«.

    Silverberg gibt der Geschichte einen Anschein von Ernsthaftigkeit, indem er Vertreter von zwei Religionen gegeneinander »antreten« lässt, auch wenn sie sehr stereotyp geschildert sind.

    »To Be Continued«

    (

    ASTOUNDING

    5/56, dt. »Der Unsterbliche«)

    Der Römer Gaius Titus Menenius lebt unter verschiedenen Tarnexistenzen. Er ist extrem langlebig und erreicht mit 2000 Jahren gerade erst die Geschlechtsreife. Auf der Suche nach einer Partnerin, mit der er seine Gene weitergeben kann, blitzt er bei drei Frauen ab, bis er dann erkennt, dass diese Frauen ebenfalls Tarnexistenzen einer einzigen Person sind. Aber Mary ist erst 400 Jahre alt, nach seinen Begriffen ein dreijähriges Kind. Sie können sich bis zur Hochzeit also noch 1100 Jahre Zeit lassen …

    Eine amüsante Variation des Themas Langlebigkeit.

    »The Chosen People«

    (

    ASTOUNDING

    6/56, als Robert Randall, mit Randall Garrett)

    Erster Teil des Romans The Shrouded Planet (1957, Der vergessene Planet). Siehe dort.

    »Dream Girl«

    (

    FANTASTIC

    6/56)

    Diese Geschichte wurde auf Bestellung geschrieben und sollte das Erscheinen des Magazins

    DREAM WORLD

    vorbereiten, das leicht schlüpfrige Fantasy-Storys präsentieren sollte, die keiner wissenschaftlichen Erklärung bedurften. Peter Winston arbeitet bei der Filmzensur. Bei der Begutachtung eines Streifens sieht er eine Szene mit einem Mädchen, das aus der Wanne steigt und ein Muttermal auf dem Po hat. Er verliebt sich unsterblich in die Kleine, doch wie soll er sie finden? Zufällig taucht ein Unbekannter auf und gibt ihm eine Röntgenbrille, die sämtliche Kleidung verschwinden lässt. Winston macht sich auf die Suche, findet das Mädchen tatsächlich und gerät in die Bredouille, als er ihr erklären muss, wie er sie gefunden hat. Der Unbekannte taucht wieder auf, verrät Winston, dass das Mädchen ihm verzeihen und ihn heiraten und er großen Erfolg als Schauspieler haben wird. Die Auftraggeber des Unbekannten wollten ihn als Zensor loswerden.

    Nach der Lektüre dieser Geschichte weiß man, wieso

    DREAM WORLD

    trotz der Erfüllung spätpubertärer Phantasien keinen Erfolg hatte. So einen Unsinn goutieren die jugendlichen Leser auch dann nicht, wenn man sie mit ein paar »Frivolitäten« ködert.

    »Absolutely Inflexible«

    (

    FANTASTIC UNIVERSE

    7/56, dt. »Absolut unerbittlich« bzw. »Absolut unbeugsam«)

    Der Beamte Mahler führt seinen Job absolut unerbittlich aus. Zeitreisende, die aus der Vergangenheit in seine Gegenwart kommen, verbannt er ohne Ausnahme in eine Mondstation, da ihre Krankheitskeime sonst die gesamte Menschheit gefährden, die jede Widerstandskraft verloren hat. Ein Zeitreisender mit einem Zeitreisegürtel, der seinen Träger nicht nur in die Zukunft, sondern angeblich auch in die Vergangenheit schicken kann, lässt sich zu Mahlers Erleichterung ohne großes Lamentieren abführen. Mahler begeht den Fehler, den Gürtel zu benutzen. Er funktioniert. Mahler muss sofort wieder aus einer tristen Vergangenheit fliehen, wird bei seiner Ankunft jedoch festgesetzt; die automatischen Systeme haben angeschlagen. Mahler wird sich selbst vorgeführt – und lässt sich ohne jedes Lamentieren abführen, da er ja weiß, dass er absolut unerbittlich ist.

    Eine der ersten Beschäftigungen mit dem Thema Zeitreise, das Silverberg im Lauf seiner Karriere immer wieder aufgegriffen hat, und zudem eine clevere kleine Story.

    »The Lonely One«

    (

    SF STORIES

    7/56, dt. »Die einsame Erde«)

    Nach langer Zeit hat man die Erde wiedergefunden, den Ursprungsplaneten der Menschheit. Jannes und Kendon landen mit einem Beiboot und finden in der schneebedeckten, eisigen Umgebung 102 Menschen, die durchaus zivilisiert sind. Das Angebot, sie mit zur warmen Vega zu nehmen, lehnen sie ab. Die Erde sei ein einsamer Planet, der nicht allein sterben will. Als die beiden Raumfahrer wieder starten wollen, gelingt ihnen das nicht. Genauso geschieht es bei einem Rettungsschiff. Das Mutterschiff lässt sie zurück; die einsame Erde hat nun 106 Menschen, die ihr Trost beim Sterben geben.

