Mordsstadt
Von Cathrin Moeller
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Über dieses E-Book
Die packende und urkomische Vorgeschichte von "Mordsacker": Wieso musste Klara Himmel vom Ku’damm aufs Kuhdorf? Und warum musste Franziska Bach sterben?
Die Hauptrolle in "Vorstadtrevier" war erst der Anfang! Denn der große Durchbruch als Schauspielerin steht ihr noch bevor, dessen ist sich Franziska sicher. Leider läuft es weder bei ihrer Karriere noch in ihrer Ehe rund. Ihr Mann schiebt ständig Überstunden, und langsam wird Franziska misstrauisch: Geht er etwa fremd? Heimlich spioniert sie ihm nach. Doch die Abgründe, in die sie dabei stolpert, sind noch viel tiefer als gedacht, und schnell befindet sich Franziska in Lebensgefahr.
Cathrin Moeller
Spiegel-Bestsellerautorin Cathrin Moeller greift in jeder freien Minute zu Stift und Papier und verfasst Geschichten, in denen so manche Leiche auftaucht. Ihre kreativste Zeit ist morgens um fünf, dann schleicht sie sich auch sonntags ins Wohnzimmer und kuschelt sich mit Laptop und dem Hund Giovanni aufs Sofa, wo sie ihre Figuren und Plots erfindet. Cathrin Moeller hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit Mann und Hund in einem Haus (fast am See) bei Leipzig.
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Buchvorschau
Mordsstadt - Cathrin Moeller
MIRA® TASCHENBUCH
Copyright © 2017 by MIRA Taschenbuch
in der HarperCollins Germany GmbH
Copyright © 2016 by Cathrin Moeller
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Autoren- und Projektagentur Gerd F. Rumler (München)
Covergestaltung: büropecher, Köln
Coverabbildung: Irina Fischer, arka38, canadastock, Babich Alexander, Kom_Pornnarong, Narupon Nimpaiboon / Shutterstock
Redaktion: Maya Gause
ISBN E-Book 9783955767839
www.harpercollins.de
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E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
KAPITEL 1
„Der Tisch ist gleich frei", rief Magda und winkte mir über die Köpfe der anderen Gäste zu. Beladen mit Einkaufstüten von Boss, H&M, Esprit & Co drängelte ich mich durch das voll besetzte Café in eine Ecke, wo die Kellnerin gerade abkassierte.
Zwei attraktive Endvierziger mit Dreitagebart und grau melierten Schläfen standen auf. Sie bedachten uns mit der Höflichkeit, die man alten Damen oder Schwangeren gewährt, wenn man ihnen den Platz in der S-Bahn überlässt. Ihre Blicke signalisierten: kein Interesse an einem Flirt. Dabei sahen wir zwei Grazien trotz körperlichem Zustand, Vorbereitungsmodus der Menopause, verdammt attraktiv aus.
Zumindest fand ich das, im Vergleich mit anderen Auslaufmodellen unserer Preisklasse. Magda blond und kurzhaarig mit echtem Schmollmund, ich mit roter Lockenmähne und glasklaren grünen Augen, denen man nachsagte, dass sie stets leuchteten. Dank regelmäßigen Besuchen bei Fitness Fürst und Königs Kosmetik-Salon waren wir schlank, gepflegt und fast faltenfrei. Modisch sowieso up to date – inspiriert vom Pariser Trend, betonten wir unsere Weiblichkeit gerne mit fließenden Stoffen und liefen uns eher Blasen an die Zehen, als in flachen Schuhen auf die Straße zu gehen. Auch ohne Leinwandjob achteten wir als Schauspielerinnen auf unser Äußeres. Der Körper war schließlich unser Kapital.
Okay, das ist der Ku’damm in Berlin und nicht die Piazza Navona in Rom. Es ist Ende Januar, der Himmel grau und die Luft eklig feucht. Das reinste Gift für die Knochen. Vielleicht zählten die Herren im fortgeschrittenen Alter zu den Menschen, die aufgrund der momentanen Wetterlage unter physischen oder psychischen Beschwerden litten. Aber deshalb mussten die Vertreter der hiesigen Männlichkeit nicht gleich den Mund zusammenpressen und auf den Boden gucken, wenn ihnen zwei attraktive Frauen zulächelten und Augenkontakt suchten.
