Geisel der Kindheit
Von A.T.W.
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Über dieses E-Book
Schließlich findet sie sich in den Fängen einer Depression wieder und spielt sogar mit dem Gedanken, ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Wie es ihr dann doch gelingt, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen, erfahren Sie hier ...
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Buchvorschau
Geisel der Kindheit - A.T.W.
Autorin
Kapitel 1:
Erkennung der Depression und die Einleitung der notwendigen Schritte zu deren Bekämpfung
2017 –Zweifel, Verzweiflung und Einsicht
Wer bin ich eigentlich? Diese Frage stellte ich mir oft in der Vergangenheit und auch jetzt, obwohl ich eine Frau war, die gerade mal in der Mitte ihres Lebens angekommen war, aber ich fühlte mich komplett ausgebrannt und fehl am Platz.
Täglich schwirrten mir tausend Fragen im Kopf herum, auf die ich keine Antwort wusste.
Ständig das Gefühl zu haben, alles falsch zu machen oder den Alltag nicht bewältigen zu können – diese innere Zerrissenheit und andauernden Zweifel an mir selbst und an das Leben machten mich innerlich kaputt.
Mein Glücksgefühl war auf einer Skala von null bis zehn sogar im Minusbereich, falls das überhaupt möglich war. Am liebsten hätte ich mich einem Schweigegelübde unterworfen, denn ich war sogar das Reden leid.
Ich hielt mich für nicht normal und dachte, dass ich die Einzige im gesamten Universum war, der es so erging.
Ständig suchten mich Schuldgefühle heim, wenn ich mich nicht festlegen oder entscheiden konnte. Entweder aus Angst, wieder alles falsch zu machen, oder aus Angst vor den möglichen Konsequenzen, die aus meinen Entscheidungen resultieren könnten. Ich vermute, dass ich es auch deshalb immer wieder vermied, mir eine eigene Meinung zu bilden.
Mich begleitete die Befürchtung, von anderen abgelehnt zu werden, sobald ich anderer Meinung war. Ich wollte mein Leben lang allen gefallen, es allen recht machen, und aus diesem Grund passte ich mich überall und an jede Situation an, ohne jemals mein Verhalten zu hinterfragen. Man könnte sagen, ich war ein geborenes Chamäleon. Bloß nicht irgendwie auffallen, immer schön im Hintergrund bleiben.
Dass ich selbst nicht gerade eine hohe Meinung von mir hatte, förderte das Ganze noch.
Wer war ich schon? Ein Niemand – ein Nobody.
Ja, genau, ich besaß nicht besonders viel Selbstwertgefühl. Ich könnte auch sagen, es wurde mir erfolgreich abgewöhnt. Aber wie sollte mein Selbstbewusstsein auch wachsen oder erhalten bleiben, wenn ich von klein auf in meine Schranken verwiesen wurde, nur das zu tun, was andere von mir erwarteten?
Mir wurde eingehämmert, immer auf meinen Kopf zu hören. Also fing ich an, alles zu analysieren und mit meinem Verstand zu bewerten oder abzuwägen. Ich wurde zum Sklaven meiner Gedanken und unterdrückte die Gefühle und die Impulse meines Herzens. Deswegen schaltete ich meine Gefühle fast immer aus. Sie waren mir im Weg.
Gefühle waren in meinem Elternhaus nicht erwünscht; darüber wurde nie geredet. Deshalb musste ich schon ziemlich früh lernen, meine Probleme selbst zu lösen. Immer mit den Gedanken an die möglichen Konsequenzen denkend. Stets übervorsichtig.
Irgendwann vertraute ich fast niemandem mehr. Daher lernte ich auch nicht, mich fallen zu lassen oder einfach alles auszublenden und den Moment zu genießen. Das kannte ich nur aus den Büchern und aus Filmen.
Meine Gedanken besaßen viel zu viel Macht über mich und legten mir immer wieder Steine in den Weg.