    Eine anrührende kleine Geschichte.

    »Catch a Thief«

    (

    AMAZING

    7/56, als Gordon Aghill, mit Randall Garrett)

    Kemar ist Polizist auf Vanamon und hofft, die Diebin Alaina auf frischer Tat beim Stehlen eines Raumschiffs zu ertappen. Diebe sind ein gewaltiges Problem auf Vanamon und stehlen praktisch alle neuen Erfindungen.

    Doch Kemar wird von der Diebin überwältigt und entführt. Das Raumschiff stürzt auf dem Planeten der Diebe in einer Wüste ab. Die beiden werden von echsenähnlichen Einheimischen gerettet. Als Kemar das Schiff reparieren will, wird er erneut überwältigt. Alaina erklärt ihm die Rolle der Gilde der Diebe: Sie sorgt bei den isolationistischen Planeten der Galaxis für Zusammenhalt und Technologietransfer. Kemar wechselt die Seiten und bekommt auch die hübsche Alaina.

    Gängige Dutzendware, nicht besonders gut konzipiert.

    »Run of Luck«

    (

    AMAZING

    7/56, unter dem von Silverberg bevorzugten Titel »Long Live the Kejwa« in der Sammlung In the Beginning)

    Eine von drei Geschichten, die Silverberg in dieser Ausgabe von

    AMAZING

    veröffentlichte. Der Verbrecher Steve Craydon ist vom Strafplaneten Kandoris geflohen. Sein kleines Raumschiff ist beschädigt, und er muss auf einem unbekannten Planeten notlanden. Dort stößt er auf Einheimische, die ihn wie eine Gottheit behandeln. Erst als er seinen Gedanken-Konverter repariert hat, erfährt er, dass die Einheimischen ihn nicht als ihren Gott ansehen, sondern den Göttern opfern wollen. Er sucht nach einem Funkgerät, das er zuvor weggeworfen hat, doch es ist zu spät. Die Einheimischen werfen ihn in den tiefsten See …

    Eine Pointenstory mit einer der ältesten Pointen der SF. Man ahnt sie schon bei der ersten Begegnung Craydons mit den Einheimischen.

    »The Final Challenge«

    (

    INFINITY SF

    8/56, dt. »Die letzte Herausforderung«)

    Delauny ist des Lebens auf der degenerierten Erde überdrüssig und zu den Sallat ausgewandert. Deren Führer Demet hat vor Jahren den Krozni, deren Planet untergehen wird, auf der Welt der Sallat eine neue Heimat gegeben. Jahrelang lebten die beiden Völker friedlich miteinander, nun erheben die Krozni sich und führen Krieg gegen die Sallat, den diese verlieren werden, weil sie ihre Kultur nicht aufgeben, nicht zu Tieren wie die Krozni werden wollen. Delauny zieht in den Krieg, gerät hinter die feindlichen Linien und findet heraus, dass die Krozni von irdischen Militärberatern aufgestachelt wurden. Die Krozni sollen irgendwann die Erde angreifen und die Menschheit aufrütteln.

    Und was, wenn sie dann gewinnen? Darauf hat der Militärberater keine Antwort. Delauny kehrt zu den Sallat zurück, um den Ansturm der Krozni zu erwarten.

    Eine der ersten Geschichten Silverbergs mit einem offenen Ende, das den Leser nachdenklich zurücklässt.

    »Guardians of the Crystal Gate«

    (

    FANTASTIC

    8/56)

    Zum Unbehagen seiner Freundin Peg arbeitet Les für das »Bureau«, eine Regierungsbehörde, die ungelöste Kriminalfälle aufgreift. 66 Männer sind verschwunden. Die einzige Spur sind 66 »ausgebrannte« Diamanten, die an den Tatorten zurückblieben. Als man einen frischen Diamanten findet, benutzt Les ihn, wird auf eine fremde Dschungelwelt verschlagen und von einer wunderschönen Frau gelähmt. Dann taucht Peg auf, kämpft gegen die Frau, die sich als Tentakelmonster entpuppt, das von anderen Außerirdischen gezwungen wurde, Menschen zu entführen. Die Lähmung fällt von Les und einigen anderen ab, sie können mithilfe des Diamanten zur Erde aufbrechen, versprechen aber zurückzukehren und das Tentakelwesen zu befreien.

    Silverberg schrieb diese Story nach einem bereits vorliegenden Titelbild von Ed Valigursky. Eine unsägliche Abenteuerschmonzette mit logischen Brüchen. So stellt sich zum Beispiel die Frage, wieso Peg den Diamanten benutzen kann, wenn das nur Männern möglich ist.