He! Hier geht es nicht um Sex!
Wir erwarten doch nur diesen Blick und ein leichtes Lippenlecken, das ausdrückt: Wow, was für eine tolle Frau! Ein derartiges Kompliment wird von uns durchaus nicht gleich als blöde Anmache verstanden. Mussten wir wirklich für eine Portion Aufmerksamkeit bis nach Italien reisen? Diese Typen hier machten jedenfalls dem Ruf, dass Deutschland in Sachen Flirten geradezu ein Entwicklungsland ist, alle Ehre.
Wir schauten den Typen verstohlen hinterher, die sich noch einmal umdrehten. Allerdings zu der Kellnerin, die nicht besonders hübsch war, aber so jung, dass sie im Supermarkt garantiert keinen Alkohol zu kaufen bekam, wenn sie ihren Ausweis vergessen hatte. Magda seufzte.
Ernüchtert schmiss ich meine modischen Errungenschaften neben den Stuhl, auf den ich mich erschöpft vom vierstündigen Shopping-Marathon mit ausgestreckten Gliedern fallen ließ. Die kindliche Kellnerin räumte das schmutzige Geschirr beiseite und wischte den Tisch ab. „Zwei Prosecco", bestellte ich, bevor sie mit den Tellern und Gläsern davoneilte. Magda setzte sich mir gegenüber, fingerte das Handy aus der Tasche und checkte gewohnheitsgemäß die SMS. Es konnte ja sein, dass ihr in den letzten fünf Minuten eine wichtige Nachricht entgangen war. Sicherheitshalber legte auch ich mein iPhone auf den Tisch. Man stelle sich vor, ein Produzent aus Hollywood ruft an, und ich bekomme es nicht mit. Was für eine verpasste Chance, nur weil ich einmal nicht erreichbar war.
Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt, und so war es auch bei mir. Seit Jahren riefen mich nicht einmal mehr das ZDF oder die ARD wegen eines Rollenangebotes an. Das betrübte mich zwar ein wenig, aber ich hatte den Karriereknick nach meiner einzigen Fernsehhauptrolle als Kommissarin Emma Schröter – die Serie wurde nach drei Folgen abgesetzt – genutzt, um als Lehrerin jungen Menschen das nötige Handwerkszeug für ihren Traumberuf Schauspieler beizubringen.
Neben dem Unterricht an einer Kreuzberger Privatschule im dritten Hinterhof jobbte ich einmal wöchentlich im Buchladen einer Freundin und sprach mit meiner dunkel klingenden Stimme gelegentlich pornografische Hörbücher für Blinde ein.
Magda hatte es trotz Schmollmund und Schwedenmähne bislang nur als Komparsin auf die Mattscheibe geschafft. Sie nahm es gelassen, hatte sie doch ihren Bernd mit dem dicken Benz, der für den finanziellen Background sorgte. Wenn niemand ihr Talent erkannte, war sie eben Ehefrau von Beruf! Diese Rolle spielte sie verdammt gut, das musste man ihr lassen. Obwohl ich auch glücklich verheiratet sowie stolze Mutter einer erwachsenen Tochter – angehende Herzchirurgin! – war und mein Martin als Polizeibeamter im gehobenen Dienst den Hauptteil unseres Lebensunterhaltes bestritt, sträubte ich mich dagegen, völlig abhängig von ihm zu sein. Allein das Dasein als Hausfrau und Mutter hätte mich als moderne Großstadtpflanze nie ausgefüllt. Ich brauchte immer eine Aufgabe, die meine Kreativität herausforderte.
Der Prosecco kam. Wir hoben die Gläser. „Prösterle, meine Schöne!", sagte ich zu Magda, die kurz vom Display ihres Smartphones aufschaute. „Wenigstens erkennst du den Kern des verstaubten Diamanten. Wahre Liebe gibt es eben nur unter Frauen."
Ich streckte die Beine unterm Tisch aus und streifte meine Pumps ab, um die geschwollenen Füße besser bewegen zu können.
„Es ist so weit! Die Kerle schauen durch uns hindurch", stellte meine beste Freundin seufzend fest und legte das Handy beiseite.
Ich bestätigte zähneknirschend: „Du kannst dich noch so herausputzen, neben dem