Ich bin Mutter von zwei Söhnen und Ehefrau. Vor den Wörtern »Mutter und Ehefrau« fehlt allerdings ein Adjektiv, denn ich fühlte mich NUR als Mutter und Ehefrau, wie eine Maschine, die tagein und tagaus dasselbe verrichtet, ohne irgendwelche Gefühlsregungen zu zeigen.
Diese Maschine oder dieser Roboter funktionierte zwar, lebte aber nicht.
Warum fühlte ich mich so? Ich kann mich auch nicht genau daran erinnern, wie lange ich schon in diesem Zustand war. Ich fühlte, dass meine innere Einsamkeit, gepaart mit meiner Verzweiflung, mich überwältigten. Ich erkannte auch, dass das nicht die Norm war und es so nicht weitergehen konnte.
Ich wusste, ich musste etwas ändern. Doch es gab eine Person in meinem Leben, die mich immer wieder daran hinderte. Daher erschien es mir unbedingt notwendig, den Kontakt zu dieser Person, nämlich zu meiner Mutter, abzubrechen.
Unsere Beziehung konnte man nie als harmonisch bezeichnen. Wir hatten zwar durchaus kurze Momente, in denen wir sogar für ein paar Augenblicke gemeinsam lachen konnten, aber diese Momente konnten auch schlagartig vorbei sein. Ihr Verhalten blieb immer unberechenbar; sie konnte sich durch alles Mögliche verletzt oder beleidigt fühlen. Und, was noch wichtiger ist, ihre »schöne« Seite konnte ihre »hässliche« niemals ausgleichen oder wiedergutmachen.
Sie war und ist immer noch eine sehr fordernde und dominante Person. Wir hatten nie diese innige Mutter-Tochter-Verbindung. Besser gesagt, es gab zwischen uns gar keine Verbindung, nur ein Pflichtgefühl meinerseits ihr gegenüber.
Es musste alles nach ihrem Willen gehen. Wenn ich nicht das tat, was sie wollte oder wie sie es sich vorstellte, gab es immer Streit und Ärger. Ich lebte ständig mit der Angst im Rücken, dass ich ihrer Meinung nach alles falsch machen könnte. Und ich musste aufpassen, was und wie ich es sagte.
2017 – Wiederholter Kontaktabbruch zu den Eltern
Bei einem Besuch bei meinem Bruder und meiner Schwägerin, als auch meine Eltern zugegen waren, unterhielten wir uns über Verschiedenes; unter anderem teilte ich meine Sorgen um meine Schwiegermutter, denn der Krebs, der fünf Jahre Ruhe gegeben hatte, war bei ihr wieder ausgebrochen.
Das Mitgefühl meiner Mutter hielt sich in Grenzen, denn sie sagte zu mir: »So ist das Leben, jeder muss irgendwann mal sterben, reiß dich zusammen und sei stark!«
Ich war wie vor den Kopf gestoßen und behielt jeglichen Kommentar für mich.
Dann blätterte meine Mutter in einem Modekatalog, weil sie wohl etwas ganz Bestimmtes suchte. Sie hatte es in einer Werbemail gesehen und wollte es mir im Katalog zeigen. Daraufhin fragte ich sie, ob sie einen Newsletter meine. Ihre Antwort war nur: »Was ist ein Newsletter, das kenne ich nicht!«
Ich erklärte ihr, dass das ein anderes Wort für Werbung sei. Daraufhin gab sie mir keine Antworten mehr und ignorierte mich völlig.
Als ich nachfragte, was denn los sei, teilte sie mir mit, ich hätte sie beleidigt. Sie fühlte sich von mir nicht respektvoll genug behandelt.
Ich fiel aus allen Wolken!
Ich, die mein ganzes Leben schon immer darauf bedacht war, was ich meiner Mutter gegenüber äußerte.
Daraufhin sagte ich ihr in einem etwas lauteren Ton, dass ich mir keiner Schuld bewusst sei, woraufhin ich gleich anfing zu zittern; ich war so wütend wie noch nie zuvor.
Die ganzen Ungerechtigkeiten, alles, was ich ihretwegen durchgemacht hatte, all die Verletzungen ihrerseits, wurden mir in diesem Moment bewusst.