    »The Macauley Circuit«

    (

    FANTASTIC UNIVERSE

    8/56, dt. »Der neue Stromkreis« bzw. »Macauleys Schaltkreis«)

    Im 23. Jahrhundert wird praktisch nur noch Synthesizer-Musik gespielt, die von Interpreten nach klassischen Vorbildern »komponiert« und aufgearbeitet wird, indem sie für Menschen nicht hörbare, aber fühlbare Frequenzen hinzufügen. Der Ich-Erzähler hat gerade den sogenannten »Macauley-Schaltkreis« entwickelt, der diese Aufgabe selbstständig übernehmen könnte. Als er den alten Komponisten und Virtuosen Kolfmann kennenlernt, den die Computermusik brotlos gemacht hat, und überredet, für den Synthesizer zu komponieren, empfindet er so viel Achtung vor dessen Arbeit, dass er den »Macauley-Schaltkreis« wieder zerstört. Allerdings stellt der Schaltkreis sich selbst wieder her, und die Machenschaften des Ich-Erzählers fliegen auf.

    Die Kurzgeschichte stellt die Rechtfertigung des Erzählers dar und endet mit dessen Erkenntnis, dass der Computer durch den »Macauley-Schaltkreis« nun schöpferisch tätig ist und der Mensch sich damit selbst überflüssig gemacht hat.

    »The Promised Land«

    (

    ASTOUNDING

    8/56, als Robert Randall, mit Randall Garrett)

    Zweiter Teil des Romans The Shrouded Planet (1957, Der vergessene Planet). Siehe dort.

    »The Slow and the Dead«

    (

    FANTASTIC

    8/56, als Robert Randall, mit Randall Garrett)

    In der Welt der Zukunft werden Auseinandersetzungen direkt vor Ort Mann gegen Mann geklärt, wie anno dazumal im Wilden Westen. Als Vernon Ledwick für die Ehre seiner Frau eintritt, wird er in einem Duell erschossen. Sein Bruder und Sekundant Dennis Hughes findet heraus, dass sein Gegner eine »Puppe« war, ein ferngesteuerter Roboter, der wesentlich schneller ziehen kann als ein Mensch. Er macht sich auf die Suche nach dem Mörder, findet heraus, dass sein Bruder die Puppe gekauft und einen professionellen Puppenspieler mit der Bedienung beauftragt hat, der jedoch nichts mit dem Mord zu tun hat. Die wahre Mörderin ist Vernons Frau, die sich von ihm schlecht und ungerecht behandelt fühlte.

    Eine unausgegorene Story, die sich anfangs wie eine Western-Geschichte liest. Warum hat der Bruder die Puppe gekauft?

    »The Hunted Heroes«

    (

    AMAZING

    9/56)

    Ron und Val werden auf dem Mars bei der Suche nach Uran von Gregory Ledman gefangen genommen, der bei einem Atomunfall auf der Erde die Fähigkeit zum Gebrauch seiner Beine verlor und in einem Rollstuhl sitzt. Nachdem Ledman seine Geschichte erzählt hat – er hat schon mehrere Uran-Sucher entführt und getötet –, können sie ihn überwältigen. Ledman hätte nicht zum Mörder werden müssen: Auch Ron hat künstliche Beine.

    Hier wird der American way of life hochgehalten: Jeder ist seines Glückes Schmied, und Verbrechen zahlen sich nicht aus.

    »Mind for Business«

    (

    ASTOUNDING

    9/56)

    Terra und Nidlan liegen im Krieg, und Conally hat den nidlanischen Geheimnisträger Lomor entführt. Doch er musste sein Zwei-Mann-Raumschiff während der Flucht notlanden. Die Nidlaner versuchen, ihn mit einem gekaperten terranischen Handelsschiff zu »retten«, doch Conally schießt auf sie, genau wie auf ein von den Corilanern gekapertes Schiff, die den Terraner ebenfalls in die Hände bekommen wollen. Erst von einem dritten – echten – Schiff lässt er sich retten.

    Des Rätsels Lösung: Die beiden feindlichen Spezies wollten die Rettung mit militärischer Präzision durchführen, während der terranische Händler erst mal über den Preis feilschte.

    Was sehr entlarvend ist für die USA der 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts und die dort vorherrschende Einstellung.

    »The Songs of Summer«

    (

    SF STORIES

    9/56, dt. »Die Gesänge des Sommers«)

    Chester Dugan wird auf unerklärliche Weise aus dem New York des Jahres 1956 in eine ferne Zukunft versetzt. Dort haben nur wenige Menschen einen Atomkrieg überlebt; die USA sind entvölkert und bieten genug Raum. Ein Mann namens Kennon findet Dugan; Kennon ist unterwegs zu den »Gesängen des Sommers«, bei denen die etwa 120 Angehörigen der Gruppe eine geistige Verschmelzung anstreben. Dugan reißt die Kontrolle über die Gruppe an sich, um die Zivilisation neu zu errichten, schwingt sich zum Diktator auf und zeugt mit Corilann, die ihn verabscheut, aber fasziniert von ihm ist, ein Kind. Er lässt eine Stadt erbauen und will Krieg gegen eine benachbarte Gruppe führen. Als Kennon zu seinem Vater zurückkehren will, um mit ihm auf die Winterjagd zu gehen, schlägt Dugan ihn nieder. Das bringt das Fass zum Überlaufen. Die Menschen der Zukunft verstehen Dugan ganz einfach nicht, seine Konzepte und Vorstellungen sind ihnen völlig fremd. Sie führen eine Verschmelzung durch, töten Dugan aber nicht, sondern schicken ihn in den Schlaf und gaukeln ihm vor, er würde seine Herrschaftsphantasien weiter ausleben.

    Silverberg stellt hier einen Menschen aus dem New York seiner Zeit mit Durchsetzungsvermögen und praktischen Lösungsansätzen für Probleme einer fremden Kultur gegenüber, die friedliche und ganz andere Wege eingeschlagen hat. Eine der besseren frühen Geschichten des Autors.

    »The Girl from Bodies, Inc.«

    (

    FANTASTIC

    10/56, als Leonard G. Spencer, mit Randall Garrett)

    Eine Geschichte zur Vorbereitung auf das neue Fantasy-Magazin

    DREAM WORLD

    . Der 47-jährige Mittelklassemann Horner wird auf unerklärliche Weise auf Bodies, Inc. aufmerksam gemacht, geht dort auf den Deal ein, für 3000 Dollar seinen Körper mit dem eines 25-Jährigen zu tauschen, wird aber hereingelegt: Er kommt im Körper eines Häftlings zu sich. Er bricht aus, sucht seine Frau auf und trifft dort auf seinen »Tauschpartner«, der seine Identität angenommen hat. Es gelingt ihm, diesen zu überwältigen und gemeinsam mit seiner Frau zu Bodies, Inc. zu schaffen. Dort zwingt er das tolle Empfangsmädchen, den Körper mit seiner gealterten Frau zu tauschen. Statt unterzutauchen und neu anzufangen, kommt Horner auf die Idee, seine Identität – und damit seine Unschuld – mithilfe eines EEG zu beweisen. Gelassen warten die beiden das Eintreffen der Polizei ab.

    Die betrogenen Betrüger, amüsant, aber unglaubwürdig und ziemlich belanglos.

    »Hopper«

    (

    INFINITY SF

    10/56, dt. »Zeitspringer«)

    Kriposek (Kripo-Sekretär) Quellen lebt auf einer völlig überbevölkerten Welt und hat ein Geheimnis: Er besitzt in Afrika illegal eine Hütte, die er ganz für sich allein nutzt. Er wird erpresst und lebt ständig in der Furcht aufzufliegen. Er wird mit der Ermittlung im Fall von 4000 Vermissten beauftragt, von denen bekannt ist, dass sie in die Vergangenheit zurückgeschickt wurden, und findet den Benutzer der Zeitmaschine, kann ihm aber nichts anhaben. Als der Druck schließlich zu groß wird, lässt er sich ebenfalls in die Vergangenheit zurückschicken, in ein Amerika, das lediglich von Indianern bevölkert wird und Raum genug bietet …

    Eine eindringliche Geschichte mit offenem Ende und vielen offenen Fragen, so vielen, dass Silverberg sie zu dem Roman The Time Hoppers (1967, Flucht aus der Zukunft, auch: Zeitspringer) erweiterte. Siehe auch dort.

    »The Judas Valley«

    (

    AMAZING

    10/56, als Gerald Vance, mit Randall Garrett)

    Captain Peter Wayne wird auf die Lord Nelson versetzt, die das Schicksal des Scoutschiffs Mavis aufklären soll, dessen Mannschaft auf Fomalhaut bei der Untersuchung eines Tals mit Beryllium-Vorkommen bis auf einen Mann getötet wurde. Der Überlebende, Lieutenant Jervis, ist Teil der 60-köpfigen Mannschaft.

    Auf Fomalhaut gelten strengste Vorsichtsmaßnahmen. Im Tal findet die Besatzung nur die Knochen von acht Skeletten. Bei einem Erkundungsgang wird Wayne von einem kugelförmigen, stachelbewehrten Wesen angegriffen, das mit seinem Stachel jedoch nicht Waynes Stiefel durchdringen kann. Seine Begleiter erzählen allerdings übereinstimmend eine ganz andere Geschichte: Wayne habe sie angegriffen, ein fremdes Wesen hätten sie nicht gesehen. Wayne wird auf der Krankenstation

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