Mein Mann überwand gerade noch seine Überraschung, denn dass ich mich gegen meine Mutter erhob, war ihm neu. Er gab mir völlig recht, was meine Mutter sichtlich überraschte. Sie erwartete, dass alle hinter ihr stehen würden, wie immer.
Nun wollte ich trotz allem einlenken, aber sie ließ mich gar nicht zu Ende sprechen. Sie war schon immer einfach unfähig zuzuhören.
Wie erwartet, versuchte mein Vater, sie zu verteidigen. Das blockte ich aber sogleich ab, denn meines Erachtens war es eine Sache zwischen meiner Mutter und mir.
Doch sie ließ sich auf keine Diskussion ein; sie hatte ihre Meinung über mich und basta. Sie sah sich immer als Opfer, und ich verkörperte das Böse in ihren Augen.
Wir wurden uns natürlich nicht einig, denn meine Mutter sah sich wie üblich im Recht.
Doch dieses Mal ließ ich die Situation eskalieren, denn ich gab das erste Mal in meinem Leben nicht klein bei.
Mein Vater forderte meine Mutter immer wieder zum Gehen auf, um die Situation zu entschärfen.
Ich konnte es mir nicht verkneifen und rief ihr, als sie dabei waren, die Wohnung meines Bruders zu verlassen, noch hinterher, dass sie so gefühllos wie ein Fisch sei. Ich dachte, wenn sie schon behauptete, von mir beleidigt worden zu sein, dann wollte ich ihr auch wirklich einen Grund dafür geben.
Auch nachdem sie schon eine Zeit lang fort waren, zitterte ich noch am ganzen Körper.
Vier Tage nach diesem Vorfall kam von meiner Mutter eine WhatsApp mit der Frage: »Hast du dich wieder beruhigt?«
Diese Frage war der letzte Tropfen, der das Fass nun endgültig zum Überlaufen brachte. Ich hatte das Gefühl, als ob ich in diesem Augenblick in tausend Teile explodierte.
Daraufhin rief ich mit zitternden Händen bei meinem Vater an und teilte ihm mit, dass ich diese Frau nie wiederzusehen gedachte, dass sie für mich ein für alle Mal gestorben sei. Ich drohte ihm, die Polizei zu rufen, wenn sie doch wieder an meiner Tür stehen sollte.
Als mein Vater wieder zu vermitteln begann, sagte ich ihm klipp und klar, dass es keinen Sinn hätte und ich meine Mutter einfach nicht mehr ertragen könne. Viel zu oft musste ich mir das schon in meinem Leben anhören. Nun reichte es mir ein für alle Mal. Mit der Angst, immer das Falsche zu sagen oder zu tun, wollte ich nicht mehr leben. Ich hatte es so satt!
Mein ganzes Leben lang musste ich um ihre Anerkennung und Liebe betteln und hatte diese doch nie erhalten.
Nun wollte ich einfach nur meine Ruhe haben. Meine Mutter hatte mich vierzig Jahre lang seelisch und körperlich gequält. Nie wieder wollte ich ihr die Macht über mich geben.
Am Anfang hatte ich täglich Angst davor, sie könnte plötzlich vor meiner Tür stehen oder, wie es schon mal geschehen war, dass sie über den Garten das Haus betritt. Wenn mein Mann nicht daheim war, verdunkelte ich die Rollos und ging noch nicht mal mehr in meinen eigenen Garten, weil ich solche Angst vor ihr hatte. Auch die Terrassentür zum Garten hielt ich zugesperrt.
Ich befürchtete tatsächlich nachzugeben, indem ich mich für ein angebliches Fehlverhalten bei ihr entschuldigte und sie damit die Bestätigung bekäme, dass ich und nicht sie im Unrecht sei. Somit würde der Teufelskreis wieder von vorne beginnen.
Sie war eine Meisterin darin, mir Schuldgefühle einzureden. Ich hatte nicht mehr die Kraft und die Lust, mich weiterhin von ihr